16. Irreversible Zustandsänderungen 16.1 Entropie und statistischer Operator Zusammenfassung der bisher betrachteten Vorschriften zur Berechnung von Gleichgewichtsmittelwerten durch Einführung des statistischen Operators“ ρ: ” hAi = Sp(ρA) mit ρkan = ρmakrokan = ρmikrokan = 1 −βH e Z 1 −β(H−µN ) e Y X 1 1 P = |ni hn| Φ(E) Φ(E) (1) Für alle 3 Gesamtheiten ergibt die explizite Berechnung (s. Anhang) S = −kB hln ρi (2) Verallgemeinerung auf Gesamtheiten, die den allgemeinen Fall, d.h. auch Nichtgleichgewichtszustände umfassen: Eine allgemeine Verteilung ist gegeben durch Angabe der Wahrscheinlichkeiten pi , mit der Zustände |ii in ihr vorkommen (die Zustände |ii müssen weder vollständig noch orthogonal sein). Mittelwerte sind gegeben durch hAi = X pi hi|A|ii = i X hj|ii pi hi|A|ji = Sp(ρA) i,j mit der allgemein gültigen Definition des statistischen Operators ρ ρ = X |ii pi hi| (3) i Die allgemeine Definition der Entropie, gültig auch für Nichtgleichgewichtszustände, entsteht durch Verwendung dieses statistischen Operators in dem für Gleichgewichtszustände bereits verwendeten Ausdruck Gl.(16.2): S = −kB hln ρi X pn ln pn = −kB ln pn , = −kB (4) n nach Diagonalisierung von ρ: ρ|ni = pn |ni. Wegen ρ = ρ+ ist pn reell. Die Eigenschaft ρ(1,2) = ρ(1) ρ(2) für zwei schwach gekoppelte Systeme führt direkt auf die Additivität der Entropie. 16.2 Extremaleigenschaft der Entropie S [ρ] Nach der Rechnung in Anhang A16.2 gilt S [ρ] ≤ S [ρgl ] (5) für alle statistischen Operatoren ρ, die die gleichen Mittelwerte der makroskopischen Variablen Fi =: E, V, N . . . haben wie ρgl , d.h. Sp (ρFi ) = fi , Sp ρ = 1. (6) Eine allgemeine Zustandsänderung von einem Nichtgleichgewichtszustand in einen Gleichgewichtszustand, ρ → ρgl , ohne Änderung der Werte der makroskopischen Variablen ist also verbunden mit einer Entropieänderung S → S0 = S + ∆S mit ∆S ≥ 0. Wenn die Zustandsänderung auch noch eine Änderung der makroskopischen Variablen E, V, N einschließt, verallgemeinert sich dies Ergebnis zu (s. Anhang) T ∆S ≥ ∆E + p ∆V − µ ∆N (7) Dabei sind T, p und µ die Zustandsgrößen des Gleichgewichtszustands, d.h. durch ein entsprechendes Reservoir vorgegeben. Spezialfälle von Gl. (16.7) sind: abgeschlossenes System: T vorgegeben: T und p vorgegeben: ∆E = ∆V = ∆N = 0 ∆V = ∆N = 0 ∆N = 0 → → → ∆S ≥ 0 ∆F ≤ 0 ∆G ≤ 0 Damit sind Extremalprinzipien formuliert, die das Extremalprinzip der Quantenmechanik (Energie der Grundzustands minimal) verallgemeinern: Der Gleichgewichtszustand eines Systems hat minimale freie Energie bei vorgegebenen Werten von Temperatur und Volumen, bzw. minimale freie Enthalpie bei vorgegebenen Werten von Temperatur und Druck. 16.3 Zweiter Hauptsatz für irreversible Prozesse Betrachte zunächst ∆V = ∆N = 0; dann ist auch δA = 0, da die äußeren Parameter konstant sind und mit ∆E = δQ folgt aus Gl. (16.7) ∆S ≥ δQ T (8) Die Zufuhr von Wärme (d.h. δQ ≥ 0) ist immer mit einer Entropieerhöhung verbunden. Im allgemeinen Fall veränderlicher äußerer Parameter existieren weitere Prozesse, die zur Entropieerhöhung beitragen: Für ∆V 6= 0 lautet Gl.(16.7) T ∆S ≥ δQ + δA + p ∆V (9) und für den zusätzlichen Term gilt δA+p∆V ≥ 0 aus folgendem Grund: Die auf quasistatische Weise am System geleistete Arbeit δA ist größer als die bei endlichen Geschwindigkeiten auftretende Größe −p ∆V , da kein Arbeitsaufwand für die Beschleunigungsvorgänge erforderlich ist. Damit gilt die Ungleichung (16.8) umso stärker. Die wichtigste Konsequenz folgt aus der Betrachtung von Kreisprozessen: An einem Kreisprozess beteiligt sind folgende Bausteine: (i) Eine periodisch laufende Maschine S, die nach einer Periode den gleichen Zustand wie vorher einnimmt; ihre Entropieänderung ist also ∆Ss = 0, (ii) Eine Vorrichtung, an der Arbeit geleistet wird, ohne sonst etwas zu verändern; die Entropieänderung der Vorrichtung ist also ebenfalls ∆Svorr = 0, (iii) Wärmespeicher (Reservoire), die der Maschine bei vorgegebenen Temperaturen Wärmemengen zuführen, dabei aber wegen ihrer Größe nicht (bzw. nur infinitesimal) verändert werden. Die damit verbundene Entropieänderung der Reservoire ist (δQi > 0 heißt, dass der Maschine Wärme zugeführt und dem Reservoir i Wärme entzogen wird) ∆Sres = − X δQi i Ti Das Gleichheitszeichen gilt, da die Reservoire unendlich groß sein sollen, damit sind Änderungen infinitesimal und es werden nur Gleichgewichtszustände durchlaufen. Die Gesamtheit der Bausteine bildet ein abgeschlossenes System und für die Summe der Entropieänderungen gilt Gl. (16.7) in der Form ∆S ≥ 0 , also ∆S = ∆Ss + ∆Svorr + ∆Sres = − X δQi i Ti ≥0 oder bei Anordnung der Reservoire in kontinuierlicher Temperaturabfolge I δQ ≤ 0. T (10) Wir wenden dies an auf eine gedachte Maschine, die nichts anderes bewirkt als einem Wärmespeicher der Temperatur T+ die Wärmemenge δQ+ zu entziehen und sie in die nach außen abgegebene Arbeit −δA = δQ+ > 0 umzuwandeln. Eine derartige Maschine, die mit dem Energiesatz verträglich wäre, heißt Perpetuum mobile zweiter Art“; es ist ” jedoch nach Gl. (16.10) δQ+ ≤ 0, d.h. Arbeitsleistung ist unter diesen Bedingungen nicht möglich. Wir erhalten die Formulierung der 2. Hälfte des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik nach Thomson (alias Lord Kelvin) und Planck: Es gibt kein Perpetuum mobile zweiter Art. 16.4 Beispiel: Ausdehnung eines idealen Gases und Mischungsentropie Wir betrachten ein ideales, klassisches Gas, das vom Zustand V = Vi , T = Ti in den Zustand Vf = 2 Vi , Tf = Ti übergeht. Nach den Zustandsgleichungen des idealen Gases gilt Ef = Ei , Sf = Si + N kB ln 2 (11) Das Ergebnis (16.11) ist das einfachste Beispiel für die statistische Berechnung der Entropie, während für die thermodynamische Berechnung von Entropiedifferenzen verschiedene idealisierte reversible Vergleichsprozesse betrachtet werden. Für den Übergang vom Anfangs- in den Endzustand in irreversibler bzw. reversibler Weise und auf verschiedenen vergleichen wir 3 verschiedene Beispiele. im Anhang 16.3. Gl. (16.11) illustriert auch die Irreversibilität der Durchmischung zweier verschiedener Gase: Zwei ideale Gase befinden sich bei gleichen Werten für T und p in getrennten, nebeneinander angeordneten Volumina. Nach Herausziehen der Trennwand findet für jedes Gas einzeln eine isolierte, abrupte Expansion statt (der inanhang 16.3 unter (b) beschriebene Prozess) und die Entropie erhöht sich um: N1 kB ln V1 + V 2 V1 + V 2 + N2 kB ln = N kB (−c1 ln c1 − c2 ln c2 ) V1 V2 (12) (Für die Umrechnung auf Konzentrationen gilt wegen des Temperatur- und DruckgleichN1 = cc12 ). Diese Entropieerhöhung, gewicht vor Herausziehen der Trennwand: VV12 = N 2 die ohne besondere Vorrichtungen (semipermeable Membranen) nicht mehr rückgängig zu machen ist, heißt Mischungsentropie“, obwohl sie eigentlich nichts als eine Volu” ” menvergrößerungsentropie“ ist. Man sieht direkt an Gl.(2.x), dass eine Mischungsentropie bei der Durchmischung identischer Gase nicht auftritt. Ohne den in Ziffer 2 eingeführten Permutationsfaktor N !−1 allerdings würde Gl.(2.x) lauten S = kB N ( 32 + ln λV3 ) und auch für identische Gase würde sich eine Entropievergrößerung bei Durchmischung ergeben. In der rein klassischen Statistik war der Permutationsfaktor N !−1 nicht mikroskopisch zu begründen, sondern wurde hinzugefügt, um dieses sonst auftretende Gibbs-Paradox“ zu ” vermeiden. 16.5 Gleichgewichtsbedingungen Untersuchung der Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit zwei zunächst getrennte Systeme I und II bei Vereinigung im Gleichgewicht sind, ausgehend von Gl.(16.5). I und II seien beschrieben durch die Werte ihrer extensiven makroskopischen Variablen fiI und fiII , deren Summe nach der Vereinigung den entsprechenden Wert für das Gesamtsystem darstellt. Im allgemeinen wird das vereinigte System zunächst nicht im Gleichgewicht sein, vielmehr gilt nach Gl.(16.5) S(f1I , f2I , . . .) + S(f1II , f2II , . . .) ≤ S(f1I + f1II , f2I + f2II , . . .) Das Anwachsen der Entropie des vereinigten Systems auf den maximal möglichen Wert, (d.h. den Gleichgewichtswert) geschieht durch Neuverteilung von fiI + fiII auf die bei- den Teile des Systems. Maximale Entropie ist gekennzeichnet durch δS = 0 unter der Nebenbedingung δfiI = −δfiII für jedes der fi unabhängig: ∂S I ∂S δS = δfi + δf II = I ∂fi ∂fiII i à ∂S ∂S − I ∂fi ∂fiII ! δfiI = 0 Im Gleichgewicht gilt also ∂S I ∂S II = ∂fiI ∂fiII (13) Dies bedeutet: Zwei Systeme sind im Gleichgewicht • bezüglich Energieaustausch, wenn ihre Temperaturen gleich sind, • bezüglich Volumenaustausch, wenn ihre Werte p/T gleich sind, • bezüglich Teilchenaustausch, wenn ihre Werte µ/T gleich sind. Für den zeitlichen Ablauf der Umverteilung ergibt sich am Beispiel der Energie: dS = dt à ∂S I ∂S II − ∂E I ∂E II ! dE I = dt µ 1 1 − II I T T ¶ dE I > 0. dt (14) Es gilt also dE I > 0 für T I < T II , (15) dt d.h. die Energie geht von Systemen mit höherer zu Systemen mit tieferer Temperatur über. Dies ist die Formulierung des zweiten Hauptsatzes nach Clausius: Es ist kein Prozess möglich, der nichts bewirkt als den Übergang von Wärme von einem kälteren zu einem wärmeren Körper. Analog erhält man, dass Teilchen zum System mit dem kleineren Wert von βµ übergehen und dass das Volumen des Systems mit dem größeren Wert von βp sich vergrößert. 16.6 Ungleichungen für thermodynamische Koeffizienten Gl. (16.13), die die Bedingung darstellt, dass die Entropie maximal ist, muss ergänzt werden durch die Bedingung, dass das Extremum ein Maximum ist: ¯ ¯ ¯ ∂2S ¯ ¯ ¯ ¯ ≤ 0. Det ¯¯ ∂ fi ∂ fj ¯ Für f1 = E, f2 = V ergibt dies à ∂2S ∂E 2 ! = V à ∂(1/T ) ∂E ! = − V (16) 1 T 2C ≤ 0 V (17) ∂ ³ ∂S ∂S , ∂E ∂V ∂(E, V ) ´ = ∂ (1/T, p/T ) 1 ∂ (1/T, p/T ) ∂ (T, V ) = − 2 ∂(E, V ) T ∂(T, V ) ∂(E, V ) = 1 − 3 T à ∂p ∂V ! T 1 1 = 3 ≥ 0 CV T CV V κ T (18) Damit (zusammen mit Gl. (15.xx)) erhält man die Ungleichungen Cp ≥ CV ≥ 0, κT ≥ 0. (19) 16.7 Thermodynamische Maschinen Periodisch arbeitende thermodynamische Maschinen realisieren Kreisprozesse. Ausgangspunkt für ihre Untersuchung ist der zweite Hauptsatz in der Form Gl.(16.10) I δQ ≤0 T (20) Wir zerlegen die Beiträge in Beiträge von δQ > 0, genannt δQin und Beiträge von δQ < 0, genannt −δQout . Dann ist δQin > 0, δQout > 0 Mit der Definition Z δQin(out) = Qin(out) , Qin(out) > 0 und mit nach dem Mittelwertsatz geeignet gewählten Tin(out) gilt I Z δQ δQin Z δQout = − = T T T Tin Qin oder ≥ Tout Qout Qin Qout − ≤ 0 Tin Tout (21) Nach dem 1. Hauptsatz ist (δQ + δA) = 0 oder H Qin − Qout = − I δA = −A Qin ist die der Maschine zugeführte Wärme (bei einer mittleren Temperatur Tin ), Qout die von der Maschine abgegebene Wärme (mittlere Temperatur Tout ), −A die von der Maschine abgegebene Arbeit (s. Fig. 16.x). Wir betrachten verschiedene Spezialfälle von Gl. (16.21): (a) Qin = Qout : Dann ist Tin ≥ Tout , d.h. Wärmemengentransfer ohne Arbeitsleistung ist nur möglich von einer höheren zu einer niedrigeren Temperatur. Oder in der Formulierung des 2. Hauptsatzes von Clausius: Es gibt keine periodisch arbeitende Maschine, die nichts anderes bewirkt als einem Wärmespeicher eine Wärmemenge zu entziehen und sie an einen wärmeren abzugeben. (b) Qin > Qout , d.h. die Maschine leistet Arbeit: Dann ist Tin > Tout , d.h. mit der Arbeitsleistung ist notwendig der Transfer einer Wärmemenge Qout von einer höheren Temperatur zu einer niedrigeren Temperatur verbunden (also ein Energieeinsatz, der nicht als Arbeit verwendet wird). Definition des Wirkungsgrads η: η ist derjenige Bruchteil der der Maschine zugeführten Wärmemenge, der in Arbeit umgewandelt wird: η = Qin − Qout Qout Tout −A = = 1 − ≤ 1 − Qin Qin Qin Tin (22) (c) Qout > Qin , d.h. die Maschine nimmt Arbeit auf. Dann ist Tout > Tin möglich, d.h. Transfer einer Wärmemenge Qout zu einer höheren Temperatur durch Arbeitsleistung. Im Spezialfall Qin = 0 findet vollständige Verwandlung von Arbeit in Wärme statt (Reibung). Eine derartige Maschine dient als Wärmepumpe oder als Kältepumpe. Bei einer Wärmepumpe interessiert man sich für die Wärmemenge Qout , die bei der höheren Temperatur Tout > Tin abgegeben wird, ihr Wirkungsgrad ist ηW = Qout Qout 1 1 > 1. = = Qin ≤ in A Qout − Qin 1 − TTout 1 − Qout Schon Thomson wies darauf hin, daß diese Heizmethode effektiver ist als die direkte Verwandlung von Arbeit in Wärme (bei elektrischer Heizung ist η W = 1). Das Kennzeichen der Wärmepumpe ist Qin 6= 0: Während bei elektrischer Heizung (Qin = 0) die zugeführte Arbeit nur dazu dient, dem Ausgangsreservoir die Wärmemenge Qout zur Verfügung zu stellen, wird diese Arbeit in der Wärmepumpe dafür eingesetzt, Wärme aus einem zweiten, kälteren Reservoir auf erhöhter Temperatur in das Ausgangsreservoir zu transferieren. Besonders deutlich ist der Unterschied für Reservoire endlicher Größe: Bei elektrischer Heizung erwärmt die zur Verfügung stehende Arbeit die Arbeitssubstanz im einzigen vorhandenen Ausgangsreservoir, die Wärmepumpe setzt die zur Verfügung stehende Arbeit ein, um ein zweites Reservoir abzukühlen und das Ausgangsreservoir entsprechend stärker zu erwärmen. Bei einer Kältepumpe interessiert man sich für die Wärmemenge Qin , die dem Reservoir mit der tieferen Temperatur entzogen wird und der Wirkungsgrad ist ηK = Qin Qin = = A Qout − Qin 1 ≤ −1 Qout Qin 1 > 1. −1 Tout Tin η K > 1 ist möglich, aber nicht zwingend notwendig. Unter Umständen ist es vorteilhaft, in mehreren Schritten abzukühlen. 16.8 Spezielle Kreisprozesse Kreisprozesse setzen sich häufig angenähert aus Teilprozessen folgender Typen zusammen: Isotherme Prozesse Isobare Prozesse Isochore Prozesse Adiabatische Prozesse Zustandsänderungen bei konstanter Temperatur bei konstantem Druck bei konstantem Volumen ohne Wärmezufuhr Darstellung von Kreisprozesen im p − V und T − S Diagramm (Fig. 16.xx). Wichtige Kreisprozesse sind: (a) Der Carnotprozess: Ein besonders einfacher Prozess, bei dem die Anwendung des Mittelwertsatzes in Gl. (16.20) trival wird, ist der Carnotprozess, bei dem die Wärmezufuhr und -abfuhr bei konstanten Temperaturen erfolgt, also entlang von Isothermen. Die Verbindung zwischen den beiden Isothermen bilden zwei Teilprozesse ohne Wärmeaustausch, d.h. entlang von Adiabaten (Fig.16.x). Umlauf im Uhrzeigersinn: Arbeit nach außen ab H pdV > 0, T dS > 0, das System nimmt Wärme auf und gibt H Umlauf gegen den Uhrzeigersinn: pdV < 0, T dS < 0, das System nimmt Arbeit auf und gibt Wärme nach außen ab, es arbeitet als Wärmepumpe bzw. Kältemaschine. H H (b) Der Ottoprozess (c) Der Stirlingprozess (d) Der Claudeprozess (e) Das Lindeverfahren zur Luftverflüssigung Anhang 16.1 Entropie und statistischer Operator in den verschiedenen Gesamtheiten (a) kanonische Gesamtheit: Es gilt ρkan = exp(−βH)/Z, also hln ρkan i = − ln Z − βE. Mit ln Z = Φ(E) − βE ist dann −kB hln ρkan i = kB ln Φ = S (23) (b) makrokanonische Gesamtheit: Es gilt ρmakrokan = exp(−β(H−µN )/Y , also hln ρmakrokan i = − ln Y − βE + βµN. Mit ln Y = Φ(E) − βE + βµN ist dann −kB hln ρmakrokan i = kB ln Φ = S (24) (c) mikrokanonische Gesamtheit: Es gilt ρmikrokan = X 1 1 P = hn| |ni Φ(E, V, N ) Φ(E, V, N ) n und damit Sp(ρmikrokan ln ρmikrokan ) = = Sp (ρmikrokan [− ln Φ + ln P ]) X − ln Φ Spρmikrokan + hn|ρmikrokan (ln P )|ni n und damit wegen Spρmikrokan = 1 und ln P |ni = 0 (da P |ni = 1|ni, ∀|ni) −kB Sp(ρmikrokan ln ρmikrokan ) = kB ln Φ = S. Anhang 16.2: Beweis der Ungleichung 16.5 für die Entropie (a) Hilfssatz: Für positive, hermitesche Operatoren ρ und ρ1 mit Sp ρ = Sp ρ1 = 1 gilt Sp {ρ (ln ρ1 − ln ρ)} ≤ 0. (25) Beweis: (i) Darstellung von ρ durch Eigenvektoren: ρ = P n |nipn hn| (ii) Die Ungleichung ln A ≤ A − 1 gilt für jeden nicht negativen Operator A wegen ln x ≤ x − 1 für x ≥ 0. (iii) Umformung: Sp {ρ(ln ρ1 − ln ρ)} = X pn hn| ln ρ1 − ln ρ|ni = n ≤ pn hn| ln n X n X ρ1 |ni pn ρ1 pn hn| − 1|ni = Sp ρ1 − Sp ρ = 0. pn (26) Anwendung auf die kanonische Gesamtheit: Setze ρ1 = ρk und erhalte S [ρ] = −kB Sp (ρ ln ρ) ≤ −kB Sp (ρ ln ρk ) = −kB Sp (ρ(− ln Z − βH)) (27) (a) ohne Änderung des Wertes der makroskopischen Variablen E gilt Sp ρ = Sp ρk und Sp (ρH) = Sp (ρk H) und Gl. (16.xx) wird zu S [ρ] ≤ −kB Sp µ ρk (ln 1 exp(−βH)) Z ¶ = S [ρk ] (28) (b) bei Änderung des Wertes der makroskopischen Variablen Energie von E zu E0 (d.h. ∆E = E0 − E) gilt Sp ρ = Sp ρk und Sp (ρH) = E, Sp (ρk H) = E0 und Gl. (16.xx) wird zu S [ρ] µ ρk ln 1 Z ¶ ≤ −kB Sp + kB βE = −kB Sp (ρk (− ln Z − βH) − kB β(E0 − E) = −kB Sp (ρk (− ln ρk ) − 1 1 ∆E = S [ρk ] − ∆E T T (29) T ∆S ≥ ∆E (30) Mit S [ρk ] − S [ρ] =: ∆S ergibt sich Anhang 16.3 Beispiel: Ausdehnung eines idealen Gases Wir betrachten wie in 16.4 ein ideales, klassisches Gas, das vom Zustand V = Vi , T = Ti in den Zustand Vf = 2 Vi , Tf = Ti übergeht und dessen Entropie dabei um N kB ln 2 zunimmt. Wir vergleichen 3 verschiedene Arten, diese Zustandsänderung durchzuführen: (a) Isotherme, quasistatische Expansion: Das Gas gibt die Arbeit −δA = Z 2Vi Vi p dV = N kB T Z 2Vi Vi dV = N kB T ln 2 V ab, dabei wird quasistatisch isotherm die Wärmemenge δQ = −δA = N kB T ln 2 zugeführt und aus Gl.(8.5) ergibt sich die Entropieänderung in Übereinstimmung mit Gl.(16.11) (b) Isolierte, abrupte Expansion: In einem isolierten Kasten wird eine Trennwand herausgezogen (Gay-Lussac-Versuch). Damit wird die Ausdehnung eines abgeschlossenen Systems vom Volumen Vi auf das Volumen Vf realisiert. Da das System abgeschlossen ist, gilt E = const. (vgl. Gl.(16.11)), es wird jedoch weder Wärme noch Arbeit zugeführt. Anfangs- und Endzustand sind bekannt und es gilt nach Gl. (16.11) ∆S = Sf − Si = N kB ln 2 > 0 ∆S > 0 in einem abgeschlossenen System kennzeichnet diese Art der Zustandsänderung als irreversibel. Anschaulich bedeutet dies: Eine Volumverkleinerung kommt in einem abgeschlossenen System nicht vor. (c) Isolierte, quasistatische Expansion und anschließendes Aufheizen: Im ersten Schritt findet bei sehr langsamen Herausgleiten des Kolbens eine adiabatische Zustandsänderung statt, es gilt 3 dS = N kB d(ln V ) + N kB d(ln T ) = 0, 2 bzw. aufintegriert 2 2 ∆(1) (ln T ) = − ∆(1) (ln V ) = − ln 2. 3 3 Im zweiten Schritt wird bei konstantem Volumen quasistatisch Wärme zugeführt, es gilt dS = CV 3 dT = N kB d(ln T ). T 2 Der Endzustand soll die gleiche Temperatur wie der Anfangszustand haben, d.h. es gilt ∆(2) (ln T ) = −∆(1) (ln T ) und als Entropieänderung ergibt sich ∆S = 3 N kB ∆(2) (ln T ) = N kB ln 2 2 in Übereinstimmung mit Gl.(16.11).