3. Kinetik eines Massenpunktes 3.1. Grundgesetze 3.2. Freie Bewegung, schiefer Wurf 3.3. Geführte Bewegung 3.4. Widerstandskräfte 3.5. Impulssatz, Stoß 3.6. Momentensatz 3.7. Arbeitssatz, Potentielle Energie, Energiesatz 3.8. Prinzip von d'Alambert 3.9.Lagrangesche Gleichungen 2. Art TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 1 3.1. Grundgesetze ● Bis jetzt: Nur kinematische Größen: Beschleunigung, Geschwindigkeit, Weg ● Kinetik: Verbindung Kräfte ↔ kinematische Größen ● Modell ist zunächst (in Kap. 3) der Massenenpunkt. ● Drei Newtonsche Grundgesetze (1687) — — Zusammenfassung aller experiementeller Erfahrungen haben axiomatischen Charakter, können nicht bewiesen werden TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 2 1. Newtonsches Gesetz Wenn auf einen Massenpunkt keine Kraft wirkt, so ist der Impuls konstant. p = m⋅v = const ● ● ● Der Impuls (Bewegungsgröße) ist ein Vektor. Ein Massenpunkt führt eine geradlinige, gleichförmige Bewegung aus, solange auf ihn keine resultierende Kraft wirkt. Mit v = 0 (Körper bleibt in Ruhe) ist der Sonderfall der Statik enthalten. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 3 2. Newtonsches Gesetz Die zeitliche Änderung des Impulses ist gleich der auf den Massenpunkt wirkenden Kraft. d m⋅v d p = =F dt dt dm =0 dt ● Wenn die Masse konstant ist ● Masse * Beschleunigung = Kraft ● ● ● bleibt: dp dv =m = m⋅a = F dt dt [ ] kg m [N]= Dimension der Kraft? s2 Für F = 0 folgt das 1. Newtonsche Gesetz. Auch dynamisches Grundgesetz oder Kräftesatz genannt. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 4 2. Newtonsches Gesetz Einschränkungen: 1. Gilt für ruhendes Bezugssystem (Inertialsystem – reine Translation mit v = const) — Wenn kein Inertialsystem, siehe Relativbewegung 2. Gilt für Geschwindigkeiten, die viel kleiner sind, als die Lichtgeschwindigkeit (c ≈ 300 000 km/s) — Gesetze der Relativitätstheorie anwenden Körper in der Nähe der Erdoberfläche: G = m⋅g , g=9,81 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov m 2 s 5 3. Newtonsches Gesetz Zu jeder Kraft gibt es eine entgegengesetzt gerichtete gleich große Gegenkraft actio = reactio ● Schnittprinzip ● Freikörperbild ● alle Aussagen über Kräfte aus TM1 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 6 3.2. Freie Bewegung ● ● ● ● ● 3 Bewegungsmöglichkeiten im Raum – 3 Freiheitsgrade Zahl der Freiheitsgrade in der Ebene? Wenn die Bewegung in keiner Richtung behindert wird – freie Bewegung Beschreibung durch die 3 Komponenten der Vektorgleichung: F = m⋅a Zwei Fragestellungen: ● ● Wie groß sind die zur Bewegung notwendigen Kräfte, wenn der Ablauf der Bewegung bekannt ist? Direkt aus F = m⋅a Wie verläuft die Bewegung, wenn die Kräfte gegeben sind? Aus F =m⋅a die Beschleunigung bestimmen, dann zweimal integrieren, um Geschwindigkeit und Weg zu ermitteln. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 7 Anwendung für freie Bewegung – schiefer Wurf ● ● ● ● Gegeben: m abgeworfen bei t =0 unter Winkel mit Geschwindigkeit v 0 . Ohne Luftwiderstand Gesucht: Bewegungsgleichungen, Bahngleichung, Wurfweite x w , Wurfzeit t w , Wurfhöhe y h Lösung: Einzige Kraft: G Ebenes Problem – in z-Richtung alles¿= 0 m⋅ẍ = 0 m⋅ÿ = −G = −m⋅g ẋ = C 1 ẏ = − g⋅t C 3 x = C 1⋅t C 2 1 y=− g⋅t 2C 3⋅tC 4 2 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 8 Anwendung für freie Bewegung – schiefer Wurf ● Anfangsbedingungen: ẋ 0 = v 0 cos ⇒ C 1 = v 0 cos x 0 = 0 ⇒ C 2=0 ẏ 0 = v 0 sin y 0 = 0 ● ⇒ C 3 = v 0 sin ⇒ C 4 =0 Bewegungsgleichungen: ẋ t = v 0 cos x t = v 0 cos⋅t TM3, SS 2016 ẏ t = − g⋅tv 0 sin 1 y t = − g⋅t 2v 0 sin ⋅t 2 R. Kral / G. Kolarov 9 Anwendung für freie Bewegung – schiefer Wurf ● Bahngleichung – quadratische Parabel ● Elimination von t aus x(t) und y(t): y x=− ● g 2 x tan ⋅x 2 2 2 v 0 cos Wurfweite aus y x w = 0 2 v 02 cos 2 v 20 2sin cos v 20 x w = tan = = sin 2 g g g sin 2 = sin −2 = sin 2 − 2 ⇒ gleiche Wurfweite x w für zwei Winkel und ' = − 2 ⇒ max. Wurfweite für = =45° 4 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 10 Anwendung für freie Bewegung – schiefer Wurf ● Wurfzeit Einsetzen x w =x t w : xw v0 tw = =2 sin v 0 cos g ● ● Wurfzeit größer für Flach- oder Steilwurf? dy =0 Wurfhöhe y h aus dx dy g ⇒ = − 2 2 x htan = 0 dx v0 cos 1 v0 1 xh = sin 2 = x w 2g 2 TM3, SS 2016 1 1 2 y h= y x h = v 0⋅sin = [ ẏ 0]2 2g 2g R. Kral / G. Kolarov 11 Beispiel schiefer Wurf Von der Spitze eines Turmes wird eine Masse mit der Anfangsgeschwindigkeit v 0 und Winkel geworfen. Die Masse trifft bei L auf. ● Gegeben: ● Gesucht: v 0, L , ― Höhe des Turmes ― Flugzeit ― Aufschlaggeschwindigkeit TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 12 2.3 Geführte Bewegung ● Massenpunkt ist gezwungen, sich auf einer vorgegebenen Fläche oder Kurve zu bewegen ● 2 Freiheitsgrade – Zwang auf einer Fläche ● 1 Freiheitsgrad – Zwang auf einer Kurve ● e F Eingeprägte Kräfte ● Führungskräfte / Zwangskäfte F z (z.B. Gewicht) - Reaktionskräfte, ⊥ zur Bahn ● ● Die Kräfte werden im Freikörperbild sichtbar und können berechnet werden. Dynamisches Grundgesetz: TM3, SS 2016 e m a = F F R. Kral / G. Kolarov z 13 Beispiel Zwangskräfte ● ● Gegeben: Masse m bewegt sicht auf einer Halbkreisbahn mit Radius R Anfangsgeschwindigkeit v 0 =0 Gesucht: ― Freiheitsgrad ― Freikörperbild ― Gleichgewichtsbedingungen ― Winkelbeschleunigung ― Wingelgeschwindigkeit ― Zwangskraft TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 14 Aufgabe geführte Bewegung ● ● ● Kreisscheibe dreht sich in horizontaler Ebene mit 0 = const Eine Masse m bewegt sich in einer glatten Schiene relativ zur Scheibe mit v r = const Gegeben: 0 , v r , m ● Gesucht: ― Welche Kräfte wirken auf die Masse? TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 15 3.4. Widerstandskräfte ● ● ● Eingeprägte Kräfte, die durch die Bewegung entstehen und von der Bewegung abhängen. Beispiele: — Reibung — Strömungs- / Luftwiderstand Coulombsche (Gleit-) Reibung (unabhängig von v) R = ⋅N TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 16 Beispiel Reibung ● ● Eine Masse bewegt sich auf einer rauen schiefen Ebene (Winkel ) Gegeben: Höhe h , , v 0 = 0 ● Gesucht: — Freikörperbild — Gleichgewichtsbedingungen — Zwangskraft — Beschleunigung, Geschwindigkeit, Weg — xE , t E , v E TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 17 Widerstandskräfte in Fluiden ● Bekannt aus Experimenten ● Kleine Geschwindigkeiten (laminare Strömung) F w = k⋅v ● — k hängt von der Körpergeometrie und der Zähigkeit η des Fluids ab — z.B. Kugel ( r ) : F w = 6 v⋅r (Stokes 1854) Große Geschwindigkeiten (turbulente Strömung) F w = k⋅v 2 — k hängt von der Körpergeometrie und der Dichte ρ des Fluids ab As v2 2 A s - Projektion des Körpers ⊥ zur Anströmrichtung F w = cw — — — c w - Widerstandskoeffizient für moderne PKW ist c w 0,3 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 18 Beispiel freier Fall mit Luftwiderstand ● Eine Masse wird in großer Höhe ohne Anfangsgeschwindigkeit losgelassen. ● Widerstandsgesetz (k – bekannt) ● Gesucht: — Freikörperbild — Bewegungsgleichung — Gleichgewichtsbedingung v max — Geschwindigkeit TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov F w = k⋅v 2 19 Aufgabe Widerstandskräfte ● ● m v = 3 = const Gegeben: Förderband, F s Eine Kiste wird bei t = 0 in A auf das Band gesetzt — — — ● Gewicht G = m⋅g m horizontale Geschwindigkeit v 0 = 0,5 s Reibungskoeffizient = 0,2 Gesucht: — Wie lange rutscht die Kiste? — Bis zu welchem Abstand von A rutscht die Kiste? TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 20 3.5. Impulssatz, Stoß ● Integration des Newtonschen Grundgesetzes über die Zeit Impulssatz: d m v =F dt t ⇒ m⋅v−m⋅v 0 = ∫ F d t t0 ● Die Änderung des Impulses = Zeitintegral der Kraft ● Wenn F = 0 , dann Impulserhaltung: p = m⋅v = m v 0 = const ● Häufige Anwendung Stoßvorgänge ● Beim Stoß wirkt eine sehr große Kraft in sehr kurzer Zeit (tS). ● Die Masse erfährt eine plötzliche Geschwindigkeitsänderung. ● Lageänderung ist vernachlässigbar. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 21 Impulssatz, Stoß tS ● Kraftstoß (Stoßkraft): m⋅v 0 F = m⋅v F = ∫ F d t 0 (Impuls vor Stoß + Kraftstoß = Impuls nach Stoß) ● ● Masse m trifft schräg auf die Wand auf. Impuls in Komponenten: p x : m⋅v x F x = m⋅v x v x =−v cos v x = v cos ● p y : m⋅v y F y = m⋅v y v y =v sin v y =v sin Bei glatter Wand – keine Kraft in y-Richtung F y = 0, v y = v y TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 22 Impulssatz, Stoß ● ● ● ● Teilen des Stoßes (x-Richtung) in: — Kompressionsphase — Restitutionsphase Impulssatz für beide Phasen: Kompression: m⋅v x F K = m⋅0 Restitution: m⋅0 F R = m⋅vx 2 Gleichungen, 3 Unbekannte F K , F R , vx zusätzliche Gleichung aus Hypothese über Verformungsverhalten während der Restitution TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 23 a) vollkommen elastischer Stoß ● ● Kompressions- und Restitutionsfase verlaufen spiegelbildlich Masse nimmt ihre ursprüngliche Form wieder an. F K = F R m⋅v x = −m⋅v x ⇔ ∣v∣ = ∣v∣ = ● auch ideal-elastisch ● reversibler Prozess TM3, SS 2016 v x =−v x R. Kral / G. Kolarov 24 b) vollkommen plastischer Stoß ● ● Die gesamte Verformung aus der Kompressionsphase bleibt erhalten. Masse bleibt plastisch verformt. F R = 0 = v x = v cos = 0 2 v y = v y , hier v y ≠0 ● auch ideal-plastisch ● kein reversibler Prozess TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 25 c) teilelastischer Stoß ● ● ● ● ● ● Ein realer Körper wird nur teilweise zurückverformt. Beschreibung durch Stoßzahl e: F R = e⋅F K ideal-elastisch: e = 1 ideal-plastisch: e = 0 0 e 1 ⇒ m v x = e −m v x teilelastisch: vy v y 1 tan = = = tan ⇒ v x −e v x e Stoßzahl auch als Verhältnis der v x Geschwindigkeitskomponenten e=− vx senkrecht zur Wand vor und nach dem Stoß TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 26 Stoßzahl - experimentell ● ● ● Masse m wird aus Höhe h1 auf waagerechte Unterlage fallengelassen, v0 =0 Auftreffgeschwindigkeit (s.o.): v = 2⋅g⋅h1 Nach dem Stoß erreicht die Masse die Höhe h 2 v2 h2 = 2⋅g ⇔ v = 2⋅g⋅h2 ideal-elastisch ● h = h 1 2 ⇒ e =1 ● ● Stoßzahl h2 v 2 g h2 e=− = = v 2 g h1 h1 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov ideal-plastisch ● h2 = 0 ⇒ e = 0 ● 27 Aufgabe - Stoß ● ● Gegeben: Ein Eishockeypuck trifft mit der Geschwindigkeit v ° ° unter = 45 auf eine glatte Bande und wird unter = 30 reflektiert. Gesucht: — Geschwindigkeit nach dem Stoß — Stoßzahl e Richtung der Stoßnormalen? TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 28 3.6 Momentensatz ● Definition – Moment (aus der Statik): M ● 0 = r×F [ ] kg⋅m 2 [ Nm]= 2 s Definition – Impulsmoment (Drehimpuls, Drall): L0 = r× p = r ×m v = m⋅r×v [ ] kg⋅m2 s2 ∣L0∣ = r ⊥ m v TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 29 Momentensatz ● 2. Newtonsches Gesetz mit r vektoriell multipliziert: r× m ● dv = r×F = M 0 dt Ableitung des Dralls nach der Zeit: d L 0 d = r× p = ṙ ×m v r×m v̇= = r×m v̇ = r×F dt dt =0 ⇒ Momentensatz (Drehimpulssatz, Drallsatz) ● d L 0 = M 0 dt Falls M =0 bleibt der Drehimpuls unverändert Drehimpulserhaltung: 0 L = r×m v = const TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 30 Momentensatz ● Anschauliche Deutung des Dralls: — In der Zeit dt überstreicht r die Fläche dA mit dem zugeordneten Vektor 1 1 d A= r ×d r = r×v dt 2 2 — — die vektorielle Flächengeschwindigkeit: dA 1 = r×v dt 2 Damit ist der Drehimpuls: dA 0 L = 2⋅m dt TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov ● Wenn der Kraftvektor zum Zentrum O zeigt: M = 0 ⇒ L = const und ● dA = const dt 2. Keplersches Gesetz 31 Momentensatz ● ● m bewegt sich nur in der x-y-Ebene Moment und Drehimpuls haben nur z-Komponenten 0 dL 0z dL 0 = M 0 = M z dt dt L0 = r ⊥ m⋅v = m x⋅v y − y⋅v x ● im Sonderfall Kreisbewegung v = r⋅ L0 = m⋅r⋅v=m⋅r 2⋅=0⋅ ● mit Massenträgheitsmoment: 0 = m⋅r 2 ● Momentensatz: TM3, SS 2016 0 ̈ = M 0 R. Kral / G. Kolarov 32 Aufgabe Momentensatz ● ● ● Masse m, gehalten von einem Faden, bewegt sich mit 0 auf glatter waagerechter Bahn (in der x-y-Ebene). Am Anfang – Kreisbahn mit Radius r 0 Der Faden wird durch ein Loch in der Mitte der Kreisbahn geführt. ● Gegeben: ● Gesucht: — — m , r 0, 0 Winkelgeschwindigkeit ω, wenn der Faden so angezogen wird, dass sich die Masse im Abstand r bewegt Fadenkraft TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 33 Planeten-/ Satellitenbewegungen Anwendung des Drallsatzes Die Planeten/Satelliten können als Punktmassen betrachtet werden. Es wirkt auf die Planeten/Satelliten nur die Massenanziehung. Gravitationsgesetz (Anziehungskraft zwischen zwei Massen): m E⋅m 3 m F G r = 2 , mit = 6,664⋅10 2 r kg s m E⋅m an der Erdoberfläche F G R = m⋅g = 2 R ME R2 ⇒ g = 2 , F G r = g⋅m 2 R r TM3, SS 2016 −11 R. Kral / G. Kolarov 34 Planetenbewegungen Drall: L z = r×vm mit ṙ v = r ̇ 0 0 Lz = m 0 r 2 ̇ ⇒ Zentralbewegung ⇒ Mz = 0, L z =const 2 r ̇ = const = K 1 2 K Ȧ = r ̇ = 2 2 2. Keplersches Gesetz: Die Verbindungslinie Sonne Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 35 Planetenbewegungen Impulssatz: m r̈ = F G e r = − mE m r 2 er 2 r̈−r ̇ = − in Polarkoordinaten (r-Komponente): mE 2 r dr d K K dr d 1 ṙ = mit ̇ = 2 folgt ṙ = 2 = −K d dt d r r r d * d ṙ d2 1 r̈ = = −K ̇ 2 dt d r K2 d2 1 K2 Einsetzen in * r̈−r ̇ = − 2 − 3 2 r d r r 2 2 2 K d 1 1 1 mit p = folgt: = 2 mE p d r r TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov ** 36 Planetenbewegungen Die DGL (**) hat die allgemeine Lösung: 1 1 = [ 1⋅cos− 0 ] r p wählt man von einem Bahnpunkt mit d 1 K ṙ = − K = sin −0 = 0 d r p erhält man die Gleichung der Bahnkurve: => Ellipse in Polarkoordinaten 2 b Ellipsenparameter: p = a r= p 1⋅cos e numerische Exzentrizität: = a TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 37 Planetenbewegungen p b2 = =a−e Perizentrum P: r P = 1 ae p b2 = =ae Apozentrum A: r A = 1− a−e 1. Keplersches Gesetz: Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 38 Planetenbewegungen Für das 3. Keplersche Gesetz nutzen wir den Flächensatz / Drallerhaltung: 1 2 K Ȧ = r ̇ = = const 2 2 1 ⇒ A = ⋅a⋅b= K⋅T 2 Integration über t für einen vollen Umlauf 2 mE 2 b 2 3 mit K = p m E = m E folgt: a = 2 T a 4 3. Keplersches Gesetz: Die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen der Bahnen. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 39 Satellitenbahnen p Die Bahn r = 1 cos eines Satelliten hängt von der Startgeschwindigkeit ab. Möglich sind für = 0 : Kreisbahnen 01: Ellipsen =1 : Parabeln 1 : Hyperbeln Bahngleichung in Drallsatz einsetzen 2 1 g R2 r v = mE − = 2− r a r a 2 Betrachtet man v als Geschwindigkeit im Perizentrum oder Apozentrum, so erhält man Bahnen vom Typ I oder II. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 40 Satellitenbahnen Fall I: v im erdfernsten Punkt e rA e=r A−a ⇒ = = −1 a a 2 r Av = 1− 2 gR Ist v sehr klein ε ≈ 1 näherungsweise Parabelbahnen ε = 0 – Kreisbahn v Kr = R g g =R rA RH 0vv Kr ⇒ 01 elliptische Bahnen, die die Erde schneiden (ohne praktische Bedeutung) TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 41 Satellitenbahnen Fall II: v im erdnähsten Punkt rp e e=a−r P ⇒ = = 1− a a 2 rP v = −1 2 gR v = v Kr ⇒ = 0 selbe Kreisbahn wie Typ I v Kr , min = g R = 7900 m/ s v Kr v 2 v Kr ⇒ 01 Ellipsenbahnen v = 2 v Kr ⇒ =1 Parabelbahn, Fluchtgeschwindigkeit Sattelit verlässt das Schwerefeld der Erde. v Flucht = 2 g R = 11 200 m/ s TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 42 Ein paar astronomische Dimensionen ● Sonne: 30 − Masse: 1,989⋅10 kg 6 − Durchmesser: 1,392⋅10 km ● ● Erde: − Masse: 5,974⋅10 24 kg − Durchmesser: 12 756,32 kmÄquartor 12 713,55 kmPol Mond: − Masse: 7,349⋅1022 kg − Durchmesser: 3476 km − Bahn : r A = 384 400 km , r P = 363 300 km TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 43 3.7. Arbeitssatz ● ● 2. Newtonsches Gesetz mit dr skalar multipliziert: dv m ⋅d r = F⋅d r dt mit d r = v dt und Integration zwischen r 0 v 0 und r 1 v 1 : v1 r1 ∫ m v d v = ∫ F⋅d r v0 ● r0 r1 ⇒ m⋅v 21 m⋅v 20 − = ∫ F⋅d r 2 2 r 0 rechte Seite der Gl. - Arbeit W der Kraft F r1 W = ∫ F⋅d r r0 2 ● Kinetische Energie: TM3, SS 2016 m⋅v 2 m⋅∣v∣ Ek = = 2 2 R. Kral / G. Kolarov 44 3.7. Arbeitssatz Arbeitssatz: ● ● E k1−E k0 = W Arbeit zwischen zwei Bahnpunkten = Änderung der kinetischen Energie. e Auf die Masse m wirken i.a. eingeprägte Kräfte F und z Zwangskräfte F F = F eF z ● ● Zwangskräfte wirken senkrecht zur Bahn und leisten daher keine Arbeit: W F z = 0 Es ist also nur die Arbeit der Eingeprägten Kräfte zu berücksichtigen: W = ∫ F e dr TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 45 Beispiel Arbeitssatz ● Eine Masse m bewegt sich auf einer rauen schiefen Ebene (Winkel α) von Lage 0 in Lage 1. ● Gegeben: ● Gesucht: h , , , v 0= 0 ― Freikörperbild ― Arbeit der Kräfte ― Bedingung für mögliche Bewegung ― Geschwindigkeit aus Arbeitssatz TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 46 Leistung ● ● Leistung – pro Zeiteinheit verrichtete Arbeit: dW F⋅d r P= = = F⋅v dt dt Dimension der Leistung: Nm 1 Watt =1 W = 1 s ● Achtung: Nicht verwechseln W (Watt) mit W (Arbeit) ● Zusammenhang mit PS: 1 PS = 0,735 kW, 1kW = 1,36 PS ● Die Leistung der Zwangskräfte verschwindet, da diese senkrecht zur Bahn wirken: F z ⊥ d r TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 47 Wirkungsgrad ● ● ● ● Bei allen Maschinen treten Energieverluste auf (Reibung in Lagern, Verzahnungen, etc.). Wirkungsgrad: Verhältnis der Nutzarbeit WN zur aufgewandten Arbeit WA bezogen auf die Zeit - augenblicklicher Wirkungsgrad aus den Leistungen WN = WA PN = PA Aufgrund der auftretenden Verluste gilt ≤ 1 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 48 Beispiel Wirkungsgrad ● Gegeben: — — — ● PKW, Motorleistung P A = 30 kW km Geschwindigkeit v = 60 h Wirkungsgrad = 0,8 (ab Getriebeeingang) Gesucht: Antriebskraft F Anmerkung: Motorwirkungsgrad bei PKW i.a. 0,3 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 49 Konservative Kräfte ● ● konservative Kräfte – besitzen ein Potential Die Arbeit konservativer Kräfte zwischen zwei Lagen 0 und 1 ist unabhängig vom Weg. F = F x⋅e x F y⋅e y F z⋅e z 1 d r = dx⋅e x dy⋅e y dz⋅e z 1 W = ∫ F⋅d r = ∫ F x⋅dxF y⋅dy F z⋅dz 0 ● ● ● 0 Wenn der Integrant ein vollständiges Differential ist, dann ist das Integral wegunabhängig: −dE p = F x dx F y dy F z dz E p x , y , z− Potential von F , potentielle Energie (-): Zweckmäßigkeit, in TM 1, 2: E p = TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 50 Konservative Kräfte ● ● ● ● ● totales Differential: für d.h. für F : ∂ EP ∂ EP ∂ EP dE p = dx dy dz ∂x ∂y ∂z ∂ EP ∂ EP ∂EP Fx =− , Fy =− , Fz =− ∂x ∂y ∂z ∂ EP ∂ EP ∂ EP e x e y ez mit dem Gradienten: grad E p = ∂x ∂y ∂z F =−grad E p ∂Fx ∂2 E P ∂ F y ∂2 E P =− , =− partielle Ableitungen von F: ∂y ∂ x∂ y ∂x ∂x∂ y ∂ Fx ∂ Fy ⇒ = Bedingung für ∂y ∂x Potentialkräfte ∂ F y ∂ Fz ∂ Fz ∂ Fx analog: = , = ∂z ∂y ∂x ∂z TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 51 Konservative Kräfte ● Rotation einer Kraft F : ∣ ex rot F = ∂ ∂x Fx ey ∂ ∂y Fy ∣ ez ∂ = ∂ Fz−∂ F y e ∂ F x−∂ Fz e ∂ F y−∂ Fx e x y ∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y z ∂z Fz ● Bedingung für Potentialkräfte in Vektorform: ● Ein Vektorfeld A mit TM3, SS 2016 rot A=0 R. Kral / G. Kolarov rot F =0 heißt wirbelfrei. 52 Energiesatz ● Für Potentialkräfte: 1 ● Arbeit: ● 1 W = ∫ dW = −∫ dE p = − E p1− E p0 0 ● dW = −dE p 0 Die potentielle Energie hängt vom Bezugssystem ab, die Differenz (Ep1 – Ep0) jedoch nicht! Einsetzen in Arbeitssatz – Energiesatz: E k1 E p1 = E k0 E p0 = const ● Der Energiesatz gilt nur, wenn alle eingeprägten Kräfte ein Potential besitzen! TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 53 Potentialkräfte ● Potential einer Gewichtskraft: E p = G⋅z ― ● Potential einer Federkraft (Federkonstante c): ― ● x2 Ep = c 2 Nullniveau – Feder entspannt Potential einer Drehfeder (Federkonstante cT): ― ● Nullniveau bei z = 0 2 E p = cT 2 Nullniveau bei = 0 Nullniveau für Potentialkräfte! TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 54 KEINE Potentialkräfte ● Reibungskräfte und Widerstandskräfte haben kein Potential! ― nicht-konservative Kräfte ― mechanische Energie wird in Wärme umgewandelt ― dissipative Kräfte ● Energiesatz gilt nicht! ● Arbeitssatz anwenden! ● Anwendung des Arbeits- oder Energiesatzes ist besonders effektiv, wenn v(x) oder x(v) gesucht ist. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 55 Aufgabe Energiesatz ● Eine Masse m wird in der Höhe h über einer ungespannten Feder vertikal mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 abgeworfen. ● Gegeben: m , h , g , c , v 0 ● Gesucht: Max. Stauchung der Feder x max = ? TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 56 Aufgabe Arbeitssatz ● Eine Masse m rutscht aus der Ruhelage in A eine raue schiefe Ebene (Winkel α, Reibkoeffizient μ) herab und tangential in eine glatte Kreisbahn (Radius r). ● Gegeben: m , , , r , g ● Gesucht: h = ? Anfangshöhe h über dem Scheitel B, damit die Masse die Bahn in B nicht verlässt. TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 57 Erweiterter Energiesatz / Arbeitssatz ● ● ● ● Aus dem Arbeitssatz: E k −E k0 = W Arbeit der konservativen und W = W konsW nichtkons nicht-konservativen Kräfte und Momente: Für konservative Kräfte/Momente gilt: W kons = − E p −E p0 Erweiterter Energiesatz (Arbeitssatz): E k E p = E k0 E p0 W nichtkons Summe aus kinetischer und potentieller Energie „danach“ = Summe der kinetischer und potentieller Energie „davor“ + zugeführte Energie (Antrieb aus nicht-konservativen Kräften) - abgeführte Energie während der Bewegung zwischen den beiden Zuständen (Widerstand, z.B. Reibung) TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 58 Vorgehen nach dem 2. Newtonschen Gesetz ● Grundgesetz: ● Masse * Beschleunigung in α-Richtung m⋅a = F = Summe aller Kräfte in α-Richtung ● in Komponenten, z.B. kartesisches Koordinatensystem: m ẍ = ∑ F x , i i ● m ÿ = ∑ F y , i i m z̈ = ∑ F z , i = { x , y , z } i oder in zylindrischen Koordinaten: m a r = ∑ F r ,i i a r = r̈−r ̇ TM3, SS 2016 2 m a = ∑ F , i i m z̈ = ∑ F z , i = {r , , z } i a = r ̈2 ṙ ̇ R. Kral / G. Kolarov 59 Bewegungsgleichungen – Vorgehen nach Newton 1. Anzahl der Freiheitsgrade f ? 2. n geeignete Koordinaten wählen, positive allgemeine Lage 3. Positive Koordinatenrichtung = pos. Beschleunigungsrichtung 4. Freischnitt in allgemeiner Lage, Kräfte und Momente eintragen 5. Skalare Auswertung der Kräfte-/Momentensummen 6. (n-f) kinematische Beziehungen zwischen den Koordinaten 7. Zwangskräfte eliminieren => Bewegungsgleichungen TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 60 3.8 Prinzip von d'Alambert ● Einführung einer fiktiven Kraft, der d'Alambertschen F T = −m a Trägheitskraft: ● Scheinkraft – keine Gegenkraft (nach actio = reactio) ● Damit nimmt das Grundgesetz die Form an: ● Gleichgewicht in α-Richtung: F F T = 0 Summe aller Kräfte + Trägheitskraft = 0 ● In Komponenten, z.B. in x-Richtung: F T , x = −m ẍ TM3, SS 2016 ∑ F x , i F T , x i =0 R. Kral / G. Kolarov 61 Beispiel Bewegungsgleichung – geradlinige Bewegung ● Gegeben: v0, k ● Schiff mit Geschwindigkeit v0 schaltet den Motor ab ● Widerstandskraft bei Gleiten im Wasser: ● Gesucht: Bewegungsgleichung (nur horizontal) Lösung: Newton ∑ F x ,i i D'Alambert = m⋅ẍ = − F w ⇒ m⋅ẍk⋅ ẋ = 0 TM3, SS 2016 F w =k⋅ v F T = −m⋅a ∑ F x , i = −F w− F T = − F w −m⋅ẍ = 0 i ⇒ m⋅ẍk⋅ ẋ = 0 R. Kral / G. Kolarov => nichtlineare DGL 2. Ordnung 62 Bewegungsgleichungen – Vorgehen nach d'Alambert 1. Anzahl der Freiheitsgrade f ? 2. n geeignete Koordinaten wählen, positive allgemeine Lage 3. Beschleunigung in gewählten Koordinaten 4. Freischnitt in allgemeiner Lage, Kräfte und Momente eintragen 5. Entgegen der positiven Beschleunigungsrichtungen alle d'Alambertschen Kräfte (Scheinkräfte) eintragen 6. Skalare Auswertung der Kräfte-/Momentengleichgewichts 7. (n-f) kinematische Beziehungen zwischen den Koordinaten 8. Zwangskräfte eliminieren => Bewegungsgleichungen TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 63 3.9 Lagrangesche Gleichungen 2. Art ● ● ● ● ● Die Lagrangeschen Gleichungen 2. Art verwenden für jeden Freiheitsgrad eine verallgemeinerte Koordinate Der Ansatz ähnelt der virtuellen Arbeit. Betrachtet wird die Arbeit der Kräfte Zwangskräfte leisten keine Arbeit, daher treten Zwangskräfte in den Lagrangeschen Gleichungen 2. Art nicht auf. Es ist zwischen Potentialkräften und Kräften/Momenten ohne Potential zu unterscheiden. Lagrangesche Funktion: TM3, SS 2016 L = E k −E p R. Kral / G. Kolarov 64 Vorgehen Lagrangesche Gleichungen 2. Art 1. n Koordinaten festlegen 2. Anzahl der Freiheitsgrade f 3. ( n-f ) kinematische Beziehungen zwischen den Koordinaten 4. Ergebnis – f verallgemeinerte Koordinaten: q j kann x oder sein. q j , j = 1 f 5. Kinetische Energie in allgemeiner Lage E k 6. Potentielle Energie in allgemeiner Lage E p (Nullniveau der Gewichtskräfte kann beliebig gewählt werden) 7. Lagrangesche Funktion: TM3, SS 2016 L = E k −E p R. Kral / G. Kolarov 65 Vorgehen Lagrangesche Gleichungen 2. Art 8. Lagrangesche Gleichungen 2. Art – Bewegungsgleichungen ohne Zwangskräfte: d ∂L ∂L − = Q j , j = 1, , f dt ∂ q̇ j ∂ q j 9. Q j − nur verallgemeinerte Kräfte/Momente ohne Potential: ● Die Verschiebung des Angriffspunktes der Kraft muss durch qj ausgedrückt werden. ● Vorzeichen je nach Richtungen von Q j und q j ● aus der Arbeit Q j über q j (Skalarprodukt) dW = Q j⋅d q j Wirken nur Potentialkräfte, so ist Q j = 0 TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov 66 Zusammenfassung ● 2. Newtonsches Gesetz: F = m⋅a t ● Impulssatz: m⋅v = m⋅v F = m⋅v∫ F t d t t0 ● Drallsatz: L0 = r× p = r×m v ● Energiesatz: E k E p = const ● Arbeitssatz: E k1 E k0 = W ● Alternativen zur Newtonschen Mechanik TM3, SS 2016 R. Kral / G. Kolarov L̇0 = M 0 67