Lösungsblatt 7

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Lösungen zum Aufgabenblatt 7
Logik und modelltheoretische Semantik
Universität München, CIS, SoSe 2016
Hans Leiß
Abgabe: Do, 6.6.2016, in der Übungsstunde
Aufgabe 7.1
(a) Zeige, daß für beliebige Formeln ϕ(x) und ψ(x) die Aussage
(∀xϕ ∨ ∀xψ) → ∀x(ϕ ∨ ψ)
allgemeingültig (in jeder Struktur A wahr) ist, aber nicht die umgekehrte“ Aussage
”
∀x(ϕ ∨ ψ) → (∀xϕ ∨ ∀xψ).
Gib für den zweiten Teil ein Gegenbeispiel an!
(b) Leiten Sie die Sequenz
⊲ (∀xϕ ∨ ∀xψ) → ∀x(ϕ ∨ ψ)
mit den Regeln des Gentzen-Kalküls für die Prädikatenlogik (vgl. Folien) her.
Lösung von Aufgabe 7.1 (a) Erster Teil: Sei A eine Struktur mit A |= ∀xϕ ∨ ∀xψ. Dann ist
mindestens eines der Disjunktionsglieder in A wahr, etwa A |= ∀xϕ. Für beliebiges a ∈ A ist
also [[ϕ]]A
[x/a] = 1 und damit auch
A
A
[[(ϕ ∨ ψ)]]A
[x/a] = max{[[ϕ]][x/a] , [[ψ]][x/a] } = 1.
Da das für alle a ∈ A gilt, ist [[∀x(ϕ ∨ ψ)]]A = min{ [[(ϕ ∨ ψ)]]A
[x/a] | a ∈ A } = 1, also
A |= ∀x(ϕ ∨ ψ).
Damit ist gezeigt, daß (∀xϕ ∨ ∀xψ) → ∀x(ϕ ∨ ψ) in jeder Struktur A wahr ist.
Zweiter Teil: Sei P ein einstelliges Relationszeichen, und ϕ(x) := P (x), ψ(x) = ¬P (x). Sei
A = (A, P A ) mit ∅ =
6 P A 6= A, etwa a, b ∈ A mit a ∈ P A , b ∈
/ P A . Offenbar ist
A |= ∀x(ϕ ∨ ψ), d.h. A |= ∀x(P (x) ∨ ¬P (x)),
aber
A 6|= ∀xϕ
wegen b ∈
/ P A,
A 6|= ∀xψ
und
wegen a ∈ P A .
Also ist A eine Struktur, in der ∀x(ϕ ∨ ψ) → ∀xϕ ∨ ∀xψ nicht wahr ist.
(b) Herleitung der Sequenz mit den Beweisregeln:
ϕ(x/x), ∀xϕ ⊲ ϕ, ψ
∀xϕ ⊲ ϕ, ψ
ψ(x/x), ∀xϕ ⊲ ϕ, ψ
(∀L)
∀xϕ ⊲ ϕ, ψ
(∀xϕ ∨ ∀xψ) ⊲ ϕ, ψ
(∀xϕ ∨ ∀xψ) ⊲ (ϕ ∨ ψ)
(∀xϕ ∨ ∀xψ) ⊲ ∀x(ϕ ∨ ψ)
(∀L)
(∨L)
(∨R)
(∀R, x!)
⊲ (∀xϕ ∨ ∀xψ) → ∀x(ϕ ∨ ψ)
(→ R)
Da ϕ(x/x) = ϕ und ψ(x/x) = ψ sind, sind die obersten Sequenzen Axiome.
Aufgabe 7.2
Beweisen Sie mit den Regeln des Gentzen-Kalküls der Prädikatenlogik die
folgenden Sequenzen:
(a) ∃x P (x), ∀x (P (x) → Q(x)) ⊲ ∃x Q(x)
(b) ⊲ ∀y[ϕ(x/y)] → ∀x ϕ, falls y ∈
/ frei (ϕ)
Da im Kurs die Umkehrung von (b) gezeigt wurde,
⊲ ∀x ϕ → ∀y[ϕ(x/y)],
falls y ∈
/ frei (ϕ),
können wir also einen Fall der Umbenennung gebundener Variablen“, nämlich
”
⊲ ∀y[ϕ(x/y)] ↔ ∀x ϕ,
falls y ∈
/ frei (ϕ),
mit den vorhandenen Regeln schon beweisen und brauchen dafür keine eigenen Beweisregeln.
Man überlege sich, daß man mit Hilfe der Schnittregel (siehe Folien) eine Annahme ∀xϕ durch
∀y[ϕ(y/x)] ersetzen darf, sofern y ∈
/ frei (ϕ). Ebenso für eine Behauptung ∀xϕ. Dasselbe muß
man analog für ∃xϕ machen.
Lösung von Aufgabe 7.2
(a) Wenn man den Beweis von unten nach oben konstruiert, muß man zuerst (∃L) anwenden,
dann (∀L) und (∃R), damit die Nebenbedinung an freie Variablen bei (∃L) erfüllt ist:
P (x), ∀x(P (x) → Q(x)) ⊲ Q(x), P (x)
P (x), ∀x(P (x) → Q(x)), Q(x) ⊲ Q(x)
P (x), ∀x(P (x) → Q(x)), (P (x) → Q(x)) ⊲ Q(x)
P (x), ∀x(P (x) → Q(x)) ⊲ ∃xQ(x)
∃xP (x), ∀x(P (x) → Q(x)) ⊲ ∃xQ(x)
2
(∃L, x!)
(→ L)
(∀L, ∃R)
(b) Da ϕ(x/y)(y/x) = ϕ ist, ist die oberste Sequenz im folgenden Beweis ein Axiom:
∀y[ϕ(x/y)], ϕ(x/y)(y/x) ⊲ ϕ
∀y[ϕ(x/y)] ⊲ ϕ
(∀ L)
∀y[ϕ(x/y)] ⊲ ∀xϕ
(∀R, x!)
⊲ ∀y[ϕ(x/y)] → ∀xϕ
(→ R)
Aufgabe 7.3 Die Regel zum Umgang mit Annahmen der Form ∃xϕ, also
Γ, ϕ ⊲ ∆
Γ, ∃xϕ ⊲ ∆
(∃L), falls x ∈
/ frei (Γ, ∆),
ist korrekt, d.h., wenn die Obersequenz allgemeingültig ist, dann auch die Untersequenz allgemeingültig ist. (Das können Sie selber zeigen, oder wir machen es in der Übungsstunde). [Eine
Sequenz Γ ⊲ ∆ hieß allgemeingültig, wenn die Formel
^
_
Γ→
∆
für jede Struktur A und Belegung g : Var → A wahr ist.]
Zeige durch ein Beispiel mit ϕ := P (x) und geeigneten Γ, ∆, daß die Regel (∃ L) ohne die
Nebenbedingung x ∈
/ frei (Γ, ∆) nicht korrekt ist.
Lösung von Aufgabe 7.3 Die Regel (∃ L) ist ohne die Nebenbedingung nicht korrekt: im
Beispiel
¬P (x), P (x) ⊲ P (x)
(∃L ohne die Nebenbedingung)
¬P (x), ∃x P (x) ⊲ P (x)
ist die Obersequenz allgemeingültig, denn bei jeder Struktur A und jedem g : Var → A ist
[[(¬P (x) ∧ P (x)) → P (x)]]A
g = 1,
da der wenn“-Teil den Wert 0 hat. Aber die Untersequenz ist nicht allgemeingültig, denn bei
”
A = ({a, b}, P A ) mit P A = {a} und g(x) = b ist die Untersequenz nicht wahr:
[[(¬P (x) ∧ ∃x P (x)) → P (x)]]A
g = 0,
da der wenn“-Teil wahr ist (g(x) = b ∈
/ P A , aber es gibt ein Element in P A , nämlich a), aber
”
A
der dann“-Teil (b ∈ P ) ist falsch.
”
3
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