Aktivierungstherapie in der Alterspsychiatrie am Beispiel Privatstation 60plus Renato Leone Dipl. Aktivierungstherapeut Winterthur, 29. Oktober 2011 Fachtagung SVAT „Psychische Erkrankungen im Alter“ 1 2 Ablauf • Privatstation 60plus - Clienia Privatklinik Schlössli • Aktivierungstherapeutisches Angebot • Assessments • Ziele • Fallbeispiele • Artikel: Persönlichkeitsstörungen bei Älteren • Weiterführende Gedanken • Empfehlenswerte Bücher • Quellenangabe 3 Privatstation 60plus Clienia Privatklinik Schlössli • Spezialisiert auf: Depressionen, Somatisierungsstörungen, chronische Schmerzen, Angststörungen, Belastungskrisen, Burn-out, Suchterkrankungen (Alkohol, Tabletten), Hirnleistungsstörungen, Psychosen • 17 Behandlungsplätze • Hohe fachliche Behandlungsqualität: mit psychotherapeutischen, neurobiologischen und komplementärmedizinischen Angeboten • Bewegungs-und ausdruckstherapeutische Angebote • Handlungs-und erlebnisorientierte Angebote: Aktivierungstherapie • Fokus Förderung Kompetenzen/Ressourcen der Patienten 4 Aktivierungstherapeutisches Angebot • 2x Gestalten (individuell) → Handwerklich-gestalterische Aktivität • 1x Kochgruppe (zusätzlich Vorbesprechen und Einkaufen) → Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) • 2x Gedächtnistraining (2 verschiedene Schwierigkeitsniveaus) → Kognitive Aktivität • 1x Musikgruppe / Interessengruppe → Musisch- gesellige Aktivität • Einzeltherapien (3-4 pro Woche) 5 Assessments • Erfassung ET/AT • Erstgespräch AT • Interessen-Checkliste (MOHO = Model of Human Occupation) • Erfassung der Handlungsfähigkeit 6 Erfassung ET/AT Beobachtungen nach folgenden Kriterien: • Ausdrucksverhalten und Erscheinungsbild • Kognition • Affektivität • Soziale Fähigkeiten • Psycho-/Sensomotorik • Handlungsfähigkeit Einteilung nach Ressourcen / Defizite Eruieren von Zielen für die Behandlung Erstgespräch AT • Befinden (Momentan) • Grund des Klinikaufenthaltes • Beruf • Wohnsituation • Beziehungen/Soziale Kontakte • Haushalt • Freizeit/Hobbys/Interessen • Fähigkeiten/Schwierigkeiten • Ziele für den Aufenthalt • Mögliche Ansatzpunkte in AT 8 Interessen-Checkliste (MOHO) 9 Erfassung der Handlungsfähigkeit Marlys Blaser Csontos 10 Ziele • Welches ist das Ziel des Patienten ? • Verfolgt der Patient und der Therapeut dasselbe Ziel ? • Erschwerung: Ambivalenz bei den Patienten, verschiedene Diagnosen • Ziele transparent machen, Orientierung schaffen • Gemeinsamer Weg definieren 11 Mögliche Ziele • Aufzeigen, Erhalten und Fördern von Ressourcen • Selbstvertrauen/Selbstsicherheit stärken • Erfassung, Erhaltung, Förderung der Selbständigkeit • Hobby-/Interessenfindung • Erfassung, Erhaltung, Förderung der ATL • Erfassung , Erhalten und Förderung der Handlungsfähigkeit Mögliche Ziele • Erfassung (Hilfe bei Diagnostik), Erhalten und Förderung der kognitiven Basisfunktionen • Erfassung, Förderung und Stabilisierung der Affektivität • Erfassung, Erhalten und Förderung der sozialen Kompetenzen • Erfassung, Erhalten und Förderung der averbalen Ausdrucksfähigkeiten • Begleitung im letzten Lebensabschnitt 13 Fallbeispiele Fallbeispiel 1 • Ausführliche Darstellung Fallbeispiel 2 • Kurze Darstellung Fallbeispiel 3 • Kurz Darstellung Fallbeispiel 1 Herr X. Alter: 66 Hauptdiagnose: Rezidivierende depressive Störung, schwere Episode Nebendiagnosen: Panikstörung, Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika: Schädlicher Gebrauch - Abhängigkeitssyndrom - Substanzengebrauch Ziele AT: Förderung der kognitiven Fähigkeiten, Handlungsfähigkeit, Hobby/Interessenfindung 15 Fallbeispiel 1 Verlauf: • Erstgespräch keine Interessen nennen → InteressenCheckliste • Entzugssymptome Zittern, Schwitzen, Angst, Konzentration reduziert • kognitive Fähigkeiten, Handlungsfähigkeit, Eigeninitiative besser. Interessen-Checkliste → Anregung/Reaktivierung Interessen, Tagesstruktur. Verbesserte Eigeninitiative • nach Austritt im ambulanten Setting: COGPACK sowie Malen Aufenthaltsdauer: 3 Monate Fallbeispiel 1 Fallbeispiel 1 Fallbeispiel 1 Auswertung Interessen-Checkliste 19 Fallbeispiel 1 Aufträge Interessen-Checkliste • PC: Englischkurs, Uhrensammlung • Kartenspiel: Mitpatienten zum UNO Spiel einbeziehen • Tagebuch schreiben: Stichwortartig, Tagesablauf, Gefühle, Positiv und Negativ (mit Fokus auf Positives) • Einkaufen: Mit Spaziergang verbinden → Standorttermine werden geplant Falls erweitertes Feld/Interessen wird bei Bedarf SD einbezogen. 20 Fallbeispiel 2 Frau Y. Alter: 68 Hauptdiagnose: Rezidivierende depressive Störung, schwere Episode Nebendiagnose: Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika: Schädlicher Gebrauch Ziele: Förderung der Handlungsfähigkeit, Förderung der Konzentration, Stärkung Selbstvertrauen/Selbstsicherheit, Ressourcen Förderung Fallbeispiel 2 Verlauf: • Beruflich musikalischen Bereich tätig • Probleme, Neid, Einsamkeit, Zugang Interessen, Ängste, „Stottern“, Ambivalenz • Verbessert: kognitive Fähigkeiten (Konzentration), Handlungsfähigkeit, Schwingungsfähigkeit, Aktiver beteiligt, humorvoller, zugänglicher, sicherer, Eigeninitiative, Sprechen/Reden • Zugang zu Interessen: Musik, übernimmt einen Teil zum Thema „Jazz“ in Musikgruppe. Kochen, übernimmt die Hauptspeise. Entdeckt Material Speckstein. • Entscheidet sich für Alterswohnung Aufenthaltsdauer: 3 Monate Fallbeispiel 3 Frau Z. Alter: 66 Hauptdiagnose: Paranoide Schizophrenie Nebendiagnose: Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Schädlicher Gebrauch Ziele: Förderung Interessen/Ressourcen, Förderung der kognitiven Fähigkeiten (Konzentration), Förderung Handlungsfähigkeit, Strukturierung . 23 Fallbeispiel 3 Verlauf: • Einzeltherapie (Reizabschirmung) • Wahnhafte Inhalte im Gespräch. Sprunghaft in Aussagen. Wechselhaft adäquat/inadäquat, logorrhoisch • Gruppeneinbezug. Strukturierung, Eingrenzung, zurücklenken auf Themen/Handlung • Verbesserung: Handlungsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten (Konzentration), geordneter, besser bei Themen bleiben, Aussagen/Denken geordneter adäquater • Findet wieder Freude am Kochen • Entdeckt wieder das Zeichnen/Malen. • Besucht nach Austritt einen Malkurs Aufenthaltsdauer: 3 Monate Artikel: Persönlichkeitsstörungen bei Älteren Annäherung mit Widerständen Bertram von der Stein und Meinholf Peters • Immer die gleichen »Fehler« auch im Alter zu machen, „Muster“, „Reibungsflächen“ • Zuspitzung Persönlichkeitsstruktur • Erscheinungsbild verändert sich • Hinter Diagnosen wie Depression, psychosomatischen Störungen, Suchterkrankungen kann sich nicht selten eine unerkannt gebliebene Persönlichkeitsstörung/Akzentuierung verbergen Ergänzend aus Buch: Persönlichkeitsstörungen verstehen • Es handelt sich um Störung der Beziehungsfähigkeit, Interaktionsfähigkeit • Beziehungskredit aufbauen – dann Konfrontation möglich • Gemeinsame Haltung im Team Weiterführende Gedanken • Beziehungsaufbau! Zeit nehmen am Erstgespräch. Eine vorgängige Einzeltherapie kann die spätere therapeutische Zusammenarbeit/Beziehung ebnen. • Kompetenzen/Ressourcen reaktivieren, entdecken und einbeziehen. Als Mensch sehen mit Persönlichkeit. • Welche Haltung nehme ich ein: stützend, konfrontierend, strukturierend… • Bestimmt und klar sein, Strukturen/Grenzen setzen kann gut sein. Je nach Erkrankung kann ein Patient davon profitieren. Vorsicht! Nicht aus Prinzip diese Haltung einnehmen. • Humor in der Therapie scheint mir sehr wichtig • Es gibt gute Assessments über dem „Tellerrand“ welche sich je nach Bereich gut eignen können, evtl. kleinere Anpassungen nötig 26 Weiterführende Gedanken • Kochgruppe: Menus auswählen, welche Patienten zu Hause wieder kochen können. • Erlernen von neuen Informationen trotz schweren Gedächtnisstörungen: Einsatz von Errorless Learning • Gedächntistraining: Psychoedukative Elemente (Erklärungen welche Übung für welche kognitive Bereiche, Strategienwissen) Gebrauch und wieder entdecken der eigenen Strategien. • Ziel: Tätigkeit zum Selbstläufer bei Patienten. AT: Impulsgeber, Begleiter. Neben den Therapien, die Freizeitaktivität/ Beschäftigung fördern. Fokus auf Austritt. Standorte zum Besprechen der Prozesse. Befähigen zur Selbständigkeit. • Wechsel der Generationen (junge Alte / alte Alte , drittes Alter / viertes Alter ) – andere Interessen Empfehlenswerte Bücher 28 Empfehlenswerte Bücher 29 Quellenangaben Erfassung / Erstgespräch ET/AT Clienia Schlössli AG Zielsetzungen ET/AT Clienia Schlössli AG Interessen-Checkliste (MOHO) J. Matsutsuyu (1967), J.Rogers + J.Weinstein (1978), übersetzt auf Deutsch C.Mentrup (1994) Erfassung der Handlungsfähigkeit M. Blaser Csontos Persönlichkeitsstörungen bei Älteren - Annäherung mit Widerständen Bertram von der Stein und Meinholf Peters: Editorial zum Themenheft „Persönlichkeitsstörungen“ Bilder: 1 www.photomed.files.worldpress.com, 2 www.sieber-beratung.ch 3 mehrere gemalte Bilder: eigene Quelle 4 www.computertroublesolver.com 5 www.frauen-berufsperspektive.de 6 www.schweizerfamilie.ch 7 Buchansichten: www.bol.ch 8 www.appenzell24.ch 30 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 31