HUMAN RESOURCE Menschlich – kompetent – persönlich von Franziska Schneebeli D ie Geräusche der Stadt. Ein homogenes Rauschen umhüllt mich am frühen Morgen – in einer Schweizer Stadt. Ist es das Gefühl der Leere oder die Fülle des Einkaufens? Es ist indifferent, das Fehlen von etwas, das man wohl selbst nicht genau bezeichnen kann. Nicht aus dem Grund, da die Auswahl der Läden, Geschäfte, Artikel und Produkte zu gering ist, sondern irgendwie das Fehlen einer professionellen Kundenorientierung, das Fehlen von Persönlichem. Nicht, dass ich diesen Morgen unfreundlich bedient wurde, sondern ein gleichförmiges System und prozessorientiertes Funktionieren fällt auf. Das Spezielle fehlt. Oft bin ich mit einem antrainierten Lächeln konfrontiert. Natürlich sind wir Konsumenten heute vielfach übersättigt, anspruchsvoll und mit wenig Zeit ausgestattet. Aber gerade daher ist das Persönliche, Individuelle, Spezielle so wichtig, denn nur da bleiben wir stehen. Man kann sich mit Kundenorientierung befassen oder nicht. Die Welt dreht sich so oder so weiter. In 100 Jahren sind sowieso alle tot, die Autos fahren weiter vorbei, die Menschen passieren dieselben Gassen. Trotzdem gibt es einen Moment immer nur einmal. An diesem Tag achte ich speziell in verschiedenen Einkaufsläden auf die Kundenorientierung. Ich begleite meinen Partner in ein bekanntes Herrenbekleidungsgeschäft. Er braucht einen klassischen Businessanzug: dunkel, weisses Hemd – das Übliche. Die Bedienung ist freundlich zuvorkommend, jedoch ohne Charme, Witz und Ideen. Alle Kleidungsstücke in verschiedenen Marken liegen zum Anprobieren bereit, und auch für das Wegräumen ist gesorgt. Selbst auf Anpassungs- und Änderungswünsche (Hosenlänge, Ärmellänge etc.) wird hingewiesen. Es gibt aber keine Versuche, die Vorgabe von dunklem Anzug und weissem Hemd etwas farbiger zu gestalten. Es fehlen Hinweise auf Accessoires (zum Beispiel Krawattennadel, Halstuch) oder zusätzliche Kleidungsstücke: Mantel, zweites Hemd etc. Zudem interessiert sich der Verkäufer nicht, für welchen Zweck der Anzug gebraucht wird. Irgendwie sprechen alle die gleiche Sprache, vielleicht weil sie dieselben hausinternen Ausbildungen absolviert haben und niemand sie auf die persönliche Individualität und Empathie von Kunden aufmerksam gemacht hat. Niemand zeigt ihnen, dass «mehr tun als erwartet wird» einfach in den Alltag integriert werden kann, übri­gens praktisch ohne Mehraufwand. Verkäufer finden sich aus meiner Sicht zu häufig in Produktschulungen und Workshops. Zu kurz kommen hingegen Ausbildungen, welche die persönlichen Talente und Fähigkeiten fördern. Dies ist umso wichtiger, als dass psychologische und kommunikative Fähigkeiten für den Verkaufserfolg in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Kurzum: Man stellt in verschiedenen Geschäften kaum mehr Unterschiede fest. Gleiches Verhalten, gleiche Produkte, manchmal auch beinahe gleiche Gesichter, ausdrucks- und begeisterungslos, dies wirkt auf die Dauer monoton. Am Abend sind wir in einem Hotel, fünf Sterne, eine wunderschöne Lage, eigentlich ein tolles Hotel. Wir kompensieren den Stress des Tages. Auch hier sind alle freundlich, aber alles läuft eingeübt weiter, ohne eine persönliche Geste. Kein Wort zu viel. Zum Hotelschlüssel bekommt man Unterlagen von der Stadt, alle Gäste das gleiche Material, auch wenn man heimisch ist und die Stadt bereits kennt. Zugegebenermassen ist es nicht einfach, die Kurve zwischen herzlicher und persönlicher Freundlichkeit ohne Aufdringlichkeit zu treffen. Manche schaffen es und hinterlassen einen nachhaltig positiven Eindruck. Es ist nicht immer möglich, mehr zu tun, als erwartet wird; es ist nicht immer möglich, Begeisterung zu vermitteln. Aber viele Menschen tun weder das Eine noch das Andere. Vermitteln Sie Ihr Anliegen, Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung menschlich, kompetent und persönlich weiter! Franziska Schneebeli Franziska Schneebeli ist Geschäftsführerin und Inhaberin von MTS-Solutions, Marketing-Training-Strategie, Rotkreuz, www.mts-solutions.ch und Dozentin für Marketing. 1/07 31