TÜRKISCHE REPUBLIK UNIVERSITÄT ÇUKUROVA INSTITUT FÜR

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TÜRKISCHE REPUBLIK
UNIVERSITÄT ÇUKUROVA
INSTITUT FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN
ABTEILUNG FÜR DEUTSCHDIDAKTIK
ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN DER MOTIVATION UND DEM
FREMDSPRACHENVERLUST NACH DER VORBEREITUNGSKLASSE BEI
STUDIERENDEN IN DER ABTEILUNG FÜR
DEUTSCHLEHRERAUSBILDUNG
Bahar ALBAYRAK
MAGISTERARBEIT
ADANA, 2006
TÜRKISCHE REPUBLIK
UNIVERSITÄT ÇUKUROVA
INSTITUT FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN
ABTEILUNG FÜR DEUTSCHDIDAKTIK
ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN DER MOTIVATION UND DEM
FREMDSPRACHENVERLUST NACH DER VORBEREITUNGSKLASSE BEI
STUDIERENDEN IN DER ABTEILUNG FÜR
DEUTSCHLEHRERAUSBILDUNG
Bahar ALBAYRAK
BETREUER
Ass. Prof. Dr. Ergün SERİNDAĞ
MAGISTERARBEIT
ADANA, 2006
Çukurova Üniversitesi Sosyal Bilimler Enstitüsü Müdürlüğüne,
Bu çalışma, jürimiz tarafından Alman Dili Egitimi Anabilim Dalında YÜKSEK
LİSANS TEZİ olarak kabul edilmiştir.
Başkan
Yrd. Doç. Dr. Ergün SERİNDAĞ
(Danışman)
Üye
Prof. Dr. Tahir BALCI
Üye
Yrd. Doç. Dr. Sabahattin ÇAM
ONAY
Yukarıdaki imzaların, adı geçen öğretim elemanlarına ait olduklarını onaylarım.
...../..../....
Prof. Dr. Nihat KÜÇÜKSAVAŞ
(Enstitü Müdürü)
Not: Bu tezde kullanılan özgün ve başka kaynaktan yapılan bildirişlerin, çizelge,
şekil ve fotoğrafların kaynak gösterilmeden kullanımı, 5846 Sayılı Fikir ve Sanat
Eserleri Kanunu’ndaki hükümlere tabidir.
An die Leitung der Universität Çukurova Institut für Sozialwissenschaften,
wir bestätigen, dass diese Magisterarbeit zur Erlangung des akademischen
Grades Magister zufrieden stellend ist.
Vorsitzender Ass. Prof. Dr. Ergün SERİNDAĞ
(Betreuer)
Mitglied
Prof. Dr. Tahir BALCI
Mitglied
Ass. Prof. Dr. Sabahattin ÇAM
GENEHMIGUNG
Die Unterschriften gehören den Lehrkräften, die oben angegeben sind.
...../..../....
Prof. Dr. Nihat KÜÇÜKSAVAŞ
(Leiter des Instituts)
Anmerkung: Der nicht zitierte Verbrauch der Reports, Diagramme,
Abbildungen, Fotographien in dieser Arbeit, ob original oder veranschlagen von
anderen Quellen, abhängig von dem Gesetz der Kunstwerke und Gedanke Nr.
5846.
iv
ÖZET
ALMANCA ÖĞRETMENLİĞİ HAZIRLIK SINIFI ÖĞRENCİLERİNİN YABANCI
DİL KAYIPLARI İLE MOTİVASYONLARI ARASINDAKİ İLİŞKİ
Bahar ALBAYRAK
Yüksek Lisans Tezi , Alman Dili ve Eğitimi Anabilim Dalı
Danışman : Yrd.Doç. Dr. Ergün SERINDAĞ
Aralk 2006, 116 sayfa
Bu çalışmada yabancı dil kaybı ile motivasyon arasındaki ilişki teorik ve
deneysel bağlamda
kurulmuştur.
Bir
tartışılmaya çalışılmıştır. Çalışma iki ana konu üzerine
taraftan
yabancı
dil
kaybı
alanındaki
doğrultusunda geliştirilmiş olan unutma teorileri ve
araştırmalar
hipotezleri üzerinde
durulurken, diğer taraftan motivasyon faktörünün yabancı dil kaybına etkisinin
önemi
üzerinde yoğunlaşılmıştır.Yabancı dil kaybı alanındaki araştırmaların
gelişimi ve gelişiminde ulaşılan belli noktalar ile ilgili bu araştırmaların belli başlı
özellikleri üzerinde durulmuştur. Motivasyon faktörünün ve ilgili kavramların
tanımlanmasından sonra bu faktörün yabancı dil öğrenim sürecine etkisi
vurgulanmıştır. Çalışmanın deneysel kısmında problem cümlelerine cevap
aranması koşulluyla motivasyonun yabancı dil kaybına önemli ölçüde bir etkisi
olduğu görülmüstür.
Anahtar Kelimeler : Yabancı dil kaybı, motivasyon ,unutma ,
unutma teorileri, yabancı dil kaybı araştırmaları.
v
ZUSAMMENFASSUNG
ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN DER MOTIVATION UND DEM
FREMDSPRACHENVERLUST NACH DER VORBEREITUNGSKLASSE BEI
STUDIERENDEN IN DER ABTEILUNG FÜR
DEUTSCHLEHRERAUSBILDUNG
Bahar ALBAYRAK
Magisterarbeit , Abteilung für Deutschlehrerausbildung
Betreuer : Ass. Prof. Dr. Ergün SERİNDAĞ
Dezember 2006, 116 Seiten
In dieser Arbeit wurde das Verhältnis zwischen dem Fremdsprachenverlust
und dem affektiven Faktor Motivation theoretisch und empirisch beleuchtet.
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit zwei Themenkomplexen. Zum
einen wurde
die Fremdsprachenverlustforschung und deren Theorien und
Hypothesen mit dem Phänomen Vergessen bearbeitet. Zugleich stützte sich
diese Arbeit auf den affektiven Faktor Motivation, deren
Wichtigkeit für das
Fremdsprachenerlernen und auch für den Verlust der Fremdsprachen eine
Rolle spielte. Nach einem Überblick über die Entwicklung und dem Stand der
Fremdsprachenverlustforschung
Fremdsprachenverlustforschung
in
wurden
die
Merkmale
der
zwei
Variablen
(Kriteriumvariablen
-
Prädiktorvariablen) erläutert. Mit den Klärungen des affektiven Faktors
Motivation und deren beteiligten Begriffe
welche
Bedeutung
Fremdsprachenunterricht
die
Motivation
hatte.
wurde ganz spezifisch erläutert
als
ein
Im empirischen
Phänomen
Teil
für
wurden
den
die
zusammenhängenden Fragestellungen und deren Beantwortung anhand einer
vi
Datenerhebung offen dargelegt, dass die Motivation wirklich einen Einfluss
beim Fremdsprachenverlust hatte.
Schlüsselwörter: Fremdsprachenverlust , Motivation, Vergessen,
Vergessenstheorien, Fremdsprachenverlustforschung.
vii
VORWORT
Das Thema dieser Arbeit ist deshalb von Bedeutung, weil seit Jahren in
unserer Abteilung die Lehrkräfte immer wieder andeuteten, dass es bei den
Studierenden
der
Vorbereitungsklassen
nach
(Sommerferien) des Fremdsprachenunterrichts
einer
Unterbrechung
zu einem wesentlichen
Sprachverlust kam und dies für die Lehrkräfte aber auch für die Studierenden
ein wichtiges Problem am Anfang des Semesters bereitete.
Mein Dank gilt in erster Linie an Herrn Ass. Prof. Dr. Ergün SERİNDAĞ
für die Überlassung des Themas und die Betreuung bei der Durchführung der
Untersuchung.
An allen Lehrkräften der Abteilung für Deutschlehrerausbildung und
deren Studenten, die mit ihrer Teilnahme
den empirischen Teil dieser Arbeit
unterstützt haben.
Dank an die Baden- Württemberg Landesstiftung, die mir in Deutschland
die Gelegenheit gegeben hat, für meine Arbeit ein Forschungssemester zu
verbringen. Besten Dank auch der Pädagogischen Hochschule Weingarten
und der Universität Augsburg und deren Lehrkräfte Herrn Prof. Dr. Werner
Knapp und Herrn Prof. Dr. Helmut Osterfeld, die immer bereit waren meine
Fragen zu beantworten.
Mein besonderer Dank gilt an meinen Vater Eyüp ALBAYRAK und
meiner Schwester Eda ALBAYRAK die mich während dieser Zeit moralisch
unterstützt haben.
viii
INHALTSVERZEICHNIS
Zusammenfassung auf Türkisch.......……………………....…………………...iv
Zusammenfassung auf Deutsch ..........…………………………………………..v
Vorwort …………………………………………………………….....…...………...vii
1. EINLEITUNG
1.1. Problemstellung ....................................................................................... 1
1.2. Ziel der Arbeit........................................................................................... 3
1.3. Methode der Arbeit .................................................................................. 4
1.4. Aufbau der Arbeit ..................................................................................... 5
2. THEORETISCHER TEIL
2.1. Die Muttersprache und die Fremdsprachen ………………………............7
2.1.1. Sprachenlernen und Spracherwerb ............................................... 7
2.1.2. Die Muttersprache und das Erwerben........................................... 8
2.1.3. Die Fremdsprache und das Lernen................................................ 9
2.2. Fremdsprachenverlustforschung …………………………………………..12
2.2.1.Überblick über die Fremdsprachenverlustforschung .................... 12
2.2.2.Entstehung und Zielsetzung der Fremdsprachenverlustforschung 13
2.2.3. Das Vergessen ............................................................................ 14
2.2.4. Gedächtnispsychologische Vergessenstheorien........................... 16
2.2.4.1. Die Spurenzerfalltheorie ................................................... 17
2.2.4.2. Die Interferenztheorie ....................................................... 20
2.2.4.2.1. Die retroaktive Interferenz ................................ 22
2.2.4.2.2. Die proaktive Interferenz ................................. 22
2.2.4.2.3. Der Informationsverarbeitungsansatz ............... 24
2.2.4.3. Die Retrieval - Failure Theorie ……………………………....27
2.3. Die Merkmale der Fremdsprachenverlustforschung...……………...…..29
2.3.1. Kriteriumvariablen ......................................................................... 29
2.3.1.1. Die Hypothesen zum Fremdsprachvergessen.................. 30
2.3.1.2. Die Regressionshypothese ............................................... 30
2.3.1.3. Die Linguistic-Feature Hypothese ..................................... 35
2.3.2. Prädiktorvariablen ......................................................................... 43
2.3.2.1. Sprachliches Ausgangsniveau………...………………….44
ix
2.3.2.2. Art des Lernprozesses.................................................... 45
2.3.2.3. Dauer der Verlustphase - Rolle des Sprachkontakts....... 46
2.3.2.4.Die Hypothese der affektiven Variablen und die
Lernercharakteristika ........................................................ 47
2.4. Der affektive Faktor Motivation…………………………………..……………50
2.4.1. Klärung der Begriffe ......................................................................... 51
2.4.2. Erklärungsversuche des Phänomens „Motivation“ im
Fremdsprachenunterricht ................................................................. 56
2.4.3. Die Motivationsvariablen zur Fremdsprachenmotivationsforschung 58
2.4.3.1. Die integrative und instrumentelle Orientierung.................. 58
2.4.3.1.1. Friendship-orientation ......................................... 60
2.4.3.1.2. Knowledge-orientation ....................................... 60
2.4.3.2. Die intrinsische und extrinsische Motivation ...................... 61
2.4.3.2.1. Die Selbstwirksamkeitserwartung ..................... 64
2.4.3.2.2. Das Interesse ..................................................... 64
2.4.3.2.3. Die Relevanz....................................................... 65
2.4.4. Weitere wichtige Einflussfaktoren und ihre Wechselwirkung mit
Motivation........................................................................................ 67
2.4.4.1. Lernerinterne Faktoren ........................................................ 67
2.4.4.2. Lernerexterne Faktoren ....................................................... 68
3.EMPIRISCHER TEIL
3.1. Empirische Daten………………………………………………………. ....…...71
3.1.1. Fragestellungen ............................................................................. 71
3.1.2. Forschungsgruppe ......................................................................... 72
3.1.3. Messinstrumente............................................................................. 73
3.2. Datenerhebung.......................................................................................... 75
3.2.1. Analyse der Prüfungen (abhängige Variablen)................................ 75
3.2.2. Motivation (unabhängige Variablen)................................................ 81
4. SCHLUSSFOLGERUNG
Literaturverzeichnis ....................................................................................... 98
Lebenslauf .................................................................................................... 116
1
1. EINLEITUNG
Das
schnelle
Vergessen
Fremdsprachenkenntnissen
von
einmal
erworbenen
war schon immer ein wichtiges Thema für die
Lehrenden und Lernenden einer Fremdsprache. Dieser negative Zustand ruft
hervor, immer wieder zu der Klage warum das so ist, obwohl man viel gelernt
und viel Zeit dafür verbraucht hat. Im allgemeinen ist man sich darüber einig,
dass das “Wissen flüchtig [ist]. Wird es längere Zeit nicht aktiviert, verändert
es
seine
Gestalt
oder
gerät
in
Vergessenheit.
Dies
gilt
auch
für
Sprachkenntnisse“ (Müller 1995, 5).
Jeder ehemalige Schüler hat während seiner Schulzeit eine oder mehrere
Fremdsprachen gelernt und kennt das Phänomen des Vergessens aus eigener
Erfahrung. „Almost everybody who has learned a foreign language shares the
experience of forgetting the acquired language skills once the period of formal
instruction is over” (Schöpper-Grabe 1998, 231). Je länger der Unterricht
zurückliegt und je weniger die Fremdsprache angewendet wird, desto stärker ist
der Eindruck des allmählichen Verfalls der Fremdsprachenkenntnisse. Weiß
(1992) bezeichnet diese Situation ganz einfach nach seiner Devise: „Use it or
lose it “ (Weiß 1992,119).
1.1. Problemstellung
Es fehlen weitgehend wissenschaftlich begründete Ergebnisse über die
Entwicklung
von
Fremdsprachenkenntnissen,
Fremdsprachenunterricht
schon
längst
nachdem
abgeschlossen
ist.
der
Obwohl
letzte
der
Fremdsprachenunterricht das Ziel hat, die Lernenden dazu zu bringen, dass
sie nach der Beendigung des Lernprozesses mit einer Langzeitwirkung von
Fremdsprachkenntnissen ihr leben führen können, wurde bislang diese
„Langzeitwirkung“
kaum
erforscht
(vgl.
Schöpper-Grabe
1998,
231).
Beneke(1978) bezeichnet „die ungemein niedrige ‚Halbwertzeit’ des Verfalls
fremdsprachlicher Fertigkeiten gleich welcher Art und die Schwierigkeit, einmal
2
erworbene
Kenntnisse
zu
erhalten“,
als
ein
„Kardinalproblem
Fremdsprachenunterrichts“ (Beneke 1978,115). Auch Vielau (1991)
des
führt in
seiner Aussage an, dass „nichts so schnell ‚vergessen’ wird wie eine
Fremdsprache, die man nicht ständig braucht und anwendet“ (Vielau 1991, 24).
Für das schulische bzw. formale Fremdsprachenlernen in der Klasse, ist eine
der wichtigsten Fragen, was mit den erlernten Fremdsprachen wird, nachdem
der aktive Lernprozess abgeschlossen ist.
In
den
letzten
Jahren
wurde
die
Fremdsprachen-
bzw.
die
Zweitsprachenerwerbsforschung zunehmend von Erkenntnissen der kognitiven
Psychologie beeinflusst. Mit der Hinwendung zu den mentalen Vorgängen
erhofft man es zu erschließen, wie das menschliche Gehirn funktioniert, wenn
es fremdsprachliches Material verarbeitet, und wie man den sprachlichen Input
so gestalten kann, dass möglichst viel davon „wieder verwendbar „ im
Gedächtnis gespeichert wird (vgl. Rohmann 1996, 105). Aber in der realen
Anwendung allerdings hat der Lehrer/die Lehrerin es mit Menschen zutun,
deren Lerngeschichte, Einstellung und Stimmungslage völlig unterschiedlich
sind, die auf Anforderungen kognitiv und emotional individuell reagieren.
Emotionen, die die Aufmerksamkeit und damit die Wahrnehmung
und die
kognitive Verarbeitung beeinflussen, können z.B. Neugier, Interesse, Spaß,
Angst, Langeweile usw. sein. Die Frage sollte hier sein, welche Bedeutung
diesen affektiven Zuständen zuzumessen ist und welche Auswirkungen sie
hinsichtlich der gleichzeitig ablaufenden kognitiven Prozesse haben. Natürlich
gibt es sehr viele affektive Faktoren, die den Lernenden beeinflussen.
Die Kognitionswissenschaften und die Psycholinguistik haben den
Anspruch, ihre Modelle, mit denen sie eine interne Organisationsebene im
Menschen beschreiben wollen, an der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns
zu orientieren. Leider wird von emotionalen Einflüssen so gut wie immer
abstrahiert. Dafür gibt es natürlich methodische Gründe, weil emotionale
Vorgänge wesentlich schwieriger empirisch zu untersuchen sind als kognitive
Prozesse (vgl. Klimesch 1988; Roth 1989). Bei dieser Untersuchung sahen wir
auch diese Schwierigkeit, obwohl wir nur den einen, aber vielleicht der meist
3
wichtigste und affektivste Faktor die Motivation beim Erlernen und Verlust
bzw. beim Vergessen der Fremdsprachen berücksichtigt hatten.
Natürlich existieren zahlreiche Studien, an denen wir uns auch gestützt
haben. Über die Auswirkungen der Motivationsvariablen, wie integrative und
instrumentelle Motivation oder Selbstbewusstsein auf das Verhalten im
Unterricht und den Lernerfolg; das komplizierte Zusammen wirken von
emotionalen, motivationalen und kognitiven Faktoren in der konkreten
Lernsituation und auch bei Unterbrechungen wie z.B. Ferien sollte noch mehr
erforscht werden (vgl. Rohmann 1996,106).
Obwohl die Emotion, die auch die Motivation der Fremdsprachen
lernenden zustande bringt, sehr wichtig für die kognitiven Prozesse ist, vergisst
man immer wieder, dass die Emotion mit dem Gedächtnis eng verknüpft ist.
„Every emotion is associated with memory recall, and emotion is usually
generated by memories“ (Heath 1986, 8).
1.2. Ziel der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem zentralen Thema der
Gedächtnispsychologie,
dem
Fremdsprachenvergessen.
Die
Fähigkeit,
Informationen über ein bestimmtes Zeitintervall im Gedächtnis zu behalten, d.h.
nicht zu vergessen, ist eine grundlegende Voraussetzung für eine Reihe
kognitiver Funktionen, wie etwa Lernen, Denken oder Erkennen. Die
Erforschung der dem Vergessen zugrunde liegenden Prozesse ist aus diesem
Grund nicht nur für eine Beschreibung der Funktionsweise des Gedächtnisses
von grundlegendem Interesse, sondern mag darüber hinaus dabei helfen, die
komplexen Zusammenhänge zwischen verschiedenen kognitiven Funktionen zu
verstehen. Trotz intensiver experimenteller Forschung zu diesem Thema, die
vor etwa 100 Jahren von Ebbinghaus begonnen worden ist, ist man noch weit
entfernt zu diesem Phänomen. Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, durch eine
Untersuchung zu dieser Entfernung eine Nähe zu finden.
4
Ein weiteres Ziel dieser Arbeit besteht darin, den Effekt der Motivation auf
das Fremdsprachenvergessen zu untersuchen. So entstehen bei dieser Arbeit
zwei Themenkomplexe, an die man sich wendet.
So befasst sich diese Arbeit
mit zwei Themenkomplexen, die erst im
theoretischen Teil bearbeitet werden:
Zum einen soll die Fremdsprachenverlustforschung und deren Theorien
und Hypothesen mit dem Phänomen Vergessen bearbeitet werden.
Zugleich
stützt
sich
diese
Arbeit
Fremdsprachenverlustshypothesen und zwar
Variablen von Gardner- wobei der
wichtiger
auf
-
Anhand
einer
der
die Hypothese der affektiven
affektiven Faktor Motivation, als ein
Faktor für das Fremdsprachenerlernen und auch den Verlust der
Fremdsprachen eine Rolle spielt.
1.3. Methode der Arbeit
Die Daten für die vorliegende Arbeit wurde mit einer Forschungsgruppe
und zwar mit den Studierenden der Abteilung für Deutschlehrerausbildung der
Universität Çukurova, die im WS und SS 2004-2005 die Vorbereitungsklasse
besucht
hatten
und
dann
am
Anfang
des
ersten
WS
2005
für
Deutschlehrerausbildung standen, erhoben. Für die Datenerhebung als
Messinstrument
erfolgten
die
gewohnten schriftlichen Prüfungen, die im
Rahmen der curricularen Richtlinien der erziehungswissenschaftlichen Fakultät
durchgeführt wurden.
Der interdisziplinäre Charakter der Fremdsprachendidaktik macht es
erforderlich, in dieser Arbeit einen methodenpluralistischen Weg zu folgen. Die
grundlegenden Methoden der Arbeit beruhen auf den theoretischen und
empirischen Verfahren der Fremdsprachendidaktik.
Um den Zusammenhang zwischen dem Fremdsprachenverlust und der
Motivation herauszufinden wurde ein Motivationsfragebogen erstellt und wurde
5
durch den 5-stufigen Skala bewertet, so dass wir sehen konnten, ob der
Motivationszustand der Lernenden bei der Erwerbsphase und bei der
Inkubationsphase
beim
Verlust
entscheidend
sein
könnte.
Auch
die
Finalprüfungen (Grammatik, Textarbeit, Textproduktion) wurden von den
Probanden kurz vor dem Anfang des Semesters im Oktober für diese
Untersuchung
wieder
geschrieben,
so dass
der Fremdsprachenverlust
empirisch untersucht werden konnte. Es wurde auch eine Wortschatzprüfung
hergestellt, deren Besonderheit im empirischen Teil als Messinstrument erklärt
wird.
1.4. Aufbau der Arbeit
In dieser Arbeit wurde als erster Schritt vorgelegt, was die Muttersprache
und die Fremdsprache ist und welche Faktoren beim erwerben und erlernen
dieser Sprachen eine Rolle spielen. Der Unterschied zwischen Erwerben und
Lernen wurde demnach auch erläutert.
Dann kam ein Überblick über die Entwicklung und den Stand der
Fremdsprachenverlustforschung (Foreign Language Attrition Research). Darauf
folgen die
Merkmale der Fremdsprachenverlustforschung in zwei Variablen
(Kriteriumvariablen - Prädiktorvariablen).
In einem weiteren Schritt kamen ganz allgemein die Klärungen
des
affektiven Faktors Motivation. Dann wurde erläutert, welche Bedeutung die
Motivation als ein Phänomen für den Fremdsprachenunterricht
danach
wurden
die
Fremdsprachenmotivationsforschung
Motivationsvariablen
und
die
wichtigen
hat. Gleich
zur
Einflussfaktoren
(Lernerinterne- Lernerexterne Faktoren) bearbeitet.
Im empirischen
Fragestellungen,
Teil
wurde
anhand
zusammenhängender
Finalprüfungen und eines Motivationsfragebogens offen
dargelegt, ob die Motivation wirklich einen Einfluss beim Fremdsprachenverlust
habe. Um diese Fragestellungen empirisch zu überprüfen, wurde wiederum
6
natürlich eine Forschungsgruppe herangezogen, deren Struktur auch mit den
Fragestellungen im empirischen Teil dieser Arbeit erläutert wurde. Schließlich
wurde diese Arbeit mit einer Schlussfolgerung beendet.
2. THEORETISCHER TEIL
Zuallererst stellt sich die Frage, was eigentlich die Sprache ist. Dank der
menschlichen Sprache ist es möglich, Wörter auf die unterschiedlichste Art und
Weise ersetzen
und dadurch dem Inhalt Ausdruck zu verleihen. Unsere
Sprache besitzt eine Symbolkraft, durch die sowohl Gegenstände als auch
abstrakte Vorstellungen in Worte gefasst und ausgedrückt werden können. Wir
brauchen, um Sprache oder Sprachen zu verstehen, linguistisches Wissen.
Dieses setzt sich aus verschiedenen Wissensgebieten zusammen. Diese sind:
graphemisches Wissen, phonologisches Wissen, morphologisches Wissen,
lexikalisches Wissen, Syntax und Semantik (vgl. Hartland 1995, 200ff). Diese
spielen sie auch ganz natürlich für das Vergessen bzw. Verlust der Sprachen
eine wichtige Rolle, in dem diese Wissensgebiete nicht mehr aktiv da sind.
Insbesondere
beim
Fremdsprachenverlustprozess
werden
diese
Wissensgebiete einer Fremdsprache ganz spezifisch untersucht an denen wir
uns in dieser Arbeit stützen werden.
Um etwas über die
Beziehung zwischen dem affektiven Faktor
Motivation und dem Fremdsprachenverlustprozess
sagen zu können, muss
man zuerst darlegen, mit welchen Bedingungen man beim Erwerben seiner
Muttersprache und beim Erlernen der weiteren Fremdsprachen konfrontiert ist.
7
2.1. Die Muttersprache (L1) und die Fremdsprachen (L2, L3…..LX)1
Bei den
Begriffen Erwerben und Erlernen (Lernen) kommt es immer
wieder zu Diskussionen, deshalb ist es wichtig, diese Begriffe
zu
unterscheiden:
2.1.1. Sprachenlernen und Spracherwerb
Bei der
Erklärung dieser Begriffe der Sprachenetwicklung kommt es
immer zu einem Problem. Einige Wissenschaftler haben die Unterscheidung
dieser Begriffe wie folgt formuliert:
Sprachenentwicklung
Lernen („learning“)
Erwerb („acquisition“)
Gesteuertes Lernen
natürliches Lernen
Explizites Lernen
implizites Lernen
Bewusstes Lernen
unbewusstes Lernen
(Edmondson, House 2000,11)
Edmondson & House (2000)
oberflächlich
zu
dem
kommen nach dieser Unterscheidung
Entschluss,
dass
das
Erwerben
bei
der
Erstsprachenentwicklung stattfindet und die Sprache wird intuitiv, meistens
unbewusst durch soziale Kontakte entwickelt. Das Erlernen bzw. Lernen ist
dagegen ein bewusster Prozess, in dem Regeln gelernt und angewendet
werden (vgl. Edmondson & House 2000,12).
1
L1: Muttersprache- L2: die erste Fremdsprache- L3: die zweite Fremdsprache- Lx: die
weiteren Fremdsprachen, die gelernt werden.
8
Sobald man weiß, was nun bei der Sprachenentwicklung die Begriffe,
Erwerben und Erlernen als Fachausdruck bedeuten,
kann man nun auf die
Erklärungen der Muttersprache und der Fremdsprache umfassend eingehen.
2.1.2. Die Muttersprache (L1) und das Erwerben
Eine Muttersprache ist eine
- meistens in der Kindheit- erworbene
Sprache für jeden Menschen. Durch seine Muttersprache gewinnt der Mensch
in seiner Kindheit eine Kontrolle über seine Umwelt, sie verleiht ihm auch eine
Zugehörigkeit zu einer Sprachgemeinschaft(vgl. Wieczerkowski 1971, 95).
Als Muttersprache bezeichnet man eine Sprache, die in der frühen
Kindheit ohne formalen Unterricht erworben ist. Die Muttersprache ist so
dominant, dass man es außer einer Hirnschädigung (einer Aphasie) oder einer
Krankheit nie zu einem Vergessen oder zu einem Verlust kommt, weil der
Mensch mit dieser Sprache oder diesen Sprachen2 seit seiner Geburt
konfrontiert ist.
Man
spricht
also
von
einem
Erstspracherwerb
oder
einem
Mutterspracherwerb, wenn der Mensch, -gewöhnlich ein Kind- noch keine
Sprache erworben hat und die Sprache seines Volkes erwirbt. Er lernt sie als
eine soziale Entwicklung in seiner Gesellschaft neben seiner physiologischen
Entwicklung. Wenn der Mensch bereit ist, fängt er an zu sprechen wie das
Laufen. In diesem Zusammenhang erwirbt das Kind eine Muttersprache, „weil
es von Natur aus darauf ausgerichtet ist, auf eine Sprache zu achten und aus
dem auf ihn einströmenden Sprachfluss die bedeutungshaltigen Aspekte der
Muttersprache zu bemerken, zu erinnern und zu nutzen“ (Wieczerkowski 1971,
95).
2
Manche Menschen erwerben nicht nur eine Sprache z.B. Bilinguale.
9
Nach
Neuner
&
Hufeisen
(2001)
beinhaltet
der
Erwerb
einer
Muttersprache (L1) die generelle Spracherwerbsfähigkeit und die Lernumwelt:
Erwerb einer L1:
•
Generelle Spracherwerbsfähigkeit
•
Lernumwelt
(Neuner & Hufeisen 2001, 32)
In der physiologischen Entwicklung des Menschen gibt es eine bestimmte
Phase in der ein Verhalten aktiviert werden muss, sonst kommt es zu
Schwierigkeiten;
z.B. das Laufen. Das nennt man
die „kritische Spanne
(critical period)“ (Klein 1984, 22). Der Erstspracherwerb hat eine kritische
Spanne und diese ist die Kindheit, in der man die Muttersprache lernt. Nur in
einer bestimmten Zeitspanne, die etwa vom zweiten Lebensjahr bis in die
Pubertät reicht, verfügt das Gehirn, über eine gewisse Plastizität, die ihm eine
besondere Form des Spracherwerbs, eben den ESE3 des Kindes gestattet“
(vgl. Klein 1984, 22).
Beim Erwerb der Muttersprache spielt der Faktor Motivation keine Rolle.
Das Kind erwirbt die Muttersprache von selbst. Dies ändert sich natürlich beim
Erlernen einer Fremdsprache.
2.1.3. Die Fremdsprache (L2......Lx) und das Lernen
Beim Fremdsprachenerwerb handelt es sich um einen organisierten
Spracherwerb. Der Lernende verfolgt die Anleitungen der Lehrkraft oder der
Sprachbücher. Das Erlernen der Fremdsprache kann nur stattfinden, wenn der
3
ESE: Erstspracherwerb, also die Muttersprache.
10
Erstsprachenerwerb bereits fortgeschritten ist, denn das Erlernen der neuen
Sprache stützt sich auf die Muttersprache.
Nachdem also das Erwerben der Muttersprache abgeschlossen ist,
nennt man jede danach gelernte Sprache als eine Fremdsprache.
Mit der Fremdsprache ist auch eine Sprache gemeint, „die außerhalb
ihres normalen Verwendungsbereiches-gewöhnlich im Unterricht- gelernt und
dann nicht neben der Erstsprache zur alltäglichen Kommunikation verwendet
wird.“ (Klein 1984, 31).
Mit dem Erlernen einer Fremdsprache (L2) ändert sich nun die
Vorgehensweise mit der Sprache. Nun ist sie eine fremde Sache. Weil es
Fremd ist, müssen auch
affektive Faktoren wie z.B.
Motivation bzw.
Emotionen mitspielen.
„Das Individuum bringt allgemeine Lebens- und Lernerfahrungen und
Strategien in den Lernprozess ein. L1 interagiert –positiv oder auch negativ- in
individuell unterschiedlichem Ausmaß mit dem L2 –Lernprozess “ (Neuner
&Hufeisen 2001, 33).
Erlernen einer L2:
•
Generelle Spracherwerbsfähigkeit
•
Lernumwelt
•
Individuelle Lebens- und Lernerfahrungen und -strategien
•
Motivation
•
aptitude
•
L1
(Neuner und Hufeisen 2001, 33)
11
Nach dem Lernen der ersten Fremdsprache(L2) kommt die zweite
Fremdsprache (L3) und der Mensch hat nun von der L1 und der L2 bestimmte
Kenntnisse über Sprachlernen. Nach diesem Erlernen der L3 ändert sich nicht
vieles bei der L4.......Lx. Nur die neu erlernte Sprache wird hinzugefügt.
Erlernen einer L3:
•
Generelle Spracherwerbsfähigkeit
•
Lernumwelt
•
Individuelle Lebens- und Lernerfahrungen u. Lernstrategien
•
Motivation
•
aptitude
•
Individuelle Fremdsprachenlernererfahrungen und Strategien
•
Wissen um den eigenen Lerntyp
•
L1
•
L2
(Neuner und Hufeisen 2001, 33)
Nach diesen Äußerungen ist es Sichtbar wie sich der Mensch nach dem
Erwerb der Muttersprache mit dem Erlernen anderer Fremdsprachen sich ganz
positiv entwickelt. Er lernt nicht nur die Sprache einer anderen Gesellschaft,
sondern auch deren Kultur. So erweitert der Mensch seinen Horizont und ist
nicht mehr die Person mit einer einzigen Perspektive.
Lernenden
neben dem
Fremdsprachenlernen
Aber leider sind die
auch
mit dem
Fremdsprachenvergessen konfrontiert, das für sie und auch die Lehrenden ein
großes
Problem
darstellt.
Die
Fremdsprachenverlustforschung
(Foreign
Language Attrition Research) geht gerade auf den Wunsch zurück, diese
Probleme zu analisieren und diese zu behandeln.
12
2.2. Fremdsprachenverlustforschung (Foreign Language
Attrition
Research)
2.2.1.Überblick über die Fremdsprachenverlustforschung
Erst seit Anfang der 80er Jahre findet der Aspekt der nachschulischen
Veränderung einmal erworbener Fremdsprachenkenntnisse in Amerika, in
Kanada, in den Niederlanden und in Israel Berücksichtigung.
In
anderen
Ländern wurde das Vergessen bzw. die Frage nach der Langzeitwirkung von
Fremdsprachenunterricht bis jetzt kaum beachtet (vgl. Lambert & Freed 1982,
6).
Zu diesem Problem sagt Schöpper- Grabe (1998):
“however, the
question of forgetting a foreign language has attracted serious scientific
attention only since the early eighties, even though the study of the process of
foreign language loss may contribute to the understanding of foreign language
learning and teaching ” (Schöpper-Grabe 1998, 231).
In Deutschland gab es nur einige Forschungen über das Vergessen und
Behalten im Fremdsprachunterricht, die man bei den ‚Osnabrücker Beiträgen
zur Sprachtheorie’ finden kann. Diese waren über das Vergessen und Behalten
im Fremdsprachunterricht, aber nicht unter dem Aspekt der Langzeitwirkung
(vgl. Wagner 1986).
Zum Phänomen des Vergessens von Fremdsprachkenntnissen nach der
Beendigung des aktiven Lernprozesses geht zunächst auf die Entstehung und
Zielsetzung der Foreign Language Attrition Research sowie auf die relevanten
Vergessenstheorien
aus
der
Gedächtnispsychologie
ein,
bevor
die
charakteristischen Merkmale der Veränderungen sprachlicher Fertigkeiten und
die Bedingungsfaktoren des Vergessensprozesses dargestellt werden.
13
2.2.2.Entstehung und Zielsetzung der Fremdsprachenverlustforschung
Im Jahre 1982 fingen intensive Erforschungen über den Verlust einer
gelernten Fremdsprache an, so z.B. die Konferenz „The Loss of Language
Skills“ an der Universität Pennsylvania, Philadelphia/U.S.A. und
seine
Ergebnisse wurden von Lambert & Freed (1982) veröffentlicht. Bis zu dieser
Konferenz
existierten
nur
vereinzelte
Untersuchungen,
was
aus
Fremdsprachkenntnissen wird, wenn es keine Gelegenheit mehr gibt, die
Erlernte Fremdsprache anzuwenden (vgl. Lambert & Freed 1982; Müller 1995).
“Almost everybody has a great deal of anecdotal evidence on language skills
that someone has lost or retained under a wide variety of circumstances, but
very little systematic research has been done“ (Lambert & Freed 1982, 7).
Bei genauer Betrachtung des Sprachverlusts muss zunächst der
natürliche vom pathologischen Sprachverlust unterschieden werden. Während
beim pathologischen Sprachverlust die Folge eine Hirnschädigung ist wie z.B.
Aphasie4, Dementia (vgl. Obler 1982), sind mit dem natürlichen Sprachverlust
die eher langsamen und häufiger auftretenden Sprachveränderungsprozesse
gemeint, z.B. das Aussterben einer Sprache und ihre Ersetzung durch eine
andere Sprache, die Veränderungen von
Sprachkontaktsituationen,
Zweitsprachenkontext,
das
die
Vergessen
Veränderung
Sprachen durch verschiedene
einer
von
Muttersprache
im
Zweitsprachen
im
Muttersprachenkontext oder von schulisch erlernten Fremdsprachen, nachdem
der schulische Lernprozess abgeschlossen ist (vgl. Weltens 1987).5
Natürlicher Sprachverlust kann als „loss of any language or any portion of
a language by an individual or speech community” definiert werden (Freed
1982, 1). Der Verlustprozess verläuft nicht isoliert sondern ordnet sich als „one
point on a continuum which includes language acquisition,language use,
language maintenance and language loss“ (Freed 1982, 5).
4
siehe: Abschnitt 2.3. Das Vergessen(Forgetting).
Zu den verschiedenen Typen des Sprachverlusts vgl. z.B. Weltens (1987,1989) ; De
Bot&Weltens (1985).
5
14
Ziel der Foreign Language Attrition Research ist es, die Veränderung von
Fremdsprachenkenntnissen zu untersuchen, wenn der aktive Lernprozess
abgeschlossen ist, d.h. wenn die Kenntnisse nicht mehr angewendet wurden
(vgl. Berko Gleason 1982, Lambert 1982, Oxford 1982a). Ergebnisse der
Foreign
Language
Attrition
Research
können
zur
Effektivierung
des
Fremdsprachenunterrichts in Schule, Weiterbildungsinstitutionen und Beruf und
des individuellen Fremdsprachenlernens angewendet werden (vgl. Lambert
1982; Valdman 1982).
Bevor
es auf die gedächtnispsychologischen
Vergessenstheorien
eingegangen wird, ist es sinnvoll, erst die einschlägigen Begriffe zu erklären
und zu unterscheiden:
2.2.3. Das Vergessen (Forgetting)
Das Fremdsprachenlernen und
das Fremdsprachenvergessen spielen
sie an der gleichen Stelle ab und zwar im Gedächtnis. Nach Klix (1999) ist das
menschliche Gedächtnis „kein passiver Informationsspeicher, sondern aktives
Organ der Informationssuche, der Bildung von Erwartungen, der Verarbeitung
und Nutzung von Informationen für Verhaltensentscheidungen“ (Klix 1999,
213). Ganz natürlich kann
dass
wir ein
man sagen, dass „unser Lernen darauf [beruht],
Gedächtnis haben. Gedächtnis kann daher allgemein als
Fähigkeit zum Lernen beschrieben werden. Gedächtnis [wird] als die Fähigkeit,
Informationen aufzunehmen, zu
speichern und zu reproduzieren„ definiert
(Schröder 1992, 52). Leistungen des Gedächtnisses sind hauptsächlich:
Wiedererkennen, Abrufen von Wahrnehmungen in Form von Vorstellungen (vgl.
Häcker; Stapf 2004, 342).
Obwohl unser Gedächtnis ständig im Einsatz ist, kommt es dazu, dass
bei den drei Stufen Enkodieren, Speichern und Abrufen6 von Informationen ein
6
Enkodieren: Die Information, die Aufgenommen soll, wird ins Gedächtnis überführt.
Speichern: Die aufgenommenen Informationen bleiben im Gedächtnis gespeichert.
15
Fehler auftritt. Dieser Fehler ist also das Vergessen, so zu sagen ein natürlicher
Sprachverlust.
Das
Vergessen
bedeutet
den
Abbau
bzw.
den
Ausfall
von
Gedächtnismaterial. Als empirischer Begriff ist diese Phänomen „nicht mehr
erinnern, nicht reproduzieren können oder
nicht wieder erkennen
von
früheren Bewusstinhalten (Häcker; Stapf 2004, 1001). Es manifestiert sich in
der Unfähigkeit, einmal Gemerktes wieder zu erinnern. Vergessen ist oft nicht
<absolut>, häufig ist es nur eine Unfähigkeit, das Gespeicherte wieder
abzurufen, worauf
schon die Tatsache hinweist, dass es ein <temporäres>
Vergessen gibt, also ein solches, bei dem Erinnern
zu einem späteren
Zeitpunkt wieder möglich ist. (vgl. Städtler 2003, 1151). Fröhlich (1978)
bezeichnet das Vergessen als eine „Tatsache, die eben oder vor längerer Zeit
gelernten Inhalte bei einem Versuch des Widererinnerns fehlerhaft bzw.
unvollständig zu reproduzieren (Fröhlich 1978, 355). Für das Vergessen
erweisen sich ganz grob: Nichtgebrauchen, Interferenz, Konsolidierungsstörung
und Verdrängung (Schröder 1992, 227).
Wie schon oben angedeutet, ist es sinnvoll den Begriff Aphasie, die
auch als pathologischer Sprachverlust
gilt,
zu unterscheiden, die immer
wieder mit dem Vergessen, also dem natürlichen Sprachverlust verwechselt
wird. „Unter
Aphasie versteht man die aufgrund einer meist linkseitigen
Hirnschädigung erworbene Beeinträchtigung der Fähigkeit, mündlich und /oder
schriftlich zu kommunizieren“ (Stemmer & Allensbach 1997, 1). Auch Teuber
(1996) „[versteht] unter Aphasie den Verlust bzw. die schwere Beeinträchtigung
der Sprache, die durch hirnorganische Erkrankungen verursacht wird“ (Teuber
1996, 76).
„[…] die Aphasie ist nicht nur eine Störung der Produktion der Sprache,
sondern meist auch eine Störung des Versehens von Äußerungen“ (Friederici
1984, 37). Nach diesen Definitionen ist es sehr offen, dass das Vergessen von
Abrufen: Vorgang des Wiedererlangens gespeicherter Information (Enkodierung) (Pethes;
Ruchatz 2001, 22).
16
Fremdsprachen und die Aphasie ganz andere Themen sind. Die Aphasie ist
ein seriöser
Sprachverlust, das Vergessen hingegen „eine
fehlende
Reproduktionsfähigkeit, die nicht bedeutet, dass die Informationen nicht mehr
im Gedächtnis vorhanden sind“ (Pethes & Ruchatz 2001, 623). Bezüglich der
Ursachen des Vergessens werden in der Gedächtnispsychologie verschiedene
Theorien diskutiert:
2.2.4. Gedächtnispsychologische Vergessenstheorien
Um
eine
Antwort
auf
die
Frage
des
Vergessens
Fremdsprachenkenntnisse nach dem aktiven Lernprozess
der
zu finden, muss
man einen Blick auf die Ergebnisse der Gedächtnispsychologie werfen. Seit
ihrer
Begründung durch Ebbinghaus Ende des 19.Jahrhunderts spielt die
systematische Erforschung des verbalen Lernens eine entscheidende Rolle in
der modernen Gedächtnispsychologie. Obwohl diese ungefähr 100 Jahre alte
Forschungstradition eine fast überschaubare Anzahl von Experimenten zum
verbalen Lernen bzw. Vergessen hervorgebracht hat, können die Ergebnisse
allerdings nicht ohne weiteres auf das schulische Sprachlernen und –vergessen
übertragen werden (vgl. Baddeley 1986, 25ff ; Lukesch 2001, 114ff ).
Zum
einen
untersucht
die
Gedächtnispsychologie
„lediglich
die
psychischen Prozesse, die mit der Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und
Erinnerung von sprachlichem Material verbunden sind“ (Kruppa 1983, 76). Zum
anderen handelt es sich bei den Tests zum verbalen Lernen überwiegend um
kontrollierte Laborexperimente über das Behalten sinnloser Silben. Der Grund
für die Wahl sinnloser Silben liegt darin, dass Worte Bedeutungen haben, auf
etwas verweisen und Assoziationen hervorrufen, man kann deshalb die
Gedächtnisleistung
nicht
eindeutig
kontrollieren
(vgl.
die
klassische
Vergessenskurve von Ebbinghaus 1885). Die Ergebnisse einer so angelegten
experimentellen
Gedächtnisforschung
treffen
nur
beim
schulischen
Fremdsprachenlernen z.B. nur auf die Worte zu, die einfach auswendiggelernt,
aber nicht angewendet wurden (vgl. Weltens 1987, 23).
17
Mit
dem
Wechsel
Forschungsparadigmen
von
wurde
behavioristischen
diese
zu
Orientierung
kognitivistischen
an
kontrollierten
Laborexperimenten von Vertretern der Gedächtnispsychologie, vor allem von
Cofer (1984), Neisser (1978) und Bahrick (1979) kritisiert. Für das Phänomen
Vergessen wird in der Foreign Language Attrition Research von verschiedenen
gedächtnispsychologischen
Vergessenstheorien gesprochen, die zu diesem
Verlust im Gedächtnis führen können. Die Entwicklung dieser Theorien fing
bereits
Ende
des
Vergessenskurve
an.
19.
Jahrhunderts
Aus
Ebbinhaus
mit
Ebbinghaus
Forschung
und
entwickelte
seiner
sich
Spurenzerfalltheorie (auch Zerfalltheorie) (engl. decay theory) als
die
erste
Vergessenstheorie.
2.2.4.1. Die Spurenzerfalltheorie (decay theory)
Die Spurenszerfalltheorie erklärt das Vergessen als Spurenzerfall in der
Erinnerung durch den Lauf der Zeit (vgl. Müller 1995, 26). Die seit dem Lernen
vergangene Zeit gilt hier als der entscheidende Faktor für den Umfang des
Vergessens. Die stärke der Gedächtnisspuren zerfällt kontinuierlich mit der Zeit,
falls nicht versucht wird, das Gelernte z.B. durch Wiederholung zu festigen (vgl.
Pethes & Ruchatz 2001, 624).
Ebbinghaus (1971) führte in einem Selbstversuch die erste empirische
Studie zur Funktion des Gedächtnisses in Bezug auf Speicherung und
Vergessen
von
Informationen
durch.
Er
bildete
mehrere
Listen
von
Nonsenssilben, die er auswendig lernte und dabei beobachtete, wie schnell er
sie aufnehmen konnte bzw. wie viele Wiederholungen für ein fehlerfreies
Ergebnis notwendig waren. Eine wichtige Erkenntnis, die Ebbinghaus bestätigt
hat, war, dass die Menge des Gelernten von der Lernzeit abhängig ist. Im
Kapitel Das Behalten und Vergessen als Funktion der Zeit stellte Ebbinghaus
(1971) einen Zusammenhang zwischen der Menge des Vergessenen und den
von ihm bestimmten Zeitabständen her (vgl. Baddeley 1986, 25ff ;Lukesch
2001:114ff). Seine Erkenntnis war: „Je mehr Zeit insgesamt verstreicht, desto
18
mehr Wiederholungen sind nötig“ (vgl. Ebbinghaus 1971, 53-69). Die
Erinnerung nimmt also ab und es wird mit größerem Zeitabstand mehr
vergessen. Diese Theorie definiert also das Vergessen als das völlige Zerfallen
einer Information mit der Zeit (vgl. Reitman 1974; Watkins, Watkins, Craik &
Mazuryk, 1974; Klimesch 1979, 1994). Also verblasst und verschwindet die
Gedächtnisspur einfach mit der Zeit und die Informationen verschwinden.
“Decay theory assumes that forgetting is caused by a time-dependent
autonomous process that becomes increasingly effective the more time elapses
and finally leads to the complete loss of stored information” (Klimesch 1994,
11). Gegen diese Theorie ist einzuwenden, dass die Nichtverwendung7 einer
gelernten Information nicht unbedingt einen Zustand von kognitiver Untätigkeit
bedeutet (vgl. Weltens 1989, 19).
Sehr bald wurde die Theorie von
Ebbinghaus
kritisiert, weil die Tests
lediglich auf sinnlosem Wortmaterial beruhten, Wörter aber im Allgemeinen eine
Bedeutung besäßen (vgl. Baddeley 1986, 25ff; Lukesch 2001, 114ff ; Müller
1995, 24f). Aber die Forschung von Ebbinghaus entwickelte sich als die erste
Vergessenstheorie und deshalb nennt man sie auch als die klassische
Spurenzerfalltheorie. Ebbinghaus entwickelte innerhalb seiner Forschung eine
Vergessenskurve zu seiner Spurenzerfalltheorie:
7
Nichtgebrauchen bzw. Nichtverwendung: Der Ausfall des Vergessensmaterials bei
mangelnder Wiederholung und Anwendung richtet sich nach der Vergessenskurve. Hiernach
fällt das gelernte Gedächtnismaterial bei Nichtwiederholung schon nach kurzer Zeit stark aus,
gekennzeichnet durch den steilen Abfall der Vergessenskurve nach dem Lernen (Schröder
1992, 227).
19
•
Die Vergessenskurve (curve of forgetting)
(http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/ )
„Bei dieser Kurve setzt sich der Vergessensprozess schnell ein und die
Vergessensgeschwindigkeit nimmt in der folgenden Zeit kontinuierlich ab und
pendelt sich auf einem bestimmten Niveau ein “ (Müller 1995, 28).
Die Kurve des Vergessens fällt am Anfang steil ab und läuft flach aus, d.h.
der Verlust des Gelernten ist in der Zeit am stärksten, während das nach einer
einiger Zeit noch Behaltene im weiteren Verlauf nur geringfügig abnimmt (vgl.
Schröder 1992, 228). Die Vergessenskurve zeigt den Grad des Vergessens
innerhalb einer bestimmten Zeit. Diese Kurve zeigt, wie lange der Mensch neu
Gelerntes behält und wie viel Prozent er vergessen hat. Nach den Ergebnissen
von Ebbinghaus kommt heraus, dass wir 20 Minuten nach dem Lernen bereits
etwa 40% des Gelernten vergessen. Nach einer Stunde sind nur noch 45%,
nach einem Tag gar nur noch 34% des Gelernten im Gedächtnis und 66%
vergessen. Sechs Tage nach dem Lernen wiederum schrumpft das
Erinnerungsvermögen auf nur noch 23%; dauerhaft werden nur 15%
20
des Erlernten gespeichert ( vgl. Parkin 1996, 4ff ; Baddeley 1986, 51ff ).
Brendenkamp (1977) erläutert die Wichtigkeit des Lehrstoffes beim
Vergessen oder Behalten, indem er sagt, dass
das Vergessen abhängig von der Art des zu lernenden Stoffes [ist],
beispielsweise kann der Mensch sich meist besser an Wortpaare wie
fremdsprachige Vokabeln als an zufällige, sinnlose Silben erinnern;
Schüler haben nach drei bis sechs Tagen noch bis zu 90% der
erlernten Vokabeln im Gedächtnis. Dieser Vorgang des Vergessens
kann durch mehrfaches Wiederholen des Lernstoffes abgemindert
werden, wobei jede Wiederholung das Intervall, nach dem eine
erneute Wiederholung nötig ist, vergrößert (Brendenkamp 1977, 49).
Diesem
Modell
von
Ebbinghaus
Interferenztheorie von Baddeley (1986)
Zerfalltheorie
schwer
zu
überprüfen
steht
die
behavioristische
gegenüber. Er meinte, dass die
ist,
weil
es
so
etwas
wie
–
Informationsleere- Zeit nicht gibt, und führt weiter in dem das Vergessen eher
durch Interferenz als auch den Abbau der Gedächtnisspur verursacht wird (vgl.
Baddeley 1986, 60).
2.2.4.2. Die Interferenztheorie
Als Fachausdruck in der Lern- und Gedächtnispsychologie ist die
Interferenz (lat. interferre: dazwischenkommen, unterbrechen) “[…] die störende
Einwirkung einer gegebenen Sprache durch eine neu hinzukommende Sprache
auf einer Ebene des Wortschatzes, der Grammatik oder Aussprache(z.B.
Anglizismen).
In
der
Lern-
und
Gedächtnispsychologie
wird
die
Interferenztheorie als wichtigste Theorie des Vergessens[…] beschrieben.
Vergessen heißt nicht Verschwinden oder Vernichten (Pethes ; Ruchatz 2001,
282).
Die Interferenztheorie geht davon aus, dass das Vergessen als Folge von
Überlagerung durch anderes, vergangenes oder zukünftiges Wissen entsteht
(vgl. Baddeley 1986, 59). Auf die Abhängigkeit des Vergessens von bereits
21
vorhandenem
und
auch
Interferenztheorie ihren
zukünftigem
Lernmaterial
legt
also
die
Schwerpunkt (vgl. Postman & Underwood 1973;
Runquist 1983). Nach dieser behavioristischen Theorie wird die Fähigkeit, eine
Information zu behalten, beeinflusst von Informationen, die bereits gespeichert
sind, aber auch von Informationen, die noch gelernt werden. “People forget an
event because something else they have learned prevents the event from being
remembered” (Loftus & Loftus 1976, 74).
Die Interferenztheorie wird nach Baddeley (1986, 66f) in zwei Kategorien
zusammengefasst:
Man lernt nicht im luftleeren Raum. Es strömen ständig Informationen ein,
die das Gedächtnis stören. Nach der Interferenztheorie ist Vergessen ein
Prozess, der durch Erfahrungen, die einer Lernaufgabe voraussehen oder ihr
folgen, ausgelöst wird. Man unterscheidet zwischen proaktiver und retroaktiver
Interferenz. Allgemein bedeutet proaktive Interferenz die Beeinträchtigung einer
Gedächtnisspur durch vorher stattgefundenes Lernen. Retroaktive Interferenz
bedeutet, dass später Erlerntes die Gedächtnisspur für früher Erlerntes stört. Je
größer die Ähnlichkeit des Lernmaterials, desto größer ist die Interferenz. (vgl.
Pethes; Ruchatz 2001, 624)
Die Interferenztheorie sieht also
und neuer hinzutretender
Information
die Wechselwirkungen zwischen alter
in zwei
Grundtendenzen, die die
Wechselbeziehung ergeben, die auch für das Erlernen zweiter und dritter
Sprachen sowie für das Vergessen von Sprachen gilt ( vgl. Müller 1995: 26;
Baddeley 1986, 59f; Lukesch 2001, 178ff). Diese zwei Grundtendenzen sind:
22
2.2.4.2.1. Die retroaktive Interferenz (Hemmung) 8
Die retroaktive Interferenz
kommt in dem Fall zustande, wenn
neue
Informationen das Vergessen von bereits gelernten Informationen bewirken. So
kann man sagen, dass die retroaktive Interferenz rückwärtsgerichtet ist, d.h.,
später Erlerntes stört früher Erlerntes. Je größer die Ähnlichkeit zwischen zwei
Arten von Gedächtnismaterial ist, umso größer ist die Interferenz zwischen
ihnen beim Lernen bzw. bei der Erinnerung. In diesem Falle werden „durch die
retroaktive Interferenz
alte,
bereits erworbene Informationen durch neu
hinzukommende nachträglich beeinträchtigt und altes Material kann durch
neues verdrängt“ (Feuerhake,
Fieseler, Ohntrup, Riemer
2004, 2). Also
„[reduziert] die neuere rückwärtsgewandt (retro-aktiv) die Wahrscheinlichkeit,
dass man sich an die ältere genau wiedererinnert “ (Müller 1995, 27). Auch
Lukesch (2001) meint dass „gelerntes Material nur dann Vergessen wird, wenn
es durch anderes, neu gelerntes Material überlagert wird“ (Lukesch 2001, 178f).
2.2.4.2.2. Die proaktive Interferenz (Hemmung)
Wenn alte Informationen
spricht man
verhindern, neue Informationen zu behalten,
von einer proaktiven Hemmung. Oft gewinnt also
auch altes
Wissen die Oberhand über später hinzugetretenes Wissen und stört oder
schwächt das zuletzt Gelernte. Die proaktive Interferenz ist vorwärts gerichtet,
früher Gelerntes stört später zu Lernendes. Sie ist das Gegenteil der
retroaktiven Interferenz. Also kommt die proaktive Hemmung zustande, indem
die ältere Information sich durch die neuere Information gegenübersetzt (vgl.
Baddeley 1986, 66f ; Lukesch 2001, 181 ; Lefrancois 1994, 174f).
8
In der Gedächtnispsychologie im engeren Sinn schließlich bedeutet Hemmung dasselbe wie
Interferenz. So wird etwa statt von proaktiver oder retroaktiver Interferenz auch von proaktiver
oder retroaktiver Hemmung gesprochen (Pethes ;Ruchatz 2001, 259).
23
Parkin (1996) schließt sich dieser Theorie an und meint, dass das
Vergessen anscheinend weniger durch Informationsverlust wie in den anderen,
kurzzeitigen Gedächtnisformen stattfindet, sondern durch Interferenz mit
anderen, vorher oder später gelernten Inhalten (vgl. Parkin 1996, 12f).
Diese Erkenntnisse der Interferenztheorie
sind von Bedeutung, da sie
nicht nur versuchen, eine Erklärung für das Vergessen im Allgemeinen zu
liefern,
sie
erklären
auch
Fehler
bzw.
negative
Interferenzen
beim
Fremdsprachenerwerb“ (vgl. Müller 1995, 27).
Die meisten kognitiven Gedächtnismodelle seit Mitte der 60er Jahre
basieren auf dem so genannten Informationsverarbeitungsansatz (information
processing
approach), dessen Entwicklung durch die Informations- und
Computerwissenschaft beeinflusst wurde (vgl. Atkinson & Shiffrin 1968 ; Craik &
Lockhart 1972 ; Craik & Tulving 1975). Danach ist das Gedächtnis keine
strukturelle, durch Passivität gekennzeichnete Einheit, sondern ein in
verschiedene Stadien oder Komponenten aufgegliedertes System“ (Kruppa
1983, 77). Dieses Informationsverarbeitungssystem umfasst verschiedene
Stufen: von der ersten sensorischen Aufnahme und Registrierung einer
Information über die Weiterverarbeitung
im Kurzzeitgedächtnis bis hin zur
langfristigen Speicherung im Langzeitgedächtnis. Die Gedächtnisleistung ist ein
aktiver Prozess: Je aufmerksamer die Informationsverarbeitung erfolgt, je
besser die Informationen innerhalb bestehender Kategorien analysiert und dort
eingeordnet werden, desto besser ist die Gedächtnisleistung (vgl. Craik
&Lockhart 1972). 9
Demnach ist es wichtig nun das Gedächtnis und die
Stufen
des
approach)
9
Informationsverarbeitungsansatzes
verschiedenen
(information
processing
als ein Gedächtnismodell von Atkinson & Shiffrin (1968) zu
Craik hat die Abhängigkeit der Behaltensleistung von der Verarbeitungstiefe (depth of
processing) betont. Je oberflächlicher Elemente gelernt wurden, z.B. Wörter, die nur auswendig
gelernt wurden, im Gegensatz zu Wörtern, die in verschiedenen semantischen und
syntaktischen Zusammenhängen angewendet wurden, desto wahrscheinlicher ist ihr
Vergessen(vgl. Craik & Lockhart 1972; Craik &Tulving 1975 ; Parkin 1993, 26ff). Zur
Unterscheidung zwischen dem semantischen und episodischen Gedächtnis siehe Tulving
(1972; 1984).
24
definieren, weil die letzte und meist anerkannte Vergessenstheorie, also die
Retrieval- Failure-Theorie nach diesem Modell zustande gekommen ist.
2.2.4.2.3. Der Informationsverarbeitungsansatz (information processing
approach)
Zentral bei der Speicherung ist, dass eine Information so eingeordnet
werden muss, dass sie auf jeden Fall wieder aufgefunden wird, falls dies nötig
sein sollte. Das kann dadurch
erleichtert werden, dass die Information in
verschiedene Zusammenhänge eingeordnet wird. Es ist zumindest
immer
sinnvoll, neue Informationen an bereits vorhandenes Wissen anzuknüpfen, um
dieses neu zukommende Wissen wieder abrufen zu können (vgl. Metzig ;
Schuster 1998, 21ff).
Zu diesem Gedächtnismodell kehren wir zurück zu der Definition des
Gedächtnisses. Unter Gedächtnis versteht man die Fähigkeit des Gehirns von
Lebewesen, Informationen aufzunehmen, zu behalten, zu ordnen und wieder
aufzurufen (vgl. Parkin1993, 9). Nach diesem Modell enthält unser Gedächtnis
drei Speicherarten, sozusagen drei Gedächtnisse:
•
Sensorisches Gedächtnis (Ultrakurzzeitspeicher)
Neue Informationen erreichen das Gehirn grundsätzlich über die
Sinnesorgane.
Die
ankommenden
Datenmengen
sind
beträchtlich
und
übersteigern die Kapazität des Bewusstseins. Sie werden daher in einem
sensorischen Gedächtnis (auch sensorischer Register) gespeichert, das über
eine große Kapazität verfügt, die Informationen aber nur sehr kurz – weniger
hundert Millisekunden- speichern kann. Vergessen beginnt sofort nach der
Aufnahme, Informationen können auch aktiv gelöscht und durch nachfolgende
Informationen überschrieben werden. Nach Mietzels Erläuterung “werden die
Inhalte des sensorischen Gedächtnisses in keiner Weise verarbeitet, dennoch
25
erfüllt die Ultrakurzzeitspeicherung eine wichtige Funktion: Durch sie werden
Informationen aus den Sinnesorganen solange <festgehalten>, bis in der Regel
sehr kleiner Teil zur weiteren Verarbeitung ausgewählt worden ist (Mietzel
1998, 184f). Die Daten aus dem sensorischen Gedächtnis müssen enkodiert
werden, um ins Arbeitsgedächtnis überführt zu werden(vgl. Kullmann; Seidel
2000, 29; Parkin 1996, 10).
•
Kurzzeitgedächtnis (Arbeitsgedächtnis)
Kognitives
System
zur
temporären
Speicherung,
Analyse
und
Manipulation von Informationen. Das Arbeitsgedächtnis wird zur Bewältigung
sehr vieler Kognitiver Aktivitäten (Einprägen, Bewerten, Verstehen, Sprechen
usw.) permanent benötigt (vgl. Pethes & Ruchatz 2001, 46). „Die Funktion des
Kurzeitgedächtnisses ist vorwiegend synthetischer
Natur. Die Dauer der
Informationsfixierung beträgt hier zwischen 20 und 30 sec., sie kann in der
Länge aber auch darüber hinaus wirken“ (Klix 1999, 213).
Im
Zentrum
der
bewussten
Informationsverarbeitung
steht
das
Arbeitsgedächtnis. Es ist durch eine außerordentlich begrenzte Kapazität von
nur 7±2 Informationseinheiten (Chunks) gekennzeichnet. Die Informationen sind
zeitlich geordnet, Vergessen erfolgt durch Überschreiben und kann durch
Wiederholen vermieden werden. Die Informationen können weiterverarbeitet
werden,
Ergebnisse
müssen
zur
längerfristigen
Speicherung
in
das
Langzeitgedächtnis überführt werden (vgl. Brendenkamp 1977, 47f ; Parkin
1996, 11). „Die Arbeitsweise des Kurzzeitgedächtnisses kann von der des
Langzeitgedächtnisses nicht isoliert werden“ (Klix 1999, 214).
•
Langzeitgedächtnis als Wissensspeicher
Das Langzeitgedächtnis ist
das dauerhafte Speichersystem des Gehirns
und hat eine sehr große Speicherkapazität. Es handelt sich nicht um ein
einheitliches
Gebilde,
sondern
um
mehrere
Speicherleistungen
für
26
verschiedene Arten von Information. Zwei Formen des Langzeitspeichers
werden unterschieden: das deklarative Gedächtnis (auch explizites Gedächtnis
genannt) speichert Lernvorgänge, die Orte, Menschen, Dinge betreffen. Es ist
entweder semantisch (faktenbezogen) oder episodisch (ereignisbezogen). Das
semantische Gedächtnis speichert unser Wissen über die Welt. Das
episodische Gedächtnis hält die Ereignisse unserer Vergangenheit fest. Im
prozeduralen Gedächtnis (auch implizites Gedächtnis) werden motorische
Fertigkeiten wie Radfahren und Schwimmen oder Erlernen von bestimmten
Regeln gespeichert (vgl. Kullmann ; Seidel 2000, 31f ; Baddeley 1986, 15f).
Man kann also folgende vier Prozesse des Langzeitgedächtnisses
unterscheiden:
- Lernen/Enkodierung: Neues Einspeichern von Informationen.
- Konsolidierung/Behalten: Bewahren von wichtigen Informationen
durch regelmäßigen Abruf.
- Erinnern/Abruf: Reproduktion oder Rekonstruktion von Gedächtnisinhalten.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um in Gedächtnis gespeicherte
Informationen abzurufen. Diese Möglichkeiten des Abrufens von Informationen
sind: Rekognition (Wiedererkennen), Freie Wiedergabe, Wiedererlernen,
Redintegration
(früher:
Reintegration),
Rekonstruktion,
Konfabulation,
Zustands- oder Kontextabhängige Wiedergabe.
- Vergessen: Zerfall von Gedächtnisspuren oder Interferenzen durch
konkurrierende Informationen (vgl. Hartland 1995, 163).
Für
die
Überführung
von
neuen
Gedächtnisinhalten
in
das
Langzeitgedächtnis und das Bewahren von Informationen ist Üben unerlässlich,
das bewusste Abrufen und Zirkulieren von Informationen im Arbeitsgedächtnis.
Die Verankerung im Gedächtnis nimmt einerseits mit der Relevanz und der
Anzahl der Assoziationen zu, andererseits
Bedeutung (vgl. Rohrer 1978, 16).
auch mit der emotionalen
27
Im Zusammenhang mit dem information processing approach ist die am
weitesten
verbreitete
und
ist
in
unserer
Zeit
sie
akzeptierteste
Vergessenstheorie, die Retrieval-Failure-Theorie entstanden.
2.2.4.3. Die Retrieval-Failure-Theorie
Nach dieser Theorie speichert das Gedächtnis die Informationen auf
verschiedenen Kategorieebenen. Wenn das Prinzip, nach dem eine Information
in bereits bestehende Kategorien eingeordnet wurde, nicht mehr zugänglich ist,
ist der Weg zu einer Information verbaut. Vergessen ist demnach die
Unfähigkeit, eine einmal abgespeicherte Information wiederaufzufinden (vgl.
Ashcraft 1994, 234ff ; Kintsch 1977, 268f. ; Loftus&Loftus 1976, 78 ; Lutz 1994,
221ff. ; Spear&Ricco 1994, 85f.). Die Informationen sind nicht ausgelöscht,
sondern der Zugang zu diesen Informationen ist versperrt oder blockiert“(vgl.
Feuerhake, Fieseler, Ohntrup, Riemer 2004, 3 ).
Für die Retrieval-Failure-Theorie sprechen u.a. Hypnoseergebnisse. Unter
Hypnose sind Erinnerungen wiederabrufbar, die unter normalen Bedingungen
vergessen zu sein scheinen. Außerdem kann als Indikator für diese Theorie
gelten, dass das Widerlernen eines einmal gelernten Stoffes deutlich kürzer ist
als das Lernen eines unbekannten Stoffes (vgl. Müller 1995:40).
Weis (1986) verstärkt die Retrieval-Failure-Theorie
„Untersuchungen
zur
langfristigen
Verfügbarkeit
von
mit seinem
Wortschatz
im
Leistungsfach Englisch, in dem das Wiederlernen von lexikalischen Elementen
nach einem Jahr die produktive Widerabrufleistung um ca. 100% steigern kann.
Nach einem Jahr waren in der Untersuchung von Weis noch 23,68% der
lexikalischen Elemente produktiv vorhanden. Das Ergebnis des Tests wurde
eine Stunde lang im Unterricht besprochen, ohne die Absicht explizit
mitzuteilen. Ungefähr nach einem Monat nach dieser kurzen Reaktivierung
ergab ein erneuter Test einen Anstieg der Behaltensleistung auf 48,81% (vgl.
Weis 1986:178). Die Informationen waren also nicht ausgelöscht, sondern die
Zugangswege waren gesperrt. Durch die Reaktivierung des einmal erlernten
28
Stoffes wurde der alte Zugangsweg geöffnet, so dass die Informationen wieder
aufgefunden werden konnten.
Die angeführten Erklärungsansätze basieren überwiegend auf der
Grundlage
von
methodisch
sehr
unterschiedlichen
Experimenten
und
Forschungsparadigmen. Je nach den spezifischen Testverfahren (freie
Reproduktion, Wiedererkennen oder Wiedererlernen) und nach der Art des
Lernmaterials (ob sinnlose Silben, Wörter, kurze Sätze oder Geschichten o.ä.)
variiert die Gedächtnisleistung bzw. die Vergessenskurve. Entsprechend finden
sich in der Gedächtnispsychologie neben der Spurenzerfalltheorie, der
Interferenztheorie und der
Theorien
und
Modellen,
Retrieval-Failure-Theorie
von
denen
sich
keine
eine Vielzahl von
als
umfassender
Erklärungsansatz herauskristallisiert hat (vgl. Schöpper-Grabe 1998, 238). Dies
gilt
auch
für
neuere
Tendenzen
der
Gedächtnisforschung
wie
die
konnektionistischen Modelle (vgl. Fodor & Pylyshyn 1988 ; Hinton & Anderson
1989 ; Klimesch 1994 ; Rumelhart & Mc Clelland 1986), die die kognitiven
Informationsverarbeitungsprozesse
des
Gedächtnisses
in
Analogie
zu
computerbasierter Theorieentwicklung und –evaluierung betrachten. Der
Anspruch dieser Modelle besteht darin, den abstrakt-theoretischen Rahmen zu
bilden für dynamische, lernfähige, prozessorientierte Gedächtnismodelle und
deren empirische Evaluierung sowie verschiedene, bislang eher separate
neurophysiologische und kognitiv-funktionale Theorien zu integrieren (Collins &
Hay 1994, 200).
Aufgrund ihres insgesamt nur eingeschränkten Erklärungswertes für das
Phänomen
des
Fremdsprachenvergessens
werden
die
gedächtnispsychologischen Vergessenstheorien in der Forschungsliteratur zur
Foreign Language Attrition kaum herangezogen (vgl. Weltens 1989, 20).
29
2.3. Die Merkmale der Fremdsprachenverlustforschung (foreign language
attrition research)
Obwohl
seit
den
80er
Fremdsprachenvergessen
Jahren
zunehmen
die
haben,
Forschungsaktivitäten
sind
bislang
nur
zum
wenige
empirische Untersuchungen durchgeführt worden : “Very little hypothesis
testing has taken place […] ; we are in fact still in the stage of generating
hypotheses,
rather
Untersuchungen
than
testing
them“
(Weltens
1989,
5).
Diese
kann man in zwei Variablen unterteilen: Kriteriumvariablen
und Prädiktorvariablen. Die Kriteritumvariablen fragen, „was und wieviel sich
die
sprachlichen
Fertigkeiten
verändern“.
Diejenigen,
die
die
Prädiktorvariablen in den Mittelpunkt stellen, fragen, „Warum sich die
Fremdsprachenkenntnisse ändern? \ Welche Faktoren bei der Veränderung
eine Rolle spielen? (vgl. Lambert 1982, 8f).
2.3.1. Kriteriumvariablen
Untersuchungen, die sich mit den Kriteriumvariablen beschäftigen,
werden drei Fragestellungen zugeordnet:
•
Gibt es eine spezifische Abfolge des Attrition - Prozesses?
•
Welche sprachlichen Elemente verändern sich?
•
Wie viel geht verloren?
Anhand
dieser
Fragestellungen
werden
die
Forschungsergebnisse dargestellt (vgl. Lambert 1982, 8f).
verschiedenen
30
2.3.1.1. Die Hypothesen zum Fremdsprachvergessen
Drei große Hypothesen zum Sprachvergessen stehen zum gegenwärtigen
Zeitpunkt in Konkurrenz miteinander (vgl. Müller 1995, 19). Diese sind: Die
Regressionshypothese von Jakobson, R. (1941), die Linguistic-Feature
Hypothese von Andersen (1982) und die Hypothese der affektiven Variablen
von Gardner (1972).
Diese Hypothesen werden folgendermaßen unterteilt und je nach deren
Ziel und Absicht so präzisiert:
2.3.1.2. Die Regressionshypothese
Ebenso wie in den Studien zum Zweitspracherwerb ist auch in der
Vergessensforschung die Frage nach der spezifischen Reihenfolge des Lernbzw. Verlustprozesses zentral.
Weit verbreitet ist in der Verlust (Attriton)-
Forschung die so genannte Regressionshypothese, die auf Jakobsons10
Studien zur Aphasie zurückgeht. Diese Hypothese versucht
es
wirklich
eine
spezifische
Abfolge
(bestimmte
zu entlarven, ob
Reihenfolge)
beim
Fremdsprachenverlustprozess gibt (vgl. Müller 1995, 19).
Die Regressionshypothese geht auf psychopathologische Untersuchungen
im 19. Jahrhundert zurück. Sie besagt ganz grob: Was früh erworben wird,
bleibt lange erhalten. Oder umgekehrt: Spät erworbene Fertigkeiten sind vom
Verlust am ehesten bedroht (vgl. Jakobson 1969).
Nach Jakobsons Regressionshypothese
ist
„[…] attrition
the mirror
image of acquisition or learning; a reversal of the order of acquisition“ (Vechter,
Lapkin & Argue 1990, 302). In dieser Hypothese wird also der Sprachverlust
10
Die bekannteste Schrift Jakobsons „Kindersprache,Aphasie und allgemeine
Lautgesetze(1941), deutsche Ausgabe (1969).
31
als spiegelbildliches Lernen betrachtet und der
spiegelbildlich
umgekehrt
wie
die
Sprachverlust erfolgt
Erwerbsreihenfolge
des
kindlichen
Erstspracherwerbes, „d.h. grammatisch schwierigere/komplexere Strukturen,
welche während des kindlichen Erstspracherwerbes später gelernt werden,
gehen während des Sprachverlustes zuerst verloren, wohingegen grammatisch
einfachere/weniger komplexe grammatische Strukturen, welche während des
kindlichen
Erstspracherwerbes
zuerst
gelernt
werden,
während
des
Sprachverlustes später verloren gehen (vgl. Lukesch 2001, 82f ; Kullmann ;
Seidel 2000, 33).
Jakobsons
Hypothese,
dass
der
kindliche
Spracherwerb
sich
spiegelbildlich im aphasischen Sprachverlust reproduziert, fand in der
pathologischen Forschung wenig Bestätigung und war in ihrem Erklärungswert
von Anfang an eingeschränkt, da weitere empirische Belege fehlten. In der
Attrition- Forschung wird die Theorie in verschiedenen Varianten interpretiert,
die sich zwei Richtungen zuordnen lassen: die Last learned- first forgottenHypothese und die Best learned- last forgotten- Hypothese (vgl. Caramazza &
Zurif 1978, 109f).
•
Last learned- first forgotten- Hypothese
Die Last learned- first forgotten- Hypothese
der Regressionstheorie
besagt, dass die sprachlichen Elemente, die zuerst gelernt wurden, zuletzt
vergessen werden bzw. am längsten erhalten bleiben. Cohens (1975) drei
Fallstudien zum Vergessen von Spanischkenntnissen bestätigen diese
Hypothese zum Teil (vgl. Cohen 1975, 127-138). Allerdings reicht die
Regressionshypothese nicht als einzige Erklärung für das Vergessen aus. Zum
einen wurden nach drei Monaten der Nichtverwendung auch neue inkorrekte
Elemente gebildet, die im Lernprozess nicht aufgetreten waren, und zum
anderen waren Lernfortschritte bei Strukturen, die im Lernprozess noch falsch
gebildet waren, festzustellen. Cohen erklärt diese Lernfortschritte dadurch, dass
eine Pause im Lernprozess einen positiven Effekt haben kann und „some sort
of unlearning of incorrect patterns“ (Cohen 1975, 137) bewirkt.
32
Zu einem vergleichbaren Ergebnis wie Cohen kommen Hansen (1980)
und Godsall-Myers (1981) in ihren Dissertationen. Godsall-Myers Ergebnisse
zum Vergessen von Deutschkenntnissen amerikanischer Schüler basieren
allerdings
hauptsächlich
auf
einer
Unterscheidung
von
leichten
und
schwierigen, komplexen Strukturen: Einfache, früh gelernte Grundstrukturen
werden besser behalten als schwere, später gelernte Strukturen. Da sie den
Schwierigkeitsgrad
der
zu
erlernenden
sprachlichen
Elemente,
die
Strukturierung im Lehrprozess und den tatsächlichen Lernprozess gleichsetzt,
schließt sie folgerichtig aus dem mit dem Schwierigkeitsgrad zunehmenden
Vergessensgrad auf einen Regressionsprozess (vgl. Hansen 1980, 193-A ;
Godsall-Myers: 1981, 157-A).
Moorcroft & Gardner (1987, 339) bestätigen die Last learned- first
forgotten- Hypothese in ihrer Untersuchung des Vergessens von mündlichen
Französischkenntnissen in Bezug auf die Grammatik. Jordens, De Bot &
Trapman (1989) untersuchten die linguistischen Aspekte der Regression von
Kasusmarkierung deutscher Immigranten in den Niederlanden im Vergleich zu
niederländischen Probanden mit Deutsch als Zweitsprache. Sie kamen zu dem
Ergebnis, dass die Regressionshypothese in Bezug auf die Kasusmarkierung
bei Deutsch als Muttersprache nicht zutrifft, bei Deutsch als Zweitsprache
jedoch ein angemessener Erklärungsrahmen ist
Trapman 1989, 202). Auch Kuhbergs
(vgl. Jordens, De Bot
&
Langzeituntersuchung über die
Deutschkenntnisse von türkischen Kindern bestätigt im wesentlichen die Last
learned- first forgotten- Hypothese, wobei einschränkend der Einfluss der
Muttersprache Türkisch als Faktor berücksichtigt werden muss (vgl. Kuhberg
1992).
In
ihren
Studien
hebräischsprechender
zum
Probanden
Vergessen
stellt
von
Olshtain
Englischkenntnissen
(1989)
einen
Vergessensprozess lediglich für die jüngere Probandengruppe (5-8-jährige
Kinder) fest „with respect to the irregular plural formation of nouns and the
irregular past tense forms of verbs“ (Olshtain 1989, 162).11 Bei den älteren
11
Auf die Rolle des Alters beim Vergessensprozess wird im Zusammenhang mit den
Bedingungsfaktoren näher eingegangen.
33
Kindern ließ sich die Umkehrung der Abfolge des Lernprozesses nicht
beweisen. Zu einem der Regressionshypothese völlig entgegengesetzten
Ergebnis kommt Brewer-Bomar (1981) in ihrer Dissertation, die das Vergessen
einer Erstsprache unter Einfluss der Zweitsprache untersucht. Während sie
erwartete,
dass
die
zuletzt
gelernten
Strukturen
am
schnellsten
für
Interferenzen anfällig waren, trat das Gegenteil ein: „Some of the most basic
syntactic patterns were the most interfered with, while semantically and
grammatically more complicated models were not only left untouched in the
L1,they were still being perfected“ ( vgl. Brewer-Bomar 1981, 5105-A).
Die
Last
learned-
first
forgotten-Hypothese
findet
also
teilweise
Bestätigung, hat aber nur einen eingeschränkten Erklärungswert, da ihre
Prämisse problematisch ist. Wenn Verlernen spiegelbildliches Lernen sein soll,
muss die Abfolge im Lernprozess ausreichend dokumentiert sein, um auch
Aussagen über den Regressionsverlauf des Vergessensprozess machen zu
können. Es sind zunächst mehr detaillierte Daten über den Lernprozess einer
bestimmten Probandengruppe erforderlich, um Schlussfolgerungen über deren
Vergessensprozess ziehen zu können. Vor allem ist es methodisch nicht
möglich, im nachhinein zuverlässige Aussagen darüber zu machen, wie der
Lernprozess sich im einzelnen vollzogen hat. Zudem trifft die Last learned- first
forgotten-Hypothese nur zu, wenn sie sich auf den zweitsprachlichen
Erwerbsprozess bezieht. Die Annahme eines Vergessensprozesses invers zum
kindlichen Erstsprachenlernen wird als nicht sinnvoll angesehen (vgl. Berko
Gleason 1982, 16-18 ; Van Els 1986, 11).
Weiterhin sind zumindest im schulischen Lernprozess die Elemente, die
zuerst gelernt wurden, einerseits die einfacheren Elemente und andererseits
die Elemente, die am häufigsten angewendet und wiederholt wurden. Damit
hatten diese Elemente eine größere Möglichkeit, einen permanenten Status im
Gedächtnis zu erlangen. In diesem Punkt überschneidet sich die Last learnedfirst forgotten-Hypothese mit der anderen Variante der Regressionstheorie, der
Best learned- last forgotten- Hypothese.
34
•
Best learned- last forgotten- Hypothese
Die Best learned- last forgotten- Hypothese betont die Intensität, die
Qualität des Gelernten, nicht die Abfolge. Was am besten erlernt wurde, ist eher
immun gegen das Vergessen. Das sprachliche Material, das so häufig
wiederholt wurde, dass es automatisiert ist, wird mit größter Wahrscheinlichkeit
länger
behalten.
Diese
Interpretation
Informationsverarbeitungstheorie
stimmt
mit
der
innerhalb
der
herausgebildeten depth of processing-
Theorie nach Craik & Lockhart (1972) überein, die auch die Behaltungsleistung
in Abhängigkeit von der Qualität des Lernens sieht (vgl. auch Craik&Tulving
1975). Danach werden diejenigen sprachlichen Elemente am besten behalten,
die nicht nur auswendiggelernt, sondern die in vielen semantischen und
syntaktischen Kontexten verwendet wurden.
Für diese These spricht auch De Bot&Clynes Ergebnis über das Verhältnis
von
Erstsprachen
-und
Zweitsprachenveränderungen
bei
älteren
niederländischen Immigranten in Australien (De Bot&Clyne 1989, 167-177): Je
besser die Zweitsprache Englisch von Anfang an beherrscht wurde, desto
weniger muttersprachliche Elemente tauchen in der Zweitsprache der älteren
Immigranten auf. Diejenigen, die beim Lernen des Englischen eine „kritische
Stufe“ nicht erreicht hatten, tendieren dazu, mehr als in ihrem mittleren Alter
ihre Muttersprache zu benutzen. De Bot & Clyne beziehen sich bei ihrer
Interpretation der Ergebnisse auf
Neissers
critical threshold (kritische
Schwelle) (vgl. Neisser 1984, 33), nach der diejenigen Informationen, die eine
so genannte kritische Stufe überschritten haben, immun gegen das Vergessen
sind.
Um diesen Verarbeitungsstatus im Gedächtnis zu erlangen, spielt auch die
Bedeutung des zu lernenden sprachlichen Materials für den Lerner eine Rolle.
Je bedeutungsvoller das sprachliche Element, je außergewöhnlicher die
Situation, desto größer ist die Aufmerksamkeit und desto eher werden die
Elemente behalten (vgl. Berko& Gleason 1982, 21).
Die zweite Hypothese, die ihre Untersuchungen
auch mit
einer der
Fragestellungen der Kriteriumvariable vertraut macht, ist die Linguistic-Feature
35
Hypothese
von
Andersen (1982),
in der sie versucht offen darzulegen,
welche sprachlichen Elemente sich
beim Fremdsprachenverlustprozess
verändern.
2.3.1.3. Die Linguistic-Feature Hypothese
„Eine der wichtigsten Fragen der Fremdsprachenverlustforschung besteht
darin,
ob
und
welche
fremdsprachlichen
Elemente
und
Fertigkeiten
unterschiedlich verfallen“ (Schöpper- Grabe 1998, 243) oder „welche Teile oder
Ebenen einer Fremdsprache [sind] vergessensanfälliger als die andere“(vgl.
Müller 1995: 31). In diesem Zusammenhang sind vor allem Andersens (1982)
Hypothesen über die linguistischen Charakteristika des Vergessensprozesses
zu nennen(vgl. Andersen 1982). Seine vielen Einzelhypothesen nehmen
hauptsächlich Bezug auf zwei Faktoren:
•
der Kontrast zwischen Mutter- und Fremdsprache,
•
die Häufigkeit, Markiertheit und funktionale Wertigkeit eines Elements
der Fremdsprache(vgl. Müller 1995, 21).
Diese von Andersen 1982 formulierte Hypothese ist differenzierter und
vielschichtiger
als
die
Regressionshypothese.
Sie
berücksichtigt
viele
Erkenntnisse der Erst- und Zweitsprachenerforschung, der Aphasie- und
Sprachkontaktforschung, der Untersuchung von Pidgin- und Kreolsprachen
sowie der Beschreibung von Prozessen und Kommunikationsstrategien
Interimsprachen. Andersen stellt
in
eine Reihe von Hypothesen über den
erwartbaren Verlauf des Vergessens fremdsprachlicher Kenntnisse auf (vgl.
Müller 1995, 21).
Andersen
fordert
vielmehr
die
Berücksichtigung
der
Sprachverwendungsperspektive: Verstehen und Produktion, mündlicher und
schriftlicher Gebrauch der Sprache, die traditionellen linguistischen Bereiche
der Phonologie, Morphologie, Syntax und Lexik(vgl. Andersen 1982, 84). Durch
die Einbeziehung der Sprachverwendungsperspektive ist es nach Andersen
36
notwendig, zwischen einem funktionalem und einem kosmetischen Verlust zu
unterscheiden. Den funktionalen Verlust definiert er als:
(a) loss of linguistic competence that causes a reduction in
communication and transfer of information and (b) loss of linguistic
competence that is either stigmatized and thus promotes negative
evaluation and attitudes on the part of LCs (linguistically-competent
individual) of the language community or of some other reason
promotes feelings of insecurity, inadequacy, alienation or rejection on
the part of the LA (language ´attriter´) (vgl. Andersen 1982, 85).
Mit
dem
kosmetischen
Verlust
bezeichnet
er
alle
anderen
Sprachverlustformen, die weder der Kommunikationsabsicht entgegenstehen
noch eine negative sozio- affektive Wirkung haben.
Anhand
dieser Hypothese wird
versucht herauszuarbeiten, welche
Bereiche einer Fremdsprache vergessensanfälliger sind als die anderen:
In den meisten Studien werden Grammatik (Mischung von Syntax und
Morphologie), Lexik und Phonologie untersucht. Auch die berühmten vier
Fertigkeiten abgetestet, also die rezeptiven (Hören und Lesen) und die
produktiven
(Sprechen
und
Schreiben)
Fertigkeiten.
untersuchten auch außersprachliche Variablen
Manche
Studien
(wie Alter der Lerner, die
Unterrichtsdauer und -methode usw.) und intersprachliche Variablen (Größe
des Kontrasts zwischen Mutter und Fremdsprache) (vgl. Müller 1995,
31).
Zahlreiche Studien bestätigen auch, dass z.B. Phonologie, Grammatik und
Lexikon in unterschiedlicher Geschwindigkeit durch den Vergessensprozess
beeinträchtigt sind:
Nach Weltens (1989) fanden sich im Bereich der Phonologie
niederländischer Französischlerner nach 4 Jahren Verschleifungen im Bereich
der Nasale (z.B. en, on). Dies kann möglicherweise auf das Fehlen
entsprechender
Laute
in
der
Muttersprache
(Kontrastivhypothese) ( Weltens 1989, 95f).
zurückgeführt
werden
37
Bachrick
(1984)
verzeichnete
im
Bereich
Vokabeln
oder
Grammatikstrukturen eine deutliche Abnahme des fremdsprachlichen Wissens.
Dabei war der Abruf (produktive Grammatikkenntnisse) stärker beeinträchtigt
als das Wiedererkennen (rezeptive Kenntnisse).
Moorcroft &Gardner (1987) untersuchten das Vergessen (mündlicher
Leistungen)
von
beobachteten
Französisch
bei
englischsprachigen
Schülern.
Dabei
sie eine starke Abnahme der Kenntnisse im Bereich der
zusammengesetzten Vergangenheitsformen und bei der Negation. Die Autoren
schließen als Erklärung an der Regressionshypothese (Jakobson) an, indem sie
betonen: „While grammatical structures in general are more likely to be affected
by language loss than vocabulary, it seem to be most recently acquired
structures that are most vulnerable to language loss” (Moorcroft & Gardner
1987, 337). Sie meinten auch, dass Grammatik bei der letzten Lernphase
gelernt wird und noch nicht hinreichend eingeübt ist (Moorcroft & Gardner 1987,
338).
Bahricks Studie über das Vergessen von Spanischkenntnissen
ergab,
dass
das
Wiedererkennen
(recognition)
von
Vokabeln
z.B.
oder
Grammatikstrukturen erfolgreicher war als der aktive Wiederabruf (recall) (vgl.
Bahrick 1984a ; 1984b; Müller 1995, 31). Auch Cohen (1989) und Schumans,
Van Os & Weltens (1985) kommen zum gleichen Ergebnis in Bezug auf das
Vergessen von Vokabelkenntnissen. Olshtain (1986) sah einen hohen Verlust
bei der Wortschatzproduktion (Olshtain 1986, 163).
In der Studie von Weltens (1989) kommt bezüglich des Verlust von
Vokabel- und Grammatikkenntnissen
in seiner Vierjährigenlangzeitstudie zu
einem ähnlichen Ergebnis wie Moorcroft&Gardner (1987) nach einer Spanne
der Nichtverwendung
von lediglich drei Monaten: „[…] general receptive
proficiency in French is clearly not subject to attrition after four years of nonuse, whereas grammar-and to some degree also vocabulary-clearly is“
(Weltens 1989, 95 ; vgl. auch Weltens,Van Els& Schils 1989). Also kommt es
schon
nach
3
Monaten
der
Nichtverwendung
zu
einem
38
Wortfindungsschwierigkeiten und nach 4 Jahren sind deutliche Verluste zu
sehen.
Rezeptive Fertigkeiten bleiben in der Regel länger erhalten als produktive
Fertigkeiten, wobei zu berücksichtigen ist, dass schon beim Sprachenlernen
rezeptive Kenntnisse größer sind als produktive (vgl. Müller 1995, 31). Bei
manchen Studien kam heraus, dass das Sprechen
als erstes Indiz des
Vergessens ist (vgl. Kuhberg 1992 ; Moorcroft &Gardner 1987). Edwards (1976)
fand eine 8%ige Steigerung der Lesefertigkeit nach 12 Monaten der
Nichtverwendung, aber eine 13%ige Verschlechterung der Sprechfertigkeit(vgl.
Edwards 1976 : 305-308). Smythe, Jutras, Bramwell & Gardner (1973) z. B.
stellten
in
ihrer
ersten
Untersuchung
des
Vergessens
von
Französischkenntnissen kanadischer Studenten nach den Sommerferien eine
Verbesserung des Hörverstehens, aber einen Verlust beim Leseverstehen fest
(Smythe, Jutras, Bramwell & Gardner 1973, 400-405).
Der Kontrast zwischen Erst- und Zweit-/Fremdsprache als intersprachliche
Variable, z.B. die Nähe der zwei konkurrierenden Sprachen (Deutsch-Englisch)
spielt beim Verlust
der verschiedenen fremdsprachlichen Fertigkeiten eine
große Rolle. Entsprechend der von Andersen (1982) aufgestellten Hypothesen
muss auf allen linguistischen Ebenen der Kontrast zwischen der Erst- und
Zweit-/Fremdsprache berücksichtigt werden (vgl. Andersen 1982). Weltens
(1989) stellte in seiner Langzeitstudie fest, dass fremdsprachliche Strukturen
des Französischen, die eine große Ähnlichkeit zu denen der Muttersprache
Niederländisch aufweisen, besser behalten werden. Interferenz kam vor allem
bei der Grammatik, aber auch in der Lexik und Phonologie. Der Grad des
Kontrastes zwischen den beiden Sprachen spielte allerdings keine Rolle: „ […]
although ´contrast´ in general played its expected role, ´degree of contrast´ did
not, at least not as might have been expected on the basis of the interference
theory: attrition did not increase with the subtlety of contrast” (Weltens 1989,
95). In Anlehnung an Bermann & Olshtain (1983) muss in diesem
Zusammenhang betont werden, dass Interferenz zwar eine wichtige Rolle im
Vergessensprozess spielt, jedoch nicht als der entscheidende Erklärungsfaktor
für die Veränderungen in der Lernersprache gelten kann. Berman & Olshtain
(1983) untersuchten in diesem Zusammenhang das Vergessen bilingualer
39
Kinder in Hinblick auf den Transfer von der Muttersprache Hebräisch in die
Zielsprache Englisch. Transfer muttersprachlicher Muster in die Fremdsprache
scheint ein deutliches Zeichen für den beginnenden Vergessensprozess zu
sein. Die Kinder entwickelten eine besondere Lernersprache, die aus einer
Mischung von hebräischen
und englischen Strukturen bestand. So wie die
Interferenztheorie nicht sämtliche lernersprachlichen fehlerhaften Strukturen im
Erwerbsprozess erklären kann, reicht sie auch als Erklärung für die Fehler im
Vergessensprozess nicht aus (vgl. Bermann & Olshtain 1983, 233).
Es wird nun auch anschliessend in die Situation ganz fachspezifisch
eingegangen, wie es aussieht, wenn jemand erst Englisch, als eine
erste
Fremdsprache gelernt hat und dann an die zweite Fremdsprache Deutsch sich
wendet (DaFnE).12 Dieses ist von Bedeutung, weil die englische Sprache
weiterhin auf der Welt als die erste Fremdsprache gesehen wird und gelehrt
wird. Die deutsche Sprache ist eine typische zweite Fremdsprache (L3), die
meistens nach Englisch als erster Fremdsprache (L2) gelernt wird, und die
Fehler im Deutschen gehen oft auf die Tatsache zurück, dass als erste
Fremdsprache Englisch gelernt wurde (vgl. Hufeisen 1996, 191; Hufeisen 2000,
550 ).
Wie es schon oben angedeutet ist, ist es ganz klar, dass es „zwischen
dem Lernen einer ersten (L2) und dem Lernen einer zweiten (L3) oder weiteren
Fremdsprachen (Lx) ein Unterschied besteht“ (Neuner und Hufeisen 2001, 29).
„Die vorher gelernten Sprachen weisen Parallelen oder deutliche Unterschiede
zu der neuen Sprache auf und können als Vergleich oder als Kontrast dienen“
(Hufeisen 2000, 551). Aber leider können diese Vergleiche zwischen Deutsch
und Englisch manchmal nicht als eine Hilfe für den Lerner sondern zu Barriere
führen. Dies wird jedoch dann klar als es nach einer Unterbrechung z.B. wie
Sommerferien zu Interferenzen bzw. negativen Transfers
zwischen den
Fremdsprachen kommt (z.B. ear- das Ohr, das Haus- house). Man sollte auch
bei manchen Wörter im Englischen und im Deutschen vorsichtig sein, weil sie
ganz ähnlich aussehen: die so genannten „falschen Freunde“ z. B. (das Gift12
DaFnE: Deutsch als Fremdsprache nach Englisch (Neuner, Hufeisen 2001, 28ff).
40
gift; die Mappe- map) (vgl. Neuner; Hufeisen 2001, 24f). Es sind aber nur
Sonderfälle, weil bei dem Erlernen der deutschen Sprache die englische
Sprache eine wichtige Hilfe wird13.
Zu
der letzten
Kriteriumvariablen
Fragestellung
betrachtet
man
„Wie
viel
den
Grad
geht
des
verloren?“
Verlustes
der
der
Fremdsprachenkenntnisse. In diesem Sinn lassen sich sehr unterschiedliche
Ergebnisse anführen, die auch
anhand von möglichen Vergessenskurven
schematisiert werden und versuchen den Ablauf des Fremdsprachenverlustes
zu erklären. Bevor diese möglichen Vergessenskurven erläutert werden, ist es
sinnvoll, die Phasen des Fremdsprachverlustes zu definieren und zu
schematisieren:
•
Die Erwerbsphase und die Inkubationsphase
Zum Ablauf des Fremdsprachverlustes gehören zwei Phasen: die
Erwerbsphase
und
die
Inkubationsphase,
die
auch
eine
mögliche
Vergessenskurve einer Fremdsprache bestimmen:
Language
Acquisition Period

Time 1
Incubation Period

Time 2

►
Time 3
(vgl. Gardner 1982, 25)
13
siehe dazu: Neuner, Hufeisen (2001), Mehrsprachigkeit und Tertiärsprachenlernen,
München: (Eigendruck)Goethe Institut.
41
Die Erwerbsphase ( Language Acquisition Period) bezeichnet
das
Erlernen einer Fremdsprache von Anfang bis zum letzten Unterricht, also das
aktive Erlernen. Die Erwerbsphase ist die Zeit zwischen Time 1 und Time 2. Als
Inkubationsphase (Incubation Period) bezeichnet man
die Zeit Time 3 und
diese Zeit ist nun die Zeit, in der die Vergessenskurve stattfindet. Das
Sprachlernen ist nicht mehr aktiv. Nun ist Time 3 die Zeit, wo eine Studie über
den Sprachverlust durchgeführt werden kann (vgl. Gardner 1982, 25).
Wie
schon
erwähnt14
geht
die
klassische
Ebbinghaus (1885) davon aus, dass der Verlust
Vergessenskurve
von
am Anfang sehr schnell
einsetzt, aber danach nimmt die Vergessensgeschwindigkeit kontinuierlich ab
und pendelt sich auf einem bestimmten Niveau. Verschiedene Studien zum
Fremdsprachenvergessen wie z. B.
Kennedy 1932 ; Godsall-Myers 1981;
Bahrick 1984 bestätigen diese Voraussage. Sie beobachteten verstärktes
Vergessen in der Anfangsperiode, in der die Fremdsprache nicht mehr
angewendet wurde. Später verlief die Vergessenskurve flacher (vgl. Lukesch
2001, 175f). Bahrick z.B. erfasste in seiner Untersuchung des Vergessens von
Spanischkenntnissen die längste Zeitspanne. Bei einer Gruppe von 773
Probanden mit unterschiedlich langen Lernzeiten und unterschiedlich langer
Zeit der Nichtverwendung bis zu 50 Jahren stellte er einen rapiden Verlust in
den ersten 5 Jahren der Nichtverwendung fest, danach allerdings blieben die
Kenntnisse ungefähr bis zu einer Zeitspanne von 30 Jahren gleich erhalten,
bevor sich noch einmal geringfügige Verluste einstellten(vgl. Bahrick 1984a,
1984b).
Bahrick erklärte also, dass in der Vergessenskurve von Ebbinghaus
das Vergessen nach kurzer Zeit schon zu sehen ist, aber nach Bahricks
Untersuchungsergebnis entsteht der Verlust der Sprachkenntnisse in den
ersten fünf Jahren sehr schnell und bleibt in den folgenden 30 Jahren konstant.
In diesen 30 Jahren kommt es zu wenigen Verlusten. Hier wird das Wissen in
einem Speicher festgehalten dies nennt Bahrick permastore die eine Art von
Dauerspeicher. Neisser (1984) benutzt dafür den Begriff critical threshold also
14
Siehe: Abschnitt 2.2.4.1. Spurenzerfalltheorie
42
die kritische Stufe, die beim Fremdsprachlernen erreicht werden muss, damit
Informationen länger gegen das Vergessen bzw. dem Verlust halten können
(vgl. Bahrick 1984a, 1984b ; Feuerhake, Fieseler, Ohntrup, Riemer 2004, 5;
Neisser 1984, 33).
Andere Studien lieferten jedoch gegensätzliche Ergebnisse. Danach setzt
der Vergessensprozess nicht sofort ein, sondern es existiert eine Art von
Lernplateau
(Plateaukurve),
das
sich
eine
Zeit
hält,
bevor
der
Vergessensprozess bemerkbar wird (vgl. Edwards 1977; Snow, Padilla&
Campell 1984). In Edwards Untersuchungen z.B. ergaben sich erst nach 12-18
Monaten Verluste, nicht schon nach 6 Monaten. Auch Weltens stellte in seiner
Langzeitstudie keinen schnellen Verlust der rezeptiven Französischkenntnisse
nach zwei bzw. vier Jahren der Nichtverwendung fest (vgl. Weltens 1989, 96ff;
Müller 1995, 28f; Weltens & Cohen 1989, 130).
Graphisch lassen sich neben der klassischen Vergessenskurve von
Ebbinghaus, die diese zwei möglichen Varianten der fremdsprachlichen
Vergessenskurven (die Plateaukurve und die
critical threshold ), also die
kritische Stufe von Neisser folgendermaßen veranschaulichen (Feuerhake,
Fieseler, Ohntrup, Riemer 2004, 4 ; vgl. Weltens 1989, 12 ; Neisser 1984, 33):
43
2.3.2. Prädiktorvariablen
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Untersuchungen
die
sich
mit
den
15
Prädiktorvariablen
(Warum
ändern
dargestellt,
sich
die
Fremdsprachkenntnisse? \ Welche Faktoren spielen bei der Veränderung eine
Rolle?) beschäftigt haben.
Als Bedingungsfaktoren des Fremdsprachenvergessens können das
erreichte
sprachliche
Ausgangsniveau,
die
Dauer
und
die
Art
des
Lernprozesses, die Dauer der Verlustphase sowie die Lernercharakteristika
genannt werden. Im Zusammenhang mit der Lernercharakteristika wird auch
die letzte Hypothese der Fremdsprachenverlustforschung von Gardner (1972),
die Hypothese der affektiven Variablen veranschaulicht.
15
auch: Bedingungsfaktoren des Verlustprozesses.
44
2.3.2.1. Sprachliches Ausgangsniveau- Dauer des Lernprozesses
Wie
im
Zusammenhang
mit
der
Frage
nach
dem
Grad
des
Fremdsprachenverlustes angeführt, ist das Vergessen von dem im aktiven
Lernprozess erreichten fremdsprachlich-und kommunikativen Niveau abhängig,
wobei die Art der Abhängigkeit nicht eindeutig geklärt werden kann. Weltens
(1989) gibt bezüglich der Rolle der sprachlichen Ausgangskompetenz beim
Vergessensprozess drei theoretische Möglichkeiten an: „[…] a positive
relationship (´the more you know, the more you lost´),a neural one (´You lose a
fixed amount irrespective of your total knowledge´), or a negative one (´The
more you know, the less you lose´)” (Weltens 1989, 13f). Die erste Möglichkeitje mehr absolut vorhanden ist, desto mehr geht verloren- bedeutet relativ, dass
der
anteilige Verlust für eine bestimmte Zeitspanne für alle Sprachniveaus
gleich ist (vgl. Müller 1995, 29f). Zu diesem Ergebnis kommen z. B. Kennedy
(1932) und Scherer (1957), der schließt, dass gute Schüler mehr vergessen,
weil sie mehr zu vergessen haben. Bei der zweiten Möglichkeit ist die absolute
Menge der vergessenen Elemente, d.h. die Menge des Verlusts, nicht abhängig
von der Ausgangskompetenz. Relativ betrachtet bedeutet das aber: Je höher
die sprachliche Ausgangskompetenz, desto geringer die Rate des Vergessens.
Wie schon vorher erwähnt, kommt auch Bahrick für die Zeitspanne von bis zu
50 Jahren der Nichtverwendung zu diesem Schluss. Bestätigt wird dieses
Verhältnis zwischen Verlust und Ausgangslevel zudem von Weltens (1984a)
Ergebnissen zum Vergessen von Französischkenntnissen (vgl.
Weltens
1984a, 116). Die dritte Möglichkeit – je mehr man weiß, desto weniger verliert
man- wurde lediglich von Pratella (1969) und Robinson (1985) bestätigt.
Pratella z.B. verglich Schüler, die Spanisch bereits in der Elemantary School
(grade 5) begonnen hatten, mit anderen, die in grade 9,10 oder 11 begonnen
hatten. Zwar war bei beiden Gruppen der Verlust erheblich in drei Monaten
der
Nichtverwendung,
bei
der
Gruppe
mit
geringem
sprachlichem
Ausgangsniveau war aber der Verlust noch größer (vgl. Pratella 1969, 235-A).
45
In Bezug auf die Rolle des sprachlichen Ausgangsniveaus, das von der
Dauer und Intensität
des Lernprozesses abhängt, sind besonders die
Ergebnisse der Langzeitstudie
von Weltens von Interesse. Für die
Langzeitwirkung des Fremdsprachenunterrichts ist es besonders wichtig, ein
möglichst hohes Niveau zu erreichen (vgl. Müller 1995,
zusammenfassend
zu
diesem
Fremdsprachenverlustforschung
sagen:
30). So kann man
Bedingungsfaktor
Je
höher
der
der
erreichte
fremdsprachliche Ausgangslevel ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit
des Behaltens auch noch nach einer langen Zeit der Nichtverwendung.
2.3.2.2. Art des Lernprozesses
Nicht nur die Dauer, auch die Art des Lernprozesses ist ein
entscheidender Bedingungsfaktor für die Fremdsprachenverlustforschung. Für
die verschiedenen Lehr- und Lernmethoden und Materialien für den
Fremdsprachenunterricht gibt es bislang noch keine langzeitigen Forschungen
oder deren Ergebnisse (Mayer Wamos 1994: 22).
Neuere,
die
auf
die
Fremdsprachendidaktik
übertragene
gedächtnispsychologische Erkenntnisse liegen z.B. der Suggestopädie und
dem Superlearning sowie
dem neurolinguistischen Programmieren (NLP)
zugrunde (vgl. Baur 1990; Mayer Wamos 1994; Schiffler 1989)16.So basiert z.B.
der in der Fremdsprachendidaktik diskutierte suggestopädische
Ansatz auf
gedächtnispsychologischen Ergebnissen, nach denen die Aufnahmefähigkeit
des Gedächtnisses im entspannten Bewusstseinszustand am größten ist (vgl.
Dhority 1986, 15ff). Die Langzeitwirkung dieser neuen alternativen Lehr und Lernmethoden wurde bislang nicht untersucht, genauso wenig wie die
traditionellen Lehr- und Lernmethoden (vgl. Ortner1998, 37f).
16
In Bezug auf die verschiedenen alternativen Lehr- und Lernmethoden vgl. auch
Thomas(1987); Hinkelmann,Hinkelmann&Ferreboeuf (1988).
46
2.3.2.3. Dauer der Verlustphase - Rolle des Sprachkontakts
Ein weiterer Bedingungsfaktor ist die Besonderheit der Verlustphase. Vor
allem die Dauer der Phase und die Rolle des Sprachkontakts sind hier zu
nennen. Die vorliegenden Studien umfassen überwiegend drei Monate
der
Nichtverwendung und schließen den Sprachkontakt als Variable aus. Zu einem
übereinstimmenden Ergebnis kommen die Untersuchungen trotz derselben
Länge der Verlustphase nicht (vgl. Cohen 1975; Kennedy 1932). Wie schon
erläutert,
erfasst
Bahrick
(1984a;1984b)
Nichtverwendung und zwar mit 50 Jahren.
meisten
vorliegenden
Untersuchungen
die
längste
Phase
der
Der Sprachkontakt wurde in den
ausgeschlossen,
um
die
Kontrollierbarkeit der Faktoren zu gewährleisten (vgl. Schöpper-Grabe 1998,
250).
Im Zusammenhang mit der Rolle des Sprachkontakts muss auf das
überraschende Phänomen des Lernzuwachses eingegangen werden. Ohne
weiterhin Sprachkontakt zu haben, nahm das sprachliche Wissen zu. Wie
schon oben im Abschnitt der Regressionshypothese erwähnt worden ist, kann
nach Cohens Ergebnissen
Lernfortschritte zustande kommen, dass er als
„residual learning“ nennt und meint, dass eine Pause im Lernprozess einen
positiven Effekt haben kann und „some sort of unlearning of incorrect patterns“
(vgl. Cohen 1975, 137) bewirkt. Auch in Scherers (1957) Erklärung ist der
sprachliche Verarbeitungsprozess während des aktiven Lernens noch nicht
abgeschlossen: Also arbeitet das Unbewusste während der Phase der
Nichtverwendung weiter (vgl. Scherer 1957, 277). Smythe et al. (1973) wie
schon oben bei der Linguistic- Feature Hypothese angedeutet, erklären einen
signifikanten Hörverstehensanstieg nach drei Monaten mit Motivationsfaktoren
(vgl. Smythe et al. 1973, 405).
47
2.3.2.4. Die Hypothese der affektiven Variablen und die
Lernercharakteristika
Als bedeutsame Bedingungsfaktoren des Fremdsprachenvergessens sind
schließlich die Lernercharakteristika (z. B. Alter, Einstellung und Motivation,
Geschlecht, Intelligenz, Sprachbegabung und Lernertyp) zu nennen. Hier ist vor
allem die Rolle des Alters untersucht worden, z.B. Berman & Olshtain (1983)
stellten fest,
dass fünf- bis achtjährige Kinder schneller vergaßen als die
älteren oder Jugendlichen. Als Begründung geben sie an, dass die jüngeren
Kinder noch nicht lesen und schreiben können und die Trennung der zwei
Sprachsysteme
bei ihnen noch nicht in demselben Grad ist wie die
Jugendlichen (vgl. Berman&Olshtain 1983, 232). Auch Allendorffs (1980)
Studie des Lernens, Vergessens und Wiedererwerbs einer Zweitsprache zeigt,
wie kurz die Halbwertzeit der Zweitsprachenkenntnisse von Kindern ist.
Innerhalb von 18 Monaten nach der Rückkehr von einem sechsmonatigen
Aufenthalt in dem Zielsprachenland hatten die drei Kinder im Alter von 4-8
Jahren ihre Zweitsprachenkenntnisse völlig verlernt (vgl. Allendorff 1980, 35ff).
Weltens
(1983)
meint,
dass
der
Fremdsprachenvergessen eine vergleichsweise
Faktor
Alter
für
das
geringere Bedeutung trägt,
weil die meisten Fremdsprachen- „Vergesser“ Jugendliche oder Erwachsene
sind (vgl. Weltens 1989, 10).
Eine entscheidende Rolle spielt die Einstellung und die Motivation beim
Fremdsprachenverlust. Gardner und seine Kollegen (1982) stützten sich auf
ihre
Untersuchungen
zum
Einfluss
dieser
Faktoren
beim
Fremdsprachenerlernen (vgl. Gardner& Lambert 1972). Gardner (1982) geht
davon aus, dass die Einstellung und Motivation eine ähnlich bedeutende
Wirkung auf den Vergessensprozess haben, und stellt folgende Hypothesen
auf:
„Hypothesis 1 states that, since attitudinal\ motivational characteristics are
related to the level of second language proficiency, they will relate to second
language retention(as would language aptitude)” (Gardner 1982, 31).
48
“Hypothesis 2 states that, since attitudinal\ motivational characteristics
are related to indices of participation in language-related situations, they will
relate to attempts to maintain second language skills once training has
terminated” (Gardner 1982, 34).
Die empirischen Arbeiten, die eine Abhängigkeit des Vergessens von
diesen Faktoren feststellen und damit Gardners Hypothesen in Bezug auf die
Motivation und Einstellung zum Teil bestätigen, sind in der Mehrzahl. Snow,
Padilla&Cambell (1988) kamen zu dem Ergebnis, dass die Einstellung zur
Sprache das Bewahren der produktiven Fertigkeiten des Schreibens und
Sprechens sowie die Häufigkeit des Gebrauchs beeinflusst, nicht aber das
Bewahren von rezeptiven Fertigkeiten.
Gardner, Lalonde & Mac Pherson (1985, 538) bestätigten ihre Hypothese
in einer Untersuchung des Einflusses
von Einstellungen, Motivation und
Sprachgebrauch auf den Vergessensprozess des Französischen bei Kanadiern
mit Englisch als Erstsprache mit Hilfe eines Selbstbestimmungsfragebogens.
Sie ziehen die Schlussfolgerung, dass positive Einstellungen den Lernprozess
so beeinflussen, dass sie dann einen scheinbaren Effekt auch auf den
Vergessensprozess haben.
In einer Studie über den Verlust der Französischkenntnisse
Kanadiern mit Englisch als Erstsprache
von
während einer dreimonatigen
Sommerpause bestätigen Gardner, Lalonde, Moorcroft & Evers (1987) ihre im
Jahre 1985 aufgestellten Hypothesen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die
Einstellung die Motivation bewirkt und dass die Motivation ein Faktor ist, der
das erreichte fremdsprachliche Niveau sowie die Häufigkeit der Anwendung
bestimmt(vgl. Gardner, Lalonde, Moorcroft & Evers 1987, 42). Auch Smythe et
al. (1973) führen eine leichte Verbesserung der Sprachkompetenz nach drei
Monaten der Nichtverwendung auf Motivationsfaktoren zurück. Nach der
Sommerpause seien die Studenten „frischer“ und motivierter, die Tests gut zu
bestehen, als am Ende des Semesters ( vgl. Smythe et al. 1973, 400-405).
49
Also kam
Gardner
in den 80er Jahren zu einem neuen Aspekt der
Sprachverlustforschung durch die Motivationsforschung und zwar mit seiner
Hypothese der affektiven Variablen bzw. die affektive Variablenhypothese. Nun
wurden die sozio-affektive Faktoren wie Einstellung, Orientierung, Motivation
berücksichtigt. Eine hohe Motivation fördert eine höhere Lernbereitschaft und
eine noch intensive Anwendung der Fremdsprache (vgl. Gardner, Lalonde,
Moorcroft & Evers 1987, 42).Also führt eine positive Einstellung zu einem
garantierten Fremdspracherlernen und die negative Einstellung dagegen zu
einem Fremdsprachverlust. Was ist nun dieser wichtige affektive Faktor
Motivation? Aber bevor die Erklärungen über die Motivation und die weiteren
Erläuterungen über der Hypothese der affektiven Variablen bearbeitet werden,
ist es
wichtig zu definieren, was eigentlich Affekt ist , dessen Faktoren so
wichtig sind, und welche Beziehungen er mit der Kognition hat:
•
Der Affekt
In der sprach - und fremdsprachenbezogenen Forschung tritt der Begriff
Affekt entweder eigenständig im Sinne von Gefühl, Stimmung, Emotion auf oder
er umfasst, ebenso wie die alternativ gebrauchten Termini Affektion und
affektiv- Persönlichkeitsmerkmale, emotionale Zustände, soziale Faktoren,
Bedürfnisse, Einstellungen, Interessen, Motive, Motivation (vgl. Boosch 1983,
21-40; Solmecke 1983, 41-56; Vogel 1990, 143-146).
„Der Affekt oder die Emotion bilden die Ergebnisse motivationaler
Dynamik, deren Einfluss auf die Informationsspeicherung bedeutsam ist […]
Gedächtnisbildung und Gedächtnisfunktion sind nur aus dem Zusammenwirken
von Kognition und Motivation zu verstehen“ (Klix 1988, 213).
Mandl&Huber (1983,1) betonen,„dass menschliche Informationsverarbeitung
kognitive Daten im engeren Sinn, d.h. Wissen um Objekte, Zustände,
Ereignisse und emotionale Daten einschließt“. Bei diesem Prozess handelt es
sich immer um ein Zusammenwirken kognitiver und emotionaler Prozesse.
50
Zusammenfassend lässt sich sagen: „So wie es keinen
emotionalen
Zustand frei von kognitiven Elementen gibt, so gibt es auch keine
Informationsverarbeitung ohne emotionale Aspekte“ (Edelmann 1988, 99).
Die Hypothese der affektiven Variablen von Gardner betont also die Rolle
von Einstellungen und Motivationen beim Fremdsprachenlernen (vgl. Gardner&
Lambert 1972). „Es wird dabei berücksichtigt, dass zwischen sozio-affektiven
Faktoren (wie z.B. Einstellung und Motivation) und sprachlich-kognitiven
Variablen
(wie
Sprachtalent
und
erreichtes
Kompetenzniveau
in
der
Fremdsprache) eine Wechselbeziehung besteht“ (Müller 1995, 23). Laut
Gardner (1982) beeinflussen und verbessern diese Einstellungsvariablen auch
die Spracherhaltung, und zwar dadurch, dass motivierte Sprachlerner auch
nach der formalen Unterricht jede Möglichkeit suchen und nutzen, ihre
fremdsprachlichen Fähigkeiten zu trainieren und zu verbessern (vgl. Müller
1995, 24).
Kennedy beobachtete beispielsweise, dass die Behaltensleistungen von
Lateinschülern im ersten und im zweiten Jahr in großem Maße
davon
abhingen, ob diese mit dem Lateinunterricht fortfahren wollten oder nicht. Die
Schüler, die den Unterricht abgewählt hatten, konnten nach den Sommerferien
nur noch 65% des Jahresstoffes reproduzieren, die Fortsetzer 85% (vgl.
Kennedy 1932, 146).
Im Zusammenhang dieser Hypothese wird nun der Faktor Motivation und
deren verbundenen
Begriffe Motive, Einstellungen und Interessen der
Lernenden bearbeitet, um die Rolle dieses affektiven Faktors für das Erlernen
einer Fremdsprache besser zu entlarven:
2.4. Der affektive Faktor Motivation
Motivation wird in der Fachliteratur
lehren
zum Fremdsprachenlernen und -
für vieles verantwortlich gemacht. Sie beeinflusst die Wahl eine
bestimmte Fremdsprache zu lernen, den Lernprozess, das Verhalten im und
51
nach dem Unterricht, den Lernerfolg, die Benutzung geeigneter Lernstrategien
oder auch die Behaltensleistung (vgl. Dörnyei 1994a; Gardner & Trembley
1994a; McIntyre& Charos 1996; Oxford& Shearin 1994).
Die
Kritik
ist
also
nicht
neu,
dass
mangelnde
Motivation
im
Fremdsprachenunterricht schon immer zur Unzufriedenheit bei Lernern und
Lehrern geführt hat. So wird nun in diesem Zusammenhang
versucht die
wichtigen Begriffe zu diesem Phänomen zu definieren und zu bearbeiten:
2.4.1. Klärung der Begriffe
•
Das Motiv
Umgangssprachlich lässt sich der Motivbegriff wiedergeben: „Aggression,
Angst, Durst, Ehrgeiz, Geltungsdrang, Hunger, Liebe, Machtstreben,Mitleid,
Trotz, Unzufriedenheit, Vertrauen, Zorn“(Graumann 1974:4). Motiv „bedeutet im
pädagogischen Zusammenhang Beweggrund, Antriebselement, Leitgedanke für
ein Wollen oder Handeln“ (Köck; Ott 2002:488).
Motive, durch die sich verschiedene Menschen in der gleichen Situation in
ihrem Verhalten voneinander unterscheiden, können jedoch nicht unmittelbar
beobachtet werden; vielmehr ist der Motivbegriff als ein hypothetisches
Konstrukt zu verstehen. Nach Schiefele (1974) lässt sich der wissenschaftliche
Motivbegriff wie folgt definieren:
Wie Motivation ist das Motiv ein hypothetischer Begriff. Er bezeichnet
relativ dauerhafte psychische Dispositionen. Motive werden durch
soziale Interaktion im Bezugssystem der Person entwickelt und
bilden darin kognitive, affektive und wertgerichtete Teilsysteme. Im
Prozess der Motivation werden Motive aktiviert. Sie sind die
Beweggründe (Ursachen) einer Handlung und bestimmen, was diese
für die Person bedeutet (Schiefele 1974, 31).
52
Motiv ist also ein Faktor, „der die Aktivierung und Steuerung von
Verhaltensweisen bestimmt“(Schröder 1992, 149).
Motive sind folglich keine kurzfristigen, sondern „relativ dauerhafte
psychische Dispositionen, die durch jeweiligen Situationsumstände aktiviert
werden“(Graumann
1974,113).
Der
bei
Schiefele
(1974)
bereits
angesprochener Zusammenhang zwischen Motiv und Motivation führt zu einer
Klärung des wissenschaftlichen Motivationsbegriffs, den man mit Graumann
als„Interaktion von motivierender Situation und motiviertem Subjekt“ bezeichnen
kann (Graumann 1974, 125).
In diesem Sinne erklärt Heckhausen (1980) dass
Motive hier zusammenfassend
als Sammelbegriffe für so
unterschiedliche Beziehungen wie Bedürfnis, Beweggrund, Trieb,
Neigung, Streben etc. stehen. Bei allen Bedeutungsunterschieden im
einzelnen verweisen alle diese Bezeichnungen auf eine
`dynamische` Richtungskomponente. Es wird eine Gerichtetheit auf
gewisse, wenn auch recht unterschiedliche, aber stets wertgeladene
Zielzustände angedeutet; und zwar Zielzustände, die noch nicht
erreicht sind, deren Erreichung aber angestrebt wird (Heckhausen
1980, 24).
In Motivauflistungen wie bei Apelt (1981) werden so unterschiedliche
Motive für das Fremdsprachenlernen genannt wie das Anschlussmotiv, das
Leistungsmotiv, das Neugier- und Wissensmotiv, das Nützlichkeitsmotiv, das
Gesellschaftsmotiv,
das
Elternmotiv,
das
Kommunikationsmotiv,
das
Lehrermotiv, das Annerkennungs- und Geltungsmotiv(vgl. Apelt 1981, 22).
•
Die Motivation
Motivation (mittellat. Motivum: Bewegung,Antrieb) ist ein ,Hypothetisches
Konstrukt zur Erklärung der Verschiedenartigkeit individuellen Handelns.
(Pethes;Ruchatz 2001, 386)
53
Motivation
wird
umgangsprachig
häufig
umschrieben
mit:
“Absicht,Affekt,Antrieb,Bedürfnis,Beweggrund,Einstellung,Impuls,Initiative,Intent
ion,Interesse,Reiz,Trieb,Verlangen,Vorliebe,Wunsch“ (Graumann 1974:3).
Schröder (1992)
meint, dass die „Motivation, die Gesamtheit der in einem
individuellen Gefüge wirksamen Motive[ist] (Schröder 1992, 149).
Mit solchen Ausdrücken
wird versucht das menschliche Verhalten
vorwissenschaftlich zu beschreiben. Aber das menschliche Verhalten und
Handeln ereignet sich unter bestimmten Situationsumständen, wobei sich in der
gleichen Situation bei verschiedenen Menschen individuell unterschiedliches
Verhalten feststellen lässt. Diese individuelle Verhaltensweisen sind auf diese
Weise
zu erklären, dass durch die gleiche Situation bei den einzelnen
Personen verschiedene Beweggründe, Motive aktiviert werden (vgl. Funkkolleg
Pädagogische Psychologie, Studienbegleitbrief 2 1972, 71ff).
Rheinberg (1999) definiert Motivation als „die positive Bewertung eines
Lernziels, die dann auftritt, wenn das Ziel als ich-nah, d. h. wichtig für die
eigene Persönlichkeit, und als erreichbar, d.h. als Stärkung und Bestätigung der
eigenen Person, empfunden wird“( Rheinberg 1999, 191). Motivation setzt
Emotionen frei, sie führt zur Interessenentwicklung und sorgt dafür, dass das
Lernziel mit Freude verfolgt wird und der Lernprozess als eine positive
Fortentwicklung erfahren werden kann. Die freigesetzten Emotionen ihrerseits
steuern die Aufmerksamkeitsprozesse, d.h. sie wirken auf das Bewusstsein ein
und bringen dadurch kognitive Prozesse in Gang, die eine Überführung der
Lernererlebnisse in Wissen zur Folge haben: die Vernetzung der neuen
Erfahrungen mit dem bereits vorhandenen Wissen und ihre Verankerung im
Gedächtnis. Das Erlebnis
Quelle
der
Motivation
des Wissenszuwachses ist wiederum eine neue
und
führt
zur
Entwicklung
eines
positiven
Selbstkonzeptes. Man kann also sagen, dass positive Motivation einen sich
selbst verstärkenden Kreislauf in Gang setzt, der dem Lernprozess überaus
förderlich ist:
54
-
Motivation setzt positive Emotionen frei,
-
Positive Emotionen bringen kognitive Prozesse in Gang,
-
Kognitive Prozesse führen zu Erkenntnissen,
-
Und diese verstärken ihrerseits die Motivation (vgl. Schumann 2004,
264).
Durch Motivation wird folglich ein bestimmtes Verhalten des Subjekts
ausgelöst und in Richtung auf ein bestimmtes Ziel gesteuert. Im Gegensatz zu
den überdauernden Motiven des Subjekts halten Motivationen nicht an, sondern
verschwinden wieder, wenn das jeweils angesteuerte Ziel erreicht ist (vgl.
Funkkolleg Pädagogische Psychologie, Studienbegleitbrief 2 1972, 75).
Die Motivation sagt etwas über unsere inneren Bedürfnisse aus. Sie hilft
uns zu überleben, lenkt das Verhalten auf ein Ziel und steigert die allgemeine
Wachheit(vgl. Kupfermann& Schwartz 1996, 626).
„Die Motivation ist [also auch]der Antrieb, der uns den nötigen Schwung
gibt […] Eins ist gewiss: Ohne Motivation ist konzentrierte Arbeit nicht
möglich“(Kullmann &Seidel 2000, 28f).
•
Antrieb und Motivation
Der Antrieb ist eine der sechs Grundgrößen des Spracherwerbs17 und
wird immer wieder anstelle der Motivation verwendet, weil diese Begriffe zum
großen Teil bei den Forschungen für Spracherwerb Ähnlichkeiten zeigen. . Die
sechs Grundgrößen des Spracherwerbs sind: Ein globales Bild, Antrieb,
Sprachvermögen, Zugang, Struktur des Verlaufs und Endzustand. (vgl. Klein
1984, 43-63). Unter Antrieb verstehen wir die Gesamtheit aller Faktoren, die
den Lerner dazu führen, seine Sprachlernfähigkeit auf eine bestimmte Sprache
anzuwenden.
17
Für die sechs Grundgrößen siehe: Klein, W. (1984), Zweitspracherwerb,Frankfurt am Main:
Athenäum Verlag.
55
Der Antrieb hat nach Klein (1984) vier Faktoren:
•
•
Soziale Integration
•
Kommunikative Bedürfnisse
•
Einstellungen
•
Erziehung
(Klein 1984, 45-49)
Motivation und Neugier
Nach Vester (1975) ist die Neugier,
der Grundtrieb des Lernens überhaupt. [...] [Deshalb sollte die
Neugier in der Schule eingesetzt werden]. [Die Neugier] bildet den
Antrieb, die Motivation, auch einen fremden, unbekannten Stoff
aufzunehmen, ihm Aufmerksamkeit zu widmen und geeignete
Assoziationen für ihn zu suchen. So bildet die Neugier auf unserem
Netzplan eine wichtige Brücke von <<fremd- unbekannt>> zur <<
Motivation>>, ohne dass der Hemmende Weg über Stress, Flücht
oder Frustration eingeschlagen werden muss (Vester 1975, 120).
•
Die Einstellung (Attitüden)
Einstellungen
sind
„gegenstandsbezogene,
erfahrungsbedingte
und
systemabhängige Verhaltensdeterminaten“ (Roth 1967, 43). Einstellungen als
ein System psychischer Elemente beschreibt Roth (1967) folgendermaßen:
Einstellungen sind […] nicht unterschiedliche und in der Kausalkette
früher anzusetzende Determinanten von Wahrnehmen, Denken,
Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Fühlen und Handeln, sondern sie sind
jener Zustand des Systems, zu dem alle psychischen Funktionen in
Bezug auf einen bestimmten Gegenstand zusammengeschlossen
sind (Roth 1967, 43).
Einstellungen werden als ein Konstrukt verstanden, das aus den drei
folgenden Komponenten entsteht:
56
•
einer kognitiven
•
einer affektiven und
•
einer konativen (verhaltensbezogenen) Komponente
Mit der kognitiven Komponente werden das Wissen, die Urteile und
Meinungen des Subjekts über ein Objekt zusammengefasst. Die affektive
Komponente bezieht sich auf die Gefühle und Werthaltungen, die das Subjekt
mit einem Objekt verbindet. Die konative Komponente umfasst alle Formen des
Verhaltens, die das Subjekt einem Objekt gegenüber zeigt (vgl. Triandis 1975,
4).Objekte der Einstellung können Personen, Sachen, Institutionen, Situationen
oder Ideen sein (vgl.Funkkolleg Pädagogische Psychologie, Studienbegleitbrief
6 1972, 16f.).
Unter
Berücksichtigung
der
drei
genannten
Komponenten
von
Einstellungen kann man Einstellungen allgemein als Verhaltensdispositonen
oder als Bereitschaft, auf ein Objekt zu reagiere, definieren (vgl. Triandis 1975,
5).
Zwischen
Einstellungen
und
Motivation
besteht
ein
gewisser
Zusammenhang. Schiefele sieht in der Einstellung „das Individuum wirksame
Teilprinzip der Motivation, das […] eine vorlaufende Bedingung für das
Verhalten darstellt“ ( Schiefele 1963, 64).
2.4.2. Erklärungsversuche des Phänomens „Motivation“ im
Fremdsprachenunterricht
Kleppin (2004) sieht die Motivation als
„ eine vorhandene positive
Einstellung zur Zielsprache bzw. vorhandene Gründe und Ursachen für das
Erlernen einer fremdsprache“ (Kleppin 2004, 3).
Nach Edmondson & House (2000) gibt es „kognitive und affektive
Unterschiede zwischen den Lernern. Diese Individuellen Unterschiede sind:18
18
Vgl. Riemer (1997, 77)
57
Intelligenz, Sprachlerneignung, kognitiver Stil, Motivation, Einstellung und
Persönlichkeitsfaktoren. Die ersten drei sind kognitive und die letzten drei
affektive Unterschiede zwischen den Lernenden„ (Edmondson & House 2000,
191).
Der Faktor Motivation wurde laut Riemer (1997) „bis in die achtziger
Jahre hinein in erster Linie gemeinsam mit dem Faktor „Einstellungen"
erforscht. Mittlerweile wird Motivation jedoch zunehmend als eigenständiges
Konstrukt erfasst und wieder intensiv diskutiert, sowie um zahlreiche neue
Komponenten erweitert“ (Riemer 1997, 7).
Riemer (1997) untersucht in ihrer Arbeit die Wechselwirkung von
Motivation und anderen Einflussfaktoren im Kontext Deutsch als Fremdsprache
für
ausländische
Studierende.
Erforscht
werden
soziale,
affektive,
Persönlichkeits- und Unterrichtsfaktoren. Die an der Universität Bielefeld
durchgeführte Studie folgt einem mehrmethodischen, longitudinalen, qualitativorientierten Ansatz. Riemers Daten unterstützen die von ihr aufgestellte
„Einzelgänger-Hypothese":
Trotz vergleichbarer äußerer Potentiale zum Fremdsprachenerwerb
[...]war jeder Proband durch unterschiedliche Voraussetzungen und
Handlungen ein Einzelgänger in der Art und Weise, wie er
fremdsprachlichen Input wahrgenommen und zum Anlass der
Aktivierung auf Fremdsprachenerwerb bezogener, subjektiver
Theorien verwendet hat (Riemer, 1997, 229).
Kleppin (2004) meint dass,
die Motivation zu Beginn des fremdsprachlichen Lernprozesses
meist recht hoch ist, kann dann aber nicht über eine sehr lange Zeit
aufrecht erhalten bleiben, um das
(z.B. eine angestrebte
‚umfassende kommunikative Kompetenz’) zu erreichen. Daher ist es
für den Lerner notwendig, sich Nahziele zu setzen, die für ihn von
persönlicher Bedeutung sind, deren Erfolg sichtbar ist und die
sukzessive erreicht werden können. Solche klaren kurzfristigen und
vom Lerner akzeptierten Zielvorstellungen unterstützen den Aufbau
realistischer Erwartungen über die Ergebnisse der eigenen Tätigkeit
(Kleppin 2004, 6).
58
Der Affekt oder die Emotion, [die also auch für das
Fremdsprachenlernen einen besonderen Sinn hat], bilden die
Ergebnisseite motivationaler Dynamik, deren Einfluss auf die
Informationsspeicherung bedeutsam ist. Gedächtnisbildung und
Gedächtnisfunktion sind nur aus dem Zusammenwirken von
Kognition und Motivation zu verstehen. Dieses Zusammenwirken ist
am sinngefälligsten in den Mechanismen der Zielbildung [und] den
Tendenzen zur Zielerreichung […] zu erkennen: die erlebte
Schwierigkeit des Ziels staut den Affekt, der wiederum die kognitiv
verfügbaren Kräfte zu dessen Erreichung aktiviert- d.h. aber: der
Wissen mobilisiert, das im Gedächtnis gespeichert ist (Klix 1999,
213).
2.4.3. Die Motivationsvariablen zur Fremdsprachenmotivationsforschung
Ausgehend von der Motivation, die mit ihren Faktoren das menschliche
Handeln zu einem bestimmten Zeitpunkt positiv oder negativ manipulieren
kann, hat verschiedene Arten bzw. Variablen, die nun vorgestellt werden. In
erster Linie unterscheiden Gardner und Lambert (1972) zwei Motivationsarten:
die instrumentelle Motivation und die integrative Motivation:
2.4.3.1. Die integrative und instrumentelle Orientierung
In der Fremdsprachenmotivationsforschung trifft man auf unterschiedliche
Herangehensweisen und Theorien. Wie schon erwähnt dominierte bis in die
1990er Jahre
das sozial-psychologische Konzept Gardners. So betonen
Gardner und Lambert (1972) die Bedeutung von Einstellungen gegenüber der
Sprache, dem Zielsprachenland und der Sprechergruppe sowie Orientierungen
der Lerner in Bezug auf deren Motivation. Besonders die Unterscheidung
zwischen integrativer und instrumenteller Orientierung hat zu kontroversen
Diskussionen in der Forschung geführt. So kam es dazu, dass seit Beginn
dieser Forschungsarbeit zum Faktor Motivation die Diskussion von der
59
Unterscheidung zwischen instrumenteller und integrativer Motivation geprägt
wurde (vgl. Riemer 1997, Kleppin 2001, 222f).
Während eine integrative Orientierung mit dem Ziel, mehr über die
Sprechergruppe zu erfahren bzw. mehr und unterschiedliche Menschen kennen
zu lernen, verbunden wird, basiert eine instrumentelle Orientierung auf dem
eher praktischen Nutzen des Sprachenlernens (vgl. Gardner & Lambert 1959,
267).
Schlak (2002) versteht unter instrumenteller Motivation, das Bedürfnis
der Lerner, eine Fremdsprache aus pragmatischen Gründen zu lernen.
-Ich lerne Deutsch, weil ich dadurch bessere Jobchancen habe.
-Ich lerne Deutsch, weil ich in Deutschland studieren will (Schlak 2002,
8).
Also ist ein Lerner dann instrumentell motiviert, wenn er sich von dem
Lernen
der
Fremdsprache
einen
Nutzen
verspricht
z.B;
Beruf.
„Die
Fremdsprache wird zu einem Instrument, um einen Ziel zu erreichen. Das
fremdsprachliche Lernen ist dann, zweckorientiert“ (Feuerhake,
Fieseler,
Ohntrup, Riemer 2004, 9).
Im traditionellen Sinn versteht man unter integrativer Motivation den
Wunsch, sich der Zielkultur anzupassen, sich zu integrieren, sich für Land und
Leute zu interessieren.
Ich lerne Deutsch, weil mir das Leben in Deutschland gefällt.
Ich lerne Deutsch, weil ich Deutsche mag und sympathisch finde ( Schlak
2002, 8).
Der
integrativ
motivierte
Lerner
fühlt
sich
von
der
anderen
Sprachgemeinschaft und ihrer Kultur angezogen und kann dies erweitern,
indem er sich sogar als ein Mitglied fühlt. (z.B.; die Türken, die in Deutschland
leben) (vgl. Feuerhake, Fieseler, Ohntrup, Riemer 2004, 9).
60
Das System wurde erweitert von Clément und Kruidenier (1983), die die
instrumentelle Orientierung um drei weitere Kategorien ergänzten: friendship
und knowledge orientation. Eine eindeutig integrative Einstellung sehen
Clément und Kruidenier (1983) hingegen als eher seltenes Phänomen an, das
in multikulturellen Kontexten auftritt (vgl. Clément und Kruidenier 1983, 287;
Kleppin 2001, 221).
2.4.3.1.1. Friendship-orientation
Friendship-orientated bezieht sich auf Motivationsgründe, die auf
freundschaftliche
Beziehungen
bzw.
eine
freundschaftliche
Gesinnung
gegenüber den Sprechern des Zielsprachenlandes hinweisen. Die Sprache wird
hier als Mittel zur Kontaktaufnahme oder -vertiefung benötigt.
-Ich lerne Deutsch, weil ich in Deutschland Freunde finden möchte.
-Ich lerne Deutsch, weil ich deutsche Freunde habe(vgl. Schlak 2002, 8f).
2.4.3.1.2. Knowledge-orientation
Der Faktor knowledge-orientated beinhaltet den Wunsch, aufgrund der
erworbenen Fremdsprachenkenntnisse von anderen akzeptiert oder sogar
bewundert zu werden. Man lernt die Fremdsprache, weil man der Ansicht ist,
dadurch eine gebildetere Person zu sein.
-Ich lerne Deutsch, weil ich durch meine Deutschkenntnisse mehr Anerkennung
bekomme.
- Ich lerne Deutsch, weil gute Deutschkenntnisse zur Allgemeinbildung
gehören(vgl. Schlak 2002, 8f).
In diesem Sinn ist also ein wichtiger Aspekt in Gardners Theorien, dass
beim Sprachenlernen nicht nur das Erlernen von Strukturen und Wortschatz
61
eine Rolle spielen, sondern, vor allem im Hinblick auf die Motivation, der
kulturelle Aspekt mitberücksichtigt werden muss, also die Auseinandersetzung
mit der jeweiligen Sprechergruppe und Kultur (vgl. Gardner & Lambert 1959,
269).
Seit einigen Jahren wird in der Fremd-/Zweitsprachenerwerbsforschung
einem weiteren Motivationskonzept vermehrt Beachtung geschenkt: der
Selbstbestimmung. Die Selbstbestimmungstheorie wurde bereits Mitte der
1980er Jahre in der Kognitionspsychologie entwickelt (self-determination
theory); einer der zentralen Aspekte dieser Theorie ist die Unterscheidung von
intrinsischer und extrinsischer Motivation (Deci & Ryan 1985).
2.4.3.2. Die intrinsische und extrinsische Motivation
Der Terminus intrinsisch wird dabei mit einem Verhalten in Verbindung
gebracht, das auf Interesse an der Sache selbst aufbaut. Der Lerner agiert, weil
er Freude daran hat oder seine Neugier befriedigen will. Extrinsische Motivation
hingegen beinhaltet ein Verhalten, das durch äußere Einflüsse und Ziele
bestimmt ist. Der Lerner strengt sich an, um z. B. gute Noten zu erhalten oder
um Strafe oder Missbilligung zu vermeiden (vgl. Deci 1975; Dörnyei 1998: 121;
Kleppin 2001, 222).
„Intrinsische Motivation liegt
also vor, wenn die Tätigkeit aus Motiven
gezeigt wird, die in unmittelbarer Verbindung mit der Ausführung der Tätigkeit
selbst stehen“(Edelmann 1988,103).
Nach Schlak (2002) besteht dann eine Intrinsische Motivation, wenn
Lernende innerlich den Wunsch haben, die Fremdsprache zu lernen. Das
Lernen bereitet Spaß, der Unterricht weckt das Interesse und die natürliche
Neugier der Lernende.
-Ich lerne Deutsch, weil mir das Deutschlernen Freude bereitet.
-Ich lerne Deutsch, weil es ein Hobby für mich ist (Schlak 2002, 9).
62
Eine allgemein anerkannte These ist, dass intrinsische Motivation eine
intensivere Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand bewirkt und sie
dadurch als die überlegene Form von Motivation angesehen werden kann.
Kommt jedoch eine starke extrinsische Motivierung hinzu, kann diese die
intrinsische Motivation vermindern (vgl. Dörnyei 1998, 122; Deci 1975; Deci &
Ryan 1985, 63). Dies geschieht vor allem dann, wenn der Lerner über ein zu
geringes Maß an Selbstbestimmung gegenüber der zu verrichtenden Aufgabe
verfügt und er die Lösung dieser Aufgabe nicht auf seine eigene Fähigkeit
zurückführt. Bringt ein Lerner jedoch ein hohes Maß an Selbstbestimmung mit,
können auch extrinsische Formen der Motivation (Belohnung) auf Dauer zu
einer intrinsischen Motivation führen(vgl. Kleppin 2001, 222f).
Auch Emotionspsychologie behauptet, „dass ein großer Teil des
Verhaltens, [...] mit intrinsischer Motivation erklärt [werden kann] und sie [ist]
eine Funktion der Emotion Interesse Erregung und deren Interaktionen mit
perzeptiven und kognitiven Prozessen.“ (Izard 1999, 221).
Deci & Ryan (1985) gehen also davon aus, dass intrinsische Motivation
grundsätzlich mit einem hohen Maß an Selbstbestimmung verbunden ist.
Extrinsische Motivationstypen hingegen sind
gar nicht oder nur wenig
selbstbestimmt (vgl. Deci & Ryan 1985, 63).
Edelmann erklärt, dass „die extrinsische Motivation nur dann vorliegt,
wenn (positive) Konsequenzen erwartet werden, die nicht in unmittelbarer
Verbindung mit der Ausführung der Tätigkeit stehen“ (Edelmann 1988,103).
Schlak (2002)
versteht unter extrinsisch motiviertem Verhalten
folgendes: Durch äußere Einflüsse wie Prüfungen oder Notendruck wird der
Lerner zum Lernen motiviert.
-Ich
lerne
Deutsch,
weil
ich
eine
Prüfung
bestehen
will.
-Ich lerne Deutsch, weil ich eine gute Note bekommen will. (Schlak
2002, 9)
63
„Extrinsisch motivierte Fremdsprachenlerner orientieren sich an den von
außen kommenden Reizen oder Belohnungen. Diese können gute Noten oder
ein positives Feedback der Lehrperson, aber auch Erwartungen der anderen
sein “ ( Feuerhake, Fieseler, Ohntrup, Riemer 2004, 9).
Bei der instrinsischen Motivation liegen die motivierenden Faktoren im
Lerner selbst. Es geht um eine Selbstbestimmung (Deci 1975) und das Gefühl
der Kompetenz. „Der Fremdsprachlerner lernt die Sprache, um das gewünschte
Sprachniveau zu erreichen, weil er Spaß am lernen hat und weil der
Fremdspracherwerb eine Herausforderung für
ihn
darstellt. Intellektuelle
Neugierende und Erfolgsaussichten sind für diesen Lerner motivierende
Faktoren.“ (Feuerhake, Fieseler, Ohntrup, Riemer 2004, 9-10). So kann man
sagen, „dass das intrinsische noch effektiver ist als das extrintische “ (Riemer
1997, 27).
Es werden bei der extrinsischen Motivation vier Typen unterschieden:
external, introjected, identified und integrated regulation. Eine external
regulation liegt vor, wenn das Handeln einer Person ausschließlich durch
äußere Anreize bestimmt wird wie z. B. Prüfungen, Anerkennung oder auch
Kosten. Fällt der entsprechende Anreiz weg, fehlt in der Regel auch jeglicher
Ansporn, die Aktivität fortzuführen. Übt eine Person auf sich selbst Druck aus,
indem sie sich zwingt, eine bestimmte Aktivität (z. B. das Lernen einer
Fremdsprache) auszuführen, so spricht man von einer introjected regulation.
Eine stärker selbstbestimmte Form der extrinsischen Motivation ist die identified
regulation. Bei ihr wird der Wert einer Lernaktivität erkannt und zum eigenen
Nutzen erledigt (vgl. auch Noels, Pelletier, Clément, Vallerand 2000, 62). Im
Rahmen einer integrated regulation kann die Motivation letztendlich als Teil der
eigenen Persönlichkeit bzw. Ausdruck eines eigenen Bedürfnisses oder
Interesses (z.B. Reisen) angesehen werden. Es ist die Form der extrinsischen
Motivation, die mit dem stärksten Grad der Selbstbestimmung einhergeht (vgl.
Kleppin 2001, 222ff).
Neben den eher traditionellen Variablen werden auch neuere Aspekte
der Motivationsforschung, wie sie vor allem bei Dörnyei (1994a) beschrieben
64
sind, untersucht. Dazu zählen neben intrinsischer und extrinsischer Motivation
folgende Variablen: self-efficacy (die Selbstwirksamkeitserwartung), interest
(das Interesse , relevance ( die Relevanz):
2.4.3.2.1. Die Selbstwirksamkeitserwartung (Self-Efficacy )
In der Fachliteratur finden sich recht unterschiedliche Definitionen für den
Faktor self-efficacy. Dörnyei (1994a) spricht von einem aufgabenspezifischen
Selbstbewusstsein. Er bezieht self-efficacy auf das individuelle Urteil eines
Lerners über seine/ihre Fähigkeit, eine bestimmte Aufgabe durchzuführen (vgl.
Dörnyei 1994a, 277).
-Ich lerne Deutsch, weil ich deutsche Vokabeln schnell lernen und mir leicht
merken kann.
-Ich lerne Deutsch, weil ich keine Probleme mit der deutschen Aussprache
habe (Schlak 2002, 10).
2.4.3.2.2. Das Interesse (Interest)
In der pädagogischen Psychologie wird Interesse primär unter dem
Gesichtspunkt der emotionalen, motivationalen und kognitiven Beziehungen
einer Person zu Gegenständen des schulischen und akademischen Lernens
(Wissensgegenstände)analysiert (Rost 1998, 286).
Nach Schiefele (1974) ist Interesse „die Gerichtetheit der Person auf die
erkennende Erfassung von Sachverhalten, Zusammenhängen, Situation“
(Schiefele 1974, 251). Interessen „entstehen aus dem Erkundungsverfahren
von früher Kindheit an“ (Schiefele 1974, 257). Als Vornormen des Interesses
nennt
Schiefele „Tätigkeitsstreben (allgemeine Aktivität von Organismen),
Erlebnisdrang, Neugierende“ (Schiefele 1974, 251).
65
Die Intrinsische Motivation wird hier auch als Funktion von InteresseErregung angesehen. Das Interesse zählt nach Dörnyei (1994a, 277f.) zu den
unterrichtsspezifischen Motivationsvariablen. Dörnyei versteht interest als eine
der intrinsischen Motivation ähnliche Variable, die sich auf die natürliche
Neugier jedes Einzelnen, über sich und seine/ihre Umgebung mehr zu erfahren,
bezieht. Hier wird interest allerdings anders definiert und bezieht sich auf den
Unterricht selbst. Je nachdem, ob der Unterricht interessant oder weniger
interessant gestaltet ist, hat dieser möglicherweise positive oder negative
Einfluss auf die Motivation der Lernenden. (vgl. Dörnyei 1994a, 277f; Schlak
2002, 10; Kleppin 2001, 223 ).
-Ich lerne Deutsch, weil wir sehr interessante Themen im Unterricht
besprechen.
-Ich lerne Deutsch, weil der Unterricht selten langweilig ist. (Schlak
2002, 10)
Müller (1995) sieht Motivation und Interesse in diesem Zusammenhang
als,
„zweifellos starke Vorraussetzungen des Sprachenlernens, die einen
langfristigen Lernerfolg garantieren, vor allem, wenn günstige Lernumgebungen
den mühelosen Zugang zur Zielsprache ermöglichen und aufrechterhalten (vgl.
Müller 1995, 23).
2.4.3.2.3. Die Relevanz (Relevance)
Lernende sind vermutlich dann motivierter, wenn sie merken, dass die
Inhalte des Unterrichts für sie persönlich relevant sind (vgl. Dörnyei 1994a,
277).
-Ich lerne Deutsch, weil ich in diesem Kurs viel lerne, was für mich persönlich
wichtig ist.
-Ich lerne Deutsch, weil ich in diesem Sprachkurs alles lerne, was ich für meine
spätere Prüfung brauche(Schlak 2002, 10).
66
Die intensive Beschäftigung mit Motivation beim Fremdsprachenlernen hat
in den letzten Jahren vor allen Dingen eines deutlich gemacht: Motivation ist
kein statischer Zustand, vielmehr handelt es sich bei Motivation um einen
dynamischen Prozess (vgl. Riemer 2004, 376). Laut Pintrich & Schunk (1996)
ist Motivation im Wesentlichen von den individuellen Gedanken und Emotionen
des Lerners, die ihn zum Handeln bewegen, abhängig: “motivation involves
various mental processes that lead to the initiation and maintenance of action“
(Pintrich & Schunk 1996, 4). Das heißt, Motivation beeinflusst nicht nur den
Lernprozess, sondern ist auch für ein längerfristiges “Durchhalten“ des Lerners
verantwortlich. Dies bedeutet auch, dass sich Motivation im Laufe des
Lernprozesses verändern kann.
Es ist deutlich, dass Motivation nicht isoliert betrachtet werden kann,
vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass sie von einer Vielzahl
anderer Faktoren beeinflusst wird. Diese Faktoren sind für Intensität und
Schwankungen der Motivation verantwortlich und sind sowohl im Lerner selbst
als auch in seiner sozialen Umgebung zu suchen. Es ist nahezu unmöglich
Motivation im Zusammenhang mit Fremdsprachenlernprozessen isoliert zu
betrachten. Die Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren ist bei der
Erforschung
des
Motivationskonstrukts
demnach
unumgänglich.
Die
Prozesshaftigkeit von Motivation und ihre Interdependenz zu anderen
motivationalen Einflussfaktoren werden sehr anschaulich in Dörnyei & Ottó
„Process Model of L2 Motivation“19 dargestellt (vgl. Dörnyei & Otto 1998, 48;
Kleppin 2001, 219f).
19
Siehe dazu: Dörnyei, Zoltán & Ottó István. (1998),” Motivation in action: A process model of
L2 motivation,” Working Papers in Applied Linguistics, 4, 43-69.
67
2.4.4. Weitere wichtige Einflussfaktoren und ihre Wechselwirkung mit
Motivation
In diesem Zusammenhang werden diese Lerninterne (im Lerner selbst
veranlagt) und Lernexterne (im sozialen Umfeld des Lerners zu suchen)
Faktoren nach Williams & Burden (1997) und Kleppin (2002, 26ff) so
kategorisiert und kurz erläutert:
2.4.4.1. Lernerinterne Faktoren
Lernerinterne
Faktoren
sind:
Motive,
Emotionen,
Einstellungen,
Lernerziele (Erwartungen des Lerners), Anstrengung und Ausdauer:
•
Motive – Emotionen - Einstellungen
Wie schon erwähnt20 werden Motive werden definiert als relativ konstante
Wertedispositionen im Individuum, die Handlungen in Gang bringen, sie
aufrechterhalten oder sie beenden. Motive sind ohne Situationen, in denen sie
wirksam werden und zu Handlungen führen, nicht denkbar (vgl. Boosch 1983,
22; Heckhausen 1989, 9f). Emotionen können sich positiv auf die Motivation
auswirken, vor allem aber auch Motivation unterbrechen, wie z.B. Angst, im
Unterricht Fehler zu machen. Nach Kleppin (2002, 27) existieren
für die
Faktorengruppe Einstellungen unterschiedliche Klassifikationsmöglichkeiten
wie spezifische Einstellungen zu einer bestimmten Sprache oder zum
Sprachlernen generell, Einstellungen zu Sprechern der Zielkultur oder auch
Einstellungen zum Lehrer bzw. zum Kurs. Zwei Arten von Einstellungen
scheinen die größten Auswirkungen auf den Lernerfolg zu haben: Die
Einstellungen gegenüber der Sprache an sich und allgemeines Interesse am
Fremdsprachenlernen (vgl. Gardner 1985:50; Kleppin 2002, 27).
20
siehe: Abschnitt 4.1. Klärung der Begriffe.
68
•
Lernerziele - Anstrengung und Ausdauer
Ziele wie etwa mit „native speakers“ zu kommunizieren zu können, auf
einer touristischen Reise durchzukommen, soziales Ansehen zu gewinnen oder
den Eltern einen Gefallen zu tun, spiegeln Motive wider. Ziele der Lerner sind
ebenso wie die unterschiedlichen Motive selbst innerhalb einer Lerngruppe
individuell sehr unterschiedlich und verändern sich (vgl. Heuer 1978, 23;
Kleppin 2002, 28). Anstrengung und Ausdauer hängen von anderen Faktoren
ab, nach Milhaljević (1994) möglicherweise besonders stark von der
Lernereinschätzung hinsichtlich der Nützlichkeit des Kursinhalts oder der
Lehrerkompetenz.
2.4.4.2. Lernerexterne Faktoren
Hierunter soll all das gerechnet werden, was nicht dem Lerner selbst
angelegt ist, was Teil seines soziokulturellen Umfelds ist und was mit den
institutionellen Bedingungen des Fremdsprachenunterrichts zusammenhängt.
Die Lernerexternen Faktoren sind: Unterrichtsexterne Faktoren(z.B., Eltern,
Freunde),
Unterrichts-
bzw.
Lernsituation,
Lehr-
und
Lernmaterialien,
Lerngruppe, Lehrer und Lehrerverhalten:
•
Unterrichtsexterne Faktoren
Ein Lerner ist Teil einer bzw. mehrerer sozialer Gruppen. So spielt
anfänglich die Familie eine große Rolle, vor allem die Eltern, die zumindest bei
jüngeren Kindern einen sehr großen Einfluss ausüben und als Vorbild
angesehen werden können. Später sind es oft Freunde und Bekannte, die uns
in unseren Einstellungen und Verhaltensweisen prägen. Letztendlich wachsen
wir in einer Gesellschaft auf, die uns bestimmte Normen, Regeln und
Einstellungen induziert (vgl. Kleppin 2001, 28f).
69
•
Unterrichts- bzw. Lernsituation - Lehr- und Lernmaterialien
In Bezug auf das Fremdsprachenlernen ist zudem das Unterrichtsumfeld
von großer Bedeutung. Für eine optimale Gestaltung der Lernsituation werden
z.B. Neuigkeit, Themenwechsel,
der Einsatz des Computers oder Videos im
Unterricht uns auch motivierende Spiele oder Übungen
genannt (vgl.
Heckhausen 1989:109ff). In Lehrwerkanalysen und auch Schülerbefragungen
wurde
versucht,
inwieweit
von
Lehrwerken
motivierende,
aber
auch
demotivierende Effekte ausgehen können. Nach diesen Analysen wurden viele
Forderungen erfüllt wie z.B. Forderungen nach mehr Authentizität, nach
Aktualität und Anwendbarkeit usw. (vgl. Düwell 1979, 209ff.).
Dörnyei (1994a) sieht neben der Lehrperson auch kursspezifische
Faktoren und die Lerngruppe als wichtige die Motivation der Lerner
beeinflussende Variablen an. In seinem Modell von 1994 fasst er diese
Faktoren unter dem Begriff Learning Situation Level zusammen (Dörnyei
1994a, 276).
In Hinblick auf den Kurs muss die Frage gestellt werden, ob Inhalt und
Form des Unterrichtes das Interesse des Lerners befriedigen und ob das
Gelernte von Relevanz ist. Die Erwartungen, besonders hinsichtlich der
Erfolgswahrscheinlichkeit und die Zufriedenheit des Lerners (ausgelöst durch
externe (Feedback) und interne (Freude, Stolz) Belohnungen) sind ebenfalls
wichtige Komponenten (vgl. Apelt 1981, 75ff.).
•
Lehrer und Lehrerverhalten - Lerngruppe
Wie bereits erwähnt übt besonders die Lehrperson einen großen Einfluss
auf die Motivation des Lerners aus. Dabei spielen nicht nur die fachliche
Kompetenz und der Unterrichtsstil eine Rolle, sondern auch die Persönlichkeit.
Besonders in schulischen Lernkontexten, in denen Schüler oft wenig motiviert
ihre Pflichtsprachkurse “absitzen”, liegt die Motivierung in der Hand der
Lehrperson. Der Faktor 'Lehrperson' beschäftigt die Forschung schon seit
70
längerem und verschiedene Theorien haben sich diesbezüglich entwickelt (z.B.
Autoritätstyp, Affiliative Drive, Lehrermotiv) ( vgl. Dörnyei 1994, 279; Apelt 1981,
75; Reisener 1989,10ff.).
Zu der Lerngruppe äußert
Schiefele (1993), dass sich eine positive
Gruppenatmosphäre wahrscheinlich günstig auf die Motivation auswirkt (vgl.
Schiefele 1993:179f.).Ebenso scheinen auch kooperative Arbeitsformen einen
positiven Effekt auf die Motivation von Lernenden zu haben (vgl. Dörnyei
1994a, 279; Schwerdtfeger 1998, 46f.).
Nach den ausführlichen Erläuterungen im theoretischen Teil wird nun im
empirischen Teil versucht die Beziehung zwischen dem Fremdsprachenverlust
und
dem
Faktor
Motivation
anhand
der
Fragestellungen
und
Datenerhebung konkreter darzustellen bzw. teilweise zu bestätigen.
deren
71
3. EMPIRISCHER TEIL
3.1. Empirische Daten
3.1.1. Fragestellungen
Mit
dieser
Arbeit
wird
versucht,
folgende
Fragestellungen
zu
beantworten:
•
Wie ist die Beziehung zwischen dem Fremdsprachenverlust und dem
Faktor Motivation bei den Studierenden, die
in der Abteilung für
Deutschlehrerausbildung die Vorbereitungsklasse hinter sich haben und
dann nach den Sommerferien mit dem ersten Semester anfangen?
•
Wie war die Beziehung (Verlust-Motivation) bei den 10 Probanden, die,
um weiter studieren zu können, vor dem ersten Semester noch eine
Prüfung für die Durchschnittsnote schreiben mussten?
•
Welche Motivationsvariablen (Unabhängiger Variablen) zeigten sich
bei den
Studierenden der Abteilung für Deutschlehrerausbildung bei
dem Verlust der deutschen Sprache als eine Fremdsprache L3?
•
Welche Bedeutung hatte die L2 (Englisch) bei dem Verlust der L3 war
es eine Hilfe oder eine Hindernis (Interferenz) zur L3?
72
Anhand dieser
dieser
Fragestellungen, die oben angegeben sind, wird in
Untersuchung
mittels
der
Finalprüfungen
und
eines
Motivationsfragebogens offen gelegt, ob der affektive Faktor Motivation wirklich
einen Einfluss beim Fremdsprachenverlust hatte:
Es ist nochmals darauf hinzudeuten, dass das Ziel dieser Arbeit die
Untersuchung der Beziehung zwischen dem Fremdsprachenverlust und dem
affektiven
Faktor Motivation bei den Studierenden
Deutschlehrerausbildung ist. Im Hinblick auf
der Abteilung für
dieses Ziel wurden auch die
folgenden Fragen gestellt:
•
Gibt
es
eine
signifikante
Differenz
zwischen
den
Grammatik
Finalprüfungspunkten und der Wiederholungsprüfungspunkten nach den
Sommerfreien?
•
Gibt
es
eine
signifikante
Differenz
zwischen
den
Textanalyse
Finalprüfungspunkten und der Wiederholungsprüfungspunkten nach den
Sommerfreien?
3.1. 2. Forschungsgruppe
An dieser Forschung nahmen 30 Studierende teil, die an der Abteilung
für Deutschlehrerausbildung der Universität Çukurova (Adana) studieren und
im WS und SS 2004-2005 die Vorbereitungsklasse besucht haben und dann
am Anfang des ersten WS 2005 für Deutschlehrerausbildung standen. 10
dieser Probanden mussten noch vor diesem ersten Semester eine Prüfung
ablegen, weil sie die vorgesehene Durchschnittsnote für die Finalprüfung nicht
erreichen konnten. Deutsch war für diese Probanden eine L3, sozusagen eine
zweite Fremdsprache nach der L2 Englisch, die in der Türkei auch eine
traditionelle erste Fremdsprache ist wie in den meisten Ländern.
73
Seit Jahren äußern die Lehrkräfte dieser Abteilung immer wieder, dass
die Studierenden nach einem intensiven Deutschunterricht (in Grammatik,
Textarbeit,
Textproduktion
und
Mündlicher
Kommunikation)
in
der
Vorbereitungsklasse die deutsche Sprache gut erlernen; aber nach den
Sommerferien kommt es dazu, dass sie fast alles vergessen und so im ersten
Semester der Deutschlehrerausbildung Schwierigkeiten haben.
3.1.3. Messinstrumente
Zu der
Datenerhebung für den
Fremdsprachenverlust wurden die
Finalprüfungen in
Grammatik,Textarbeit und Textproduktion nach den
Sommerferien von
den 30 Probanden kurz vor dem Beginn des neuen
Semesters wieder geschrieben. Die Finalprüfungen, die also als Vor- und
Nachtest bei dieser Untersuchung gesehen werden, wurden mit dem Spss 11.5
Version Statistical Software Package und dessen für diese Untersuchung
geignete T-test berechnet. Der T-test vergleicht die Mittel von zwei Variablen
(Hier Vor-und Nachtest der Finalprüfungen). Er berechnet den Unterschied
zwischen den zwei Variablen für jeden Fall und die Tests, um zu sehen, wenn
der durchschnittliche Unterschied zu null erheblich unterschiedlich ist. Es wurde
auch eine Berechnung mit dem T-test gemacht, um die 10 Probandengruppe,
die wie schon oben angedeutet ist, noch eine Prüfung ablegen mussten und
aus diesem Grund in den Sommerferien sich für diese Prüfung vorbereiteten.
Der T-test, der Unabhängig-Beispielt vergleicht auch die Mittelkerben von zwei
Gruppen auf einer gegebenen Variable.
Es wurde auch eine Wortschatzprüfung entwickelt. Die Wörter wurden
in der Wortschatzprüfung dem Lehrwerk „Delfin“21entnommen, bei der
Erwerbphase der deutschen Sprache in der Vorbereitungsklasse von den
21
Aufderstraße,H.,Müller,J.,Storz,T. (2001), Delfin.Lehrbuch.Lehrwerk für Deutsch als
Fremdsprache, München: Max Hueber Verlag.
74
Lehrkräften verwendet wurde. Bei dieser Prüfung sollten die Lernende 62
Fragen beantworten, um die 62 Wörter zu raten. Vergleichend zu den
klassischen Prüfungen ist diese Prüfung wie ein Kreutzworträtsel vorbereitet
worden. Bei der Auswahl von 62 Wörtern wurde darauf geachtet, dass diese
Wörter beim Erwerb wichtiger waren als die anderen. Dazu hatte das Lehrwerk
eine alphabetische Wortliste bei dem die fettgedruckten Wörter Bestandteile
des „Zertifikat Deutsch“ sind (Aufderstraße,H.,Müller,J.,Storz,T. 2001, 232-254).
54 Wörter sind dieser Art, die nicht zu vergessen waren.
Außerdem wurden diese Wörter auch so ausgesucht, dass in dieser
Prüfung
die Wörter von 20 Lektionen enthalten waren. Um die Last learned-
first forgotten- Hypothese
der Regressionstheorie von Jakobson
zu
untersuchen, wurden bei dieser Wahl aus den letzten Lektionen absichtlich
mehr Wörter ausgesucht und auch diejenigen Wörter, die am meisten in diesem
Lehrbuch vorkommen, ob
die Best
learned- last forgotten- Hypothese im
Bereich Wortschatz eine Stellung hat.
Zur Datenerhebung der Motivation wurde auf Basis der gegenwärtigen
Motivationsforschung ein Motivationsfragebogen
entwickelt. Einige Items
wurden von bestehenden Fragebögen übernommen (vor allem aus Clement
und Kruidenier, 1983; Schmidt/ Boraie/ Kassabgy, 1996)22, andere neu
geschrieben. Der Fragebogen besteht aus drei Teilen. Im ersten Abschnitt wird
erfragt, warum die Forschungsteilnehmer Deutsch lernen. Welche Motive sind
beim erlernen der deutschen Sprache für die Lernenden wichtig? Abschnitt 2
umfasst die Variablen “motivationale Stärke” und “Selbstbewusstsein”, in
Abschnitt 3 werden demographische Angaben erbeten(vgl. Schlak, et al. 2002).
22
Clement, R. & Kruidenier, B.G. (1983). Orientations in second language acquisition: I. the effects of
ethnicity, milieu, and target language on their emergence. Language Learning 33, 274-291.
Schmidt, R., Boraie, D. & Kassabgy, O. (1996). Foreign language motivation: Internal structure and
external connections. In R. L. Oxford. (Hrsg.). (1996). Language learning motivation:
Pathways to the new century (S. 9-70). Honolulu, HI: University of Hawaii Press.
75
3.2. Datenerhebung
Die Datenerhebung fand am Anfang des WS 2005 an der Universität
Cukurova statt. Die Fragebögen wurden nach Absprache mit den Lehrenden
während der Unterrichtszeit verteilt. Den Teilnehmern wurde zunächst eine
kurze Erläuterung zu Hintergrund, Sinn und Zweck des Fragebogens gegeben.
Die Bewertungsskala wurde nochmals eingehend dargestellt, so dass
sichergestellt
werden
konnte,
dass
das
Bewertungssystem von
allen
Teilnehmern verstanden wurde. Während des Ausfüllens des Fragebogens
erwies es sich als sinnvoll, sich in der Nähe der Teilnehmer aufzuhalten, so
dass einige individuelle Fragen und Verständnisprobleme umgehend geklärt
werden konnten. Insgesamt wurde der Fragebogen jedoch augenscheinlich gut
verstanden.
Darüber hinaus fand die Auswertung der
Vor- und Nachtests der
Finalprüfungen, die im Rahmen des Curriculumplanes durchgeführt wurden,
auf schriftlichem Lernen Performanz, d.h. produktionorientiert statt. Denn das
Ablegen mündlicher Prüfungen erwies sich als praktisch unmöglich. Zum einen
aus zeitlichen Gründen, zum anderen hielten die Studenten die mündlichen
Prüfungen für unmöglich, besonders beim Nachtest. Bei dieser Auswertung der
Vor- und Nachtests nahmen verschiedene, erfahrene Lehrkräfte teil.
3.2.1. Analyse der Prüfungen (abhängige Variablen)
•
Grammatikprüfung
Anhand der Fragestellung :
•
Gibt es eine signifikante Differenz zwischen der Grammatik
Finalprüfungspunkten (Vortest- Juni) und
der
Wiederholungsprüfungspunkten (Nachtest- Oktober) nach den
Sommerfreien?
76
Tabelle 1 T- test Ergebnisse: Grammatik Vor- und Nachtest
Grammatik
n
Vortest
Nachtest
Mittelwert
ss
sd
t
p
29
10,36
.000
30
106,23
20,26
30
71,33
16,01
* p< .01 sd =29 t = 10.36 (signifikant)
Die Grammatikprüfung wurde mit dem Paired Samples T-test berechnet
und der Verlust bei dem Bereich Grammatik ist signifikant. [t(29) = 10,36, p <
.01]. Als der Durchschnitt der Prüfungen im Juni vor den Sommerferien M=
106,23 war, kam es bei der Prüfung im Oktober mit M= 71,33 zu einem Verlust,
der Signifikant ist.
Es kam auch heraus, dass die letzten Grammatikthemen bei der Prüfung
im Oktober gar nicht wiedergegeben werden konnten, z.B. Konjunktiv I,
Indirekte Rede. Dies bestätigt die Last learned- first forgotten- Hypothese der
Regressionstheorie von Jakobson(1941) und auch die Studie von Moorcroft &
Gardner (1987, 339) Bahrick (1984a; 1984b), die im theoretischen Teil
ausführlich erläutert sind. Es ist nicht außer Acht zu lassen, dass die 10
Probanden einen geringeren Verlust haben sollten als die anderen Probanden,
weil sie sich, um weiter studieren zu können, unbedingt auf diese Prüfung
vorbereiten mussten. Mit der Berechnung mit dem T- test hat sich zwischen
diesen Gruppen beim Vor -und Nachtest folgendes ergeben:
77
Tabelle 2 T- test Ergebnisse der Gruppen: Grammatik Vor- und Nachtest
Gruppen
n
Vortest
Nachtest
t
Mittelwert
ss
Mittelwert
ss
Gruppe 1
20
111,85
45,59
68,80
15,68
Gruppe 2
10
94,60
24,23
77,05
15,84
2.45 *
* p< 0.05 sd =56 t = 2.45 (signifikant)
Gruppe 1 (N:20) ist, die Gruppe, die keine Prüfung ablegen mussten
und Gruppe 2 (N:10), die vor dem ersten Semester, um weiter studieren zu
können eine Prüfung ablegen mussten. Zwischen dieser Gruppen sieht man
beim Vor und Nachtest
[t= 2,45, p < 0.05] eine signifikante Differenz. Und
der Durchschnitt des Grammatik Vortestes (Juni) vor den Sommerferien ist für
die Gruppe 1 (M: 111,85) und Gruppe 2 (M: 94,60). Auch der Durchschnitt der
Prüfungen im Oktober (Nachtest) nach den Sommerferien ist Gruppe 1 (M:
68,80) und Gruppe 2 (M: 77,05). Hier ist es ganz offen, dass die 2.Gruppe bei
den Sommerferien mit ihrer Wiederholung für die Prüfung besser abgeschnitten
hat, als die 1.Gruppe, die keine Zwangprüfung ablegen mussten.
•
Textarbeit
Anhand der Fragestellung :
•
Gibt
es
eine
signifikante
Differenz
zwischen
den
Textanalyse
Finalprüfungspunkten und der Wiederholungsprüfungspunkten nach den
Sommerfreien?
78
Tabelle 3
T- test Ergebnisse: Textarbeit Vor- und Nachtest
Textarbeit
n
Mittelwert
ss
sd
30
61,06
13,16
30
44,50
9,86
t
p
Vortest
Nachtest
29
8,40
.000
* p< .01 sd =29 t = 8.40 (signifikant)
Die Textarbeitprüfung wurde mit dem Paired Samples T-test berechnet
und der Verlust bei der Bereich Textarbeit ist signifikant. Es ist ein wesentlicher
Verlust zwischen den Prüfungsergebnissen. [t(29) = 8,40, p < .01]. Als der
Durchschnitt der Prüfungen im Juni vor den Sommerferien M= 61,06 war kam
es bei der Prüfung im Oktober mit M= 44,50 zu einem Verlust das Signifikant
ist.
Auch bei dieser Prüfung
kam es dazu, dass die Probanden bei der
Prüfung im Oktober bei den Formulierungen der Sätze Schwierigkeiten hatten.
Auch wegen des Wortschatzverlustes hatten sie auch Verständnisprobleme bei
dem Verstehen des Textes und bei der
Beantwortung der entsprechenden
Fragen und so ließen sie die meisten Fragen unbeantwortet.
Mit der Berechnung mit dem T- test hat sich zwischen diesen Gruppen
beim Vor -und Nachtest folgendes ergeben:
Tabelle 4 T- test Ergebnisse der Gruppen: Textarbeit Vor- und Nachtest
Gruppen
n
Vortest
Nachtest
t
Mittelwert
ss
Mittelwert
ss
Gruppe 1
20
67,25
8,75
46,30
9,19
Gruppe 2
10
49,30
12,87
38,90
8,79
* p> 0.05 sd = 56 t = 1.85 (nicht signifikant)
1.85 *
79
Zwischen dieser Gruppen sieht man beim Vortest
[t = 1.85, p < 0.05]
keine signifikante Differenz. Und der Durchschnitt der Prüfungen im Vortest
(Juni) vor den Sommerferien
ist für die
Gruppe 1 (M: 67,25) und für die
Gruppe 2 (M: 49,30).Die Gruppe 1 erhielt einen Durchschnitt beim Nachtest M:
46,30 und die Gruppe 2 Nachtest M: 38,90. Zwar hat hier die 2.Gruppe nicht
besser abgeschnitten wie die Gruppe 1, aber es ist auch ganz offen, dass die 2.
Gruppe einen geringeren Verlust hat als die 1. Gruppe. (Gruppe 1: Vortest
67,25; Nachtest 46,30 – Gruppe 2: Vortest 49,30; Nachtest 38,90).
•
Wortschatzprüfung
Anhand der Fragestellung :
•
Welche Bedeutung hatte die L2 (Englisch) bei dem Verlust der L3, war
sie eine Hilfe oder ein Hindernis (Interferenz) für L3?
Bei der Wortschatzprüfung kam es zu einem ein wesentlichen Einfluss des
Englischen L2 auf die L3 Deutsch. Im Zusammenhang der Interferenztheorie
von Baddeley (1986:66f) sieht man, dass die ältere L2 (Englisch) die danach
gelernte L3 (Deutsch) negativ beeinflusste. Wie schon beim theoretischen Teil
dieser Arbeit erwähnt, wird dieser Zustand nach Baddeleys Theorie als eine
proaktive Interferenz bezeichnet, z.B.:
Frage 8: Was ist das Gegenteil von „still“? anstatt „laut“ Interferenz durch „loud“.
Frage 45: Wer nicht „schwach“ ist? anstatt „kräftig“ Interferenz durch „strong“.
Frage 60: Das Organ mit dem wir hören? Anstatt „Ohr“ Interferenz durch „ear“ .
80
Im Zusammenhang mit den Untersuchungen von Moorcroft & Gardner
(1987) und Bachrick (1984) ist auch hier bestätigt, dass es
schon nach 3
Monaten (Sommerferien) der Nichtverwendung zu einem Wortschatzverlust
kommt. Der Durchschnitt der 30 Probanden ist der Durchschnitt von 62 Fragen
33,13.
Es gab also einen wesentlichen Fremdsprachenverlust aber auch wie schon
erwähnt eine Interferenz. Die
Last learned- first forgotten- Hypothese
der
Regressionstheorie von Jakobson fand auch hier dadurch eine Bestätigung,
dass die Wörter von den letzten Kapiteln noch mehr vergessen wurden, obwohl
sie später gelernt wurden z.B. Lektion 18-19: die Wörter: Jahreszeit,
wiederholen, neugierig, fremd usw. wurden gar nicht beantwortet oder durch
Interferenz falsch beantwortet. Die Best learned- last forgotten- Hypothese
fand dadurch eine Bestätigung, dass die Probanden die Wörter der ersten 5
Lektionen ohne Fehler beantwortet haben. Dies kann davon abhängen, dass
diese Wörter immer wieder im Unterricht wiederholt wurden und sich auf diese
Weise im Gedächtnis der Probanden verstärkt hatten. Die Wörter der letzten
Lektionen dagegen konnten im Unterricht leider nicht so viel verstärkt werden
wie die ersten Lektionen
und gerieten in Vergessenheit oder verursachen
Interferenzfehler.
•
Textproduktion
Bei der Prüfung Textproduktion war die Aufgabe, eine Antwort an einen
Brieffreund zu schreiben. Bei dieser Prüfung sah man ganz konkret den
Wortschatzverlust, im vergleich zu der Prüfung im Oktober die Sätze kürzer
waren und Interferenzen von der L2 (Englisch) zustande kamen. Bei den
Formulierungen der Sätze sah man auch einen wesentlichen Verlust bei der
Grammatik. Einige Fehler von den Probanden sind:
81
•
Textproduktion Juni:
Proband 1: Ich habe mich über deinen Brief sehr gefreut.
Proband 6: Es ist sehr interessant[…]
Proband 15: Ich habe deinen Brief bekommen.
Proband 16: Vergiss bitte nicht, dass ich gern Sciencefiction lese!
•
Textproduktion Oktober:
Proband 1: I habe […] über dein Brief sehr gefreut(Interferenz von der L2 und
Grammatik).
Proband 6: Es ist sehr interesting[…] (Interferenz von der L2).
Proband 15: Ich habe dein Brief genohmen (Grammatik).
Proband 16: Du nicht vergesst, dass ich gern Sciencefiction lese!(Grammatik).
3.2.2. Motivation (unabhängige Variablen)
•
Welche Motivationsvariablen (unabhängige Variablen) zeigten sich bei
den
Studierenden der Abteilung für Deutschlehrerausbildung bei dem
Verlust der deutschen Sprache als eine Fremdsprache L3?
•
Die Motivationsvariablen
Es wurden als mögliche 9 Motivationsvariablen, die auch
in der
Motivationsliteratur diskutiert werden, thematisiert und mit 50 Items auf einer 5stufigen Likert -Skala (1= starke Zustimmung, 5= starke Ablehnung) abgefragt.
Bei der Auswahl der Variablen wurde darauf geachtet, sowohl
'traditionelle', aus der Motivationsforschung bekannte Variablen zu integrieren,
als auch neuere, noch kaum erforschte mit einzubringen. Die schon im
theoretischen Teil erwähnten und bearbeiteten Motivationsvariablen werden im
82
Folgenden nochmals kurz beschrieben und anhand von
Beispiel Items aus
dem Fragebogen dieser Untersuchung veranschaulicht:
Mittelwerte und Standardabweichungen wurden für alle Items berechnet.
In Tabelle 5 sind die 50 Items des Fragebogens aufgeführt. Tabelle 6
beschreibt die durchschnittliche Zustimmung zu den 9 untersuchten Variablen.
Tabelle 7 zeigt die Mittelwerte der 9 Variablen mit der Klassifizierung der Items
zu den Variablen.
83
Tabelle 5 Mittelwerte des Motivationsfragebogens
Items des
Fragebogens
Item1
Item 2
Item 3
Item 4
Item 5
Item 6
Item 7
Item 8
Item 9
Item 10
Item 11
Item 12
Item 13
Item 14
Item 15
Item 16
Item 17
Item 18
Item 19
Item 20
Item 21
Item 22
Item 23
Item 24
Item 25
Item 26
Item 27
Item 28
Item 29
Item 30
Item 31
Item 32
Item 33
Item 34
Item 35
Item 36
Item 37
Item 38
Item 39
Item 40
Item 41
Item 42
Item 43
Item 44
Item 45
Item 46
Item 47
Item 48
Item 49
Item 50
N
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
30
Minimum Maximum
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
4,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
1,00
5,00
Mean
3,1000
2,4000
2,9333
2,3000
3,1000
2,6333
4,0000
2,5667
3,3333
2,3667
2,8667
3,6333
1,8333
2,1333
2,4333
2,5000
2,3000
2,5667
2,2333
2,5667
2,2000
2,7333
2,1667
2,2000
2,5667
2,6000
2,4667
2,5000
2,1667
3,4667
2,2333
2,4667
2,4000
3,1667
2,6667
3,4667
2,3667
2,8333
3,3333
2,9000
3,5667
3,1000
3,2667
2,8667
2,9667
3,6000
3,6667
3,1667
2,9333
2,6667
Std.Deviatio
n
1,42272
,96847
1,22990
1,20773
1,15520
1,24522
1,20344
1,19434
,99424
1,40156
1,16658
1,06620
1,36668
1,10589
1,19434
1,00858
1,08755
1,25075
1,35655
1,45468
1,29721
1,41259
1,26173
,88668
1,50134
1,35443
1,19578
1,07479
1,11675
1,19578
1,40647
1,16658
1,13259
1,05318
1,21296
1,16658
1,03335
1,31525
1,18419
1,32222
1,00630
1,42272
1,20153
1,13664
1,06620
1,24845
1,24106
1,31525
1,08066
1,24106
84
Das Item 7 (M: 4,00; SD: 1,20) erhielt die höchste Zustimmung und
Item 13 (M: 1,83; SD: 1,36) die niedrigste:
Item 7:Ich lerne Deutsch, weil ich deutsche Freunde habe (friendshiporientated).
Item 13: Ich lerne Deutsch, weil ich ein\ eine gute\ r Deutschlehrer/in werden
möchte (intrinsisch).
Tabelle 6 Mittelwerte der 9 Motivationsvariablen
Variablen
Instrumentell
Extrinsisch
Friendship
Intrinsisch
Integrativ
Interest
Knowledge
Relevance
Self-efficacy
n
30
30
30
30
30
30
30
30
30
Minimum Maximum Mittewert
2,6524
1,00
4,14
2,5889
1,17
4,33
3,4333
1,40
5,00
2,5867
1,40
4,80
2,9600
1,40
5,00
2,9933
2,20
3,60
2,6867
1,00
4,40
2,5133
1,40
4,80
2,6476
1,43
4,43
Std. Abw.
,62291
,76028
,75399
,70649
,72092
,38050
,85126
,69019
,62859
Tabelle 7 Reihenfolge der Mittelwerte der 9 Motivationsvariablen
und die beteiligten Items des Fragebogens
Variablen
1. Friendship
2. Interest
3. Integrativ
4. Knowledge
5. Instrumentell
6. Self-efficacy
7. Extrinsisch
8. Intrinsisch
9. Relevance
Mittelwert
3.43
2.99
2.96
2.68
2.65
2.64
2.58
2.58
2.51
Items
3,7,34,36,46
5,9,28,32,41
11,16,40,44,47
2,12,19,31,49
6,10,15,22,27,38,42
18,26,29,30,33,35,50
1,14,20,24,25,45
4,13,37,43,48
8,17,21,23,39
85
Bezugnehmend auf Clement und Kruidenier (1983) unterscheidet Dörnyei
(1994a,
274f.)
friendship-,
und
knowledge-Orientierungen
von
einer
allgemeinen integrativen Orientierung.
Neben den eher traditionellen Variablen werden auch neuere Aspekte
der Motivationsforschung, wie sie vor allem bei Dörnyei (1994a) beschrieben
sind, untersucht. Dazu zählen neben intrinsischer und extrinsischer Motivation
folgende
Variablen:
self-efficacy
(Selbstwirksamkeitserwartung),
interest,
relevance.
Die Ergebnisse der Motivationsvariablen anhand der Zustimmungen der
Probanden kamen so heraus, die sich aus in den Tabellen 6 und 7
veranschaulichen lässt:
•
Die
höchste
durchschnittliche
Zustimmung
erreicht
die
Variable
Friendship-orientation (Item 3,7,34,36,46; M: 3,43; SD: 0, 75). Dies ist
etwas überraschend, dass die Studierenden deutsche Freunde hatten,
aber es kann sein, dass sie so einen Wunsch haben.
Friendship-orientated
freundschaftliche
bezog
Beziehungen
sich auf
bzw.
eine
Motivationsgründe, die
freundschaftliche
auf
Gesinnung
gegenüber den Sprechern des Zielsprachenlandes hinweisen. Die Sprache wird
hier als Mittel zur Kontaktaufnahme oder -vertiefung benötigt:
- Ich lerne Deutsch, weil ich in deutsche Freunde finden möchte (Item 3).
- Ich lerne Deutsch, weil ich deutsche Freunde habe (Item 7).
•
Ebenfalls von großer Bedeutung für die Probanden ist das Interesse an
der deutschen Sprache (Item 5,9,28,32,41;
M: 2,99; SD: 0,38). Je
nachdem, ob der Unterricht interessant oder weniger interessant
gestaltet ist, hat dieser möglicherweise positive oder negative Einfluss
auf die Motivation der Lernenden.
86
-Ich lerne Deutsch, weil wir sehr interessante Themen im Unterricht besprechen
(Item:5).
- Ich lerne Deutsch, weil der Unterricht selten langweilig ist (Item: 9).
•
Die Variable Integrative Motivation stellt sich durchscnittlich besser
heraus als die anderen Variablen. Die Probanden, die in der Zukunft
diese Sprache auch lehren werden, haben schon den Wunsch, sich in
die
deutsche
Kultur
und
deren
Sprache
zu
integrieren.
(Item
11,16,40,44,47 ; M: 2,96; SD: 0,72).
Im traditionellen Sinn versteht man unter integrativer Motivation den
Wunsch, sich der Zielkultur anzupassen, sich zu integrieren, sich für Land und
Leute zu interessieren.
-Ich lerne Deutsch, weil mich die deutsche Kultur und Sprache
interessieren (Item 11).
-Ich lerne Deutsch, weil ich über die deutsche Sprache und dessen
Kultur mehr erfahren möchte (Item 16).
•
Einer der Variablen, bei der die Probanden wie erwartet gut
abgeschnitten haben, ist die Knowledge (Item 2,12,19,31,49 ; M: 2,68;
SD: 0,85). Es ist schon ganz normal, dass diese Probanden anhand
dieser
Fremdprache
andere Blickwinkel bekommen und so ihre
Lebensqualität erhöhen.
Der Faktor knowledge-orientated beinhaltete den Wunsch, aufgrund der
erworbenen Fremdsprachenkenntnisse von anderen akzeptiert oder sogar
bewundert zu werden. Man lernt die Fremdsprache, weil man der Ansicht ist,
dadurch eine gebildetere Person zu sein.
-Ich lerne Deutsch, weil ich durch meine Deutschkenntnisse mehr Anerkennung
bekomme(Item12).
- Ich lerne Deutsch, weil ich so das Leben aus verschiedenen Perspektiven
sehen kann (Item 19).
87
•
Die Variable Instrumentell erhielt eine recht niedrigere Zustimmung als
erwartet , obwohl die Probanden die deutsche Sprache später für ihren
Beruf brauchen (Item 6,10,15,22,27,38,42 ; M: 2,65; SD: 0,62).
Unter instrumenteller Motivation verstehen wir das Bedürfnis der
Lernenden, eine Fremdsprache aus pragmatischen Gründen zu lernen:
-Ich lerne Deutsch, weil ich dadurch bessere Jobchancen habe (Item 6).
-Ich lerne Deutsch, weil ich eine gut bezahlte Arbeit haben will (Item 15).
•
Eine
weitere
Motivationsvariablen
ist
die
self-efficacy
(Selbstwirksamkeitserwartung), die auch niedrig herauskam (Item
18,26,29,30,33,35,50;
M: 2,64; SD: 0,62). Die Probanden mussten
zum ersten Mal an einem ganz intensiven Deutschunterricht teilnehmen,
so dass sie nach der Vorbereitungklasse ohne Sprachprobleme mit ihrer
Ausbildung anfangen konnten. Aber diese intensive Prozess hat diese
Probanden keinen guten Blick über sich selbst gegeben. Es könnte sein,
dass sie sich mit dieser neuen Fermdspache überfordert fühlten.
Self-efficacy bezog sich auf das individuelle Urteil eines Lerners über
seine/ihre Fähigkeit, eine bestimmte Aufgabe durchzuführen.
-Ich lerne Deutsch, weil ich deutsche Vokabeln schnell lernen und mir leicht
merken kann (Item26).
- Ich lerne Deutsch, weil ich keine Probleme mit der deutschen Aussprache
habe (Item 33).
•
Unter extrinsisch motiviertem Verhalten verstehen wir Folgendes: Durch
äußere Einflüsse wie Prüfungen oder Notendruck wird der Lerner zum
Lernen motiviert. Die Variable Extrinsisch hatte auch eine niedrige
Zustimmung gegebüber den anderen Variablen (Item 1,14,20,24,25,45 ;
M: 2,58; SD: 0,76). Obwohl 10 der Probanden vor dem ersten Semester
noch eine Prüfung bestehen mussten, hatte diese Variable auch bei
diesen Probanden keinen hohen Wert erlangt.
88
-Ich lerne Deutsch, weil ich eine Prüfung bestehen muss (Item 1).
- Ich lerne Deutsch, weil ich mit einer
guten Durchschnittsnote
absolvieren möchte (Item 14).
•
Die zweitgeringste Zustimmung weist die Variable Intrinsisch auf. (Item
4,13,37,43,48; M: 2,58; SD: 0,70).
Obwohl diese Variable
in der Motivationsforschung als eine sehr
wichtige Variable beim Erlernen einer
Fremdsprache gilt, kam es hier zu
einem recht niedrigem Einfluss bei den Probanden.
Intrinsische Motivation bestand nur dann, wenn Lernende innerlich den
Wunsch haben, die Fremdsprache zu lernen.
-Ich lerne Deutsch, weil mir das Deutschlernen Freude bereitet (Item 4).
-Ich lerne Deutsch, weil es für mich ein Vergnügen ist Deutsch zu lernen
(Item 37).
•
Die geringste Zustimmung bekam die Variable Relevance (Item
8,17,21,23,39 ; M: 2,51; SD: 0,69). Diese Variable zeigt , dass diese
Probanden mit dem Unterricht und dessen Inhalt Probleme hatten. Also
konnte die Relevanz der Fremdsprache die Probanden nicht motivieren.
Lernende sind vermutlich dann motivierter, wenn sie merken, dass die
Inhalte des Unterrichts für sie persönlich relevant sind. (vgl. Dörnyei 1994a:
277)
-Ich lerne Deutsch, weil ich in diesem Kurs viel lerne, was für mich persönlich
wichtig ist.
(Item17).
- Ich lerne Deutsch, weil ich in diesem Sprachkurs alles lerne, was ich für
meine spätere Prüfung brauche (Item 39).
89
Nach den Erläuterungen anhand der empirischen Daten der Abhängigen
und unabhängigen Variablen wird nun versucht, die zentrale Fragestellung
dieser Arbeit anhand von Beispielen aus der Empirie zu beantworten. Die
Fragestellung dieser Arbeit war:
•
Wie ist die Beziehung zwischen dem Fremdsprachenverlust und dem
Faktor Motivation bei den Studierenden, die
in der Abteilung für
Deutschlehrerausbildung die Vorbereitungsklasse hinter sich haben und
dann nach den Sommerferien mit dem ersten Semester anfingen?
Und auch in diesem Zusammenhang;
•
Wie war die Beziehung (Verlust-Motivation) bei den 10 Probanden, die
noch, um weiter studieren zu können, vor dem ersten Semester eine
Prüfung für die Durchschnittsnote schreiben mussten?
Es
kam
heraus,
dass
es
eine
Beziehung
zwischen
dem
Fremdsprachenverlust und dem Faktor Motivation existiert. Diese Existenz sah
man bei den Studierenden (10 Probanden),die noch, um weiter zu studieren
können,
vor dem ersten Semester eine Prüfung für die Durchschnittsnote
schreiben mussten, ganz klar; sie bekamen bessere Noten im Oktober. So kann
man sagen, dass der Grund dafür ihr Motivationsniveau war. Die Probanden,
die eher eine niedrige Motivation hatten, konnten nicht gut bei den Prüfungen
im Oktober abschneiden und es kam zu einem wesentlichen Verlust.
Um dieses Resultat besser zu veranschaulichen, werden nun manche
empirische Beispiele der Arbeit gegeben, die aus den abhängigen und auch
unabhängigen Variablen anhand dieser Berechnungen mancher Probanden
erläutert werden sollen. Es wird auch mit der Differenzierung aus den
10
Probanden(mit **) anhand der Fragestellung, die oben mit dem Zusammenhang
der zentralen Fragestellung zu beantworten ist.
90
Bei der Probandin 2 kam z.B. die Motivation
M:2,30 heraus und ihre;
Grammatikprüfung: Juni M: 106,50- Oktober M:64,00; Textarbeit: Juni M: 54,00Oktober: M:46,00 sahen so aus. Die niedrige Motivation bei der Unterbrechung
(Sommerferien) führte im Oktober zu einem Verlust bei der Fremdsprache,
besonders bei der Grammatik.
Bei der Probandin 10 kam z.B. die Motivation
Mean:2,36 heraus und
ihre; Grammatikprüfung: Juni M: 111,00- Oktober M:69,00; Textarbeit: Juni M:
70,00- Oktober: M:49,00 sahen so aus. Die niedrige Motivation bei der
Unterbrechung (Sommerferien) führte bei ihr auch im Oktober zu einem Verlust
bei der Fremdsprache, besonders bei den zwei Bereichen Grammatik und
Textarbeit.
Bei der Probandin 30 kam eine erstaunliche hohe Motivation heraus,
Mean:4,20 heraus, die
ihre; Grammatikprüfung: Juni M: 124,50- Oktober
M:128,00; Textarbeit: Juni M: 71,00- Oktober: M:78,00 und so die hohe
Motivation positiv beeinflusst hatte. Obwohl diese Studentin nicht zu den 10
Probanden gehörte, hat sie in den zwei Prüfungen hohe Punkte bekommen und
bestätigt so Cohens (1975) Ergebnisse, dass es zu Lernfortschritte kommen
kann, was Cohen als „residual learning“ nennt und meint, dass eine Pause im
Lernprozess einen positiven Effekt haben kann und „some sort of unlearning of
incorrect patterns“ (vgl. Cohen 1975,137) bewirkt.
Die nun als Beispiel gezeigten Probanden mussten in den Ferien schon mit
der Fremdsprache in Beziehung bleiben, weil sie vor dem ersten Semester eine
Prüfung schreiben mussten, um weiter zu studieren:
Die **Probandin 17 hatte eine ganz hohe Motivation Mean:4,20 und
ihre; Grammatikprüfung: Juni M: 60,00- Oktober M:81,50; Textarbeit: Juni M:
24,00- Oktober: M:48,00 sahen so aus. Die hohe Motivation bei der
Unterbrechung (Sommerferien) führte im Oktober bei dieser Probandin zu
einem „residual learning“ bei der Fremdsprache. Bei dieser Probandin sieht
man ganz klar, wie wichtig die Motivation für einen Fremdsprachenlerner ist.
91
Bei manchen Probanden sah man eine mittlere Motivation **Proband 8
Mean: 2,94; **Proband 12: Mean: 2,62; **Proband 1: Mean 2,50, dass es zu
einem geringen Verlust kam und die Prüfungspunkte von Juni- Oktober waren
sehr nah zu einander. Diese sahen so aus:
**Proband 8: Grammatikprüfung: Juni M: 45,00- Oktober M:43,00; Textarbeit:
Juni M: 68,00- Oktober: M:62,00.
**Proband 12: Grammatikprüfung: Juni M: 121,00- Oktober M:112,00;
Textarbeit: Juni M: 44,00- Oktober: M:43,00.
**Proband 1: Grammatikprüfung: Juni M: 100,00- Oktober M:98,00; Textarbeit:
Juni M: 64,00- Oktober: M:58,00.
Nach diesen Resultaten wird ganz klar, dass der Fremdsprachenverlust
und der Faktor Motivation
Zusammenfassend
gesagt:
sich gegenseitig sehr stark beeinflussen.
Ist
die
Motivation
hoch,
so
ist
der
Fremdsprachenverlust geringer; umgekehrt führt das Lernen der Zielsprache
mit weniger Motivation zu einem wesentlichem Verlust.
92
4. SCHLUSSFOLGERUNG
Der Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Frage nach der Beziehung
zwischen dem Fremdsprachenverlust und dem affektiven Faktor Motivation.
Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Motivation eine wesentliche Rolle
beim
Verlust
der
Fremdsprachenkenntnisse
(Sommerferien) gespielt hat. Bei den
in
der
Inkubationsphase
Probanden, die sich auch nur mit einer
einzigen Variable der Motivation entgegensetzten, sozusagen eine höhere
Motivation hatten, kam es zu einem eher geringen Fremdsprachenverlust, aber
bei denjenigen, die
eine geringe Motivation zu dieser Zeit hatten, zeigten
einen höheren Verlust. So lässt sich sagen, dass die Motivation den
Verlustprozess, aber auch das Erlernen einer Fremdsprache sehr stark
beeinflussen kann.
Motivierte Lerner sind dann diejenigen, bei denen es zu einem geringen
Verlust kommt. So ist es ganz offen, dass man der Motivation im Unterricht eine
wichtige Bedeutung schenken muss. Die Motivation des Lernenden ist
mit
seinen Emotionen in einer engen Beziehung und die Emotionen des Menschen
sind eng mit dem Gedächtnis verknüpft. Hier sind zwei Dimensionen zu
berücksichtigen: Zum einen die Motivierung der Lernenden und zum anderen
die Strategien zur Verhinderung des Vergessens einer Fremdsprache. So
sollten die geeigneten Techniken in den Lehrprozess in den Unterricht integriert
und auch den
Lernenden beigebracht werden;
autonomes Lernen23 soll
gefördert werden, so dass sie individuell in der Inkubationsphase wissen, was
sie machen sollten, um nicht zu einem Verlust ihrer Fremdsprache zu kommen.
Mit einer solchen Orientierung trägt der Lernende zu seiner Fremdsprache und
Verantwortung bei.
23
Autonomes Lernen einer Fremdsprache bedeutet, dass Sie als Lernender entscheiden, was
Sie lernen wollen und wie Sie es lernen wollen und nicht ein Lehrer. Man lernt dann effektiv,
wenn man eigenverantwortlich arbeitet und wenn man das Neue, mit dem man konfrontiert
wird,
mit
bereits
vorhandenem
Wissen
verbinden
kann
(www.slf.ruhrunibochum.de/tandem/sk/deu/einleitung/autonom.htm).
93
Um die
Gedächtnisleistung in dem Fremdsprachenerlernen
zu
verstärken und so den Verlust so weit wie möglich zu verhindern, gibt es
mehrere Methoden, die angewendet werden können. Es sollten neuere, die auf
die
Fremdsprachendidaktik
übertragene
gedächtnispsychologische
Erkenntnisse wie Suggestopädie, Mnemotechniken und Superlearning sowie
neurolinguistische Programmieren (NLP) angewendet werden. Einer von
diesen Ansätzen ist z.B. der in der Fremdsprachendidaktik diskutierte
suggestopädische Ansatz.
Die positiven Einstellungen beeinflussen den Lernprozess so, dass sie
dann einen scheinbaren Effekt auch auf den Vergessensprozess haben. Eine
hohe Motivation fördert eine höhere Lernbereitschaft und eine noch intensive
Anwendung der Fremdsprache. Also führt eine positive Einstellung zu einem
garantierten Fremdspracherlernen und die negative Einstellung dagegen zu
einem Fremdsprachverlust. Hier muss die Lehrkraft die Motivation der
Lernenden berücksichtigen und mit geeigneten Motivationstechniken den
Unterricht durchführen.
Die Motivation hat den
Einfluss auf die Informationsspeicherung
und
Gedächtnisbildung als ein Zusammenwirken von Kognition und Motivation. Es
lässt sich sagen: „So wie es keinen emotionalen Zustand frei von kognitiven
Elementen gibt, so gibt es auch keine Informationsverarbeitung ohne
emotionale Aspekte“ (Edelmann 1988:99). So sollte man nicht nur für die
Inkubationsphase
etwas machen, sondern gleich in der Erwerbsphase das
Wissen befestigen, so dass, wie Neisser (1984:33) es erklärte, kann eine
kritische Stufe
beim Fremdsprachlernen erreicht werden muss, damit
Informationen länger gegen das Vergessen bzw. Verlust halten können.
Normalerweise ist die Motivation zu Beginn des fremdsprachlichen
Lernprozesses meist sehr hoch, kann dann aber nicht über eine sehr
lange Zeit aufrecht erhalten bleiben, Daher ist es für den Lerner
notwendig, sich Nahziele zu setzen. Motivation beeinflusst nicht nur den
Lernprozess, sondern ist auch für ein längerfristiges “Durchhalten“ des
94
Lerners
verantwortlich.
Es
ist
nahezu
unmöglich,
Motivation
im
Zusammenhang mit Fremdsprachenlernprozessen isoliert zu betrachten.
Anstrengung und Ausdauer
hängen von anderen Faktoren ab,
möglicherweise besonders stark von der Lernereinschätzung hinsichtlich der
Nützlichkeit des Kursinhalts oder der Lehrerkompetenz.
Beim
Bedeutung.
Fremdsprachenlernen ist das Unterrichtsumfeld von großer
Der
Lehrende
Lernsituation bestreben,
sollte
man
eine
optimale
Gestaltung
der
z.B. Neuigkeit, Themenwechsel, Einsatz des
Computers oder Videos im Unterricht und auch motivierende Spiele oder
Übungen.
Wie bereits erwähnt übt besonders die Lehrperson einen großen Einfluss
auf die Motivation des Lerners aus. Dabei spielen nicht nur die fachliche
Kompetenz und der Unterrichtsstil eine Rolle, sondern auch die Persönlichkeit.
Eine positive Gruppenatmosphäre kann eine günstige Auswirkung auf
die Motivation haben. Ebenso scheinen auch kooperative Arbeitsformen einen
positiven Effekt auf die Motivation von Lernenden zu haben.
Wie schon in der Einleitung erläutert ist das Wissen flüchtig; wenn es
nicht eine längere Zeit aktiviert wird, verändert es seine Gestalt oder gerät in
Vergessenheit (vgl. Müller 1995). Darüber muss sich die Lehrkraft Gedanken
machen, wie die Fremdsprache in der Inkubationsphase aktiviert bleiben kann,
so dass sie nicht dann beim Weiterlernen einen geringen Verlust haben. So
kann die Lehrkraft beim Anfang einer neuen Erwerbsphase neue Themen auf
die immer noch existierende Fremdsprache aufbauen.
Es fehlt weitgehend in der Wissenschaft über die Entwicklung von
Fremdsprachenkenntnissen nachdem der letzte Fremdsprachenunterricht
längst abgeschlossen ist. Obwohl das Ziel immer eine „Langzeitwirkung“ ist,
findet das Phänomen Fremdsprachenvergessen kaum einen umfangreichen
Platz.
So
muss
die
Lehrkraft
immer
die
Langzeitwirkung
Fremdsprachenkenntnisse als ein wichtiges Phänomen erzielen.
der
95
Der Fremdsprachenverlust ist mit vielen Forschungsgebieten eng
verbunden, z.B. mit der kognitive Psychologie, die erforscht, wie der Lernende
ein fremdsprachliches Material in seinem Gedächtnis verarbeitet und auch wie
er dann den sprachlichen Input speichern sollte, so dass möglichst viel davon
wieder verwendbar ist. Aber in der realen Anwendung hat es die Lehrkraft mit
Menschen zu tun, die individuelle Emotionen, Einstellungen und
Motive
gegenüber der Zielsprache haben.
Die Spurenszerfalltheorie besagt, dass je
mehr Zeit insgesamt
verstreicht, desto mehr Wiederholungen nötig sind. Die Erinnerung nimmt also
ab und es wird mit größerem Zeitabstand mehr vergessen. Die lernende sollten
zu einer effektiven Wiederholung immer orientiert werden.
Die Interferenztheorie gehe davon aus, dass das Vergessen als Folge
von Überlagerung
durch anderes, vergangenes oder zukünftiges Wissen
entsteht. Bei der Untersuchungsgruppe dieser Arbeit kam die L2 Englisch mit
ihrer Ähnlichkeit zu der L3 Deutsch als eine Interferenzursachen vor, im
Wortschatz Bereich. Die Lehrkraft sollte diese
Ähnlichkeit zwischen der L2
und L3 nicht außer acht lassen und die Lernenden
machen, dass sie bei
darauf aufmerksam
manchen Wörtern im Englischen und im Deutschen
vorsichtig sein sollen , weil sie ganz ähnlich aussehen: die so genannten
„falschen Freunde“ z. B. (das Gift- gift; die Mappe- map).
Bei der
Informationsverarbeitung erfolgt, je besser die Informationen
innerhalb bestehender Kategorien analysiert und dort eingeordnet werden,
desto besser ist die Gedächtnisleistung der Lernenden. Die Lehrkraft sollte
berücksichtigen, dass die Informationen in verschiedenen Zusammenhängen
eingeordnet werden. Es ist zumindest immer sinnvoll, neue Informationen an
bereits vorhandenes Wissen anzuknüpfen, um dieses neu zukommende
Wissen wieder abrufen zu können.
96
Es
gibt
verschiedene
Möglichkeiten,
im
Gedächtnis
gespeicherte
Informationen abzurufen. Diese Möglichkeiten des Abrufens von Informationen
sind: Rekognition (Wiedererkennen), Freie Wiedergabe, Wiedererlernen,
Redintegration
(früher:
Reintegration),
Rekonstruktion,
Konfabulation,
Zustands- oder Kontextabhängige Wiedergabe.
Für
die
Überführung
von
neuen
Gedächtnisinhalten
ins
Langzeitgedächtnis und das Bewahren von Informationen ist Üben unerlässlich,
das bewusste Abrufen und Zirkulieren von Informationen im Arbeitsgedächtnis.
Die Verankerung im Gedächtnis nimmt einerseits mit der Relevanz und der
Anzahl der Assoziationen, andererseits auch mit der emotionalen Bedeutung
zu.
Nach der
Retrieval-Failure-Theorie
speichert das Gedächtnis die
Informationen auf verschiedenen Kategorieebenen. Vergessen ist demnach die
Unfähigkeit, eine einmal abgespeicherte Information wiederaufzufinden Die
Informationen sind nicht ausgelöscht, sondern der Zugang zu diesen
Informationen ist versperrt oder blockiert. Die Informationen waren also nicht
ausgelöst, sondern die Zugangswege waren gesperrt. Die Lehrkraft soll hier
nach Strategien suchen, um der Reaktivierung des einmal erlernten Stoffes
einen Zugangsweg zu öffnen, so dass die Informationen wieder aufgefunden
werden können.
Um diesen Verarbeitungsstatus im Gedächtnis zu erlangen, spielt auch die
Bedeutung des zu lernenden sprachlichen Materials für den Lerner eine Rolle.
Die Gestaltung des Unterrichts sollte bedeutungsvoll sein, damit die Lernenden
dem Lernstoff eine große Aufmerksamkeit schenken und so die gelehrten
Elemente länger behalten werden.
In Bezug auf die Rolle des sprachlichen Ausgangsniveaus, kann man
sagen, dass auf jeden Fall im Fremdsprachenunterricht ein hohes Niveau zu
erreichen ist, denn je höher der erreichte fremdsprachliche Ausgangslevel ist,
desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Behaltens auch nach einer langen
Zeit der Nichtverwendung.
97
Es ist schon klar, dass die emotionelle Lage des Lernenden bei der
kognitiven Verarbeitung eine wichtige Rolle spielt. So sollte die Lehrkraft sich
Gedanken machen, welche affektive Faktoren von Bedeutung sind und diese
nicht außer Acht lassen.
98
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ÖZGEÇMİŞ
Kişisel Bilgiler
Adı Soyadı
Bahar ALBAYRAK
Doğum tarihi
24.09.1980
Doğum yeri
Augsburg /Almanya
Adres
Toros mah. 42.sok. Bayrak apt. 23 \ A
Seyhan - ADANA
E-mail
[email protected]
Eğitim Basamağı
Yılı
Kurum
Yüksek Lisans
2004 -2006
Ç. Ü. Sosyal Bilimler Enstitüsü
Alman Dili ve Eğitimi ABD
Lisans
2000 -2004
Ç. Ü. Eğitim Fakültesi
Almanca Öğretmenliği
Lise
1993 -1998
Ç.E. Anadolu Teknik Lisesi
Ortaokul
1990–1993
Friedrich-Ebert Hauptschule
İlkokul
1986–1990
Friedrich-Ebert Grundschule
2006
Ç. Ü. Yabanc Diller Merkezi
İş Durumu
Almanca Öğretmenliği
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