Institut für Informatik der Universität München Prof. M. Hofmann Dipl.-Inf. Hermann Gruber SS 2008 04.06.2008 Übungen zur Vorlesung Logik für Informatiker Blatt 7 Aufgabe H-23: Sei L eine Sprache, Γ und ∆ Formelmengen, φ eine prädikatenlogische Formel, t ein geschlossener Term über L und c eine “frische” Konstante, die weder in L, noch in Γ, ∆, oder ϕ vorkommt. In der Vorlesung wurde gezeigt, dass sich durch Anwendung der Regel ∀-R auf allgemeingültige Prämissen nur allgemeingültige Sequenzen schliessen lassen. Beweisen Sie für die Regeln ∃-L und ∃-R in ähnlicher Weise die Korrektheit im folgenden Sinne: a) Wenn die Sequenz Γ, φ[c/x] =⇒L∪{c} ∆ allgemeingültig ist, so ist auch Γ, ∃x.φ =⇒L ∆ allgemeingültig. b) Wenn die Sequenz Γ =⇒L ∆, φ[t/x] allgemeingültig ist, so ist auch Γ =⇒L ∆, ∃x.φ allgemeingültig. Lösung H-23: Da die Korrektheit der Regeln von enormer Bedeutung ist (wenn man mit dem Sequenzenkalkül ungültige Schlüsse ziehen könnte, wäre ja der ganze Kalkül nutzlos!), hier nochmal ein ausführlicher Beweis. Zur Korrektheit der ∃-L Regel: Sei S1 die Sequenz Γ, φ[c/x] =⇒L∪{c} ∆ und S2 die Sequenz Γ, ∃x.φ =⇒L ∆. Nehmen wir an, S1 ist allgemeingültig. Wir müssen daraus folgern, dass S2 auch allgemeingültig ist, d.h. dass jede Struktur A für L die Sequenz S2 erfüllt. V Wir unterscheiden zwei Fälle: Falls A kein Modell für Γ ∧ ∃x.φ ist, so gilt offenbar A |= S2 (warum?). Im anderen Fall müssen wir zeigen, dass A auch ein Modell für ∆ ist. Die Idee ist wie folgt: Wir erweitern A geeignet zu einer Struktur B für L ∪ {c}, so V dass B ein Modell für Γ ∧ φ[c/x] ist; d.h. B interpretieren die Konstante c derart, dass B die Formel φ[c/x] wahr macht. Da wir B so konstruieren, dass B “im wesentlichen” dieselbe Struktur ist wie A, und damit auch ein Modell V W für Γ ist, schliessen wir daraus, dass B ein Modell für ∆ ist. S1 ist ja eine Tautologie. Da B und A im wesentlichen gleich sind, wissen wir dann, dass auch A ein Modell für ∆ ist. Jetzt die Details: Da wir eine Aussage über die Semantik machen wollen, müssen wir die Definition der Semantik einsetzen. Da A ein Modell für ∃x.φ ist, gibt es einen Wert ν in der Trägermenge |A|, so dass J φ KA [x 7→ ν] = tt. Das wissen wir ja aus der Definition der Semantik des Existenzquantors. Diesen Wert nehmen wir her als Interpretation der Konstante c in der Struktur B: Wir setzen die Interpretation für c als cB = ν, ansonsten ist B identisch1 mit A. Dann ist B ein Modell für φ[c/x]. Da das Symbol c in Γ nicht vorkommt, interpretieren die Strukturen AV und B diese Formelmenge genau in gleicher Weise, insbesonV dereVJ Γ KA = J Γ KB . Vorher haben wir vorausgesetzt, dass A ein Modell für W Γ ist, daher auch B. Da S1 ein allgemeingültiger Schluss ist, muss auch J ∆ KB = tt gelten. Da das Symbol c auch in ∆ nicht vorkommt, wird auch diese Formelmenge vonWbeiden Strukturen gleich interpretiert, insbesondere gilt wie gewünscht auch J ∆ KA = tt. Zur Korrektheit der ∃-R Regel: Sei S1 die Sequenz Γ =⇒L ∆, φ[t/x] und S2 die Sequenz Γ =⇒L ∆, ∃x.φ. Wieder setzen wir voraus, dass S1 allgemeingültig ist. Sei A eine beliebige Struktur für L. Wieder müssen wir folgern, dass A in der Tat ein Modell für S2 ist. V Wieder unterscheiden wir zwei Fälle. Falls A kein Modell für Γ ist, sind wir wieder fertig, denn “aus falschem darf man beliebiges schliessen”. Andernfalls W bleibt zu zeigen, W dass A auch ein Modell für ∆ ∨ ∃x.φ ist. Falls A bereits ein Modell für ∆ ist, dann auch für die Disjunktion mit ∃x.φ, und wir sind wieder fertig. Im übrigen Fall müssen wir zeigen, dass A Modell für die Formel ∃x.φ ist. Da S V1 allgemeingültig ist, ist W insbesondere A ein Modell für S1 . Da A ein Modell für Γ ist, aber nicht für ∆, muss gelten J φ[t/x] KA = tt. Intuitiv gibt uns die Interpretation des Terms t durch A den benötigten Zeugen in A, der die Aussage ∃x.φ rechtfertigt. Details: Sei ν ∈ |A| die Interpretation des Terms t durch A, also ν = J t KA . Dann gilt das sogenannte Substitutionslemma J φ[t/x] KA = J φ KA η mit η : {x} → |A|, x 7→ ν. (ohne Beweis). Die rechte Seite der obigen Gleichung schreibt man auch kurz als J φ KA [x 7→ ν]. Laut Definition der Semantik gilt J ∃x.φ KA = tt, falls es einen Wert µ in der Trägermenge gibt, so dass J φ KA [x 7→ µ]. Der Wert ν leistet das gewünschte, also ist A ein Modell für ∃x.φ. 1 Insbesondere hat B dieselbe Trägermenge, es wird nur eine Interpretation für c hinzugefügt.