Aufgaben zur speziellen Relativitätstheorie (pdf, 0

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LK Physik 12
Aufgaben zur Relativität
Richard Reindl
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1 Relativität
1 Newtonsche Mechanik in verschiedenen Bezugssystemen
1.1 Bezugssysteme, Ereignisse, Weltlinien
1.1.1. Zeichne in ein ct-x-Diagramm (1 cm =
b 1 LS auf beiden Achsen) die Weltlinie eines Lichtsignals, das zur Zeit t0 = 2 s vom Ort x0 = −9 · 108 m in positiver x-Richtung ausgesandt wird. Zeichne in das gleiche Diagramm die Weltlinien von zwei Raketen R1 und
R2 , die zur Zeit t = 0 an den Orten x1 = 5 LS und x2 = −2 LS mit den Geschwindigkeiten v1 = − 2c und v2 = 3c starten. Stelle die Gleichungen der drei Weltlinien auf.
Bestimme aus der Zeichnung und durch Rechnung die Koordinaten folgender Ereignisse:
E1 : R1 am Ort x = 0
E2 : R2 am Ort x = 0
E3 : Licht trifft R1
E4 : Licht trifft R2
E5 : R1 trifft R2
1.2 Die Galileitransformation
1.2.1. S ist ein Inertialsystem und S′ bewegt sich mit der Beschleunigung b parallel zur x-Achse
relativ zu S. Zur Zeit t = 0 sind die Ursprünge O und O′ der beiden Systeme am gleichen
Ort und die Relativgeschwindigkeit v von S′ bezüglich S ist null. In S hat ein Teilchen die
Ortskoordinate x, die Geschwindigkeit u (parallel zur x-Achse) und die Beschleunigung a.
Berechne x′ , u′ und a′ des Teilchens in S′ . Ist S′ ein Inertialsystem?
1.3 Das Brehmediagramm der Galileitransformation
1.3.1. Zeichne ein Brehmediagramm der Galileitransformation für v = 2c . Im Sytem S wird zur
Zeit t1 = 0 am Ort x1 = 4 LS ein Lichtsignal in beide Richtungen ausgesandt (u = ±c).
Im Sytem S′ wird zur Zeit t′2 = 2 s am Ort x′2 = −3 LS ein Lichtsignal in beide Richtungen
ausgesandt (u′ = ±c).
(a) Zeichne die Weltlinien der Lichtsignale ein und beweise allgemein
WLu=c ⊥ WLu=−c
und WLu′ =c ⊥ WLu′ =−c
(b) Beweise allgemein, dass die Weltlinie eines Lichtsignals in S (u = ±c) parallel zu einer
Winkelhalbierenden der x- und ct-Achse ist.
(c) Beweise allgemein, dass die Weltlinie eines Lichtsignals in S′ (u′ = ±c) parallel zu
einer Winkelhalbierenden der x- und ct′ -Achse ist.
(d) Welchen Winkel α schließen WLu=c und WLu′ =c miteinander ein?
1.3.2. Zeichne ein Brehmediagramm der Galileitransformation für v = 0,6 c. Zeichne die Menge
aller Ereignisse ein mit
(a) x = x′
(b) x = −x′
(c) t = 5 s
′
(d) x = 4 LS
(e) x = −3 LS
(f) x = 0
1.3.3. Zeichne ein Brehmediagramm der Galileitransformation für v = 0,8 c. Zeichne die Weltlinien durch das Ereignis E (3 LS 4 s)S′ mit den Geschwindigkeiten u = 2c und u′ = −0,6 c
ein. Welche Koordinaten hat E besüglich S?
2 Lichtausbreitung in verschiedenen Bezugssystemen
2.3 Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
2.3.1. Das Satelliten-Navigationssystem GPS (Global Positioning System) bestätigt täglich den
Satz von der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Wäre dieser Satz falsch, würde die Navigation mit GPS nicht funktionieren. Zum GPS-System gehören 24 Navstar-Satelliten,
ein Netz aus Boden-Kontrollstationen und der GPS-Empfänger des Benutzers. Die mit
Atomuhren ausgestatteten Kontrollstationen ermitteln über Laufzeitmessungen von Funksignalen die Positionen der Satelliten zur momentanen Zeit und übermitteln diese Daten
2
3 Relativität
an die Satelliten. Jeder Satellit sendet Datenpakete der Form (Xk |Yk |Zk |Tk ) aus, wobei Tk
die Zeit des Aussendens und Xk , Yk , Zk die Ortskoordinaten des Satelliten k❥ zur Zeit
Tk sind. Wenn der Empfänger über eine Atomuhr verfügt, kann aus der Empfangszeit tk
des Datenpakets die Signallaufzeit ∆tk = tk − Tk und damit die Entfernung rk = c ∆tk
berechnet werden. Der Empfänger liegt also auf einer Kugeloberfläche mit Radius r1 um
den Satelliten 1❥. Mit den Daten eines weiteren Satelliten 2❥ hat man eine zweite Kugeloberfläche. Der Empfänger liegt dann auf der Schnittmenge der beiden Kugelflächen
(Kreis). Mit einem dritten Satelliten 3❥ erhält man eine dritte Kugelfläche, deren Schnitt
mit dem Kreis zwei mögliche Aufenthaltsorte für den Empfänger liefert.
(a) Die Umlaufzeit der Navstar-Satelliten beträgt 11 h 58 min. Berechne die Höhe der
Satelliten über der Erdoberfläche. (MErde = 5,98 · 1024 kg, RErde = 6378,3 km)
(b) Erläutere anhand einer Skizze, warum man einen der beiden möglichen Aufenthaltsorte des Empfängers ausschließen kann.
(c) In der Praxis sind die GPS-Empfänger nicht mit einer Atomuhr, sonderm mit einer
Quarzuhr ausgestattet. Der Fehler der Quarzuhr sei δt, d.h. tQuarz = tAtom + δt. Da
man jetzt neben den Ortskoordinaten des Empfängers noch δt als weitere Unbekannte
hat, braucht man die Daten eines vierten Satelliten. Stelle vier Gleichungen auf, die
neben den übermittelten Daten die vier Unbekannten x, y, z und δt enthalten.
(d) Vier Navstar-Satelliten senden zur Zeit T = 0 folgende Daten aus, t ist die von der
Quarzuhr des Empfängers registrierte Ankunftszeit der Daten:
X
Y
Z
t
1
2
3
4
k
[in m]
801191
20044775
11505259
2306938
6642564
3995734
[in m] −4543782 −16819563
26166595
4613877
23010518
26166595
[in m]
[in s] 2,19816435 2,20251613 2,19196963 2,19612118
Berechne mit einem CAS die Ortskoordinaten des Empfängers und δt.
(e) Wir nehmen jetzt an, dass die Erde eine Kugel ist. Die z-Achse unseres Koordinatensystems zeigt vom Süd- zum Nordpol, der Erdmittelpunkt ist der Ursprung. Der
Nullmeridian durch Greenwich trifft den Äquator in P, OP bestimmt die x-Achse.
Die y-Achse ergibt sich dann aus der Tatsache, dass x-y-z ein Rechtssystem bildet.
Berechne die geografische Länge und Breite des Empfängers und seine Höhe über
NN. Suche in der topografischen Karte Bayerns, an welchem markanten Ort sich der
Empfänger befindet.
3 Relativistische Kinematik
3.1 Das relativistische Brehmediagramm
3.1.1. Wie groß kann im relativistischen Brehmediagramm die Relativgeschwindigkeit v der beiden Systeme höchstens sein? Zeichne das Diagramm für diese maximale Geschwindigkeit.
3.1.2. Zeichne ein Brehmediagramm für v = 0,5 c. Zeichne die Menge aller Ereignisse ein mit
(a) x = x′
(e) x = 5 LS
(b) t = t′
(f) x′ = −3 LS
(c) t = 6 s
(g) x = 0
(d) t′ = 6 s
(h) x′ = 0
Zeichne weiter folgende Weltlinien ein:
(i) WL eines Körpers mit x = 3 LS zur Zeit t = 0 und u =
c
3
(j) WL eines Körpers mit x′ = 0 zur Zeit t′ = −2 s und u′ = −0,8 c
(k) WL eines Lichtsignals in beide Richtungen mit Start bei x = 3 LS zur Zeit t′ = 4 s
3
3 Relativität
3.2 Die Zeitdilatation
3.2.1. Die im Inertialsystem S ruhenden Punkte A und B haben in S die Entfernung s. Eine Uhr
U bewegt sich mit der Geschwindigkeit v relativ zu S von A nach B. Zwei synchronisierte
Uhren in A und in B messen für diese Bewegung die Dauer ∆t, die Uhr U, die beim Start
mit der Uhr in A synchronisiert wurde, ermittelt die Bewegungszeit ∆t′ . Bei der Ankunft
in B geht U gegen die Uhr in B um δt = ∆t − ∆t′ nach.
v
(a) Drücke ∆t, ∆t′ und δt durch s und β = aus.
c
δt
näherungsweise für v ≪ c.
(b) Berechne δt und δrel =
∆t
(c) Für Geschwindigkeiten sehr nahe an der Lichtgeschwindigkeit schreiben wir v =
(1 − α) c mit α ≪ 1. Entwickle für diesen Fall eine Näherungsformel für ∆t′ in
Abhängigkeit von s und α.
(d) Berechne ∆t, ∆t′ , δt und δrel für
km
).
h
ii. einen Flug mit dreifacher Schallgeschwindigkeit über 1000 km.
i. eine Autofahrt von Garmisch nach München (v = 100
iii. eine Ameise, die von Mittenwald nach Garmisch krabbelt (v = 5
mm
, s = 18 km).
s
∆t′
für
∆t
i. einen Flug von der Erde zu unserem Nachbarstern Alpha Centauri (s = 4 LJ)
mit v = 0,8 c.
(e) Berechne ∆t, ∆t′ und
ii. ein Proton, das mit v = 0,999 999 999 999 999 999 c von einem s = 109 LJ entfernten Quasar zur Erde fliegt.
(f) Mit welcher Geschwindigkeit wurde eine Atomuhr über eine 4500 km lange Strecke
transportiert, wenn sie nach der Ankunft um 0,50 ns nachgeht?
(g) Freie Neutronen haben die mittlere Lebensdauer τ = 10,6 min. Mit welcher Geschwindigkeit fliegt ein Neutron von einer s = 105 LJ entfernten Supernova zur Erde, wenn
im System des Neutrons dazu gerade die Zeit τ vergeht?
3.3 Eigenzeit und Zwillingsparadoxon
3.3.1. Ein Raumschiff beschleunigt, von einem Inertialsystem S aus gesehen, nach dem Gesetz
v(t) = c·sin ωt im S-Zeitintervall [0 ; t1 ] von v0 = 0 auf v1 = 2c . Danach fliegt das Raumschiff
mit konstanter Geschwindigkeit im S-Zeitintervall [t1 ; 2 t1 ] und bremst dann symmetrisch
zum Beschleunigungsvorgang wieder ab, bis es zur S-Zeit t3 = 3 t1 wieder zur Ruhe kommt.
(a) Berechne t1 und die im Raumschiff gemessene Eigenzeit τ1 des Beschleunigungsvorgangs. Wie groß ist τt11 ?
(b) Drücke den gesamten vom Raumschiff zurückgelegten Weg s und die im Raumschiff
gemessene Flugdauer τ3 durch ω aus.
(c) Berechne t3 und τ3 für einen Flug von der Erde nach Alpha-Centauri (s = 4 LJ). Wie
groß ist die Anfangsbeschleunigung des Raumschiffs bei diesem Flug?
3.3.2. 1971 wiesen Hafele und Keating die Zeitdilatation zum ersten Mal mit makroskopischen Uhren nach. Mit vier Atomuhren an Bord einer Verkehrsmaschine flogen die beiden
Wissenschaftler einmal in östlicher und einmal in westlicher Richtung rund um die Erde.
Geschwindigkeit und Flughöhe der Maschine wurden dabei von Radarstationen genauestens vermessen.
Da die Erde wegen der täglichen Rotation kein Inertialsystem ist, kann die Zeitdilatationsformel nicht zur direkten Umrechnung von Erd- in Flugzeugzeiten verwendet werden. In
4
3 Relativität
der Zeit einer Erdumdrehung (ein Tag) kann die Bahn der Erde um die Sonne näherungsweise als geradlinig betrachtet werden, d.h. ein nichtrotierendes, relativ zum Erdmittelpunkt ruhendes System S0 kann in guter Näherung als Inertialsystem angesehen werden.
Wir verwenden folgende Begriffe für die Zeit einer Erdumrundung des Flugzeugs:
t0
t
t′
:
:
:
Zeit einer Erdumrundung, von S0 aus gesehen
Zeit einer Erdumrundung, von der Erdoberfläche (Flughafen) aus gesehen
Zeit einer Erdumrundung, vom Flugzeug aus gesehen (Bordzeit)
Neben der Zeitdilatation (Geschwindigkeitseffekt) muss noch der Gravitationseffekt
berücksichtigt werden, der eine Folge der allgemeinen Relativitätstheorie (Einstein, 1916)
ist. Für kleine Höhen H, für die der Ortsfaktor praktisch konstant bleibt, gilt:
Vergeht am Boden die Zeit tB , dann zeigt eine Uhr in der Höhe H die Zeitspanne
gH
tH = tB · 1 + 2
c
an. Im stärkeren Gravitationsfeld gehen Uhren also langsamer.
(a) Berechne δ = t′ − t für einen Ost- und einen Westflug am Äquator. Die Geschwindigkeit des Flugzeugs relativ zur Erdoberfläche ist v = 800 km
h , die Flughöhe 10 km.
(b) Ein Rennwagen fährt mit v = 300 km
h von einem Ort am Äquator aus einmal 100 km
nach Osten, einmal 100 km nach Westen, einmal 100 km nach Norden und einmal
100 km nach Süden. Berechne jeweils die Abweichung der Bordzeit von der mit erdgebundenen Uhren gestoppten Zeit. Wie groß ist die Summe der Abweichungen (Rundreise)?
3.4 Die Lorentzkontraktion
3.4.1. Eine Rakete (System S’) fliegt mit der konstanten Geschwindigkeit v in der Zeit ∆t an
einer Messstrecke (System S) der Eigenlänge ∆x vorbei, d.h. v = ∆x
∆t . Von S’ aus gesehen
rast die Messstrecke der Länge ∆x′ in der Zeit ∆τ = ∆t′ an der Rakete vorbei, und zwar
′
∆x′
mit der Geschwindigkeit v ′ = ∆x
∆t′ = ∆τ . Ein Passagier der Rakete legt in seiner Eigenzeit
∆τ in S die Strecke ∆x zurück, d.h. er bewegt sich in S mit der effektiven Geschwindigkeit
(Eigengeschwindigkeit) w = ∆x
∆τ .
Drücke v ′ und w durch β = vc aus und zeichne den Grafen von w(β) mit den Einheiten
β = 1=
b 4 cm und c =
b 2 cm. Für welches β ist w = c? Berechne w und v für eine Rakete,
die in der Eigenzeit ∆τ = 1 Woche von der Erde zum Andromedanebel (∆x = 2,2 · 106 LJ)
fliegt.
3.5 Der Dopplereffekt
3.5.1. Nebenstehende Abbildung zeigt das Fernrohrbild einer Galaxie, Bickrichtung auf deren
Schmalseite. Durch die Beobachtung einer Supernova in dieser Galaxie konnte ihre Entfernung zu r = 5,0 · 107 LJ bestimmt werden. Die
R
A
B
Randpunkte A und B der Galaxie erscheinen von der Erde aus unter dem Blickwinkel ϕ =
0,1375◦ . Das Licht von der Mitte der Galaxie zeigt die Rotverschiebung z0 = ∆λ
λ = 0,0035,
die Rotverschiebungen an den Rändern der Galaxie sind zA = 0,0012 und zB = 0,0058.
(a) Berechne den Radius R der Galaxie.
(b) Mit welcher Geschwindigkeit v0 bewegt sich der Mittelpunkt der Galaxie von uns
fort? Mit welcher Geschwindigkeit v rotiert der Rand der Galaxie relativ zu ihrem
5
3 Relativität
Mittelpunkt? Welcher Randpunkt bewegt sich dabei vom Mittelpunkt aus gesehen
auf die Erde zu?
(c) Um welchen Faktor ist die tatsächliche Masse M der Galaxie größer als die Masse
M0 = 2·1011 M⊙ der Sterne in der Galaxie? Diese nicht sichtbare Masse wird dunkle
Materie genannt. Die Natur der dunklen Materie ist Gegenstand der aktuellen Forschung.
3.5.2. Auf dem Planeten Relativistica bewegt sich das Licht nur mit der sehr kleinen Geschwindigkeit c∗ = 100 ms . Ein Autofahrer auf Relativistica soll Bußgeld zahlen, weil er eine Ampel
bei Rot (f = 4,40 · 1014 Hz) überfahren hat. Der Fahrer behauptet aber, dass die Ampel
Grün (f ′ = 5,65 · 1014 Hz) gezeigt hat. Auf diese Behauptung hin ändert der Polizist den
Bußgeldbescheid auf überhöhte Geschwindigkeit“ (auch auf Relativistica gilt 50 km
h in ge”
schlossenen Ortschaften). Wie schnell war der Autofahrer unterwegs? Wie schnell wäre er
bei gleichem Sachverhalt auf der Erde gefahren?
3.5.3. Ein Astronom beobachtet mit einem Superteleskop eine Uhr im Weltall. Während sich
der Sekundenzeiger dieser Uhr einmal voll dreht, sind für den Astronomen genau 30 s
vergangen. Welchen Betrag und welche Richtung hat die Geschwindigkeit der Uhr relativ
zum Beobachter?
3.5.4. Kurze Radarimpulse werden im zeitlichen Abstand ∆t = 1,00 s von der Erde zu einem
Raumschiff gesandt, dort reflektiert und am Ort des Senders wieder empfangen. Welche
Geschwindigkeit v hat das Raumschiff, wenn die Empfangsintervalle ∆t′ = 2,00 s betragen?
Wie groß wäre ∆t′ für v = −0,6 c?
3.5.5. Zwei kurze Radarimpulse werden im zeitlichen Abstand ∆t = 1,00 s auf ein fahrendes
Auto geschickt und dort reflektiert. Die Laufzeiten der Impulse (hin und zurück) werden
mit einem Oszilloskop zu τ1 = 3,00 · 10−7 s und τ2 = 5,00 · 10−7 s bestimmt. Welche
Geschwindigkeit v hat das Auto? Wie groß wäre τ2 bei gleichem τ1 , wenn das Auto in
entgegengesetzter Richtung, aber mit gleichem Geschwindigkeitsbetrag fahren würde?
3.5.6. Ein Radarstrahl mit der Wellenlänge λ = 0,500 cm wird von hinten auf ein fahrendes Auto geschickt. Der reflektierte Strahl wird am Ort des Senders empfangen, verstärkt und
mit der Schwingung des Senders überlagert. Dabei entsteht eine Schwebung im Tonfrequenzbereich mit der Schwebungsfrequenz f = 14400 Hz. Berechne zuerst allgemein und
dann für die angegebenen Daten die Geschwindigkeit v des Autos. Auch für die allgemeine
Rechnung darf β ≪ 1 angenommen werden.
3.6 Die Lorentztransformation
3.6.1. Berechne die fehlenden Koordinaten folgender Ereignisse, die Relativgeschwindigkeit der
Systeme ist v = 0,8 c:
E1 :
E3 :
x = −3 LS,
x = 4 LS,
t = 4 s;
t′ = 2 s;
3.6.2. Aberration des Sternenlichts
6
E2 :
E4 :
x′ = 4 LS,
t = −2 s,
t′ = −2 s
t′ = 3 s
4 Relativität
Ein Lichtteilchen bewegt sich mit der Geschwindigkeit ~c entlang der y-Achse des Inertialsystems
S von einem Stern in Richtung Erde. Zwei zum
Lichtteilchen gehörende Ereignisse sind
E1 ( x = 0 | y = y1 | t = 0) und
E2 ( x = 0 | y = y2 | t = t2 ).
Die Erde (System S’) bewegt sich mit der Geschwindigkeit ~v parallel zur x-Achse von S. Die
Geschwindigkeit des Lichtteilchens in S’ sei ~c ′ .
y
y′
Stern
E1
~
v
~c
E2
x′
Erde
x
(a) Berechne den Winkel ϕ, den ~c ′ mit der y ′ -Achse einschließt.
(b) Beweise, dass |~c ′ | = c gilt.
(c) Wie groß ist ϕ, wenn v aus der Bewegung der Erde um die Sonne resultiert; der
Radius der Erdbahn ist 1,5 · 1011 m.
3.7 Das Additionstheorem für Geschwindigkeiten
3.7.1. Zwei Raumschiffe fliegen mit den Geschwindigkeitsbeträgen 0,8 c und 0,7 c einmal in gleicher und einmal in entgegengesetzter Richtung an der Erde vorbei. Mit welchem Geschwindigkeitsbetrag entfernen sich die beiden Raumschiffe voneinander?
3.7.2. Ein Flugzeug mit der Geschwindigkeit v = 2160 km
h relativ zur Erde feuert in Flugrichtung
eine Rakete ab, die sich relativ zum Flugzeug mit der Geschwindigkeit u = v bewegt. Wie
groß ist der relative Fehler δ, wenn die Raketengeschwindigkeit relativ zur Erde mit 2 v
angegeben wird? Für welche v ist δ > 1 % ?
3.7.3. S0 , S1 und S2 sind Inertialsysteme, S1 bewegt sich mit der konstanten Geschwindigkeit v
relativ zu S0 und S2 bewegt sich in der gleichen Richtung mit der konstanten Geschwindigkeit u relativ zu S1 . Die Relativgeschwindigkeit von S2 zu S0 sei w. Beweise, dass aus
|v| ≦ c und |u| ≦ c auch |w| ≦ c folgt.
3.7.4. Ein Raumschiff beschleunigt im Inertialsystem S0 von 0 auf 2c und ruht dann im Inertialsystem S1 . Dann beschleunigt das Raumschiff relativ zu S1 wieder auf 2c und ruht jetzt in
S2 . Dieser Beschleunigungsvorgang auf 2c relativ zum momentanen Ruhsystem wird noch
beliebig oft wiederholt. Die Relativgeschwindigkeit des Raumschiffs zu S0 nach dem n-ten
Beschleunigungsvorgang bezeichnen wir mit vn = βn c. Berechne βn bis n = 5 und versuche eine allgemeine Formel für βn zu finden. Zeige dann, dass βn < 1 für alle n gilt, die
Lichtgeschwindigkeit also nie erreicht werden kann.
Hinweis: Drücke βn+1 durch βn aus, schreibe βn in der Form βn =
yn ∈ N. Was ist yn − xn ? Wie berechnet sich xn+1 aus xn ?
xn
yn
mit xn ∈ N und
3.8 Die Transformation der Beschleunigung
3.9 Das Linienelement
4 Relativistische Dynamik
4.1 Die relativistische Masse
4.1.1. Stelle dir vor, du wirst in einen großen Beschleuniger am CERN eingeschossen. Welche
dynamische Masse hättest du bei der Endgeschwindigkeit v = 0,9994 c und der Masse
m = 70 kg? Würdest du dich schwerer fühlen? Beantworte diese Frage auch für den Fall,
dass der Beschleuniger, weit weg von allen Sternen, frei im Weltall schwebt.
7
4 Relativität
4.2 Die relativistische Kraft
4.2.1. (a) Ein Elektron, das zur Zeit t = 0 ruht, wird von einem homogenen elektrischen Feld
E beschleunigt. Berechne zuerst den Impuls p(t) und dann die Geschwindigkeit v(t)
des Elektrons. Berechne lim v(t). Skizziere v(t).
t→∞
(b) Drücke die zum Erreichen von v benötigte Zeit t durch β = vc aus. Wie lautet der
entsprechende nichtrelativistische Ausdruck für t? Zeige, dass der relativistische Ausdruck für β ≪ 1 in den nichtrelativistischen übergeht. Berechne trel und tnichtrel
speziell für β = 0,99, β = 0,5 und β = 10−6 .
4.2.2. Ein Strahl von Teilchen mit der Ladung q = +e durchläuft zunächst ein Wienfilter (E =
V
, B = 4,00 · 10−3 T) und tritt dann in einen Raumbereich ein, in dem nur
7,00 · 105 m
noch das Magnetfeld herrscht. Hier beschreibt der Teilchenstrahl eine Kreisbahn mit dem
Radius r = 30,6 cm. Um welche Teilchensorte handelt es sich?
4.2.3. Ein Teilchen mit der Ladung q = +e und der Geschwindigkeit v = 0,999 999 8517 c beschreibt in einem homogenen Magnetfeld mit der Kraftflussdichte B = 2,00 T eine Kreisbahn mit dem Radius r = 1,566 m. Zwei Physiker, von denen aber nur einer richtig rechnet,
bestimmen die Art des Teilchens und die von ihm durchlaufene Beschleunigungsspannung
U . Der andere Physiker wendet, wohl infolge einer durchzechten Nacht, die Newtonsche
Mechanik an. Zu welchen Ergebnissen gelangen die beiden Wissenschaftler?
4.3 Die Äquivalenz von Masse und Energie
4.3.1. (a) Zeige, dass der relativistische Ausdruck für die kinetische Energie für kleine Geschwindigkeiten näherungsweise in die klassische (nichtrelativistische) Formel übergeht.
(b) Zeige, dass man die relativistische Formel für die kinetische Energie nicht erhält,
wenn man einfach in der nichtrelativistischen Formel m durch γm ersetzt.
4.3.2. Was ist mehr wert, 1 g Gold oder 1 g elektrischer Energie? Den Goldpreis und den Strompreis findet man sicher im Internet.
4.3.3. Ein Eisenwürfel der Kantenlänge 10 cm wird von ϑ1 = 20 ◦ C auf ϑ2 = 300 ◦ C erwärmt.
Berechne die absolute und relative Massenzunahme.
4.3.4. Um wieviel Prozent ist Wasser der Temperatur 0 ◦ C schwerer als Eis der Temperatur 0 ◦ C?
4.3.5. Mit welcher Geschwindigkeit muss sich ein Körper bewegen, damit seine kinetische Energie
gleich seiner Ruhenergie ist?
4.3.6. Zwei Atomkerne mit den Massen m stoßen mit den Geschwindigkeiten v1 = 0,6 c und
v2 = −0,6 c total unelastisch zusammen und bilden einen neuen Kern. Berechne die Masse
des neuen Kerns.
4.3.7. Beweise:
Ein Körper der Masse m und der kinetischen Energie Wk bewegt sich mit der
Geschwindigkeit v = β c mit
p
Wk (Wk + 2 m c2 )
β=
Wk + m c2
4.3.8. Zur Erinnerung:
1 eV = e · 1 V
(a) Die Masse des Elektrons ist me = 9,10938 · 10−31 kg. Berechne die Ruhenergie des
Elektrons in MeV.
(b) Die Ruhenergie des Protons ist Wp = 938,27 MeV. Berechne die Masse des Protons.
8
4 Relativität
4.3.9. In vielen Büchern findet man folgende Faustregel:
Bis zu v = 0,1 c darf klassisch gerechnet werden.
(a) Berechne den relativen Fehler der kinetischen Energie, wenn für v = 0,1 c klassisch
gerechnet wird.
(b) Bis zu welcher Beschleunigungsspannung U darf nach unserer Faustregel für Elektronen bzw. Protonen klassisch gerechnet werden?
4.3.10. Ein anfänglich ruhendes Teilchen der Ruhmasse m und der Ladung q wird von der Spannung U beschleunigt.
(a) Berechne Formeln für die Endgeschwindigkeit des Teilchens einmal klassisch (nichtrelativistisch) und einmal relativistisch. Berechne im relativistischen Fall auch das
W
.
Verhältnis W
0
W
(b) Berechne vkl , vrel und W
für ein Elektron und für ein Proton, einmal für U = 2500 V
0
und einmal für U = 5,000 · 106 V. Wie groß ist jeweils der relative Fehler der nichtrelativistischen Rechnung?
4.3.11. Die Erdoberfläche trägt die Ladung Q = 5,77·105 C. Von der Oberfläche bis zur Ionosphäre
in ungefähr 60 km Höhe herrscht ein fast homogenes elektrisches Feld. Berechne die Masse
dieses Feldes.
4.3.12. (a) Berechne den Lorentzfaktor γ = √
1
1−β 2
für ein Proton mit W = 400 GeV (Super-
protonensynchrotron am CERN) und für ein Elektron mit W = 21 GeV (Linearbeschleuniger in Stanford, USA). Wie groß ist β in beiden Fällen?
(b) In welcher Eigenzeit legt ein Elektron mit der Energie 1 J die Strecke vom Quasar
3C 48 bis zur Erde (4,8 · 109 LJ) zurück? Welche Energie müsste man aufbringen, um
ein 100 t schweres Raumschiff in der gleichen Eigenzeit zu diesem Quasar zu schicken?
4.3.13. Um die Schwierigkeiten im Umgang mit beschleunigten Ladungen zu veranschaulichen,
denken wir uns ein Proton, das für t < 0 am Ort P( 0 | 0 ) ruht, dann fast augenblicklich
nach Q( 3 m | 0 ) bewegt wird und für t > 0 in Q wieder ruht. Zeichne die Feldlinien des
Protonenfeldes in vier getrennten Bildern zu den Zeiten t1 = 0 ns, t2 = 10 ns, t3 = 20 ns
und t4 = 1 s (1 m =
b 1 cm).
4.3.14. 1991 entdeckte der Fly’s Eye detector“ in Utha, U.S.A., einen Schauer von hochenergeti”
schen Teilchen, die von einem ursprünglichen Teilchen mit der enormen Energie W = 51,2 J
erzeugt wurden. Die Identität des ursprünglichen Teilchens konnte nicht genau ermittelt
werden, aber es könnte ein Proton gewesen sein, was wir für die weiteren Rechnungen
annehmen. In welcher Eigenzeit hätte das Teilchen die Strecke s = 2 · 106 LJ von der
Andromeda-Galaxie zur Erde zurückgelegt? Um welchen Betrag weicht die Geschwindigkeit v des Teilchens von der Lichtgeschwindigkeit ab?
4.3.15. Ein Teilchen der Ladung q und der Masse m bewegt sich mit der Anfangsgeschwindigkeit
v(0) = 0 und dem Anfangsort x(0) = 0 im homogenen elektrischen Feld E.
mc
und die Ergeb(a) Berechne die Ortskoordinate x(t). Verwende die Abkürzung α =
eE
nisse der Aufgabe 4.2.1.
V
(b) Zeichne x(t) für ein Elektron im Feld E = 105 m
. Verwende die Einheiten α =
b 2 cm
auf der t-Achse und 1 m =
b 0,5 cm auf der x-Achse.
(c) Durch welche Funktion x(t) kann x(t) für t ≫ α angenähert werden? Zeichne x(t) in
das vorhandene Diagramm ein.
4.3.16. Ein überzeugter Antirelativist“ bringt folgendes Argument: Ein geladenes Teilchen be”
”
~ Das zunächst
wegt sich in einem äußeren elektrischen Feld E.
ruhende Teilchen verliert
9
4 Relativität
die potentielle Energie ∆Wpot und gewinnt die kinetische Energie ∆Wkin . Dabei gilt der
Energiesatz ∆Wkin + ∆Wpot = 0. Die Gesamtenergie des Teilchens ist dann
m c2
Wges = m c2 + ∆Wkin + ∆Wpot = m c2 6= γm c2 = p
,
1 − β2
was einen Widerspruch ergibt.“ Wo steckt der Fehler in dieser Argumentation?
4.3.17. Im LEP (Large Electron-Positron-Collider) am CERN, dem kreisförmigen Beschleuniger
mit einem Umfang von 26,7 km, durchlaufen Elektronen die Beschleunigungsspannung
U = 90,0 GV und erreichen dabei die Endgeschwindigkeit v = β c. Die Teilchen werden
durch ein Magnetfeld mit der Kraftflussdichte B auf ihre Bahn gezwungen.
(a) Drücke den Lorentzfaktor γ = √
1
1−β 2
durch U und me aus! Zahlenwert!
(b) Drücke B durch γ, den Bahnradius r und me aus und berechne dann den Zahlenwert!
4.4 Vierervektoren
4.4.1. Wir nehmen an, dass sich ein Teilchen der Masse m parallel zur x-Achse eines Inertialsystems S bewegt.
dU µ
und Vie(a) Untersuche den Zusammenhang zwischen Viererbeschleunigung Aµ =
dτ
rerkraft F µ .
(b) Berechne die Invarianten der Vierervektoren X µ , U µ , Aµ , P µ und F µ .
4.5 Energie-Impuls-Beziehungen
4.5.1. Beweise:
Gelten Energie- und Impulssatz in einem Inertialsystem S, dann gelten sie in
jedem Inertialsystem.
Energie und Impuls müssen in der Relativitätstheorie als Einheit betrachtet werden, was
ja auch durch den Energie-Impuls-Vierervektor schon deutlich zum Ausdruck kommt. Man
spricht also nicht mehr von der Energieerhaltung und der Impulserhaltung, sondern von
der Energie-Impuls-Erhaltung.
4.5.2. Ein Stoß heißt elastisch, wenn die Summe der kinetischen Energien der Teilchen vorher
gleich der Summe der kinetischen Energien der Teilchen nachher ist.
Beweise:
Ändern sich die Massen der Teilchen bei einem Stoß nicht, dann ist der Stoß
elastisch.
4.5.3. Ein Teilchen der Masse m hat im Inertialsystem S die Geschwindigkeit u = 0,6 c und in
′
S’ den Impuls p′ = 15
8 mc. Berechne die Teilchenenergien W und W in beiden Systemen,
den Impuls p in S, die Geschwindigkeit u′ in S’ und die Geschwindigkeit v, mit der sich S’
relativ zu S bewegt.
4.5.4. Welchen Impuls muß ein Teilchen haben, damit seine kinetische Energie das 1,6-fache
seiner Ruhenergie beträgt? Rechne einmal mit und einmal ohne Energie-Impuls-Relation.
4.5.5. Wir betrachten den zentralen, elastischen Stoß von zwei Teilchen mit den Massen m1 und
m2 . Die Geschwindigkeiten der Teilchen vor dem Stoß im Laborsystem L sind v1 und v2 .
Mit S bezeichnen wir das Schwerpunktsystem der beiden Teilchen.
(a) Berechne eine Formel für die Geschwindigkeit v von S relativ zu L.
(b) Welche Geschwindigkeiten V1 und V2 haben die Teilchen vor dem Stoß in S?
10
4 Relativität
(c) Schreibe den Energie- und Impulssatz in S hin und berechne die Geschwindigkeiten U1
und U2 der Teilchen nach dem Stoß in S. Wie erhält man daraus die Geschwindigkeiten
u1 und u2 der Teilchen nach dem Stoß in L?
(d) Stelle den Energie- und Impulssatz in L auf und versuche nach u1 und u2 aufzulösen.
Nach zehn Minuten aufgeben!!
(e) Jetzt sei konkret v1 = 0,8 c, v2 = 0, m2 = m und m1 = 1,8 m. Berechne wie in
den Teilaufgaben (a) bis (c) v, u1 und u2 . Zeige, dass tatsächlich der Energie- und
Impulssatz in L erfüllt ist.
(f) Berechne Formeln für u1 und u2 mit einem CAS und überprüfe die Ergebnisse von
Teilaufgabe (e).
4.5.6. Eine elektromagnetische Welle transportiert Energie und besitzt daher auch einen Impuls.
(a) Wir betrachten einen Teil einer elektromagnetischen Welle und nennen ihn ein Licht”
teilchen“ (Photon). Welche Masse muss ein Photon haben?
(b) Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Energie W und dem Impuls p eines
Photons?
(c) Welchen Rückstoß erfährt ein Gigawatt-Laser bzw. eine Taschenlampe?
(d) Trifft ein Teilchen auf sein Antiteilchen, dann zerstrahlen die beiden Teilchen in Photonen. Warum müssen dabei mindestens zwei Photonen entstehen? Betrachte den
Vorgang im Schwerpunktsystem!
(e) Bei der Photonenrakete wird Materie und Antimaterie im Brennpunkt eines Parabolspiegels zerstrahlt, die Photonen werden dadurch alle in die gleiche Richtung abgestrahlt. Welchen Schub erfährt eine Photonenrakete, die in einer Stunde 1 kg Masse
zerstrahlt?
(f) Wieviel Masse muss eine 1000 t schwere Photonenrakete pro Sekunde zerstrahlen, um
die Beschleunigung 1 g zu erhalten?
4.5.7. Eine ruhende Rakete der Masse M führt zusätzlich zu M noch Materie und Antimaterie,
jeweils der Masse m
2 , als Treibstoff mit. Nach dem Abbrennen des Treibstoffs hat sich
dieser vollständig in Licht (Gammastrahlung) der Energie Wγ verwandelt und die Rakete
hat die Geschwindigkeit v = β c erreicht.
(a) Beweise mit Hilfe des Energie- und Impulssatzes:
β=
k2 − 1
k2 + 1
mit k = 1 +
m
M
(b) Wieviel Treibstoff im Verhältnis zu M muss die Rakete mitführen, um 99,9 % der
Lichtgeschwindigkeit zu erreichen?
(c) Wie ändert sich das Ergebnis von Teilaufgabe (b), wenn man berücksichtigt, dass die
Rakete auch wieder auf v = 0 abbremsen muss?
4.6 Relativistisches Allerlei
4.6.1. Aktive Galaxien senden superschnelle Materieströme (Jets) ins All, die mehrere hundertausend Lichtjahre lang sein können. Beobachtet
werden diese Jets mit Radioteleskopen. Die Abbildung zeigt die Aufnahme einer Jetspitze im
0
0,1′′
0,2′′
0,3′′
ϕ
Abstand von genau einem Jahr, die Galaxis ist 1,0 · 107 LJ von der Erde entfernt. ϕ ist
der Beobachtungswinkel von der Erde aus. Ermittle die Geschwindigkeit der Jetspitze.
11
4 Relativität
Was kann an diesem Ergebnis nicht stimmen? Die Lösung des Problems liegt darin, dass
sich der Jet unter einem Winkel α zur Beobachtungsrichtung auf die Erde zu bewegt. In
welchem Bereich muss α liegen, damit es keinen Widerspruch zur Relativitätstheorie gibt?
4.6.2. Doppelsterne senden Gravitationswellen aus
Doppelsternsysteme, deren Komponenten normale Sterne, rote Riesen, weiße Zwerge, Neutronensterne oder schwarze Löcher sein können, senden gemäß der Einsteinschen Gravitationstheorie (allgemeine Relativitätstheorie) Gravitationswellen aus und verlieren dadurch
Energie. Die Bahnradien der Sterne werden dabei kleiner (Verlust an potentieller Energie),
die Bahngeschwindigkeiten nehmen zu (Gewinn an kinetischer Energie). Insgesamt nimmt
also die Umlaufdauer des Systems mit der Zeit ab.
1993 wurde an den Astronomen Joseph Taylor und den Physiker Russel Hulse der
Physiknobelpreis verliehen. Sie untersuchten ab 1974 ein System aus zwei Neutronensternen (PSR 1913+16), von denen einer ein Pulsar ist. Pulsare sind schnell rotierende
Neutronensterne, die infolge ihres starken Magnetfeldes Radiostrahlung in Richtung der
Magnetfeldachse aussenden. Ist die magnetische Achse nicht parallel zur Rotationsachse,
dann überstreicht der Radiostrahl wie das Licht eines Leuchtturms ein gewisses Raumgebiet. Befindet sich die Erde in diesem Gebiet, erscheint der Neutronenstern als Pulsar mit
einem periodischen Aufblitzen der Radiostrahlung. Die Eigenrotation des Pulsars liegt im
Millisekundenbereich (Pulsperiode τ ), die Umlaufdauer T des Sterns um den Schwerpunkt
im Stundenbereich. Der Dopplereffekt verursacht ein Schwanken der Pulsperiode um einen
Mittelwert. Durch eine genaue Analyse der Pulsperiode τ (t) über einen längeren Zeitraum
konnten Taylor und Hulse neben T auch die Umlaufgeschwindigkeiten, die Massen und
die Bahndaten der beiden Sterne ermitteln (Keplergesetze). Erschwerend kam hinzu, dass
die Bahnen Ellipsen und keine Kreise sind, dass wir von der Erde aus schräg auf die Bahnebene blicken, dass die Laufzeiten der Signale durch die Gravitationsfelder der Sterne
verfälcht werden usw. Schließlich konnten sie zeigen, dass die aus den Bahndaten mit Hilfe
der Einsteinschen Theorie berechnete Abnahme von T (t) genau den gemessenen Werten
entspricht.
Wir betrachten jetzt ein einfacheres System:
Zwei Neutronensterne der gleichen Masse m,
von denen einer ein Pulsar ist, umrunden ihren gemeinsamen Schwerpunkt auf Kreisbahnen
mit dem Radius r, die Bahngeschwindigkeit der
Sterne ist v = β c. Weiter nehmen wir an, dass
die Erde in der Bahnebene des Systems liegt und
5000 LJ vom System entfernt ist.
r
zur Erde
(a) Berechne zunächst nichtrelativistisch (klassisch) den Radius rk der Bahn in Abhängigkeit von β. Berechne (auch klassisch) die freiwerdende Energie ∆Wk , wenn sich der
Bahnradius von rk1 auf rk2 verringert bzw. die Bahngeschwindigkeit von v1 = β1 c
auf v2 = β2 c erhöht. Wie hängt ∆Wkin mit ∆Wpot zusammen?
(b) Berechne jetzt relativistisch den Radius r der Bahn in Abhängigkeit von β. Berechne
dann die freiwerdende Energie ∆W , wenn die Bahngeschwindigkeit von v1 = β1 c auf
v2 = β2 c erhöht wird.
(c) Zeichne den Verlauf von r(β) und von rk (β) in ein Diagramm. Welcher grundsätzliche
Unterschied besteht also zwischen der klassischen und der relativistischen Sichtweise?
(d) Auf der Erde misst man zur Zeit t0 = 0 die maximale und minimale Pulsperiode
τmax = 0,0590299937 s und τmin = 0,05892171662 s sowie die Umlaufdauer T =
18377,0000 s. Berechne die Umlaufgeschwindigkeit v = β c und die Masse m eines
Sterns. Wie groß ist der Bahnradius r0 = r(0)?
12
4 Relativität
(e) Aus der allgemeinen Relativitätstheorie folgt für die Abnahme der Umlaufdauer T
mit der Zeit t die Differentialgleichung (G ist die Gravitationskonstante)
Ṫ =
α
dT
=− 5
dt
T3
mit
α=
1
384
8 5
5 3
·
2
π
G
(γm)
5 c2
Berechne näherungsweise die Änderung ∆t der Umlaufdauer nach einem Jahr. Löse
die Differentialgleichung nach der Umformung
5
T 3 dT = −α dt
durch Integration beider Gleichungsseiten und Anpassung der Integrationskonstanten
an den Anfangswert T (0) = T0 . Wie groß ist die Lebensdauer tmax des Doppelsternsystems, wenn für sein Ende T = 0 angenommen wird?
(f) Beweise für unser System das dritte Keplersche Gesetz
Gγ m
r3
=
2
T
16 π 2
Leite dann für β ≪ 1 die Gleichung
ṙ =
dr
( G3 (γm)3 )
=−
dt
5 c5 r 3
her und berechne näherungsweise die Verringerung ∆r des Bahnradiuses in einem
Jahr.
(g) Berechne mit der klassischen Näherung aus Teilaufgabe (a) die durch Gravitationswellen abgestrahlte Leistung des Doppelsterns. Wie groß ist die Intensität der Gravitationswellen am Ort der Erde?
(h) Die Neutronensterne unseres Systems haben den Radius R = 10 km, d.h. wenn r den
Wert r1 = r(t1 ) = R erreicht, wird das System zerstört. Beweise die Gleichung
β 4 − β 6 = k2
mit k =
Gm
4 c2 r
und berechne numerisch β1 = β(t1 ) unmittelbar vor dem Zusammenstoß. Wie groß
sind die Gesamtenergie W1 und die Umlaufdauer T1 des Systems beim Zusammenstoß
und wann findet er ungefähr statt?
Literatur zum Thema: H. C. Ohanion, R. Ruffini, Gravitation and Spacetime, W. W. Norton &
Company, 1994, S. 262
Hubert Gönner, Einführung in die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1996, S. 343
K. H. Lotze, ein Doppelstern sendet Gravitationswellen aus, in MNU 48/6,
1995, S. 327
4.6.3. Teilchenerzeugung
Im Laborsystem S stößt ein Teilchen der Masse m auf ein ruhendes Teilchen mit der gleichen Masse
m. Nach dem Stoß ist ein weiteres
Teilchen mit der Masse M vorhanden. Im Schwerpunktsystem S’ haben die Teilchen vor dem Stoß die
Geschwindigkeiten u′1 und u′2 . Die
Relativgeschwindigkeit von S’ zu S
S’
S
m
m
u
m
u′2
u′1
m
vorher
u2 = 0
m
M
m
m
M
m
nachher
u
(alle drei Teilchen)
13
alle Teilchen ruhend
4 Relativität
sei v. Weiter verwenden wir die Bezeichnungen β =
Wk
Wk′
W
W′
:
:
:
:
1
v
und γ = p
.
c
1 − β2
kinetische Energie des bewegten Teilchens in S vor dem Stoß
kinetische Energie eines Teilchens in S’ vor dem Stoß
Gesamtenergie in S
Gesamtenergie in S’
(a) Beweise:
(b) Beweise:
u′1 = v und u′2 = −v.
Die Masse M des erzeugten Teilchens ist dann maximal, wenn alle drei
Teilchen nach dem Stoß in S’ ruhen.
Für das Weitere nehmen wir an, dass M maximal ist, d.h. alle drei Teilchen ruhen
nach dem Stoß in S’.
M
Wk
+1
und γ 2 =
(c) Beweise:
W = γW ′ , γ = 1 +
2m
2mc2
√
M
Wk
= 1 + α − 1 mit α =
.
2m
2mc2
Wie vereinfacht sich diese Beziehung für Wk ≫ mc2 ?
(d) Beweise:
(e) Elementarteilchen werden meist paarweise erzeugt (Teilchen und Antiteilchen). Welche maximale Masse M kann ein Teilchen eines Paares haben, das durch ProtonProton-Stöße erzeugt wird mit
Wk = 6,4 GeV (Bevatron in Berkley, 1954)
Wk = 900 GeV (Tevatron am Fermilab, 80-er-Jahre)
Wk = 7 TeV
(LHC, Large-Hadron-Collider, CERN, ca. 2005, 27 km Umfang).
Wie stark muss das Magnetfeld im LHC sein?
(f) Drücke Wk durch M und m aus. Wie groß muss Wk sein, um durch einen ProtonProton-Stoß
i. ein Proton-Antiproton-Paar
ii. ein Paar von Higgsteilchen (M c2 ≈ 500 GeV)
zu erzeugen?
(g) Die Kosten eines Ringbeschleunigers sind ungefähr zu seinem Umfang proportional
(supraleitende Magnetspulen). Man kann die Teilchen eines Beschleunigers auf ruhende Teilchen schießen (Typ 1, Festtarget) oder die Strahlen von zwei Beschleunigern
(einer als Speicherring) frontal aufeinander prallen lassen (Typ 2, Collider). Berechne
das Verhältnis der Kosten der beiden Typen in Abhängigkeit von M und m. Es darf
vorausgesetzt werden, dass Wk ≫ mc2 . Wie groß ist dieses Verhältnis speziell für die
Erzeugung von Higgsteilchen? Wie groß wäre der Radius eines Festtargetbeschleunigers mit der gleichen Schwerpunktsenergie wie beim LHC?
4.6.4. Sternzusammenstoß
Zwei Sterne mit den Massen m1 = 3,3 · 1030 kg und m2 = 2,6 · 1030 kg stoßen mit den
Geschwindigkeiten v1 = 0,8 c und v2 = −0,6 c zusammen und bilden einen neuen Stern.
(a) Berechne die Geschwindigkeit V und die Masse M des neuen Sterns.
(b) Wie groß ist die gesamte kinetische Energie des Systems vor und nach dem Zusammenstoß?
(c) Wir nehmen an, dass die Sterne vor dem Zusammenstoß die gleiche Temperatur haben
und die Zunahme der Masse nur auf einer Temperaturerhöhung beruht. Wie groß ist
diese Temperaturerhöhung, wenn die spezifische Wärmekapazität der Sternmaterie
kJ
beträgt? Was wird in Wirklichkeit beim Zusammenstoß der Sterne
cw = 25 kg·K
geschehen?
14
4 Relativität
4.6.5. Relativistisches Perpetuum mobile
Ein geladenes Teilchen der Masse m wird
mit einer sehr kleinen Geschwindigkeit v
von der Erdoberfläche (Lage 1❥) auf die
Höhe h transportiert (Lage 2❥ ). Dort
wird das Teilchen von einem Beschleuniger auf die Energie W3 = γmc2 gebracht,
von einem Magnetfeld in Richtung Erdoberfläche umgelenkt und am Boden in einem Target (Bremsmaterial) auf v = 0 abgebremst. Dann beginnt der Kreislauf von
neuem. Pro Kreislauf wird in das Teilchen
die Energie
2❥
Beschleuniger
3❥
Magnetfeld
v≪c
h
Bremsmaterial
1❥
4❥
Erdoberfläche
Win = mgh + γmc2 − mc2
{z
}
|
vomBeschleuniger
gesteckt. Im Target wird pro Kreislauf die Energie
Wout = γmc2 + γmgh − mc2
freigesetzt. Pro Kreislauf wird also die Energie
∆W = Wout − Win = (γ − 1)mgh
gewonnen. Dabei haben wir angenommen, dass sich die relativistische Masse µ = γm von
3❥ nach 4❥ fast nicht vergrößert. Woher stammt ∆W ?
15
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