SMI 2006: Nº 59 17 Konzeption einer asynchronen HL7-ADT-Schnittstelle zu einer elektronischen Patientenakte zwecks weiterer Integration von Befundsystemen Ela Bielecki Summary Solothurner Spitäler AG, Solothurn The public hospitals of the state of Solothurn, Switzerland, are developing an XML-based computerized patient record system in order to replace the previous classic one. In this new system clinical information will not be consolidated in archives, but queries will be made in real-time and displayed to users. This technology uses SOAP based protocols. In order to guarantee the results, patient and case identification are necessary. However, the granularity of this information is based on administrative needs and is not sufficient to answer clinical needs. Previous experience has shown that classical administrative interfaces require metadescriptions that can support end-users needs. The author names this meta-description an “asynchrone interface”, because it does not more meet the 1:1 relationship with data, in contrary to usual synchrone interfaces. This paper describes this interface, its development and implementation. Hintergrund Die Solothurner Spitäler AG (Bürgerspital Solothurn, Kantonsspital Olten, Spital Grenchen, Spital Dornach, Solothurnische Höhenklinik Allerheiligenberg und Psychiatrische Dienste des Kantons Solothurn) haben eine Elektronische Patientenakte (EPA) – INFOpath-DOC – entwickelt, die seit April 2005 bereits in den Kliniken für Innere Medizin des Bürgerspitals Solothurn (BSS) und des Kantonsspitals Olten (KSO) im Einsatz ist. Die erwartete Expansion dieser Lösung in weiteren Kliniken an den verschiedenen Spitalstandorten erfordert die Möglichkeit der Übernahme der bereits im Administrationssystem HOSPIS vorhandenen Patientendaten und der Generierung eines Patientenidentifikators (PID) zwecks Neuerfassung einer Person. Korrespondenz: Dipl. Ing. HTL/NDS IWI Ela Bielecki Solothurner Spitäler AG [email protected] Alle sechs Solothurner Spitäler arbeiten mit demselben Patientenmanagementsystem HOSPIS. Beim Erfassen eines Patienten wird ein PID generiert. Zudem wird dem entsprechenden Patienten eine Rolle zugeteilt (z.B. Mitarbeiter, Patient, Garant). In diesem Prozess ist darauf zu achten, dass gleichzeitig geprüft wird, ob die betreffende Person bereits früher im System erfasst wurde (in welcher Rolle ist dabei nicht entscheidend), also bereits über einen PID verfügt. Handelt es sich um einen bestehenden Patienten, so wird zusätzlich beim Eintritt ein Fallidentifikator (FID) erzeugt. Es gibt keine Schnittstelle zwischen dem Patientenmanagementadministrationssystem HOSPIS und der Elektronischer Patientenakte INFOpath-DOC. Die Elektronische Patientenakte INFOpath-DOC Die INFOpath-DOC ist eine Ärztesoftware zum Mitgestalten der Elektronischen Patientenakte. Sie ermöglicht einen schnellen Zugriff auf bereits abgelegte, elektronisch abgespeicherte Patienteninformationen und Fälle und unterstützt das Erstellen von Berichten, Diagnosen, Briefen usw. INFOpath-DOC wurde als eine mehrschichtige Architektur, basierend auf XML und WebServices, realisiert. Das System ist modular aufgebaut und besteht aus fünf Teilen: INFOpath-DOC-Server, Client, PDF-Generator, SharePoint®-Dokumentenarchiv und XML-Speicher. Problemstellung Die Problemstellung bezieht sich auf alle Kliniken, die über die INFOpath-DOC-Ärztesoftware verfügen, weil dort im Gegensatz zu den übrigen Umsystemen des Spitals keine Schnittstelle zum HOSPIS-System vorhanden ist. Dies bringt erhebliche Nachteile mit sich: Im INFOpath-DOC werden heute die Stammdaten des Patienten manuell erfasst. Die Hausarztangaben erhält man aus dem INFOpathDOC-Administrationstool, wo sie verwaltet werden. Es existieren keine PID- und FID-Nummern. Alle weiteren patienten- und fallbezogenen Daten werden manuell eingetragen. Symposium of the SSMI SMI 2006: Nº 59 18 Zielsetzung Um die Redundanz der zu erfassenden Patientendaten zu vermeiden bzw. um zu schon erfassten Angaben zu gelangen, soll ein Abgleich zwischen INFOpath-DOC und bereits existierenden oder fehlenden Daten im Administrativsystem HOSPIS möglich sein. Die Befunde spezialisierter Umsysteme sollen künftig nicht aggregiert, sondern in Echtzeit abgefragt und angezeigt werden. Technisch wird dazu ein Web-Service per SOAP eingesetzt. Abbildung 1. Ist-Zustand am Bürgerspital Solothurn. HL7-ADT-Nachrichtenfluss von HOSPIS an die Umsysteme via eGate. Graphische Darstellung des HOSPISSystems mit Verbindung an die Umsysteme. Es werden unterschiedliche HL7-V2.4-Nachrichtentypen über die Schnittstelle ausgetauscht: Die Linien verdeutlichen die Kommunikationsrichtung sowie den Nachrichtenfluss zwischen HOSPIS, eGate und den einzelnen Umsystemen. Die für diese Schnittstelle relevanten HL7-ADT-Meldungen (Admittance/Discharge/Transfer) der Patientenfalldaten werden nur in eine Richtung fliessen, was bedeutet, dass das HOSPIS-Patientenmanagementsystem die entsprechenden Angaben an die Umsysteme exportiert. Hierbei wurden die innovativen Technologien und Standards des Gesundheitswesens wie HL7 V2.4, SOAP, Web-Service per SOAP und XML genutzt. Die HO-PID-Lösung. Die Metaebene zu ADT-Nachrichten Die neue Lösung, basierend auf einem WebService, wurde HO-PID genannt. Sie bildet eine Schnittstelle zwischen INFOpath-DOC und dem Administrativsystem HOSPIS. Die Daten eines Patienten aus den verschiedenen Spitälern sind innerhalb einer Oberfläche aufgelistet und lassen sich entsprechend der Rechte des INFOpath-DOC-Benutzers öffnen. 1. Alle Stammdatenangaben mit PID, die vom HOSPIS-System via eGate im HL7-V2.4Format exportiert worden sind, werden in einer Datenbank (SQL 2005) abgespeichert. 2. Alle bestehenden FIDs und PIDs werden ebenfalls vom HOSPIS-System in die Datenbank transferiert. Abbildung 2. Geschäftsvorgang von HOSPIS zu INFOpath-DOC via HO-PID. 3. Ein Web-Service mit dem SOAP-Protokoll bildet eine Metaebene zwischen der Datenbank und INFOpath-DOC. Synchronität Alle durch das HOSPIS-System vorgenommenen Mutationen, sowohl in den Stammdaten als auch am Fall, werden laufend an eGate weitergeleitet und in der Datenbank abgespeichert. Somit beinhaltet der PID zwar keine Fallverläufe, wohl aber den letzten gültigen Fall, an dem alle Mutationen getätigt wurden, also auch die Daten des aktuellen Falls. INFOpath-DOC fragt die Datenbank via HO-PID nach bestehenden PIDs via Web-Interface-Suchmaske ab, in die er identifizierende SMI 2006: Nº 59 19 Angaben zum Patienten sowie ergänzende Informationen einträgt. Falls der Patient beim Abgleich als schon vorhanden identifiziert wird, wird der vorhandene PID samt Stammdaten und FID ausgegeben. Asynchronität INFOpath-DOC holt via Web-Service (HO-PID) die ADT-Daten mit PID und – falls vorhanden – dem neuesten bestehenden Fall (FID tagesaktueller Stand) von der Datenbank. Die Daten werden ausschliesslich über eGate aktualisiert. Die «Datenhoheit» bleibt beim HOSPIS-System. Alle Änderungen müssen über HOSPIS vorgenommen werden. Der Datenaustausch ist also nicht starr gebunden, Daten werden auf Anfrage hin geholt und nicht zwingend ständig zugeschickt, wobei jede Datenanfrage automatisch deren Aktualisierung auslöst. Resultat einer neuen Schnittstelle Abbildung 3. Soll-Zustand. Schnittstelle zu INFOpath-DOC via HO-PID. Alle HL7-ADT-Angaben sollen zwecks weiterer Integration mit den medizinischen und fallbezogenen Angaben in die INFOpath-DOC-Erfassungsmaske übernommen werden können, wodurch die mögliche Redundanz aufgrund doppelter Erfassung vermieden wird. Glossar Abbildung 4. Suchmaske für die Suche von in HOSPIS exportierten Daten und bereits im SharePoint®-Archiv abgelegten Berichten zu einer FID. Resultat der Suche. HO-PID (suche in HOSPIS): In der Datenbank des HO-PID werden Patienten und Fälle gesucht. Vorhanden (und durchsuchbar) sind alle Daten, die von HOSPIS geliefert werden. KG-Archiv: Im SharePoint® werden die Dokumente gesucht, die im PDF-Format abgelegt waren. Vorhanden (und durchsuchbar) sind alle Daten, die mit den Dokumenten abgelegt werden. Resultat: 1. Suche des Falls (oder des Patienten) in HO-PID, 2. Nachladen der Dokumente zum Fall/Patienten vom SharePoint®-Archiv. Web-Service. Ein Web-Service1 ist ein Dienst, der mit Hilfe von XML auf der Grundlage von Internetprotokollen erbracht wird und XMLbasierte Standards verwendet, um Daten miteinander auszutauschen. Er bietet eine Schnittstelle für Softwareoperationen über ein Netzwerk (z.B. Internet) an, das mittels eines nachrichtenbasierten XML-Datentransfers aufrufbar ist (z.B. SOAP). Die Protokolle, die heute vorwiegend Verwendung finden, sind TCP/IP und HTTP. Als Kernschicht der Architektur findet man die Extensible Markup Language (XML) und das Simple Object Access Protocol (SOAP). SOAP – Simple Object Access Protocol. SOAP2 ist ein Protokoll zur Kommunikation von verteilten Anwendungen über das Internet, mit dessen Hilfe Daten zwischen Systemen ausgetauscht und Remote Procedure Calls durch1 http://www.infosys.tuwien.ac.at/staff/hg/SA-VS/05_ Web-Services_pages.pdf. 2 http://de.wikipedia.org/wiki/SOAP. Symposium of the SSMI SMI 2006: Nº 59 20 geführt werden können. SOAP kann standardmässig über TCP/IP und HTTP übertragen werden. EPA. Elektronische Patientenakte. PID. Patientenidentifikator, in soH eine fortlaufende Nummer. FID. Fallidentifikator. HO-PID. Patienten-Web-Service, der die Übernahme der Daten von HOSPIS via eGate in die EPA ermöglicht. HL7 «Health Level 7» ist ein weltweiter Standard zur Kommunikation mit Patientendaten in heterogenen Informationssystemen. Er wird benutzt, um demographische Patientendaten, Laborbefunde und Leistungen von einem System zum anderen zu schicken. eGate 4.5.3 Universelle Integrationsplattform für Krankenhausinformationssysteme sowie Basis für Gesundheitsnetze und eBusiness im Gesundheitswesen. Literatur 1 Greenhalgh T. Einführung in die Evidence-Based Medicine. 2. Auflage. Bern: Verlag Hans Huber; 2003. 2 Haas P. Medizinische Informationssysteme und Elektronische Krankenakten. Berlin: Springer; 2004. 3 Lehmann T. Handbuch der medizinischen Informatik. 2., vollständig neu bearbeitete Auflage. München: Carl Hanser Verlag; 2004. 4 Leiner F, Gaus W, Haux R, Knaup P, Pfeiffer KP. Medizinische Dokumentation. 4. Auflage. Stuttgart, New York: Schattauer; 2003. 5 Ninck A, Bürki L, Hungerbühler R, Mühlemann H. Systemik. Vernetztes Denken in komplexen Situationen. 4., überarbeitete Neuauflage. Zürich: Verlag Industrielle Organisation; 2004.