Siliconharzfarbe statt Silikatfarbe auch in der Denkmalpflege? Die Frage nach der richtigen Beschichtung unter denkmalpflegerischen Belangen verursacht häufig Kontroversen. Oft sind solche Diskussionen zu komplex, als dass man mit wenigen Worten zur richtigen Entscheidung finden kann. Trotzdem ist die Kenntnis einiger elementarer Auswahlkriterien bei der Entscheidungssuche hilfreich, weshalb an dieser Stelle Silikat- und Siliconharzfarben anhand von Fragen und Antworten einander kritisch gegenübergestellt werden sollen. Die umfassende Sto-Palette an Kalk-, Silikat-, Silicon- und Acrylbeschichtungen erlaubt uns eine objektive Gegenüberstellung - gleich welcher Lösung der Vorzug gegeben wird. Worin liegt der Unterschied in der Zusammensetzung zwischen Silikatfarbe und Siliconharzfarbe? Silikatfarben enthalten als Bindemittel Wasserglas und in der Regel zusätzlich einen organischen Stabilisator, damit sie als Einkomponentenmaterial verarbeitbar sind (Dispersionssilikatfarben). Die restlichen Bestandteile sind mineralische Pigmente, Füllstoffe und Additive. Siliconharzfaben enthalten Siliconharzemulsion als Bindemittel und einen organischen Bindemittelanteil, der mit dem von Dispersionssilikatfarben vergleichbar ist. Der Charakter der übrigen Rezepturbestandteile ist mit Silikatfarben vergleichbar. Beide Farbentypen beruhen also im Wesentlichen auf der SiO2Silikatgerüststruktur. Sind Silikatfarben historischer als Siliconharzfarben? Zweifellos ist die Silikattechnik älter als die Siliconharzentwicklungen, die erst auf Grund moderner Erkenntnisse formulierbar wurden. Dennoch wäre es falsch zu glauben, dass man auf historischen Gebäuden mit Silikatfarbe per se eine authentische Beschichtung aufbringen würde - weder Silikat noch Silicon sind also historisch "berechtigt". Also wenn eine historische Originaltechnik eingesetzt werden soll, dann schon lieber Kalkfarbe, was sich aber wegen der besonderen heutigen Umständen verbietet. Sind Silikatfarben nicht besser, weil sie "verkieseln"? Unter dem Begriff der Verkieselung wird chemische Erhärtung des ursprünglich dünnflüssigen Wasserglases in den Poren des Untergrunds verstanden. Dass es dabei zu einer chemischen Verbindung mit dem Untergrund kommt, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Silikatfarben zeichnen sich durch eine sehr gute mechanische Verankerung aus. Allerdings funktioniert dieses Prinzip nur auf einem Technischer Infoservice MAT Seite 1 B Verarbeitung Sind mit Silikatfarben nicht schönere Farbtöne erhältlich? Sowohl für Silikat- als auch für Siliconharzfarben werden die gleichen mineralischen Pigmente eingesetzt und die gleiche Farbtonpalette ist erhältlich. Auch Siliconharzfarbe weist eine tuchmatte, mineralische Oberflächenerscheinung auf. A Produkte Wie sieht der Vergleich der "Atmungsfähigkeit" aus? Silikatfarben sind hoch wasserdampfdurchlässig. Siliconharzfarben stehen ihnen darin allerdings nicht nach; hinzu kommt, dass durch die besondere chemische Struktur der Siliconharzmoleküle diese Farben eine stark wasserabweisende Wirkung haben, was bei Silikatfarben nicht der Fall sein kann. Bauphysikalisch bieten Siliconharzfarben optimale Eigenschaften auch für den Denkmalbereich. C Problemlösung Aber Silikatfarben sind doch Mineralfarben? Die heutigen modernen Silikatfarben sind in der Regel Dispersionssilikatfarben mit einem organischen Anteil von bis zu 5%. In dieser Größenordnung liegen auch gut rezeptierte Siliconharzfarben. Ebenso wie Wasserglas weist auch Siliconharz überwiegend Silikatstrukturen auf, so dass zumindest von der chemischen Basis her die Unterschiede kleiner, als auf den ersten Blick vermutet, sind. entsprechend geeigneten mineralischen Mörtel oder Stein. Der Vorteil der Siliconharzfarbe mit ihrem physikalischen Trocknungsverhalten liegt in ihrer Universalität; beschichtete Bereiche mit gut haftender Altbeschichtung müssen nicht abgebeizt werden. Der Verkieselungseffekt wird bei der Siliconharzfarbentechnologie durch einen entsprechenden Microemulsionsprimer erzielt, was zu messbar gleichwertigen oder besseren Ergebnissen führt. Haben Silikatfarben nicht eine schönere Patina? Mit dem Begriff "Patina" wird oft die Neigung der Silikatfarben beschönigt, auf unterschiedlichen Untergründen mit unterschiedlichen Farbtönen aufzutrocknen. Die physikalisch auftrocknenden Siliconharzfarben sind dagegen so gut wie untergrundunabhängig und ermöglichen gleichmäßige Fassaden. Wird unter "Patina" allerdings die Ablagerung von Staub und Schmutz auf der Fassadenoberfläche verstanden, dann muss der Anwender im Falle von Siliconharz lange darauf verzichten; Siliconharzfassaden bleiben viel länger sauber. Sind Silikatfarben nicht langfristig wirtschaftlicher? Die Wirtschaftlichkeit einer Fassadenbeschichtung hängt im wesentlichen vom ursprünglichen Preis der Beschichtung, der Lebensdauer und dem Aufwand bei der Renovierung ab. Siliconharzfarben bieten die größeren Vorteile durch ihre unkomplizierten Verarbeitungseigenschaften, die nachweislich längsten Renovierungsintervalle und die einfache Überarbeitbarkeit im Falle einer Renovierung. Welche Eigenschaften zeichnen Siliconharzfarben für den Einsatz im Bereich der Denkmalpflege besonders aus? Unterschiede von Siliconharzfarben im Vergleich zu Silikatfarben: Das bedeutet im Bereich der Denkmalpflege: Trotz überwiegend mineralischer Bestandteile - Technologievorsprung durch modernes Bindemittel. Zeitgemäße, nutzen- und kostenorientierte Pro- Trocknung rein physikalisch. Keine Beeinträchtigung des Untergrunds, duktkategorie im Bereich der "mineralischen" Beschichtungen. universell einsetzbar auch auf gut haftenden organischen Altbeschichtungen. Hoch wasserdampfdurchlässig bei gleichzeitig geringerer Wasseraufnahme. Besserer Wetterschutz, mehr Sicherheit, Hält die Fassaden trockener. Geringere feuchtigkeitsbedingte Schmutzanhaf- insbesondere auf kritischen Untergründen. tung, deutlich geringere Gefahr der Veralgung Trocknet ohne Spannung auf. Bessere Haftung auf kritischen Untergründen, sicherer in der Verarbeitung und Renovierung. Hohe Verschmutzungsresistenz, leichte Renovierbarkeit. Längeres Renovierungsintervall, geringere Langzeitkosten. Fazit: Es zeigt sich bei detaillierter Betrachtung der Eigenschaften und deren Konsequenzen, dass Siliconharzfarben auch im Denkmalbereich nutzbringend einsetzbar sind. Gerade der Forderung nach Arbeitsweisen, deren Resultat uns über die Zeitläufe lange begleiten kann, wird mit dieser mineralischen Beschichtungskategorie besondere Rechnung getragen. Das ist der Grund für den wachsenden Anteil der Siliconharzfarben in der Baudenkmalpflege. Technischer Infoservice MAT Seite 2