5 Zusammenfassung Die ADP-Ribosylierung ist eine posttranslationale Modifikation, bei der eine kovalente Bindung durch den Transfer eines ADP-Ribosylrestes von NAD+ auf das Zielprotein erreicht wird. Die diese Reaktion katalysierenden ADP-Ribosyltransferasen sind in Bakteriophagen, Prokaryonten und Eukaryonten identifiziert worden und zur Zeit Gegenstand intensiver Forschung. Der Bakteriophage T4 kodiert für die drei ADP-Ribosyltransferasen Alt, ModA und ModB. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der molekularbiologischen und biochemischen Charakterisierung dieser drei Enzyme mit dem Ziel der Beschreibung ihrer Funktionen im Infektionszyklus des Bakteriophagen sowie der Lokalisation katalytisch aktiver Aminosäure-Positionen und der Aufklärung der dreidimensionalen Struktur. Die Funktion der ADP-Ribosyltransferasen im Infektionszyklus des Phagen definiert sich durch die Rolle der modifizierten Zielproteine. Es wurden deshalb Experimente zur Identifikation der jeweils ADP-ribosylierten Proteine durchgeführt. Die dafür zunächst eingeführte Methode der hochauflösenden, zweidimensionalen Gelelektrophorese ermöglichte die Auftrennung der in einem in vitro Test ADP-ribosylierten Wirtsproteine. Die Lokalisation der modifizierten Proteine erfolgte anhand des im Verlauf der Reaktion übertragenen 32 P markierten ADP-Ribosylrestes. Die anschließende Identifikation der selektierten E. coli Proteine wurde mit den massenspektrometrischen Verfahren MALDI-TOF und ESI-MS, sowie dem Edman-Abbau durchgeführt. Die ADP-Ribosyltransferase ModB katalysiert, neben der schon bekannten Modifikation des ribosomalen Proteins S1, die ADP-Ribosylierung des Elongationsfaktors EF-Tu, des Chaperons Trigger Faktor und des Thioredoxins. Für Alt und ModA wurde bereits nachgewiesen, dass sie die α-Untereinheit der RNA-Polymerase modifizieren. Die weiteren durch ModA modifizierten Proteine zeigten nach der zweidimensionalen Auftrennung eine zu geringe radioaktive Markierung, so dass keine Zielproteine lokalisiert werden konnten. Demgegenüber erzeugte Alt insgesamt 27 markierte Proteinspots, von denen zehn einer Proteinidentifizierung zugänglich waren. Das ZielproteinSpektrum dieses Enzyms konnte damit um EF-Tu, das Chaperon GroEL, die Pyruvat Kinase I, die 3-Oxoacyl-Synthase, die MTA/SAH Nukleosidase, die Ribose-5-Phosphat-Isomerase und die Dihydrolipoamid Acetyltransferase erweitert werden. Weiterhin kommen als Zielproteine die Prolyl-tRNA-Synthetase, die NADPH-Sulfit Reduktase, der Trigger Faktor, die Dihydrolipoamid Dehydrogenase, das ThiF Protein und das 50 S ribosomale Protein L1 in 105 Frage. Diese Proteine wurden jeweils paarweise in einem Proteinspot identifiziert, so dass eine endgültige Bestätigung als Zielproteine erst nach deren Klonierung und anschließendem Einsatz im Aktivitätstest erfolgen kann. Die identifizierten Zielproteine von ModB und Alt weisen insgesamt auf einen erheblichen Einfluss des Bakteriophagen auf die Translations- und Proteinfaltungsmaschinerie seines Wirtes hin. Die Ergebnisse stimmen deshalb mit der schon vorher diskutierten Modulation der Translation durch die ADP-Ribosylierung des ribosomalen Proteins S1 überein. Insbesondere die Identifikation der verschiedenen Zielproteine von Alt impliziert die Möglichkeit einer Regulation des Wirtsstoffwechsels durch den Bakteriophagen T4, die weit über das bisher angenommene Mass hinausgeht. Erkenntnisse über die Struktur eines Proteins können durch die Analyse von Röntgenbeugungsmustern gewonnen werden. Die notwendige Voraussetzung für deren Durchführung ist die Kristallisation des Proteins und deshalb dessen Aufreinigung in möglichst homogener Weise. ModA und ModB lagen nach ihrer Expression als Einschlußkörper vor. Kulturbedingungen, die die Synthese von nativem Protein durch E. coli ermöglichen, konnten nicht gefunden werden. Deshalb erfolgte die Reinigung von ModA und ModB nach einer Vorreinigung der Einschlußkörper und deren Renaturierung mittels immobilisierter Metallchelat-Affinitätschromatographie. Die gereinigten Proteine wiesen reproduzierbar eine Homogenität von ca. 95 % auf. Die Kristallisationsexperimente mit Alt, ModA, ModB und verschiedenen ModA und ModB Mutanten resultierten nur im Fall der ModB Mutante R73A in einer Kristallbildung. Diese Kristalle waren allerdings äußerst klein und fragil und ermöglichten deshalb keine Auflösung der Röntgenstruktur. Aufgrund von Inhibitorstudien ließen sich ModA und ModB als argininspezifische MonoADP-Ribosyltransferasen charakterisieren. Ein Alignment dieser beiden Enzyme mit anderen ADP-Ribosyltransferasen ermöglichte die Vorhersage katalytisch essentieller Aminosäuren, die im Rahmen von ortsspezifischen Mutagenese-Experimenten verifiziert werden konnten. Die postulierte NAD+-Bindetasche der ADP-Ribosyltransferasen enthält ein essentielles an der Bindung des NAD+ beteiligtes Arginin, das auch für ModA (R72) und ModB (R73) in der vorhergesagten Position nachgewiesen wurde. Das in ADP-Ribosyltransferasen konservierte Glx-X-Glu Motiv ist auch in der Primärstruktur von ModA und ModB vorhanden. Insbesondere die Glutaminsäure an der dritten Position dieses Motivs ist für die Katalyse der ADP-Ribosyltransferasen notwendig und wurde für ModA (E165) und ModB (E173) 106 ebenfalls bestätigt. Ein zweites in den beiden Proteinen gut konserviertes Motiv, Phe-AsnPhe/Tyr, ist für deren enzymatische Aktivität ebenfalls essentiell, da der Austausch einzelner Positionen dieses Motivs eine komplette Inaktivierung von ModA und ModB bewirkt. Das Phenylalanin (ModA) bzw. Tyrosin (ModB) in der dritten Position repräsentiert dabei eine in allen ADP-Ribosyltransferasen vorhandene aromatische Aminosäure oder Leucin. 107