Modul 1.6 - Augenoptik

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GIBS
Modul 1.6
1
Fehlsichtigkeiten
Modul 1.6
Fehlsichtigkeiten, Ametropien und deutliche
Sehbereiche
Fachgruppe Augenoptik
GIBS Olten
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
2
Fehlsichtigkeiten
Inhaltsverzeichnis
1
Das Auge als optisches Instrument
4
2
Die Schematischen Augen nach Gullstrand und Listing
5
2.1
Exaktes schematisches Auge nach Gullstrand
6
2.2
Reduziertes Auge nach Listing (Listing-Auge, schematisches Auge nach Listing)
2.2.1
Berechnungsgrundlagen des emmetropen Auges nach Listing
7
8
3
Einige Begriffe und ihre Definitionen
9
3.1
Übungen
14
4
Fehlsichtigkeiten
15
4.1
Emmetropie
15
4.2
Myopie
4.2.1
Der Längenfehler (axiale Myopie)
4.2.2
Der Brechungsfehler (refraktive Myopie)
4.2.3
Grad und Ausmass der Myopie
4.2.4
Funktionelle Myopien
4.2.5
Vollkorrektionsbedingung bei einer Myopie
16
17
17
18
19
20
4.3
Die Übersichtigkeit (Hyperopie oder Hypermetropie)
4.3.1
Der Längenfehler (axialer Fehler, axiale Hyperopie)
4.3.2
Der Brechungsfehler (refraktiver Fehler, refraktive Hyperopie)
4.3.3
Funktionelle Hyperopien
4.3.4
Vollkorrektionsbedingung bei einer Hyperopie
21
23
23
24
25
4.4
4.4.1
Deutliche Sehbereiche ohne Brille
Übungen
26
26
4.5
4.5.1
deutliche Sehbereiche mit Brille
Übungen
32
36
4.6
Berechnungen von Fehlsichtigkeiten
4.6.1
Übungen
37
38
5.1
Ursachen des Astigmatismus
40
5.2
Abbildung bei einem astigmatischen Auge
40
5.3
Benennung des Astigmatismus nach der Beschaffenheit der Hornhaut
41
5.4
5.4.1
5.4.2
Benennung des Astigmatismus nach der Achsenlage und Stärkegruppe
Gruppen nach der Achsenlage
Unterscheidung nach Stärkegruppen
42
42
42
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
3
Fehlsichtigkeiten
5.5
Übungen zum Astigmatismus
45
5.6
Die Fern- und Nahpunkte beim Astigmatismus
48
5.6.1
Übungsaufgaben
49
6
Die Alterssichtigkeit ( Presbyopie)
50
6.1
6.1.2
Berechnung der benötigten Addition bei Presbyopie
Übungsaufgaben
52
53
7
Die Linsenlosigkeit (Aphakie)
54
7.1
Auswirkungen der Aphakie
54
8
Anisometropie
56
9
Phorien und Tropien
56
9.1
Orthophorie
56
9.2
Heterophorie (verstecktes Schielen)
9.2.1
Ursachen von Heterophorien
9.2.2
Mögliche Beschwerden von Heterophorien
9.2.3
Korrektur von Heterophorien
57
58
58
59
9.3
Strabismus oder Heterotropie (manifestes Schielen)
9.3.1
Begleitschielen
9.3.2
Lähmungsschielen
59
61
61
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
4
Fehlsichtigkeiten
1 Das Auge als optisches Instrument
Das Auge kann als optisches Instrument betrachtet werden.
Manchmal wird das Auge mit einer Kamera [einem (digitalen) Fotoapparat oder einer Videokamera] verglichen. Allerdings ist dieser Vergleich nicht sehr zutreffend, da zwischen dem Auge und der Kamera beträchtliche Unterschiede bestehen.
Auge
Kamera
Das optische System besteht aus dem Tränenfilm, der
Hornhaut, dem Kammerwasser, der Augenlinse und dem
Glaskörper.
(Die Zwischenräume sind mit Kammerwasser aufgefüllt.)
Das rechtsichtige menschliche Auge hat - im
desakkommodierten Zustand - nur eine einzige (fixe)
bildseitige Brennweite.
Die Fokussierung (Scharfeinstellung) erfolgt durch eine
Änderung der Linsenform.
In der Netzhaut werden die physikalischen Lichtstrahlen
in Nervenströme umgewandelt und durch die Sehbahn
zur sofortigen Auswertung ins Gehirn weitergeleitet.
Die Abbildung muss (und darf!) nur in der Netzhautgrube
scharf sein.
Die Netzhautempfindlichkeit passt sich automatisch der
Umgebungshelligkeit an und bestimmt, ob farbig oder
schwarz-weiss gesehen wird und wie gut das
Auflösungsvermögen des Auges ist.
Das optische System besteht aus mehreren
Linsen.
[Die Zwischenräume sind mit Luft oder einem
Schutzgas (z.B. Stickstoff) aufgefüllt.]
Es können verschiedene Brennweiten (Objektive)
verwendet werden.
Die wesentlichen Abbildungsfehler sind (ohne Brille!)
die sphärische und die chromatische Aberration.
Alle anderen Abbildungsfehler stören nicht, da sie
ausserhalb der Netzhautgrube wirksam sind.
Je nach Wachstum können Fehlsichtigkeiten auftreten.
(D.h. die „Fertigungsqualität“ ist nicht konstant.)
Die Fokussierung (Scharfeinstellung) erfolgt
durch ein Verschieben von Linsen.
Auf Chip werden die physikalischen Lichtstrahlen
in elektrische Ströme umgewandelt, die auf einem
Datenträger gespeichert werden müssen.
Die Abbildung muss über die ganze Filmfläche
bzw. Chipfläche scharf sein.
Bei digitalen Aufnahmen kann die
Empfindlichkeit des Bildsensors verändert
werden, was einen Einfluss auf die Bildqualität
(Schärfe, Auflösungsvermögen und Rauschen)
hat.
Alle Abbildungsfehler, vor allem die sphärische
und die chromatische Aberration müssen
korrigiert werden.
Eine industrielle Fertigung mit engen Toleranzen
- und somit einer gleichbleibenden
Abbildungsqualität - ist möglich.
Da das Auge - wie zuvor aufgeführt - effektiv kein Instrument ist, benötigt man zur Ermittlung (Refraktion)
einer guten Korrektur (Brille oder Kontaktlinse) einen subjektiven Abgleich; nur die objektive Refraktion
mit dem Autorefraktometer genügt nicht! Der Computer (des Autorefraktometers) interpretiert das menschliche Auge als optisches Instrument und berücksichtigt das subjektive Empfinden und die individuellen Sehgewohnheiten oder die momentane „Tagesform“ des Kunden nicht. Somit stimmt der objektiv gemessene
Sehfehler nicht ganz mit der Korrektur überein, welche effektiv benötigt bzw. als angenehm empfunden
wird.
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
5
Fehlsichtigkeiten
Erklärungen für diese „Fehlmessung“:
-
Die Augen des Menschen haben in der Regel einen kombinierten Baulängenfehler und einen Brechwertfehler.
Diese beiden Fehler können sich kompensieren, gegenseitig Abschwächen oder - im ungünstigen Fall gegenseitig verstärken. Somit ist es möglich, dass trotz je eines Längen- und eines Brechungsfehlers eine
gute Sehleistung erreicht wird oder dass bei einem kleinen Brechungsfehler eine starke Fehlsichtigkeit
vorhanden ist.
- Der Autorefraktometer benötigt für eine gute Messung klare optische Medien. Falls beispielsweise eine
Linsentrübung vorhanden ist, wird die Messung weniger präzis oder ist evtl. überhaupt nicht möglich.
Zudem berücksichtigt der Autorefraktometer allfällig vorhandene Netzhauterkrankungen nicht.
- Ein weiteres Problem ist das subjektive Empfinden und die Beobachtungsgabe jedes individuellen Menschen. Eine Person sagt beispielsweise mit einem Visus von 0,8, dass sie „Nichts“ sehe; eine andere Person sagt jedoch mit einem Visus von 0,3 sie sehe gut!
- Bei einer Ungleichsichtigkeit, einer sogenannten Anisometropie, kann evtl. eine beidseitige Vollkorrektur
auf Grund der Bildgrössendifferenz (= Aniseikonie) vom Kunden nicht vertragen werden.
Für Berechnungen und Konstruktionen werden zur Vereinfachung sogenannte „Normaugen“ angenommen.
2 Die Schematischen Augen nach Gullstrand und Listing
Die Werte dieses schematischen Auges können als Durchschnittswerte für die Augen eines - gemäss mittlerer Duane-Kurve ca. 16-jährigen - jugendlichen Mitteleuropäers angesehen werden.
Da die Werte des schematischen Auges nach Gullstrand jedoch nur ein statistisches Mittel darstellen, können
die einzelnen Masse eines bestimmten, individuellen, menschlichen Auges erheblich von der „Norm“ abweichen.
Gullstrand gibt für sein schematisches Auge jeweils zwei Werte an, je einen Wert für das:
- vollkommen desakkommodierte Auge (d.h. beim Blick in die Ferne bzw. ins Unendliche)
- maximal akkommodierte Auge (d.h. beim Blick in die Nähe).
Genaugenommen hat Gullstrand zwei Augenmodelle vorgestellt, das exakte und das vereinfachte schematische Auge. Wir schauen nur kurz das exakte Modell an.
Schülerversion
GIBS
2.1
Modul 1.6
6
Fehlsichtigkeiten
Exaktes schematisches Auge nach Gullstrand
Mit dem exakten schematischen Auge nach Gullstrand wurden ursprünglich die punktuell abbildenden Brillengläser berechnet.
Mit dem Normauge nach Gullstrand werden einige wichtige Begriffe, wie der Augendrehpunkt oder die
Achsen des menschlichen Auges definiert.
Anmerkung:
Schülerversion
Die Werte des exakten Normauges nach Gullstrand müssen nicht auswendig gelernt werden.
Bei Bedarf können die Werte im „Formel-Handbuch für Augenoptik“ nachgeschlagen werden.
In der Berufsschule werden wir nicht mit diesen beiden schematischen Augen Berechnungen durchführen.
Modul 1.6
GIBS
2.2
7
Fehlsichtigkeiten
Reduziertes Auge nach Listing (Listing-Auge, schematisches Auge nach Listing)
Das schematische Auge nach Listing ist stark reduziert. Bei ihm wird nur eine brechende Fläche, die vordere
Hornhautfläche, angenommen. Der Brechwert des Gesamtsystems ist beim emmetropen (rechtsichtigen)
̅ mm entspricht. Im Innern des Auges wird nur eine
Auge +60,0 dpt, was einem (Hornhaut)Radius von
̅ mm.
Brechzahl von ̅ (≙ Wasser) angenommen. Dies ergibt ein bildseitige Brennweite von
Das reduzierte Auge nach Listing hat nur eine Hauptebene, die auf dem Hornhautscheitel liegt. Das reduzierte Auge nach Listing wird somit als eine einzelne brechende Kugelfläche angenommen. Der Knotenpunkt
liegt exakt auf dem Krümmungsmittelpunkt der Kugelfläche.
In der Berufsschule wird das reduzierte Auge nach Listing für die Berechnungen der Fehlsichtigkeiten und
der Sehbereiche verwendet. Dieses stark vereinfachte Auge hat zusammengefasst:
- eine brechende Fläche, die gleichzeitig die Hauptebene des Auges ist
- ein Krümmungsradius
- ein Brechungsindex
DA = +60,0 dpt
H*A = SA
(= Scheitelebene)
FA
CA = K*A
CA = K*A
Schülerversion
NH
(= Netzhautebene)
F’A
Modul 1.6
GIBS
8
Fehlsichtigkeiten
Die Werte des emmetropen reduzierten Auges nach Listing sind:

̅

(
)
(

)
̅
̅
̅ mm

̅


2.2.1 Berechnungsgrundlagen des emmetropen Auges nach Listing
Für den Brechwert des emmetropen Auges gilt:
̅
̅
Die bildseitige Brennweite des emmetropen Auges berechnet sich:
̅
̅
̅
Die bildseitige Brennweite entspricht auch der (optischen) Länge und der Bildweite des (emmetropen) reduzierten Auges nach Listing.
Für die objektseitige Brennweite gilt:
̅
Schülerversion
̅
̅
Modul 1.6
GIBS
9
Fehlsichtigkeiten
3 Einige Begriffe und ihre Definitionen
ohne Korrektion
(sc)
mit
Bezeichnung
Korrektion (cc)
od
oculus dexter  rechtes Auge
os
oculus sinister  linkes Auge
DA
Brechwert des Auges [dpt]
rA
CA
Hornhautradius [m] oder Hornhautradiusmittelpunkt
l' A
Augenlänge [m]
L' A
Vergenz der Augenlänge [dpt]
n'
Brechzahl des Augenmediums
De
Brechwert des emmetropen Auges [dpt]
F' A FA
bild- oder objektseitiger Augenbrennpunkt
f 'A fA
bild- oder objektseitige Augenbrennweite [m]
D max
maximaler Akkomodationsaufwand, Akkommodationsvermögen [dpt]
R
R cc
Fernpunkt
E
E cc
Einstellpunkt
P
Pcc
Nahpunkt
aRcc A RCC
Fernpunktabstand [m]
aR
AR
oder Fernpunktrefraktion [dpt]
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
10
Fehlsichtigkeiten
aE
AE
aEcc
A Ecc
Einstellpunktabstand [m] oder Einstellpunktsrefraktion [dpt]
aP
AP
aPcc
A Pcc
Nahpunktabstand [m]
oder Nahpunktsrefraktion [dpt]
A
A max
Akkommodationserfolg oder
max Akkommodationserfolg [dpt]
dS
dS cc
deutliches Sehgebiet [von ... bis ...]
AG
AG cc
Akkommodationsgebiet [von ... bis ...]
DBr
fBr
H *Br
f 'Br
Add
FAdd
Brechwert [dpt] oder Hauptebene
des Brillenglases
bild- oder objektseitige Brennweite
des Brillenglases [m]
Nahzusatz [dpt]
F' Add
HSA e
objekt - oder bildseitiger Brennpunkt
des Nahzusatzes
Hornhaut - Glasscheitelabstand [m]
Fernpunkt (R)= punktum remotum
Der Fernpunkt ist der Punkt, welcher ohne Akkommodation scharf auf der Netzhaut abgebildet wird. Er
liegt beim
 emmetropen Auge im Unendlichen

myopen (kurzsichtigen) Auge im Endlichen vor dem Auge

hyperopen (weitsichtigen) Auge im Endlichen hinter dem Auge
Fernpunktabstand (aR)
Der Fernpunktabstand ist der Abstand vom Hornhautscheitel bis zum Fernpunkt. Das jeweilige Vorzeichen muss angegeben werden.
Fernpunktrefraktion (AR)
Die Fernpunktrefraktion ist der Kehrwert des Fernpunktabstandes und wird in Dioptrien und dem
entsprechenden Vorzeichen angegeben.
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
11
Fehlsichtigkeiten
Akkommodation
Unter Akkommodation versteht man die Fähigkeit des Auges, seinen Brechwert auf verschiedenen Distanzen scharf einzustellen.
Einstellpunkt (E)
Dies ist der Punkt, der beim teilakkommodierten Auge deutlich abgebildet wird. Er liegt zwischen dem
Fern- und dem Nahpunkt.
Akkommodationsentfernung (aE)
Die Akkommodationsentfernung ist der Abstand vom Hornhautscheitel bis zum Einstellpunkt E. Das
jeweilige Vorzeichen muss angegeben werden.
Einstellrefraktion (AE)
Die Einstellrefraktion ist der Kehrwert der Strecke aE und wird in Dioptrien mit dem entsprechenden
Vorzeichen angegeben.
Nahpunkt (P)= punktum proximum
Der Nahpunkt ist der naheste Punkt, der mit maximaler Akkommodation scharf auf der Netzhaut abgebildet wird. Er liegt beim
 emmetropen und myopen Auge im Endlichen vor dem Auge und zwar näher beim Hornhaut-
scheitel als der Fernpunkt.

hyperopen (weitsichtigen) Auge im Endlichen hinter dem Auge (weiter entfernt als der Fernpunkt), im Unendlichen oder im Endlichen vor dem Auge.
Nahpunktabstand (aP)
Der Nahpunktabstand ist der Abstand vom Hornhautscheitel bis zum Nahpunkt. Das jeweilige Vorzeichen muss angegeben werden.
Nahpunktrefraktion (AP)
Die Nahpunktrefratkion ist der Kehrwert des Nahpunktabstandes und wird in Dioptrien mit dem entsprechenden Vorzeichen angegeben.
Akkommodationsgebiet (AG)
Das Akkommodationsgebiet entspricht der Strecke vom Fernpunkt (R) bis zum Nahpunkt (P). Alle Einstellpunkte liegen innerhalb des Akkommodationsgebiets. Das Akkommodationsgebiet wird auch als Akkommodationsbereich (oder Akkommodationsstrecke) bezeichnet.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
12
Fehlsichtigkeiten
Als Akkommodation bezeichnet man (nach DIN 5340) den Vorgang der Einstellung des Auges auf eine bestimmte Entfernung. Anders ausgedrückt ist die Akkommodation die Brechwerterhöhung der Augenlinse (in
dpt) beim Blick in die Nähe. Die Akkommodation in Dioptrien hat immer ein positives Vorzeichen. Die
maximale Akkommodationsfähigkeit nimmt mit zunehmendem Alter ab. Beim Akkommodieren wird das
Auge „kurzsichtig(er)“.
Als Desakkommodation bezeichnet man die Entspannung der Akkommodation (was eigentlich eine Brechwertsenkung der Augenlinse ist) beim Blick in die Ferne.
Die Angabe des Akkommodationsgebiets erfolgt immer von ... bis ... und wird in m bzw. in cm angegeben!
Das Akkommodationsgebiet (AG) wird genaugenommen mit dem maximalen Akkommodationserfolg berechnet.
AG  von
1
AR
bis
1
AP
Deutlicher Sehbereich (dS)
Der praktisch benutzbare Teil des Akkommodationsgebiets wird (einigermassen willkürlich) als deutlicher
Sehbereich bezeichnet. Derjenige Teil des Akkommodationsgebietes, der vor dem Auge liegt, wird als deutlicher Sehbereich bezeichnet.
Falls das hyperope Auge einen (reellen) deutlichen Sehbereich hat, beginnt dieser immer im Unendlichen
und endet beim Nahpunkt (im Endlichen vor dem Auge)!
Die Angabe des deutlichen Sehbereichs erfolgt logischerweise ebenfalls immer von ... bis ... und wird in m
bzw. cm angegeben!
Maximaler Akkommodationserfolg (ΔAmax)
Die Differenz zwischen der Fernpunktrefraktion (AR) und der Nahpunktrefraktion (AP) ist der maximale
Akkommodationserfolg (ΔAmax). Er wird in Dioptrien angegeben und ist immer positiv!
Der maximale Akkommodationserfolg wird teilweise auch noch als Akkommodationsbreite (AB) bezeichnet.
Zur Berechnung des maximalen Akkommodationserfolgs wird grundsätzlich die Fernpunktrefraktion [AR (in
dpt)] minus die Nahpunktrefraktion [AP (in dpt)] gerechnet.
A max  A R  A P
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
13
Fehlsichtigkeiten
Akkommodationserfolg (ΔA)
Die Differenz zwischen der Fernpunktrefraktion (AR) und der Einstellrefraktion (AE) ist der Akkommodationserfolg (ΔA). Er wird in Dioptrien angegeben und ist immer positiv!
Zur Berechnung des Akkommodationserfolgs wird grundsätzlich von der Fernpunktrefraktion [AR (in dpt)]
die Einstellrefraktion [AE (in dpt)] subtrahiert.
Es gilt:
A  A R  A E
Momentleistung
Die maximale Akkommodation kann nur während einem kurzen Zeitraum voll ausgenützt werden.
Dauerleistung
Über einen längeren Zeitraum (z.B. beim Arbeiten oder beim Lesen eines Buchs) kann die maximale Akkommodation nur teilweise ausgenützt werden.
Über einen längeren Zeitraum, d. h. bei Dauerleistung, kann zwischen (nach Reiner) und (nach Schober)
des maximalen Akkommodationserfolges ausgenützt werden.
Hornhautscheitelabstand HSA
Der Hornhaut-Glasscheitelabstand ist der Abstand zwischen dem Scheitelpunkt der Hornhaut und dem bildseitigen Scheitelpunkt des Brillenglases.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
3.1
14
Fehlsichtigkeiten
Übungen
Füllen Sie mit Hilfe der vorhergehenden Definitionen folgende Tabelle aus:
1.
-0,5
Akkommodations-
bereich in m
gebiet in m
-0,10
2.
-0,50
3.
+0,40
-0,25
4.
-0,33
+2
5.
+0,2 bis -0,5
6.
-8
7.
+0,40
+3
+0,50
8.
9.
Deutlicher Seh-
+0,5 bis -0,5
+3
Schülerversion
-1
Modul 1.6
GIBS
15
Fehlsichtigkeiten
4 Fehlsichtigkeiten
Bevor die Fehlsichtigkeiten behandelt werden, muss zuerst definiert werden, was die Emmetropie, bzw. die
Rechtsichtigkeit ist.
4.1
Emmetropie
Um einen Gegenstand scharf sehen zu können, müssen die in das Auge einfallenden Lichtstrahlen von der
Hornhaut und der Linse gebrochen und auf der Netzhaut gebündelt werden. Werden sie nicht genau auf der
Netzhaut, sondern beispielsweise davor oder dahinter, gebündelt, wird die Abbildung unscharf, das Auge ist
fehlsichtig.
Ein Auge wird als normalsichtig (emmetrop) bezeichnet, wenn es in entspanntem Zustand (d.h. ohne Akkommodation) einen unendlich entfernten Gegenstand scharf auf der Netzhaut abbildet.
Der Fernpunkt eines emmetropen Auges liegt im Unendlichen. Da der Fernpunkt im Unendlichen liegt, ist
die Fernpunktrefraktion gleich Null (AR = 0.0 dpt). Der Brechwert des emmetropen Auges ( ) beträgt nach
Listing +60.0 dpt. Der bildseitige Brennpunkt F’A liegt auf der Netzhautgrube.
Die bildseitige Brennweite f’A ist gleich der Länge des Auges l’A und entspricht für ein unendlich weit entferntes Objekt der Bildweite a’.
Es gilt: f’A = l’A = a’ = +22.22mm.
Der deutliche Sehbereich ist gleich dem Akkommodationsgebiet.
R = im (-)∞
A
…
FA
…
Schülerversion
DA = +60,0 dpt
DA = +60,0 dpt
F’A
Modul 1.6
GIBS
4.2
16
Fehlsichtigkeiten
Myopie
Ein Auge ist kurzsichtig, wenn es im Verhältnis zum Brechwert des optischen Systems zu lang gebaut ist.
Etwas einfacher ausgedrückt bedeutet dies: Ein kurzsichtiges Auge ist zu lang gebaut oder das optische System zu stark brechend (oder beides kombiniert).
Man spricht dabei von:

den Längenfehlern (axialer Fehler, axiale Myopie)

den Brechungsfehlern (refraktiver Fehler, refraktive Myopie)

der Kombination aus axialem und refraktivem Fehler
Beim myopen Auge gelten folgende Punkte:

Der Fernpunkt liegt im Endlichen vor dem Auge.
H*A
R
R’

Der Nahpunkt liegt zwischen dem Fernpunkt und dem Auge. Der Nahpunkt ist also näher am Hornhautscheitel als der Fernpunkt.

Der Einstellpunkt liegt im Endlichen vor dem Auge, näher als der Fernpunkt aber weiter entfernt als der
Nahpunkt.

Das Akkommodationsgebiet ist reell. Es beginnt im Endlichen vor dem Auge beim Fernpunkt und endet
im Endlichen vor dem Auge beim Nahpunkt.
H*A
R
Schülerversion
P
GIBS
Modul 1.6
17
Fehlsichtigkeiten
4.2.1 Der Längenfehler (axiale Myopie)
Ein kurzsichtiges Auge mit einem Längenfehler weist eine Brechkraft von +60.0dpt auf, so wie ein emmetropes Auge, aber es ist länger als 22.22mm. Der bildseitige Brennpunkt des Auges befindet sich nicht auf
der Netzhaut, sondern in 22.22mm vor der Netzhaut. Ein Objektpunkt wird unscharf als Zerstreuungskreis
auf der Netzhaut abgebildet.
DA=+60dpt
H*A
R
4.2.2 Der Brechungsfehler (refraktive Myopie)
Ein kurzsichtiges Auge mit einem Brechungsfehler weist eine Länge von +22.22mm auf, gleich wie ein emmetropes Auge, aber das brechende System (Hornhaut und Linse) ist stärker als +60.0dpt. Die Brennweite
dieses Systems ist kürzer als die Länge des Auges. Dies bedeutet, dass sich achsenparallele Strahlen vor der
Netzhaut schneiden und auf der Netzhaut ein Zerstreuungskreis entsteht. Die Abbildung ist unscharf. Strahlen, die parallel auf das Auge fallen, werden vor der Netzhaut in einem Punkt vereinigt. Auf der Netzhaut
entsteht ein unscharfes Bild. Strahlen, die vom Fernpunkt kommen, werden auf der Netzhaut zu einem Punkt
vereinigt. Der Fernpunkt liegt in endlicher Entfernung vor dem Auge.
DA >+60dpt
H*A
R
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
18
Fehlsichtigkeiten
4.2.3 Grad und Ausmass der Myopie
Bei Zunahme der Myopie nimmt der Visus sehr schnell ab. Die untenstehende Tabelle gibt den ungefähren
Visus bei der entsrechenden Myopie an:
Myopie
[dpt]
Visus
(zu erwartender durchschnittlicher Visus)
0,0
1,0
-0,25
0,9-0,8
-0,50
0,7-0,6
-0,75
0,5
-1,00
0,4
-1,25
0,3
-1,50
0,2
-2,00
0,1
-2,00
<0,1

Die schwache Kurzsichtigkeit beschreibt gewöhnlich eine Kurzsichtigkeit von -3.0 dpt oder
weniger

Die mittlere Kurzsichtigkeit ist üblicherweise eine Myopie zwischen -3.0 und -6.0 dpt.

Die starke Kurzsichtigkeit (auch: Myopia magna) beschreibt meist eine Fehlsichtigkeit von
-6.0 dpt oder mehr. Etwa 18 % der Kurzsichtigen entwickeln eine starke Myopie.
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
19
Fehlsichtigkeiten
4.2.4 Funktionelle Myopien
Unabhänig der Art der Myopie (Längen- oder Brechungsmyopie) gibt es noch die funktionellen Myopien,
die durch ungewöhnliche Umstände hervorgerufen werden.
a)
Nachtmyopie
Darunter versteht man eine Kurzsichtigkeit, deren Ursache die Dunkelheit ist. Bei abnehmender Beleuchtung
wandert die Akkommodationsruhelage durch ein verändertes Distanzbewusstsein näher zum Auge hin; d.h.
das Auge akkommodiert um einen gewissen Betrag und stellt sich auf eine näher vor dem Auge liegenden
Ebene ein, es stellt sich eine Myopie ein. Zusätzlich öffnen sich bei Dunkelheit die Pupillen, um möglichst
viel Licht einzulassen, was eine Verringerung der Tiefenschärfe und eine Zunahme der sphärischen Aberration bewirkt. Wegen der sphärischen Aberration wird das Auge um ca. -0.3dpt myop. Als weitere Ursache
der Nachtmyopie kann die Verschiebung der spektralen Empfindlichkeit der Rezeptoren genannt werden: im
skotopischen (Stäbchen-) Sehen ist die spektrale Empfindlichkeit bei ca. 507nm am höchsten. Beim Tages(Photopisches-) Sehen liegt sie bei ca. 555nm (beachten Sie FB. S.139). Die Änderung von ca. 50nm entspricht einer Änderung der Brechkraft um ca. 0.3dpt.
b)
Instrumentenmyopie
Beim Einblick in optische Instrumente kann sich eine unwillkürliche Akkommodation ergeben, die zu einer
vorübergehenden Kurzsichtigkeit führen kann.
c)
Transitorische Myopie
Als transitorische Myopie bezeichnet man eine vorübergehend auftretende Myopie infolge einer Krankheit,
eines Medikaments, einer Droge oder einer Schwangerschaft. Eine transitorische Myopie variiert oftmals in
ihrer Stärke. Daher ist es wenig sinnvoll, eine solche Kurzsichtigkeit zu korrigieren, bevor (z.B. im Verlauf
der Therapie) ein stabiler Refraktionszustand erreicht ist.
Beispielsweise wird bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) die Myopie stärker (z.T. um mehrere Dioptrien!), wenn der Blutzuckergehalt steigt. Der Refraktionszustand stabilisiert sich erst, wenn der Blutzuckergehalt reguliert ist.
Gewisse legale Drogen (Medikamente) wie beispielsweise augendrucksenkende Mittel, Antidiabetika oder
Antibiotika können in seltenen Fällen eine transitorische Myopie hervorrufen. Diese Kurzsichtigkeit verschwindet normalerweise nach dem Absetzen des entsprechenden Medikaments.
Eine vorübergehende Myopisierung kann auch durch gewisse Drogen ausgelöst werden.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
20
Fehlsichtigkeiten
4.2.5 Vollkorrektionsbedingung bei einer Myopie
Strahlenverlauf beim unkorrigierten myopen Auge:
H*A
y ist im (-)∞
R
aR (-)
Strahlenverlauf beim korrigierten myopen Auge:
y ist im HBG H’BG
H*A
F’BG
=R
F’S
s’BG (-)
e = HSA
f’BG (-)
aR (-)
Ein Auge ist für die Ferne vollkorrigiert, wenn der bildseitige Brennpunkt des Brillenglases (F' BG) deckungsgleich mit dem Fernpunkt des Auges (R) ist!
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
4.3
21
Fehlsichtigkeiten
Die Übersichtigkeit (Hyperopie oder Hypermetropie)
Ein Auge ist weitsichtig, wenn es im Verhältnis zum Brechwert des optischen Systems zu kurz gebaut ist.
Etwas einfacher ausgedrückt bedeutet dies: ein weitsichtiges Auge ist zu kurz gebaut oder das optische System zu schwach brechend oder beides kombiniert.
Man spricht dabei von:

dem Längenfehler (axialer Fehler, axiale Hyperopie)

dem Brechungsfehler (refraktiver Fehler, refraktive Hyperopie)

Kombination aus axialem und refraktivem Fehler
Beim hyperopen Auge gelten folgende Punkte:

Der Fernpunkt liegt im Endlichen hinter dem Auge
H*A
R
aR (+)

Der Nahpunkt kann (in Abhängigkeit von der Fehlsichtigkeit und der maximalen Akkommodationsfähigkeit) im Endlichen hinter dem Auge weiter entfernt als der Fernpunkt sein, oder im Unendlichen oder
im Endlichen vor dem Auge liegen.

Der Einstellpunkt kann im Endlichen hinter dem Auge, aber weiter entfernt als der Fernpunkt, im Unendlichen oder im Endlichen vor dem Auge, ebenfalls weiter als der Nahpunkt liegen.

Beim hyperopen (übersichtigen) Auge ist das Akkommodationsgebiet zumindest teilweise virtuell. Es
beginnt im Endlichen hinter dem Auge (beim Fernpunkt) und kann ebenfalls im Endlichen hinter dem
Auge (weiter entfernt, beim Nahpunkt), im Unendlichen (ebenfalls beim Nahpunkt) oder im Endlichen
vor dem Auge (wiederum beim Nahpunkt) enden.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
22
Fehlsichtigkeiten
H*A
R
In diesem Fall gibt es keinen deutlichen Sehbereich.
P = im (-)∞
H*A
R
In diesem Fall ist der deutliche Sehbereich auf nur einen Punkt im Unendlichen beschränkt.
H*A
P
Der deutliche Sehbereich ist in diesem Falle nur der Bereich vor dem Auge.
Schülerversion
R
P
GIBS
Modul 1.6
23
Fehlsichtigkeiten
4.3.1 Der Längenfehler (axialer Fehler, axiale Hyperopie)
Ein weitsichtiges Auge mit einem Längenfehler weist eine Brechkraft von +60.0dpt auf, so wie ein emmetropes Auge, aber es ist kürzer als 22.22mm. Der bildseitige Brennpunkt des Auges befindet sich nicht auf
der Netzhaut, sondern in 22.22mm hinter der Netzhaut. Ein Objektpunkt wird unscharf als Zerstreuungskreis auf der Netzhaut abgebildet.
DA=+60dpt
H*A
R
4.3.2 Der Brechungsfehler (refraktiver Fehler, refraktive Hyperopie)
Ein weitsichtiges Auge mit einem Brechungsfehler weist eine Länge von +22.22mm auf, gleich wie ein
emmetropes Auge, aber das brechende System (Hornhaut und Linse) ist schwächer als +60.0dpt. Die
Brennweite dieses Systems ist länger als die Länge des Auges. Dies bedeutet, dass sich achsenparallele
Strahlen hinter der Netzhaut schneiden und auf der Netzhaut ein Zerstreuungskreis entsteht. Die Abbildung ist unscharf. Strahlen, die parallel auf das Auge fallen, werden hinter der Netzhaut in einem Punkt
vereinigt. Auf der Netzhaut entsteht ein unscharfes Bild. Strahlen, die auf den Fernpunkt hinzielen,
werden auf der Netzhaut zu einem Punkt vereinigt. Der Fernpunkt liegt in endlicher Entfernung hinter
dem Auge.
DA <+60dpt
H*A
R
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
24
Fehlsichtigkeiten
Egal ob es sich um eine Brechungs- oder Längenhyperopie handet, ist es teilweise schwierig, die vollständige Hyperopie zu messen. Man unterscheidet:
Latente Hyperopie

Versteckter Anteil der Hyperopie (Muskeltonus)

bei Refraktion nicht ohne weiteres messbar!

0 - 10 Jahre:

10 - 20 Jahre: ca. 1/3 der totalen Hyperopie

20 - 30 Jahre: ca. 1/4 der totalen Hyperopie

über 30 Jahre: keine latente Hyperopie
ca. 1/2 der totalen Hyperopie
Manifeste Hyperopie

Sofort messbarer Anteil der Hyperopie
Der manifeste Anteil und der latenter Anteil einer Hyperopie ergeben die totale Hyperopie.
4.3.3 Funktionelle Hyperopien
a) Transitorische Hyperopie
Die transitorische Hyperopie ist, wie der Name sagt, nur über eine gewisse, meist kurze Zeit vorhanden. Sie
ist eher selten und kommt zeitweise bei Patienten mit Diabetes vor. Aber auch Medikamente, Gifte ( Engelstrompete) und Drogen (Kokain) haben diese Wirkung.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
25
Fehlsichtigkeiten
4.3.4 Vollkorrektionsbedingung bei einer Hyperopie
Strahlenverlauf beim unkorrigierten hyperopen Auge:
y ist im (-)∞
H*A
R
aR (+)
Strahlenverlauf beim korrigierten hyperopen Auge:
HBG H’BG
+
H*A
F’BG
S2
F’S
e = HSA
aR (+)
s’BG (+)
f’BG (+)
Schülerversion
=R
GIBS
4.4
Modul 1.6
26
Fehlsichtigkeiten
Deutliche Sehbereiche ohne Brille
Für die Berechnung der deutlichen Sehbereiche ohne Brille sind folgende Formeln nötig:
Folgende Schritte werden benötigt (Beispiel bei einer emmetropen Person mit einem maximalen Akkommodationsaufwand von +10dpt
1. Bestimmen des Fernpunktes R:
Kehrwert der axialen Refraktion; im Beispiel der Kehrwert von 0dpt  AR im Unendlichen
2. Bestimmen des Nahpunktes P:
nahster Punkt bei maximaler Akkommodation. Im Beispiel Kehrwert von +10.00dpt  AP in 10cm
3. Bestimmen der Akkommodationsbreite:
Differenz in dpt zwischen Fernpunkt R und Nahpunkt P. Im Beispiel: +10.0dpt
4. Bestimmen des Akkommodationsgebietes: Differenz in cm oder m zwischen Fernpunkt R und Nahpunkt P. Im Beispiel von Unendlich bis 10cm vor dem Auge
5. Bestimmen des deutlichen Sehbereichs: derjenige Bereich des Akkommodationsgebietes, der vor
dem Auge liegt.
4.4.1 Übungen
1. Bei einem emmetropen Auge befindet sich der Nahpunkt -50 cm vor dem Auge
Geben Sie das Akkommodationsgebiet an!
AG on Unendlich
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
27
Fehlsichtigkeiten
2. Bei einem emmetropen Auge ist der Nahpunkt 12,5 cm vor dem Auge.
Wie gross ist das Akkommodationsgebiet?
AG = von ∞ (Unendlich) bis -12,5 cm
3. Ein emmetropes Auge kann maximal 10 dpt akkommodieren.
Wie gross ist das Akkommodationsgebiet dieses Auges?
AG = von ∞ bis -10,0 cm
4. Wie viel kann ein emmetropes Auge maximal akkommodieren, wenn das Akkommodationsgebiet von
Unendlich bis -200 mm geht?
Maximale Akkommodation = +5,0 dpt
5. Ein myopes Auge (AR = -1,0 dpt) kann maximal +3,0 dpt akkommodieren.
Berechnen Sie das Akkommodationsgebiet!
AG = von -1,0 m (-100 cm) bis -25,0 cm
6. Die maximal mögliche Akkommodation eines kurzsichtigen Auges (AR = -2,0 dpt) beträgt +4,0 dpt.
Wie gross ist das Akkommodationsgebiet dieses Auges?
AG = von -50,0 cm bis -
Schülerversion
̅ cm
GIBS
Modul 1.6
28
Fehlsichtigkeiten
7. Bestimmen Sie das Akkommodationsgebiet eines Auges mit den folgenden Werten:
AR = -0,5 dpt; maximale Akkommodationsfähigkeit = 2,0 dpt.
AG = von -2,0 m (-200 cm) bis -40,0 cm
8.
a.
b.
Wie viele dpt kann ein kurzsichtiges Auge (AR = -5,0 dpt) akkommodieren, wenn das
Akkommodationsgebiet bei -0,1 m endet?
Wie gross ist das Akkommodationsgebiet?
a.
Maximale Akkommodation = +5,0 dpt
b.
AG = von -20,0 cm bis -10,0 cm
9. Das Akkommodationsgebiet reicht von -125 cm bis -12,5 cm.
a. Welche Fernpunktrefraktion hat das Auge?
b. Wie viel Dioptrien kann das Auge akkommodieren?
a.
AR = -0,8 dpt
b.
Maximale Akkommodation = +7,2 dpt
10. Das Akkommodationsgebiet geht von 4,0 m vor dem Auge bis -500 mm. Wie viel dpt kann das Auge
akkommodieren?
Maximale Akkommodation = +1,75 dpt
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
29
Fehlsichtigkeiten
11. Ein hyperopes Auge (AR = +10,0 dpt) kann 8,0 dpt akkommodieren.
Bestimmen Sie das Akkommodationsgebiet dieses Auges!
AG = von +10,0 cm bis +50,0 cm
12. Die maximale Akkommodation eines hyperopen Auges beträgt +6,25 dpt.
Wie gross ist das Akkommodationsgebiet dieses Auges, wenn der Fernpunktabstand
+16 cm beträgt?
AG = von +16,0 cm bis ∞
13. Ein +3,0 dpt hyperopes Auge kann +7,0 dpt akkommodieren.
Berechnen Sie das Akkommodationsgebiet dieses Auges!
AG = von +
̅ cm bis -25,0 cm
14. Das Akkommodationsgebiet reicht von 0,25 m hinter dem Auge bis 25 cm vor dem Auge.
a. Berechnen Sie die Fernpunktrefraktion!
b. Berechnen Sie die maximal mögliche Akkommodation dieses Auges!
a.
AR = +4,0 dpt
b.
Maximale Akkommodation = +8,0 dpt
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
30
Fehlsichtigkeiten
15. Ein Auge, das 9,0 dpt hyperop ist, kann maximal 7,5 dpt akkommodieren.
Geben Sie das Akkommodationsgebiet für dieses Auge an!
AG = von +
̅ cm bis +
̅ cm
16. Ein Auge, dessen Fernpunktabstand +1,25 dm beträgt, sieht bei maximaler Akkommodation ein unendlich weit entferntes Objekt scharf.
a. Wie viele Dioptrien kann dieses Auge akkommodieren?
b. Wie gross ist das Akkommodationsgebiet dieses Auges?
c. Ist das Auge emmetrop, myop oder hyperop?
a.
Maximale Akkommodation = +8,0 dpt
b.
AG = von +12,5 cm bis ∞
c.
Das Auge ist hyperop.
17. Ein myopes Auge sieht maximal auf 4 m vor dem Auge scharf und kann 4,0 dpt akkommodieren.
Wie gross ist das Akkommodationsgebiet?
AG = von -4,0 m (-400 cm) bis -23,53 cm
18. Das Akkommodationsgebiet eines hyperopen Auges reicht von +0, 3 m bis ins Unendliche.
Wie viel Dioptrien kann dieses Auge akkommodieren?
Maximale Akkommodation = +3,0 dpt
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
31
Fehlsichtigkeiten
19. Der Nahpunkt eines Auges ist 12,5cm vor dem Auge. Der Einstellpunkt liegt bei zwei Drittel der vollen
Akkommodation genau 20cm vor dem Auge. Wie lautet die Fernpunktsrefraktion dieser Person?
20. Der Nahpunkt eines Auges liegt 50cm vor dem Auge. Bei Benutzung von zwei Drittel der vollen Akkommodation liegt der Einstellpunkt gerade im Unendlichen. Berechnen Sie den Fernpunktsabstand.
21. Der Nahpunkt eines Auges liegt 20cm vor dem Auge. Bei Benutzung von einem Drittel der vollen Akkommodation liegt der Einstellpunkt 40cm vor dem Auge. Berechnen Sie das Akkommodationsgebiet.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
4.5
32
Fehlsichtigkeiten
deutliche Sehbereiche mit Brille
Es ist von entscheidender Wichtigkeit, bestimmen zu können, von wo bis wo ein Kunde scharf sieht, sei dies
mit oder ohne Korrektur. Schwieriger wird es vor allem dann, wenn eine falsche Fernkorrektur oder eine
falsche Addition vorhanden ist. Auch hier muss man die deutlichen Sehbereiche bestimmen können.
Es gibt grundsätzlich zwei Arten, wie man die deutlichen Sehbereiche berechnen kann. Zum einen mit Hilfe
des Refraktionsdefizites oder aber mit Formeln. Dann aber führen die kleinsten Vorzeichenfehler zu unmöglichen Resultaten.
Für die deutlichen Sehbereiche mit Korrektion braucht es:
Diese werden wie folgt berechnet:
(
)
(
)
Dabei gilt:

VKHSAx: Vollkorrektion bei einem bestimmten HSA, entspricht ARsc bei einem HSA von 0

DBR,F: Brechwert des Brillenglases, Ferne

: maximaler Akkommodationsaufwand; Wird nur die Hälfte oder zwei drittel vom maximalen
Akkommodationsaufwand verwendet, dann wird
durch
ersetzt. Zugleich muss dann aber auch
ersetzt werden durch
Eine weitere Möglichkeit, die Akkommodationsgebiete und deutlichen Sehbereiche zu berechnen, ist die
Methode mit dem Augenmodell. Dazu wird eine Tabelle erstellt zur Berechnung des Brechwertes des Auges
mit Korrektion ohne und mit Akkommodation. Für jeden Bereich der Brille (Ferne, Nähe…) wird eine separate Tabelle erstellt.
Folgende Werte müssen dann in der Tabelle eingesetzt werden:
DA: Brechwert des Auges ohne Akkommodation und Korrektion
DBR,F: Brechwert des Brillenglases für die Ferne
Add.: Addition, wenn vorhanden
Akk.: Akkommodation
DAcc: Summe: Auge mit Korrektion und eventueller Akkommodation
Schülerversion
GIBS
Ohne Akk.
Modul 1.6
33
Fehlsichtigkeiten
Mit Akk.
DA
DBr
Add.
Akk.
---------------
DAcc
Ergibt sich bei der Summe ein Wert unter 60dpt, so ist die Differenz zu 60dpt eine Weitsichtigkeit, ergibt
sich bei der Summe ein Wert über 60dpt, so ist die Differenz eine Kurzsichtigkeit.
Hier ein Beispiel an einem Trifokalglas. Die Korrektion bezieht sich auf den HSA 0. Berechnen Sie die
deutlichen Sehbereiche im Fern-, Zwischen- und Nahteil.
1. AR = -1,5 dpt;
ΔAmax= 2,5 dpt
Trifokalglas Ferne: -1,5dpt
Add.= 2,5 dpt
Bestimmen Sie die Sehbereiche für Ferne, Zwischenteil und Nähe.
Lösung 1:
Es gibt zwei Arten, diese Aufgabe zu lösen, durch Überlegen oder durch rechnen mit den Formeln:
Ferne:
A Rcc  VKHSAx  (DBr ,F  Add)  1,5dpt  ( 1,5dpt )  0dpt
A Pcc  VKHSAx  ΔA  (DBr ,F  Add)  1,5dpt  2,5dpt  ( 1,5dpt )  2,5dpt
Deutlicher Sehbereich durch Fernteil: von unendlich bis -40cm
Zwischenteil:
A Rcc  VKHSAx  (DBr ,F  Add)  1,5dpt  ( 1,5dpt  1,25dpt )  1,25dpt
A Pcc  VKHSAx  ΔA  (DBr ,F  Add)  1,5dpt  2,5dpt  ( 1,5dpt  1,25dpt )  3,75dpt
Deutlicher Sehbereich durch Zwischenteil: von -80cm bis -26,67cm
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
34
Fehlsichtigkeiten
Nahteil:
A Rcc  VKHSAx  (DBr ,F  Add)  1,5dpt  ( 1,5dpt  2,5dpt )  2,5dpt
A Pcc  VKHSAx  ΔA  (DBr ,F  Add)  1,5dpt  2,5dpt  ( 1,5dpt  2,5dpt )  5,0dpt
Deutlicher Sehbereich durch Nahteil: von -40cm bis -20cm
Lösung 2:
Ferne
Ohne Akk.
Mit Akk.
DA
+61,5dpt
+61,5dpt
DBr
-1,5dpt
-1,5dpt
Add.
-------------
-------------
Akk.
-------------
+2,5dpt
DAcc
+60dpt
+62,5dpt
Ohne Akkommodation: ARcc = 0dpt; mit Akkommodation APcc = -2,5dpt
Deutlicher Sehbereich durch Fernteil: von unendlich bis -40cm
Zwischenteil
Ohne Akk.
Mit Akk.
DA
+61,5dpt
+61,5dpt
DBr
-1,5dpt
-1,5dpt
Add.
+1,25dpt
+1,25dpt
Akk.
-------------
+2,5dpt
DAcc
+61,25dpt
+63,75dpt
Ohne Akkommodation: ARcc = -1,25dpt; mit Akkommodation APcc = -3,75dpt
Deutlicher Sehbereich durch Zwischenteil: von -80cm bis -26,67cm
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
35
Fehlsichtigkeiten
Nahteil:
Ohne Akk.
Mit Akk.
DA
+61,5dpt
+61,5dpt
DBr
-1,5dpt
-1,5dpt
Add.
+2,5dpt
+2,5dpt
Akk.
-------------
+2,5dpt
DAcc
+62,50dpt
+65,00dpt
Ohne Akkommodation: ARcc = -2,5dpt; mit Akkommodation APcc = -5,0dpt
Deutlicher Sehbereich durch Nahteil: von -40cm bis -20cm
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
36
Fehlsichtigkeiten
4.5.1 Übungen
Lösen Sie folgende Aufgaben gemäss obigem Beispiel:
1. AR = +1,5dpt;
ΔAmax= 1,0 dpt
Trifokalglas Ferne: +1,0 dpt
Add.= 3,5 dpt
Bestimmen Sie die Akkommodationsgebiete und deutl. Sehbereiche für Ferne, Zwischenteil und Nähe
Fernteil: von +200cm bis -200cm
Zwischenteil: von -80cm bis -44,4.. cm
Nahteil: von -33,3.. cm bis -25 cm
2. AR = -6,0 dpt;
ΔAmax= 2,0 dpt
Trifokalglas Ferne: -6,5 dpt
Add.= 3,0 dpt
Bestimmen Sie die Akkommodationsgebiete und deutl. Sehbereiche für Ferne, Zwischenteil und Nähe
Fernteil: von +200 cm bis -66,6..cm
Zwischenteil: von -100 cm bis -33,3.. cm
Nahteil: von -40cm bis -22,2..cm
3. AR = +4,0dpt;
ΔAmax= 2,0 dpt
Trifokalglas Ferne: 4,75dpt
Add.= 2,5 dpt
Bestimmen Sie die Akkommodationsgebiete und deutl. Sehbereiche für Ferne, Zwischenteil und Nähe
Fernteil: von -133,3..cm bis -36,36..cm
Zwischenteil: von -50 cm bis -25 cm
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
37
Fehlsichtigkeiten
Nahteil: von -31 cm bis -19 cm
4. AR = -3,75 dpt;
ΔAmax= 2,5dpt
Trifokalglas Ferne: - 3,25 dpt
Add.= 2,5 dpt
Bestimmen Sie die Akkommodationsgebiete und deutl. Sehbereiche für Ferne, Zwischenteil und Nähe
Fernteil: von -200 cm bis -33,33..cm
Zwischenteil: von -57 cm bis -23,5 cm
Nahteil: von -33 cm bis -18,18..cm
4.6
Berechnungen von Fehlsichtigkeiten
Bei allen Berechnungen von Fehlsichtigkeiten, seien dies nun axiale oder refraktive, kann man zur altbewährten Gauss-Formel greifen.
Anstelle von A‘ wird die Vergenz der Länge des Auges eingesetzt:
̅
Anstelle von A wird die Axiale Refraktion AR eingesetzt:
Anstelle von D wird der Brechwert des Auges DA eingesetzt.
Ein Beispiel:
Ein kurzsichtiges Auge hat einen Brechwert D von +60.00dpt und einen Fernpunktabstand aR von -10cm.
Gesucht ist die Länge des Auges (a’) und die axiale Refraktion AR.
Lösung:
t
(
)
̅
Schülerversion
̅
GIBS
Modul 1.6
38
Fehlsichtigkeiten
4.6.1 Übungen
1.
Ein weitsichtiges Auge hat eine Länge von +22.22mm und einen Fernpunktabstand von +200mm. Wie
gross sind der Brechwert des Auges und die Fehlsichtigkeit?
D = +55.00 dpt, AR = +5.00 dpt
2.
Ein Auge hat eine Brennweite von f’=+20mm und eine Länge von +26.66mm. Wie gross ist AR? Ist das
Auge myop oder hyperop?
AR = -16.66 dpt
3.
Ein Auge hat einen Brechwert D von +64.00dpt, der Fernpunktabstand beträgt 33.33cm. Wie lang ist
das Auge und wie gross ist dessen Fehlsichtigkeit?
l’A = +21.8 mm, AR = -3.00 dpt
4.
Ein Auge hat einen Fernpunktabstand von -14.2857cm, die objektseitige Brennweite f beträgt
-1.4925cm. Wie gross ist die Fehlsichtigkeit und welche Länge hat das Auge?
l’A= +22.2 mm, AR= -7.00 dpt
5.
Ein Auge hat eine Fernpunktabstand von +50cm und eine Länge von +22.22mm. Wie gross ist die
Brechkraft des Auges? Ist das Auge myop oder hyperop?
D = +58.00 dpt
Schülerversion
GIBS
6.
Modul 1.6
39
Fehlsichtigkeiten
Eine myope Person hat eine Korrektur von -3.00dpt. Das Auge hat eine axiale Myopie. Wie lang ist das
Auge?
l’A = +23.39 mm
7.
Eine myope Person hat eine Korrektur von -3.00dpt. Das Auge hat eine refraktive Myopie. Wie gross
ist der Brechwert des Auges und was für einen Radius hat es?
Skizzieren Sie das Auge und tragen Sie die gegebenen und gesuchten Strecken ein.
D = +63.00 dpt, r = +5.29 mm
8.
Ein Auge ist nach Listing 21,68mm lang. Damit dieses Auge in die Ferne deutlich sehen kann, muss es
2,0dpt akkommodieren. Berechnen Sie den Systembrechwert dieses Auges.
D = +59,5 dpt
9.
Ein Auge ist 21,68mm lang und hat eine Brechkraft von +63dpt. Berechnen Sie die Fernpunktsrefraktion nach Listing.
AR = -1,5 dpt
10. Ein Auge nach Listing ist 20,67mm lang und hat eine Brechkraft von +59dpt. Berechnen Sie, welche
Brechkraft das Auge aufweisen müsste, damit Emmetropie vorhanden wäre.
D= +64,51 dpt
Schülerversion
GIBS
5
Modul 1.6
40
Fehlsichtigkeiten
Astigmatismus
Astigmatismus (stigma = Punkt) heisst wörtlich übersetzt: „nicht-punkt-förmiges-Sehen“. Die Bezeichnung
„Hornhautverkrümmung“ ist zwar sehr verbreitet, aber nicht besonders passend. Zum einen ruft die Bezeichnung einen unangenehmen Eindruck hervor, zum anderen ist die Ursache für den Astigmatismus oft gar
nicht die verkrümmte Hornhaut. Deshalb benutzen Fachleute lieber den Ausdruck Stabsichtigkeit.
Stabsichtigkeit ist eine Fehlsichtigkeit, die zusätzlich zur Kurz- oder Weitsichtigkeit auftritt. Sie ist in kleineren Grössen recht verbreitet. Ca. 80% der Brillenträger hat eine korrektionswürdige Stabsichtigkeit, Grössenordnungen über cyl.-2.50dpt sind selten. Personen mit hohem Astigmatismus erhalten nicht nur ein verschwommenes Bild von Gegenständen in der Ferne, sondern auch von Gegenständen in der Nähe.
5.1
Ursachen des Astigmatismus
Jedes Auge hat zwei brechende Medien: die Hornhaut als äussere Linse und die innere Augenlinse. Da die
Natur häufig nicht ganz perfekt arbeitet, sind die Oberflächen dieser Linsen nicht immer völlig gleichmässig
und mit exakten Krümmungsradien ausgestattet.
Vergleich: Ein neuer Fussball ist rund. Er ist in alle Richtungen gleichmässig gekrümmt. Setzt man sich nun
auf den Fussball, wird er oben plattgedrückt. Dadurch ist er von oben nach unten runder, als von links nach
rechts; wie ein liegendes Ei. Der senkrechte Radius ist steiler als der waagerechte Radius.
Auch die Oberflächen der Hornhaut und/oder der Augenlinse haben bei einem Astigmatismus senkrecht
zueinander unterschiedliche Krümmungen (Radien). Steile Radien brechen das Licht stärker, flache Radien
brechen das Licht schwächer. Eine Differenz der Krümmungsradien von nur 0,05 mm bewirkt einen Astigmatismus von 0,25 dpt.
5.2
Abbildung bei einem astigmatischen Auge
Da der Brechwert direkt von der Krümmung abhängig ist, hat ein astigmatisches Auge durch die zwei verschiedenen Krümmungsradien auch zwei Brechwerte. Die beiden Brechwerte wirken senkrecht zueinander
und werden als Hauptschnitte bezeichnet. Die Lage und Brechwertdifferenz der beiden Hauptschnitte beeinflusst die Abbildung im Auge.
Schaut das Auge einen Punkt an, wird dieser durch jeden Hauptschnitt zum Stab verzogen. Die beiden Stäbe
liegen senkrecht zueinander und sind je nach Grösse des Astigmatismus durch einen gewissen Abstand getrennt. Dadurch entsteht eine verzerrte Abbildung, der Stabsichtige sieht unscharf.
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
41
Fehlsichtigkeiten
Bei einem astigmatischen Auge entstehen anstatt eines Brennpunktes auf der Netzhaut, zwei räumlich getrennte, 90° zueinander liegende Brennlinien.
Ein astigmatisches Auge ist für die Ferne vollkorrigiert, wenn die bildseitigen Brennlinien des torischen Brillenglases mit den Fernpunktebenen des Auges zusammenfallen.
5.3
Benennung des Astigmatismus nach der Beschaffenheit der Hornhaut
Man unterscheidet zwischen einem regelmässigen Astigmatismus (=Astigmatismus regularis) und einem
unregelmässigen Astigmatismus (=Astigmatismus irregularis).
Beim regelmässigen Astigmatismus stehen die beiden Hornhautmeridiane in 90° zueinander, es gibt eine
regelmässige Brechung des Lichtes innerhalb der beiden Meridiane.
Beim unregelmässigen Astigmatismus stehen die beiden Meridiane nicht in 90° zueinander, es kommt zu
einer unregelmässigen Brechung des Lichtes innerhalb der Meridiane. Die Hornhautoberfläche ist unregelmässig verformt. Es lassen sich keine Hauptschnitte zuordnen. Oft sind eine Verletzung, ein Keratokonus
(krankhafte, kegelförmige Hornhautvorwölbung) oder ein Lidtumor, der auf das Auge drückt, der Grund für
einen unregelmässigen Astigmatismus.
Mit Brillengläsern kann der unregelmässige Astigmatismus nicht korrigiert werden. Oft sind formstabile
(halbharte) Kontaktlinsen, hinter denen die Tränenflüssigkeit ausgleichend wirken kann, eine gute Lösung.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
5.4
42
Fehlsichtigkeiten
Benennung des Astigmatismus nach der Achsenlage und Stärkegruppe
5.4.1 Gruppen nach der Achsenlage
Astigmatismus mit der Regel oder rectus
Dieser liegt vor, wenn der senkrechte Meridian stärker gewölbt ist als der waagrechte Meridian. Die Minusachse des korrigierenden Zylinderglases liegt im Bereich von 180°(+ /-20°), also von 160° bis 20°.
Astigmatismus gegen die Regel oder inversus
Wenn der waagrechte Meridian stärker gewölbt ist als Senkrechte, so sprechen wir von einem Inversus. Die
Minusachse des Glases liegt bei 90° (+/-20°), also von 70° bis 110°.
Schiefer Astigmatismus oder obliquus
Hier liegt der stärker gewölbte Meridian in einer schiefen Achse, deshalb sprechen wir von schiefem Astigmatismus oder obliqus. Die Minusachse des Korrekturglases liegt zwischen 20° und 70° sowie 110° und
160°.
5.4.2 Unterscheidung nach Stärkegruppen
1. Einfacher, kurzsichtiger Astigmatismus: Bsp:
sph: plan cyl: -1,5dpt Axe 0°
61,5dpt
60dpt
Eine Brennlinie liegt auf der Netzhaut, die Zweite liegt davor. Um diesen Fehler zu korrigieren benötigen
wir ein Glas, das in der einen Richtung plan ist und in der anderen eine Minuswirkung hat, damit der kurzsichtige Meridian wieder auf die Netzhaut zu liegen kommt.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
2. Einfacher hyperoper Astigmatismus,
43
Fehlsichtigkeiten
Bsp:
sph: +1,5dpt cyl: -1,5dpt Axe 0°
60dpt
58,5dpt
Eine Brennlinie liegt auf der Retina, die andere dahinter.
Die Planwirkung für den auf der Retina abgebildeten Meridian bringt keine Veränderung in der Lage. Die
Pluswirkung des Pluszylinders bringt die hinter der Retina gelegene Brennlinie wieder auf die Netzhaut.
3. Zusammengesetzter myoper Astigmatismus, Bsp:
sph: -1,0dpt cyl: -1,5dpt Axe 0°
62,5dpt
61,0dpt
1
Beide Brennlinien liegen vor der Netzhaut.
Die sphärische Minuskorrektur wird benötigt, um die Brennlinie ( l) wieder auf die Netzhaut zu bringen. Die
zweite Brennlinie wird mit einem Minuszylinder auf die Retina gebracht.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
44
Fehlsichtigkeiten
4. Zusammengesetzter hyperoper Astigmatismus; Bsp:
sph: +2,5dpt cyl: -1,5dpt Axe 0°
59dpt
57,5dpt
Beide Brennlinien liegen hinter dem Auge.
5. Gemischter Astigmatismus:
Bsp:
sph: +0,5dpt cyl: -1,0dpt Axe 0°
60,5dpt
59,5dpt
Eine Brennlinie liegt vor der Retina und die andere dahinter.
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
45
Fehlsichtigkeiten
Die subjektiven Beschwerden, die Astigmatiker nennen, sind im Gegensatz zu den anderen Fehlsichtigkeiten
weniger eindeutig. Sie sind aber auch wegen den vielen verschiedenen Astigmatismusarten sehr unterschiedlich. Neben einer gewissen Unschärfe können die üblichen asthenopischen Beschwerden wie z.B. Augenbrennen auftreten.
Bei der ersten Zylinder-Korrektur muss der Kunde besonders auf die Angewöhnungsschwierigkeiten aufmerksam gemacht werden. Zu diesen zählt eine veränderte Raumwahrnehmung. Auch kann der Boden schief
erscheinen.
Insbesondere schiefe Zylinder bereiten wegen ihren schrägen Verzerrungen grössere Angewöhnungsschwierigkeiten. Die Zylinder-Korrekturen sollten möglichst permanent getragen werden.
5.5
Übungen zum Astigmatismus
Geben Sie jeweils den Brechwert in den beiden Hauptebenen an. Zeichnen Sie die Brennlinien ein und bezeichnen sie die Art des Astigmatismus:
1.
plan cyl. -1,0dpt Axe 0°
61dpt
60dpt
Einfacher myoper Astigmatismus mit der Regel
2.
+1.0dpt cyl. -1,0dpt
Axe 90°
59dpt
60dpt
Einfacher hyperoper Astigmatismus gegen die Regel
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
3.
46
Fehlsichtigkeiten
-1,0dpt cyl. -1,0dpt 90°
61dpt
62dpt
zusammengesetzter myoper Astigmatismus gegen die Regel
4.
+2,0dpt cyl. -1,0dpt 0°
59dpt
58dpt
Zusammengesetzter hyperoper Astigmatismus mit der Regel
5.
+1,0dpt cyl. -2,0dpt 90°
61dpt
Gemischter Astigmatismus gegen die Regel
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
47
Fehlsichtigkeiten
6. Zeichnen Sie bei einem Auge mit zusammengesetzten, kurzsichtigen Astigmatismus die mögliche Lage
der Brennlinien ein, wenn es sich um einen Astigmatismus gegen die Regel handelt.
62dpt
63dpt
Schreiben Sie ein mögliches Brillenrezept zur obigen Aufgabe auf.
Sph. -2,0 dpt cyl. -1,0 dpt Axe 90°
7. Benennen Sie die nachfolgend abgebildeten Astigmatismusarten bezüglich Lage und Richtung der Brennlinien:
Gemischter Astigmatismus gegen die Regel
Einfacher myoper Astigmatismus mit der Regel
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Modul 1.6
GIBS
5.6
48
Fehlsichtigkeiten
Die Fern- und Nahpunkte beim Astigmatismus
Die Fern- und Nahpunkte sind genau gleich zu berechnen, wie bei der Myopie, Hyperopie und der Presbyopie. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es nicht einen Fern- und einen Nahpunkt gibt, sondern eben
typisch für den Astigmatismus, deren zwei. Je einen für die beiden Hauptebenen.
Beispiel:
Ein Auge hat folgende Fernpunktabstände:
aR waagrecht = +20cm
aR senkrecht = -20cm
Welcher Astigmatismus liegt vor? Rectus oder inversus?
Gemischter Astigmatismus mit der Regel
Wie lautet das korrigierende Glas?
Sph. +5,0dpt cyl. -10,0dpt Axe 0°
Skizzieren Sie die Brennlinien:
65dpt
55dpt
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Modul 1.6
49
Fehlsichtigkeiten
5.6.1 Übungsaufgaben
1. Es liegt ein einfacher Astigmatismus rectus vor. Der Fernpunktabstand beträgt +25cm. Wie muss das
korrigierende Glas lauten?
Sph. +4,0dpt cyl. -4,0dpt Axe 0°
2. Ein Auge hat einen Astigmatismus inversus. aR waagrecht = +50cm,
aR senkrecht = +25cm. Welcher Astigmatismus liegt vor? Wie lautet das korrigierende Glas?
Zusammengesetzter hyperoper Astigmatismus gegen die Regel
Sph. +4,0dpt cyl. -2,0dpt Axe 90°
3. Ein Auge hat einen einfachen hyperopen Astigmatismus inversus. Der Fernpunktabstand des fehlsichtigen Hauptschnittes beträgt +100cm. Wie lautet das korrigierende Glas?
Sph. +1,0dpt cyl. -1,0dpt Axe 90°
4. Ein Auge hat folgende Hauptschnitte: aR waagrecht = -100cm,
aR senkrecht = -25cm. Welcher Astigmatismus liegt vor? Wie lautet das korrigierende Glas?
Zusammengesetzter myoper Astigmatismus mit der Regel
Sph. -1,0dpt cyl. -3,0dpt Axe 0°
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
50
Fehlsichtigkeiten
6 Die Alterssichtigkeit ( Presbyopie)
Mit zunehmendem Alter wird jedes Auge presbyop.
Die Epithelzellen der menschlichen Augenlinse vermehren sich während des ganzen Lebens durch Zellteilungen. Die neuen Zellen drängen die älteren gegen den Linsenäquator, wo sie in Linsenfasern umgewandelt
werden. Diese neu entstandenen Linsenfasern drücken wiederum die älteren immer mehr ins Linseninnere.
Dadurch wächst der Linsenkern, der durch diese Massenzunahme immer unelastischer wird. Als Resultat
dieses Vorgangs nimmt die Akkommodationsfähigkeit ab.
Die Presbyopie beginnt, wenn die vorhandene Akkommodationsbreite ein bequemes Arbeiten/Sehen in eine
bestimmte Distanz nicht mehr erlaubt. Durch die abnehmende Akkommodation entfernt sich der Nahpunkt
vom Auge und das Akkommodationsgebiet wird kleiner. Um ein Objekt scharf auf der Netzhaut abzubilden,
muss das Auge akkommodieren. Reicht seine Akkommodationsfähigkeit nicht mehr aus, so muss mit einem
Nahzusatz (=Addition) nachgeholfen werden  Lesebrille oder Mehrstärkenbrille. Die Abnahme der Akkommodationsbreite beginnt bereits nach der Geburt. Ab dem 45. Altersjahr manifestiert sich diese Abnahme bei den meisten Menschen als Alterssichtigkeit (Presbyopie).
Dieser Verlauf der Abnahme der Akkommodationsfähigkeit ist auf der Duanschen Kurve ersichtlich.
Duansche Kurve, FB. S.129
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
51
Fehlsichtigkeiten
Ebenso ist ersichtlich, dass eine physiologische Streubreite vorhanden ist, die sich gelegentlich im unterschiedlichen Alter derjenigen Kunden zeigt, welche sich für ihre erste Lesebrille von uns beraten lassen.
Verfügbarkeit der Akkommodationsbreite
Kein Auge ist in der Lage, unendlich lange seine maximale Akkommodation einzusetzen. So haben bereits
früher die Herren Schober und Reiner Grenzen des ermüdungsfreien Akkommodierens definiert.

nach Schober: 2/3 der max. Akkommodation.

nach Reiner: 1/2 der max. Akkommodation.
Ermüdungserscheinungen (Asthenopische Beschwerden) wie:

Verschwimmen des Bildes

Brennen der Augen

Tränenfluss

Kopfweh

Doppelsehen

Gerötete Augen
sind typische Anzeichen für die Presbyopie, welche sich erst zwischen dem 40. und 50. Altersjahr bemerkbar
machen, jedoch ihren Ursprung in der frühesten Kindheit hat. Treten solche Symptome bereits bei "jüngeren"
Personen auf, so sind Abklärungen im Bezug auf Hyperopie und/oder Heterophorien unbedingt notwendig.
Normalerweise haben beide Augen die gleiche Akkommodationsbreite. In seltenen Fällen kann jedoch ein
unterschiedliches Akkommodationsvermögen vorhanden sein. Diese Fälle gehören in die Hände des diplomierten Augenoptikers oder Augenarztes.
Man spricht diese Fälle den starken Anisometropien (Ungleichsichtigkeit) oder pathologischen Veränderungen zu.
Beispiel einer presbyopen Person:
AR = 0.0 dpt;
ΔAmax = 2.0 dpt
In diesem Beispiel kann von Unendlich bis max. 50 cm vor dem Auge scharf gesehen werden. Da die 2 dpt.
den maximalen Wert (ΔAmax) angeben, der nicht für die Dauerbelastung geeignet ist, kann auf die Dauer nur
mit ½ (nach Reiner) oder mit 2/3 (nach Schober) des ΔAmax gerechnet werden. Dies würde in diesem Falle
1dpt oder 1.333dpt Akkommodation betragen. Setzen wir ½ des ΔAmax ein, so bedeutet dies ein Nahab-
Schülerversion
Modul 1.6
GIBS
52
Fehlsichtigkeiten
stand von 1m Distanz bei längerem Lesen. Setzten wir 2/3 der Akkommodation ein, so bedeutet dies 75cm
Distanz bei längerem Lesen.
Da in verschiedenen Fachbüchern mit unterschiedlichen Zahlen für die Dauerleistung der Akkommodation
gerechnet wird, so muss, wenn dies nicht aus der Fragestellung heraus ersichtlich ist, immer angegeben werden, ob man die Berechnung mit 1/2 oder 2/3 des ΔAmax durchzuführen hat.
Neuere Veröffentlichungen tendieren eher zur 1/2 Methode.
In der Praxis wird auf die individuellen Akkommodationsfähigkeiten- sowie auf die Wünsche des Kunden
Rücksicht genommen. Das heisst, die 1/2 oder 2/3 Methode sind nur rein theoretische Werte.
6.1
Berechnung der benötigten Addition bei Presbyopie
Um die benötigte Addition bei einer presbyopen Person zu bestimmen, braucht es verschieden Angaben, bzw
Messungen.

Fernpunktrefraktion (AR)

Gewünschter Leseabstand (aE)

Maximaler Akkommodationserfolg (
)
Danach sind folgende Schritte notwendig:

Benötigte Akkommodation für die gewünschte Lesedistanz berechnen (

Die benötigte Akkommodation kann nicht mehr selbst aufgebracht werden. Deshalb wird jetzt der Teil
der Akkommodation von der benötigten Akkommodation abgezogen, der noch selber geleistet werden
kann. Dies sind entweder die Hälfte oder zwei Drittel von
.

Der Rest ist dann die Addition.
Beispiel:
AR = 0,0 dpt.
gewünschter Leseabstand = 40 cm
ΔAmax = 2.5 dpt
notwendige Addition (bei ½ ΔAmax) = ?
Schülerversion
)
GIBS
Modul 1.6
53
Fehlsichtigkeiten
Lösung:
Die effektiv notwendige Akkommodation wäre +2,5dpt
Bei Dauerleistung von
kann eine Akkommodation von +1,25dpt aufgewendet werden
Die benötigte Addition ist demzufolge +1,25 dpt
6.1.2 Übungsaufgaben
1. Ein emmetroper Kunde braucht eine Lesebrille mit einem gewünschten Arbeitsabstand von 25cm.
Seine maximale Akkommodation ist: ΔAMax= 3,0dpt. Berechnen Sie die benötigte Addition (bei ½
ΔAMax) und die deutlichen Sehbereiche mit und ohne Lesebrille bei Verwendung der vollen Akkommodation.
Addition = + 2,5 dpt
Deutlicher Sehbereich ohne Lesebrille: von unendlich bis -33,3..cm
Deutlicher Sehbereich mit Lesebrille: von -40 cm bis -18,2 cm
2. Ein Kunde benötigt eine Lesebrille für eine gewünschte Lesedistanz von 40cm. Sein max. Akkommodationserfolg beträgt +2dpt. Die Fernpunktsrefraktion ist: AR=0dpt. Berechnen Sie die gewünschte Addition (bei ½ ΔAMax ) und die deutlichen Sehbereiche bei ½ ΔAMax.
Addition: +1,5 dpt
Deutlicher Sehbereich ohne Lesebrille: von unendlich bis -100 cm
Deutlicher Sehbereich mit Lesebrille: von -66,6.. cm bis -40 cm
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Modul 1.6
54
Fehlsichtigkeiten
7 Die Linsenlosigkeit (Aphakie)
Der Begriff „aphak“ kommt aus dem griechischen und heisst „linsenlos“. Grund für die Entfernung der
Augenlinse ist in den meisten Fällen der Katarakt (grauer Star). Durch die Entfernung der Augenlinse ändert
sich die Gesamtbrechkraft des Auges. Der Brechwert wird praktisch nur noch durch die Hornhaut gebildet,
der Gesamtbrechwert des aphaken Auges ist somit etwa so gross wie der Brechwert der Hornhaut (D≈
+43.00dpt). Ein linsenloses Auge kann nicht mehr akkommodieren, der Fernpunkt fällt mit dem Nahpunkt
zusammen. Normalerweise wird die getrübte Augenlinse durch eine künstliche Intraokularlinse ersetzt, man
spricht dann von einer Pseudo-Aphakie.
Intraokularlinse IOL
Die Intraokularlinse ist eine künstliche Augenlinse, welche, an Bügeln aufgehängt, in den restlichen Kapselsack fixiert wird. Dadurch wird meist eine weitere Fernkorrektur überflüssig. Für die Nähe jedoch benötigt
der Staroperierte auf jeden Fall eine Lesebrille. Neue Intraokuluarlinsen sind auch als Mehrstärkenlinsen
erhältlich, werden aber noch selten verwendet.
7.1
Auswirkungen der Aphakie
Durch die Entfernung der trüben Augenlinse fällt viel mehr Licht auf die Netzhaut als vor der Operation.
Dadurch fühlen sich viele Aphake stark geblendet. Durch das Fehlen der Augenlinse gelangen mehr UV-A
Strahlen in das Auge  ein guter UV-Schutz ist empfehlenswert, d.h. durch die IOL oder wenn keine solche
implantiert wurde, durch das Brillenglas oder die Kontaktlinse.
Die vorher trübe Augenlinse hatte den Blauanteil des Lichtes absorbiert. Nach dem Entfernen der Augenlinse
gelangt wieder mehr Blaulicht auf die Netzhaut. Es kommt zu einem sogenannten „Blausehen“, weil sich die
Netzhaut zuerst wieder an den Blauanteil gewöhnen muss.
Die Linsenlosigkeit bewirkt, dass sich die Hauptebene des Auges nach vorne schiebt. Das hat zur Folge, dass
das Netzhautbild im operierten Auge gegenüber dem nichtoperierten Auge um etwa 4% grösser wird
(grössere Brennweite). Zusätzlich kommt die Brillenglasvergrösserung durch das Starglas dazu, welche rund
25% ausmacht. Bei einseitig operierten aphaken Personen ist das Sehzentrum des Gehirns mit diesen ungleich grossen Netzhautbildern vom rechten zum linken Auge überfordert.
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
55
Fehlsichtigkeiten
Eine Alternative zum Starglas sind Kontaktlinsen. Sie haben eine viel geringere Eigenvergrösserung und
bieten daher eine gute Möglichkeit, eine einseitige Aphakie zu korrigieren.
Starglas
Muss aus irgendwelchen Gründen beim einseitig Operierten ein Starglas verschrieben werden, so muss wegen der oben erwähnten Bildgrössendifferenz ein Auge aus dem Sehprozess ausgeschaltet werden. Dies kann
auf verschiedene Arten geschehen:

Das zweite Auge abdecken oder eine Occlusionsfolie auf das Brillenglas.
Vorteil: einfach und billig
Nachteil: Nicht schön und einseitiges Gewicht der Brille

Starglas auch am zweiten, nicht operierten Auge.
Vorteil: "Schöne" Brille mit gleichmässiger Gewichtsverteilung. Nach der Operation des zweiten
Auges kann der Kunde schon etwas sehen (positiver Effekt).
Nachteil: Relativ teure Variante
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
56
Fehlsichtigkeiten
8 Anisometropie
Anisometropie ist die Ungleichsichtigkeit eines Augenpaares. Das heisst, Korrekturunterschiede vom einen
zum anderen Auge, wie es beispielsweise bei einer einseitigen Aphakie auftreten kann.
Ist die Anisometropie gross (über 2.00dpt Unterschied vom rechten zum linken Auge) so können folgende
Probleme entstehen:

Ungleiche prismatische Nebenwirkungen der Brillengläser

Ungleiche Akkommodationserfolge mit Brillengläsern

Aniseikonie = ungleich grosse Netzhautbilder, welche vom Sehzentrum im Gehirn schlecht oder gar
nicht fusioniert werden können. Als Folge davon kommt es zu einem alternierenden Sehen.
Aniseikonie bedeutet einen Grössen- und Formenunterschied zwischen den beiden Seheindrücken des rechten und linken Auges. Zur Korrektion des Bildgrössenunterschiedes dienen sogenannte iseikonische Brillengläser. Dies sind Brillengläser, die, bei gleichem Scheitelbrechwert, mit Hilfe einer höheren Mittendicke
und einem stärkeren Vorderflächenbrechwert eine grössere Eigenvergrösserung erzielen, als das normalerweise für die Fehlsichtigkeit eingesetzte Standartglas. Das Iseikonieglas wird also stets am Auge mit dem
kleineren Netzhautbild eingesetzt.
9 Phorien und Tropien
9.1
Orthophorie
Fernorthophorie liegt vor, wenn bei einem rechtsichtigen oder voll korrigierten Augenpaar beide Sehachsen
in die Ferne ohne Fusion parallel stehen.
Beispiel: Wenn wir ein Objekt in der Ferne fixieren und dabei ein Auge abdecken, so bleibt bei Orthophorie
das abgedeckte Auge ebenfalls auf das Objekt gerichtet.
Schülerversion
GIBS
9.2
Modul 1.6
57
Fehlsichtigkeiten
Heterophorie (verstecktes Schielen)
Unter Heterophorie (altgr. Hetero: verschiedenartig und phor: das Getragenwerden) versteht man ein latentes, also verstecktes Schielen. Es wird deshalb als latent bezeichnet, weil es in der Regel nur bei Unterbrechung des beidäugigen Sehens auftritt. In den meisten Fällen kann eine Heterophorie beschwerdefrei durch
motorische und sensorische Fusion, einem Mechanismus des Binokularsehens, ausgeglichen werden. Erst
wenn es bei dem Ausgleich dieser Augenmuskelgleichgewichtsstörung zu Beschwerden wie Kopfschmerzen,
Augenbrennen, Doppelbilder oder Verschwommmensehen kommt, wird die Heterophorie korrigiert.
Bei der Heterophorie unterscheiden wir 5 verschiedene Abweichungsarten:
Esophorie
Bei einer Esophorie weicht ein Auge unter bestimmten Bedingungen von der gemeinsamen Sehrichtung nach
innen (zur Nase hin) ab. Korrigiert wird dies mit Prismen Basis aussen. Eine mögliche Ursache für eine Esophorie ist eine nicht korrigierte Hyperopie. Schon beim Blick in die Ferne muss akkommodiert werden, was
zu einer Konvergenz führt.
Exophorie
Bei einer Exophorie weicht ein Auge unter bestimmten Bedingungen von der gemeinsamen Sehrichtung
nach aussen (schläfenwärts) ab. Korrigiert wir dies mit Prismen Basis innen. In der Regel wird eine Exophorie beschwerdefrei mittels Fusion kompensiert. Manche Leute benutzen jedoch auch zum Ausgleich ihrer
Fernexophorie den Mechanismus der Akkommodation, was häufig mit erheblichen Beschwerden und einer
so entstandenen Myopie in der Ferne, verbunden ist.
Hyperphorie
Bei der Hyperphorie weicht das betroffene Auge beim Abdecken nach oben ab. Dies wird korrigiert mit
Prismen Basis unten.
Hypophorie
Bei der Hypophorie weicht das betroffene Auge beim Abdecken nach unten ab. Dies wird korrigiert mit
Prismen Basis oben.
Zyklophorie
Dies ist eine Verrollung: Die Vertikal- und Horizontalmeridiane beider Augen sind nicht deckungsgleich,
sondern verdreht. Mit optischen Hilfsmitteln lassen sich diese Formen des Schielens nicht korrigieren.
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Modul 1.6
GIBS
9.2.1
58
Fehlsichtigkeiten
Ursachen von Heterophorien
- Anomale topographische Verhältnisse der Augengegend
- Störung der normalen Beziehung von Akkommodation und Konvergenz (z.B. bei unterkorrigierten
Fehlsichtigkeiten):
Esophorie bei unterkorr. Hyperopen
Exophorie in die Nähe bei unterkorr. Myopen
- Nervenbedingte: Falsche Nervensteuerung der Bewegungsmuskeln des Auges.
9.2.2
Mögliche Beschwerden von Heterophorien
Heterophorien können entweder absolut beschwerdefrei kompensiert werden, oder sie können zu folgenden
Beschwerden führen:
- schnelle Ermüdung der Augen
- Allg. Augenbeschwerden wie: Tränen, Brennen, Photophobie
- Schwierigkeiten im Einschätzen von Distanzen
- Augenschmerzen
- Kopfweh
Dies sind die sogenannten asthenopischen Beschwerden.
Bei einer Heterophorie weicht das abgedeckte Auge etwas von der Sehrichtung ab und schielt. Beim Entfernen der Abdeckung nimmt es aber wieder sofort die richtige Sehrichtung ein.
Die Heterophorie, oder das versteckte Schielen, ist ein Augenstellungsfehler, der durch Fusion ausgeglichen wird. Bei einer
Heterophorie stimmen Ruhelage und aktive Stellung der Augen
nicht überein.
Schülerversion
GIBS
9.2.3
Modul 1.6
59
Fehlsichtigkeiten
Korrektur von Heterophorien
Heterophorien können mit prismatischen Gläsern oder Prismenfolien korrigiert werden, wobei Gläser vorzuziehen sind, da mit Folien die Sehleistung sehr stark abfällt.
Die Basislage des Prismas liegt immer in der entgegengesetzten Richtung der Abweichung.
Bei der Korrektur der Heterophorie wird dem Auge die selbstständige Kompensation des Stellungsfehlers
abgenommen. Hinter den Prismengläsern nehmen die Augen die Ruhestellung ein, d.h. sie gehen in eine
Schielstellung.
Prismatische Gläser werden je nach Beschwerden des Kunden verordnet. Die Ausbildung des Refraktionisten in binokularer Korrektion spielt dabei eine sehr wichtige Rolle, denn nur eine richtig verordnete Korrektur kann die Beschwerden des Kunden lösen.
9.3
Strabismus oder Heterotropie (manifestes Schielen)
Wenn der Stellungsfehler nicht mehr durch Fusion ausgeglichen werden kann, so wird das Schielen manifest
(sichtbar). Ein normales binokulares Einfachsehen ist nicht mehr möglich. Bei Strabismus wird doppelt gesehen, wenn der Seheindruck des schielenden Auges nicht unterdrückt wird. Der Stabismus kann nicht mit
prismatischen Gläsern korrigiert werden und gehört in die Hände des Augenarztes und/oder Orthoptisten.
Schülerversion
GIBS
Modul 1.6
60
Fehlsichtigkeiten
Da Schielen unweigerlich zu Doppelbildern führt, kennt das Augenpaar folgende Abwehr- bzw. Reaktionsmechanismen:
Exclusion: Ein Auge wird abgeschaltet (führt meist zu Amblyopie des betreffenden Auges.
Supression: Der Seheindruck des einen Auges wird unterdrückt.
Alternierende Fixation: Abwechslungsweise fixiert nur ein Auge. Der Seheindruck des
anderen Auges wird unterdrückt (Supression).
Anomale Korrespondenz: Im abweichenden Auge bildet sich eine neue Koordination der
korrespondierenden Netzhautstellen zu den Netzhautstellen im
fixierenden Auge.
Exzentrische Fixation: Im abweichenden Auge entsteht eine neue funktionelle Fovea
ausserhalb der anatomischen Fovea. Die neue Fovea korrespondiert mit der richtigen Fovea im fixierenden Auge hat aber einen
schlechteren Visus.
Bei den Schielrichtungen unterscheiden wir folgende vier Richtungen:
Esotropie: Schielstellung nach innen
Exotropie: Schielstellung nach aussen
Hypertropie: Schielstellung nach oben
Hypotropie:
Schielstellung nach unten
Wir unterscheiden zwei Arten von Schielen:
Begleitschielen (strabismus concomitans)
Lähmungsschielen (strabismus paralyticus)
Schülerversion
GIBS
9.3.1
Modul 1.6
61
Fehlsichtigkeiten
Begleitschielen
Wenn das abweichende Auge alle Blickbewegungen des fixierenden Auges mitmacht, so sprechen wir von
einem Begleitschielen. Der Schielwinkel bleibt dabei in den verschiedenen Blickrichtungen gleich gross.
Wenn beide Augen über fast den gleichen Visus verfügen, so wechseln sich die beiden Augen in der Regel
im Fixieren ab. Wenn stets das gleiche Auge abweicht, so spricht man von einem einseitigen Schielen.
9.3.2
Lähmungsschielen
Diese Schielart wird durch eine Augenmuskellähmung verursacht. Der Schielwinkel ändert sich in den verschiedenen Blickrichtungen. Von einer Lähmung können ein- oder mehrere Muskeln betroffen sein.
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