Lösungen zum Aufgabenblatt 5 Logik und modelltheoretische Semantik Universität München, CIS, SS 2013 Hans Leiß Abgabetermin: Mi, 29.5.2013, in meinem Postfach (Druckerraum am CIS) Aufgabe 5.1 Zeigen Sie von der Regel Γ, α ⊲ ∆ Γ, β ⊲ ∆ Γ, (α ∨ β) ⊲ ∆ (∨L) des Gentzen-Kalküls, daß die Untersequenz genau dann gültig ist, wenn beide Obersequenzen gültig sind. (4 Punkte) Lösung von Aufgabe 5.1 (a) Angenommen, beide Obersequenzen sind gültig. Dann wissen wir: (i) Jede Belegung, die alle Aussagen aus Γ, α wahr macht, macht mindestens eine Aussage aus ∆ wahr, und (ii) jede Belegung, die alle Aussagen aus Γ, β wahr macht, macht mindestens eine Aussage aus ∆ wahr. Wir müssen zeigen, daß die Untersequenz gültig ist. Sei dazu h eine Belegung, die alle Aussagen aus Γ, (α ∨ β) wahr macht; wir müssen zeigen, daß h mindestens eine Aussage aus ∆ wahr macht. Wegen 1 = [[α ∨ β]]h = max([[α]]h , [[β]]h ) ist 1 = [[α]]h oder 1 = [[β]]h . Im ersten Fall macht h wegen (i) eine Aussage aus ∆ wahr, im zweiten Fall wegen (ii). (b) Angenommen, die Untersequenz ist gültig, also (iii) Jede Belegung, die alle Aussagen aus Γ, (α ∨ β) wahr macht, macht eine Aussage aus ∆ wahr. Wir zeigen zuerst, daß die Obersequenz Γ, α ⊲∆ gültig ist. Sei dazu h eine Belegung, die alle Aussagen aus Γ, α wahr macht. Dann wird [[α ∨ β]]h = max([[α]]h , [[β]]h ) = max(1, [[β]]h ) = 1, sodaß h auch alle Aussagen aus Γ, (α ∨β) wahr macht. Nach (iii) macht h dann mindestens eine Aussage aus ∆ wahr. Analog kann man zeigen, daß auch die zweite Obersequenz Γ, β ⊲ ∆ gültig ist. Aufgabe 5.2 Das “Koinzidenzlemma” Sind h, g : Var → A und h(x) = g(x) für x ∈ X ⊆ Var , so ist A (i) [[t]]A h = [[t]]g , falls frei (t) ⊆ X, A (ii) [[ϕ]]A h = [[ϕ]]g , falls frei (ϕ) ⊆ X. beweist man durch Induktion über den Term- und Formelaufbau. Zeige von Behauptung (ii) die Fälle, wo ϕ (a) eine atomare Formel R(t1 , . . . , tn ), (b) eine Konjunktion (ϕ1 ∧ ϕ2 ), und (c) eine Existenzformel ∃yψ ist. Dabei darf (i) als richtig vorausgesetzt werden. Beim Beweis durch Induktion über den Termaufbau (bzw. Formelaufbau) darf man zum Beweis der Behauptung für t (bzw. für ϕ) annehmen, daß die Behauptung für alle kleineren Terme als t (bzw. kleineren Formeln als ϕ) wahr ist. (Man muß ein bißchen aufpassen, was “die Behauptung” ist, z.B. muß man folgende Behauptungen über Terme t unterscheiden: A (a) falls frei (t) ⊆ X, so ist [[t]]A h = [[t]]g A (b) für alle h, g : Var → A und X ⊆ Var mit frei (t) ⊆ X ist [[t]]A h = [[t]]g Welche sollte man hier beweisen, und warum? Analog bei Behauptungen über ϕ.) (6 Punkte) Lösung von Aufgabe 5.2 (a) ϕ ist die atomare Formel R(t1 , . . . , tn ): Dann haben wir [[ϕ]]A = [[R(t1 , . . . , tn )]]A h h A = RA ([[t1 ]]A h , . . . , [[tn ]]h ) (nach Def. von [[·]]A h) A = RA ([[t1 ]]A g , . . . , [[tn ]]g ) (nach (i)) = [[R(t1 , . . . , tn )]]A g (nach Def. von [[·]]A g ) = [[ϕ]]A g (b) ϕ ist die Konjunktion (ϕ1 ∧ ϕ2 ): Dann haben wir A B [[(ϕ1 ∧ ϕ2 )]]A = [[ϕ1 ]]A h h · [[ϕ2 ]]h A B = [[ϕ1 ]]A g · [[ϕ2 ]]g (nach Induktionsannahme) = [[(ϕ1 ∧ ϕ2 )]]A g . (c) ϕ ist ∃xψ: Zur Vereinfachung der Schreibweise benutze ich max(X) für Mengen X ⊆ B. [[∃xψ]]A = max{ [[ψ]]A h h[x/a] | a ∈ A } = max{ [[ψ]]A g[x/a] | a ∈ A } (nach Induktionsannahme) = [[∃xψ]]A g . Beachte, daß frei (ψ) ⊆ X ∪ {x} und h[x/a](y) = g[x/a](y) für alle y ∈ X ∪ {x}, sodaß man die Induktionsannahme anwenden kann. 2