Coxiellose / Q-Fieber Coxiella burnetii ist nicht nur ein endemischer Aborterreger bei Wiederkäuern sondern kann auch verschiedene Haustiere (inkl. Hunde und Katzen) und den Menschen infizieren. Der Erregernachweis mit unserer akkreditierten realtime-PCR erlaubt eine eindeutige Diagnose und weist auf eine zunehmende Bedeutung dieses unterschätzten Tierseuchen- und Zoonose-Erregers hin. Erstmals bietet sich die Möglichkeit einer gezielten Bekämpfung. Der Erreger Coxiella burnetii ist ein sehr kleines (0,2 – 0,7 um), obligat intrazellulär lebendes Bakterium, welches viele Tierarten infizieren kann. Es ist nahe verwandt mit Rickettsien, Franzisellen und Legionellen. Wiederkäuer sind das Hauptreservoir dieser Bakterien. Neben Rind, Ziege und Schaf können sich auch Hund, Katze und der Mensch mit diesem gefährlichen Erreger infizieren. Bei Wiederkäuern kennen wir sie vor allem als Verursacher von Spätaborten. Mit den Lochien werden extrem hohe Mengen an Coxiellen ausgeschieden. Diese sind in der Umwelt sehr stabil gegen Hitze, Trockenheit und viele Desinfektionsmittel. Deshalb können sie im Kot oder im Boden lange überleben. Übertragung Coxiellen werden in Urin, Kot, Milch und mit den Lochien infizierter Tiere ausgeschieden. So können in den Kotyledonen infizierter Wiederkäuer Milliarden von Coxiellen pro Gramm vorliegen. Die Übertragung der Coxiellen erfolgt durch direkten Kontakt gesunder Tiere mit chronischen Ausscheidern und Abortmaterial. Humanmedizinisch spielt die Ausbreitung durch Aerosole eine herausragende Rolle. Durch den Wind können die Erreger mehrere Kilometer weit transportiert werden (siehe Ausbruch NL). Die Übertragung durch Lebensmittel und Vektoren wird heute für den Menschen kaum mehr diskutiert, ist aber bei den Haustieren von Bedeutung. Klinik Als Eintrittspforte in den Körper nutzen Coxiellen in erster Linie die Atemwege. In den Lungen werden die Erreger von Alveolarmakrophagen aufgenommen, wo sie sich intrazellulär vermehren. Mit den Makrophagen werden die Erreger dann im Körper verteilt. Die Inkubationszeit beträgt 2-3 Wochen. Viele Coxiella-Infektionen (60%) verlaufen asymptomatisch. Die Symptome der akuten Coxiellose sind wenig spezifisch. Die akute Coxiellose äussert sich Beim Menschen und vielen Tierarten durch hohes, langanhaltendes Fieber gefolgt von starken Kopf- und Gliederschmerzen. Weitere Symptome sind Husten und Erbrechen mit Bauchkrämpfen. Labordiagnostisch finden sich eine normale (!) Leukozytenzahl, eine Thrombozytopenie und erhöhte Leberwerte. In 2-5% der Fälle ist eine Spitaleinlieferung erforderlich. Bei der Hälfte der Patienten mit akuter Coxiellose tritt eine atypische Pneumonien oder seltener eine granulomatöse Hepatitis oder Meningitis auf. Die Coxiellose endet in 1-2% der Fälle tödlich für den Patienten. Coxiella-Infektionen können sowohl beim Menschen als auch beim Tier chronisch und persistent verlaufen. Beim Menschen ist die Endokarditis eine gefürchtete Folge einer chronischen Coxiellose. Chronisch Infizierte scheiden die Coxiellen in Harn und Kot aus. Die ansonsten symptomarmen persistenten Infektionen können bei geschwächter Immunabwehr und am Ende einer Trächtigkeit/Schwangerschaft zu einer Exazerbation führen und manifest werden oder im letzteren Falle einen Abort im letzten Trimester induzieren. Dies ist bei den Wiederkäuern die am häufigsten beobachtete Symptomatik. Eine nekrotisierende Plazentitis mit dunkel verfärbten Kotyledonen ist typisch. Epidemiologie Bedeutung in der Schweiz Ein bedeutender Q-Fieber Ausbruch wurde 1986 im Val de Bagnes (VS) gemeldet. Betroffen waren mehrere Personen eines Dorfes, wobei acht hospitalisiert werden mussten. Der Ausbruch wurde in Zusammenhang mit einem Alpabzug gesehen. Laut BAG kommen in der Schweiz jährlich mehrere Dutzend sporadische Fälle beim Menschen vor. Vom BVET wurde die Coxiellose im März 2009 von einer „zu bekämpfendenTierseuche“ auf „zu überwachende Tierseuche“ zurückgestuft. Es lagen relativ wenige Meldungen von Klinikern und Laboratorien vor. Die „disease awareness“ und die beschränkten diagnostischen Möglichkeiten mögen mit ein Grund gewesen sein, dass die Krankheit veterinärmedizinisch kaum mehr als gefährliche Seuche mit zoonotischem Potential wahrgenommen wurde. Aktuelle Zahlen über das Vorkommen von Coxiellose scheinen daher wenig genau zu sein. Auf Grund der wiederkehrenden positiven Befunde serologischer Abklärungen und Erregernachweise ist aber davon auszugehen, dass die Coxiellose in der Schweiz endemisch ist. Ausbrüche in Holland In 2007 wurden in Holland über die ersten Q-Fieber Ausbrüche bei Menschen berichtet. Plötzlich wurden vermehrte Fälle von Pneumonien und Hepatitiden beobachtet, bei welchen Coxiellose als wahrscheinliche Ursache in Frage kam. In einem kleinen Dorf wurden plötzlich 55 Q-Fieber Fälle gemeldet. Wahrscheinlicher Ursprung war ein Ziegenbetrieb. 24% der Einwohner des Dorfes machten offenbar eine Infektion durch (Serokonversion). Sehr trockenes und warmes Wetter haben eine Übertragung der Coxiellen über die Luft gefördert. Trotz ergriffenen Massnahmen breiteten sich in den Niederlanden Q-Fieber Ausbrüche in besorgniserregenden Ausmassen weiter aus. 2009 wurden in 2359 Coxiellose-Fälle bei Menschen registriert, wobei 6 Patienten starben. Das grösste Risiko einer Ansteckung trugen dabei Bauern und Tierärzte (!), da sie die höchste Seroprävalenz aufwiesen. Grafik: Registrierte Fälle von Q-Fieber beim Menschen seit 2007 in Holland. Quelle: Link Diagnostik Die Tierseuchenverordnung Art. 129 regelt das Vorgehen bei seuchenhaften Aborten beim Nutztier. Neben einem Erregernachweis wird eine serologische Untersuchung verlangt. Konventioneller Erregernachweis Für den Erregernachweis aus Abortmaterial haben sich in der Schweiz die mikroskopischen Färbungen nach Köster/Stamp für Coxiellen, Chlamydien und Brucellen etabliert. Diese Methoden sind wenig sensitiv: nur sehr hohe Erregermengen können als positiv gewertet werden. Wegen der geringen Spezifität, die mit einer mikroskopischen Färbung einhergeht, sind die Befunde oft nicht schlüssig und interpretationsbedürftig. Bild: Coxiella burnetii in infizierten Zellen sind als rötliche, sehr feine Stäbchen erkennbar. Quelle: Link Serologie Der serologische Nachweis von Coxiellen bei Wiederkäuern wird mit käuflichen ELISA-Systemen durchgeführt. Auch hier ist die Aussage des Tests nicht immer eindeutig. Falsch negative Resultate können auftreten, wenn das Tier zur Zeit der Probenahme noch nicht serokonvertiert hat. Falsch positive Resultate werden gefunden, wenn das Tier zu einem früheren Zeitpunkt eine Coxielleninfektion durchgemacht hat und die Ursache des stattgefundenen Aborts nicht Folge dieser Infektion war. Erregernachweis mittels realtime-PCR Der Nachweis von Coxiella burnetii mit realtime-PCR überwindet die Schwächen oben genannter Diagnostikmethoden. Einerseits ist der Nachweis äusserst sensitiv, sodass auch wenige Coxiellen gefunden werden. Andererseits ist dieser Nachweis sehr spezifisch. Eine Verwechslung mit anderen Erregern ist nicht gegeben. Ausserdem zeigt ein positiver Befund den tatsächlichen Abort- resp. Krankheitserreger an. Eigene Untersuchungen Zwischen Februar 2009 und April 2010 wurden im Rahmen der Validierung der akkreditierten realtime-PCR Methode 100 Plazentaproben von Rinderaborten auf Coxiella burnetii untersucht. Von diesen waren 21 positiv und 79 negativ. Bei serologischen Abklärungen mittels ELISA im gleichen Zeitraum waren 50 (23%) von 215 Proben positiv. Die Resultate des Erregernachweises (realtime-PCR und Köster/Stamp Färbung) stimmten mit den serologischen Befunden nur beschränkt überein. Nur 60% der Proben, bei denen mittels PCR Coxiellen identifiziert wurden, waren auch serologisch positiv. Die Beurteilung von Kotyledonen nach Färbung mit Köster/Stamp ist auch mit viel Erfahrung sehr stark fehlerbehaftet und aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäss. Schlussbemerkungen Rezente Q-Fieber Epidemien in Holland haben verdeutlicht, dass Coxiella burnetii ein ernstzunehmender und gefährlicher Zoonoseerreger ist. In der Veterinärmedizin ist die Coxiellose vor allem als Aborterreger bei Wiederkäuern bekannt. Eigene Untersuchungen haben in 21% der untersuchten Plazenten nach Aborten bei Rindern Coxiellen als einzigen Aborterreger gezeigt. Der überraschend häufige Nachweis von Coxiella burnetii zeigt klar, dass Coxiellen einer der häufigsten Aborterreger bei Rindern ist. Der rechtzeitige und korrekte Nachweis bei infizierten Tieren ist die Voraussetzung für die erfolgreiche Prävention beim Menschen. Die Kostenübernahme kann mit dem kantonalen Veterinärdienst diskutiert werden. Untersuchungsmaterial für Einsendungen Als Untersuchungsmaterial eignen sich: • Abortmaterial, insbesondere Kotyledonen • Kot • Bronchial-Lavage Weiterführende Literatur: • • • • M. Maurin and D. Raoult. 1999. Q Fever. Clinical Microbiology Reviews 12(4): 518-553 Dupuis et al. 1987. An important outbreak of human Q fever in a Swiss alpine valley. Int. J. Epidemiol. 16:282–287 Karagiannis et al. 2009. Investigation of a Q Fever outbreak in a rural area of The Netherlands. Epidemiol. Infect. 137: 1283-1294. BVET über Coxiellose