manie und depression - poekl-net

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61. VORLESUNG / 8.4.2002 / Thau
MANISCH – DEPRESSIVE ERKRANKUNG
Thau zeigt als Einstieg die Zeichnung eines Patienten zur MDK, hier sieht man die
wichtigsten Charakteristika, und zwar:
• MDK nimmt jahrelangen Verlauf
• 2 Pole: den der Manie und den der Depression („himmelhoch jauchzend“ vs.
„zu Tode betrübt“)
• MDK ist eine potentielle lebensbedrohende Erkrankung (10-15% der
Betroffenen sterben durch Suizid)
MANIE UND DEPRESSION:
•
•
•
heißen auch manisch-depressive Erkrankung
heißen affektive Störungen im ICD-10
heißen „Mood-Disorders“ im DSM-IV (Dieser Begriff hieße wörtlich übersetzt
„Gemütskrankheiten“, ist im Deutschen aber veraltert. Im DSM wurde der
frühere Begriff „affective disorders“ fallen gelassen, da zu eng gefasst; im
Deutschen wurde er allerdings beibehalten.
DAZU GEHÖREN FOLGENDE KRANKHEITSBILDER:
•
Depression:
Î einzelne Phasen sind selten (d.h. nur eine einzige Phase im Leben gibt
es so gut wie nie)
Î hohe Rückfallwahrscheinlichkeit
Î lebenslang begleitende Erkrankung (bis zu 40 Jahre Dauer)
•
Manie und Hypomanie:
Î einzelne Phasen sind selten
Î Hypomanie = Zustand, in dem Stimmungsschwankungen nicht vollen
Ausprägungsgrad erreicht hat; es kommt zu Antriebssteigerung; Patient
erlebt sich als leistungsfähiger und er IST es auch; braucht weniger
Schlaf, etc.; wird die Hypomanie aber nicht behandelt, so wird daraus
eine klinische manifeste Manie.
•
depressive und manische Phasen (= Bipolar I):
Î beides ist voll ausgeprägt
1
ACHTUNG: Die 5. VO bei Springer-Kremser ist entfallen, sie wird aber angeblich nachgeholt. Termin wurde
noch nicht bekanntgegeben!
51
•
depressive und hypomane Phasen (= Bipolar II):
Î schwere depressive Verstimmungen, aber keine volle manische Phase,
sondern nur hypomane Schwankungen
Î ist oft schwer zu erkennen, vor allem dann, wenn Patient in einer
depressiven Phase stationär aufgenommen wird
•
Zyklothymie:
Î deutliche Stimmungsschwankungen
Î weder auf depressiver noch auf manischer Seite wird jedoch das
Vollbild erreicht
•
Dysthymie:
Î ausschließlich depressive Verstimmung über langen Zeitraum
(mindestens 2 Jahre) chronifiziert liegt vor
•
Kombination Dysthymie + schwere depressive Phasen:
Î heißt auch double depression
•
depressive Phasen ohne Hypomanie aber mit hyperthymem Temperament
(pseudounipolar / Bipolar III):
Î ob es das als eigene Verlaufsform überhaupt gibt, ist derzeit noch
unklar
HÄUFIGKEIT:
Depression = eine sehr häufige Erkrankung
•
•
Punktprävalenz = 5-10%
Lebenszeitprävalenz = 15-20%
Geschlechterverteilung:
Frauen
Männer
2/3 unipolar (Depression)
2
:
1
1/3 bipolar
1
:
1
3
:
1
aber Rapid Cyclers
(d.h. 4 Phasen / Jahr und mehr)
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PARADIGMENWECHSEL BEI MDK (in den letzten 15 Jahren):
•
früher:
Î Es handelt sich um einzelne abgesetzte Krankheitsphasen
Î ist Erkrankung des mittleren Lebensalters
•
heute:
Î hohe Rückfallswahrscheinlichkeit
Î kontinuierliche Betreuung = notwendig
Î Ersterkrankung prinzipiell in jedem Lebensalter möglich; Gipfel
zwischen 3. und 4. Lebensjahrzehnt; kann aber schon bei Kindern beginnen
[ist zwar selten, aber es gibt es doch!]. Symptomatik bei Jugendlichen vor
allem bei Manie anders (z.B. produktive Symptome wie Wahn erlauben keine
Diagnostik der MDK; meist gekennzeichnet durch Gereiztheit)
Fazit:
Ö MDK ist eine lebenslang begleitende Krankheit
Ö MDK ist eine Erkrankung jedes Lebensalters
Vor der Ära der Lithium-Therapie (Cade 1949, Schon 1954) bedeutete das:
Eine Frau, die mit 25 Jahren an bipolarer Störung erkrankt,:
Î hat um 9 Jahre verkürzte Lebenserwartung
Î verliert 12 Jahre normales gesellschaftliches Leben sowie
Î 14 Jahre normale berufliche und familiäre Aktivität
Î 25% der Lebenszeit hospitalisiert manisch oder depressiv
Î 25% der Lebenszeit auf dem Weg in oder aus einer Phase
Vor allem bei depressiver Verstimmung gilt:
Nur 1/3 der Betroffenen erhält entsprechende medizinische / psychiatrische
Behandlung, obwohl 70-90% der Patienten mit adäquater Therapie
effizient behandelt werden könnten.
MDK = eine sehr häufige Erkrankung:
•
weltweite Prävalenz:
Î unipolare Depression bis 19% (Weissman 1996)
Î bipolare Erkrankung bis zu 5% (Angst 1995)
•
Vor allem Depression = zweithäufigste psychosoziale Behinderung nach HerzKreislauf-Erkrankung (WHO Prognose für 2020)
MDK ist eine Erkrankung, die unterdiagnostiziert und unterbehandelt wird:
•
•
•
es braucht 3 – 4 Ärzte und ca. 8 Jahre für eine korrekte Diagnose
30% erhalten eine adäquate Behandlung
70-90% könnten effizient behandelt werden
53
=> daher:
Wissen um diese Erkrankung ist wichtig, um auch bei
niedergelassenen Ärzten Sensibilität zu erreichen und mehr
Betroffene in entsprechende Behandlung zu bringen
GESCHICHTE DER MDK:
Seit dem Altertum immer wieder beschrieben; Zusammenhang zwischen Manie
und Depression ist seit 2000 Jahren bekannt.
19. Jhd. Welle der psychiatrischen Publikationen, diagnostische und
nosologische Einteilungen, z.B. von:
•
FALNET: „La folie à double forms“
(beschreibt beide Pole der Erkrankung als doppelte Ausgestaltung des
Verrücktseins)
•
BAILLANGER: „folie circulaire“
(Im ICD-9 gibt es „zirkuläre Verlaufsform der manisch-depressiven
Psychose“ -> die geht noch auf Baillanger zurück)
•
GRIESINGER: „Jahreszeitliche Veränderungen und rasche Phasenfolge“
(beschreibt saisonal abhängige Störungen und Rapid Cycling)
•
KRAEPELIN: (1899; 6. Auflage): Einteilung der psychiatrischen Krankheiten
Î Dichotomie von
- „manisch-depressivem Irresein“
- „Dementia praecox“
Î Kraepelin orientiert sich an Verlaufskriterien:
- manisch-depressives Irresein = phasenhafte Erkrankung; dazwischen
vollständige Restitutio ad integrum (= völlige Genesung)
- Dementia praecox = Erkrankung mit schleichendem, kontinuierlichem
Abbauprozess
Î Kraepelin nahm maßgeblichen Einfluss auf die Psychiatrie.
•
EUGEN BLEULER (1924):
Î Kontinuum
- „die Gruppe der Schizophrenien“ zu
- „manisch-depressive Erkrankung“
Î Bleuler betont kontinuierlichen Krankheitsverlauf zwischen den 2
Polen Schizophrenien (= ganze Gruppe, keine Einzelerkrankungen) und
manisch-depressive Erkrankung
54
•
LEONHARD (1957), ANGST UND PERRIS (1966):
Î Aufteilung in unipolare und bipolare Verläufe
Î Leonhard und Angst / Perris haben das unabhängig voneinander anhand von
Familiengeschichten und Krankheitsverläufen entdeckt
Fazit:
Kraepelin: MDK
Schizophrenien
phasenhaft / Intervalle
chronisch
Leonhard: unterschied zwischen
- MDK
- MDK ohne Manie
FAMILIÄRE BELASTUNG BEI BIPOLAREN UND UNIPOLAREN STÖRUNGEN
bipolar
affektive Erkrankung der Eltern
Konkordanzrate für eineiige Zwillinge2
Konkordanzrate für zweieiige Zwillinge
Verwandte 1. Grades / Manie
Risiko für Kind mit 2 kranken Eltern
50%
80%
20%
10%
55%
unipolar
25%
80%
20%
0,4%
55%
Î d.h. bei bipolarer Erkrankung eines Elternteil höheres Risiko für Kind.
DIAGNOSTISCHER PROZESS:
gliedert sich in 2 Schritte:
1) Querschnitt (Diagnose des gegenwärtigen Zustandes)
2) Längsschnitt (Beschreibung des bisherigen Krankheitsverlaufs)
wichtige Faktoren, die dabei erhoben werden müssen, sind:
a) Ersterkrankungsalter:
- Symptomatik der ersten Episode (bei Männern Beginn häufiger mit Manie;
bei Frauen Beginn häufiger mit Depression)
b) Erstbehandlungsalter:
- ist oft NICHT identisch mit Ersterkrankungsalter!
- erste depressive Phasen mit Schlafstörungen, Gewichtsverlust,
Antriebslosigkeit, etc. bleiben oft unbehandelt, bewirken großes Leid,
klingen aber von selbst wieder ab
2
Ist ein deutlicher Hinweis, dass bipolare Störungen bei klassischer Form große hereditäre Komponente
aufweisen!
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c) Anzahl der bisherigen Phasen und ihre Frequenz:
- ist nicht leicht, da Patient oft große Mühe hat, die einzelnen Phasen
abzugrenzen und Situation dazu zu beschreiben
d) Dauer der einzelnen Phasen:
- z.B. recurrent brief depression: = wiederholte, sehr kurze (d.h. einige
Tage), aber sehr schwere depressive
Verstimmungen
e) Dauer der Intervalle
f) Remissionsgrad im Intervall:
- blieb Restsymptomatik? wenn ja, wie lange?
- Kraepelins Konzept der vollständigen Wiederherstellung im Intervall ist
NICHT zutreffend, da Restsymptomatik (Reizbarkeit, leichte kognitive
Defizite) sehr häufig!
SYMPTOMATIK DER DEPRESSION:
betroffene Bereiche:
1) Antrieb: = vermindert; schöpferische Aktivitäten vermindert; weniger
sprachliche Äußerungen; Betroffener kann nicht mehr tägliche Routinen
erfüllen (z.B. Aufstehen, Anziehen)
2) Befindlichkeit:
= gestört; Genussfähigkeit gesenkt;
alle Gefühle = negativ getönt
3) Biorhythmus-Störungen: Schlafstörungen; Schlafverkürzung (morgendliche
Erschöpfung); Etappenschlaf; nächtliches
Erwachen; typische Tagesschwankungen
(Symptomatik ist nicht gleich stark über den
gesamten Tag hinweg, sondern in der Regel
morgendliches Pessimum [bei Manie sind die
manischen Symptome in der Früh am stärksten]
4) Triebleben: Sexualität vermindert, Libido vermindert
5) Intelligenzleistung / Gedächtnisleistung:
= vermindert; schlechteres Gedächtnis; Patient kann sich weniger
merken; Aufmerksamkeit verlangsamt; Probleme Neues zu entwickeln,
über Neues nachzudenken.
Bereiche können in unterschiedlichem Ausmaß betroffen sein
Î sehr vielfältiges Bild der Krankheit
(Es gibt Formen der Depression mit Antriebssteigerung bei extrem ausgeprägter
depressiver Verstimmung)
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SYMPTOMATIK DER MANIE:
betroffene Bereiche sind ebenfalls
1) Antrieb:
2) Befindlichkeit:
3) Biorhythmus:
4) Triebe:
5) Affizierbarkeit:
hier Steigerung
Gegenteil von Depression
Schlafverkürzung bis Schlaflosigkeit, wird aber als sehr
angenehm erlebt, da man noch mehr machen kann
Gegenteil von Depression
nur im positiven Bereich gegeben -> traurige Mitteilung
kann Patienten nicht aus seiner positiven Stimmung
bringen
KRANKHEITSBILD DER DEPRESSION:
•
beherrschende Symptome:
Î gedrückte Stimmung
Î Interessensverlust (wird von manchen oft ärger erlebt als die
depressive Stimmung)
Î Freudlosigkeit
Î Verminderung des Antriebs bis zu Aktivitätsstopp
•
weitere Symptome:
verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
Schuldgefühle und Gefühle der Wertlosigkeit
negative und pessimistische Zukunftsperspektiven (gestern – heute –
morgen erscheint wie durch dunkle Brille als hoffnungslos)
Î Suizidgedanken / Suizidhandlungen (muss IMMER ernst genommen und
darf ja nicht bagatellisiert werden!)
Î Schlafstörungen und Appetitabnahme (rascher und sehr deutlicher
Gewichtsverlust, d.h. 8-10kg in 2-3 Wochen)
Î
Î
Î
Î
KRANKHEITSBILD DER HYPOMANIE:
•
•
•
•
einheitlich leicht gehobene Stimmung
gesteigerter Antrieb und Aktivität
auffallendes Gefühl von Wohlbefinden
körperliche und seelische Leistungsfähigkeit: ist tatsächlich so, solange Vollbild
der Manie nicht erreicht ist! Deshalb Abgrenzung der Hypomanie von der
Manie, ABER: kaum zu kontrollierender Zustand, Übergang zur Manie ist
üblich, daher unbedingt in eine Behandlung!
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KRANKHEITSBILD DER MANIE:
•
Stimmung = situationsinadäquat gehoben; schwankt zwischen sorgloser
Heiterkeit und unkontrollierbarer Erregung
•
Symptome:
vermehrter Antrieb
Überaktivität
Rededrang
vermindertes Schlafbedürfnis
verminderte Aufmerksamkeit (Patient kann sich nicht konzentrieren)
Verlust der üblichen sozialen Hemmungen (z.B. im Triebleben;
Partnerschaftsprobleme entstehen, da Manie für Partnerschaft
wesentlich belastender ist als Depression)
Î erhöhte Ablenkbarkeit
Î überhöhte Selbsteinschätzung und maßloser Optimismus
Î
Î
Î
Î
Î
Î
WAHNSYNDROME:
können sowohl bei depressiver als auch bei manischer Verstimmung
vorkommen; sind per se KEIN diagnostisches Kriterium, da sie bei verschiedenen
Krankheiten auftreten können.
Definition: „Unter Wahn versteht man ein komplexes Ideengebäude, in dem
Wahnideen untereinander und mit anderen „normalen“ Gedanken
verknüpft sind (P. Berner 1982)
Nicht jeder Wahn = sofort zu erkennen; oft paranoide Gedanken, bei denen es
schwer ist, ihre Wahnhaftigkeit zu erkennen (vgl. Elektriker, der erklärt, man wolle
ihm mit komplizierten Schaltungen das Leben sauer machen -> Psychologe kann
Wahrheitsgehalt nur sehr schwer überprüfen, da er ja kein Elektriker ist...)
Wahnkriterien nach Karl Jasper:
1) unvergleichliche subjektive Gewissheit
2) Unbeeinflussbarkeit durch Erfahrungen und zwingende Schlüsse (alles
Diskutieren mit dem Betroffenen nützt nichts!)
3) Unmöglichkeit des Inhalts (= manchmal aber nur sehr schwer überprüfbar;
vgl. den Elektrotechniker, der komplizierte technische Geräte beschreibt, mit
denen er abgehört wird...)
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Die psychotische / wahnhafte Manie:
•
typische Wahninhalte:
Î
Î
Î
Î
Î
Î
•
Größenwahn
Omnipotenzwahn
Abstammungswahn
Beziehungswahn
Liebeswahn
Verfolgungswahn (im Rahmen eines gesteigerten Selbstwertgefühls,
z.B. Verfolgung aus Neid)
Halluzinationen:
Î eher selten
Î meist synthym (d.h. stimmungskongruent)
Î wenn, dann vor allem akustische Halluzinationen
Die psychotisch / wahnhafte Depression:
•
typische Wahninhalte:
Î
Î
Î
Î
Î
Î
Î
•
Schuldwahn
Verarmungswahn
Insuffizienzwahn
hypochondrischer Wahn
Verfolgungswahn
Beziehungswahn („die ganze Welt ist schlecht“)
nihilistischer Wahn (Betroffener hat Gefühl, sich von innen her
aufzulösen -> extrem angsterfüllend und sehr quälend)
Halluzinationen:
Î in erster Linie akustische Halluzinationen (Stimmen, die Schuld
zuweisen oder schimpfen)
Î olfaktorische Halluzinationen (z.B. man selbst stinkt nach verfaulendem
Fleisch und dergleichen)
•
Derealisationen / Depersonalisationen:
Î Körper wird als fremd / verändert / leblos erlebt
•
depressiver katatoner Stupor:
ist Extremfall; Betroffener ist zu nichts mehr in der Lage als reglos im Bett zu
liegen; ist die schwerste Form einer psychomotorischen Hemmung.
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UNTERSCHIEDE ZWISCHEN:
bipolar
unipolar
Persönlichkeit:
zyklothym / extravertiert
dysthym / introvertiert
Geschlechterverteilung:
Frauen = Männer
Frauen = doppelt so oft
wie Männer
Ersterkrankungsalter:
2. / 3. Lebensjahrzehnt
(d.h. Ersterkrankter ist
jünger als bei unipolarer
Störung!)
3. – 5. Lebensjahrzehnt
nach Geburt
eines Kindes:
postpartale Episoden
sind häufiger
postpartale Episoden
sind seltener
Beginn:
rascher Episodenbeginn
schleichender Beginn
Episodendauer:
Dauer 3-6 Monate
Dauer 3-6 Monate
(Tendenz sich länger
hinzuziehen)
Familienanamnese:
für BIP positiv
(d.h. hier ist es häufiger,
dass jemand erkrankt, wenn
jemand aus Familie es hat)
für unipolar positiv
für BIP + / -
für unipolar positiv
(d.h. wenn jemand aus Familie es hat, ist die
Wahrscheinlichkeit es auch zu bekommen, bei beiden
gleich)
Merke: Unterschied zwischen Depression und Manie:
•
•
Wenn man depressiv ist, glaubt man nicht, dass etwas dagegen getan
werden kann.
Wenn man manisch ist, glaubt man nicht, dass etwas dagegen getan werden
sollte.
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KLASSIFIKATION:
ICD-10 = für alle Erkrankungen (somatisch und psychiatrisch)
Kapitel F = psychische Störungen; nur dieses Kapitel hat ein Glossar, in dem die
einzelnen Störungen beschrieben werden (hier findet man die Ein- und
Ausschlusskriterien, die für die einzelne Diagnose notwendig sind)
Einteilung des Kapitel F:
F0.
F1.
F2.
F3.
F4.
F5.
F6.
F7.
Organische Störungen
Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
Schizophrenie, schizotypische und wahnhafte Störungen
affektive Störungen
neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen
Verhaltensauffälligkeiten und körperliche Störungen und Faktoren
(Essstörung, sexuelle Funktionsstörung, Missbrauch)
Persönlichkeits- und Verhaltensstörung
Intelligenzminderung
weitere Unterteilung: = affektive Störungen
F30. manische Episode
F31. bipolare affektive Störung
F32. depressive Episode
F33. rezidivierende depressive Episode
F34. anhaltende affektive Störungen (Zyklothymie / Dysthymie)
F38. sonstige affektive Störungen (z.B. rezidivierende kurze depressive
Störungen [hierher gehört recurrent brief depression -> sehr hohes
Suizidrisiko!])
noch weitere Unterteilungspunkte:
F30.0 Hypomanie
F30.1 Manie ohne psychotische Symptome
F30.2 Manie mit psychotischen Symptomen
synthym (d.h. kongruent mit Stimmung, z.B.
F30.20
Größenwahn)
parathym (d.h. nicht-kongruent mit Stimmung, z.B.
F30.21
Verfolgungswahn)
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PUERPERALE ERKRANKUNGEN
= Erkrankungen, die innerhalb der ersten 6 Wochen postpartal beginnen
(Wochenbett= vom Plazentaausstoß bis 6 Wochen post partum)
PRÄVALENZ (im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt):
*
*
*
*
depressive Symptome während der Schwangerschaft:
postpartale Dysphorie (Baby Blues / Heultage):
postpartale Depression
Wochenbett-Psychose:
25%
50-85%
10-20%
0,1 – 0,2%
ÄTIOLOGIE:
•
•
•
Schilddrüse, Hypothalamus–Hypophysen–Nebennierenrinde - Achse (hier
hormonale Störung)
reziproke Korrelation zwischen Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden - Achse
und Serotonin – Achse
genetische Faktoren
1) Post partum Blues = Heultag:
a) Inzidenz:
stark variabel; 10-80%
b) Symptomatik: Gereiztheit
Affektlabilität (weinerlich)
Ängstlichkeit
Angespanntheit
c) Dauer:
Stunden bis 2 Tage, vorübergehend ohne Therapie
d) Ursache:
hormonelle Umstellung
körperliche und emotionale Erschöpfung nach der Geburt
emotionale Überforderung (Eintritt in eine neue Rolle)
e) Komplikationen: längere Dauer / Zunahme der Schwere des Symptoms ist ein
Hinweis auf Übergreifen einer Depression, die bereits in
Gravidität bestanden hat (antepartale Depression APD)
Risikofaktor für postpartale Depression (PPD)
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2) Postpartale (nicht-psychotische) Depression = Wochenbett-Depression:
a) Inzidenz:
15%
b) Symptome:
wie Depression zu anderem Zeitpunkt, trotzdem oft unerkannt
und unbehandelt (vor allem weil Betroffene zu dem Zeitpunkt, in
dem sie auftritt, nicht mehr in gynäkologischer Behandlung ist
bzw. Ärzte, mit denen sie zu dieser Zeit zu tun hat, in erster Linie
Kinderärzte sind, die das nur selten erkennen)
Es dominieren Versagensängste, Schuldgefühle (auf Kind
bezogen), Schlafstörungen, Erschöpfungszustände (auch reale
Basis durch Säuglingspflege)
c) Auftreten / Dauer: beginnt einige Wochen (bis 6 Wochen) post partum
meist selbstlimitierend (3-6 Monate) [d.h. es endet von selbst
nach 3-6 Monaten]
in 25% der Fälle Dauer länger als 1 Jahr
d) Prognose:
1. in 60% Wiederauftreten von depressiven Phasen bevorzugt in
postpartaler Phase (ca. 40%)
2. negative Auswirkung auf die Entwicklung der Mutter-KindBeziehung und die kindliche Entwicklung
e) Ursache:
transkulturell unterschiedliche Inzidenz spricht eher für eine
psychosoziale Genese
Wichtig = frühzeitiges Erkennen und frühzeitige Behandlung, abhängig vom
Schweregrad.
3) Puerperalpsychose = Stillpsychose:
a) Inzidenz:
1-2 Promille
b) Diagnose:
vorwiegend affektive Erkrankung + psychotische Symptome (vor
allem als Manie)
manische Symptome entwickeln sich innerhalb von 2 Wochen
post partum
depressive Symptome entwickeln sich etwas später
c) Symptome:
bunt gemischtes und wechselndes Bild
d) Verlauf:
stürmische, fluktuierende und schwere Symptomatik +
psychotische Symptome (traumähnliche Zustände, Verwirrtheit,
Ratlosigkeit)
e) Prognose:
massives Risiko für neuerliche Episode (vor allem post partum
3 – 500fach erhöhtes Risiko -> daher entsprechende
Vorbereitung bei neuerlicher Schwangerschaft notwendig!)
f) Ursache:
hormonelle Hypothesen
transkulturell gleiche Inzidenz spricht für eine biologische Genese
63
ÄTIOLOGIE DER MANISCH-DEPRESSIVEN ERKRANKUNGEN:
Vulnerabilitätsfaktoren
psycho-biologische
Vorläuferbedingungen
Vulnerabilität
bzw. Disposition
akute Depression
und verlaufsbeeinflussende Faktoren
aktuell auslösende
Faktoren bzw. LifeEvents, akute
Belastung
depressive
Verstimmung
Verlauf
1) psycho-biologische Vorläuferbedingungen:
•
•
•
•
biographische Entwicklung
biologisch genetische Faktoren
Familientradition, Erziehungsstile
Lebensbedingungen, gesellschaftliche Bedingungen
2) psychobiologische Disposition:
•
•
•
•
•
Attributionsstile
Coping-Strategien
Aggressionsverhalten
Modelle, Imitation
Umgang mit objektiven Belastungen
3) Vulnerabilitätsfaktoren:
•
•
•
spezifische Mehrfachbelastungen (z.B. zusätzliche Erkrankung, psychische
Stresssituation)
Mangel / Verlust an Ressourcen
objektive soziale Belastungen
64
4) Verlauf:
•
•
•
•
•
EINE Episode = selten
meist rezidivierender Verlauf
oft chronifiziert / therapieresistent / chronisch bipolar
Suizidmortalität
Komorbidität / Multimorbidität (oft Angststörung, Sucht, Alkoholmissbrauch
dabei)
Ö sehr viele, sehr unterschiedliche Faktoren beeinflussen Entstehung,
Verlauf und Prognose einer Depression!
5) Was beeinflusst eine akute Depression und den Verlauf?
•
•
•
•
•
•
•
bisheriger Verlauf
ausreichende antidepressive Medikation (Akut-, Erhaltungstherapie)
Reziditivprophylaxe
Besserung objektiver Belastungsfaktoren
stabiles Beziehungssystem (Familie, Partner)
Umgang mit Lebensereignissen
Komorbidität (somatisch, Sucht-, Angst-, Persönlichkeitsstörung)
LIFE-CHART METHODE:
= Möglichkeit, den Verlauf der Krankheit grafisch darzustellen
Einsatz von
Medikamenten
MANIE
schwer
Schwere
mittel
leicht
Dauer in
Jahren
leicht
Schwere
mittel
schwer
DEPRESSION
Life-Events
Kommentare
65
Zum Abschluss bringt Thau noch eine Folie über den Komponisten Robert
Schumann, die den Zusammenhang zwischen seiner MDK und seinen Werken zeigt:
•
•
•
•
Schumann hatte 1840 und1849 hypomanische Phasen-> sehr viele Werke
entstanden in diesen Jahren
1844 hatte Schumann eine schwere depressive Phase -> kein einziges Werk
entsteht
Schumann beschrieb seine Krankheit ziemlich genau in seinen Tagebüchern,
berichtet von Halluzinationen und Wahnideen.
1857 nach 2jährigem Aufenthalt in psychiatrischer Klinik verstorben.
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