Aus dem Westfälischen Zentrum Bochum - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum komm. Direktor: PD Dr. med. W. Vollmoeller Agitiertheit bei Demenz im Tagesverlauf Prospektive kontrollierte Längsschnittuntersuchung an 82 älteren Personen INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Norbert Pauly aus Oberhausen 2004 II Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Priv. Doz. Dr. med. S. G. Schröder Korreferent: Prof. Dr. med. U. Trenckmann Tag der Mündlichen Prüfung: 12.07.2005 III - Für meinen Sohn Wieland - IV Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ………………………………………………….. VII Tabellenverzeichnis …………………………………………………… VIII Abkürzungsverzeichnis …………………………………….................. XI 1 Einleitung ……………………………………….......................................1 2 Theoretischer Hintergrund und Fragestellung ………………..… 3 2.1 Dementielle Erkrankungen als Herausforderung für Geriatrie, Gerontopsychiatrie und Altenpflege …………………………………………. 3 2.2 Die nichtkognitiven Symptome der Demenz ……………………………… 6 2.3 Das Konstrukt Agitiertheit ……………………………………………………... 10 2.3.1 Begriffsbestimmung …………………………………………………………... 10 2.3.2 Agitiertheit und Demenz: Klassifikation, Diagnostik und Ätiologie …………………………………………………………………………... 12 2.3.2.1 Agitiertheit und Diagnoseglossare …………………………………….. 12 2.3.2.2 Agitiertheit bei Demenz, Ursachen und Behandlungsformen .. 16 2.4 Das Konstrukt Sundowning ………………………………………………...... 27 2.4.1 Begriffsbestimmung …………………………………………………………... 27 2.4.2 Empirische Befunde zu tagesrhythmischen Agitiertheitszuständen bei Demenzkranken ……………………………………………... 28 2.5 Hypothesen ………………………………………………………….……………... 34 3 Methode und Untersuchungskollektive …………………………… 35 3.1 Standardisierte Erfassung von Agitiertheit mit dem CohenMansfield Agitation Inventory (CMAI) …………………………………….. 35 3.1.1 Vom Konzept Agitiertheit zum CMAI ………………………………..….. 35 3.1.2 Aufbau, Auswertung und Versionen …………………………………….. 35 3.1.3 Die verwendete CMAI-Testversion ……………………………………….. 37 3.1.4 Deutsche CMAI-Versionen ………………………………………………….. 39 3.2 Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) als Kurztest zur Erfassung der globalen Leistungsfähigkeit ……………………………………………… 41 V 3.3 Durchführung der Untersuchung ……………………………………………. 42 3.3.1 Datenerhebung im Westfälischen Zentrum Bochum, Psychiatrie und Psychotherapie …………………………………………… 43 3.3.2 Datenerhebung im Altenheim „Haus am Glockengarten“ ……….. 44 3.4 Datenerfassung und Bearbeitung……………………………………………. 44 3.4.1 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 1……………………………….. 45 3.4.2 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 2………………………………… 45 3.4.3 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 3………………………………… 46 3.4.4 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 4………………………………… 46 3.4.5 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 5………………………………… 46 3.5 Beschreibung der Stichprobe………………………………………………….. 47 3.6 Analyse der Rohwerte……………………………………………………………. 52 4 Ergebnisse ………………………………………………………………………... 53 4.1 Zur ersten Hypothese: Das Kollektiv der Demenzpatienten ist signifikant agitierter als die gesunde Kontrollgruppe. …………..….. 53 4.2 Zur zweiten Hypothese: Agitiertheit tritt in der Gruppe der Demenzkranken signifikant ausgeprägter nachmittags als morgens auf.... 55 4.3 Zur dritten Hypothese: Das globale Ausmaß an Agitiertheit ist mit dem Schweregrad der Demenz assoziiert ……………………….… 55 4.4 Zur vierten, komplexesten Hypothese: Die drei Unterformen der Agitiertheit („Dimensionen“ gemäß CMAI) sind in den drei Demenzschweregraden unterschiedlich ausgeprägt …………….…… 59 4.4.1 Ausprägung der Dimension „Unruhiges und Unangemessenes Verhalten“. ..…………….……………………………………………………..... 59 4.4.2 Ausprägung der Dimension „Verbal agitiertes Verhalten“ …….... 62 4.4.3 Ausprägung der Dimension „Aggressives Verhalten“ ..…………... 64 4.5 Zur fünften Hypothese: Anhand der zirkadianen Rhythmik lassen sich Untergruppen (Typen) der Demenzkranken bilden ..………….. 68 4.5.1 Tagesrhythmik der Agitiertheit ..…………………………..……………… 68 4.5.2 Tagesrhythmik der einzelnen Dimensionen ..………………………... 71 4.5.2.1 Tagesrhythmik der Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten ……………………………………………………………… 71 4.5.2.2 Tagesrhythmik der Dimension Verbal Agitiertes Verhalten. .... 73 VI 4.5.2.3 4.5.3 Tagesrhythmik der Dimension Aggressives Verhalten. ...……... 75 Konkordanz der Tagesrhythmik der Agitiertheit insgesamt mit derjenigen ihrer drei Dimensionen ..………………………..…………... 77 5 Diskussion ..……………………………………………………………………… 79 5.1 Methodendiskussion ..…………………………….………………………...... 79 5.1.1 Ausfüllen der CMAI – Testversion – Bögen ..………………….…….. 79 5.1.2 Beurteilung der Stichprobe ..………………………….…………………... 80 5.1.3 Einschätzung des Demenzschweregrades mittels MMST ..….….. 81 5.1.4 Das Testinstrument: der CMAI – deutsche Version ..……………... 82 5.1.5 Die drei Beobachtungszeiträume ..…………………………………….... 82 5.1.6 Begriffliche Verwendung von „Sundowning“, „Sunrising“ und „Constant“ ..……………………………………………………………………… 83 5.1.7 Definition von „Sundowning“, „Sunrising“ und „Constant“..……. 84 5.2 Ergebnisdiskussion ..………………………………………….……………....… 85 5.2.1 Das Kollektiv der Demenzpatienten ist signifikant agitierter als die gesunde Kontrollgruppe ………………………………………………… 85 5.2.2 Agitiertheit tritt in der Gruppe der Demenzkranken signifikant ausgeprägter nachmittags als morgens auf…....………………….... 86 5.2.3 Das globale Ausmaß an Agitiertheit ist mit dem Schweregrad der Demenz assoziiert ..……………………………………………………… 86 5.2.4 Die drei Unterformen der Agitiertheit („Dimensionen“ gemäß CMAI) sind in den drei Demenzschweregraden unterschiedlich ausgeprägt ……………….……………………………………………………... 87 5.2.5 Anhand der zirkadianen Rhythmik lassen sich Untergruppen (Typen) der Demenzkranken bilden ..…………………………….……. 89 5.3 Schlussbemerkung ....…………………………………………………………… 94 Zusammenfassung………………………………………………………………………. 96 Literatur...…………………………….………………………………………...………….. 98 Anhang..………………………………………………………………………...........…. 112 CMAI (Cohen-Mansfield-Agitation-Inventory) – deutsche Version Lebenslauf…………………………………………………………………………………. 114 VII Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Anteil der Alzheimerdemenz und der vaskulären Demenz an den Altersdemenzen (Ott et al 1995)..…………………….. 5 Abbildung 2: Demenzdiagnosen der Stichprobe ……………………………... 49 Abbildung 3: Altersverteilung der Stichprobe …………………………………. 51 Abbildung 4: CMAI-Summen-Mittelwerte im Vergleich dement vs. nichtdement, verteilt über die drei Untersuchungs zeiträume ……………………………………………………………..… 54 Abbildung 5: CMAI,-,Summen,-,Mittelwerte, unterteilt nach Beobachtungszeiträumen und Demenzschwegrad ………………. 57 Abbildung 6: Mittelwerte des CMAI von jedem einzelnen Probanden … 58 Abbildung 7: CMAI – Summen - Mittelwerte für die Dimension Unruhiges und unangemessenes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie ……………………………………………………… 61 Abbildung 8: Mittelwerte der Summe Unruhiges und Unangemessenes Verhalten der einzelnen Personen, unterteilt nach MMST-Kategorie ……………………………………………………… 61 Abbildung 9: CMAI – Summen - Mittelwerte für die Dimension Verbal agitiertes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie ….. 63 Abbildung 10: Mittelwert der Summe Verbal Agitiertes Verhalten der einzelnen Personen, unterteilt nach MMST-Kategorie ..… 64 Abbildung 11: CMAI – Summen - Mittelwerte für die Dimension Aggressives Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie… 66 Abbildung 12: Mittelwert der Summe Aggressives Verhalten der einzelnen Personen, unterteilt nach MMST-Kategorie …………………. 66 Abbildung 13: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie ………………. 69 Abbildung 14: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMSTKategorie ………………………………………………………………… 72 Abbildung 15: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 für die Dimension Verbal Agitiertes Verhalten der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie ………………. 74 Abbildung 16: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 für die Dimension Aggressives Verhalten der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie …………………………......... 76 VIII Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Prävalenz von leichter kognitiver Beeinträchtigung und Demenz in der Altenbevölkerung gemäß der „Canadian Study of Health and Aging“ …………………………………………… 4 Tabelle 2: Verteilung der kognitiven Leistungsfähigkeit der Stichprobe ……………………………………………………………….... 50 Tabelle 3: Art und Häufigkeit von Psychopharmaka in der Demenzgruppe …………………………………………………………… 52 Tabelle 4: CMAI – Summen - Mittelwerte sämtlicher Untersuchungs bögen im Vergleich nichtdement vs. dement ………………… 53 Tabelle 5: CMAI – Summen - Mittelwerte , - Mediane und - Standardabweichungen im Vergleich nichtdement vs. dement, verteilt über die drei Untersuchungszeiträume ………………. 54 Tabelle 6: CMAI – Summen – Mittelwerte, - Mediane und – Standardabweichungen unterteilt nach Beobachtungszeitraum und Demenzschweregrad …………………………………..……………… 57 Tabelle 7: CMAI - Summen – Mittelwerte, - Mediane und – Standardabweichung für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie und Beobachtungszeiträumen …………………………………….. 60 Tabelle 8: CMAI – Summen - Mittelwerte und Mediane für die Dimension Verbal agitiertes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie und Beobachtungszeiträumen..….… 63 Tabelle 9: CMAI - Summen – Mittelwerte, - Mediane und – Standardabweichungen für die Dimension Aggressives Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie und Beobachtungszeiträumen…………………………………………….. 65 Tabelle 10: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen, unterteilt nach MMST-Kategorie ……………………………..…… 70 Tabelle 11 Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie …………………………………… 72 Tabelle 12: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen für die Dimension Verbal Agitiertes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie ……………………………………………..… 74 Tabelle 13: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen für die Dimension Aggressives Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie …………………………………………………..…… 77 IX Tabelle 14: Differenzen CMAI 2-1 der „Sundowner“ und „Sunriser“, unterteilt nach Summe und einzelnen Dimensionen (Konkordanzbestimmung). Herausgehoben sind die Werte, die außerhalb der 2-fachen Standardabweichung liegen……………………………………………………………….………. 78 Abkürzungsverzeichnis ABRS Agitatet Behavior Rating Scale AD Alzheimerdemenz APA American Psychiatric Association BPSD Behavioral and Psychological Symptoms of Dementia CMAI Cohen-Mansfield-Agitation-Inventory DAT Demenz vom Alzheimertyp DGPPN Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde DSM-IV Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen ICD-10 Internationale Klassifikation psychischer Störungen („International Classification of Disease“) M Mittelwert MID Multiinfarkt-Demenz MMST Mini Mental Status Test p „probability“, statistischer Wert IPA International Psychogeriatric Association SD Standardabweichung („standard deviation“) SPSS Statistical Package for Social Sciences SSRI Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer („selectiv serotonine reuptake inhibitor“) VD Vaskuläre Demenz VT Verhaltenstherapie VTK Verhaltenstherapeutisches Kompetenztraining WHO Weltgesundheitsorganisation („World Health Organisation“) 1 1 Einleitung Der natürliche Alterungsprozess des Gehirns sowie pathologische zerebrale Veränderungen werden in der Regel mit dem Nachlassen kognitiver Leistungen assoziiert. So wird die Diagnose einer Demenz primär durch das Vorhandensein kognitiver Störungen gestellt. Die in der Forschung bereits zunehmend beachteten nichtkognitiven Symptome der Demenz finden in Diagnostik und Therapie dagegen noch nicht die nötige Beachtung. Das Schicksal Demenzkranker mit dem Verlust der Fähigkeit zur eigenständigen Lebensführung wird in der Regel von Betreuenden und Pflegenden mitgetragen. Spätestens hierbei steht die nichtkognitive Symptomatik in Form von Verhaltensstörungen wie Angst, Depression, Agitiertheit, Umkehr des Tag-/Nacht-Rhythmus’, Wahn, Halluzinationen und Aggression ebenso im Blickpunkt wie die defizitären Urteils-, Gedächtnisoder Orientierungsleistungen. Die Mehrzahl der Demenzkranken entwickeln derartige Begleitsymptome (Ballard 2001). Für die Belastung der Pflegenden ist diese in der Regel sozial unverträgliche, nichtkognitive Symptomatik von entscheidender Bedeutung und führt oft zu einer Heimaufnahme, Krankenhausbehandlung oder vormundschaftsrichterlicher Intervention. In Anbetracht der weiteren Zunahme der Lebenserwartung, dem Anstieg der Erkrankungszahlen und einer Verknappung öffentlicher Gelder wird es in Zukunft auch darum gehen, Demenzen frühzeitig zu erkennen, frühzeitig und rational zu behandeln und eine Heimunterbringung hinauszuzögern. Bei einer frühestmöglichen Erkennung der Krankheit können pharmako-, verhaltens- und milieutherapeutische Strategien gezielter geplant werden, so dass sich gesundheitspolitische und medizinökonomische Optimierungen erreichen lassen (Calabrese 2002). 2 Einen herausragender Stellenwert unter den nichtkognitiven Störungen hat der in der Fachterminologie als Agitiertheit bezeichnete Symptomkomplex. Gemeinsam mit der Datenerhebung zur Validierung der deutschen Übersetzung des international wichtigsten Instrumentes zur Erfassung agitierten Verhaltens von Demenzkranken (Hülser 2001), dem CMAI deutsche Version, wurden im Jahre 2001 in zwei Bochumer Einrichtungen an 55 demenzkranken und 27 nichtdementen Personen Daten erhoben, die für die vorliegende Fragestellung die tageszeitliche Rhythmik von Agitiertheit erfassen. Damit soll dem in der Fachliteratur des letzten Jahrzehnts immer wieder diskutierte Phänomen des „Sundowning“, einer Häufung von Agitiertheitszuständen Demenzkranker in den Nachmittagsund Abendstunden, empirisch nachgegangen werden. Im ersten Teil Erkrankungen der als vorliegenden Arbeit gesellschaftliche werden und die dementiellen medizinökonomische Herausforderung diskutiert und die Fachliteratur zum Syndrom Agitiertheit sowie seine Relevanz bei psychischen Störungen, speziell bei Demenzen, dargestellt . Die neuesten Forschungsergebnisse zur Tagesrhythmik agitierten Verhaltens bei Demenzkranken, insbesondere zum Thema Sundowning, werden zusammengefasst und im Rahmen der Ergebnisdiskussion kritisch gewertet. Die methodischen Kapitel stellen die beiden im Rahmen unserer Untersuchung angewandten Testinventare, das Cohen-Mansfield Agitation Inventory und den Mini-Mental-Status-Test vor. Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet der zweite Teil mit der eigenen Untersuchung und der statistischen Analyse des Datenmaterials zum agitierten Verhalten und dessen zirkadianer Rhythmik bei Demenzkranken. 3 2 Theoretischer Hintergrund und Fragestellung 2.1 Dementielle Erkrankungen als Herausforderung für Geriatrie, Gerontopsychiatrie und Altenpflege Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung steigt in den industrialisierten Ländern kontinuierlich an. Der Rückgang der Mortalität einerseits und der Fertilität andererseits haben im Laufe des letzten Jahrhunderts zu einer drastischen Veränderung der Alterspyramide geführt und werden diese in naher Zukunft „auf den Kopf stellen“. Lag der Bevölkerungsanteil der über 65-jährigen im Deutschen Reich um 1910 noch bei 5 %, so hat sich der Anteil auf 15,9 % in 1998 erhöht. Dabei ist die absolute Zahl der unter 65-jährigen nur geringfügig gestiegen, die Zahl der über 65-jährigen hat sich dagegen vervierfacht, die Zahl der über 80-jährigen gar verzehnfacht. Die mittlere Lebenserwartung nach Erreichen des 65. Lebensjahres hat sich bei Frauen um 40% auf 83,9 Jahre, bei Männern sogar um 45% auf 80,1 Jahre erhöht (Bickel 2003). Die Konsequenzen für das Versorgungssystem sind beträchtlich, da Krankheitshäufigkeit, Pflegebedürftigkeit und Inanspruchnahme von medizinischen und sozialen Einrichtungen stark altersabhängig sind. Die bestehenden sozialen Sicherungssysteme können diesen veränderten Erfordernissen kaum noch standhalten, was sich in immer höheren Sozialversicherungsbeiträgen und einem immer stärker werdenden „Reformdruck“ auf die Politik äußert. Demenzen und Haupterkrankungen Depressionen hinsichtlich sind ihrer die beiden Prävalenz psychiatrischen und ihrer 4 sozialökonomischen Bedeutung im Alter (Stoppe 2000). Diese beiden Entitäten sind auch vergleichsweise am besten untersucht. Die Demenz ist die psychische Alterskrankheit schlechthin, da sie relativ selten unter 65 Jahren auftritt, ihre Häufigkeit mit steigendem Alter aber steil zunimmt (s. u.). Gemäß der „Canadian Study of Health and Aging“ (Graham et al. 1997) liegt die Prävalenz in der Gruppe der über 65-jährigen der Demenzen bei 8% (davon 2,6% schwere, 3,1% mittelschwere und 2,3% leichte Formen). 16,8% leiden an einer leichten kognitiven Beeinträchtigung, 75,2% sind kognitiv nicht beeinträchtigt (s. Tab. 1). Tab.1: Prävalenz von leichter kognitiver Beeinträchtigung und Demenz in der Altenbevölkerung gemäß der „Canadian Study of Health and Aging“ (Graham et al. 1997) leicht Demenz mittelschwer schwer leichte kognitive Störung kognitiv unbeeinträchtigt 2,3% 3,1% 2,6% 16,8% 75,2% 8% 92% Für die deutschen Senioren errechnen sich aus Metaanalysen Demenzraten zwischen 6 und 8,7%. Hochgerechnet ergibt sich daraus eine Zahl zwischen 770 Tausend und 1,1 Mio. Demenzkranker in Deutschland. Die Prävalenz der Demenz steigt mit zunehmenden Alter exponentiell: In der Altersgruppe der 65-69-jährigen sind es 1,2% Demenzkranke; 2,8% in der Altersgruppe der 70-74-jährigen, 6% in der Gruppe der 75-79-jährigen, 13,3% in der Gruppe der 80-84-jährigen, 23,9% bei den 85-89-jährigen und 34,6 % bei den über 90-jährigen in der deutschen Bevölkerung (Beyreuther, K., Einhäupl, K. M., Förstl, H., Kurz, A. 2002). 5 Ab dem 85.- 90. Lebensjahr scheint sich der exponentielle Anstieg abzuschwächen, ab dem 95. Lebensjahr kommt es möglicherweise zu keinem weiteren Zuwachs mehr (Richie und Kildea 1995). Die EURODEM-Studie (Ott et. al. 1995) findet die Demenz vom Alzheimertyp (DAT) mit etwa 72% als häufigste Form, die vaskuläre Demenz mit 16% an zweiter Stelle. Kosunen et al. (1996) fanden in 8 von 10 Fällen vaskulärer Demenz auch alzheimertypische histopathologische Veränderungen. Somit wird heute angenommen, dass eine „Alzheimerpathologie“ bei über 80% der Demenzen eine wesentliche Rolle spielt. 12% 16% Alzheimer Demenz Vaskuläre Demenz Andere Ursachen 72% Abb. 1 Anteil der Alzheimerdemenz und der vaskulären Demenz an den Altersdemenzen (Ott et al 1995). Obwohl auf den zunehmenden institutionellen Pflegebedarf immer wieder hingewiesen wird, ist nach Böger und Pickartz (2001) heute immer noch die Familie das primäre Versorgungssystem im Falle des eingetretenen Hilfsbedarfs. Dabei sind es zu 90 Prozent Frauen zwischen 40 und 75 Jahren - Ehefrauen, Töchter oder Schwiegertöchter - welche mit Abstand die meisten pflegerischen Leistungen aufbringen. Insgesamt gibt es 1,6 6 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland (Ministerium für Arbeit und Soziales 1996, in ). Lediglich vier Prozent der über 65jährigen leben in stationären Einrichtungen (Geuß, 1990). Nach Förstl, Sattel und Bahro (1993), werden 80 Prozent aller Demenzkranken zuhause gepflegt. Pflegende Angehörige und professionelle Pflegekräfte werden bei uns in Deutschland eher selten zum Forschungsgegenstand gemacht, wohingegen in den USA das Thema „Caregivers“ schon seit zwei Jahrzehnten zu den gerontologischen Forschungsschwerpunkten zählt. Führt die Pflege von Dementen bei den Angehörigen per se schon zu einer dramatischen Zunahmen von Befindlichkeitsstörungen und Depressionen (Böger und Pickartz 2001), so haben Verhaltensauffälligkeiten der Demenzkranken wie fortwährendes Schreien, rastloses und desorientiertes Umherlaufen oder gar Handgreiflichkeiten einen negativen Einfluss auf das Verhältnis zwischen Pflegenden und Kranken, zermürben die Familien und führen zu Einweisung in stationäre Einrichtungen wie Krankenhaus oder Pflegeheim (Neistein und Siegal 1996). 2.2 Die nichtkognitiven Symptome der Demenz Die Diagnoseglossare Internationale Klassifikation Psychischer Störungen, ICD-10, der Weltgesundheitsorganisation (Dilling 2000) und das Diagnostische und Statistische Manual Psychischer Störungen, DSM-IV (Saß 1996), benennen die kognitiven Defizite als ein Leitsymptom der Demenz. 7 Die ICD-10 fordert für die Demenz, die als Folge einer Gehirnerkrankung auftrete, das Vorliegen kognitiver Störungen als Beeinträchtigung von Bereichen wie - Gedächtnis - Denken - Orientierung - Auffassung - Rechnen - Lernfähigkeit - Sprache - Urteilsfähigkeit. Die kognitiven Störungen müssen bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen (z. B. Verschlechterung beruflichen) des Bereichen Leistungsniveaus verursachen nach sich und so ziehen. eine – Differentialdiagnostisch sind eine Bewusstseinstrübung bzw. ein Delir auszuschließen. In der allgemeinen Beschreibung der diagnostischen Minimalbedingungen der Demenz im ICD-10 wird neben der kognitiven Symptomatik zumindest erwähnt, dass diese häufig begleitet ist von einer Verschlechterung der emotionalen Kontrolle, des sozialen Verhaltens sowie der Motivation – diese so genannten nichtkognitiven Symptome können laut ICD-10 den kognitiven Symptomen gelegentlich auch vorangehen. Die Forschungskriterien der ICD-10 (Dilling 1994) führen weiterhin auf: - Emotionale Labilität - Vergröberung des Sozialverhaltens - Reizbarkeit - Apathie. 8 „Zusätzliche Symptome“ können an 5. Stelle des ICD-10-Schlüssels kodiert werden: - sonstige Symptome, vorwiegend wahnhaft - sonstige Symptome, vorwiegend halluzinatorisch - sonstige Symptome, vorwiegend depressiv - sonstige gemischte Symptome. Das DSM-IV fordert ähnliche (kognitive) Symptome für die diagnostische Einstufung als Demenz: mindestens eines der Beeinträchtigung Symptome Aphasie, des Gedächtnisses Apraxie, Agnosie plus oder Exekutivfunktionsstörung. Zur Diagnose einer Alzheimerdemenz oder vaskulären Demenz kann „mit Verhaltensstörungen“ hinzugefügt werden. Ein entscheidender Unterschied beider Klassifikationssysteme liegt in der Aussage zum Zeitfaktor der Demenzsymptomatik; laut ICD-10 müssen für eine zuverlässige klinische Diagnose die erwähnten Symptome und Störungen mindestens sechs Monate lang bestehen, im DSM IV wird kein Zeitkriterium angegeben. In beiden Diagnoseglossaren sind die nichtkognitiven Störungen nicht diagnoserelevant. Dies ist um so überraschender, da bereits der Erstbeschreiber der nach ihm benannten Demenz, Alois Alzheimer, in seinem Tübinger Vortrag im Jahre 1906 (publiziert 1907), von „einer eigenartigen Erkrankung der Hirnrinde“ sprach und dabei eine Vielzahl nichtkognitiver Symptome wie Wahn, Verkennungen, Halluzinationen, Aggressivität und Unruhe einbezog. 9 Schröder (1998) verweist auf die seit etwa 10 Jahren zunehmende Hinwendung des nichtkognitiven klinischen und wissenschaftlichen Demenz-Psychopathologie und Interesses gruppiert zur diese folgendermaßen (ohne somatische Symptome): - Depressivität, Ängstlichkeit, Maniformität, Affektlabilität - Paranoide Wahnvorstellungen, Illusionäre Verkennungen, Halluzinationen - Abulie, Agitiertheit, Umherlaufen, Aggressivität, Schreien. Gemäß den Befunden von Schröder (1998) sowie unter Verweis auf die Mehrzahl der Studien ist das psychopathologische Bild bei der Demenz von Alzheimer-Typ und der vaskulären Demenz kaum zu unterscheiden. Von der International Psychogeriatric Association (IPA 1996) wurde für die nichtkognitiven Symptome der Begriff der „Behavioral and Psychological Symptoms of Dementia (BPSD)“ geprägt. Diese oft diskontinuierlich auftretenden Begleitsymptome beziehen sich auf Veränderungen von Stimmung, Verhalten und Gedankeninhalten und beinhalten Aggression, Agitation, Depressionen, Ängste, Halluzinationen, sexuelle Disinhibition. Laut Schröder (1998) sind die mit Abstand häufigsten Symptome paranoides und aggressives Verhalten. Bei anderen Autoren ist Agitiertheit mit 55% das am häufigsten auftretende BPSD-Phänomen, wobei die Prävalenz von BPSD allgemein als sehr hoch angegeben wird: zwischen etwa 80% (Ballard et al. 2001) und 100% (Rainer et al.1999). In der neueren Literatur wird diskutiert, Subtypen der Demenz nach Vorkommen von nichtkognitiven Begleitsymptomen zu klassifizieren – z.B. nach dem Vorhandensein von Depression (Starkstein u. Robinson 1996). 10 Kranke des Typs Demenzentwicklung I ihre nehmen kognitiven hiernach im Initialstadium Beeinträchtigungen und der daraus folgende Implikationen wahr, so dass die affektive Störung vermutlich eine Reaktion ihres Erlebens ist. In Bild gebenden Verfahren konnten hier keine Stoffwechselveränderungen gefunden werden. Beim Typ II dagegen besteht eine schwere Depression häufig schon zu Beginn oder vor der klinischen Manifestation der Demenz. Diese Patienten nehmen ihre Defizite nicht wahr, bagatellisieren und zeigen keine Therapiebereitschaft. Bei ihnen zeigte sich in Bild gebenden Verfahren linkshemisphärisch eine Stoffwechselaktivitätsverminderung. 2.3 Das Konstrukt Agitiertheit In diesem Kapitel soll zuerst der Begriff AGITIERTHEIT genauer bestimmt und definiert werden (Kapitel 2.3.1), bevor die aktuellen Diagnoseglossare ICD-10 und DSM-IV hinsichtlich dieser Symptomgruppe durchgesehen werden (Kapitel 2.3.2.1). Im letzten Unterkapitel (2.3.2.2) soll ausführlicher auf den Zusammenhang zwischen Agitiertheit und Demenz und auf die zentrale Stellung von Agitiertheit im Rahmen der nichtkognitiven Symptome eingegangen werden. 2.3.1 Begriffsbestimmung Das lateinische agere = handeln sowie agitare = antreiben, aufregen, aufreizen geben uns Aufschluss über die Wortherkunft für die in der Medizin beziehungsweise Agitiertheit. Psychiatrie gebräuchlichen Begriffe Agieren und 11 Eine andere Möglichkeit der Übertragung ins Deutsche, das Synonym Agitation, ist laut Duden der Bedeutung im politischen Sinne vorbehalten (= politische Hetze und intensive politische Aufklärungs- und Werbetätigkeit). Das Klinische Wörterbuch Pschyrembel (1990) gibt folgende Erklärung: Agieren (lat. agere handeln): Bezeichnung der analytischen Psychotherapie für das Ausleben von verdrängten (meist infantilen) Emotionen und (unbewussten) Wünschen. agitans (lat. agitare antreiben): erregend, agitiert, erregt Agitiertheit: syn. Agitatio; motorische Unruhe und gesteigerte körperliche Erregbarkeit, Vorkommen: z. B. Delir, Katatonie oder Psychose. Der Begriff Agitiertheit wird im Glossar der Fachausdrücke im Anhang C des DSM-IV (Saß et al. 1996) folgendermaßen erklärt: Agitiertheit (Psychomotor. Arousal). Übermäßige motorische Aktivität, die mit einem Gefühl innerer Anspannung einhergeht. Die Aktivität ist in der Regel unproduktiv und wiederholt sich ständig. Sie zeigt sich in Verhaltensweisen wie Hin- und Herlaufen, Zappeln, Händeringen, Zerren an den Kleidern und Nicht-Stillsitzen-Können. Im DSM-IV wird in diesem Sinne Unruhe, Erregung und psychomotorische Unruhe synonym verwandt. Das Psychologische Wörterbuch von Dorsch (1998) gibt folgende Erklärung: 12 Agitation (lat. agitare antreiben, aufregen), Handeln, bes. als Aufreizen. - (med.) Unruhe, Erregung, erregte Bewegung, wie z. B. bei paralysis agitans (Schüttellähmung) oder agitierter Depression (hochgradige motorische Unruhe mit klagend-anklagender Verstimmung) - Agitiertsein soviel wie in Erregung sein mit bestimmten Zeichen innerer und äußerer Unruhe. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass beide Begriffe, Agitiertheit und Agitation, im deutschen Sprachraum im medizinischen Sinne verwendet werden können. Da der Begriff Agitiertheit geläufiger erscheint und in den genannten beiden maßgeblichen Diagnoseglossaren verwandt wird, wird dieser im weiteren beibehalten. 2.3.2 Agitiertheit und Demenz: Klassifikation, Diagnostik und Ätiologie 2.3.2.1 Agitiertheit und Diagnoseglossare Mit dem Begriff Agitiertheit wird eine Gruppe von Symptomen beschrieben, eher im Sinne eines unspezifischen Symptomkomplexes als eines eigentlichen diagnostischen Terminus´. Als ursächlich können folgende Aspekte angenommen werden: - psychiatrische Störungen, wie affektive und schizophrene Psychosen, neurotische Störungen - neurologische Erkrankungen, wie das Parkinson-Syndrom, Chorea, Enzephalitiden, Demenzen 13 - Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Hormonstörungen (z. B. Hyperthyreose), Ernährungsstörungen, Organerkrankungen (z. B. chronisch obstruktive Lungenerkrankungen, Herzinsuffizienz) - Medikamentennebenwirkungen, (z.B. Theophyllin, ß2-Mimetika, Antidepressiva vom SSRI-Typ, Neuroleptika, Antidementiva) - psychogen ausgelöst (Angst, Nervosität, Fehlwahrnehmungen) - Entzugserscheinungen (Alkohol, Benzodiazepine, Heroin) In der Internationalen Klassifikation Psychischer Störungen (International Classification of Diseases, ICD 10) der WHO finden sich unter Kapitel V (F) Hinweise zu psychomotorischer Unruhe oder Agitiertheit bei verschiedenen Krankheitsbildern: - F05 Delir, nicht durch Alkohol oder sonstige psychotrope Substanzen bedingt, hier als diagnostische Leitlinie Nr. 3: „Psychomotorische Störungen (Hypo- oder Hyperaktivität und nicht vorhersehbarer Wechsel zwischen beiden)“ - F06.1 organisch katatone Störung, hier als diagnostische Leitlinie Nr. 2: „Erregung (starke Hypermotilität mit oder ohne Tendenz zur Fremdgefährlichkeit)“ - F1x.0 akute Intoxikation. Unter den diagnostischen Leitlinien wird aufgeführt: „z. B. können dämpfende Substanzen Agitiertheit und Überaktivität hervorrufen…“ - F20 Schizophrenie und F20.2 katatone Schizophrenie, hier als diagnostische Leitlinie Nr. 2: „Erregung (anscheinend sinnlose motorische Aktivität, die nicht durch äußere Reize beeinflusst ist)“ 14 - F30 Affektive Störung: manische Episode mit „gesteigertem Antrieb und Aktivität“. Zur Differentialdiagnose wird angemerkt, dass „die gesteigerte Aktivität, die Ruhelosigkeit und der häufige Gewichtsverlust von ähnlichen Symptomen bei Hyperthyreose und Anorexia nervosa“ zu unterscheiden sei. Auch die gegen Ende des mittleren Lebensabschnittes vorkommenden „Anfangsstadien einer „agitierten Depression“ können Ähnlichkeiten mit der gereizten Form einer Hypomanie zeigen. - F31 bipolare affektive Störung. Agitiertheit wird hier für die gegenwärtig gemischte Episode (F31.6) beschrieben und findet sich natürlich ebenso bei der jeweils gegenwärtig unipolaren Ausprägungsform. - F32 Affektive Störung: depressive Episoden mit den „typischen Störungen des somatischen Syndroms“ wie u. a. „der objektive Befund einer psychomotorischen Hemmung oder Agitiertheit“. - F43 Belastungs- und Anpassungsstörungen gehen einher mit vermehrter Unruhe, Konzentrationsproblemen, Hypervigilanz und weiteren Symptomen erhöhten Arousals. Bei diesen Störungen wie der akuten Belastungsreaktion oder der posttraumatischen Belastungsstörung wird der Terminus Agitiertheit jedoch nicht verwandt. In dem offiziellen Klassifikationssystem der APA (American Psychiatric Association), dem Diagnostischen und Statistischen Manual 15 Psychischer Störungen, DSM-IV (Saß 1996), finden sich Hinweise zu Agitiertheit und synonymen Begriffen an entsprechenden Stellen: - 291.8 Alkoholentzug, Kriterium B: unter anderem „psychomotorische Agitiertheit“. Des Weiteren sind psychomotorische Unruhe, Verlangsamung oder Agitiertheit auch Kriterien des Kokainentzuges (292.0) oder anderen Substanzentzuges. - 292.89 Amphetaminintoxikation Amphetaminentzug, jeweils unter und dem 292.0 Kriterium B: „psychomotorische Agitiertheit oder Verlangsamung“. - 303.0 Alkoholintoxikation unter dem Kriterium B: „klinisch bedeutsame unangepasste Veränderungen (z. B Verhaltens- unangemessenes oder psychische aggressives oder Sexualverhalten). - 295.2 Schizophrenie, Katatoner Typus, unter einem fakultativen Kriterium : „2. übermäßige motorische Aktivität (die offenkundig nicht zweckgerichtet ist und nicht durch äußere Reize beeinflusst wird)“. - 296.2x Affektive Störungen, Major Depression; wobei unter 5. die „Psychomotorische Unruhe und Verlangsamung … durch andere beobachtbar, nicht nur das subjektive Gefühl von Rastlosigkeit oder Verlangsamung“ angeführt wird. 16 - 296.0x Affektive Störungen, Manische Episode; wobei unter 6. eine „gesteigerte Betriebsamkeit … oder psychomotorische Unruhe“ als Symptom genannt wird. - 309.81 Posttraumatische Belastungsstörung und 308.3 Akute Belastungsstörung; bei beiden wird von Symptomen erhöhten Arousals und motorischer Unruhe gesprochen. Unter F0 Organische Störungen des ICD-10 sowie Delir, Demenz, Amnestische und Andere Kognitive Störungen des DMS-IV werden in beiden Diagnoseglossaren der Begriff Agitiertheit nicht aufgeführt (s. o.). Lediglich bei den Leitlinien des Delirs (293.0 und F05) werden „psychomotorische Störungen“ und „erhöhte oder verminderte psychomotorische Aktivität“ genannt. 2.3.2.2 Agitiertheit bei Demenz, Ursachen und Behandlungsformen Der Begriff der Agitiertheit findet sich zwar relativ häufig in den Diagnoseglossaren, Symptomen der gehört Demenz aber und nicht findet zu den diagnoserelevanten sich dort nicht einmal an nachgeordneter Stelle. Eine umfassende Darstellung des Konstrukts Agitiertheit findet sich weiter unten. Die als agitiertes Verhalten oder Verhaltensstörung beobachtbaren Veränderungen im Krankheitsverlauf können psychologisch als Versuche des Betroffenen verstanden werden, seine Defizite zu bewältigen, für die ihm keine adäquaten Strategien mehr zur Verfügung stehen. Die jeweilige Auslösung, Ausprägung und Dauer vieler Symptome sind einerseits 17 abhängig vom Krankheitsstadium, können andererseits aber auch situationsbedingt in Form überraschender, nicht überschaubarer bis überfordernder Konstellationen sein. Für Außenstehende können sie nachvollziehbar und manchmal sogar vorhersehbar sein. Nach Stuhlmann (in Wächtler, 2003) gibt es für den Problembereich Unruhe, dem nach Kurz und Jendroska (2002) stabilsten nichtkognitiven Syndrom , folgende Ursachen: - körperlich-medizinische wie die direkte Auswirkung von organischen, morphologischen Gehirnveränderungen; körperliche Zustände wie Hunger, Harndrang oder Schmerzen, die nicht identifiziert oder angemessen ausgedrückt werden können; Medikamentenreaktionen; Bedürfnis nach Bewegung; Flüssigkeitsmangel oder auch das Erleben von Stress und innerer Anspannung. - Ursachen in Raumtemperatur, (bekannten) der Umgebung Reizüberflutung, Personen, den wie eine unangemessene Unterstimulation, Eindruck des Suche nach Eingesperrtseins, Umgebungswechsel, Fehlwahrnehmungen oder auch eingeschränkte Informationsverarbeitung. - Mögliche andere Ursachen liegen im Nichtverstehen von Anweisungen, in zu hohen Anforderungen, im Erleben eigener Hilflosigkeit, im Zusehen bei Aktivitäten anderer, in zu großer Komplexität einer Aufgabe, in der Übertragung von Ungeduld seitens der Betreuungsperson oder im Tragen von zu enger oder warmer Kleidung. Als ätiologische Faktoren der Agitiertheit werden von Mintzer und BrawmanMintzer (1996) biologische Faktoren neben Umweltfaktoren diskutiert. In der zitierten Übersichtsarbeit wird auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Agitiertheit und einer Angststörung hingewiesen. Agitiertheit 18 könnte Ausdruck von Überforderung (Konstrukt des „Excess disability“) sein. Agitiertheit oder Aggressivität als „Catastrophic Reaction“, z. B. nach Schlaganfall mit plötzlicher Überforderung durch die Umwelt wurde laut Mintzer als ein Konstrukt schon im Jahre 1952 durch K. Goldstein eingeführt. Nach Cohen-Mansfield und Billig (1986) findet sich in der Literatur kein einheitliches Konzept von Agitiertheit. In einer Literaturübersicht stellen die genannten Autoren fest, dass in den meisten der von ihnen angestellten Studien Zusammenhänge zwischen den einzelnen agitierten Verhaltensweise aufgezeigt werden konnten. Sie folgern daraus, dass Agitiertheit als globales Konstrukt verstanden und untersucht werden sollte. Sie definieren Agitiertheit als eine „unangemessene verbale, stimmliche oder motorische Aktivität, die von einem Beobachter nicht als direktes Resultat der Bedürfnisse oder Verwirrung der agitierten Person angesehen werden kann“. Nach Cohen-Mansfield ist agitiertes Verhalten immer sozial unangemessen und kann sich auf dreierlei Arten manifestieren (Cohen-Mansfield, Marx und Rosenthal 1989): - beleidigend oder aggressiv gegenüber sich selbst oder anderen (z.B. schlagen, greifen) - angemessenes Verhalten mit einer unangemessenen Frequenz (z.B. ständiges Hilfe-Rufen) - sozial unangemessen in einer spezifischen Situation (z.B. lautes Singen beim Essen) Eine Handlung wird dann als agitiert bezeichnet, wenn dem Beobachter das Bedürfnis nicht ersichtlich ist. Entsprechend würde ein unablässiges 19 Herumwandern einer dementen Person als agitiert bezeichnet, obwohl möglicherweise innere Gründe die Person dazu veranlassen, diese aber dem Beobachter nicht direkt zugänglich sind. In den meisten Fällen dürfte es sich bei agitiertem Verhalten um eine Überlagerung von subjektiven Bedürfnissen und Reaktionen auf kognitive Fehlverarbeitung handeln, wobei endogene Rhythmen einen weiteren Faktor darstellen. So könnte das unruhige morgendliche Umherlaufen einer dementen Frau die Suche nach ihren vermeintlich verloren gegangenen Kindern bedeuten, andererseits wäre die morgendliche ängstliche Besorgtheit als Ausdruck eines depressiven Morgentiefs zu interpretieren. Nach der Auffassung von Cohen-Mansfield und Billig (1986) muss Agitiertheit von medizinischen Zuständen abgegrenzt werden, die undifferenziertes unruhiges Verhalten hervorrufen und der Agitiertheit ähneln, wie z.B. psychomotorische Unruhe bei Delirien, bei endogene Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose), metabolischen Störungen oder neurologischen Erkrankungen (z. B. Chorea, M. Parkinson). Eine Assoziation zwischen einer Dysfunktion des serotonergen Neurotransmittersystems und Agitiertheit ist bekannt und könnte auch bei Demenzpatienten Aggressivität und Agitiertheit begründen. Behandlungen mit Serotoninwiederaufnahmehemmern zeigten positive Ergebnisse (Pollock et al. 2002) und unterstreichen die Annahme eines Serotonindefizits, ebenso gab es positive Effekte durch andere serotonerg wirkende Substanzen, wie Buspiron und Trazodon (Sultzer et al. 2001, Cooper 2003). Verschiedene Arten agitierten Verhaltens könnten also Ausdruck einer unterschiedlichen Ätiologie sein unterschiedlicher Interventionen. und bedürften dann entsprechend 20 Es stellt sich nun die Frage der medikamentösen und nichtmedikamentösen Behandlungsstrategien bei agitierten Demenzpatienten. Der Bereich der therapeutischen Einflussnahme umfasst folgende Aspekte: Die - medikamentöse Behandlung - „menschliche“ Zuwendung mit problemlösender Zielrichtung - verhaltenstherapeutische Maßnahmen im engeren Sinne - psychoedukative Maßnahmen zur Angehörigenschulung. medikamentösen Maßnahmen zur Beeinflussung agitierten Verhaltens sind umfangreich. Die medikamentöse Beeinflussung ist mehr oder weniger krankheitsspezifisch, d. h. sie greift unterschiedlich selektiv in die zugrunde liegende Stoffwechselimbalance ein. So kommen zum einen unspezifisch sedierende Psychopharmaka wie Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Oxazepam, Lorazepam) und schwach-potente Neuroleptika (z. B. Melperon, Zuklopenthixol, Pipamperon) zur Anwendung. Weit verbreitet wird Haloperidol eingesetzt, wobei auch atypische Neuroleptika wie Risperipon, Olanzapin und Ziprasidon positive Effekte bei Unruhe aufweisen (McGaffogan et al. 1997, Stoppe und Staedt 1999, Kindermann et al. 2002, Neugroschl 2002, Yildiz et al. 2003). Weitere Behandlungsmöglichkeiten bieten Stimmungsstabilisierer, wie Lithium, Carbamazepin und Valproat, die sich in der Studie von Zayas und Grossberg (1996) als wirksam erwiesen haben. Gleichermaßen belegten sie die Wirksamkeit des sedierenden und serotonergen Antidepressivums Trazodon gegenüber Agitiertheit und Aggressivität (Sultzer 2001). Einen weiteren Therapieansatz stellt Tiaprid dar, ein D2-Antagonist, der im Vergleich zu Haloperidol weniger Nebenwirkungen bei gleicher Wirksamkeit aufwies (Allain et al. 2000). 21 Spezifischere ebenfalls Behandlungsmaßnahmen gegen Agitiertheit. So durch werden Antidementiva positive wirken Erfahrungen von Behandlungen mit Cholinesterasehemmern berichtet: Wilcock et al. (2000) und Tariot et al. (2000) Verhaltenensauffälligkeiten konnten unter der signifikante Besserungen Behandlung mit von Galantamin feststellen. In einer Studie von Rösler et al. (1998/1999) über 104 Wochen besserte Rivastigmin hingegen Aggressivität nicht. Unter der Behandlung mit Donepezil verringerte sich abendliche Unruhe bei einem Patienten mit Lewy-Body-Demenz (Skjerve und Nygaard 2000). Menschliche Zuwendung erfolgt in erster Linie durch pflegende Angehörige sowie ambulant und institutionell tätige Pflegekräfte, die sich den Bedürfnissen zugewandt, „verhaltenslenkend“ und spezielle therapeutische Ziele verfolgend mit dem Kranken beschäftigen. Das Wesentliche einer empathischen und zugleich effektiven Zuwendung gegenüber einem dementen Patienten mit agitiertem Verhalten ist das Verstehen lernen von Verhaltensproblemen. Die nach außen sichtbaren Verhaltensprobleme des Demenzkranken sind eine Art inadäquate Strategie, die eigenen Befindlichkeiten und Probleme zu bewältigen. Mechanismen der Anpassung und Bewältigung und des Coping sind nach Stuhlmann (2003) vielschichtig; sie reichen von freundlicher Anpassung, Suche nach Sicherheit und Geborgenheit, depressiver und ängstlicher Verarbeitung von Defiziten über psychischen und sozialen Rückzug, von wahnhaftem Erleben bis hin zu expansiven und aversiven Verhaltensweisen. Eine genaue Analyse der Probleme sollte eine Sichtweise ermöglichen, die das Erleben des Kranken mit berücksichtigt. Idealerweise könnte dies neue Perspektiven eröffnen, die eine Neubewertung des Problems oder zumindest eine positive Distanz zulassen. Auch das Akzeptieren und Aushalten von Situationen, die krankheitsbedingt nicht zu ändern sind, ist dann oft einfacher. Hilfreich ist, 22 den Einfluss von Biographie und Primärpersönlichkeit des Kranken nachzuvollziehen und als eine Ressource zu begreifen. Im Folgenden sollen in Anlehnung an Stuhlmann (2003) allgemeingültige Hinweise für den Umgang mit Demenzkranken in Hinblick auf die Verbesserung des Wohlbefindens des Kranken und eine Verringerung sozial unverträglichen Verhaltens aufgeführt werden: - Den eigenen nonverbalen Ausdrucks beobachten bzw. kontrollieren. Oft reagiert der Kranke direkter und intensiver auf Tonfall, Gesichtsausdruck, Ungeduld oder Ärger als darauf, was inhaltlich gesagt wird. - Nicht fordernd auftreten und den Grundton der Kommunikation selbst bestimmen. Ruhiges und freundliches Auftreten kann sich (genauso wie das Gegenteil) auf den Kranken übertragen. Die Eröffnung der Kommunikation sollte mit ein paar Worten zur eigenen Person und Tätigkeit sowie einem neutralen Thema beginnen. Es sollten einfache Fragen, langsam und deutlich (aufgrund der Schwierigkeiten in der Informationsverarbeitung) gestellt werden. - Berührung kann Nähe und Sicherheit vermitteln. Das Gespräch kann unterstützt werden durch gleichzeitiges Berühren des Kranken, wobei aber darauf zu achten ist, dass es nicht als Zudringlichkeit erlebt wird. Blickkontakt sollte möglichst auf der Augenhöhe des zu betreuenden Kranken erfolgen. - Möglichst ständigen Sichtkontakt aufrechterhalten. Das Wahrnehmen einer vertrauten Bezugsperson gibt Sicherheit – deren Verschwinden löst sofort ein Gefühl des Unsicherseins aus. - Den Tagesablauf übersichtlich gestalten und feste Gewohnheiten etablieren. 23 - Diskussionen über problematische Verhaltensweisen vermeiden, stattdessen ablenken. Loben statt zu kritisieren. - Unter- sowie Überforderung erkennen und vermeiden. Keinen Leistungsmaßstab wie bei Gesunden anlegen. - Umgebung nach Überstimulation, Unruhe bedingenden Unordnung, Lärm und Ursachen untersuchen: Geräusche, fehlende Orientierung, zu enge oder zu weitläufige räumliche Umgebung, fehlende Rückzugs- und Entspannungsmöglichkeiten u. a. m. Für die Verhaltenstherapie (VT) bei dementiellen Erkrankungen gibt es neben der eigentlichen Domäne, dem kognitiven Training, im nichtkognitiven Symptombereich drei Indikationen: - die depressiven Verstimmungen, - psychotische Störungen und - agitiertes und aggressives Verhalten. Eine verhaltenstherapeutische Behandlung bzw. Intervention im Sinne der Reduzierung nichtkognitiver Symptomatik richtet sich nicht allein auf eine Verhaltensmodifikation zum Aufbau erwünschten und zum Abbau unerwünschten Verhaltens. Sie erzielt auch über den so genannten Brückeneffekt (vgl. Haupt 2003) eine Verbesserung der Befindlichkeit der betreuenden Angehörigen. Depressive Verstimmungen dementer Patienten durch kognitive Techniken und Aktivtätsaufbau zu verändern, ist ein in der Wirksamkeit mehrfach bestätigtes verhaltenstherapeutisches Vorgehen (vgl. Teri et al. 1997). Auch das Verhaltenstherapeutische Kompetenztraining (VTK) nach Ehrhardt u. Plattner (1999) stellt eine aus bisherigen Forschungsergebnissen abgeleitete 24 Arbeitsgrundlage zur Verbesserung depressiver Verstimmungen bei Demenzkranken dar. Bei psychotischen milieutherapeutische unvertrauten und Störungen sind Interventionen komplexen, Umgebungsstrukturierung (vgl. Haupt potentiell 2003) sinnvoll. aversiv und Bei wirkenden Umgebungsbedingungen wie es vor allem im institutionellen Rahmen der Fall sein dürfte, steigt bei mittelschwer bis schwer ausgeprägter Demenz das Risiko von Wahn, Halluzinationen und Verkennungen mit konsekutiven Verhaltensauffälligkeiten. Vorbeugende Strategien können dabei kaum entwickelt werden, vielmehr geht es darum, auslösende Phänomene wie Spiegelungen, Geräuschkulissen oder bestimmte Fernsehsendungen zu erkennen, zu eliminieren oder umzugestalten. Milieutherapeutische Interventionen sollten laut Höwler (2000) dergestalt sein, dass durch Modifikation der Umgebung eine optimale Anpassung des Kranken an diese Umgebung gelingt, sich der Grad der Ablesbarkeit („Dekodierung“) für den dementen Patienten erhöht und damit seine Selbständigkeit erhalten bleibt. Zudem werden Maßnahmen zur sensorischen Stimulation durch haptisch anregende Materialien und angenehme Gerüche beschrieben. Weiterhin plädiert Höwler für „Snoezelen“-Räume, die sich zur Beruhigung bei Antriebssteigerung und Kontrollverlust bewährten. Für Agitiertheit und aggressives Verhalten bei leicht bis mittelschwer dementen Kranken werden von Teri et al. (1997) so genannte multimodale Interventionen beschrieben: - individuell zusammengestellte Kombination aus tagesstrukturierenden, bewegungstherapeutischen und angenehmaktivierenden Erlebnissen für den Demenzkranken. 25 - für die Pflegenden die Vermittlung von Problemlösestrategien bei schwer zu bewältigenden Situationen mit dem Kranken; Selbstmanagementstrategien andererseits. Burgio et al. (1992) beschreiben in Ihrer Untersuchung die Anwendung zweier verhaltenstherapeutischer Behandlungsformen: - differentielle positive Verstärkung inkompatiblen Verhaltens Hierbei handelt es sich um eine Technik, welche die Häufigkeit einer unangemessenen Verhaltensweise reduzieren soll, indem der Patient für das Nichtauftreten dieses Verhaltens während einer bestimmten Zeitspanne positiv verstärkt wird (täglich 10-15 Min. Zeit in Anspruch nehmend, keine Nebenwirkungen). - „Time-out“ oder Auszeit Bei dieser leicht aversiven Maßnahme wird die Person nach jedem Auftreten unangemessenen Verhaltens zeitlich kontingent für 10 Minuten in ein anderes Zimmer gebracht, das Vorgehen wird stets im Zusammenhang mit positiver Verstärkung angewandt (anfänglich 2030 Minuten täglicher Zeitaufwand und mögliche Nebenwirkung in Form von Widerstand und Ansteigen störender Verhaltensweisen). Die Psychoedukation von Angehörigen in Selbsthilfegruppen ist zu einem wichtigen Bestandteil der psychosozialen Versorgung Demenzkranker geworden. Sie ermöglicht, in den verschiedensten Bereichen den Bezugspersonen, angemessen mit den Problemen der Krankheit umzugehen und sich auf zukünftige Veränderungen einzustellen. Dabei kann die eigene Lebenssituation Unterstützung thematisiert ermöglicht sowie werden. gegenseitige Grundzüge Entlastung der Arbeit und der Angehörigengruppen, die wegen des großen Informationsbedarfs zumindest zeitweise von professionellen Helfern moderiert werden sollten, sind bei 26 Kurz (1987) dargestellt. Folgende Zielvorstellungen umreißen den inhaltlichen Rahmen der Selbsthilfegruppenarbeit: - Wissen über die Krankheit erwerben - die Krankheit als Tatsache annehmen - Verhaltensweisen der Kranken verstehen - die äußeren Lebensbedingungen an die Krankheit anpassen - das eigene Verhalten an die Krankheit anpassen - für sich selbst sorgen. Von Bayer-Feldmann und Greifenhagen (1995) wurde eine systemisch orientierte, familientherapeutische Elemente einbeziehende Gruppenintervention mit Angehörigen von Demenzkranken beschrieben, die den Belastungsgrad der Pflegenden zu senken vermochte. Schwerpunktthemen waren der Alltag zu Hause, die Gestaltung des Tagesablaufs, soziale Kontakte, Problemsituationen, Gefühle, Belastungsgrenzen und Möglichkeiten der Regeneration der Pflegenden. Nach Haupt (2003) ist Angehörigenarbeit auch in Bezug auf die Häufigkeit und Intensität von nichtkognitiven Störungen der Demenzkranken therapeutisch wirksam und es ließ sich somit der bereits erwähnte „Brückeneffekt“ nachweisen. 27 2.4 Das Konstrukt Sundowning 2.4.1 Begriffsbestimmung Eine nächtliche Exazerbation an Verhaltensauffälligkeiten wurde lange als häufige, wenn auch nicht spezifische Störung bei Alzheimerdemenz angesehen. Die Ursache dafür ist allerdings weitestgehend unbekannt. Der englische Begriff Sundowning („Sonnenuntergangsphänomen“) kennzeichnet die empirisch beobachtete Zunahme von psychomotorischer und verbaler Unruhe, Aggressivität, Verwirrtheit und Getriebenheit von Demenzkranken in der zweiten Tageshälfte bzw. gegen Abend. Schröder (1998) bezeichnet Sundowning als ein Subsyndrom der Disinhibition („Enthemmung“). Erstaunlicherweise findet sich weder in den gängigen Diagnoseglossaren ICD-10 und DSM-IV noch in der deutschsprachigen Monographie „Demenzen“ (Beyreuther 2003) ein Hinweis auf das seit Jahren in der Fachliteratur immer wieder diskutierte Phänomen des Sundowning. Im Lehrbuch der Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (Förstl 2003) findet Sundowning im Kapitell „Schlafstörungen“ Erwähnung. Für die zirkadianen Rhythmusstörungen im Rahmen gerontopsychiatrischer Erkrankungen gibt es einen großen Forschungsbedarf, worauf auch Sloan et al. (1996) hinweisen. 28 2.4.2 Empirische Befunde zu tagesrhythmischen Agitiertheitszuständen bei Demenzkranken In diesem Kapitel werden die Ergebnisse empirischer Studien zum Thema Sundowning referiert. Evans (1987) untersuchte das „Sundown Syndrome in Institutionalized Elderly“ an 59 dementen und 30 nichtdementen Bewohnern eines Altenheims. An zwei aufeinander folgenden Tagen über jeweils 10 Minuten wurden die Probanden von geschulten Mitarbeitern mit dem „Confusion Inventory“ hinsichtlich psychosozialer und psychomotorischer Verhaltensmerkmalen erfasst. 12,4 % der Gesamtpopulation waren Sundowner, davon waren 82 % dement. 85 % der Dementen zeigten kein Sundowning (d. h. nur 15 % der Dementen wiesen Sundowning auf). Ein signifikanter Zusammenhang zur Medikation ließ sich nicht herstellen, Sundowner erhielten aber eher weniger Medikation als Nicht-Sundowner. Ebenso wenig ließ sich ein Zusammenhang mit demographischen Faktoren erkennen. In einer Studie mit 35 Alzheimerpatienten fanden Gallagher-Thompsen et al. (1992), dass Sundowning mit dem Schweregrad der Demenz korreliert und dass insbesondere Sundowning mit vermehrter Belastung der Pflegenden einhergeht. Im Gegensatz dazu führte morgendliche Agitiertheit zu keiner höheren Belastung. Als „Nebenbefund“ stellte sich heraus, dass Patienten mit Sundowning einer raschere Verschlechterung der kognitiven Leistungen aufwiesen. 6 von 35 (17 %) wiesen ein „reines“ Sundowning auf (hier definiert als ein Unruhe-Höhepunkt nur nachmittags, abends und nachts im Vergleich zu Personen, die zusätzlich vormittags und morgens, d. h. den ganzen Tag über Unruhe aufwiesen). 29 Laut Ergebnissen von Bliwise et al. (1992) soll Sundowning bei 28 % der Dementen vom Alzheimertyp vorkommen und keine Korrelation zum MMSTScore bzw. den Stadien der kognitiven Beeinträchtigung des Kranken aufweisen. Jedoch soll es nach Bliwise einen negativen Prädiktor im Sinne eines rascheren kognitiven Verfalls darstellen. Riemann und Dressing (2003) bemerken zu den Ursachen des gegen Abend zunehmenden desorientierten, unruhigen und agitierten Verhaltens „eine Amplitudenabflachung altersentsprechend zirkadianer vermehrte Rhythmen, Vulnerabilität die über hinausgeht. eine Diese Amplitudenabflachung könnte bei der Alzheimer-Demenz durch eine Degeneration von Neuronen im Nucleus supraopticus und Nucleus suprachiasmaticus verursacht werden. Durch eine reduzierte körperliche Aktivität, geringe Lichtexposition und mangelnde Strukturierung durch soziale Kontakte werden die zirkadianen Rhythmen noch weiter verflacht. Zusätzlich führen oft auch sedierende Pharmaka, wie etwa Neuroleptika, die dementen Patienten nicht selten verabreicht werden, auf Dauer zu einem ´hangover` mit erhöhtem Tagschlaf“. Martin et al. (2000) untersuchten 85 Alzheimerpatienten über drei Tage und beurteilten sie alle 15 Minuten mittels Agitatet Behavior Rating Scale (ABRS). Sie fanden einen Agitiertheitshöhepunkt um 14.38 Uhr, wobei die Uhrzeit des Höhepunktes bei unterschiedlichen Individuen stark variierte. Die individuellen Agitiertheitsrhythmen zeigten sich sehr stabil. Diejenigen mit zeitlich schwächer abgrenzbaren Agitiertheitsrhythmen hatten insgesamt ein geringes Unruheniveau während des ganzen Tages. Andere zeigten stärker ausgeprägte rhythmischen Perioden von unruhigen oder ruhigen Phasen. Diese hatten ihren Unruhehöhepunkt am Nachmittag. Als „richtige 30 Sundowner“ („true sundowners“) wurden lediglich 2 Patienten (2,4 %) mit einem Unruhehöhepunkt in den Abendstunden klassifiziert. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass „Sundowning“ ein zu ungenaues Konstrukt zur Beschreibung agitierten Verhaltens ist und dass Sundowning nicht generell oder typischerweise bei agitierten Patienten auftritt. Sourial et al. (2001) fanden bei 56 Dementen eines Pflegeheims, die über 14 Tage in 3 Schichten mittels CMAI untersucht wurden, bei 95 % mindestens eine agitierte Verhaltensweise und bei 75 % mindestens eine gewalttätige Verhaltensweise. 6 % zeigten 17 (von 29) oder mehr agitierte Verhaltensweisen. Die Häufigkeit der meisten Verhaltensweisen variierte über die drei Schichten nicht, aggressives Verhalten trat allerdings vermehrt in der Nachtschicht auf. Die Dauer der Unterbringung, die kognitive Beeinträchtigung und die Menge notwendiger Psychopharmaka korrelierten mit der Häufigkeit agitierten Verhaltens und dies wiederum mit der Belastung des Pflegepersonals. Volicer et al. (2001) stellen eine Studie zu „Sundowning and Circadian Rhythms in Alzheimer´s Disease“ vor. Mittels Bewegungsmesser wurde bei 25 Alzheimerpatienten vs. 9 nichtdementen Personen die motorische Aktivität in 5-Minuten-Intervallen gemessen. Die Pflegekräfte wurden angehalten, die Patienten in Sundowning-Gruppen mit „nie“, „selten“, „gelegentlich“ und „häufig“ einzustufen. 8 Patienten zeigten ein gelegentliches, 3 ein häufiges Sundowning (insgesamt 11 Personen entsprechend 44 % der Alzheimerpatienten). Alzheimerpatienten zeigten weniger Tagesaktivität, aber mehr Nachtaktivität als Nichtdemente, wobei der Aktivitätshöhepunkt bei den Alzheimerpatienten später lag (16.38 Uhr vs. 12.08 Uhr). Die Körpertemperatur wies einen ca. 2 h späteren Höhepunkt und bei „Sundownern“ eine geringere Amplitude auf, was die 31 Autoren als Hinweis auf eine Störung im Nucleus suprachiasmaticus deuteten. Ein Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Sundowning zeigte sich nicht. Die Autoren plädieren dafür, den Begriff „Sundowning“ daher nur für Verhaltensstörungen während des Nachmittags und Abends zu verwenden, nicht aber während der Nacht. Sundowning tritt nicht nur bei der Alzheimerdemenz auf, sondern wurde auch bei toxischen, metabolischen und entzündlichen Enzephalopathien beschrieben (Bliwise 1994). Nach Bliwise weisen auch Parkinsonpatienten eine evtl. sogar höhere Rate an Sundowning auf als Alzheimerkranke. Es könne angenommen werden, dass durch die Erkrankung so genannte interne Zeitgeber gestört sind, wie z.B. der Melatoninstoffwechsel. Es konnte gezeigt werden, dass durch Modifikation dieser internen Zeitgeber durch externe Zeitgeber wie helles Licht Agitiertheit und nächtliche Unruhe bei Dementen und Nichtdementen positiv beeinflussbar ist (Bliwise 1994). Eine Behandlung mit Melatonin führt zu einer Abschwächung von Sundowning, zu einer allgemeinen Reduzierung von agitiertem Verhalten und zu einer Verbesserung des Nachtschlafes (Cohen-Mansfield 2000, Cardinali et al. 2002). Untersuchungen von Mishima et al. (1995) fanden Unterschiede zwischen Alzheimerpatienten und Patienten mit Multiinfarktdemenz (MID) in der Störung zirkadianer Rhythmen. Sie konnten zeigen, dass bei Alzheimerkranken im Gegensatz zu MID ein linearer Zusammenhang zwischen dem Grad der Demenz und dem Ausmaß an Tages- bzw. Nachtaktivität besteht. So zeigten Alzheimerpatienten trotz z. T. schwerer Demenz noch eine deutliche Tagesrhythmik der Körpertemperatur, während bei MID-Patienten diese Tagesrhythmik uneinheitlich gestört war. Die Autoren folgern daraus, dass bei der Alzheimerdemenz die internen 32 Zeitgeber für die Körpertemperatur noch erhalten sind und sich der Zusammenhang zwischen Unruhe und Grad der Demenz auf einer höherer Organisationsebene abspielen dürfte. Cohen-Mansfield (1989) fand in einer kleineren Studie bei acht Dementen, dass zwei ein Sundown-Syndrom aufwiesen. Vier Personen zeigten allerdings ein Unruhemaximum am Morgen bzw. in den Vormittagsstunden. Dabei traten zu den unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche Unruhe-Items hervor: morgens eher „ständiges Verlangen nach Aufmerksamkeit“, „verbale Aggression“, „wiederholte Manierismen“, „Fluchen“, „Greifen und Stoßen“. Nachmittags/abends hingegen zeigten sich vorzugsweise „auf jemanden zugehen“, „Versuche, sich zu befreien“ und „Spucken“. In einer weiteren Studie konnten Cohen-Mansfield et al. (1992) den Befund bestätigen, dass bestimmte Verhaltensweisen mit bestimmten Tageszeiten assoziiert sind. So fanden sie aggressives Verhalten betont während der Mittagzeit und am Abend. Nachts zeigte sich vor allem die Kategorie „Merkwürdige Bewegungen“, morgens dagegen „Umherlaufen“. „Wiederholte Manierismen“ zeigten sich schwerpunktmäßig tagsüber. „Konstantes Fordern nach Aufmerksamkeit“ fand sich schließlich ebenfalls am häufigsten während der Mittagzeit. Dabei bildete sich individuell ein konstantes Unruhemuster ab. Einen Zusammenhang von unterschiedlichen Ausprägungen agitierten Verhaltens (aggressives, physisch-nicht-aggressives und verbal-agitiertes Verhalten) und verschiedenen Aspekten aus der Lebensgeschichte fanden Cohen-Mansfield et al. (1989 b). Heimbewohner, die Lebensereignisse wie Katastrophen, Scheidung, Immigration oder finanzielle Probleme erlitten 33 hatten, neigten im Seniorenheim lediglich zu physisch-nicht-aggressivem agitiertem Verhalten (wie z.B. Umherlaufen). Heimbewohner, die zeitlebens niemals umgezogen waren, neigten vermehrt zu aggressivem Verhalten sowie physisch-nicht-aggressivem Verhalten. Koss et al. (1997) fanden einen Zusammenhang zwischen dem Ausprägungsgrad der Alzheimerdemenz und dem Grad der Agitiertheit. Während sich in allen Demenzgraden bei einem Teil der Kranken (12 - 16 %) ein Unruheschwerpunkt abends darstellen ließ, war die Häufigkeit abendlicher Unruhe bei einem Demenzgrad von MMST von 5 bis 9 Punkten besonders ausgeprägt (36 %). Ein morgendlicher Unruhehöhepunkt ergab sich lediglich bei 4 bis 10 % der Dementen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Phänomen „Sundowning“ möglicherweise nur bei einer Untergruppe Dementer zu finden ist und mit einer rascheren Progredienz der Demenzerkrankung einhergeht. Das Auftreten von Sundowning stellt eine erhebliche Belastung für Pflegende dar. Kritisch anzumerken ist, dass keine Einigkeit darüber besteht, welchen Zeitraum der Terminus „Sundowning“ umgreift. So wird der Begriff von einigen Autoren für den Nachmittag und Abend verwendet, andere beziehen auch die Nacht mit ein. 34 2.5 Hypothesen 2.5.1 Das Kollektiv der Demenzpatienten ist signifikant agitierter als die gesunde Kontrollgruppe. 2.5.2 Agitiertheit tritt in der Gruppe der Demenzkranken signifikant ausgeprägter nachmittags als morgens auf. 2.5.3 Das globale Ausmaß an Agitiertheit ist mit dem Schweregrad der Demenz assoziiert. 2.5.4 Die drei Unterformen der Agitiertheit („Dimensionen“ gemäß CMAI) sind in den drei Demenzschweregraden unterschiedlich ausgeprägt. 2.5.5 Anhand der zirkadianen Rhythmik lassen sich Untergruppen (Typen) der Demenzkranken bilden. 35 3 Methode und Untersuchungskollektive 3.1 Standardisierte Erfassung von Agitiertheit mit dem CohenMansfield Agitation Inventory (CMAI) 3.1.1 Vom Konzept Agitiertheit zum CMAI Die Gründe für die Entwicklung des CMAI waren für Cohen-Mansfield die vielfachen Beobachtungen, dass in erster Linie die nichtkognitiven Symptome der Demenz, Verhaltensstörungen, eine insbesondere enorme Agitiertheit Belastung für die und weitere Betroffenen, Angehörigen und professionelle Pflegepersonen darstellen (Cohen-Mansfield 1989). Sie erhöhen im Sinne von Prädiktoren oder Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer Heimunterbringung und führen zu erheblichen Problemen bei der Pflege der Betroffenen (Haupt und Kurz 1993). Als standardisiertes wissenschaftliches Verfahren ermöglicht das CMAI, die Häufigkeit agitierten Verhaltens zu objektivieren und zu beforschen. Es wurde ursprünglich als Fremdbeurteilungsskala primär zum Einsatz in Altenund Pflegeheimen entwickelt. 3.1.2 Aufbau, Auswertung und Versionen Die von Jiska Cohen-Mansfield entwickelte erste Fassung des CMAI (CohenMansfield 1991) listet 29 agitierte Verhaltensweisen auf die aufgrund der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur und Befragung von Pflegepersonal 36 ausgesucht wurden. Als Fragebogen für Pflegepersonal lässt sich mit Hilfe dieser Skala die Frequenz dieser Verhaltensweisen messen. Jede Verhaltensweise wird auf einer 7-stufigen Skala gemäß ihrer Häufigkeit über den Zeitraum der letzten zwei Wochen eingestuft (1 bedeutet „nie“, 2 „weniger als einmal pro Woche“, 3 - „ein- oder zweimal pro Woche“, 4 „mehrfach pro Woche“, 5 - „ein- oder zweimal pro Tag“, 6 - „mehrfach pro Tag“, 7 bedeutet „immer“). In einigen Versionen werden weitere Antwortmöglichkeiten gegeben: 8 - „Verhalten würde vorkommen, wenn es nicht verhindert würde“, 9 - „trifft nicht zu“. Spätere Versionen erhalten eine zusätzliche 5-stufige Störungsgradskala, um die Belastung des Beobachters mitzuerfassen. Diese Skala ist subjektiv und erhebt im Gegensatz zur Häufigkeitsskala keinen Anspruch auf Beobachterübereinstimmung. Eine Kurzform des CMAI besteht aus 14 Items, die auf der Grundlage einer 5-stufigen Häufigkeitsskala beurteilt werden (Cohen-Mansfield 1991). Eine lange Fragebogen-Version des CMAI mit 37 Items liegt in zwei Ausführungen, einer für Angehörige und einer für Pflegende im häuslichen Bereich, vor (Cohen-Mansfield 1991). Das CMAI mit seinen 29 Items unterscheidet laut einer Studie an Pflegeheimbewohnern folgende vier Faktoren, die via Faktorenanalyse ermittelt wurden (Cohen-Mansfield et al. 1989): - Faktor 1 : „Physisch aggressives Verhalten“ mit den Items Schlagen, Treten, Stoßen, Kratzen, Fluchen - verbale Aggression, Greifen. - Faktor 2: „Physisch nicht-aggressives Verhalten“ mit den Items Herumlaufen, Unangemessene Kleidung, Wiederholen von Sätzen o. Fragen, Versuche zu einem anderen Ort zu gelangen, Dinge unangemessen handhaben, Allgemeine Unruhe / Ruhelosigkeit, Wiederholte Manierismen. 37 - Faktor 3: „Verbal agitiertes Verhalten“ mit den Items Beschweren, Ständiger ungerechtfertigter Wunsch nach Aufmerksamkeit oder Hilfe, Negativismus, Schreien. - Faktor 4 (nur am Tage): „Verstecken, Horten“ mit den Items Verstecken, Horten. In einer Untersuchung an zu Hause lebenden Demenzkranken fanden sich hingegen die Faktoren „Physisch nicht-aggressives Verhalten“, „Physisch aggressives Verhalten“, „Verbal nicht- aggressives Verhalten“ und „Verbal aggressives Verhalten“ (Cohen-Mansfield 1991). Somit stimmen die Ergebnisse Populationen der Faktorenanalyse nicht überein, unterschiedlicher was dafür spricht, Schichten dass und verschiedene Populationen Unterschiede im agitierten Verhalten aufweisen. 3.1.3 Die verwendete CMAI-Testversion Da unangemessenes Verhalten intra- und interindividuell mit großer Variabilität über den Tagesverlauf auftritt (Cohen-Mansfield, 1994), sind für konsistente Aussagen längere Beobachtungszeiträume erforderlich. Um in unserer Studie auch Verlaufsbeobachtungen der Agitiertheit in zirkadianen Rhythmen in Hinblick auf das Sundowning-Syndrom abbilden zu können, wurde die Studie so konzipiert, dass mehrmals täglich Beobachtungen dokumentiert werden. So wurden die Probanden eine Woche lang von examiniertem und bezüglich des CMAI geschultem Pflegepersonal über folgende Zeiträume hinweg beurteilt: - Frühschicht, 7-14 Uhr – Bogen 1 (CMAI-1) - Spätschicht, 14-21 Uhr – Bogen 2 (CMAI-2) 38 - Nachtschicht, 21-7 Uhr – Bogen 3 (CMAI-3) Die Datenerfassung erfolgte gleichzeitig zur Durchführung der hier vorgelegten Studie, als auch – in Kooperation mit dem Institut für Klinische Psychologie der Psychologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum - zur Validierung der deutschen Version des CMAI (Hülser 2001). Die von uns angewandte Testversion des CMAI enthält neben den 29 Verhaltensweisen aus dem CMAI zur Kreuzvalidierung noch vier Items der Fremdbeurteilungsskala Sandoz Clinical Assessment Geriatric Scale (SCAG) und fünf Items der Nurses Observation Scale for Geriatric Patients (NOSGER). Aus der SCAG wurde der Faktor Soziales Verhalten mit den Items „Reizbarkeit / Missmut“, „Feindseligkeit“, „Aufdringlichkeit“ und „Unkooperatives Verhalten“ entnommen. Aus dem NOSGER wurde die Dimension Sozialverhalten mit den Items „Ist unruhig in der Nacht.“, „Läuft davon.“, „Ist reizbar und zänkisch.“, „Ist aggressiv (in Worten und Taten).“ und „Ist eigensinnig: hält sich nicht an Anweisungen und Regeln.“ in die Testversion integriert. Die von den Pflegenden ausgefüllte Testversion bestand demnach aus 38 Items. Jedes Item wird zur Häufigkeit seines Auftretens zwischen „nie“ und „immer“ auf einer 5-stufigen Skala eingestuft, des weiteren auf einer 5stufigen Skala zum Ausmaß der hierdurch verursachten Störung (Wie störend ist das Verhalten?) zwischen „gar nicht“ und „extrem“. Eine zusätzliche Kategorie „trifft nicht zu“ konnte angekreuzt werden, falls ein Verhalten nicht möglich war (z. B. „Herumlaufen“ einer fixierten Person). Wegen der Seltenheit dieser Antwort wurde sie für die vorliegende Auswertung mit „nie“ gleichgesetzt. 39 Neben den insgesamt 21 CMAI-Bögen für jede Person wurde ein Datenblatt mit Angaben zu Diagnose, Alter, Geschlecht, Familien- und beruflichem Status sowie den Aufnahmegründen in die Institution ausgefüllt. 3.1.4 Deutsche CMAI-Versionen Die deutsche Version des CMAI (vgl. Hülser 2001) liegt in zwei Versionen vor. Die beiden Versionen unterscheiden sich hinsichtlich des Beobachtungszeitraums (s.u.). Die deutsche Version des CMAI gruppiert drei Dimensionen mit insgesamt 23 Items: I Unruhiges und unangemessenes Verhalten 1. Allgemeine Unruhe / Ruhelosigkeit 2. Herumlaufen / Zielloses Umherirren 3. Versuche, zu einem anderen Ort zu gelangen 4. Dinge unangemessen Handhaben 5. Unangemessene Kleidung oder Entkleiden 6. Dinge Zerreißen oder Zerstören 7. Essen / Trinken unangemessener Dinge 8. Seltsame Geräusche Produzieren (z.B. sonderbar Lachen oder Weinen) 9. Dinge Verstecken 10. Dinge Horten II Verbal agitiertes Verhalten 1. 2. Wiederholen von Sätzen oder Fragen Negativismus 40 3. Ständiger ungerechtfertigter Wunsch nach Aufmerksamkeit oder Hilfe 4. Beschweren 5. Schreien 6. Fluchen oder verbale Aggressionen III Aggressives Verhalten 1. Sich oder andere Verletzen 2. Mit Dingen Werfen 3. Schlagen (auch sich selbst) 4. Treten 5. Greifen (nach Leuten) 6. Stoßen 7. Kratzen Zusätzliche Verhaltensweisen aus der amerikanischen Langfassung, wie „Wiederholte Manierismen“, „Verbal sexuell Belästigen“, „Körperlich sexuell Belästigen“, „Absichtliches Hinfallen“, „Spucken“ und „Beißen“ können angegeben und mittels einer 5-stufigen Skala eingeteilt werden, gehen aber in den Summenwert nicht mit ein. Die deutsche Version 1 dient einer minutiösen Verhaltensbeobachtung und nennt drei Beobachtungszeiträume, nämlich von 7-14 Uhr, von 14-21 Uhr und von 21-7 Uhr, was den Dienstschichten des an der Untersuchung teilnehmenden Pflegepersonals (Frühschicht, Mittagschicht und Nachtschicht) entspricht. Jedes Verhalten wird auf einer jeweils 5-stufigen Skala nach Häufigkeit zwischen ‚1 = nie’ und ‚5 = immer’ und nach Belastung zwischen ‚1 = gar nicht (belastend)’ und ‚5 = extrem (belastend)’ eingestuft. So ergibt sich ein 41 Summenwert von minimal 23 bis maximal 115 für die Häufigkeit und für die Belastung. Die gröbere deutsche Version 2 unterscheidet sich von der Version 1 in dem längeren Beobachtungszeitraum von einer Woche sowie in der 7stufigen Skala für Häufigkeit des jeweiligen Verhaltens (1 = nie, 2 = weniger als einmal pro Woche, 3 = ein- oder zweimal pro Woche, 4 = mehrmals pro Woche, 5 = ein- oder zweimal täglich, 6 = mehrmals täglich, 7 = mehrmals stündlich). 3.2 Der Mini-Mental-Status Test als Kurztest zur Erfassung der globalen Leistungsfähigkeit Der Mini Mental Status Test (Folstein et al. 1975, in der deutschen Übersetzung von Kessler et al. 1990 als MMST abgekürzt) stellt einen Kurztest für die globale kognitive Leistungsfähigkeit dementer Patienten dar. Es handelt sich um ein Screening-Verfahren zur Erfassung kognitiver Störungen das gut standardisiert und weltweit verbreitet ist. Die Durchführung des Tests dauert in der Regel 10-15 Minuten. Es werden die Bereiche Orientierung, Nachsprechen, Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis, Visuokonstruktion und Sprache geprüft. Es können maximal 30 Punkte erreicht werden. Die Grenze zwischen Normalbefund und einem pathologischen kognitiven Status wird von den Autoren bei einem Punktwert von 26 angegeben. Dabei stellt der MMST kein geeignetes Instrument zur Früherkennung von Demenzen dar, da auch oberhalb von 26 Punkten eine beginnende Demenz nicht ausgeschlossen werden kann (Kukull et al. 1994). Der Übergang von leichten bis mittelschweren Demenzformen wird bei 1820 Punkten angegeben, der Übergang von mittelschweren zu schweren 42 Formen bei ca. 10 Punkten (Schröder 1998). Trotz einiger Nachteile und Mängel stellt der MMST sozusagen den Goldstandard unter den klinisch praktikablen psychometrischen Leistungstests dar. Mittlerweile wird in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) die Durchführung von psychometrischen Tests, so auch des MMST, vor dem Einsatz von Antidementiva und zur Verlaufskontrolle im Sinne eines Monitorings gefordert (Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie). 3.3 Durchführung der Untersuchung Die Daten wurden in zwei Einrichtungen erhoben: 1. Im Westfälisches Zentrum Bochum, Psychiatrie und Psychotherapie (Universitätsklinik), Station für Gerontopsychiatrie. Das Westfälische Zentrum Bochum, Psychiatrie und Psychotherapie ist eine psychiatrische Fachklinik der Vollversorgung und versorgt als regional zuständiges Fachkrankenhaus den Bochumer Osten mit etwa 280.000 Einwohnern. Neben acht Stationen mit unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkten (darunter die Station für Gerontopsychiatrie) existieren zwei Tageskliniken und eine Institutsambulanz, die unter anderem schwerpunktmäßig Alzheimerpatienten behandelt. 2. Im Städtischen Alten- und Pflegeheim Haus am Glockengarten. Es liegt zentral in Bochum-Altenbochum. Es hat 430 Bewohner, die in zehn Wohnbereichen pflegerisch betreut werden. 43 Das zentrale Beurteilungsinstrument (CMAI) wurde in beiden Einrichtungen durch Pflegekräfte bearbeitet, da nur durch diese am intensivsten mit den zu Pflegenden beschäftigte Berufsgruppe zutreffende Aussagen zu erhalten waren. 3.3.1 Datenerhebung im Westfälischen Zentrum Bochum, Psychiatrie und Psychotherapie Die Untersuchung wurde von der Ärztlichen und Pflegerischen Leitung genehmigt und unterstützt. Es erfolgte eine ausführliche Vorstellung der Untersuchung im Rahmen einer Teamsitzung der GerontopsychiatrieStation, wobei das Pflegepersonal über Ziel und Nutzen der Untersuchung unterrichtet, in der Anwendung des CMAI geschult sowie zur Mitarbeit motiviert wurde. Des weiteren wurde eine schriftliche Information an die teilnehmenden Mitarbeiter ausgehändigt. Diese bestand aus einem Anschreiben an das Pflegepersonal, einem Muster-Exemplar des CMAIBogens sowie Informationen zu den Skalen und Hinweisen zum Ausfüllen. Diese Hinweise wurden gemäß den „Instruktionen für Interviewer“ (CohenMansfield, 1991) erstellt. Die Datenerhebung erfolgte im März und April 2001 auf der Gerontopsychiatrischen Station. Es wurden eine Woche lang 11 Patienten, die nach den diagnostischen Kriterien fachärztlich ausgewählt worden waren, anhand der Bögen durch das examinierte Pflegepersonal beurteilt. Unterstützt wurde der reibungslose Ablauf der Untersuchung von der für die Station zuständigen Diplom-Psychologin. 44 3.3.2 Datenerhebung im Altenheim „Haus am Glockengarten“ Das Vorgehen im „Haus am Glockengarten“ erfolgte in ähnlicher Form. Die Heimleitung des städtischen Altenheims unterstützte die Untersuchung und beantragte die Genehmigung bei der Stadt Bochum. Die Durchführung wurde im Rahmen einer Wohnbereichsleiterrunde den leitenden Pflegekräften vorab erläutert. In zehn Wohnbereichen sollten jeweils zehn Personen beurteilt werden, 5 Demente und 5 Nichtdemente. Die Wohnbereiche erhielten entsprechend je zehn Umschläge mit den notwendigen Bögen (je Umschlag 21 CMAI-Testversion–Bögen, d. h. 3 Untersuchungszeiträume an 7 Tagen, und das Datenblatt). Zusätzlich wurden auch hier schriftliche Hinweise zum Ausfüllen der Bögen und Informationen zu den Skalen ausgegeben. An der Datenerhebung beteiligten sich schließlich 8 Wohnbereiche, wobei insgesamt 71 Personen beurteilt werden konnten. Das Kriterium für die Auswahl der Beurteilenden (examiniertes Pflegepersonal) im Rahmen dieser Untersuchung war die mit den Patienten/Bewohnern verbrachte (Beobachtungs-)Zeit. Es sollte sich möglichst um eine für den Betreffenden hauptsächliche und ihm vertraute Pflegekraft handeln („Bezugspflege“). 3.4 Datenerfassung und Bearbeitung Die ausgewerteten Daten dieser Arbeit sind die des CMAI dt. Version 1 und stellen somit Daten einer validierten Fremdbeurteilungsskala dar. Zur Auswertung kommt die Skala Häufigkeit des Verhaltens, da die Skala „Belastung durch das Verhalten“ einen stark subjektiven Charakter hat. Zur 45 sprachlichen Vereinfachung wird im Folgenden nur vom CMAI gesprochen, wenn diese CMAI - Version gemeint ist. Der CMAI besteht aus 23 Items, wodurch die Mindestpunktzahl 23 beträgt, da jedes Item minimal (bei einer Häufigkeit „nie“) mit 1 Punkt bewertet wird. Die maximale Punktzahl beträgt 115 (Häufigkeit „immer“ entspricht 5 Punkte). Auf die Dimension „Unruhiges und unangemessenes Verhalten“ fallen 10, auf die Dimension „Verbal agitiertes Verhalten“ 6, auf die Dimension „Aggressives Verhalten“ 7 Items. Die statistische Bearbeitung der Daten erfolgte mit dem Programm „SPSS for Windows“ (Diehl 2001). Zur Bearbeitung der Hypothesen 1-4 wurden zunächst jeweils deskriptive Statistiken mit der Berechnung von Mittelwerten, Medianen und Standardabweichungen verwendet. 3.4.1 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 1 Zur Beurteilung der ersten Hypothese, ob demente Personen generell ein erhöhtes Maß an Agitiertheit zeigen, wurden die Mittelwerte der CMAIWerte sämtlicher Beurteilungsbögen der Stichprobe (demente Personen) mit der Kontrollgruppe (nichtdemente Personen) verglichen. Signifikanzen wurden mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA) errechnet. 3.4.2 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 2 Es wurden die Mittelwerte der CMAI-1-Bögen (morgens), der CMAI-2-Bögen (nachmittags) und der CMAI-3-Bögen (nachts) der beiden Gruppen 46 miteinander verglichen. Signifikanzen wurden mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA) berechnet. 3.4.3 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 3 Die Mittelwerte der CMAI-1, -2, und -3 der Kontrollgruppe wurde mit den verschiedenen Demenzschweregraden (entsprechende MMST-Kategorien) verglichen. Mittels einfaktorieller Varianzanalyse (ANOVA) und Post-HocMehrfachvergleiche (Tukey-Test) wurden statistische Unterschiede ermittelt. 3.4.4 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 4 In diesem Schritt wurde die Kontrollgruppe mit der Gruppe der Dementen, unterteilt nach dem Schweregrad der Demenz, in den einzelnen Dimensionen des CMAI (Unruhiges und unangemessenes Verhalten – Verbal agitiertes Verhalten – Aggressives Verhalten) miteinander verglichen. Die statistische Auswertung Varianzanalyse ANOVA erfolgte und des wiederum mittels Tukey-Tests in einfaktorieller den Post-Hoc- Mehrfachvergleichen. 3.4.5 Bearbeitung der Daten zur Hypothese 5 Zur Bearbeitung der Frage, ob sich anhand der zirkadianen Rhythmik Untergruppen bei den dementen Personen bilden lassen, wurden getrennt die Mediane der Bögen CMAI 1, 2, 3 jedes Probanden ermittelt. Es wurden dann die Differenzen von Median (CMAI 2) und Median (CMAI 1) gebildet. Es lassen sich so Agitiertheitsschwerpunkt drei Gruppen abbilden: vormittags/morgens, die die Gruppe Gruppe mit mit einem 47 Agitiertheitsschwerpunkt nachmittags/abends und die Gruppe mit einem konstanten Level an Agitiertheit. Im Falle eines positiven Differenzwertes liegt bei der betreffenden Person ein Agitiertheitsschwerpunkt am Nachmittag/Abend. Im Falle eines negativen Differenzwertes hat die Person einen Agitiertheitsschwerpunkt am Morgen/Vormittag. Es stellte sich nun die Frage, wann eine Person in die eine oder andere Gruppe einzustufen ist. Als Grenze hierfür wurde die 2fache Standardabweichung der Mittelwerte der CMAI der Nichtdementen gewählt. Die Personen, die mit der Differenz oberhalb der 2-fachen Standardabweichung liegen, wurden als „Sundowner“ bezeichnet, die, die unterhalb der 2-fachen Standardabweichung liegen, als „Sunriser“, ein durch uns eingeführter Terminus. Die Personen, die innerhalb der zweifachen Standardabweichung liegen, wurden „Constants“ genannt. Mittels Chi-Quadrat-Test erfolgte die statistische Bearbeitung und Bewertung. Für alle statistischen Verfahren wurde ein p-Wert < .05 als statistisch signifikant festgelegt. 3.5 Beschreibung der Stichprobe Vorab ist auf Grund divergierender Verwendung des Begriffes „stationär“ Folgendes zu bemerken: Aus Sicht der Pflegenden handelt es sich bei den beiden Stichproben in den genannten Institutionen um „stationäre“ Personen. Aus medizinischer Sicht hingegen würde man nur die derzeit in der Klinik behandelten Personen als „stationär“ bezeichnen, die Personen in der Alteneinrichtung sind aus medizinischer Sicht „ambulant“. 48 In die Studie gehen die Daten von insgesamt 82 Personen ein. Elf Personen waren zum Untersuchungszeitpunkt Patienten im Westfälischen Zentrum Bochum, Psychiatrie und Psychotherapie. Zehn der elf Personen aus dem Westfälischen Zentrum hatten eine DemenzDiagnose, eine Person bot klinisch keine Zeichen einer Demenz. Von den 71 im Rahmen unserer Studie untersuchten Bewohnern des „Hauses Am Glockengarten“ hatten 45 eine dementielle Erkrankung, 26 dagegen nicht. Die Stichprobe besteht demnach aus 55 Personen mit einer Demenz (67%) und 27 Kontroll-Personen ohne Demenz (33%). Von den Dementen wurden 12 Personen (22%) unter „Demenz vom Alzheimertyp“ (DAT), 29 (52%) als „Senile Demenz“, 13 (24%) als „Vaskuläre Demenz“ (VD) und 1 Person (2%) unter „Gemischter Demenz“ (DAT+VD) in den jeweiligen Einrichtungen geführt (siehe Abb. 2). Für die Gruppe der nichtdementen „Rheuma/Bandscheibenleiden“, „Depression/Schizoaffektive Personen viermal Psychose“, wurden „Herzinsuffizienz“, „Apoplex“, zehnmal dreimal zweimal „Parkinsonsyndrom“, „Tumorleiden“ und „keine Erkrankung“ sowie einmal „Alkoholabusus“ genannt. Die Diagnosen im Seniorenheim waren von den ambulant behandelnden niedergelassenen Ärzten gestellt worden, die Diagnosen in der Klinik von den behandelnden Klinikärzten. 49 DAT; n=12 (22%) Senile Demenz; n=29 (52%) VD; n=13 (24%) DAT+VD; n=1 (2%) Abb. 2: Demenzdiagnosen der Stichprobe Bei den Personen, bei denen klinisch eine Demenz diagnostiziert wurde, erfolgte die Durchführung des MMST zur Sicherung der Demenzdiagnose und zur Einschätzung des Demenzgrades. Bei 3 der 55 dementen Personen konnte kein MMST erhoben werden. Eine Person befand sich zum Zeitpunkt der Testdurchführung im Krankenhaus, zwei waren verstorben. Die Erhebung des MMST im „Haus Am Glockengarten“ erfolgte ca. zwei Wochen nach Abschluss der Datenerhebung (Ende Juli 2001). Im Westfälischen Zentrum für Psychiatrie wurde der MMST etwa zeitgleich mit der Datenerhebung durchgeführt. Leistungsniveaus zeigt Tabelle 2. Die Verteilung des kognitiven 50 Tab. 2: Verteilung der kognitiven Leistungsfähigkeit der Stichprobe Kognitiver Status nicht dement leicht dement, MMST20-26 mittelschwer dement, MMST 10-19 schwer dement, MMST <10 dement, MMST unbekannt gesamt Anzahl der Personen 27 (33%) 5 (6%) 19 (23%) 28 (34%) 3 (4%) 82 (100%) Das Geschlechterverhältnis betrug 64 Frauen (78%) zu 18 Männern (22%). Dies entspricht einem Verhältnis von 3,5 : 1, was für diese Altersgruppe in etwa repräsentativ ist und in der Literatur ähnlich angegeben wird (Bickel, H. in Förstl, 2003). Die Altersverteilung reicht in der Stichprobe von 47 bis 101 Jahren wobei drei Personen unter 60 Jahre alt waren. Der Altersdurchschnitt lag bei 80,6 Jahren (SD=9,4). Das erste Quartil der Altersverteilung umfasst `bis 75 Jahre’, das dritte Quartil `bis 87 Jahre`. Abbildung 3 zeigt die Altersverteilung der Stichprobe. In der Kontrollgruppe lag die Altersverteilung zwischen 63 und 90 Jahren (Mittelwert 78,7; Median 80) mit 18 Frauen (67%) und 9 Männern (33%). In der Gruppe der Dementen lag die Altersverteilung zwischen 47 und 101 (Mittelwert 81,5; Median 82), davon waren 46 Personen weiblich (84%) und 9 männlich (16%). 51 Altersverteilung der Stichprobe 25 Anzahl der Personen 20 15 10 5 0 bis 50 51-55 56-60 61-65 66-70 71-75 76-80 81-85 86-90 91-95 96-100 101-105 Abb. 3: Altersverteilung der Stichprobe Von den untersuchten Personen waren neun (11%) verheiratet, 58 (71%) verwitwet, drei (4%) ledig und vier (5%) geschieden. Beruflich waren früher 28 (34%) als Hausfrauen, 10 (12%) als angelernte Arbeiter 23 (28%) als Facharbeiter, vier (5%) als mittlere Angestellte / Meister, drei (4%) in leitender Tätigkeit und zwei (2%) selbstständig tätig gewesen. Bei 22 Personen (27%) fehlten hierzu die Angaben. Der überwiegende Anteil der Untersuchten wurde psychopharmakologisch behandelt. Dabei erhielten 44 (80%) der dementen Personen eine sedierende Medikation, 4 (7%) erhielten ein Antidementivum, eine Person (2%) erhielt ein Antidepressivum. 52 Tab. 3: Art und Häufigkeit von Psychopharmaka in der Demenzgruppe Anzahl der Personen Prozent % 44 80 1 4 2 7 Sedierendes Medikament Antidepressivum Antidementivum 3.6 Analyse der Rohwerte Jede Person sollte über sieben Tage anhand von jeweils drei CMAI-TestBögen beurteilt werden, d. h. für jede Person sollten 21 Bögen ausgefüllt werden. Bei 82 Personen ergibt dies eine Anzahl von 1722 Bögen. Tatsächlich kam es jedoch „nur“ zu einem Rücklauf von 1698 Bögen (24 Bögen fehlten). Bei 7 Personen fehlt ein einzelner Bogen, bei zwei Personen fehlen je drei aufeinander folgende Bögen, so dass hier ein Beobachtungszeitraum von sechs Tagen anstatt sieben Tagen in die Berechnungen eingeht. Bei einer Person fehlen 11 Bögen, d. h. es gehen nur 10 Bögen in die Berechnung ein. Bei der Einzelfallbetrachtung fiel diese Person allerdings als nichtdemente Person mit tageszeitunabhängigen und durchgängig niedrigen CMAI-Werten auf, so dass von keiner relevanten Beeinflussung der Rechenergebnisse auszugehen war. 53 4 Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse in der Reihenfolge der Hypothesen wiedergegeben (s. Kap. 2.5), die Ergebnisdiskussion (Kap. 5.2) ist ebenso gegliedert. 4.1 Zur ersten Hypothese: Das Kollektiv der Demenzpatienten ist signifikant agitierter als die gesunde Kontrollgruppe. Vorab sei noch einmal darauf hingewiesen, dass der minimal CMAI-Wert, sozusagen die „Null-Linie“ des CMAI bei 23 Punkten liegt. Betrachtet man sämtliche CMAI-Bögen der Kontrollgruppe, so ergibt sich ein Mittelwert von 24,8. In der Gruppe der Dementen liegt der Mittelwert bei 32,48. Dieser Unterschied ist mit einem Signifikanzniveau p von .00 hochsignifikant (s. Tab. 4). Tab. 4: CMAI – Summen – Mittelwerte sämtlicher Untersuchungsbögen im Vergleich nichtdement vs. dement keine Demenz Demenz Mittelwert 24,80 32,48 Standardabweichung 3,26 10,35 Auf die jeweiligen Beobachtungszeiträume bezogen, bleibt dieses Ergebnis konstant (s. Tab. 5). In allen drei Untersuchungszeiträumen waren die Unterschiede mit p = .00 hochsignifikant. Im Mittel zeigte die Kontrollgruppe der nichtdementen Personen somit fast keine Agitiertheit, während demente Personen in allen drei Untersuchungszeiträumen ein deutliches, signifikant höheres Maß an Agitiertheit aufwiesen. 54 Tabelle 5 gibt einen Überblick über die genannten Daten. Abbildung 4 verdeutlicht die Angaben graphisch. Tab. 5: CMAI – Summen - Mittelwerte , - Mediane und Standardabweichungen im Vergleich dement vs. nichtdement, verteilt über die drei Untersuchungszeiträume Beobachtungszeitraum 7 - 14 Uhr (CMAI-1) M 14 - 21 Uhr (CMAI-2) 21 - 7 Uhr (CMAI-3) Median SD M Median SD M Median SD keine 25,61 Demenz 24,00 4,08 25,35 24,00 3,23 23,42 23,00 1,41 Demenz 34,87 32,00 10,78 33,88 31,00 10,47 28,62 25,00 8,55 36 34 Mittelwert der CMAI - Punktwerte 32 30 28 26 Gruppe 24 keine Demenz 22 Demenz 7- 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr Beobachtungszeitraum Abb. 4: CMAI – Summen - Mittelwerte im Vergleich dement vs. nichtdement, verteilt über die drei Untersuchungszeiträume 55 4.2 Zur zweiten Hypothese: Agitiertheit tritt in der Gruppe der Demenzkranken signifikant ausgeprägter nachmittags als morgens auf. Bereits aus den unter 4.1 genannten Daten (s. insbesondere Abb. 4) ist abzulesen, dass ein generell höheres Maß an Agitiertheit bei dementen Personen am Nachmittag/Abend oder gar in der Nacht nicht zu verzeichnen ist. Im Gegenteil zeigt sich Agitiertheit etwas ausgeprägter am Vormittag/Morgen, allerdings ohne Signifikanz (p=.36). Eine differenziertere Betrachtung der Agitiertheit bei verschiedenen Demenzschweregraden erfolgt in den Kapiteln 4.3 und 4.4. 4.3 Zur dritten Hypothese: Das globale Ausmaß an Agitiertheit ist mit dem Schweregrad der Demenz assoziiert. Betrachtet man die entsprechenden Daten (s. Tab. 6 und Abb. 5) unter dem Aspekt einer Aufteilung der Gruppe der Dementen nach Demenzschweregrad, so zeigt sich Folgendes: Bezogen auf die Gesamtsummenwerte zeigt sich eine kontinuierliche Zunahme an Agitiertheit mit dem Grad der Demenz. Hierbei bestehen im Tukey-Test statistisch signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und allen anderen Gruppen. Auch schwer Demente unterscheiden sich von allen anderen Gruppen signifikant. Keine signifikanten Unterschiede sind zwischen leicht und mittelschwer Dementen und zwischen MMST- Unbekannten und leicht /mittelschwer Dementen Personen zu erkennen (MMST-Unbekannte gehörten am ehesten zur Gruppe der leicht bis mittelschwer Dementen, s. u.). 56 Betrachtet man die einzelnen Untersuchungszeiträume, so gestaltet sich die Beurteilung allerdings komplizierter: Am Morgen/Vormittag zeigt sich keine kontinuierliche Zunahme an Agitiertheit abhängig vom Schweregrad der Demenz. Leicht demente Personen zeigen im Mittel hiernach eine deutlichere Agitiertheit am Morgen, in einem Maß wie schwer demente. In den beiden anderen Beobachtungszeiträumen stellt sich hingegen hypothesengemäß eine kontinuierliche Zunahme der Agitiertheit je nach Demenzschweregrad dar. Die drei dementen Personen, bei denen der Demenzgrad nicht ermittelt werden konnte, liegen mit ihren Mittelwerten durchgehend in einem höheren Bereich als die Gruppe der Nichtdementen, im Vergleich mit der Gruppe der mittels MMST Erfassten liegen sie im Bereich der leicht bis mittelschwer Dementen, so dass deduktiv auf einen leicht bis mittelschweren Demenzgrad geschlossen werden könnte. Als überraschend kann gewertet werden, dass in der Gruppe der leicht Dementen offensichtlich ein Agitiertheitsschwerpunkt am Morgen/Vormittag zu verzeichnen ist. Die Aussage „je dementer, desto agitierter“ trifft am Morgen nur mit Ausnahme der leichten Demenzformen zu. Diese zeigen sich am Morgen agitierter als mittelschwer und nicht demente Personen und gleich agitiert wie schwer Demente. Allerdings ist diese Gruppe mit 5 Personen sehr klein (s. Kap. 5.2.3). Allein die Gruppe der Dementen ohne MMST-Erfassung zeigt einen abendlichen Agitiertheitshöhepunkt, wobei die schlecht definierte Gruppe mit der kleinen Fallzahl von 3 Personen keine statistische Wertung zulässt. 57 Tab. 6: CMAI – Summen – Mittelwerte, - Mediane und Standardabweichungen unterteilt nach Beobachtungszeitraum und Demenzschweregrad. Beobachtungszeitraum MMSTKategorie M 7 - 14 Uhr Median SD M 14 - 21 Uhr Median SD M 21 - 7 Uhr Median SD Normalbefund 25,61 24,00 4,08 25,35 24,00 3,23 23,42 23,00 1,41 20-26 Punkte 36,19 30,00 13,62 29,51 26,00 8,57 24,94 23,00 4,43 32,00 10,11 32,64 30,00 9,23 27,21 24,00 32,00 10,79 35,67 32,50 11,35 30,47 27,00 27,00 5,15 32,52 31,00 9,24 25,81 23,00 10-19 33,69 Punkten unter 10 36,10 Punkten unbekann 28,29 t gesamt M, SD 24,8 SD 3,2 30,48 SD 10,8 31,2 SD 9,4 34,08 9,34 SD 10,8 28,87 5,34 SD 7,3 7,83 38 36 34 Mittelwert Summe auf CMAI 32 MMST Kategorie 30 Normalbefund 28 20 - 26 Punkte 26 10 -19 Punkte 24 unter 10 Punkten 22 unbekannt 7- 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr Beobachtungszeitraum Abb. 5: CMAI – Summen Mittelwerte, unterteilt Beobachtungszeiträumen und Demenzschweregrad nach 58 In der folgenden Abbildung 6 sind die CMAI–Summen-Mittelwerte sämtlicher Personen einzeln graphisch dargestellt. Es lässt sich gut erkennen, wie mit abnehmender kognitiver Leistungsfähigkeit die relative Häufigkeit an höheren CMAI-Werten, d.h. an Agitiertheit zunimmt, wobei drei schwer demente Personen CMAI-Werte erreichen, die in den anderen Gruppen nicht anzutreffen sind. Die Einzelfallbetrachtung dieser „Ausreißer“ zeigt in allen drei Fällen Frauen mit Seniler Demenz, wobei eine Frau mit +5 einen abendlichen Unruheschwerpunkt aufweist, eine Frau mit -7 einen morgendlichen und die dritte mit -2 keinen nennenswerten Morgen/AbendUnterschied bietet (vgl. hierzu Kap. 4.5). Die übrigen schwer Dementen zeigen eine den mittelschwer Dementen ähnliche, relativ homogene Verteilung bis zu einem CMAI-Summen-Mittelwert von 42. 60 nicht dement 55 MMST 20-26 MMST 10-19 CMAI-Mittelwerte 50 MMST <10 MMST unbek. 45 40 35 30 25 20 0 10 20 30 40 50 60 70 Einzelne Probanden, nach MMST-Kategorie gruppiert Abb. 6: Mittelwerte des CMAI von jedem einzelnen Probanden 80 90 59 4.4 Zur vierten, komplexesten Hypothese: Die drei Unterformen der Agitiertheit („Dimensionen“ gemäß CMAI) sind in den drei Demenzschweregraden unterschiedlich ausgeprägt. Bei den drei Dimensionen des CMAI handelt es sich um „Unruhiges und Unangemessenes Verhalten“, „Aggressives Verhalten“ und „Verbal agitiertes Verhalten“. Im Folgenden betrachten wir nacheinander diese drei Dimensionen unter dem Gesichtspunkt des Demenzschweregrades. 4.4.1 Ausprägung der Dimension „Unruhiges und Unangemessenes Verhalten“. Der Mindestpunktwert in dieser Dimension beträgt 10. Die einzelnen Mittelwerte, unterteilt nach den drei Beobachtungszeiträumen sind in Tabelle 7 dargestellt. Die Abbildung 7 verdeutlicht die Mittelwerte der Beobachtungszeiträume graphisch. Abbildung 8 zeigt die Summenmittelwerte der einzelnen Personen und veranschaulicht bildlich die Streuung der Mittelwerte und die kontinuierliche Zunahme dieser Agitiertheitsdimension mit dem Grad der kognitiven Beeinträchtigung. Die Kontrollgruppe zeigt durchgängig Werte nahe „Null“. Betrachtet man auch hier die Gesamtwerte, so zeigt sich wiederum eine kontinuierliche Zunahme der Mittelwerte abhängig vom Demenzschweregrad. Im TukeyTest finden sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und allen anderen Demenzschweregraden sowie allen Demenzschweregraden untereinander. Lediglich zwischen den MMSTUnbekannten und leicht bzw. mittelschwer Dementen besteht kein 60 statistisch signifikanter Unterschied, was die Annahme stützt, dass diese Gruppe leicht bis mittelschwer demente Personen beinhaltet. Schwer demente Personen zeigen vormittags und nachmittags die höchsten Werte. Die Gruppe der leicht Dementen (grüne Kurve) zeigt bei hohem Vormittagswert einen Abfall zum Nachmittag. Mittelschwer demente Personen zeigen eine Zwischenstellung, wobei auch hier, wie bei den schwer Dementen zwischen Vormittag und Nachmittag kaum ein Unterschied ist. Alle Gruppen sind nachts deutlich weniger agitiert. Die drei MMST-Unbekannten zeigen auch hier eine abendlichen Zunahme, erreichen abends sogar ähnlich hohe Werte wie schwer Demente. Tab. 7: CMAI – Summen - Mittelwerte, - Mediane und Standardabweichung für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie und Beobachtungszeiträumen MMSTKategorie Normalbefund 20-26 Punkte 10-19 Punkte unter 10 Punkten unbekann t Unruhiges und Unangemessenes Verhalten Beobachtungszeitraum 7 - 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr M Median SD M Median SD M Median SD 10,74 10,00 2,03 10,71 10,00 1,39 10,02 10,00 ,69 15,54 12,00 6,34 12,94 11,00 4,01 10,56 10,00 1,27 16,34 15,00 6,66 16,10 15,00 6,01 12,66 11,00 4,76 17,36 15,00 7,11 17,29 15,00 6,88 13,55 11,00 5,32 13,52 13,00 3,41 16,48 14,00 7,03 12,24 10,00 4,22 gesamt M, SD 10,4 SD 1,5 13,1 SD 4,9 15,0 SD 6,1 16,0 SD 6,7 14,0 SD 5,3 61 Mittelwert Summe Unruhiges Verhalten 18 16 14 MMST Kategorie Normalbefund 12 20-26 Punkte 10-19 Punkte 10 unter 10 Punkten MMST unbekannt 8 7- 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr Beobachtungszeitraum Abb. 7: CMAI – Summen - Mittelwerte für die Dimension Unruhiges und unangemessenes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie 35 nicht dement Summe Unruhiges und Unangemessenes Verhalten MMST 20-26 MMST 10- 19 30 MMST <10 MMST unbek. 25 20 15 10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Einzelne Probanden, nach MMST-Kategorie gruppiert Abb. 8: Mittelwerte der Summe Unruhiges und Unangemessenes Verhalten der einzelnen Personen, unterteilt nach MMST-Kategorie 62 4.4.2 Ausprägung der Dimension „Verbal agitiertes Verhalten“ Der Mindestpunktwert dieser Dimension beträgt 6. Die niedrigsten Werte finden sich auch hier bei der Kontrollgruppe, wobei der Punktwert in dieser Dimension nicht kontinuierlich mit der Demenzschwere zunimmt. Leicht Demente zeigen höhere Werte als mittelschwer Demente. Im Tukey-Test stellen sich signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und allen Demenzgraden dar (außer zu den MMST-Unbekannten). Kein signifikanter Unterschied besteht zwischen den schwer Dementen und den leicht Dementen, den MMST-Unbekannten und mittelschwer Dementen sowie zwischen den mittelschwer und leicht Dementen. Schwer Demente unterscheiden sich aber signifikant von mittelschwer dementen Personen. Anders als bei den anderen Dimensionen zeigen hier die leicht Dementen (grüne Kurve) eine Maximalwert am Vormittag, während sie am Nachmittag/Abend leicht unter den Wert der mittelschwer und schwer Dementen fallen. Die mittelschwer und schwer Dementen zeigen sich morgens und nachmittags/abends annähernd gleich agitiert. Leicht demente Personen scheinen somit insbesondere durch diese Dimension am Morgen aufzufallen. 63 Tab. 8: CMAI – Summen - Mittelwerte und Mediane für die Dimension Verbal agitiertes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie und Beobachtungszeiträumen Verbal Agitiertes Verhalten Beobachtungszeitraum 7 - 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr M Median SD M Median SD M Median SD MMSTKategorie Normalbefund 20-26 Punkte 10-19 Punkte unter 10 Punkten unbekann t 7,83 7,00 2,60 7,65 7,00 2,18 6,40 6,00 1,07 11,89 11,00 5,44 8,97 7,00 3,54 6,84 6,00 1,61 9,80 9,00 4,29 9,35 8,00 3,69 7,42 6,00 3,12 10,26 9,00 4,60 9,94 8,00 4,28 8,87 8,00 4,12 7,71 7,00 2,05 9,00 10,00 2,74 6,57 6,00 1,25 Summe M, SD 7,2 SD 2,1 9,3 SD 4,4 8,8 SD 3,8 9,7 SD 4,4 7,7 SD 2,3 Mittelwert Summe Verbal Agitiertes Verhalten 13 12 11 10 MMST Kategorie Normalbefund 9 20-26 Punkte 8 10-19 Punkte 7 unter 10 Punkten 6 MMST unbekannt 7- 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr Beobachtungszeitraum Abb. 9: CMAI – Summen - Mittelwerte für die Dimension Verbal agitiertes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie 64 20 nicht dement Summe Verbal Agitiertes Verhalten 18 MMST 20-26 MMST 10-19 16 MMST <10 MMST unbek. 14 12 10 8 6 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Einzelne Probanden, nach MMST-Kategorie gruppiert Abb. 10: Mittelwert der Summe Verbal Agitiertes Verhalten der einzelnen Personen, unterteilt nach MMST-Kategorie Abbildung 10 verdeutlicht, dass in dieser Dimension die Zunahme mit steigender kognitiver Beeinträchtigung nicht so eindeutig ausfällt wie in den beiden anderen Dimensionen und dass auch in der Kontrollgruppe zwei Personen durch höhere Werte auffallen. 4.4.3 Ausprägung der Dimension „Aggressives Verhalten“ Der Mindestwert in dieser Dimension beträgt 7. Auch hier besteht wieder kein kontinuierlicher Punktezuwachs abhängig vom Demenzschweregrad in der Gesamtwertung. Die leicht Dementen zeigen höhere Werte als die mittelschwer Dementen (vgl. Tab. 9). Signifikant sind die Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe gegenüber leicht bzw. schwer Dementen, nicht 65 aber gegenüber mittelschwer Dementen. Signifikant sind auch die Unterschiede mittelschwer zu schwer dement und mittelschwer zu leicht dement. In dieser Dimension zeigt die Gruppe der schwer Dementen morgens und nachmittags/abends fast gleich bleibend hohe Werte (vgl. Abb. 11). Leicht demente Personen zeigen vormittags ein ähnlich hohes Maß an aggressivem Verhalten wie schwer Demente, nachmittags/abends aber ein geringeres Maß an aggressiven Verhaltensweisen. Mittelschwer demente Personen bieten in dieser Dimension ein niedriges Punkte-Niveau, anscheinend wie die Kontrollen, ein überraschender Befund. Tab. 9: CMAI – Summen – Mittelwerte, - Mediane und – Standardabweichungen für die Dimension Aggressives Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie und Beobachtungszeiträumen MMSTKategorie Normalbefund 20-26 Punkte 10-19 Punkte unter 10 Punkten unbekann t Aggressives Verhalten Beobachtungszeitraum 7 - 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr M Median SD M Median SD M Median SD 7,04 7,00 ,31 7,0 7,00 ,50 7,00 7,00 ,00 8,76 7,00 3,63 7,60 7,00 2,16 7,53 7,00 2,03 7,55 7,00 2,04 7,19 7,00 1,01 7,13 7,00 ,74 8,48 7,00 2,62 8,43 7,00 3,13 8,06 7,00 2,67 7,05 7,00 ,22 7,05 7,00 ,22 7,00 7,00 ,00 Summe M, SD 7,0 SD 0,3 7,9 SD 2,8 7,3 SD 1,4 8,3 SD 2,8 7,0 SD 0,2 66 Mittelwert Summe Aggressives Verhalten 9,0 8,5 8,0 MMST Kategorie Normalbefund 7,5 20-26 Punkte 10-19 Punkte 7,0 unter 10 Punkten MMST unbekannt 6,5 7- 14 Uhr 14 - 21 Uhr 21 - 7 Uhr Beobachtungszeitraum Abb. 11: CMAI-Summen-Mittelwerte für die Dimension Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie Aggressives 16 Summe Aggressives Verhalten nicht dement 15 MMST 20-26 14 MMST 10-19 MMST <10 13 MMSt unbek. 12 11 10 9 8 7 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Einzelne Probanden, nach MMST-Kategorie gruppiert Abb. 12: Mittelwert der Summe Aggressives Verhalten der einzelnen Personen, unterteilt nach MMST-Kategorie 67 Abbildung 12 verdeutlicht anhand der individuellen Werte die ausgeprägte Zunahme an aggressivem Verhalten in der Gruppe der schwer dementen Personen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass schwer demente Personen in allen drei Dimensionen die höchsten Werte aufweisen. Sie weisen im Mittel in allen drei Dimensionen morgens/vormittags und nachmittags/abends gleich bleibend hohe Werte auf. Mittelschwer demente Personen zeigen im Mittel in allen Dimensionen zu allen drei Beobachtungszeiträumen niedrigere Werte als schwer demente, sind morgens/vormittags und nachmittags/abends annähernd gleich agitiert, sind aber im Vergleich zu den leicht Dementen morgens weniger verbal agitiert und weniger aggressiv, zeigen also eher unruhiges und unangemessenes Verhalten. Leicht demente Personen haben in allen drei Dimensionen des CMAI vormittags höhere Werte als nachmittags/abends; für Verbal agitiertes Verhalten und Aggressives Verhalten sind sie auffälliger als mittelschwer Demente, allerdings nicht signifikant. In beiden Dimensionen zeigen leicht Demente vormittags sogar höhere Werte als schwer Demente. Die Ergebnisse der leicht dementen-Gruppe ist allerdings zurückhaltend zu bewerten, da die Gruppe mit 5 Personen so klein ist, dass statistische Aussagen kaum möglich sind (vgl. Kap. 5.2.4). Insgesamt stellt sich dar, dass Aggressives Verhalten besonders bei schwer dementen Personen deutlich zunimmt, während Verbal Agitiertes Verhalten sich auch bei nicht dementen Personen findet. Die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten spiegelt analog zum CMAI-Summenscore den Grad der kognitiven Beeinträchtigung im Sinne einer kontinuierlichen Zunahme wider. 68 4.5 Zur fünften Hypothese: Anhand der zirkadianen Rhythmik lassen sich Untergruppen (Typen) der Demenzkranken bilden. Wie in Kapitel 3.4.5 beschrieben, wurden die Mediane der CMAI 1-Bögen von den Medianen der CMAI 2-Bögen für jeden einzelnen Probanden subtrahiert, so dass sich bei jeder Person eine ganze positive oder negative Zahl ergab. Im ersten Schritt (nachfolgendes Kapitel 4.5.1) wurden die Mediane der Summenwerte des CMAI ausgewertet, d.h. alle drei Dimensionen der Agitiertheit, alle 23 Items, kamen zur Auswertung. In weitern Schritten wurden die drei Dimensionen des CMAI wieder einzeln untersucht (4.5.2 – 4.5.5). 4.5.1 Tagesrhythmik der Agitiertheit Das erste Ergebnis ist visuell in Abbildung 13 dargestellt. Deutlich wird, dass bei nicht dementen Personen die Differenzen kaum von der Null-Linie abweichen, d. h. dass diese Personen vormittags und nachmittags gleich stark (oder besser gesagt: gleich wenig) agitiert sind. Die leicht dementen Personen zeigen vornehmlich einen Ausschlag im „negativen“ Bereich, d.h. diese Personengruppe zeigte, wie bereits in Kap. 4.4 deutlich wurde, einen Agitiertheitsschwerpunkt am Vormittag. Die Gruppe der mittelschwer und schwer Dementen zeigt sowohl „negative“ als auch „positive“ Werte. Dies bedeutet, dass einige Personen vormittags, andere nachmittags agitierter waren. In allen Schweregradgruppen gibt es einige Personen, deren Werte nahe der Null-Linie liegen, die also morgens und nachmittags gleich viel oder gleich wenig Agitiertheit zeigten. Der Mittelwert der Differenzen CMAI 2 – CMAI 1 für die Kontrollgruppe (Nichtdemente) liegt bei 0,08, die Standardabweichung bei 2,34. Gemäß unseren in Kapitel 3.4.5 dargestellten 69 Kriterien erfüllen diejenigen Personen die „Sundowner“-Voraussetzung, die oberhalb von 4,76 liegen (0,08 plus zweifache Standardabweichung), d. h. ab einem Punktwert von ‚+5’. Diejenigen, die unterhalb von ‚-4,6’ liegen (0,08 minus zweifache Standardabweichung), also ab einem Punktwert von ‚5’, erfüllen die „Sunriser“- Bedingung. Diejenigen, die innerhalb des Intervalls liegen, sind per definitionem „Constants“. 15 nicht dement 10 nachmittags / abends agitierter MMST 20-26 MMST 10-19 Diff. CMAI 2-1, Mediane MMST<10 5 MMST unbek. 0 -5 -10 morgens / vormittags agitierter -15 Einzelne Probanden Abb. 13: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie 70 Tab. 10: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen unterteilt nach MMST-Kategorie Agitiertheitsg ruppen NormalCMAIbefund Gesamtwert innerhalb 227 facher SD sundowner 0 sunriser 0 gesamt 27 MMST-Kategorie 20-26 Punkte 10-19 Punkte unter 10 Punkten unbekannt dement gesamt gesamt 3 14 17 2 36 (66%) 63 0 2 5 3 2 19 5 6 28 1 0 3 9 (16%) 10 (18%) 55 (100%) 9 10 82 In der Gruppe der Dementen sind somit 9 Personen (16%) Sundowner, 10 Personen (18%) Sunriser und 36 Personen (66%) sind Constants (vgl. Tab. 10). In der nicht-dementen Kontrollgruppe finden sich keine Sundowner oder Sunriser. Auffällig sind in der Gruppe der leicht Dementen die herausragenden Werte von zwei Personen die ein ausgeprägtes Sunrising darstellen und für die im Kapitel 4.4 genannten Ergebnisse verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um zwei Frauen mit den Diagnosen „Senile Demenz“ und „Vaskuläre Demenz“. In den Gruppen der mittelschwer und schwer Dementen zeigt sich keine Tendenz in die eine oder andere Richtung, allerdings ist mit zunehmendem Demenzschweregrad eine Tendenz weg von der Nulllinie zu erkennen, d.h. schwer Demente neigen vermehrt zu zirkadianen Agitiertheitsschwerpunkten. Dies lässt sich auch statistisch nachweisen: Mittels Chi-Quadrat-Test für k x l Felder nach Pearson ergibt sich ein Chi² von 18,39 mit einer Signifikanz von .018, was für einen Zusammenhang der MMST-Kategorie mit der Variablen spricht. Die Gruppe der Sundowner hat einen CMAI-Mittelwert von 36,0 (SD 10,8); die Sunriser weisen einen CMAI-Mittelwert von 37,9 (SD 12,0) auf; die Gruppe der Constants erreichen einen CMAI-Mittelwert von 27,8 (SD 7,39). Im Tukey-Test zeigen sich mit p=.00 statistisch signifikante Unterschiede 71 sowohl zwischen den CMAI-Werten der Sundowner-Gruppe und der der Constants als auch zwischen CMAI-Werten der Sunriser-Gruppe und der der Constants. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Sundowner und Sunriser insgesamt ein höheres Agitiertheitsniveau haben als Personen ohne zirkadianen Agitiertheitsschwerpunkt. 4.5.2 Tagesrhythmik der einzelnen Dimensionen 4.5.2.1 Tagesrhythmik der Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten Das Ergebnis bezüglich der Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten ist in Abbildung 14 und Tabelle 11 dargestellt. Bei einem Mittelwert der CMAI-Dimension in der Kontrollgruppe von 0,07 und einer Standardabweichung von 1,3 fallen diejenigen in die Kategorie „Sundowner“, die oberhalb von 2,67 liegen (also „ab 3“), in die Kategorie „Sunriser“, die unterhalb von -2,53 liegen (also „ab -3“). Dies sind hier 9 Sundowner und 9 Sunriser. Der Chi²-Test für k x l Felder zeigt hier mit einem Wert von 17,4 einen Wert über der erwarteten Häufigkeit von 5; mit Signifikanzniveau von .025 besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der MMST-Kategoriegruppe und der drei Variablen, Sundowner, Sunriser und Costants. Die Verteilung der Werte ähnelt der des GesamtCMAI. 72 Diff. CMAI 2-1 (Unruhiges und Unangemessenes Verhalten) 12 nachmittags / abends agitierter 10 nicht dement MMST 20-26 8 MMST 10-19 6 MMST <10 4 MMST unbek. 2 0 -2 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 -4 -6 -8 morgens / vormittags agitierter -10 Einzelne Probanden Abb. 14: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie Tab. 11: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten, unterteilt nach MMST-Kategorie AgitiertheitsMMST-Kategorie gruppen Dimension: Normalbe 20-26 10-19 unter 10 Unruhiges und fund Punkte Punkte Punkten Unangemessenes Verhalten innerhalb 2-facher 27 3 14 18 SD sundowner 0 0 3 5 sunriser 0 2 2 5 gesamt 27 5 19 28 unbekannt dement gesamt gesamt 2 37 (67%) 64 1 0 3 9 (16%) 9 (16%) 55 (100%) 9 9 82 73 Auch in dieser Dimension zeigen Sundowner und Sunriser statistisch signifikant höhere Werte im CMAI als Constants. (Constants 12,4; Sundowner 18,6; Sunriser 17,4) 4.5.2.2 Tagesrhythmik der Dimension Verbal Agitiertes Verhalten In dieser Dimension bildete die Kontrollgruppe einen Mittelwert von 0,1 bei einer Standardabweichung von 1,7. Personen, die über einem Wert von 3,5 liegen (also ab 4) gehören in dieser Dimension zur Gruppe der Sundowner; Personen, die unterhalb von -3,3 liegen (also ab -4) zur Gruppe der Sunriser. Abbildung 15 veranschaulicht das Ergebnis, in Tabelle 12 werden die entsprechenden Zahlen genannt. Drei Personen fallen in die SundownerKategorie, vier in die Sunriser-Kategorie. Auffällig ist, dass auch die Kontrollgruppe erheblich um den Mittelwert streut (siehe hierzu auch das Kapitel 4.4.2). Weiterhin ist bemerkenswert, dass die Mehrheit der dementen Personen innerhalb der Standardabweichung liegt. Im Chi²-Test für k x l Felder nach Pearson zeigt sich ein Wert von 18,5 bei einer Signifikanz von .017, was für einen statistisch signifikanten Zusammenhang der Variablen mit der MMST-Kategorie spricht. 74 6 Diff. CMAI (Verbale Agitiertes Verhalten) 2-1 nicht dement nachmittags / abends agitierter MMST 20-26 4 MMST 10-19 MMST <10 2 MMST unbek. 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 -2 -4 -6 -8 morgens / vormittags agitierter -10 Einzelne Probanden Abb. 15: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 für die Dimension Verbal Agitiertes Verhalten der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie Tab. 12: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen für die Dimension Verbal Agitiertes Verhalten unterteilt nach MMST Kategorie Agitiertheitsgruppe MMST-Kategorie n Normal- 20-26 10-19 unter 10 unbedement Dimension: Verbal gesamt befund Punkte Punkte Punkten kannt gesamt Agitieres Verhalten innerhalb 2-facher SD 27 3 18 24 3 48 (87%) 75 sundowner 0 0 1 2 0 3 (6%) 3 sunriser 0 2 0 2 0 4 (7%) 4 gesamt 27 5 19 28 3 55 (100%) 82 75 Sundowner und Sunriser liegen in dieser Dimension wiederum signifikant höher im CMAI verglichen mit den Constants (Sundowner 9,3; Sunriser 11,5; Constants 8,0) . 4.5.2.3 Tagesrhythmik der Dimension Aggressives Verhalten Die Kontrollgruppe der nicht dementen Personen zeigt in dieser Dimension einen Mittelwert von 0,05 bei einer Standardabweichung von 0,58. So gehören alle diejenigen Personen der Stichprobe zu den Sundownern, die oberhalb von 1,21 liegen (also „ab 2“); die Personen unterhalb von -1,11 liegen („ab -2“) sind per definitionem Sunriser. Die entsprechenden Verteilungen und Häufigkeiten zeigen Abbildung 16 und Tabelle 13. In dieser Dimension fallen insbesondere die schwer Dementen mit häufiger Morgen- oder Abendbetonung des aggressiven Verhaltens auf, während 2 von 5 leicht dementen Personen durch eine morgendliche Aggressivität auffallen. Im Chi²-Test für k x l Felder ergibt sich ein Wert von 16,87 mit einer Signifikanz von .031, somit besteht ein Zusammenhang der Agitiertheitsgruppen mit der MMST-Kategorie, also mit der kognitiven Leistungsfähigkeit. Auch in dieser Dimension zeigen sich Sundowner und Sunriser signifikant über den Constants (Constants 7,3; Sundowner 8,0; Sunriser 8,8). 76 5 nachmittags / abends agitierter Diff. CMAI (Aggressives Verhalten) 2-1 4 nicht dement MMST 20-26 3 MMST 10-19 MMST <10 2 MMST unbek. 1 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 -1 -2 -3 morgens / vormittags agitierter -4 Einzelne Pobanden Abb. 16: Differenz der Mediane CMAI 2 minus CMAI 1 für die Dimension Aggressives Verhalten der einzelnen Probanden, gruppiert nach MMST-Kategorie 77 Tab. 13: Anzahl der Personen in den Agitiertheitsgruppen für die Dimension Aggressives Verhalten, unterteilt nach MMST – Kategorie Agitiertheitsgrup pen Dimension: NormalAggressives befund Verhalten innerhalb 2-facher 27 SD sundowner 0 sunriser 0 gesamt 27 4.5.3 MMST-Kategorie 20-26 Punkte 10-19 unter 10 Punkte Punkten unbekannt dement gesamt gesamt 3 18 26 3 50 (91%) 77 0 2 5 0 1 19 1 1 28 0 0 3 1 (2%) 4 (7%) 55 (100%) 1 4 82 Konkordanz der Tagesrhythmik der Agitiertheit insgesamt mit derjenigen ihrer drei Dimensionen Es stellt sich die Frage, ob Personen, die im Gesamt-CMAI beispielsweiseSundowner sind, auch in den einzelnen Dimensionen als solche auffallen. Die Tabelle 14 zeigt, dass die Sundowner- und Sunrisergruppen der CMAI-Summen nicht vollständig mit den Sundowner/Sunrisergruppen der einzelnen drei Dimensionen übereinstimmen. So finden sich bei der Differenz CMAI 2-1 insgesamt 19 Personen mit Sundowning oder Sunrising. Von diesen zeigen 13 entsprechende Auslenkungen in der Dimension Unruhiges und unangemessenes Verhalten, 6 entsprechende Auslenkungen in der Dimension Verbal Agitiertes Verhalten und 5 in der Dimension Aggressives Verhalten. 78 Tab. 14: Differenzen CMAI 2 minus 1 der einzelnen Sundowner und Sunriser, unterteilt nach Summe und einzelnen Dimensionen (Konkordanzbestimmung). Herausgehoben sind die Werte, die außerhalb der 2-fachen Standardabweichung der Kontrollgruppe liegen Sundown er Sunriser gesamt Diff. CMAI 2-1 Diff. CMAI 2-1 Diff. CMAI 2-1 Unruhiges und Verbal Summe unangemessenes agitiertes Verhalten Verhalten 7 0 4 0 5 4 0 0 7 3 4 0 9 5 2 0 6 4 -1 0 7 5 2 0 5 1 0 4 12 10 2 0 6 3 3 0 -9 1 -9 0 -6 -5 -1 0 -5 -2 0 0 -7 -8 0 0 -11 -7 -6 -2 -13 -3 -7 -3 -6 -5 -1 0 -7 -6 0 -1 -9 1 -7 2 -12 0 -3 -3 19 13 von 18 6 von 7 5 von 5 Diff. CMAI 2-1 Aggressives Verhalten 79 Nur 4 Personen sind in mehr als einer Dimension statistisch auffällig. Andererseits sind einige Personen in einzelnen Dimensionen statistisch auffällig, nicht jedoch im Summenwert: Für die Dimension Unruhiges und unangemessenes Verhalten 5 von 18; für die Dimension Verbal Agitiertes Verhalten 1 von 7. Letztere 6 Personen sind in Tabelle 14 nicht aufgeführt. Schließlich sind alle Personen, die eine entsprechende Auslenkung bei Aggressivem Verhalten zeigen, auch im Gesamt-CMAI auffällig. 5 Diskussion 5.1 Methodendiskussion 5.1.1 Ausfüllen der CMAI – Testversion – Bögen Die Beurteilung der Probanden und das Ausfüllen der CMAI-Bögen erfolgte durch das Pflegepersonal. Obwohl eine sorgfältige Einführung in die Thematik durchgeführt wurde, handelte es sich nicht um ein in solchen Aufgaben erfahrenes Personal. Zwar verbrachten die Pflegenden täglich die ganze Schicht über (also annähernd 8 Stunden) mit den Probanden, wie intensiv allerdings der pflegerische Kontakt jeweils war, bleibt aber letztlich unklar. Das Ausfüllen der CMAI-Bögen erfolgte durch mehrere Personen; eine gute Interraterreliabilität für das Testinstrument CMAI konnte für die englischsprachige Version allerdings von Shah et al. 1998 nachgewiesen werden. Zudem ist bei klinisch erfahrenem und in die Thematik eingearbeitetem Pflegepersonal von einer korrekten Handhabung des Testinstruments CMAI auszugehen. Die Pflegenden konnten die ganze Schicht überblicken und waren erfahren im Umgang mit den ihnen 80 bekannten Probanden, was sich positiv auf die Korrektheit beim Ausfüllen der Beurteilungsbögen ausgewirkt haben dürfte. Die beurteilenden Pflegepersonen wurden im Rahmen dieser Arbeit auf Wunsch des Pflegepersonals nicht individuell erfasst, so dass keine Beobachterübereinstimmung berechnet werden konnte. Der Hauptgrund dafür war die Skepsis des Pflegepersonals beider Einrichtungen in Hinblick auf eine mögliche Kontrolle der Pflegenden. Aufgrund der hohen Fluktuation des Pflegepersonals war es zudem leider unmöglich, Beobachterpaare für eine Überprüfung der Beobachterübereinstimmung zu bilden. Die Datenerfassung erfolgte in vergleichbaren Studien durch wissenschaftlich geschultes Personal (z. B. Evans 1987; Koss et al. 1997). Hier wurden die Beurteilungsbögen von erfahrenen Klinikern ausgefüllt, die ihrerseits jedoch nur kurze Zeit (z. B. zweimal 10 min pro Tag) mit den Probanden verbrachten oder aber Angaben von Pflegenden rekrutierten. Intensivere Beobachtungen der Probanden durch einen Kliniker ergeben zwar engmaschige Ergebnisse, gehen aber wegen der oft begrenzten Ressourcen auf Kosten der Fallzahl. 5.1.2 Beurteilung der Stichprobe Die Altersverteilung der Kontrollgruppe lag mit M=78,7 etwas unter der der Dementengruppe (M=81,5). Die Demenzdiagnosen benannten 52% Senile Demenz, 22% DAT, 24% VD und 2% DAT/VD. Der Begriff „Senile Demenz“ impliziert einerseits keine Festlegung auf eine Ätiologie der dementiellen Erkrankung, andererseits besteht eine Assoziation zur DAT durch den gebräuchlichen Begriff „Senile Demenz vom Alzheimertyp“. Setzt man „Senile Demenz“ mit DAT gleich, so hätte unsere Stichprobe eine 75%ige Alzheimerpathologie. Dies entspräche ungefähr der Häufigkeit der 81 anzunehmenden Fälle mit Alzheimerpathologie (siehe Abb. 1). Interpretiert man den Begriff „Senile Demenz“ als unspezifisch, so wären 4/5 dieser Fälle als DAT anzunehmen. Hätten weiter 2/3 der VD eine Alzheimerpathologie, so würde sich nach dieser Berechnung ein ungefährer Anteil von 78% Alzheimerpathologie errechnen. Somit hätte unsere Stichprobe einen Anteil an DAT-Pathologie von ca. 78-80%, was wiederum der typischen Verteilung innerhalb der Demenzen entspricht. 5.1.3 Einschätzung des Demenzschweregrades mittels MMST Der MMST ist zwar ein gebräuchliches, leider aber nicht sehr valides Testinstrument. Zur Einschätzung des Demenzschweregrades eignet er sich aber dennoch, zudem wird er breit angewandt. Seine Schwäche besteht insbesondere darin, beginnende, sehr leichte Demenzgrade nicht zu erfassen. Kukull et al. (1994) empfehlen einen Cut-Off von 27 Punkten, um die Anzahl an Falsch-Negativen zu minimieren. Unsere Demenzstichprobe wurde nach klinischen Gesichtspunkten ermittelt. Bei klinisch dementen Personen wurde der MMST zur Validierung der Demenzdiagnose und zur Schweregradeinteilung durchgeführt. Die klinisch nicht demente Kontrollgruppe erhielt keinen MMST, so dass eine klinische Fehleinschätzung (eine demente Person wird klinisch als nicht dement eingestuft) nicht revidiert werden konnte. Einschränkend muss aber gesagt werden, dass am ehesten eine leichtgradige Demenz unerkannt geblieben sein könnte und gerade hier der MMST oft versagt. 82 5.1.4 Das Testinstrument: der CMAI-deutsche Version Durch die gleichzeitige Validierung des CMAI-deutsche Version, der der vorliegenden Arbeit zugrunde liegt, ist von einem validen Testinstrument auszugehen (Hülser 2001). Eine hohe Test-Retest-Reliabilität und Interraterreliabilität der englischsprachigen Originalversion konnten Shah et al. (1998) nachweisen. Auch die einzelnen Dimensionen wurden mittels Faktorenanalyse ermittelt und sind als valide einzuschätzen. Sie stimmen im Wesentlichen mit den von Cohen-Mansfield gefundenen Faktoren überein (Cohen-Mansfield 1989). 5.1.5 Die drei Beobachtungszeiträume Da die Pflegenden die Beurteilung der Agitiertheit und das Ausfüllen der CMAI-Bögen übernahmen, orientierten wir uns aus leicht nachzuvollziehenden Gründen an der Dauer der jeweiligen Schichten als Beobachtungszeiträume (7-14 Uhr, 14-21 Uhr, 21-7 Uhr). Damit können Aussagen über die jeweiligen Beobachtungszeiträume getroffen werden. Mit einer Dauer von 2 mal 7 Stunden (tagsüber) bzw. 10 Stunden (nachts) sind die Beobachtungszeiträume allerdings relativ lang. Ein Maximum an Agitiertheit könnte z.B. kurz nach 14 Uhr oder kurz vor 21 Uhr, irgendwann dazwischen oder über die ganzen Stunden auftreten. In allen Fällen wäre die Person als Sundowner definiert. Je engmaschiger die Beobachtungszeiträume bzw. die Beurteilungszeitpunkte liegen, umso genauer lässt sich ein Unruhehöhepunkt und ein „naturgetreues Abbild“ der zirkadianen Agitiertheit bestimmen. Aus organisatorischen Gründen war dies in der vorliegenden Untersuchung leider nicht möglich. Von Martin et al. (2000) wurde ein durchschnittliches Agitiertheitsmaximum gegen 14:38 Uhr 83 mit einer hohen zeitlichen Varianz der Agitiertheitsmaxima beobachtet. In unserer Studie würde eine Person mit Unruhemaximum gegen 14 Uhr fälschlicherweise als „Constant“ eingestuft werden. Engmaschigere Beurteilungszeiträume gehen bei eingeschränkten Ressourcen allerdings öfter auf Kosten der Probandenzahl oder der gesamten Beobachtungszeit (siehe Kap. 5.1.1). 5.1.6 Begriffliche Verwendung von „Sundowning“, „Sunrising“ und „Constant“ Der Begriff Sundowning wird in der Literatur nicht einheitlich gebraucht. Insbesondere besteht keine Einigkeit über den genauen Zeitrahmen oder Zeitpunkt, an dem es zu einer Zunahme an Agitiertheit, Rastlosigkeit und Verwirrtheit kommt. Einige Autoren bezeichnen mit Sundowning eine abendliche oder nächtliche Unruhe, so z. B. McGaffigan und Bliwise (1997). Martin et al. (2000) meinen mit Sundowning einen abendlichen Unruhezeitpunkt gegen 19 Uhr und bezeichnen die entsprechend (kleine) Gruppe als „true sundowners“. Die meisten Autoren beziehen auch die Nachmittagsstunden mit ein (z. B. Volicer et al. 2001). Weitere Studien finden jeweils unterschiedliche Zeiträume [16:30-23 Uhr (Cohen-Mansfield et al. 1992; 19-22 Uhr (Martino-Saltzmann 1991); 16-20 Uhr (O´Leary et al. 1993)], an denen bestimmtes agitiertes Verhalten vermehrt auftreten soll. Der Begriff „Sunrising“ wurde von uns in Analogie zum „Sundowning“Begriff entwickelt. Wir bezeichnen damit die in den Morgen- /Vormittagstunden vermehrt auftretende Agitiertheit, wohlwissend, dass auch hier der relativ große Zeitrahmen „Sonnenaufgang“ etwas entgegenspricht. der Vorstellung von 84 Der Begriff „Constant“ wurde von uns als Bezeichnung für diejenigen Personen gewählt, deren Agitiertheitslevel in den beiden ersten Untersuchungszeiträumen im Vergleich zu den nicht dementen Personen nicht wesentlich abwichen, d.h. „konstant“ waren. Das Problem eines Unruhemaximums um den Schichtwechsel herum wurde bereits oben diskutiert (Kap.5.1.5). 5.1.7 Definition von „Sunrising“, „Sundowning“ und „Constant“ Als Grenze für die Einteilung in eine der drei Agitiertheitsgruppen wurde folgendes Vorgehen gewählt: Die Differenz CMAI 2 minus CMAI 1 wurde gebildet. Aus diesen Differenzen wurde in der Kontrollgruppe der Nichtdementen der Mittelwert gebildet. Ausgehend von einer Normalverteilung gehörten Personen, die außerhalb einer 2 (1,96)-fachen Standardabweichung mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% nicht mehr zu dieser Kontrollgruppe. Im Weiteren wurden nicht die Mittelwerte der Differenzen zur Klärung der Frage der Agitiertheitsgruppen gewählt, sondern die Mediane. Dieses Vorgehen erschien uns sinnvoll, da ein Mittelwert durch einzelne Extremwerte in die eine oder andere Richtung ausgelenkt werden kann, wohingegen beim Median sichergestellt ist, dass die gleiche Anzahl an Werten oberhalb und unterhalb liegen (so wird z. B. eine Person zum Sundowner, wenn sie nur an einem oder zwei Tagen eine nachmittägliche Unruhe aufweist, sonst aber über den Tag verteilt konstant (un)ruhig ist). Diese Bewertungsmethode geht auch von der Annahme aus, dass nicht demente Personen keinen nennenswerten zirkadianen Unruheschwerpunkt aufweisen. Da bekanntlich auch andere psychiatrische Erkrankungen, wie z. B. schwere Depressionen oder andere affektive Psychosen mit einer 85 Tagesrhythmik einhergehen, muss dies bei der Bewertung der Kontrollgruppe mit berücksichtigt werden. Hier hatten drei Personen die Diagnose: Depression/Schizoaffektive Psychose. Auch die anderen Personen der Kontrollgruppe waren nicht gesund. Sie litten unter diversen organischen Erkrankungen, Untersuchungsergebnis die hatten möglicherweise (vgl. Kap. Einfluss 3.5). auf das Inwieweit Agitiertheitsschwerpunkte bei den Dementen genuiner Ausdruck der Demenzerkrankung oder einer psychiatrischen Sekundärerkrankung sind wird im Kapitel 5.2.5 diskutiert. 5.2. Ergebnisdiskussion 5.2.1 Das Kollektiv der Demenzpatienten ist signifikant agitierter als die gesunde Kontrollgruppe. Wir fanden in unserer Untersuchung bei den Demenzkranken insgesamt eine signifikant höhere Häufigkeit an agitiertem Verhalten, was sich auch jeweils für alle drei Untersuchungszeiträume bestätigte. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Befunden anderer Studien zu diesem Thema. Als eine der ersten untersuchte Cohen-Mansfield 1988 den Zusammenhang zwischen Agitiertheit und dem Grad der kognitiven Beeinträchtigung. Sie fand unter 165 Heimbewohnern vermehrte Agitiertheit bei den kognitiv stärker beeinträchtigten. Koss et al. (1997) fanden bei 241 an Alzheimerdemenz Erkrankten und 64 Kontrollpersonen ein mit der kognitiven Beeinträchtigung einhergehendes Maß an Agitiertheit. Reisberg (1987) berichtet, dass 58% seiner ambulanten Alzheimerpatienten signifikante Verhaltensauffälligkeiten aufwiesen. Als Hauptsymptome wurden Agitiertheit und Verkennungen genannt. 86 5.2.2 Agitiertheit tritt in der Gruppe der Demenzkranken signifikant ausgeprägter nachmittags als morgens auf. Diese These ließ sich für unsere Stichprobe nicht bestätigen. Im Gegenteil wurde eine leichte Betonung der Agitiertheit am Morgen deutlich. Die ursprüngliche These ging von der Annahme aus, dass eine relevante Anzahl an DAT-Patienten ein nachmittägliches Agitiertheitsmaximum aufweisen und dass alle übrigen Personen über den Tag verteilt ein ungefähr konstantes Agitiertheitslevel aufweisen. Wenzel und Schröder (1998) fanden an einer Stichprobe von 15 Patienten bei den DAT-Patienten ein hohes Unruhemaximum am Nachmittag, bei Mischdemenzen (DAT/VD) ein etwas geringeres Agitiertheitsmaximum am Nachmittag, gefolgt von den VDPatienten, die über den Tag nahezu konstant waren. In unserem überwiegend alzheimerdementen Kollektiv ließ sich dieser Befund nicht replizieren. 5.2.3 Das globale Ausmaß an Agitiertheit ist mit dem Schweregrad der Demenz assoziiert. Wie sich aus Tabelle 6 (Seite 46) erkennen lässt, steigt das Ausmaß an Agitiertheit mit dem Schweregrad der Demenz kontinuierlich an. Dabei fanden sich signifikante Unterschiede zwischen fast allen Demenzgraden, allerdings nicht zwischen leicht und mittelschwer Dementen. Ein deutlicher Agitiertheitssprung zeigt sich zwischen der Kontrollgruppe und den leicht Dementen und nochmals zwischen den mittelschwer und schwer Dementen, wohingegen zwischen den leicht und mittelschwer dementen Personen kein signifikanter Unterschied bestand. Koss et al. (1997) beschrieben ebenfalls eine Zunahme an Agitiertheit mit dem Demenzgrad und insbesondere auch 87 einen deutlichen Anstieg bei den schwerst dementen Formen. Einschränkend muss zu unseren Ergebnissen aber gesagt werden, dass die Gruppe der leicht dementen Personen mit 5 sehr klein ist, wobei 2 Personen ein relativ hohes Maß an Unruhe aufweisen („Ausreißer“) und den Mittelwert dieser Gruppe dadurch „hochtreiben“. Die Übersicht über die Mittelwerte der einzelnen Personen verdeutlicht eine diffuse Zunahme an Agitiertheit mit dem Schweregrad der Demenz. In der Gruppe der schwer dementen Personen fallen 3 Personen durch ein erhebliches Maß an Agitiertheit auf, wobei der Rest dieser Gruppe ein ähnliches Verteilungsmuster zeigt wie die Gruppe der mittelschwer Dementen. Bei diesen 3 Personen handelt es sich, wie sie Einzelfallanalyse zeigt, um schwerst Demente mit MMST-Werten von jeweils 0, 1 und 2. 5.2.4 Die drei Unterformen der Agitiertheit („Dimensionen“ gemäß CMAI) sind in den drei Demenzschweregraden unterschiedlich ausgeprägt. Die drei Dimensionen des CMAI umfassen Unruhiges und Unangemessenes Verhalten mit 10 Items, Verbal Agitiertes Verhalten mit 6 Items und Aggressives Verhalten mit 7 Items. Für die einzelnen Dimensionen fanden wir unterschiedliche Ausprägungen bezogen auf den Grad der kognitiven Beeinträchtigung. Für die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten fanden sich die höchsten Werte bei den schwer Dementen, gefolgt von den mittelschwer Dementen, wobei beide Gruppen im statistischen Mittel morgens und nachmittags nahezu konstant blieben. Leicht demente Personen waren in dieser Dimension weniger agitiert, zeigten aber ein 88 Agitiertheitsmaximum am Morgen. Diese Dimension scheint somit eher typisch für schwerer kognitiv beeinträchtigte Personen zu sein. Auch in der Studie von Koss et al. (1997) zeigte die Gruppe mittelschwer bis schwer Dementer (MMST-Punktwerte 5-20) ein Maximum in der Dimension „Physically nonaggressive“, was in etwa unserer Dimension entspricht. Insgesamt finden auch wir eine Zunahme dieser Dimension mit dem Grad der kognitiven Beeinträchtigung. In der Dimension Verbal Agitiertes Verhalten zeigen wiederum die leicht Dementen morgens hohe Werte, sogar höhere als schwer Demente; im Mittel liegen sie allerdings etwas unter denjenigen der schwer Dementen. Diese Dimension scheint somit eher agitiertes Verhalten von leicht Dementen abzubilden. Schwer und mittelschwer Demente sind im Mittel morgens und nachmittags gleichermaßen verbal agitiert. Cohen-Mansfield berichtet von einer morgendlichen Betonung der Items „verbale Aggression“ und „ständiges Verlangen nach Aufmerksamkeit“ (Cohen–Mansfield et al. 1989). Diese Items finden sich in der Dimension Verbal Agitiertes Verhalten wieder. Insofern scheinen unsere Ergebnisse diesen Befund zu bestätigen. Unsere im nachfolgenden 5.2.5 diskutierten Ergebnisse relativieren diese Aussage allerdings. Für die Dimension Aggressives Verhalten stellen sich zwar insgesamt niedrige Werte dar, zwischen mittelschwer und schwer Dementen ist aber ein deutlicher Sprung in Richtung ausgeprägterer Aggressivität sichtbar. Deutlich ist auch eine Zunahme an aggressivem Verhalten mit der Schwere der Demenz. Auch Koss et al. (1997) berichten von relativ seltenem Auftreten aggressiver Verhaltensweisen im Vergleich zu anderem agitierten Verhalten, fanden es aber auch signifikant gehäuft bei schwer und insbesondere bei schwerst Dementen (MMST-Punktwert 0-4). Somit 89 stimmen unsere Ergebnisse mit denjenigen von Koss et al. überein. Ursächlich zu diskutieren ist ein Zusammenhang mit einem Defizit an verschiedenen Neurotransmittern (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin und GABA), das im Untergang von Neuronen im Verlauf der dementiellen Erkrankung begründet ist. So scheinen niedrige Serotoninspiegel im Liquor cerebrospinalis mit aggressivem Verhalten assoziiert zu sein (Zayas und Grossberg 1996). Die Gruppe der leicht Dementen zeigte unerwarteterweise morgens aggressives Verhalten in der Größenordnung der schwer Dementen; möglicherweise ist dies Ausdruck einer zugrunde liegenden depressiven Störung (vgl. hierzu Kapitel 5.2.5). Allerdings ist auf Grund der geringen Fallzahl von 5 leicht Dementen in unserer Stichprobe die entsprechende statistische Auswertung problematisch. In der Literatur wird zwar immer wieder auf diese Dimensionen von Agitiertheit hingewiesen, die meisten Studien beschäftigen sich aber mit der Erfassung einzelner Symptome der Agitiertheit (z. B. Cohen-Mansfield et al. 1989; Sourial et al. 2001). Cohen-Mansfield und Marx stellten 1989 eine Studie vor, in der sie die unterschiedlichen Dimensionen mit lebensgeschichtlichen Ereignissen in Verbindung setzten. Die Autoren fanden hierdurch eine Korellation zwischen früheren traumatisierenden Ereignissen und körperlich nicht aggressivem agitiertem Verhalten. 5.2.5 Anhand der zirkadianen Rhythmik lassen sich Untergruppen (Typen) der Demenzkranken bilden. Das Auftreten und die Häufigkeit eines Sundownsyndroms wird unterschiedlich bewertet. Wie bereits weiter oben (vgl. Kap. 5.1.6) 90 beschrieben, ist der Begriff Sundowning zeitlich nur unscharf umrissen und wird von einigen Autoren auf den Abend, von anderen auf Nachmittag, Abend und Nacht bezogen. Auch wird oft nur unscharf definiert, wie ausgeprägt die abendliche Betonung der Unruhe bzw. Agitiertheit sein muss, sodass eine Person als Sundowner bezeichnet wird. Wir haben aus oben genannten Gründen (vgl. Kap. 3.4.5) als Grenze die doppelte Standardabweichung der Mittelwerte der nichtdementen Kontrollgruppe gewählt. Aber auch diese Grenzziehung ist problematisch, weil sie voraussetzt, dass Sundowning bei nicht dementen Personen nicht auftritt. Möglicherweise auf Grund dieser definitorischen Unsicherheiten finden unterschiedliche Autoren auch unterschiedliche Häufigkeiten von Sundownern. Martin et al. (2000) definierten Sundowning relativ strikt als Unruhehöhepunkt gegen 19 Uhr (vgl. Kap. 5.1.6) und fanden somit nur 2,4 % „echte“ Sundowner. Volicer et al. (2001) fanden dagegen bei 44% ihres dementen Untersuchungskollektivs ein gelegentliches oder regelmäßiges Sundowning. Die meisten Studien, die sich mit dem Thema befassen, finden ein Sundownsyndrom bei ca. 10-25% der dementen Probanden (CohenMansfield 1989, Evans 1987, Martin et al. 2000), wobei Koss et al. (1997) eine Zunahme mit dem Grad der Demenz feststellen konnten. In unsere Stichprobe fand sich unter den genannten Bedingungen bei 9 von 55 Personen (=16%) ein Sundowning. Davon waren 3 von 19 mittelschwer dement (= 15,4%) und 5 von 28 (=17,8%) schwer dement (bei einer Person war der Demenzgrad unbekannt). Somit bestätigt sich auch in unserem Kollektiv eine Zunahme an Sundowning mit der Schwere der kognitiven Beeinträchtigung. Sunriser, also Personen mit einem morgendlichen Agitiertheitshöhepunkt fanden sich bei 10 dementen Personen (=18%), wobei 2 der 5 leicht Dementen ein Sunrising aufwiesen (=40%), 2 der 19 mittelschwer 91 Dementen (=10,5%) und 6 von 28 schwer dementen Personen (=21%). Statistisch signifikant war ein Mehr an Agitiertheit bei den Sundownern und Sunrisern im Vergleich mit der Gruppe der Constants. Vom Auftreten eines morgendlichen Unruhemaximums, von uns „Sunrising“ genannt, wurde bereits vereinzelt berichtet. So fanden Gallagher-Thompsen et al. (1992) bei 8 von 35 Dementen (23%) ein morgendliches Agitiertheitsmaximum, das aber zu keiner Mehrbelastung bei der Pflegenden geführt hatte. In der Studie von Cohen-Mansfield (1989) hatten 4 von 8 Untersuchten ein morgendliches Agitiertheitsmaximum, während nur 2 Personen ein Sundowning aufwiesen. Bliwise et al. (1992) fanden bei 20% einer zu Hause lebenden dementen Population eine morgendliche Exazerbation an Agitiertheit, während 28% ein Sundowning (hier zeitlich weit gefasst) aufwiesen. Es gibt also Befunde, die durchaus zu den unsrigen passen. Betrachtet man die einzelnen Fälle (vgl. Abb. 13), so ist augenscheinlich, dass mit zunehmender Demenz die Streuung um die Nulllinie größer wird, d.h. immer mehr Probanden entweder morgens/vormittags oder abends/nachmittags einen Agitiertheitsschwerpunkt aufweisen, der aber nur gelegentlich die Sunriser- bzw. Sundowner-Bedingung erfüllt. Nach der Verteilung der Punktwolke scheint es einen fließenden Übergang zwischen den Constants und den Sunrisern/-downern zu geben. Dies könnte zusätzlich die große Spannbreite an gefundenen Häufigkeiten des Sundownsyndroms erklären: ein Verschieben der „Messlatte“ hebt oder senkt die Anzahl an Sundownern. Insgesamt lässt sich sagen, dass mit zunehmender dementieller Entwicklung die Tendenz, morgendliche oder abendliche Agitiertheitsschwerpunkte zu entwickeln, allgemein zunimmt. 92 Die Ursachen von Sundowning sind weiterhin unbekannt. Diskutiert werden die Störung endogener Zeitgeber, z. B. durch eine Dysfunktion des Melatoninstoffwechsels (Cardinali et al. 2002), ein Zusammenhang mit Schlafstörungen, Einflüsse der Umgebung (wie z.B. Schichtwechsel oder weniger Pflegepersonal in der Spätschicht) oder Störungen im suprachiasmatischen Nucleus, so dass im Sinne einer Entkopplung endogene Rhythmen der Umgebung nicht mehr angepasst werden können (Volicer et al. 2001). Die Diskussion über Ursachen morgendlicher Unruheschwerpunkte wird hingegen kaum geführt. Aus klinisch-psychiatrischer Sicht liegt es nahe, dass es sich bei den morgendlichen Unruhezuständen um das Zeichen einer Depression im Sinne eines depressiven Morgentiefs handeln könnte. Beziehungen zwischen Depression und Demenz können erstens im Sinne einer „echten“ Komorbidität bestehen, da die beiden Erkrankungen die häufigsten psychiatrischen Erkrankungen des Alters darstellen. Zweitens können Depressionen reaktiv, also als Reaktion auf die wahrgenommenen Defizite einer Demenz auftreten. Hier wäre zu vermuten, dass besonders leicht demente Personen depressiv reagieren, indem sie ihre Defizite wahrnehmen. Rainer et al. (1999) sahen ein Depressionsmaximum vier Jahre nach Diagnosestellung mit einer Abnahme in späteren Krankheitsstadien, möglicherweise wegen schwindender Möglichkeit der Eigenwahrnehmung (Anosognosie). Schröder (1998) fand dagegen eine gleichmäßige Verteilung der Depessivität über alle Demenzstadien. Als dritte Form der Depression ist nach Lauter und Dame (1991) die Depression in dementia zu nennen, wobei sich nach dieser Auffassung die Depression direkt aus der Demenzerkrankung entwickelt („organisch“). Dies ergibt sich aus dem morbogenen Defizit an Serotonin und Noradrenalin in den Gehirnen Alzheimerkranker, bedingt durch den Untergang an Neuronen. In unserem Kollektiv sahen wir in der Gruppe der leicht 93 Dementen keine Sundowner, sondern nur Sunriser, was als möglicher Hinweis auf eine zugrunde liegende depressive Störung angesehen werden könnte (also eher im Sinne einer reaktiven Depression). Mittels Gesamt-CMAI wurden 19 Personen als Sundowner oder Sunriser identifiziert. Die Dimension Unruhiges und Unangemessenes Verhalten stimmt mit dem Ergebnis des Gesamt-CMAI am besten überein: 13 der 19 Sundowner/-riser zeigen auch in dieser Subskala entsprechende Extremwerte. In der zweiten Dimension (Verbal Agitiertes Verhalten) sind nur 6 diese 19 Personen gleichermaßen auffällig. Lediglich in der Dimension Aggressives Verhalten sind alle auffälligen Personen auch mittels GesamtCMAI als Sundowner oder Sunriser erfasst. In dieser Dimension zeigt eine Person im Gesamt-CMAI ein Sunrisermuster, im aggressivem Verhalten aber ein Sundownermuster (vgl. Tab. 14, zweitunterste Person). Einige Personen, die in den einzelnen Dimensionen auffällig sind, werden vom Gesamt-CMAI jedoch nicht als Sundowner/-riser erfasst. Dies bedeutet, dass es vom Untersuchungsinstrument abhängig ist, welche Demenzkranken als Sundowner oder Sunriser erfasst werden. Es lässt sich in den ersten beiden Dimensionen keine Tendenz dahingehend ausmachen, dass sie betont abends oder morgens auftreten. Zwar ist in der Gruppe der leicht Dementen für alle Dimensionen eine morgendliche Exazerbation, insbesondere für die Dimension Verbal Agitiertes Verhalten herauszulesen, jedoch ist die Gruppe so klein, dass keine relevanten Aussagen getroffen werden können. Für mittelschwer und schwer Demente streuen die Werte in den beiden ersten Dimensionen diffus um die Nulllinie herum. Die Untersuchung Dimension eine Aggressives morgendliche Verhalten Betonung. zeigte 8 in Personen unserer waren morgens/vormittags aggressiver (vgl. Abb. 16), davon erreichten 4 die 94 Sunriserbedingung dieser Dimension. 2 Personen waren nachmittags aggressiver (davon erreichte eine Person die Sundownerbedingung). Eine Studien von Cohen-Mansfield et al. (1992) ergab, dass bestimmte Verhaltensweisen zu bestimmten Tageszeiten vermehrt auftraten und dass Sundowning mit Verhaltensweisen wie „Merkwürdige Laute Produzieren“, „Nach Dingen Greifen“ und „Aggressives Verhalten“ assoziiert war. Gerade Letzteres ließ sich in unserer Untersuchung insofern nicht bestätigen, da sich in unserem Kollektiv die Demenzkranken morgens eher aggressiv zeigten. 5.3 Schlussbemerkung Agitiertheit ist ein häufiges Syndrom bei den Demenzerkrankungen, das mit Fortschreiten der Erkrankung die Betroffenen als auch die Pflegenden vor extreme Belastungen stellt. Um zukünftig spezifische Möglichkeiten der Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung dementieller Agitierheit generieren zu können, hat sich die vorliegende Arbeit zum Ziel gesetzt, das Syndrom Agitiertheit bei Demenz besser zu erforschen, dies insbesondere hinsichtlich ihrer zirkadianen Rhythmik und speziellen Ausprägung. Entgegen der in der Fachliteratur verbreiteten Auffassung, Demenzkranke seien in der Regel nachmittags agitierter im Sinne des Sundowning, fanden wir ebenso viele Demenzkranke, die morgens agitierter waren im Sinne des Sunrising. Die Ursachen von Agitiertheit und deren zirkadianer Rhythmik sind vielfältig, und können in der Erkrankung selbst (Degeneration sog. interner Zeitgeber), in der veränderten und verändert wahrgenommenen Umgebung oder der individuellen Reaktion darauf (z. B. depressive Verstimmungen) liegen. Die weitere Erforschung von Agitiertheit mit dem Ziel der suffizienten Behandlung ist nötig, um die Betreuung Demenzkranker zu verbessern. 95 Dabei ist die standardisierte Erfassung von Agitiertheit mit dem CMAI eher für wissenschaftliche Studien als für den Routineeinsatz in Heimen und Kliniken geeignet. 96 Zusammenfassung Durch die Zunahme an älteren Menschen in der Bevölkerung wird das Thema Demenz zunehmend aktuell. Die nichtkognitiven Symptome der Demenz wie Agitiertheit, Depression und Wahn führen zu außerordentlichen Belastungen bei den Pflegenden. Die vorliegende Studie untersucht das Thema „Agitiertheit bei Demenz im Tagesverlauf“ an 55 dementen und 27 nichdementen Personen. Im Mittelpunkt steht das Phänomen „Sundowning“, d. h. die vielfach in der Literatur beschriebene Zunahme von Agitiertheit bei Dementen in den Nachmittags- und Abendstunden. 11 der Untersuchten waren Patienten in einer psychiatrischen Klinik, 71 waren Bewohner eines Seniorenheims. Die Gruppe der Dementen wurde mittels MMST in drei Demenzschweregrade eingeteilt. Mit der Agitiertheitsskala CMAI-deutsche Version wurden die Personen vom betreuenden examinierten Pflegepersonal über 7 Tage, jeweils über den Zeitraum der 3 Schichten beurteilt. Die Altersverteilung der Dementen lag zwischen 47 und 101 Jahren (Mittelwert 81,5), die der nichtdementen Kontrollgruppe zwischen 63 und 90 Jahren (Mittelwert 78,7). Es wurden fünf Hypothesen untersucht und ausgewertet. 1. Das Kollektiv der Demenzkranken zeigte sich signifikant agitierter als die Kontrollgruppe, sowohl insgesamt als auch in den einzelnen Untersuchungszeiträumen. 2. Agitiertheit trat in der Gruppe der Demenzkranken nicht ausgeprägter nachmittags/abends als morgens/vormittags auf. 3. Das globale Ausmaß an Agitiertheit nahm mit dem Grad der Demenz zu, wobei sich das Maß an Agitiertheit sämtlicher Demenzstadien signifikant von dem der Nichtdementen unterschied. 97 4. Die einzelnen „Dimensionen“ des CMAI (Unruhiges und Unangemessenes Verhalten – Verbal Agitiertes Verhalten – Aggressives Verhalten) zeigen gewisse Ausprägungsunterschiede in den Demenzschweregraden. Während Unruhiges und Unangemessenes Verhalten mit dem Grad der dementiellen Beeinträchtigung kontinuierlich zunahm, waren die beiden anderen Dimensionen bei leicht und schwer dementen Personen am stärksten ausgeprägt. 5. Die Untersuchung der tageszeitlichen Agitiertheitsschwerpunkte erfolgte unter Berücksichtigung des Gesamt-CMAI und anschließend für die drei Dimensionen. Mit zunehmendem Grad der Demenz ergab sich eine vermehrte Tagesrhythmik der Agitiertheit, wobei sich „Sundowner“ mit insgesamt 16% in zunehmendem Maße bei den mittelschwer und schwer Dementen fanden. Personen mit morgendlichem Agitiertheitsschwerpunkt zeigten sich in ungefähr gleicher Anzahl (18%). Diese Personen wurden als „Sunriser“ bezeichnet. Die größte Gruppe, die „Constants“, hatte keine oder nur geringfügige Unruheschwerpunkte. 98 Literatur Allain, H., Dautzenberg, P. H., Maurer, K. et al. (2000) Double Blind Study of Tiapride versus Haloperdole and Placebo in Agitation and Aggressiveness in elderly Patients with cognitive Impairment. Psychopharmacology 148, 361-6 Alzheimer, A. (1907) Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde. Centralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatrie 30 (neue Folge 8), 177179 Ballard, C. G., Margallo-Lana, M., Fossey, J. (2001) A 1-Year Follow-up Study of Behavioral and Psychological Symptoms in Dementia among People in Care Environments. J. clin. Psychiat. 62, 631-636 Bayer-Feldmann, C., Greifenhagen, A. (1995) Gruppenarbeit mit Angehörigen von Alzheimerkranken – ein systemischer Ansatz. Psychother. Psychosom. Med. Psychol. 45, 1-7 Beyreuther, K., Einhäupl, K. M., Förstl, H., Kurz, A. (2002) Demenzen. Grundlagen und Klinik. Stuttgart: Thieme Bickel, H. 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Psychiat. 57, 46-51 112 LEBENSLAUF Persönliche Angaben Norbert Pauly Lessingstr. 12 44791 Bochum Tel.: 02 34 / 51 09 80 Geb. am: 15.11.1962 Geburtsort: Oberhausen Familienstand: verheiratet, 2 Kinder (11 und 7 Jahre) Konfession: katholisch Schulische Ausbildung 1969 - 1973 Grundschule, Oberhausen 1973 - 1982 Novalis-Gymnasium, Oberhausen Abitur mit der Note 1,8 Großes Latinum Hochschulausbildung 1982 - 1990 Studium der Medizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Wahlfach: Dermatologie (Unterbrechung 1983/84 durch Zivildienst im Krankenpflegebereich) Ärztliche Prüfungen 1986 Ärztliche Vorprüfung, Note gut 1987 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, Note gut 1989 2. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, Note gut 1990 3. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, Note gut ... 113 Beruflicher Werdegang 07/1990 - 12/1991 Arzt im Praktikum Westfälisches Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie Bochum Universitätsklinik, Chearzt Prof. Dr. Dr. Payk Tätigkeitsbereiche: Akutstation, Klinischer und Sozialpsychiatrischer Bereich 01/1992 - 03/1997 Assistenzarzt Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen Neurologie, Chefarzt Dr. Laubenthal (Unterbrechung 4/1994 – 3/1995 wg. Elternzeit) 04/1997 - 02/2000 Assistenzarzt Westfälisches Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie Herten, Chefarzt Priv. Doz. Dr. Dziewas Tätigkeitsbereiche: Sucht- und Depressionsbehandlung, Allgemeinpsychiatrie, Gerontopsychiatrische Tagesklinik 03/2000 - 11/2000 Oberarzt im Fachgebiet Psychiatrie Westfälisches Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie Gütersloh, Chefärztin Fr. Pof. Dr. Börner Tätigkeitsbereich: Allgemeinpsychiatrie 11/2000 - heute Oberarzt im Fachgebiet Psychiatrie Martin-Luther-Krankenhaus Bochum-Wattenscheid, Abteilung für Psychiatie und Psychotherapie, Chefarzt Dr. Auerbach Tätigkeitsbereiche:Sucht- und Depressionsbehandlung, Gerontopsychiatrie, Tagesklinik, Institutsambulanz, neurologisch/ psychiatrischer Konsiliardienst 114 Facharztausbildungen /fachliche Qualifikation 01/1992 07/1996 12/1996 Approbation als Arzt Facharzt für Neurologie Fachkunde im Strahlenschutz, Notfalldiagnostik 03/1997 EEG – Zertifikat, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie 12/1998 Zusatzbezeichnung Psychotherapie 10/1999 Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie 02/2003 Fachkunde Suchtmedizinische Grundversorgung