230 230 Lernfeld 10 Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren 3.5 Kommunikationspolitik 3.5.1 Das Instrumentarium der Kommunikationspolitik Die Kommunikationspolitik ist ein überaus wichtiges Instrument des Marketing. Die entwickelten Produkte, die festgelegten Preise und Konditionen, der ausgewählte Ver­ triebskanal – alle Informationen über diese getroffenen Entscheidungen müssen kommuniziert werden, damit Interesse geweckt wird und Käufer gefunden werden. Dies zeigt, dass die einzelnen Marketinginstrumente und die Kommunikationspolitik eng miteinander verzahnt sind und einander bedingen. Z. B. müssen bereits bei der Entwicklung eines neuen Produktes der Markt bzw. die Zielgruppe, darüber infor­ miert werden. Kommunikations­ politik Die Kommunikationspolitik stellt dabei folgendes Instrumentarium zur Verfügung: Persönlicher Verkauf Im persönlichen Verkauf stehen Anbieter und Nachfrager im direkten Kontakt. Dies ist die einfachste Art für den Verkäufer, gezielt auf den Käufer einzugehen und die Kaufentscheidung in seinem Sinne zu beeinflussen. Prinzipiell ist der Einsatz dieses Instrumentes bei allen möglichen Arten von Gütern denkbar, allerdings muss beach­ tet werden, dass der persönliche Verkauf zeit­, personal­ und damit kostenintensiv ist. Daher findet er eher bei erklärungsbedürftigen Produkten und bei Gütern des geho­ benen Bedarfs1 seinen Einsatz. Im Bereich des Industriegütermarketings ist der per­ sönliche Verkauf ein entsprechend häufig eingesetztes Kommunikationsinstrument, bei Konsumgütern spielt er im Einzelhandel nur in Geschäften ein wichtige Rolle, in denen Bedienungs­ und Beratungspersonal zur Verfügung steht. Daneben gibt es den persönlichen Verkauf in den Bereichen von Unternehmen, die direkt mit dem Absatz der Produkte beauftragt sind, also den Abteilungen Verkauf und den dazugehörigen Mitarbeitern im Unternehmen und im Außendienst. Verkaufs­ förderung (Salespromotion) Die Verkaufsförderung ist ein Instrument der Kommunikationspolitik, das den Ab­ satz von Produkten kurzfristig und unmittelbar steigern soll. Sie wird genutzt, um z. B. den Verkauf bestimmter Produkte oder Produktgruppen für eine gewisse Zeit zu fördern oder um dem Absatzrückgang eines Produktes entgegenzuwirken. Sales­ promotion ist nur für einen kurzfristigen Einsatz mit entsprechend vorübergehender Wirkung geeignet. Produktproben oder Gutscheine sind typische Mittel der Verkaufs­ förderung, durch die man sich einen höheren Absatz für die geförderten Produkte verspricht. Neu auf den Markt gekommene Produkte werden häufig von Verkaufs­ förderungsmaßnahmen begleitet, hierbei wird die Verkaufsförderung neben der Ab­ satzwerbung zu einem flankierenden Kommunikationsinstrument. 1 2 1 höherwertige Güter, die mit längeren Such­ und Entscheidungsprozessen bei den Käufern verbunden sind 6062230 Lernfeld 10 Marketinginstrumente einsetzen und Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen Obige Beispiele sprechen die Art von Verkaufsförderung an, die an Endverbraucher gerichtet ist. Insgesamt wird Salespromotion in drei Bereiche eingeteilt: Salespromotion Bereiche Verbraucherpromotion Händlerpromotion Verkäuferpromotion ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Unterstützung bei der Laden- ▪ Schulungen ▪ Verkaufstraining ▪ Sonderprämien für hohe Beispiele Gutscheine Produktproben Werbebriefe Produktvorführungen Preisausschreiben ▪ Gewinnspiele ▪ Inzahlungnahme ▪ Finanzierungsangebote gestaltung und Warenplatzierung ▪ fachliche Kompetenz zur Verfügung stellen ▪ Propagandisten ▪ Deko- und Displaymaterial bereitstellen Umsätze ▪ Incentive-Reisen Verkaufsförderung zielt auf die direkte Erhöhung des Absatzes von Produkten, Öffentlichkeitsarbeit dagegen soll indirekt wirken: Durch die Schaffung eines positi­ ven Unternehmens­ oder Produktimages soll eine positive Stimmung im Unterneh­ mensumfeld und beim Kunden hervorgerufen werden, was letztendlich auch zum Kauf von Produkten führen soll. Dies gelingt, weil ein vorteilhaftes Firmenimage dazu beiträgt, dass die Werbung eines Unternehmens als überzeugend und glaubwürdig eingeschätzt wird. Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit sind z. B.: ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ 3 Öffentlich­ keitsarbeit (Public Relations) Pressekonferenzen abhalten Vorträge und Diskussionsrunden abhalten Geschäftsberichte veröffentlichen Jubiläumsschriften veröffentlichen Betriebsbesichtigungen veranstalten „Tag der offenen Tür“ durchführen Bei allen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist ein guter Kontakt zu Presse, Rund­ funk und Fernsehen wichtig, da es immer darum geht, an die Öffentlichkeit zu gehen und die Öffentlichkeit zu informieren. Wenn z. B. ein positiver Bericht über die Aus­ bildungsmöglichkeiten in einem Unternehmen in der Zeitung steht, ist das auch eine gelungene Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit. Dies kann dann auch dazu beitragen, dass das Gewinnen von Nachwuchskräften zukünftig erleichtert wird, da Bewerber Firmen mit einem positiven Image bevorzugen. Die Corporate Identity (CI, die Unternehmensidentität) ist ein wesentlicher Bestand­ teil der Öffentlichkeitsarbeit. Hierunter versteht man die Darstellung und Wahr­ nehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Feststellung, dass in den Märkten von heute die Produkte gleichermaßen „kommen und gehen“ und die Vielfalt an Produkten nahezu unüberschaubar ist. In dieser Situation ist das Unternehmen, das hinter dem Produkt steht, die einzige Kons­ tante im Markt. Über Corporate Identity kann es gelingen, den Käufer an sich än­ dernde Produkte und Sortimente zu binden, wenn er das Unternehmen hinter den Produkten wahrnimmt und von dem, was das Unternehmen mit seiner Philosophie und seinem Unternehmensimage darstellt, ebenfalls überzeugt ist. CI beinhaltet demnach die strategische Ausrichtung eines Unternehmens, die Philosophie und die Handlungsrichtlinien, die es verfolgt, und die Kommunikation, mit der dies alles nach innen und nach außen getragen wird. Im Unternehmen selbst muss die Identität und das, was dahintersteckt, klar und eindeutig sein, nur so können sich die Mitarbeiter damit identifizieren und gemäß der Philosophie des Unternehmens handeln. Denn eine Corporate Identity zu schaffen ist ein Prozess, der nicht aufhört: Durch jede Aktion und Nicht­Aktion wird die CI beeinflusst und geprägt. 6062231 › Band 1, LF 2 231 232 232 Lernfeld 10 Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren In den folgenden drei Bereichen spiegelt sich die Corporate Identity eines Unterneh­ mens insbesondere wider: ▪ Corporate Design (Visualität): Dies ist das visuelle Erscheinungsbild eines Unterneh­ mens, das sich in der Marke, der Kleidung, in der Gestaltung der Arbeitsumgebung oder der Verkaufsräume und der Architektur der Betriebsgebäude zeigt. ▪ Corporate Communications (Kommunikation): Sie umfasst die Maßnahmen, mit denen die Unternehmensbotschaft, die Zeichen usw. vermittelt werden. Dazu ge­ hören Werbemaßnahmen wie Firmenwerbung, Pressekonferenzen und andere Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. ▪ Corporate Behaviour (Verhalten): Hier sind die Handlungsweise, das Auftreten und das Verhalten der Mitarbeiter untereinander und gegenüber Außenstehenden gemäß der Unternehmensphilosophie gemeint. Beispiel Für die Heidtkötter KG erschließt sich die Corporate Identity in Ansätzen aus fol­ gendem Passus der Unternehmensbeschreibung: „Im Namen Heidtkötter KG, der Firma, spiegelt sich die Philosophie des Unternehmens wider. Die Familie steht mit ihrem Namen für Produkte von höchster Qualität und Beständigkeit ein. Seit der Gründung stehen dazu Aspekte wie Markt- und Kundennähe, Verlässlichkeit und soziale Verantwortung bei der Heidtkötter KG im Vordergrund.“ Sponsoring Einen besonderen Bereich der Öffentlichkeitsarbeit stellt das sogenannte Sponsoring dar. Hierbei stellt ein Unternehmen einer Person, einem Team oder einer Institution Geld zur Verfügung und erhält dafür eine Gegenleistung. Diese Gegenleistung ist meist die Möglichkeit einer speziellen Bewerbung des Unternehmens oder seiner Produkte. Sponsoring trifft man besonders häufig im Sport an. Hier werden Trikots, Sportgeräte, Sportfelder, Banden und ganze Sportarenen mit Namen von Produkten oder Unterneh­ men versehen und dienen somit als Werbefläche. Einerseits ermöglicht das Sponsoring, dass die Marke oder Firma durch die Sportveranstaltungen, die häufig auch im Fernse­ hen übertragen werden, bekannter werden. Zusätzlich erhofft sich ein Sponsor, von dem positiven Image „seines“ Sportlers oder Teams zu profitieren, wenn sportliche Erfolge erzielt werden. Letztlich können mit Sponsoring aber auch Werbebeschrän­ kungen unterlaufen werden, wie z. B. die im Fernsehen verbotene Zigarettenwerbung oder die Unterstützung einer Fernsehsendung außerhalb der erlaubten Werbezeiten im öffentlich­rechtlichen Fernsehen. Sponsoring gibt es nicht nur unternehmensbezogen als Öffentlichkeitsarbeit, son­ dern hat auch konkret einzelne Produkte als Werbegegenstand. Je nach Ausgestaltung können die Grenzen zwischen Sponsoring und Öffentlichkeitsarbeit nur genau gezo­ gen werden, wenn der Werbegegenstand und das Werbeziel bekannt sind. Direkt­ marketing 4 Marketing allgemein und Werbung insbesondere stehen kommunikationspolitisch in der Regel dafür, dass die breite, anonyme Masse angesprochen werden soll. Beim Direktmarketing hingegen werden gezielt einzelne Kunden oder eine ausgesuchte Zielgruppe angesprochen. Dabei sind häufig Antwortmöglichkeiten schon vorgege­ ben, sodass von den Kunden auch eine Reaktion erwartet werden kann. Dem Direkt­ marketing stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung, die drei wichtigsten und ihr Einsatz sind in der folgenden Tabelle darstellt. 6062232 Lernfeld 10 Marketinginstrumente einsetzen und Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen Branche Anzahl der Anwender Gesamt­ aufwendungen (Mrd. €) Aufwendung pro Anwender ø (€) Ranking Werbemittel 1. Internet Handel Dienst­ leister Verarb. Gewerbe 321 000 439 000 234 000 11,2 15,2 4,4 35.300,00 34.900,00 994 000 30,8 ø Aus­ gaben (T€) 241 000 (75 %) 3,9 2. Telefonmarketing 115 000 (36 %) 13,0 3. Adr. Werbesendungen 104 000 (33 %) 45,5 1. Internet 370 000 (84 %) 5,5 2. Telefonmarketing 185 000 (42 %) 16,2 3. Adr. Werbesendungen 137 000 (31 %) 35,0 1. Internet 184 000 (79 %) 5,0 78 000 (33 %) 5,1 57 000 (24 %) 21,2 19.000,00 2. Telefonmarketing 31.300,00 Ranking alle Branchen 3. Adr. Werbesendungen Gesamt Werbemittel­ einsatz 1. Internet (80 %) 2. Telefonmarketing (38 %) 3. Adr. Werbesendungen (30 %) Quelle: Deutsche Post, Direkt Marketing Monitor Marktdaten 2004 Anhand der aufgeführten Medien sieht man, dass Direktmarketing in schon genann­ ten Instrumenten der Kommunikationspolitik stattfindet: So ist der Telefonverkauf persönlicher Verkauf und Direktmarketing gleichzeitig, Werbesendungen gehören zur Verkaufsförderung und auch zum Direktmarketing – eine eindeutige Abgrenzung ist hier nicht möglich. Die Medien des Direktmarketings werden häufig gleichzeitig und ergänzend eingesetzt, um ihre Wirkung zu verstärken: ein volladressierter Werbe­ brief kann von einem Telefonanruf begleitet werden, einem Telefonanruf kann ein Fax oder eine E­Mail mit weiteren Informationen oder einem konkreten Angebot mit Möglichkeit zur Auftragsbestätigung folgen. Hierdurch steigt die Chance, vom Kunden eine Antwort zu bekommen bzw. einen Vertrag abzuschließen. Direktmarketing hebt sich von dem Überfluss an Massenwerbung ab, weil eine direkte Ansprache des Kunden völlig anders wirkt und – gut gemacht – als angenehmer emp­ funden wird und somit möglicherweise wirkungsvoller ist. Tritt Direktmarketing in Massen auf, kann das aber auch zur Ablehnung führen. Bei der Neukundengewinnung kann es bei falscher Ansprache jedoch auch zu Fehlschlägen kommen. Hier gelten zudem gesetzliche Einschränkungen. So ist die Kaltakquise (die Kontaktaufnahme mit Personen, mit denen man bisher in keiner geschäftlichen Beziehung steht) bei Privat­ personen z. B. verboten (§ 7 UWG, siehe auch Kapitel 3.5.3 in diesem Lernfeld). Werbung ist Information über Produkte eines Unternehmens. Werbung meint aber auch die Beeinflussung des Kunden, um ihn zum Kauf bestimmter Produkte anzu­ regen. Bei dem Stichwort Werbung fallen einem gleich die Werbespots im Fernsehen und die Werbeanzeigen in Zeitschriften ein. Da die Werbung ein sehr wichtigstes Instrument der Kommunikationspolitik ist, wird im folgenden Kapitel speziell darauf eingegangen. 3.5.2 Information, Emotion, Kommunikation – Wie Werbung wirkt Werbung ist der gezielte Einsatz von Kommunikationsmitteln, um Menschen im Sinne unternehmerischer Zielsetzungen zu beeinflussen. Wir befassen uns also im Folgenden mit Werbung, die ökonomische Ziele hat, z. B. höhere Absatzzahlen. Neben dieser Absatzwerbung gibt es noch viele andere wie bspw. die politische Werbung, die hier aber nicht abgehandelt werden. 6062233 5 Werbung 233 234 234 Lernfeld 10 Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren Absatzwerbung Die Absatzwerbung wird in drei verschiedene Bereiche unterteilt: die informative Werbung und die emotionale Werbung sowie eine Mischung aus beiden Formen. Während bei der informativen Werbung die Information über das Produkt oder über das Sortiment im Vordergrund steht, wird bei der emotionalen Werbung mit Emotio­ nen und Reizen gearbeitet. Eine Mischung dieser scheinbar gegensätzlichen Typen ist nicht so ungewöhnlich, wie es im ersten Augenblick scheinen mag. Sie ergibt sich unter anderem daraus, dass die reine Information als Werbeinhalt in einer von Wer­ bung überfluteten Medienwelt nicht mehr ankommt. Werbung hat daher heutzutage immer auch einen unterhaltenden Charakter. Daher wird im Wesentlichen mit emo­ tionalen Aspekten gearbeitet, die reine Information über ein Produkt oder eine Dienstleistung reicht nicht aus, um den gewünschten Effekt der Werbemaßnahme zu erreichen. Viele Artikel werden nach wie vor über die Information verkauft – allerdings herrscht in den meisten Märkten eine Übersättigung mit Produkten vor, sodass Produkte mit emotionalen Aspekten wie Spaß, Humor, Lebensfreude belegt werden müssen, um sie von Konkurrenzprodukten abzuheben. Zunehmend werden viele Produkte deshalb gekauft, weil sie auf sekundäre Bedürfnisse wie Selbstver­ wirklichung oder Luxus zielen. Dies sind Aspekte, die eng mit Emotionen verknüpft sind und somit über emotionale Argumente beworben werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Werbung für Automobile. Hier werden natürlich Informationen gelie­ fert, die Emotionen wie Fahrspaß oder Sicherheit stehen aber zumeist im Vorder­ grund, zumal es gerade bei bestimmten (Luxus­)Autotypen keine rationalen und sachlichen Argumente gibt, sie zu kaufen, um das einfache Bedürfnis nach „Fort­ bewegung“ zu befriedigen. Werbung unterscheidet man nicht nur nach der Art und Weise, wie sie gestaltet ist, sondern auch nach anderen Kriterien, wie die folgende Tabelle beispielhaft zeigt: Arten der Werbung nach ... ... der Anzahl der Werbetreibenden Alleinwerbung Gemeinschaftswerbung ... der Anzahl der Beworbenen Direktwerbung Massenwerbung Bevor man eine Werbeaktion durchführt, muss feststehen, welches Ziel man errei­ chen möchte. Bei der Werbeplanung werden sieben Punkte festgelegt, die die Art, den Umfang und das anvisierte Ziel bestimmen. Anhand der folgenden sieben Fragen kann man einen Werbeplan aufstellen: Beispiel Fragewort: Erläuterung: Wer? Absender der Werbebotschaft, also ein Hersteller oder ein Händler ein deutsches Telekommunikationsunternehmen Was? Inhalt der Werbebotschaft bzw. der Werbemitteilung (nicht zur verwechseln mit dem Werbeslogan!) ein neuer, günstiger Tarif für mobiles Telefonieren innerhalb des deutschen Netzes des Unternehmens Wem? Empfänger der Werbebotschaft: die Zielgruppe Jugendliche und erwachsene Handybesitzer Wann? Festlegung des Zeitpunktes und der Dauer der Werbung: die Streuzeit zwei Monate lang; Start der Aktion kurz bevor der neue Tarif gültig ist Wie? Werbeträger und Werbemittel, mit denen geworben werden soll Anzeigen in Jugendzeitschriften und Wochenmagazinen, Plakate an Bushaltestellen und Bahnhöfen, Fernsehspots Wo? Region bzw. Absatzmarkt, der beworben werden soll: das Streugebiet deutschlandweit Wie viel? finanzielle Mittel, die für die Werbung zur Verfügung stehen: das Werbebudget 25 Mio. € 6062234 Lernfeld 10 Marketinginstrumente einsetzen und Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen Nach erfolgter Werbeplanung kann die eigentliche Werbemaßnahme in Angriff ge­ nommen werden. Dabei müssen – unabhängig von Kriterien wie der Zielgruppe oder dem Werbemittel – ein paar wichtige Grundsätze beachtet werden: Die Auswahl an zur Verfügung stehenden Werbemitteln ist reichhaltig. Zu jedem Werbemittel gehört ein sogenannter Werbeträger. Das Werbemittel beinhaltet die eigentliche Werbebotschaft, der Werbeträger ist das Medium, mit dem die Werbebot­ schaft an den Empfänger herangetragen wird. Der erste Werbeträger für ein Produkt ist in der Regel die Verpackung, mit der neben den eher nüchternen Produktinforma­ tionen natürlich auch eine Werbebotschaft transportiert werden kann. Weitere Bei­ spiele für Werbemittel und ­träger sind: Werbemittel Anzeigen, Beilagenblätter und Prospekte Spots in Fernsehen, Rundfunk, Kino Plakate Aufschriften Internetseiten, Pop-ups Werbemittel Werbeträger Werbeträger ÷ Zeitungen, Zeitschriften ÷ Fernsehanstalten, Rundfunkanstalten ÷ Litfaßsäulen, Plakatwände ÷ Straßenbahn, Heißluftballon, Rennwagen, Banden in Sportstätten ÷ Internet Die Vielzahl an Werbemitteln und ­trägern macht es den Werbeplanenden schwer, eine Auswahl zu treffen. Einerseits ist man natürlich durch das Werbebudget be­ schränkt, andererseits versucht man die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effektiv einzusetzen. Hier hilft der „Tausenderpreis“ weiter, der eine Maßzahl ist, die die Kosten und die mit der Werbung erreichbare Personenzahl zueinander in Bezie­ hung setzt. Je nach Wahl des Werbemediums spricht man vom „Tausend­Hörer­“, „Tausend­Seher­“ oder „Tausend­Leser­Preis“, häufig wird er vereinfachend „Tausend­Kontakte­Preis“ ge­ nannt. Er gibt an, wie viel Geld bei einer Werbeaktion einge­ Tausend-Kontakte-Preis (TKP) = setzt werden muss, um tausend Personen (Leser, Zuschauer Preis der Werbemaßnahme · 1 000/Reichweite usw.) zu erreichen. Die Formel zur Berechnung lautet: Bezogen auf verschiedene Medien ergibt sich folgende beispielhafte Umsetzung: Werbemittel/Werbeträger Kosten der Schaltung Reichweite TKP (€) 30-Sekunden-Spot im Radio 9.400,00 € 2 800 000 (Zuhörer zur Sendezeit des Spots) 3,36 Ganzseitige Anzeige in einer Wochenzeitschrift 75.000,00 € 1 300 000 (Auflagenhöhe) 5,77 30-Sekunden-Spot im Fernsehen 60.000,00 € 3 200 000 (Zuschauer zur Sendezeit des Spots) 18,75 6062235 235 236 236 Lernfeld 10 Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren Durch den „Tausend­Kontakte­Preis“ werden die Kosten der verschiedenen Medien vergleichbar. Allerdings sagt er nichts darüber aus, wie effektiv der Kontakt der Be­ worbenen mit dem Medium war. Wenn ein Leser eine ganzseitige Werbeanzeige in der Zeitung einfach überblättert oder wenn ein Fernsehzuschauer während der Wer­ bepause den Raum verlässt, findet natürlich kein echter Kontakt mit der Werbung statt. Dieser Problematik kann man aber mithilfe der Werbekontrolle auf die Spur kommen (siehe weiter unten). Die folgende Tabelle zeigt, wie sich in Deutschland im Jahr 2006 die Werbeeinnahmen auf die verschiedenen Werbeträger verteilt haben. Werbeträger Tageszeitungen Fernsehen Werbung per Post Anzeigenblätter Publikumszeitschriften Verzeichnismedien1 Fachzeitschriften Außenwerbung Hörfunk Online-Angebote Wochenzeitungen Filmtheater Zeitungsbeilagen gesamt Werbeeinnahmen (Mio. €) Veränderung zum Vorjahr (%) 4.532,90 4.114,26 3.318,87 1.943,00 1.855,89 1.198,60 956,00 787,43 680,48 495,00 260,20 117,48 89,90 + 1,3 + 4,7 – 2,3 + 2,4 + 3,6 + 0,1 + 6,0 + 2,4 + 2,5 + 49,1 + 2,9 – 11,3 – 1,2 20.350,01 + 2,6 Quelle: Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft, 2007 Hat man sich für ein Werbemittel und den dazugehörigen Werbeträger entschieden, stellt sich die Frage nach der Gestaltung der Werbung. In der Regel wird hier auf die Spezialisten der Werbebranche zurückgegriffen, wenn es das Budget zulässt. AIDA­Formel Eine einfache und allgemein bekannte Regel, die bei der Gestaltung des Werbemittels beachtet wird, ist die sogenannte „AIDA-Formel“, die die gewünschte Wirkung von Werbung in vier Stufen aufzeigt: A = ATTENTION = Werbung soll AUFMERKSAMKEIT erregen I = INTEREST = Werbung soll das INTERESSE des Konsumenten am Produkt wecken D = DESIRE = Werbung soll den Kauf­WUNSCH des Konsumenten auslösen A = ACTION = Werbung soll die Kauf­AKTION beim Konsumenten bewirken Diese vier Stufen sind so zu verstehen, dass sie der Reihe nach erreicht werden sollen. Zuerst wird also durch Werbung die Aufmerksamkeit des Konsumenten erweckt, da­ nach kann das Interesse am Produkt ausgelöst werden, usw. Wenn es zur eigentlichen Kaufaktion kommt, ist das Ziel der Werbemaßnahme erreicht. Werbeerfolgs­ kontrolle Es besteht natürlich ein hohes Interesse an den Auswirkungen von kommunikations­ politischen Maßnahmen, da sie in der Regel mit nicht unerheblichen Kosten verbun­ den sind, wie man auch schon in der Tabelle der Tausend­Kontakte­Preise erkennen kann. Eine Kontrolle der getätigten Maßnahme ist mit ökonomischen und mit nicht ökonomischen Kennzahlen möglich. ▪ Die ökonomische Werbeerfolgskontrolle bezieht sich dabei auf Kennzahlen wie den Umsatz, Stückzahlen (Absatz), Gewinnsteigerung, Steigerung des Marktanteils usw. 1 Nachschlagewerke wie z. B. Branchenverzeichnisse oder Telefonbücher 6062236 Marketinginstrumente einsetzen und Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen ▪ Lernfeld 10 Dies klingt allerdings einfacher, als es ist. Die Wirkung auf ökonomische Kennzahlen allein der Werbung zuzuschreiben ist schwierig, da Umsatz­ oder Absatzverände­ rungen auch andere Ursachen haben können. Eine Umsatzsteigerung eines Artikels, der massiv beworben wurde, kann auf diese Werbemaßnahme zurückgehen. Aller­ dings ist es auch möglich, dass die Umsatzsteigerung aufgrund von saisonalen Schwankungen der Absatzzahlen, vom allgemein günstigen Konsumklima oder von einer anderen Marketingmaßnahme wie z. B. einer Preissenkung oder einer Ände­ rung des Produktdesigns ausgelöst wurde. Insofern besteht hier immer das Problem der Zurechenbarkeit von Ursache zur entsprechenden Wirkung. Die nicht­ökonomische Werbeerfolgskontrolle bezieht sich auf andere Kennzahlen, wie z. B.: – Berührung mit der Werbung (Kontakt), – Erinnerung (z. B. an Werbeaussagen oder an das Produkt, das in einem Spot beworben wurde), – Einstellungen (z. B. die Zufriedenheit der Kunden, ihre Meinung über das Pro­ dukt oder das Unternehmensimage). Der Kontakt mit der Werbung und der eigentliche Kaufprozess fallen zeitlich nicht zusammen, der Kunde muss sich also an die Werbung und an das Produkt erinnern. Somit ist die Erinnerungsleistung eine wichtige Maßzahl der außerökonomischen Werbekontrolle. Man unterscheidet bei den hierzu geführten Recall­Tests zwischen ungestützter und gestützter Erinnerungsleistung. Bei beiden Varianten befragt man z. B. die Leser einer Zeitschrift, in der bestimmte Werbeanzeigen geschaltet waren, ob sie sich an die Werbung erinnern können. Die ungestützte Erinnerungsleistung funktioniert ohne Hilfestellung, bei der gestützten Erinnerung werden Schriftzüge, Produktnamen oder Ähnliches vorgegeben. Ähnliche Verfahren erkunden den Be­ kanntheitsgrad von Produkten oder Marken. Die Erinnerung an oder der Bekanntheitsgrad einer Werbeaktion oder eines Pro­ duktes ist ein Kriterium, ein anderes ist die Einstellung zur Aktion oder zum Produkt. Auch sie spielt als Kennzahl in der außerökonomischen Werbeerfolgskontrolle eine Rolle. Letztlich kann natürlich auch die Kaufbereitschaft oder ­absicht bei einer kon­ kreten Zielgruppe erforscht werden, indem man sie z. B. vor die Wahl stellt, ein be­ stimmtes Bedürfnis durch den Kauf aus einer vorgegebenen Auswahl an Produkten zu befriedigen. Um den außerökonomischen Erfolg von Werbemaßnahmen zu messen, bieten sich Marketingforschungsmethoden wie die z. B. die Befragung an. › LF 11, Kap. 2.4 3.5.3 Was erlaubt ist und was nicht – Die Grenzen der Werbung Werbung kann manipulieren, sie kann falsche Darstellungen vermitteln oder zu Wett­ bewerbsverzerrungen führen. Aus diesen Gründen müssen der Werbefreiheit Gren­ zen gesetzt werden. Dazu gibt es zum einen freiwillige Selbstverpflichtungen der Werbetreibenden, zum anderen staatliche Regelungen. Ein Gremium der Wirtschaft, das sich als Aufgabe gesetzt hat, Werbung auf Inhalt, Aussage und Gestaltung zu überprüfen, Missstände aufzudecken und abzustellen, ist der Deutsche Werberat. Er hat auch Leitlinien entwickelt, was Werbung darf und nicht darf (siehe hierzu: www.werberat.de). Von staatlicher Seite werden Grenzen in verschiedenen Gesetzen vorgegeben. Die wichtigsten sind das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und der Rundfunkstaatsvertrag (RStV). 6062237 Grenzen der Werbefreiheit 237 238 238 Lernfeld 10 Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren Der Rundfunkstaatsvertrag, der sich speziell auf Medien wie Radio und Fernsehen bezieht, enthält auch inhaltliche Beschränkungen für Werbetreibende, wie die Be­ achtung des besonderen Schutzes von Kindern und Jugendlichen und die Trennung von Programm und Werbung. Daneben werden zeitliche Beschränkungen auferlegt, die sich bei den öffentlich­rechtlichen Sendern stärker auswirken, da sie z. B. nur bis 20:00 Uhr Werbung ausstrahlen dürfen. Für die privaten Sender gelten ebenfalls zeit­ liche Beschränkungen wie etwa die maximale Dauer und Anzahl von Werbeblöcken bezogen auf die Sendezeit einer Sendung oder eines Films. Unlauterer Wettbewerb Weit mehr inhaltliche Vorgaben gibt das UWG. Es verbietet unlautere Werbemetho­ den, die sich darin äußern, dass sie den Wettbewerb zum Nachteil der Mitwettbewer­ ber erheblich beeinträchtigen. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) irreführende Werbung Irreführend können Angaben sein über ▪ die Merkmale und die Art einer Ware, ▪ die Verfügbarkeit einer Ware, ▪ die Verwendungsmöglichkeit einer Ware, ▪ die geschäftlichen Verhältnisse eines Unternehmens. vergleichende Werbung Der Vergleich ▪ muss sich auf Ware beziehen, die den gleichen Zweck erfüllt, ▪ muss sich auf objektiv nachvollziehbare Tatsachen stützen, ▪ darf die Wertschätzung des Mitbewerbers nicht herabsetzen, ▪ darf die Ware oder Dienstleistung des Mitbewerbers nicht verunglimpfen. unzumutbare Belästigung Eine unzumutbare Belästigung liegt vor, wenn ▪ der Empfänger erkennbar die Werbung nicht wünscht, ▪ Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung getätigt wird, ▪ Werbung per E-Mail oder Fax ohne Einwilligung des Empfängers geschaltet wird. Eine Möglichkeit, einen Verstoß gegen die Rechtsnormen des UWG und des RStV zu ahnden, sind die Beseitigung der Werbemaßnahme und die Unterlassung. Bei Zu­ widerhandlungen drohen Ordnungsstrafen. Möglich sind nach UWG auch ein Schadensersatz, wenn einem Mitbewerber ein Schaden durch die Werbemaßnahme entstanden ist, oder der Einzug des Gewinns, wenn ein Werbetreibender aufgrund einer Werbemaßnahme, die gegen das UWG verstößt, zu Unrecht Gewinn erzielt hat. Product­ Placement Die Grenzen, die das UWG und der RStV den Werbetreibenden setzen, werden bis­ weilen ausgetestet. Es gibt auch Möglichkeiten, sie zu umgehen, wie das Sponsoring gezeigt hat (siehe Kapitel 3.5.1 in diesem Lernfeld). Eine andere Variante, Werbebe­ schränkungen auszuhebeln, ist das sogenannte Product-Placement. Hierunter versteht man das Plat­ zieren von realen Produkten oder Dienstleistungen in eine Sendung oder einen Film. Die unentgeltliche Überlassung von Produkten zur filmischen Nutzung ist in Deutsch­ land erlaubt. Wird das Produkt be­ sonders herausgestellt oder für die Einblendung bezahlt, handelt es sich um Schleichwerbung – was verboten ist. Diese Regelung ergibt sich allein aus den deutschen Rechtsnormen, eine europaweite einheitliche Regelung steht noch aus. 6062238 Lernfeld 10 Marketinginstrumente einsetzen und Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen 3.6 Servicepolitik Die Wettbewerbssituation auf den verschiedenen Märkten ist zumeist so hart, dass die Unternehmen sich neben der Produkt­ und Preispolitik vor allem durch ein Serviceangebot und durch unterschiedliche Verkaufskonditionen voneinander abheben müssen. Das Dienstleistungsangebot ist abhängig von der Branche, von dem verkauf­ ten Produkt und davon, ob der Kunde ein Unternehmen oder ein Konsument ist. Um das Angebot an möglichen Serviceleistungen zu strukturieren, werden sie häufig in Pre-sales- und After-sales-Service unterteilt. Zu den kaufbegleitenden Leistungen ge­ hören alle, die bis zum Vertragsabschluss anfallen. Danach stehen die Dienstleistungen nach dem Verkauf an. Pre­sales­Service ▪ Beratung ▪ Kinderhort ▪ Finanzierung, Ratenkauf, ▪ kostenloses Parken Inzahlungnahme ▪ Restaurant, Cafeteria ▪ Leasing ▪ Ruhezonen ▪ verschiedene Zahlungs- ▪ Aufbewahrung für bedingungen ▪ Versicherung Gepäck ▪ Zustellung Service Pre­sales­ Service After­sales­Service ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Aufstellen, Installation, Wartung Ersatzteillieferung Leihgeräte bei Reparatur Garantieleistungen Kulanz Servicehotline Vor-Ort-Service ▪ Schulung ▪ Warenpräsentations- und Platzierungshilfen ▪ Vermarktungshilfen ▪ Lagerhaltung ▪ Rücknahme und Ent- Dienstleistungen, die dem Kunden zusätzlich zum Produkt angeboten werden, müs­ sen nicht zwingend kostenlos sein. Häufig ergibt sich gerade aus den After­sales­Leis­ tungen eine ergänzende Wertschöpfungsquelle, etwa durch das Abschließen von War­ tungsverträgen oder durch die Schulung und Fortbildung der Mitarbeiter des kaufenden Unternehmens. Die Möglichkeiten und die in der Realität anzutreffenden Varianten reichen vom konsequenten Ausschluss von nahezu allen Serviceleistungen, wie man es bei den Discountern erfährt, bis hin zu den Unternehmen, die mit den Dienstleis­ tungen einen ebenso hohen Umsatz machen wie mit dem eigentlichen Verkauf von Produkten, wie man es z. B. bei den Vertragshändlern der Automobilbranche vorfindet. Aufgabe des Marketings ist es, hier die richtige Zusammenstellung von Service­ angeboten zu finden, um die Wünsche der Kunden zufriedenzustellen. sorgung von Altgeräten After­sales­ Service Eine besondere Stellung unter den Pre­sales­Serviceleistungen nehmen das Finanzie­ rungsangebot und die Zahlungsbedingungen eines Unternehmens ein. Hiermit soll dem Kunden der Kauf des Produktes erleichtert bzw. ermöglicht werden. Die Zahlungsbedingungen enthalten häufig verschiedene Alternativen für den Kun­ den: Er kann die Ware auf Rechnung kaufen und später überweisen. Er kann bar oder mit Scheck bezahlen. Zahlungs­ bedingungen Wenn Unternehmen ein Zahlungsziel gewähren, dann kann der Kunde sich die darin festgesetzte Zeit lassen, bis er bezahlt. Das kann man auch als Finanzierungsangebot ansehen, als einen sogenannten Lieferantenkredit. Zahlungsziel Häufig ist ein Zahlungsziel verbunden mit der Gewährung eines Skontos, wenn inner­ halb einer kürzeren Skontofrist bezahlt wird. Dann kann vom Rechnungsbetrag das Skonto – in der Regel 2 % oder 3 % des Betrages – abgezogen werden. Skonto Häufig werden darüber hinaus auch noch weitere Möglichkeiten der Kreditgewährung angeboten. Sie können vom Unternehmen selbst, von einer unternehmenseigenen Bank oder von einer mit dem Unternehmen kooperierenden Bank gewährt werden. Einer dieser Wege kommt für den Käufer eigentlich erst in Betracht, wenn die eigene Hausbank keine Kreditgewährung ermöglicht oder wenn diese teurer wäre als die Fi­ nanzierung über das verkaufende Unternehmen. Gerade in der Automobilindustrie haben sich unternehmenseigene Banken etabliert, die günstigere Finanzierungen an­ bieten als andere Kreditinstitute. 6062239 239 240 240 Lernfeld 10 Absatzprozesse planen, steuern und kontrollieren 3.7 Nur ein Marketinginstrument allein einsetzen geht (fast) nicht – Marketingmix Marketingmix Kommunikations­ mix Distributionsmix In den vorherigen Kapiteln wurden die einzelnen Instrumente des Marketings getrennt voneinander dargestellt. Dies suggeriert, dass diese Marketingwerkzeuge einzeln von­ einander eingesetzt werden, was aber in der Regel nicht so ist: Es werden die verschie­ denen Instrumente miteinander kombiniert und häufig auch zeitgleich eingesetzt. Das kann man sich am einfachsten bei einer Produktinnovation vorstellen. Diese Neu­ einführung eines Produktes ist natürlich mit einer festzulegenden Preisstrategie ver­ knüpft, es müssen Entscheidungen bezüglich des Vertriebsweges für das neue Produkt getroffen werden und eine schlüssige Kommunikationsstrategie muss festgelegt wer­ den. Diese Kombination aus Marketinginstrumenten, die eingesetzt werden, um ein bestimmtes Marketingziel zu erreichen, nennt man Marketingmix. Neben diesem Mix der Marketinginstrumente gibt es innerhalb der einzelnen Be­ reiche ebenfalls Kombinationen der einzelnen zur Verfügung stehenden Varianten. Z. B. versteht man unter dem Kommunikationsmix die Kombination der hier bereit­ stehenden Werkzeuge wie der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit, der Distributionsmix verknüpft verschiedene Bereiche der Vertriebspolitik miteinander, wie die Wahl des Absatzweges und die Entscheidung für bestimmte Absatzmittler oder Absatzhelfer. Es stellt sich natürlich die Frage, wie die einzelnen Marketinginstrumente miteinan­ der zu kombinieren sind, damit sie möglichst effektiv zur Erreichung der gesetzten Ziele beitragen. Dazu gibt es keine allgemein gültigen Regeln. Zwei Versuche, den idealen Instrumenteneinsatz annäherungsweise vorzugeben, sind im Folgenden an­ hand zweier Hilfsmittel des Marketings aufgezeigt: der Produktlebenszyklus und die BCG­Matrix, die Sie aus den Ausführungen in Kapitel 1.3 kennen. Beispiel 1 Marketingmix im Produktlebenszyklus Einführungsphase Produktpolitik Wachstumsphase Produktinnovation Reife­ und Sättigungsphase Abschwungphase Produktdifferenzierung Produktvariation, -elimination Preispolitik Preisstrategie festlegen, z. B. Skimmingstrategie hängt von der festgelegten Strategie ab, z. B. Preissenkung, um weitere Käuferschichten zu erreichen Preise wie die Konkurrenz, vielleicht günstiger, um weitere Käuferschichten zu erreichen z. B. Rabattaktionen, um Lagerbestand abzuverkaufen Distributions­ politik Vertriebskanäle bestimmen Überprüfen, reibungslose Nachfragebefriedigung sicherstellen Vertriebskanäle ausweiten (z. B. weitere Absatzmittler) Vertriebskanäle reduzieren, z. B. Verkauf nur noch über Discounter Kommunikations­ politik Einführungswerbung und Verkaufsförderung (Produkt für die Frühkäufer bekannt machen) Durchsetzungswerbung (Produkt für die breite Masse bekannt machen) Verkaufsförderung, Direktmarketing, Erinnerungswerbung Werbemaßnahmen bis auf ein Minimum zurückfahren Servicepolitik Serviceangebot festlegen Serviceangebot Ergänzende, von der Konkurrenz abhebende einschränken Serviceangebote 6062240 Marketinginstrumente einsetzen und Einfluss auf die Marktbedingungen nehmen Lernfeld 10 Die obigen Festlegungen sind als beispielhaft anzusehen. Wird etwa in der Einfüh­ rungsphase eine andere Preisstrategie gefahren, ergibt sich natürlich ein anderer In­ strumenteneinsatz in den weiteren Phasen. Auch in der zweiten Darstellung sind die Vorgaben nicht als zwingend anzusehen. Beispiel 2 Insgesamt betrachtet ist die Instrumentenauswahl nicht allein von der Lebenszyklus­ phase oder der Stellung im Produktionsprogramm eines Unternehmens abhängig. Viele Faktoren beeinflussen den Einsatz und den Mix der entsprechenden Marketing­ instrumente: ▪ Phase im Produktlebenszyklus und Stellung in der BCG­Matrix ▪ Branche (Modebranche, Baubranche usw.) ▪ Produktart (Investitionsgut, Konsumgut) ▪ Gesamtstrategie (Discounter, Markenanbieter usw.) ▪ gesamtwirtschaftliche Entwicklung (Boom, Rezession usw.) Letztlich muss bei der Zusammenstellung des Marketingmix beachtet werden, dass die Instrumente sich wechselseitig bedingen und voneinander abhängig sind, wie es in den obigen Beispielen auch schon deutlich wurde. Eine Hochpreisstrategie bedingt etwa die Festlegung auf bestimmte Vertriebskanäle und eine besondere Art der Kom­ munikation. Daneben stellt sich häufig die Frage, ob und wann die eingesetzten Ins­ trumente wirken, wobei hier auch wieder die wechselseitigen Abhängigkeiten eine Rolle spielen. Zu guter Letzt müssen noch die sogenannten Ausstrahlungseffekte beim Einsatz des Marketinginstrumentariums beachtet werden. Sie können sowohl positiv als auch ne­ gativ wirken, indem z. B. die Einführung einer Sparvariante eines Produktes auf das ganze Sortiment ausstrahlt und das Produkt künftig von den Kunden als „billig“ ange­ sehen wird. Gut gemachte Werbung für einen Artikel kann sich aber ebenso positiv auf die anderen Produkte eines Unternehmen auswirken. Die Entscheidung für den richtigen Marketingmix ist also sehr schwierig. 6062241 Wechselseitiger Einfluss der Marketing­ instrumente 241