StOP I. Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Beachte Störmöglichkeiten der Oxygenisierung [wichtig: schnell erkennen, schnell reagieren] II. 1) Einengung der oberen Atemwege (z.B. Fremdkörper, Glottisödem, Wespenstich, Pseudokrupp) 2) Extrapulmonale Restriktion (Einschränkung) a) Einschränkung der Beweglichkeit des Thorax (z.B. Kyphoskoliose, Rippenserienfraktur) b) Verkleinerung der pulmonalen Austauschfläche (Thoraxhöhle↓) (z.B. Ergüsse, Tumore, Phrenikusparese, Fettsucht, Ileus) 3) Intrapulmonale Restriktion (Austauschfläche↓) (z.B. Atelektasen, Pneumonien, Aspiration, Pneumothorax) 4) Intrapulmonale Obstriktion (z.B. COLD, akuter Asthmaanfall) 5) Kardiovaskuläre Ursachen (z.B. Myokardinfarkt, Lungenembolie, schwere Anämie) 6) Neuromuskuläre Ursachen a) Störungen der neuromuskulären Reizübertragung (z.B. Myasthenia gravis, CIP) b) Verlust der Kontraktionskraft (z.B. Muskelatrophien, Muskeldystrophien) 7) Zentrale Ursachen (z.B. Intoxikationen, SHT, Hirnmassenblutungen, Encephalitis, Meningitis) 8) Veränderung der Einatemluft (z.B. CO, Reizgase) Differenziere: akutes Ereignis - Verschlechterung einer chronischen Erkrankung Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Chefarzt Dr. med. S. Kljucar Ltde. Oberärztin Dr. med. F. Liebenschütz 030 / 3035 – 41 55 Telefon: 030 / 3035 – 41 59 Telefax: [email protected] Email: Seite 1 von 9 Autor: Stand: Gültig bis: Datei: OA Dr. Santarelli März 2005 Januar 2006 stop - beatmung StOP III. Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Beurteile Vitalfunktionen im Komplex Atmung - Kreislauf - ZNS - Organfunktion -Wasser- und Elektrolythaushalt (SBH) Differenziere: - Zyanose - Dyspnoe - Stridor - pathologische Atemform - Schnappatmung - Atemstillstand - Atemfrequenz - Atembewegungen (Seitendifferenz) - Atemgeräusche - Perkussion - zentrale hypoxische Störungen Differenziere: Partialinsuffizienz - Globalinsuffizienz - Partialinsuffizienz: PaO2 ↓ PaCO2 normal - Globalinsuffizienz: PaO2 ↓ PaCO2 ↑ • „pulmonale Pumpschwäche“, „pulmonales Pumpversagen“ PaCO2 ↑ ≅ Funktion der alveolären Ventilation • sogen. „Lungenparenchymversagen“ PaO2 ↓ ≅ Funktion der FiO2 und der FRC IV. Atemmechanik: Normalwerte Atemfrequenz AZV Vitalkapazität inspiratorische Kraft Compliance = = = = = 12-15/Min 6-8ml/kg KG 30-70 ml/kg KG 50-100 mbar 50-100 ml/cm H2O = = > 75-100 mm Hg (10-13 kPa) 35-45 mm Hg (4,5-6 kPa) 400 Gasaustausch: PaO2 PaCO2 PaO2/FiO2 Keine Atemhilfe notwendig oder bei leichter Abweichung der Normalwerte Atemgymnastik + O2-Gabe sinnvoll. V. Strategie beim Einsatz von Atemhilfen Bereich A: Atemtherapie – Physiotherapie Folgende Kriterien werden erfüllt: Af < 40 AZV > 5 ml /kg KG PaO2 bei FiO2 < 0,4 ≥ 60 mm Hg PaCO2 < 60 mm Hg (COLD) > 90 % SaO2 Patient ist sensorisch nicht wesentlich beeinträchtigt; die Hämodynamik ist stabil. Seite 2 von 9 (8 kPa) (8 kPa) StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Bereich B: Af > 40 PaO2 bei FiO2 = 0,5 < 50 mm Hg PaCO2 > 80 mm Hg < 90 % SaO2 (6,5 kPa) (10,5 kPa) Patient wird zunehmend zentral beeinträchtigt. Die Hämodynamik ist beeinflußt. Hypertonie bei Hyperkapnie. Die Klinik ist von höherer Bedeutung! Schritt 1: Atemhilfe ohne mechanische Ventilationshilfe. CPAP über Maske, Tubus, Tracheostoma PEEP = 5 mbar, FiO2 ∼ 0,5 für 20 Min. (abhängig von Klinik). Wenn keine Besserung der Klinik und der BGA → Schritt 2. Schritt 2: Atemhilfe mit mechanischer Ventilationshilfe = augmentierende Atemhilfe (z.B. Druckunterstützung + CPAP, BIPAP, SIMV, MMV für 60 Min. - abhängig von Klinik -) z.B. Druckunterstützung < 15 mbar CPAP + 5 mbar Af < 40 Min. < 0,5 FiO2 SIMV-Frequenz: 5-10 Ist hierunter keine Stabilisierung zu erreichen → Schritt 3. Schritt 3: Kontrollierte Beatmung mit positivem endexspiratorischen Atemwegsdruck (CPPV, BIPAP). Bevorzugt drucklimitierte, volumenkontrollierte Beatmung, da dezellerierter Flow und konstanter Druck (≅ druckkontrollierter Beatmung) oder druckkontrollierte Beatmung. Weitere Einstellungen siehe auch unter Konzept der lungenprotektiven Beamtung. Wenn mit FiO2 > 0,6 PaO2 < 60 mm Hg, dann → Schritt 4. Schritt 4: Kontrollierte Beatmung mit Erhöhung des PEEP und Atemzeitverhältnisses I : E (CPPV + IRV, IR – BIPAP-APRV) Bevorzugt drucklimitierte, volumenkontrollierte Beatmung, da dezellerierter Flow und konstanter Druck (≅ druckkontrollierter Beatmung) oder druckkontrollierte Beatmung. Weitere Einstellungen siehe auch unter Konzept der Lungenprotektiven Beamtung. Seite 3 von 9 gleichzeitiger Veränderung des StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Bereich C: Additive Methoden - kinetische Therapie - Hämofiltration FiO2 > 0,6 über längeren Zeitraum (Tage): - Ausbildung von Resorptionsatelektasen, - Depression der mukoziliaren Clearance - Zerstörung von Surfactant - vermehrte Bildung von Sauerstoffradikalen, - Aktivierung von Makrophagen mit Freiwerden von Chemotoxin und konsekutiver Granolozyteneinschwemmung in die Lunge. Beatmungstherapie 1. Psychische Vorbereitung des Patienten. 2. Präoxygenisierung/Intubation nach Analgosedierung unter laufender Überwachung (z.B. 20 mg Etomidate, EKG, SaO2, Blutdruck) 3. Stabilisierung („Optimierung“) der Hämodynamik nach Wegfall des durch Hypoxie, Hyperkapnie und Azidose erhöhten sympathischen Vasomotortonus. - Korrektur einer eventuellen Hypovolämie, Aufrechterhaltung eines effektiven Blutvolumens - Maßnahmen zur Verbesserung des venösen Rückflusses - Inotropika 4. Grundeinstellung des Respirators - KONZEPT der lungenprotektiven Beatmung obere Druckgrenze = 35 mbar Pinsp = 20-30 mbar AZV = 4-8 ml kg KG AF = 12-20/Min. PEEP > 5 mbar Inspirationsdauer ≥ 35 %, Inspirationspause ≥ 10 % Flowtriggerung - „Permissive Hyperkapnie“ PaCO2 bis zu 10-12 kPa toleriert (=70-90 mmHg)! Cave: Kontraindikation: intracranieller Druck ↑ Krampfleiden pulmonale Hypertonie ↑ Seite 4 von 9 StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Veränderungen der Hämodynamik • Spontanatmung - Beatmung Spontanatmung RV Vorlast ↑ Intrathorakales BV ↑ LV Vorlast = EF → ____________________________________________________ Kontrollierte Beatmung CPPV RV Nachlast ↑ Vorlast ↓ FRC ↑ PAP, PVR ↑ LV Vorlast ↓ Nachlast ↓ ____________________________________________________ PEEP PVR ↑↑, FRC ↑ RV-Vorlast ↓, Nachlast ↑ RV-Kontraktilität ↓ LV-Nachlast ↓ Intrathorakales Blutvolumen ↓ Seite 5 von 9 StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Weitere Indikationen zur Intubation und Beatmung Die Indikation zur Intubation von Polytraumapatienten muß sehr großzügig gestellt werden. - Schädel-Hirn-Trauma (GCS < 8), Bewußtseinseintrübung (Basismaßnahmen des SHT, Aspirationsprophylaxe), leichte Hyperventilation: 8-10 l/kg KG AMV, PCO2 30-35 mm Hg. - ausgeprägter Schock (Schocktherapie zur Verhinderung des Multiorganversagens) - Thoraxtrauma („Prophylaxe“ des ARDS) - Gesichtsschädelverletzung (zunehmende Schwellungsgefahr) - massivste Schmerzen, Analgosedierung, Narkose. Bei Brandverletzten - Intubation und Beatmung ______________________________________ - Bewußtlosigkeit, schwerer Schock - schwere Begleitverletzung, Polytrauma (s.o.) - Dyspnoe bei Inhalationstrauma oder Verbrennung im Gesicht-/Halsbereich - Verdacht auf CO-Intoxikation bei Bewußtseinsstörung - Schmerztherapie, Narkose → bei Verbrennung > 20 % KOF drittgradig oder über 50 % zweitgradig obligat. Seite 6 von 9 StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Entwöhnung vom Respirator (Weaning) Die Entwöhnung vom Respirator beginnt dann, wenn der erste Schritt zur Verminderung der Invasivität der Atemhilfe eingeleitet wird. A. Voraussetzung für eine erfolgreiche Entwöhnung = Weaningkriterien - ständige ärztliche Überwachung gewährleistet - kein Schlafdefizit und klinisch relevanter Überhang an Hypnotika und Opiaten - stabiler Thorax - keine Flüssigkeitsretention - kein Zwerchfellhochstand bei Darmatonie - Hämostatus, Azidose, BZ und Elektrolyte ausgeglichen - kein „low output“ Syndrom, keine therapiebedürftigen Arrhythmien - adäquate respiratorische Situation (Beatmungsmodus, Rö.-Thorax, BGA) - adäquater cerebraler Funktionszustand (Kooperationsfähigkeit!) B. Reihenfolge der Rücknahme der Beatmungsinvasivität 1. Reduktion der inspiratorischen O2-Konzentration FiO2 ≤ 0,4 2. Atemzeitverhältnis I : E von 2 : 1 auf 1 : 2, schrittweise 3. Reduktion des PEEP auf 5 mbar 4. Anwendung von augmentierenden Atemhilfen (SIMV, BIPAP, Volumenunterstützung, CPAP, Druckunterstützung) 5. Reduktion und Anpassung der Analgosedierung Entwöhnungsstrategie über Atemhilfen SIMV / Druckunterstützung • SIMV-Frequenz anfangs 6-8/Min. ≅ 50 % Spontanatemfrequenz des Patienten. Druckunterstützung 15 mbar PEEP 8 mbar AZV bei Druckunterstützung sollte so groß wie bei SIMV-Atemzug sein. Seite 7 von 9 StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung • SIMV-Frequenz 3-5/Min. ≅ 30 % Spontanatemfrequenz des Patienten. Druckunterstützung 15 mbar PEEP 8 mbar • Druckunterstützung 15 mbar PEEP 8 mbar • Druckunterstützung in 2 mbar-Schritten reduzieren, PEEP in 1-2 mbar-Schritten reduzieren. • Umstellung auf CPAP 5-6 mbar → Bei unkomplizierter Entwöhnung können einzelne Stufen übersprungen werden! → CPAP-Phasen sollten in der Nacht mit augmentierenden Atemhilfen unterbrochen werden. Erholungsphase für den Patienten! Entwöhnungsstrategie über Atemhilfe BIPAP Die Entwöhnung findet durch Annäherung der beiden Druckniveaus Phoch und Pniedrig und durch Verlängerung der Zeit Tniedrig und damit Reduzierung der Beatmungsfrequenz statt, wenn vorhanden wird eine Druckunterstützung von 15 mbar eingestellt: - Reduktion der FiO2 auf < 0,4 anstreben - Reduzierung des I : E-Verhältnisses auf ≤ 1 : 1 - Reduzierung des PEEP (Pniedrig) auf 7-9 mbar - Reduzierung des oberen Druckniveaus in 2 mbar-Schritten bis ∆p von 12-15 mbar zwischen beiden Druckniveaus erreicht ist. - Dehnung der Phasenzeiten Thoch und Tniedrig auf 2,5 Sekunden (I : E = 2,5 : 3 sec) - schrittweise Verlängerung der Phasenzeit Tniedrig bis auf 12 Sekunden bei gleichzeitigem Thoch von 3 Sekunden (entspricht einer maschinellen Atemfrequenz von 4/min) - Umstellung auf CPAP mit etwa 6-8 mbar. Extubationskriterien von Seiten der Lungenfunktion Gasaustausch: PaO2 bei FiO2 < 0,4 PaO2/FiO2 PaCO2 SaO2 ≥ > ≤ > 60 mmHg (8 kPa) 200 45 mmHg (außer COPD) (6 kPa) 92 % Atemmechanik: Af AZV insp. Kraft < > ≥ 35/Min. 5 ml/kg KG 25 mbar → Bei Langzeitbeatmung nach Extubation auf jeden Fall CPAP-Maske! Seite 8 von 9 StOP Sicherstellung der Oxygenierung Indikation zur Beatmung Alarmierende Hinweise für Ermüdung und drohende respiratorische Insuffizienz: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Anstieg der Atemfrequenz Psychomotorische Unruhe Tachykardie, Herzrhythmusstörungen Blutdruckanstieg Sekretionsretention, unproduktives Husten „Schaukelatmung“ Abbruch der Entwöhnung bei Vorhandensein folgender Symptome: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Tachykardie > 120/Min. oder > 15 % des Ausgangswertes Anstieg von MAP > 15 mmHg innerhalb 10 Min. Anstieg des PCWP > 20 mmHg Atemfrequenz > 40/Min. Ischämiezeichen im EKG, APS, AV-Block Bradykardie und Blutdruckabfall Zunehmende Angst, psychomotorische Unruhe, Dyspnoe Progressiver Anstieg des PaCO2 Zunehmende Bewußtseinseintrübung! pH < 7,3 Mögliche Ursachen der schwierigen Entwöhnung vom Respirator 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Inadäquates AMV Erhöhte Totraumventilation, (COPD) Gesteigerter O2-Verbrauch (Fieber, Delir, Kältezittern, Krämpfe, Sepsis); erhöhte CO2-Produktion Fehlen der hypoxischen Stimulation des Atemzentrums (und der peripheren Rezeptoren) Großes intrapulmonales Shuntvolumen Anämie, Störung des O2-Transportes Vermehrte Sekretbildung in den Atemwegen Insuffizienz der Atemmuskulatur (inspiratorischer Sog unter 20 cm H2O) (CIP) Verminderte Compliance Niedriges HZV („low output“) Opiatentzugsphänomene, Sedativa-Überhang (Clonidin!) Psychisch bedingte Abhängigkeit vom Respirator Hypophosphatämie, Hypokaliämie __________________________________________________________________________ Erstellungsdatum: Erstellt von: Nächste Revision: Verantwortlich für die nächste Revision: 16.11.2000 OA Dr. med. H.-U. Schuhmacher, ITS Köpenick 01.06.2001 OA Dr. med. H.-U. Schuhmacher Seite 9 von 9