Über die Präimplantationsdiagnostik (PID) beim Menschen aus klinischer Sicht Von Univ. Prof. Dr. Wilfried Feichtinger Korrespondenzanschrift: Univ. Prof. Dr. Wilfried Feichtinger Wunschbaby Zentrum, Lainzer Strasse 6, A-1130 Wien. Tel: +43/1/877 15 30 Fax: +43/1/877 77 75/34 Einleitung Die Präimplantationsdiagnostik (PID) wurde 1990 erstmals zur Entdeckung X chromosomal gebundener und autosomal rezessiver Erbkrankheiten erfolgreich eingeführt. Bis zum Jahr 1998 waren bereits über 1.200 PID weltweit durchgeführt worden und die Zahl jener IVF Kliniken, welche diese Labordiagnostik im Rahmen Ihres Programms anbieten steigt stetig an. Verbreitung Schätzungsweise gibt es bereits weltweit über 1.000 gesunder Geburten nach PID, was für die Verlässlichkeit und sichere Durchführbarkeit der Methode spricht. Die Gefahr der Fehldiagnose wird ständig durch Verfeinerung der Labortechnischen Bestimmungsmethoden reduziert. Indikationen Diagnose altersbedingter Aneuploidien: Eine der wichtigsten derzeit praktizierten Indikationen für die PID, weltweit bereits ca. 60% aller Präimplantationsdiagnostiken aus dieser Indikation Zweitgrößte Indikationsgruppe: Geschlechtsbestimmung bei X-Chromosomal gebundenen Erbkrankheiten. Translokationen Polkörperdiagnose Genetische Erkrankungen Konsens Es herrscht internationaler Konsens, dass die Präimplantationsdiagnostik nur in entsprechend großen IVF Kliniken mit einer guten Schwangerschaftsrate durchgeführt werden sollte. Selbstverständlich müssen alle Patientinnen und Patienten über die gegenwärtigen Möglichkeiten und Grenzen der Preimplantatoinsdiagnostik genau aufgeklärt werden. Ebenso wie über die nach wie vor bestehende Notwendigkeit einer Pränataldiagnostik durch Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese. PID bei genetischen Erkrankungen Die Liste jener Erkrankungen bei denen die PID angewendet wird, wird stetig größer und beinhaltet Beispielsweise die zystische Fibrose, die Tay-Sachs´sche Erkrankung, Hämophilie A und B, Retinitis pigmentosa, Sichelzellerkrankung, Thalassämie, Alport´sche Erkrankung, Alpha 1 Antitrypsinmangel, Fragiles X-Syndrom, Duchenne´sche muskuläre Dystrophie, Rhesus-D Inkompatibilität, LeschNyhan Syndrom, myotone Dystrophie, Marphan Syndrom, familiäre adematöse Dickdarmpolyposis, Chorea Huntington und alle X-chromosomal gebundenen Erkrankungen, welche durch Geschlechtsbestimmung PID bei genetischen Erkrankungen • Bislang: Pränataldiagnostik • Schwangerschaftsabbruch bei Feststellung eines genetischen Defektes • Seit PID: Früherkennung genetischer Defekte • Vermeidung von Abtreibungen Zur Anz ei g e wi rd de rQ ui ck Ti me ™ De ko mp re ss or „GIF“ b en öti gt. Die Polkörperanalyse als PID In Ländern, in denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen eine PID am Prä-Embryo nicht durchgeführt werden kann, stellt die Polkörperdiagnostik die einzige Möglichkeit zur Untersuchung chromosomaler Fehlverteilungen, z. B. der Chromosomen 13, 16, 18, 21 und 22, in Eizellen dar. Die PID als Routinemethode zum Ausschluss von Aneuploidien im Rahmen der IVF Erhöhung der Erfolgsrate der IVF durch die Auswahl lebensfähiger Prä-Embryonen bzw. Ausschluss nicht lebensfähiger Aneuploidien. Reduktion der Gefahr von Fehlgeburten. Dieses Ziel kann nur durch eine möglichst große Bandbreite an Chromosomen erreicht werden, welche am einzelnen Prä-Embryo analysiert werden. Indikationen zur PID im Rahmen der Routine bei IVF 1) IVF Patientinnen über 38 Jahre 2) Patientinnen mit gehäuften frühen Fehlgeburten 3) Mehrfach fehlgeschlagene IVF Schützenswürdigkeit eines Embryos Die Schützenswürdigkeit eines Embryos kann erst ab der Implantation bestehen. Dass mit diesem Umstand auch in unserer christlichabendländischen Gesellschaft relativ locker umgegangen wird (siehe Fristenlösung und medizinische Indikation nach Pränataldiagnostik) ist ein widersprüchliches Phänomen. Jedenfalls dürfte ein Schwangerschaftsabbruch aus welchem Grund auch immer ungleich schwerer wiegen als das Verwerfen eines chromosomal zur Apoptose verurteilten Zellhaufens nach Präimplantationsdiagnostik. Rechtliche Zulassung der PID international International spannt sich der Bogen von ausdrücklicher Zulassung (z. B. Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Spanien, einzelne Bundesstaaten der USA und Australien), über mehr oder weniger „rechtsfreie Regelungen“ (z. B. Belgien und viele andere Länder), bis hin zur rechtlichen Unmöglichkeit der Durchführung durch restriktiv formulierte Gesetze wie beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland oder in der Schweiz. Rechtliche Zulassung der PID in Österreich ? In Österreich scheint derzeit, weder nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz noch nach dem Gentechnikgesetz ein ausdrückliches Verbot für die Durchführung der Präimplantationsdiagnostik zu bestehen.