11PS - KINEMATIK EINTEILUNG VON BEWEGUNGEN P. Rendulić 2011 1 KINEMATIK Die Kinematik (Bewegungslehre) behandelt die Gesetzmäßigkeiten, die den Bewegungsabläufen zugrunde liegen. Die bei der Bewegung auftretenden Kräfte bleiben unberücksichtigt. Die im Bereich der Kinematik auftretenden Größen sind der Weg s, die Geschwindigkeit v und die Beschleunigung a. Es handelt sich dabei um vektorielle Größen, sie werden jedoch nur dann vektoriell geschrieben, wenn ihre Richtung zu beachten ist. In allen anderen Fällen sind stets nur ihre Beträge gemeint. 1 EINTEILUNG VON BEWEGUNGEN Die Bewegung eines Körpers erfolgt längs einer Bahn, die man in verschiedenen Fällen direkt sehen kann, z.B. bei einem Zug (Schienen), bei einem Flugzeug (Kondensstreifen), bei Spuren im Schnee oder Sand. 1.1 Bahnformen Bewegungen können nach ihrer Bahnform eingeteilt werden. Geradlinige Bewegung Der Körper bewegt sich auf einer geraden Bahn. Beispiele: • Zug auf gerader Strecke • Person auf Rolltreppe • Apfel im freien Fall • Flugzeug in großer Höhe Krummlinige Bewegung Der Körper bewegt sich auf einer krummlinigen Bahn. Die Bewegung kann in enzelne geradlinige Phasen unterteilt werden. Beispiele: • Fußballspieler • Billiardkugel • Hase auf der Flucht Kreisbewegung Der Körper bewegt sich auf einer Kreisbahn. Beispiele: • Gondel eines Riesenrads • Sitz auf einem Karussell • Reflektor auf Speichenrad • Zahn eines Zahnrads 1.2 Bewegungsarten Bewegungen können auch nach Art der Bewegung längs der Bahn, der Bewegungsart, eingeteilt werden. Gleichförmige Bewegung Ungleichförmige Bewegung Der Körper bewegt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit, das heißt, Betrag und Richtung der Geschwindigkeit sind konstant. Beispiele: Der Körper bewegt sich mit veränderlicher Geschwindigkeit, das heißt, Betrag oder Richtung der Geschwindigkeit (oder beide zusammen) sind nicht konstant. Beispiele: • Paket auf einem Förderband • Person auf Rolltreppe • Flugzeug in großer Höhe • Radfahrer auf kurviger Strecke • Auto im Berufsverkehr • Person auf der Achterbahn 11PS - KINEMATIK P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHFÖRM. BEWEGUNG 2 GERADL. GLEICHFÖRM. BEWEGUNG 2.1 Experimentelle Herleitung des Weg-Zeit-Gesetzes 2 2.1.1 Versuchsbeschreibung Auf einer Luftkissenbahn bewegt sich ein Schlitten reibungsfrei auf einer geraden Bahn. Wirken auf den einmal in Bewegung gesetzten Schlitten keine weiteren Kräfte in Bewegungsrichtung, so führt er eine geradlinig gleichförmige Bewegung aus. Zur Bestimmung des Weg-Zeit-Gesetzes s = f (t ) werden die Zeiten t gemessen, die der Schlitten für verschiedene Wege s benötigt. Um Schwankungen der Messwerte auszugleichen, wird für jede Wegstrecke s die zugehörige Zeit t mehrmals gemessen und ein Mittelwert gebildet tm. 2.1.2 Messwertetabelle s (m) 0 - t (s) - tm (s) 0 11PS - KINEMATIK GERADL. GLEICHFÖRM. BEWEGUNG P. Rendulić 2011 3 2.1.3 Weg-Zeit-Diagramm im s-t Koordinatensystem Der sich im s-t-Koordinatensystem ergebende Kurvenzug ist eine Gerade s durch den Koordinatenursprung. Bewegt sich ein Körper geradlinig gleichförmig, so ist der von ihm zurückgelegte Weg s der Zeit t, die er für diesen Weg benötigt proportional: s ~t ; damit gilt für das Weg-Zeit-Gesetz t O s = v ⋅t , wobei v eine Konstante ist. 2.1.4 Interpretation Die Steigung v der Geraden s = f (t ) hat die Dimension einer Geschwindigkeit (m/s). Bewegt sich ein Körper geradlinig gleichförmig, so ist seine Geschwindigkeit v konstant, der Körper beharrt zu jedem Zeitpunkt in seinem Bewegungszustand 2.1.5 Schlussfolgerung Das Weg-Zeit-Gesetz für eine geradlinig gleichförmige Bewegung besagt, dass der vom Körper zurückgelegte Weg proportional zur dafür benötigten Zeit ist. 2.1.6 Definition der Geschwindigkeit Unter der konstanten Geschwindigkeit v versteht man das Verhältnis des zurückgelegten Weges zu der dafür benötigten Zeit. v= s t Die SI-Einheit der Geschwindigkeit ist das Meter pro Sekunde (m/s). Als SI-fremde Einheit wird oft die Einheit Kilometer pro Stunde benutzt (km/h). Dabei gilt: m km = 3,6 s h km m 1 = 0,2778 h s 1 11PS - KINEMATIK GERADL. GLEICHFÖRM. BEWEGUNG P. Rendulić 2011 4 2.1.7 Durchschnittsgeschwindigkeit (mittlere Geschwindigkeit) Die Durchschnittsgeschwindigkeit ergibt sich nach der Definition: Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird bestimmt, indem der gesamte zurückgelegte Weg durch die dafür benötigte Zeit geteilt wird. v = s t oder für ein Intervall der Bewegung v = s2 − s1 ∆s = t 2 − t1 ∆t 2.1.8 Momentangeschwindigkeit (Augenblicksgeschwindigkeit) Die Momentangeschwindigkeit ergibt sich nach der Definition: Die Momentangeschwindigkeit ist die mittlere Geschwindigkeit, gerechnet in einem sehr kurzen Weg-Zeit-Intervall v= ds . dt Anmerkung: Im Fall der geradlinig gleichförmigen Bewegung Momentangeschwindigkeit und Durchschnittsgeschwindigkeit gleich groß. 2.2 sind Geschwindigkeit-Zeit-Gesetzes 2.2.1 Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm im v-t-Koordinatensystem v Wenn ein Körper sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, misst man zu jedem Zeitpunkt die gleiche Geschwindigkeit. Die sich im v-t-Koordinatensystem ergebende Kurvenzüge sind parallele Geraden zur Zeitachse. O t 2.2.2 Interpretation Aus der Tatsache, dass die Geschwindigkeit eines sich geradlinig gleichförmig bewegenden Körpers konstant ist, folgt, dass ein Körper nur dann seinen Bewegungszustand ändert, wenn sich seine Geschwindigkeit ändert. Damit jedoch eine Geschwindigkeitsänderung eintritt, muss eine äußere Kraft auf den Körper einwirken 11PS - KINEMATIK 2.2.3 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHFÖRM. BEWEGUNG 5 Schlussfolgerung Das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz für eine geradlinig gleichförmige Bewegung besagt, dass die Geschwindigkeit des Körpers längs seiner Bahn konstant ist. 2.2.4 Graphische Methode zur Bestimmung der Strecke Im v-t-Schaubild ist die Strecke durch ein Rechteck der Höhe v und der Länge t dargestellt. Die zurückgelegte Strecke lässt sich geometrisch als die Fläche unterhalb der Geschwindigkeitslinie darstellen. v s=v•t t Dieser Zusammenhang bleibt für jede Art von Bewegungen gültig. v s t In diesem Beispiel beschleunigt und bremst der Körper ungleichmäßig. Die zurückgelegte Strecke kann jedoch geometrisch als Fläche zwischen Kurvenzug und Zeitachse bestimmt werden. 11PS - KINEMATIK 2.3 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHFÖRM. BEWEGUNG 6 Aufgaben 2.3.1 Wagen auf der Autobahn Auf der Autobahn rast ein Fahrer: während einer Zeit von 0,5 min legt er eine Strecke von 1,5 km zurück. m km und in . s h b. Welche Strecke legt er bei dieser Geschwindigkeit in 10 min zurück? a. Berechne seine Geschwindigkeit in 2.3.2 Mittlere Geschwindigkeit Ein Lastwagen fährt über einen Bergpass. Er fährt dabei zuerst während einer halben Stunde mit einer konstanten Geschwindigkeit von 50 km/h bergauf, dann fährt er mit 60 km/h auf einer Strecke von 45 km bergab. • • • Welche Strecke legt der LKW beim bergauf fahren zurück? Wie lange braucht der LKW, um den Berg auf der anderen Seite wieder hinunter zu fahren? Berechne die mittlere Geschwindigkeit des LKW auf der gesamten Strecke. 2.3.3 Schneckentempo Eine Schnecke legt eine Strecke von 1 cm in 3 s zurück. Welche Strecke überwindet sie in einer Stunde? 2.3.4 Autorennen Bei einem Autorennen über einen Kurs von 8,5 km Länge erreicht ein Fahrer auf den ersten 8 Runden eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 192 km/h. Die restlichen 4 Runden muss er wegen eines Schadens langsamer fahren, mit 171 km/h im Durchschnitt. Hat er den Streckenrekord von 180 km/h für 12 Runden überboten? 2.3.5 s-t-Diagramm Ein Lieferwagen fährt in 1,5 h 100 km weit. Dann steht er still während 0,5 h. Anschließend fährt er während 60 min mit einer konstanten Geschwindigkeit von 50 km/h weiter. Er steht dann wieder während 30 min still. Schließlich fährt er während 1,5 h mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h. Ein Auto startet 90 Minuten nach der Abfahrt des Lieferwagens am gleichen Ort und verfolgt diesen auf der gleichen Strecke. Das Auto fährt während 2 Stunden mit einer mittleren Geschwindigkeit von 87,5 km/h; dann steht es still. a. Fertige beide s-t-Diagramme auf der gleichen Graphik an. b. Wo und wann treffen sich der Lieferwagen und das Auto? 2.3.6 Versäumter Start beim Ruderrennen Bei einem Ruderrennen treten zwei Mannschaften (rot und blau) gegeneinander an. Durch unglückliche Umstände kann die rote Mannschaft erst 20 Sekunden nach der blauen starten. Da die rote Mannschaft sich nicht blamieren will rudert sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km / h, wobei die blaue Mannschaft nur mit 12 km / h rudert. Wie weit liegt der Treffpunkt der beiden Boote vom Startpunkt aus entfernt?