1 Topologische Räume Definition 1.1 (Topologie) Seien X eine beliebige Menge und T ⊆ P(X) ein System von Teilmengen von X, so dass: • Es gilt ∅ ∈ T und X ∈ T . • Gilt Ui ∈ T für alle i ∈ I mit einer beliebigen Indexmenge I, so ist auch • Sind U, V ∈ T , so ist auch U ∩ V ∈ T . S i∈I Ui ∈ T . Dann heißt T eine Topologie auf X. Definition 1.2 (topologischer Raum) Eine Menge X zusammen mit einer Topologie T auf X heißt ein topologischer Raum (X, T ). Die Mengen U ∈ T heißen offen, die Komplemente A = X \ U mit offenem U heißen abgeschlossen. Definition 1.3 (Umgebung) Seien (X, T ) ein topologischer Raum und x ∈ X. Eine Menge M ⊆ X heißt eine Umgebung von x, wenn es eine offene Menge U gibt, so dass x ∈ U ⊆ M . Eine offene Umgebung von x ist eine Umgebung von x, die gleichzeitig offen ist. Definition 1.4 (hausdorffsch) Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Besitzen je zwei verschiedene Punkte x ∈ X und y ∈ X offene Umgebungen U und V mit U ∩ V = ∅, so heißt (X, T ) hausdorffsch oder ein (topologischer) Hausdorff-Raum. Definition 1.5 (zweites Abzählbarkeitsaxiom) Wir sagen, ein topologischer Raum (X, T ) erfülle das zweite Abzählbarkeitsaxiom, wenn er eine abzählbare Basis der Topologie besitzt, d. h. es gibt abzählbar viele Mengen Ui ∈ T , so dass sich jede Menge V ∈ T als geeignete Vereinigung der (Ui )i∈N schreiben lässt. R Satz 1.6 ( m ) Der m , ausgestattet mit der euklidischen Topologie, ist ein Hausdorff-Raum, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt. Die euklidische Topologie besteht aus allen Mengen U ⊆ m , die mit jedem Punkt x ∈ U auch eine ganze offene Kugel Kε (x) mit geeignetem ε > 0 enthalten. Eine abzählbare Basis ist durch {Kr (x) | r ∈ + , x ∈ m } gegeben. R R Q Q Definition 1.7 (stetig) Seien (X, TX ) und (Y, TY ) zwei topologische Räume und f : X → Y eine Funktion. f heißt (TX TY -)stetig in x ∈ X, wenn für jede Umgebung N ⊆ Y von f (x) die Menge M = f −1 (N ) ⊆ X eine Umgebung von x ist. f heißt (TX -TY -)stetig (auf X), wenn f in jedem x ∈ X stetig ist. Satz 1.8 (stetig) Seien (X, TX ) und (Y, TY ) zwei topologische Räume. Eine Funktion f : X → Y ist genau dann (TX -TY -)stetig (auf X), wenn für jedes offene V ⊆ Y auch U = f −1 (V ) ⊆ X offen ist. Anders formuliert: Ist V ∈ TY , so ist f −1 (V ) ∈ TX . Definition 1.9 (Homöomorphismus) Seien (X, TX ) und (Y, TY ) zwei topologische Räume. Eine Funktion f : X → Y heißt ein Homöomorphismus, wenn f bijektiv ist und sowohl f als auch f −1 stetig sind. 1 2 Mannigfaltigkeiten Definition 2.1 (Karte) Seien (M, T ) ein topologischer Raum, m ∈ , U eine offene Teilmenge von M , V eine offene Teilmenge des m (ausgestattet mit der euklidischen Topologie) und h : U → V ein Homöomorphismus. Dann heißen (U, h) eine (m-dimensionale) Karte von (M, T ) (um p ∈ U ), U das zugehörige Kartengebiet und (U, h−1 ) eine (m-dimensionale) lokale Parametrisierung (um p ∈ U ). N R Definition 2.2 (lokal euklidisch) Seien (M, T ) ein topologischer Raum und m ∈ . Dann heißt (M, T ) lokal euklidisch zur Dimension m ∈ , falls es um jedes p ∈ M eine m-dimensionale lokale Parametrisierung gibt. N N Definition 2.3 (Kartenwechsel) Seien (M, T ) lokal euklidisch zur Dimension m und (U, h) und (V, k) zwei Karten von (M, T ). Dann heißt die zwischen offenen Teilmengen des m stetige Abbildung R k ◦ h−1 |h(U ∩V ) : h(U ∩ V ) → k(U ∩ V ) der Kartenwechsel von h und k. Definition 2.4 (Atlas) Seien (M, T ) lokal euklidisch und S A = {(Ui , hi )i∈I } mit einer Indexmenge I eine Familie von Karten von (M, T ). Ist dann i∈I Ui = M , dann heißt A ein Atlas von (M, T ). Sind alle bzw. beliebig oft Kartenwechsel von Karten aus A ν-mal stetig differenzierbar für ν ∈ ν stetig differenzierbar für ν = ∞, so heißt A ein C -Atlas. N Definition 2.5 (differenzierbare Struktur) Ein bezüglich Mengeninklusion maximaler C ν -Atlas heißt eine C ν -differenzierbare Struktur. Definition 2.6 (Mannigfaltigkeit) Seien (M, T ) ein topologischer Hausdorff-Raum, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt und lokal euklidisch zur Dimension m ist, und D eine C ν -differenzierbare Struktur auf (M, T ). Dann heißt (M, T , D) eine (C ν -differenzierbare) Mannigfaltigkeit (der Dimension m). Satz 2.7 (abzählbarer Atlas) Jede Mannigfaltigkeit besitzt einen abzählbaren Atlas. R Satz 2.8 (offene Teilmenge des m ) Seien m ∈ , U offen in m (ausgestattet mit der euklidischen Topologie) und A = {(U, idU )}. Dann ist (U, T , D) eine C ∞ -differenzierbare Mannigfaltigkeit, wobei T die euklidische Topologie auf U und D diejenige differenzierbare Struktur auf (U, T ), die A enthält, sind. N R Definition 2.9 (differenzierbare Funktion) Seien (M, TM , DM ) und (N, TN , DN ) zwei C ν -differenzierbare Mannigfaltigkeiten mit Dimensionen m und n und f : M → N eine stetige Funktion. Seien ferner p ∈ M , (V, k) eine Karte von N um f (p) und (U, h) eine Karte von M um p so, dass f (U ) ⊆ V . Dann heißt f C ν differenzierbar in p, wenn k ◦ f ◦ h−1 : h(U ) → k(V ) 2 R R als Funktion zwischen Teilmengen des m und des n C ν -differenzierbar in h(p) ist. Dies ist unabhängig von der Wahl der Karten, denn sind (Ũ , h̃) und (Ṽ , k̃) zwei weitere Karten, so ist auch k̃ ◦ f ◦ h̃−1 = k̃ ◦ (k−1 ◦ k) ◦ f ◦ (h−1 ◦ h) ◦ h̃−1 = (k̃ ◦ k−1 ) ◦ k ◦ f ◦ h−1 ◦ (h ◦ h̃−1 ) differenzierbar in h̃(p), weil die Klammern ganz links und ganz rechts differenzierbare Kartenwechsel sind. 3 Tangentialräume Satz 3.1 (Tangentialvektor) Seien (M, T , D) eine Mannigfaltigkeit, p ∈ M und (U, h) eine Karte um p. Auf der Menge o n Kp M = a : ]−ε, ε[ → M a differenzierbar mit a(0) = p der differenzierbaren Kurven durch p wird durch a∼b ⇐⇒ (h ◦ a)′ (0) = (h ◦ b)′ (0) eine Äquivalenzrelation definiert. Jede Äquivalenzklasse [a]∼ heißt dann ein Tangentialvektor an M in p und a eine repräsentierende Kurve von [a]∼ . Dies ist unabhängig von der Wahl der Karte, denn ist a ∼ b und (Ũ , h̃) eine weitere Karte, so ist auch (h̃ ◦ a)′ (0) = (h̃ ◦ h−1 ◦ h ◦ a)′ (0) = Jh̃◦h−1 h(p) (h ◦ a)′ (0) = Jh̃◦h−1 h(p) (h ◦ b)′ (0) = (h̃ ◦ h−1 ◦ h ◦ b)′ (0) = (h̃ ◦ b)′ (0) . Definition 3.2 (h∗ und (h−1 )∗ ) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit, p ∈ M und Tp M = Kp M / ∼ . Ist (U, h) eine Karte um p, so sind h∗ : Tp M → und (h−1 )∗ : Rm Rm → TpM mit mit bijektive und zueinander inverse Abbildungen. [a]∼ 7→ (h ◦ a)′ (0) v 7→ t 7→ h−1 h(p) + tv ∼ Definition 3.3 (Tangentialraum) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit und p ∈ M . Dann wird für alle r, s ∈ und [a]∼ , [b]∼ ∈ Tp M durch r[a]∼ + s[b]∼ = h∗ r (h−1 )∗ ([a]∼ ) + s (h−1 )∗ ([b]∼ ) R eine Vektorraumstruktur auf Tp M definiert, so dass h∗ und (h−1 )∗ Isomorphismen sind und dim Tp M = m gilt. Mit dieser Struktur heißt Tp M der Tangentialraum von M in p. 3 Definition 3.4 (Koordinatenbasis) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit, p ∈ M , (U, h) eine Karte um p und (e1 , . . . , em ) die Standardbasis des m . Dann ist (h) (h) (h) mit ∂j,p = (h−1 )∗ (ej ) ∂1,p , . . . , ∂m,p R eine Basis von Tp M , die sogenannte Koordinatenbasis von Tp M bezüglich (U, h). R Satz 3.5 (offene Teilmenge des m ) Ist U offen im m , so identifizieren wir für jedes x ∈ U R und schreiben Tx U = Rm. Tx U = b Rm via [t 7→ x + tv]∼ = bv Definition 3.6 (Vektorfeld) Sei (M, T , D) eine m-dimensionale C ν -differenzierbare Mannigfaltigkeit. Dann heißt eine Abbildung [ v: M → Tq M mit vp = v(p) ∈ Tp M q∈M ein Vektorfeld auf M . Es heißt stetig bzw. C ν -differenzierbar in p ∈ M , wenn für eine Karte (U, h) um p die durch m X (h) vj ∂j v|U = j=1 definierten Komponentenfunktionen vj : U → R stetig bzw. C ν -differenzierbar in p sind. Definition 3.7 (Differential) Seien (M, TM , DM ) und (N, TN , DN ) zwei Mannigfaltigkeiten und f : M → N eine differenzierbare Funktion. Für jedes p ∈ M ist dann das Differential von f in p gegeben durch dfp : Tp M → Tf (p) N mit [a]∼ 7→ [f ◦ a]∼ . Definition 3.8 (Kotangentialraum) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit, p ∈ M , (U, h) eine Karte um p und hi : U → für i = 1, . . . , m ihre Komponentenfunktionen. Dann wird durch R (h) dxi,p = dhi,p : Tp M → Thi (p) hi (U ) = R ein Element des Dualraums (Tp M )∗ = Tp∗ M definiert, der Kotangentialraum von M in p genannt wird. Satz 3.9 (duale Basis) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit, p ∈ M und (U, h) eine Karte um p. Dann ist (dx1,p , . . . , dxm,p ) die duale Basis von (∂1,p , . . . , ∂m,p ), denn es gilt dxi,p (∂j,p ) = dhi,p t 7→ h−1 h(p) + tej ∼ = t 7→ (hi ◦ h−1 ) h(p) + tej ∼ = t 7→ pri h(p) + tej ∼ = t 7→ hi (p) + tδij ∼ = δij , worin pri : Rm → R die Projektion auf die i-te Komponente ist. 4 4 Differentialformen Definition 4.1 (Multilinearform) Seien V ein -Vektorraum, k ∈ und R N α: V k = V × . . . × V → | {z } R k mal eine Abbildung, die in jedem der k Einträge linear ist, d. h. für jedes i = 1, . . . , k und fest gewählten Vektoren v1 , . . . , vi−1 , vi+1 , . . . , vk ∈ V ist die Abbildung V → R mit v 7→ α(v1 , . . . , vi−1 , v, vi+1 , . . . , vk ) linear. Dann heißt α eine k-Multilinearform auf V , und die Menge aller k-Multilinearformen Multk V ist ein -Vektorraum. Wir setzen Mult0 V = . R R Definition 4.2 (alternierende Multilinearform) Eine Multilinearform α ∈ Multk V heißt alternierend, wenn für alle v1 , . . . , vk ∈ V und alle Indizes 1 ≤ i < j ≤ k α(v1 , . . . , vi , . . . , vj , . . . , vk ) = −α(v1 , . . . , vj , . . . , vi , . . . , vk ) gilt. Die Menge aller alternierenden k-Multilinearformen Altk V ist ein zwar ein Unterraum von Multk V . Wir setzen Alt0 V = . R R-Vektorraum, und Definition 4.3 (Pullback) Seien V und W zwei -Vektorräume, λ : V → W eine lineare Abbildung und α ∈ Altk W eine alternierende k-Multilinearform auf W . Dann wird mit Hilfe des Pullbacks durch λ∗ α : V k → mit (λ∗ α)(v1 , . . . , vk ) = α λ(v1 ), . . . , λ(vk ) R R eine alternierende k-Multilinearform auf V definiert, die man – wie man sagt – durch Zurückziehen von α entlang λ erhält. Definition 4.4 (Dachprodukt) Seien V ein -Vektorraum und α ∈ Altk V und β ∈ Altℓ V zwei alternierende Multilinearformen auf V . Dann wird durch 1 X (sgn σ) α vσ(1) , . . . , vσ(k) β vσ(k+1) , . . . , vσ(k+ℓ) (α ∧ β)(v1 , . . . , vk+ℓ ) = k! ℓ! R σ∈Sk+ℓ eine alternierende Multilinearform α ∧ β ∈ Altk+ℓ V definiert. Satz 4.5 (Dachprodukt) (a) Das Dachprodukt ist bilinear, d. h. (rα + sβ) ∧ γ = r(α ∧ γ) + s(β ∧ γ) und α ∧ (rβ + sγ) = r(α ∧ β) + s(α ∧ γ) . (b) Das Dachprodukt ist assoziativ, d. h. (α ∧ β) ∧ γ = α ∧ (β ∧ γ) . 5 (c) Das Dachprodukt ist graduiert schiefsymmetrisch, d. h. α ∧ β = (−1)kℓ β ∧ α α ∈ Altk V und β ∈ Altℓ V . für (d) Das Dachprodukt vertauscht mit dem Pullback, d. h. λ∗ (α ∧ β) = (λ∗ α) ∧ (λ∗ β) . Definition 4.6 (Form) Seien (M, T , D) eine Mannigfaltigkeit und k ∈ 0 . Dann heißt eine Abbildung [ ω: M → Altk Tq M mit ωp = ω(p) ∈ Altk Tp M N q∈M eine k-Form auf M . Es gelten die Aussagen des vorigen Satzes ganz analog punktweise für alle p ∈ M für drei Formen ω, η und ξ auf M anstelle der drei alternierenden Multilinearformen α, β und γ. Satz 4.7 (Koordinatenbasis) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit, p ∈ M , (U, h) eine Karte um p und k ∈ . Ist dann (dx1,p , . . . , dxm,p ) die Basis von Tp∗ M = Alt1 Tp M bezüglich (U, h), dann ist durch (h) (h) dxi1 ,p ∧ . . . ∧ dxik ,p N 1≤i1 <...<ik ≤m eine Basis von Altk Tp M gegeben, die wir ebenfalls Koordinatenbasis nennen. Definition 4.8 (Differentialform) Sei (M, T , D) eine m-dimensionale C ν -differenzierbare Mannigfaltigkeit. Eine k-Form ω auf M heißt stetig bzw. C ν -differenzierbar in p ∈ M , wenn für eine Karte (U, h) um p die durch X ω|U = ωi1 ,...,ik dxi1 ∧ . . . ∧ dxik 1≤i1 <...<ik ≤m R definierten Komponentenfunktionen ωi1 ,...,ik : U → stetig bzw. C ν -differenzierbar sind. Eine C ν -differenzierbare k-Form auf M heißt eine Differential-k-Form auf M , und Ω k M sei der Vektorraum aller Differential-k-Formen auf M . Wir setzen Ω 0 M = C ν (M, ). R Definition 4.9 (Pullback) Seien (M, TM , DM ) und (N, TN , DN ) zwei C ν -differenzierbare Mannigfaltigkeiten, f : M → N eine C ν -differenzierbare Funktion und ω ∈ Ω k N eine Differential-k-Form auf N . Dann wird mit Hilfe des Pullbacks durch f ∗ ω : M → Altk Tp M mit (f ∗ ω)p = (dfp )∗ ωf (p) eine Differential-k-Form auf M definiert, die man – wie man sagt – durch Zurückziehen von ω entlang f erhält. Ausgeschrieben gilt (f ∗ ω)p (v1 , . . . , vk ) = (dfp )∗ ωf (p) (v1 , . . . , vk ) = ωf (p) dfp (v1 ), . . . , dfp (vk ) . 6 5 Orientierung und Zerlegung der Eins Definition 5.1 (Orientierung eines Vektorraums) Seien V ein m-dimensionaler -Vektorraum und B die Menge aller geordneten Basen von V . Dann wird durch (v1 , . . . , vm ) ∼ (w1 , . . . , wm ) ⇐⇒ det λ > 0 , R worin λ : V → V die lineare Abbildung mit λ(vi ) = wi ist, eine Äquivalenzrelation auf B definiert. Die Wahl einer der beiden Äquivalenzklassen heißt eine Orientierung von V und (V, or) mit einer Orientierung or von V ein orientierter Vektorraum. Jede Basis aus or heißt dann positiv orientiert und jede Basis aus B \ or negativ orientiert. Definition 5.2 (Orientierung einer Mannigfaltigkeit) Sei (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit. Eine Familie (orp )p∈M , worin orp eine Orientierung von Tp M ist, heißt eine Orientierung von M , wenn die Abbildung p 7→ orp stetig ist, das heißt: Zu jedem p ∈ M gibt es eine Karte (U, h) um p, so dass für jedes q ∈ U (h) (h) die Basis ∂1,q , . . . , ∂m,q von (Tq M, orq ) positiv orientiert ist. Die Mannigfaltigkeit M heißt orientierbar, wenn es eine Orientierung auf ihr gibt. Ist or : p 7→ orp eine Orientierung auf M , dann heißt (M, T , D, or) eine orientierte Mannigfaltigkeit. Definition 5.3 (orientierbarer Atlas) Sei (M, T , D) eine Mannigfaltigkeit. Ein Atlas {(Ui , hi )i∈I } heißt orientierbar, wenn jeder Kartenwechsel ψ = hj ◦ h−1 die Eigenschaft det Jψ (x) > 0 für alle x ∈ hi (Ui ∩ Uj ) besitzt. i Satz 5.4 (Orientierbarkeit) Eine Mannigfaltigkeit ist genau dann orientierbar, wenn sie einen orientierbaren Atlas besitzt. Definition 5.5 (Zerlegung der Eins) Seien (M, T , D) eine C ν -differenzierbare Mannigfaltigkeit und (Ui )i∈I eine offene Überdeckung von M . Eine Familie (λj )j∈J von C ν -differenzierbaren Funktionen λj : M → heißt eine der Überdeckung (Ui )i untergeordneten Zerlegung der Eins, wenn: R • Für alle j ∈ J und p ∈ M ist 0 ≤ λj (p) ≤ 1. • Für alle j ∈ J gibt es ein i ∈ I mit supp λj ⊂ Ui . • Für alle p ∈ M gibt es eine offene Umgebung V um p, so dass λj |V = 0 für alle außer endlich vielen j ∈ J. P • Für alle p ∈ M gilt j∈J λj (p) = 1. Satz 5.6 (abzählbare Zerlegung der Eins) Jede Mannigfaltigkeit besitzt einen abzählbaren Atlas und eine dem Atlas untergeordnete abzählbare Zerlegung der Eins. Satz 5.7 (Orientierbarkeit) Sei (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit. Dann ist M genau dann orientierbar, wenn es eine Differential-m-Form ω ∈ Ω m M mit ωp 6= 0 ∈ Altm Tp M für alle p ∈ M gibt. Definition 5.8 (orientierierungserhaltende Karte) Sei (M, T , D, or) eine m-dimensionale orientierte Mannigfaltigkeit. Eine Karte (U, h) heißt orientierungserhaltend, wenn dhp : Tp M → Th(p) h(U ) = m für alle p ∈ U eine orientierungserhaltende lineare Abbildung ist, d. h. sie bildet positiv orientierte Basen von Tp M auf positiv orientierte Basen von m ab. R R 7 6 Integration Definition 6.1 (messbar, Nullmenge) Seien (M, T , D) eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit und {(Ui , hi )i∈I } ein Atlas. Eine Teilmenge B ⊆ M heißt dann messbar bzw. eine Nullmenge, wenn die Mengen hi (B ∩ Ui ) für alle i ∈ I Lebesgue-messbar bzw. Lebesgue-Nullmengen im m sind. R Satz 6.2 (Zerlegung) Sei (M, T , D) eine Mannigfaltigkeit. Dann gibt es einen abzählbaren Atlas {(Ui , hi )i∈N }, und das durch k [ Zi für k ∈ Z1 = U1 und Zk+1 = Uk+1 \ N i=1 definierte Mengensystem (Zi )i∈N ist eine abzählbare messbare Mengenzerlegung von M mit Zi ⊆ Ui . Definition 6.3 (Integral mit Mengenzerlegung) Seien (M, T , D, or) eine m-dimensionale orientierte Mannigfaltigkeit, {(Ui , hi )i∈N } ein abzählbarer Atlas aus orientierungserhaltenden Karten und (Zi )i∈N die zugehörige Zerlegung aus dem letzten Satz. Eine Differential-m-Form ω ∈ Ω m M heißt integrierbar, wenn für jedes i ∈ die zurückgezogene Komponentenfunktion N ai : hi (Ui ) → über hi (Zi ) ⊆ R mit (hi ) (hi ) ∗ ai (x) = (h−1 worin p = h−1 i ) ω x (e1 , . . . , em ) = ωp ∂1,p , . . . , ∂m,p i (x) Rm Lebesgue-integrierbar ist und ∞ Z X i=1 gilt. In diesem Fall heißt Z hi (Zi ) ω= M ai (x) dλm (x) < ∞ ∞ Z X i=1 ai (x) dλm (x) hi (Zi ) das Integral von ω (über M ) und Z ω= B ∞ Z X i=1 ai (x) dλm (x) hi (Zi ∩B) das Integral von ω über B für eine messbare Teilmenge B ⊆ M . Definition 6.4 (Integral mit Zerlegung der Eins) Seien (M, T , D, or) eine m-dimensionale orientierte Mannigfaltigkeit, {(Ui , hi )i∈N } ein abzählbarer Atlas aus orientierungserhaltenden Karten und (λi )i∈N eine untergeordnete Zerlegung der Eins. Eine Differential-m-Form ω ∈ Ω m M heißt integrierbar, wenn für jedes i ∈ die zurückgezogene Komponentenfunktion N ai : hi (Ui ) → R mit (hi ) (hi ) ∗ worin p = h−1 ai (x) = (h−1 i (x) i ) (λi ω) x (e1 , . . . , em ) = (λi ω)p ∂1,p , . . . , ∂m,p 8 über hi (Ui ) Lebesgue-integrierbar ist und ∞ Z X i=1 gilt. In diesem Fall heißt Z hi (Ui ) ω= M ai (x) dλm (x) < ∞ ∞ Z X i=1 ai (x) dλm (x) hi (Ui ) das Integral von ω (über M ) und Z ω= B ∞ Z X i=1 ai (x) dλm (x) hi (Ui ∩B) das Integral von ω über B für eine messbare Teilmenge B ⊆ M . R Satz 6.5 (offene Teilmenge des m ) Seien U offen im m , B ⊆ U messbar und ω ∈ Ω m U eine Differential-m-Form auf U . Dann ist ω = f dx1 ∧ . . . ∧ dxm mit einer C ν -differenzierbaren Funktion f : U → und dxi,x = 1 m , wobei (δ1 , . . . , δm ) die duale Basis zu (e1 , . . . , em ) ist. ω ist genau dann über B δi ∈ Alt integrierbar, wenn f es ist, und es gilt Z Z Z m f (x) dλm (x) . f (x) (δ1 ∧ . . . ∧ δm )(e1 , . . . , em ) dλ (x) = ω= R R R 7 B B B Riemannsche Mannigfaltigkeiten Definition 7.1 (Riemannsche Mannigfaltigkeit) Seien (M, T , D) eine C ν -differenzierbare m-dimensionale Mannigfaltigkeit und gp : Tp M × Tp M → für jedes p ∈ M ein Skalarprodukt auf Tp M , so dass p 7→ gp C ν -differenzierbar ist, d. h. für jede Karte (U, h) ist die Funktion R gU,ij : U → R mit (h) (h) gU,ij (p) = gp ∂i,p , ∂j,p C ν -differenzierbar für alle i, j = 1, . . . , m. Dann heißt (M, T , D, (gp )p∈M ) eine Riemannsche Mannigfaltigkeit. R Satz 7.2 (offene Teilmenge des Ist U offen im m , so definieren wir R gx : Tx U × Tx U = m) Rm × Rm → R mit worin h·, ·iRm das euklidische Skalarprodukt auf dem scher Weise zu einer Riemannschen Mannigfaltigkeit. gx (v, w) = hv, wiRm , Rm bezeichne. Damit wird U in kanoni- Definition 7.3 (Orthonormalbasis) Sei (V, h·, ·i) ein m-dimensionaler Vektorraum mit Skalarprodukt. Eine Basis (v1 , . . . , vm ) von V heißt eine Orthonormalbasis von V , wenn hvi , vj i = δij ∀ i, j = 1, . . . , m . 9 Satz 7.4 (Determinante) Sei (V, h·, ·i, or) ein m-dimensionaler orientierter Vektorraum mit Skalarprodukt. Dann gibt es genau eine alternierende m-Multilinearform volV = detV ∈ Altm V von V , die jeder positiv orientierten Orthonormalbasis von V den Wert 1 zuordnet. Sie heißt die kanonische Volumenform bzw. die Determinante von V . Satz 7.5 (kanonische Volumenform) Sei (M, T , D, g, or) eine m-dimensionale orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit. Dann gibt es genau eine Differential-m-Form ωM ∈ Ω m M von M , so dass ωM,p (v1 , . . . , vm ) = 1 für jede positiv orientierte Orthonormalbasis (v1 , . . . , vm ) von Tp M für jedes p ∈ M . Diese heißt die kanonische Volumenform auf M . Satz 7.6 (offene Teilmenge des Sei U offen im m . Dann sind R R m) detTx U = δ1 ∧ . . . ∧ δm ∈ Altm Tx U ωU = x 7→ δ1 ∧ . . . ∧ δm ∈ Ω m U und die Determinante von Tx U und die kanonische Volumenform auf U . Satz 7.7 (kanonische Volumenform) Seien (M, T , D, g, or) eine m-dimensionale orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit, ωM ihre kanonische Volumenform und (U, h) eine orientierungserhaltende Karte. Dann gilt √ (h) (h) ωM |U = G dx1 ∧ . . . ∧ dxm , worin (h) (h) G(p) = detTp M gp ∂i,p , ∂j,p i,j ∀p ∈ U . Definition 7.8 (Volumen) Seien (M, T , D, g, or) eine orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit mit Volumenform ωM und B ⊆ M messbar. Dann heißt Z ωM vol B = B das Volumen von B. 8 Untermannigfaltigkeiten des R n Definition 8.1 (Teilraumtopologie) Seien (X, TX ) ein topologischer Raum und Y ⊆ X irgendeine Teilmenge. Dann ist TY = {Y ∩ U | U ∈ TX } eine Topologie auf Y , die sogenannte von TX auf Y induzierte Teilraumtopologie (auch Relativtopologie oder Spurtopologie), und (Y, TY ) heißt ein (topologischer) Teilraum von X. 10 Satz 8.2 (Untermannigfaltigkeit) Seien M ⊆ n , T die von der euklidischen Topologie des n induzierte Teilraumtopologie auf M und m ∈ mit m ≤ n. Für jedes p ∈ M gebe es eine offene Menge U ⊆ m und eine C ν differenzierbare Funktion ϕ : U → n , so dass: R N R R R • Es gilt p ∈ ϕ(U ) ⊆ M . • ϕ ist injektiv, und ϕ−1 : ϕ(U ) → U ist stetig. • Für alle x ∈ U hat Jϕ (x) ∈ Rn×m maximalen Rang, nämlich m. Dann ist (ϕ(U ), ϕ−1 ) eine Karte von M um p, all diese Karten zusammen bilden einen C ν Atlas, (M, T , D) ist eine m-dimensionale C ν -differenzierbare Mannigfaltigkeit, wobei die C ν differenzierbare Struktur D diesen Atlas enthält, und o n b Bild Jϕ (x) worin x = ϕ−1 (p) . Tp M = t 7→ p + tJϕ (x)v ∼ v ∈ m = R R Wir fassen Tp M als m-dimensionalen Unterraum des n auf. Die Mannigfaltigkeit wird durch gp (v, w) = hv, wiRn in kanonischer Weise zu einer Riemannschen Mannigfaltigkeit. Eine solche Mannigfaltigkeit nennen wir eine Untermannigfaltigkeit des n . R Definition 8.3 (Normalenfeld) Sei (M, T , D, g) eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit des N: M → Rm+1 Rm+1 . Eine stetige Funktion N (p) ∈ (Tp M )⊥ \ {0} mit heißt ein stetiges Normalenfeld auf M . Es heißt ein Normaleneinheitsfeld, wenn kN (p)k = 1 für alle p ∈ M . Satz 8.4 (Orientierbarkeit) Eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit des ein Normaleneinheitsfeld besitzt. Rm+1 ist genau dann orientierbar, wenn sie Definition 8.5 (Einsetzen) Seien (M, T , D) eine Mannigfaltigkeit, v ein Vektorfeld auf M und ω ∈ Ω k M eine Differentialk-Form auf M für k ∈ . Dann wird durch N ω)p (w1,p , . . . , wk−1,p ) = ωp (vp , w1,p , . . . , wk−1,p ) für alle Vektorfelder w1 , . . . , wk−1 und p ∈ M eine Differential-(k − 1)-form v auf M definiert. (v ω ∈ Ω k−1 M Satz 8.6 (kanonische Volumenform) Seien (M, T , D, g, or) eine m-dimensionale orientierte Untermannigfaltigkeit des m+1 und N ein Normaleneinheitsfeld mit der Eigenschaft, dass (N (p), v1 , . . . , vm ) eine positiv orientierte Basis des m+1 für jede positiv orientierte Basis (v1 , . . . , vm ) von Tp M für alle p ∈ M ist. Dann ist ωM = ι∗ N detRm+1 R R mit der Einbettung ι : M → Rm+1 die kanonische Volumenform auf M . 11 Satz 8.7 (Volumen) Seien (M, T , D, g, or) eine m-dimensionale orientierte Untermannigfaltigkeit des m+1 , (U, h) eine orientierungserhaltende Karte und B ⊆ U eine messbare Teilmenge von M , die ganz in einem Kartengebiet liegt. Mit N und ωM des vorigen Satzes folgt dann Z Z Z (h) (h) ι∗ N detRm+1 = ωM = ι∗ N detRm+1 p ∂1,p , . . . , ∂m,p dλm (x) . vol B = R B B h(B) R Wegen der Identifikation der Tangentialvektoren als Vektoren im m+1 kann man das ι weglassen und ∂i,p = Jh−1 (x)ei mit x = h(p) setzen. Damit ergibt sich Z N detRm+1 h−1 (x) Jh−1 (x)e1 , . . . , Jh−1 (x)em dλm (x) vol B = h(B) Z ∂h−1 (x) ∂h−1 (x) det Nh−1 (x) , = ,..., ∂x1 ∂xm h(B) 12 dλm (x) .