Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 0 7 . 0 5 . 2 0 1 5 Ärger mit der Galle Sie sind so klein wie ein Sandkorn oder so groß wie ein Hühnerei. Manche glänzen wie Edelsteine oder glitzern tatsächlich wie Kristalle: Gallensteine. Doch was so schön und schaurig zugleich aussieht, kann höllische Schmerzen machen. Wie kann man die Bildung von Steinen verhindern und was im Fall einer Kolik tun? Etwa jeder sechste Deutsche hat Gallensteine. Häufig handelt es sich dabei um „stumme“ Steine. „Glücklicherweise haben 80 Prozent der Gallenstein-Patienten nie Symptome, zeitlebens nicht“, so der erfahrene Gastroenterologe Professor Peter Malfertheiner. Er sieht im Uniklinikum Magdeburg regelmäßig Patienten mit Gallensteinen. „Solange sich die Steine nur in der Gallenblase befinden und keine Probleme machen, lässt man sie am besten in Ruhe.“ Vom Stein zur Kolik Bei einem Teil der Patienten kommt es allerdings zu den gefürchteten Koliken. Diese sind extrem schmerzhaft. Sie treten häufig nachts und nach einer fettigen Mahlzeit auf. „Das sind schmerzhafte Attacken, vor allem im rechten Oberbauch, die bis in den Rücken ausstrahlen können. Manchmal werden sie von Übelkeit und Erbrechen begleitet“, so Professor Malfertheiner. In der Regel nimmt das Risiko für eine Gallensteinbildung mit dem Alter zu. Bis zum Alter von etwa 40 Jahren liegt das Risiko bei etwa fünf Prozent. Über 75 Jahre hat jeder Dritte Gallensteine. Zudem haben Frauen ein doppelt so hohes Risiko wie Männer. Einige Medikamente und bestimmte Lebensumstände können die Gallensteinbildung beschleunigen. „Das kann beispielsweise durch künstliche Ernährung passieren, auch Östrogene fördern Gallensteine. Auch bei strengem Fasten steigt das Risiko für die Entstehung von Gallensteinen“, warnt Professor Malfertheiner. Selbsthilfe bei Gallenbeschwerden Eine Gallenkolik dauert in der Regel zwei bis drei Stunden. Je nach Stärke der Beschwerden hilft erst einmal ein Wärmewickel auf dem Bauch und Pfefferminztee, der krampflindernd wirkt. Man sollte in der Hausapotheke immer auch ein Schmerzmittel vorrätig haben, das die schlimmsten Schmerzen erst einmal dämpft. 1 Seite 2 von 5 Medikamente oder OP? Unter Umständen verklemmt sich jedoch ein Gallenstein im Gallengang. Kommt dann noch Fieber und Atemnot hinzu, dann muss der Patient in die Klinik. „In der Klinik setzen wir krampflösende Medikamente ein“, erklärt Professor Malfertheiner. Ultraschalloder Röntgenaufnahmen geben Aufschluss darüber, ob die Gallensteine oder die Gallenblase entfernt werden müssen. „Wenn die Gallenblase voller Steine ist, dann empfehlen wir häufig die OP. Je älter die Patienten sind, desto mehr wägen wir das aber von Fall zu Fall ab.“ Gallensteine trotz entfernter Gallenblase? Dennoch ist es möglich, dass sich nach der Entfernung der Gallenblase wieder Gallensteine bilden. „Wir rechnen bei etwa zehn Prozent der Patienten damit, dass sich nach einiger Zeit wieder Steine im Gallengang bilden. Diese können ähnliche Beschwerden wie eine Kolik auslösen“, so der GallenExperte. Häufige Symptome sind dann auch Entzündungen mit Fieber und eine Gelbfärbung der Augen. Unter Umständen sind aber gar keine Gallensteine für die krampfartigen Schmerzen verantwortlich. In seltenen Fällen kann sich auch die Muskulatur um die Gallengänge, der sogenannte Musculus sphincter oddi verkrampfen. Dann hilft je nach Ausprägung eine osteopathische Behandlung oder eine operative Aufdehnung der betroffenen Region. Amerikanische Wissenschaftler haben sechs Ursachen für Gallensteine benannt und diese in einer sogenannten 6-F-Regel zusammengefasst: Female - weiblich Fair - blond und hellhäutig Fat - übergewichtig Fertile - fruchtbar Forty - circa 40 Jahre alt Family - familiär bedingt (vererbt) Das bedeutet: Blonde, übergewichtige Frauen um die 40 Jahre, welche Kinder geboren haben und familiär vorbelastet sind, haben das höchste Risiko, Gallensteine zu bekommen. Der Fall: „Man hat Todesangst“ „Man hat Angst, dass man erstickt. Man kriegt Panik, wie weit geht das noch? Dann kommt langsam der Schmerz dazu, vom Brustkorb bis zur Wirbelsäule. Man kann nicht mehr sitzen, man kann nicht mehr liegen, ich wusste nicht, was los ist, man hat Todesangst.“ Diese Angst muss Andreas F. zweimal in seinem Leben durchmachen. Vor einem Jahr das erste Mal. Da ist er gerade 33 Jahre alt, mitten im Leben. „Das war zu Hause. Ich hatte das Gefühl, dass ich keine Luft bekomme“, erzählt der junge Familienvater. Seine Lebensgefährtin drängt ihn ins Krankenhaus zu fahren. In der Notfallambulanz, bekommt er Schmerzmittel. Die Ärzte geben Entwarnung. Sie schieben seine Schmerzen auf eine Magenverstimmung und entlassen ihn wieder. Schon kurz nach der Schmerzattacke geht Andreas F. wieder arbeiten. Er ist Krankenpfleger und kümmert sich gern um andere. Doch einige Monate später, kommt der Schmerz zurück. Mit voller Wucht. „Es war während meines Dienstes, bei einem Patienten. Ich habe erst gedacht, ok, da hab ich mich verhoben.“ Wenige Minuten später kann Andreas F. kaum noch stehen. Mühsam schleppt er sich in die Notaufnahme. Diesmal wird er komplett durchgecheckt. Röntgen, Blutwerte, Ultraschall und endlich 2 Seite 3 von 5 finden die Ärzte die Erklärung für seine Schmerzen: Gallensteine! „Da dachte ich oje, jetzt schon?“ Weil seine Gallensteine ungünstig im Gallengang feststecken, werden sie ihm noch in derselben Nacht entfernt. Doch damit nicht genug! „Ich habe gedacht, dass war es jetzt. Ich hatte keine Schmerzen mehr. Bis die Ärztin gesagt hat, es wäre doch angebracht die Galle komplett entfernen zu lassen.“ Also noch eine OP. Nicht nur die Steine, das ganze Organ muss raus. „Bei dem Beschwerdebild des Patienten ist es sehr wahrscheinlich, dass er immer wieder Schmerzen und Koliken bekommt. Auch das Risiko, dass er andere schwere Probleme entwickelt, wie eine Bauchspeicheldrüsenentzündung oder Gelbsucht, besteht “, sagt Professor Jürgen Weitz vom Uniklinikum Dresden. Andreas F. entschließt sich zur OP. Er, der sonst andere für Eingriffe und Operationen vorbereitet, muss nun selbst da durch. Doch alles geht gut. Nach einigen Tagen schmerzen nur noch die Narben etwas. Wozu braucht man die Gallenblase? Speck, Sahne und Eier sind cholesterinreiche Lebensmittel. Und wer ständig Gift und Galle spuckt, ist ein – Choleriker. In beiden Begriffen steckt das Wort cholé. Das ist altgriechisch und heißt: Galle. Aber wie hängt das zusammen? Fangen wir mit einem Eisbein an. Das ist vor allem eines: fett. Und um das verdauen zu können, gibt es Gallenflüssigkeit. Die wird in der Leber produziert, etwa 700 Milliliter täglich. Zum Zwischenspeichern dieser Flüssigkeit ist die Gallenblase da. Sie liegt dicht an der Leber und fasst ungefähr 50 Milliliter gelblichen Gallensaft. Dieser „Vorrat“ ist vor allem dann wichtig, wenn ein plötzliches Überangebot an Nahrung besteht. Wenn wir etwas essen, wird Galle in den Zwölffingerdarm abgegeben. Mit seiner Hilfe werden Fette so aufgeschlossen, dass der Darm sie aufnehmen kann. Mit dem Gallensaft scheidet unser Körper Cholesterin aus. Wenn das Gleichgewicht zwischen diesem Cholesterin und anderen Bestandteilen der Galle nicht mehr stimmt, bilden sich Kristalle. Dann bekommen wir Gallensteine. Und das kann so wehtun, dass wir vor Wut – wie ein Choleriker – Gift und Galle spucken. Löwenzahntee gegen Gallebeschwerden Im Garten und auf der Wiese wächst er gerade wie Unkraut: Löwenzahn. Naturheilkundler schätzen ihn für seine verdauungsanregenden Bitterstoffe und die krampflösende Wirkung. Löwenzahntee gibt es fertig in der Apotheke, man kann ihn aber auch selbst herstellen. Dazu werden 2 Esslöffel Löwenzahnblätter und etwas Löwenzahnwurzel mit 500 Milliliter kaltem Wasser übergossen und zum Kochen gebracht. Den Auszug noch 20 Minuten ziehen lassen und danach mit einem Liter warmen Wasser verdünnen. Löwenzahn eignet sich gut zur Behandlung einer Gallenschwäche. Bei einer Gallenblasenentzündung oder gar einer Kolik sollten Sie vor der Anwendung ihren Arzt fragen. Das Gleiche gilt auch bei gleichzeitig bestehender Herz- oder NierenErkrankung. Die unglaubliche Vielfalt der Gallensteine Sie sind strahlend weiß, manche glitzern wie Kristall oder glänzen wie dunkle Edelsteine. Das alles sollen Gallensteine sein? In der Tat. Navena Widulin vom medizinhistorischen Museum der Charité Berlin sammelt seit 17 Jahren Gallensteine und sortiert sie nach Farbe und Größe. Rund 2.000 Steine umfasst die Sammlung mittlerweile, wahrscheinlich ist es die größte weltweit. Unglaublich, was der menschliche Körper so hervorbringen kann, die Vielfalt ist schön und schaurig zugleich. Die Steine sind überwiegend „Spenden“ von Patienten nach Operationen. Gelegentlich sind es auch Zufallsbefunde, die sich im Rahmen einer Obduktion ergeben. 3 Seite 4 von 5 Gallenfreundliche Ernährung Die Ernährung ist ein wichtiger Faktor bei der Entstehung von Gallensteinen. Wer Gallenbeschwerden hat oder ohne Gallenblase lebt, sollte einen Bogen um fetthaltiges Essen machen. Fünf kleinere Portionen am Tag sind für Betroffene besser als riesige Portionen. Der von der Leber kontinuierlich hergestellte Gallensaft ist dann ausreichend. Bitterstoffe im Essen regen die Verdauung zusätzlich an. Eine fettarme, abwechslungsreiche Kost mit viel Gemüse, ausreichend Ballaststoffen und wenig Zucker beugt zudem Übergewicht vor, einem weiteren Risikofaktor für die Entstehung von Gallensteinen. Fregola Sarda mit Parmaschinken, gebratenem Radicchio und Parmesankrackern Für die Fregola Sarda 1 kleine Zwiebel 1 rote Paprikaschote 1 Knoblauchzehe 2 EL Butter 200 g Fregola 100 ml Vermouth 300 ml kräftige Geflügel- oder Gemüsebrühe 150 g Parmaschinken, am Stück 2 EL Olivenöl 200 g Tomaten (aus der Dose) 100 g Taleggio (ital. Käse) Salz frisch gemahlener schwarzer Pfeffer Für die Parmesankracker 2 EL geröstete Pinienkerne 1 Zweig frischer Rosmarin 150 g frisch geriebener Parmesan Für den Radicchio 2 Radicchio 1 EL Butter oder Olivenöl 1 TL Zucker Salz frisch gemahlener schwarzer Pfeffer Zum Anrichten 8 Scheiben Parmaschinken Zubereitung: Fregola Sarda Die Zwiebel und die Paprikaschote putzen und in sehr feine Würfel schneiden. Die Knoblauchzehe schälen und fein hacken. Die Butter in einem Topf bei mittlerer Temperatur erhitzen und die Zwiebeln, den Knoblauch und die Paprikawürfel darin an- schwitzen. Die Fregola zugeben und ebenfalls anschwitzen. Mit dem Vermouth ablöschen und mit der Brühe aufgießen. Die Fregola circa 15 Minuten leicht köcheln lassen. Währenddessen mehrmals umrühren. Den Parmaschinken in feine Würfel schneiden. Das Olivenöl erhitzen und die Schinkenwürfel darin kross anbraten. Die Schinkenwürfel zusammen mit den Tomaten und dem leicht zerpflückten Taleggio zu den Fregola geben und gut unterrühren. Das Ganze nochmals aufkochen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Parmesankracker Die Pinienkerne ohne Fettzugabe in einer beschichteten Pfanne kurz rösten und anschließend fein hacken. Den Rosmarin waschen, trocknen und die einzelnen Nadeln abzupfen. Den geriebenen Parmesan mit den fein gehackten Rosmarinnadeln und den Pinienkernen vermischen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und 4 gleichmäßige Kreise (ca. 12 cm Durchmesser) darauf streuen. Das Backblech für ca. 10 Minuten in den auf 170 °C vorgeheizten Backofen (Ober-/Unterhitze, zweite Schiene von unten) schieben. Anschließend das Backblech aus dem Ofen nehmen und die etwas abgekühlten, aber noch elastischen (Vorsicht Verbrennungsgefahr!) Parmesanscheiben mit einer Backpalette jeweils über eine umgedrehte Tasse legen und die Ränder leicht nach unten biegen, sodass Nester entstehen. Den Parmesan vollständig abkühlen lassen und dann von den Tassen entfernen. Radicchio Radicchio putzen und vierteln. Den Strunk entfernen. Die Butter (oder das Öl) in einer beschichteten Pfanne bei mittlerer Temperatur erhitzen und den Radicchio kurz von allen Seiten darin anbraten. Radicchio mit 4 Seite 5 von 5 Zucker, Salz und Pfeffer gut abschmecken. Die Salatviertel aus der Pfanne heben und auf Küchenkrepp kurz abtropfen lassen. - Zum Anrichten Den Parmaschinken in einer beschichteten Pfanne ohne Fettzugabe kross anbraten. Die Parmesankracker auf vier Teller verteilen, Fregola Sarda einfüllen und die Salatviertel oben aufsetzen. Mit jeweils zwei Scheiben Parmaschinken ausgarnieren. Fregola Sarda … ist eine Pastaspezialität aus Sardinien. Die perlenförmige Pasta wird aus Hartweizengries hergestellt. Parmesan … ist ein italienischer Hartkäse, der einen sehr hohen Calciumgehalt hat. Taleggio … ist ein italienischer Weichkäse. Radicchio … ist eine italienische Salat-Art, die reich an verdauungsfördernden Bitterstoffen ist. Buchtipps Wertvolle Tipps, wie Sie dank einfacher Hausmittel Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren und Ihren Körper wieder ins Gleichgewicht bringen können, finden Sie auch im neuen Hauptsache Gesund-Buch „Meine besten Hausmittel“. ISBN: 978-3-89883-272-4; 19,95 Euro Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop. Gäste im Studio Prof. Dr. med. Peter Malfertheiner, Universitätsklinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Magdeburg Christian Henze, Koch Anschrift MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Thema der nächsten Sendung am 21.05.2015: “Knieverletzung – Kreuzband und Meniskus“ 5