Läsionen des Corpus geniculatum laterale

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Klinische-neuroanatomische Aspekte
zentraler Sehstörungen
PD Dr. phil. Helmut Hildebrandt
ZKH Bremen-Ost, Neurologie
Uni Oldenburg, Psychologie
Pathologie der visuellen Reizverarbeitung
Diagnostische Bedeutung des Chiasmas und des Corpus
geniculatum
Aufgrund der Kreuzung der Sehnerven im Chiasma opticum
betreffen alle Läsionen vor dem Chiasma die Sehfähigkeit eines
Auges, Läsionen ab dem Chiasma die Sehfähigkeit in bestimmten
Bereichen des Sehfeldes.
Ein weiterer wesentlicher Knotenpunkt ist das Corpus geniculatum
laterale, da hier die retinalen Axone enden.
Läsionen der vor dem Corpus geniculatum laterale führen damit in
einem kurzen Zeitraum zur retrograden Degeneration der retinalen
Neurone, Läsionen hinter dem Corpus geniculatum nicht.
Die sog. Papillenablassung ist damit ein primäres Zeichen für eine
Läsion im Tractus opticus bzw. direkt im Corpus geniculatum
laterale.
Sehstörungen im
Bereich des
Chiasmas opticum
(monokuläre Prüfung
notwendig !)
Läsionen des Tractus opticus
Klinisch charakteristisch für das Tractus-opticus-Syndrom ist die
hochgradig inkongruente homonyme Hemianopsie entweder mit
Quadranten- oder mit mehr oder weniger vollständig ausgeprägten Halbseitenausfällen. Zum Teil treten auch parafoveale
Skotome auf. Weitere wesentliche Eigenschaften: Papillenablassung und Ausfall der Lichtreaktion.
Der Grund für die klinische Heterogenität des Ausfallsbereichs in
den beiden Sehfeldern ist in der Ätiologie zu suchen. Tractus
opticus Läsionen treten selten aufgrund von vaskulärer Läsionen
auf (Anastomosen verschiedener Hirnarterien in diesem Gebiet),
sondern in der Regel aufgrund von Hirntumoren, Aneurysmen
oder entzündlichen Prozessen. Diese schädigen die Weiterleitung
dann nicht komplett, sondern von einer Seite her.
Läsionen des Corpus geniculatum laterale
Da Läsionen des Corpus geniculatum laterale auch vaskulär
bedingt sein können, entfällt hier die charakteristische
Inkongruenz der Gesichtsfeldausfälle für beide Augen. Im
Gegensatz zur Tractus Läsion findet sich bei Geniculatum
Läsion Papillenablassung ohne Ausfall der Lichtreaktion. Die
Diagnose einer Läsion im Corpus geniculatum laterale kann
relativ sicher gestellt werden, wenn es zu einer sektorförmigen
oder keilförmigen Hemianopsie mit Spitze gegen den
Fixationspunkt kommt. Dann ist immer ein Verschluss der
Arteria choroidalis posterior lateralis Ursache.
Neglekt-Test der TAP
Gesichtsfeldtest der TAP
MRT zum Fall
Sehstörungen im Bereich des Tractus opticus und
Corpus geniculatum laterale
• Sehbahnen der beiden Augen verlaufen noch in
getrennten Bündeln.
• Druckstörung führt damit häufig zur differentiellen
Affektion der Sehbahnen aus den beiden Augen.
• Daraus folgen häufig inkongruente Hemianopsien, je
nach Prüfung mit welchem Auge.
• Im Bereich des Corpus geniculatum laterale kommt es
dann zu einer stärkeren räumlichen Deckung der
Sehbahnen aus beiden Augen.
• Die spezifische Blutversorgung des CGL ergibt die
Möglichkeit zu einem kongruenten, keilförmigen GF
Ausfall nach entsprechender Läsion.
Läsionen der Capsula interna
Das charakteristische Bild ist eine komplette homonyme
Hemianopsie mit geringer oder fehlender makulärer Aussparung
infolge einer Unterbrechung des Pedunculus opticus.
Läsionen der Sehstrahlung im Bereich des Temporallappens
Läsionen im Temporallappen können zu einer kompletten Hemianopsie, aber auch zu einer Quadrantenanopsie führen. Der Ausfall
ist bei getrenn-ter Prüfung der beiden Augen gleichmäßiger als bei
einer Tractus Läsion, kann aber doch auch variieren. Pathognomisch ist die homonyme obere Quadrantenanopsie als Resultat
einer Unterbrechung der Meyer-Schlinge. Sie ist entweder ein
Resultat eines Infarkts der Arteria choroidea anterior oder eines
Tumors.
Visuelle Reizerscheinungen (optische Halluzinationen) können
Bestandteil eines temporal verursachten epileptischen Anfalls sein.
Obere homonyme,
kongruente
Quadrantenanopsie
deutet immer auf
den Temporallappen
als Läsionsort hin.
Häufige Ursache:
Tumor, seltener
Infarkt im Bereich
der Arteria
choroidalis anterior.
Läsionen der Sehstrahlung im Bereich des Parietallappens
Läsionen im Parietallappen verursachen zumeist keine Hemianopsie. Nur wenn sie weit nach unten reichen, kommt es zu einer
unteren homonymen Quadrantenanopsie oder beim Erreichen des
okzipitalen Marklagers auch zu einer kompletten Hemianopsie.
Untere homonyme, kongruente Quadrantenanopsie deutet
immer auf den Parietallappen als Läsionsort hin. Häufige
Ursache: Tumor, Infarkt im Bereich der Arteria cerebri
posterior oder Arteria cerebri media.
Läsionen der Sehstrahlung im Bereich des Okzipitallappens
Typisch für okzipitale bedingte Hemianopsien sind visuelle
Halluzinationen als ungeformte, elementare primitive
Lichtempfindungen im blinden Gesichtsfeld. Die Hemianopsien
nach okzipitaler Läsion sind weitgehend kongruent.
Läsionen nur im hinteren Teil des Okzipitallappens verursachen
kongruente parafoveale Skotome, Läsionen im vorderen Teil des
Okzipitallappens verursachen komplette Hemianopsien, weil sie
regelmäßige die Sehstrahlung mit einbeziehen. Bei kompletten
Hemianopsien durch Läsion des vorderen Okzipitallappens kann
die äußere temporale Halbsichel erhalten sein, weil dieses Areal
(in mittelbarer Nähe des Balkens) durch die Arteria cerebri media
versorgt wird. Hauptursache okzipitaler Läsionen sind Posteriorinfarkte, deutlich seltener Tumore, Aneurysmen und SHTs.
Der foveale Bereich ist regelmäßig ausgespart, weil die Fovea
bilateral repräsentiert ist und die entsprechenden Areale durch die
Media und Posterior versorgt werden. Das gilt auch für bilaterale
Posteriorinfarkte und ist dadurch die neuroanatomische Grundlage
für das Entstehen von Röhrengesichtsfelder. Als Ursache für eine
zerebrale Blindheit oder Rindenblindheit kommt die Hypoxie und
die Kohlenmonoxidvergiftung in Frage.
Quadrantenspezifische
Organisation der early vision
• Patient mit selektiver
Läsion in V4
(Galant et al., 2000)
Galant et al. 2000: Untersuchungsmethodik
Galant et al. 2000:
Patient mit
isolierter Läsion
in V4 rechts.
Verwendete Stimuli
Galant et al. 2000:
Quadrantenspezifische
Ergebnisse,
wenn visuelle
Aufmerksamkeit
gefordert
war
FFragen
1. Was ist eine heteronyme versus homonyme Hemianopsie?
Auf welchen Läsionsort deuten diese beiden Symptome
Welche Form der Gesichtsfeldstörung ist charakteristisch für
- eine temporale Läsion,
- eine parietale Läsion
- eine Läsion im Corpus geniculatum laterale
- eine Läsion im hinteren Okzipitallappen?
WWas ist eine Papillenablassung und wofür ist diese charakteristisch?
Durch welche Ursachen kann es zur zerebralen Blindheit kommen?
Wie zeigt man Patienten am besten, dass das visuelle Problem, das sie
haben, nicht Ergebnis eines "schlechten" Auges, sondern einer
Hemianopsie ist?
[Welchen Charakter haben Halluzinationen nach okzipitalen Läsionen
und Hemianopsie?]
MRT Landmarken
„Early vision“
• Fortsetzung der Unterscheidung in den parvound magnozellulären Verarbeitungspfad
• Quadrantenspezifische Wahrnehmung von
Mustern unterschiedlicher Komplexität
• Farbwahrnehmung
• Bewegungswahrnehmung
• Visual form agnosia: Ausdehnung von
Oberflächen, Figur Hintergrund Differenzierung
• richtungsselektive Neuronen in
Ganglienzellen der Kaninchenretina
(Barlow und Hill 1963)
• ebenfalls in kortikalen Nervenzellen
(Hubel und Wiesel 1968)
• Pα-Ganglienzellen -> magnozelluläre
Schichten des CGL (große rezeptive Felder,
hohe Kontrastemfindlichkeit)
• Pβ-Ganglienzellen -> parvozelluläre
Schichten des CGL (kleine rezeptive Felder,
farbsensitiv)
M- und P-Verarbeitungswege
Zwei unabhängige Projektionen zu physiologisch unterscheidbaren Zielneuronen im CGL
führte zu der Vorstellung separierter visueller Verarbeitungspfade
Magnozellulär : Analyse von Bewegung (dorsal)
Parvozellulär : Analyse von Farbe und Form (ventral)
Empfindlichkeit von
M-Zellen
P-Zellen
Farb-Kontrast
Nein
Ja
Leuchtdichte-Kontrast
Hoch (2 %)
Niedrig (10 %)
Räumliche Auflösung
Niedrig
Hoch
Zeitliche Auflösung
Hoch
Niedrig
Rhesusaffengehirn
• Signale der M-Zellen werden
über die primären visuellen
Kortex nach Area MT projiziert
• in MT des Affen etwa 90% der
Neurone richtungsselektiv
• ebenfalls geschwindigkeitssensitive Neurone
• das humane MT-Homolog liegt
im Bereich des aufsteigenden
Astes des Sulcus temporalis
inferior
• hMT bildet die kontralaterale
Seite retinotop ab
• humaner MT+ Komplex,
bezieht benachbarte Areale mit
ein, die auf komplexere
Bewegungsreize antworten (z.B.
MST)
Verarbeitungspfade
der
visuellen
Wahrnehmung
(Makkakengehirn)
Höhere, sekundäre Sehzentren
MRT Landmarken
Farbwahrnehmung
• Einfache Farbunterscheidung, auch bei
isoluminanten Farbreizen ist schon auf der
Ebene V1 möglich.
• Farbunterscheidungen bei
unterschiedlicher
„Hintergrundbeleuchtung“ bzw.
Farbkonstanz trotz unterschiedlicher
Umgebung setzt aber ein intaktes
Funktionieren von V4 voraus.
Farbwahrnehmung bei
gesunden
Personen
(als Teil des
pervozellulären
Verarbeitungsweges)
Bewegungswahrnehmung: magnozellulär
Erster Ordnung
• Helligkeit oder Farbe verändern
sich als Funktion des Ortes
• Verschiebungen solcher
Helligkeitsprofile als Funktion der
Zeit führen zu einer
charakteristischen Verteilung der
„Bewegungsenergie“
• im Fourier – Spektrum (Raum-Zeit
Frequenz) entsteht dabei eine
Diagonale, die der
Bewegungsgeschwindigkeit
entspricht
• elementarer Bewegungsdetektor
(Reichardt 1956) verarbeitet
asymmetrisch konvergierende
Helligkeitssignale (nichtlinear) ->
Autokorrelation
Zweiter Ordnung
• Veränderung des lokalen
Kontrastes, der Textur oder der
lokalen Bewegung von Objekten
oder Konturen
• die Verteilung im Raum-Zeit
Spektrum entspricht nicht der
wahrgenommenen Bewegung, weil
nicht die Verschiebung der
Helligkeitsprofile den
Bewegungseindruck hervorruft
• einfache Bewegungsdetektoren
(Korrelationstyp) können
Bewegungen zweiter Ordnung
nicht detektieren
Bewegungsreize
• Area MT wird sowohl durch
first-order als auch durch
second-order Stimuli aktiviert
(Smith et. al. 1998)
• first-order: vermutlich zuerst
in V1 explizit repräsentiert
• second-order: vermutlich
erstmals in V3 und VP explizit
repräsentiert
Anamnese
Patient AM
• Herzstillstand mit 46J.
• keine motorischen Einschränkungen
• MRT zwei Monate nach Ereignis unauffällig
unbeeinträchtigt
beeinträchtigt
• Gesichtsfeld
• Farberkennung
• Punktanzahl
• Illusionäre Konturen
(verlangsamt und unsicher )
• Kaniza figures (verlangsamt
und unsicher)
• visuo-konstruktiv (Rey-Figure)
• Lesen
• relative Lokalisation von Punkten in
einem Bezugssystem (VOSP)
•Längen- und Größenvergleiche
(BORB)
• Figur/Hintergrundunterscheidung
(-> visual form Agnosie)
T1
gewichtet
es MRT
Patient AM: Selektive Störung des magnozellulären Systems?
Analyse der Bewegungswahrnehmung
Signalanteil in % (Schwelle)
Ergebnisse
Kontrolle
80
AM 1
70
AM 2
60
50
Max
40
30
Min
20
10
0
FOURIER
THETA
VEP: Parvo- vs. magnozellulär
Figure 1: VEP for different, chromatic and achromatic
spatial layouts in AM
Left eye
Right eye
MRT Landmarken
Organisation des Parietallappens
Rauminformation wird entlang des Sulcus
intraparietalis integriert, d.h. in dieKoordinaten
einer anderen Modalität transformiert:
VIP wird aktiviert bei Objekten in Mundnähe
MIP wird aktiviert bei Objekten in Sehweite
AIP wird aktiviert bei Objekten in Greifnähe
LIP enkodiert Distanz und Richtung
von möglichen Augenbewegungen in
retinotopen Koordinaten (supramodal)
Intraparietal Sulcus
Superiorer und
anteriorer
Parietallappen sind
an der Positionswahrnehmung
beteiligt
Shafritz et al. 2002
Entlang des intraperietalen Sulcus werden Objekteigenschaften integriert
Feature binding theory von Treisman
Neglekt: Läsionslokalisation
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