Radionale Labordiagnostik in der Endokrinologie. Aus den

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B A N D I N H A L T
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1994.
Springer-Verlag GmbH & Co. KG,
D-14197 Berlin
Der Internist
Organ des Berufsverbandes Deutscher Internisten e.V.
Organ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
Begründet von
G. Budelmann • H. von Kress • H. Reinwein
W. Rüge • H. Schwiegk • F. Valentin
Unter Mitwirkung von
H. Weinholz • W. Wildmeister • Hd. Ullmann
(Für den Vorstand des Berufsverbandes Deutscher Internisten e.V.)
R. Aschenbrenner • H.E. Bock • M. Broglie
F. Krück • F. Scheler • R. Schindlbeck
E. Schüller • K. Werdan • E. Wetzeis
Herausgegeben
von
M. Classen, München V. Diehl, Köln
J. van de Loo, Münster • M.P. Manns, Hannover
H.-P. Schuster, Hildesheim P.C. Scriba, München
W. Siegenthaler, Zürich • B.E. Strauer, Düsseldorf
P. von Wiehert, Marburg
Jahrgang 35 1994
Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest
B A N D
I N H A L T
Themen der Weiterbildung
Leitthemen der Hefte
Heft
1: Internistische Schmerztherapie
Heft
2: D i e Bedeutung der M o l e k u l a r b i o l o g i e
1
in der M e d i z i n
Heft
3: Der chronisch kranke Adoleszent
Heft
4: Kontroversen i n der Therapie
innerer E r k r a n k u n g e n
R ö n t g e n b e f u n d e bei Herzerkrankungen.
115
R ö n t g e n b e f u n d e bei Lungenerkrankungen
195
211
Lymphknotenvergrößerungen
301
Unklares Fieber
415
. . .
312
Hepatosplenomegalie
Heft
95
5: Bildgebende Verfahren i n der A n g i o l o g i e (I) . . . .
.
427
Univecsitats-
501
BibhotneK.
Muncnen
585
Das Differentialblutbild
Heft
6: Bildgebende Verfahren i n der Angiologie (IT)
Heft
7: Rationale L a b o r d i a g n o s t i k
. . .
515
673
Schock
in der Inneren M e d i z i n
599
Moderne Beatmungsformen.
. . .
785
. .
955
Heft
8: B r o n c h i a l k a r z i n o m
691
Prostatauntersuchung
Heft
9: Innere M e d i z i n und Psychiatrie
805
Arzneimitteltherapie i m A l t e r
891
Pruritus bei inneren Erkrankungen
1077
Paraneoplastische Syndrome
1175
HeftW:
AIDS
Heft 11: Bildgebende Verfahren in der K a r d i o l o g i e
Heft 12: Was ist gesichert i n der Therapie
. . . .
979
883
. . .
1085
I m nachfolgenden Verzeichnis sind die B e i t r ä g e zu den Thementeilen m i t * bezeichnet. Zahlen in K l a m m e r n = Heftnummer
II
Ü
B
E
R
S
I
C
H
T
Internist (1994) 35:626-632
© Springer-Verlag 1994
Zum Thema
Die Aufsplitterung des Gebiets der
Inneren Medizin in ihre Teilgebiete
wird einerseits ebenso häufig beklagt wie sie andererseits unvermeidlich ist. Je einfacher und klarer
aber diagnostische Empfehlungen
auch für den nicht spezialisierten
Internisten sind, umso verbindlicher wird dieser in die Diagnostik
eines Teilgebietes einbezogen. So
kann man feststellen, daß die von
der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie erarbeiteten diagnostischen Strategien einen Beitrag
dazu darstellen, einer übermäßigen
Spezialisierung
entgegenzuwirken.
Jeder Internist, der aufgrund
von Anamnese und klinischer Untersuchung zur Verdachtsdiagnose
einer endokrinen Störung kommt,
wird Basis- und fortführende Teste
zunächst in der ambulanten Praxis
ausführen können, bevor er seine
Patienten an den Spezialisten weiterleitet.
Schlüsselwörter
Hyperthyreose, Diagnostik - Hypothyreose, Diagnostik - Hyperkortiksolismus,
Diagnostik
P h ä o c h r o m o z y t o m , Diagnostik Hyperkalzämie, Diagnostik - Hypokalzämie, Diagnostik
Rationale Labordiagnostik
in der Endokrinologie
Aus den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft
für Endokrinologie*
1
2
P.C. Scriba und R. Ziegler
Medizinische Klinik, Klinikum Innenstadt der LMJJ
München,
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik Heidelberg
1
2
Diagnostische Rationalität erlaubt
sowohl rationelles Vorgehen als auch
ein klares Programm für Qualitätssicherung. Es lassen sich ferner die Situationen relativ klar beschreiben,
bei denen die Überweisung zum Spezialisten erforderlich wird.
Die Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen [1] läßt sich im Sinne
des Unterschiedes zwischen Ausschluß- und Nachweisdiagnostik sowie unter Trennung der Begriffe
Funktionsstörung und Schilddrüsenerkrankung gut strukturieren. Die
Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie hat mit ihren verschiedenen
Sektionen alle anderen endokrinologischen Spezialgebiete auf dem Konsensuswege mit diagnostischen Strategien versehen [2]. Dies sind die Themen Hypothalamus und Hypophyse,
Nebenschilddrüse und Kalziumhomöostase, endokrines Pankreas und
Diabetes mellitus, sonstiges endokrines Pankreas und gastrointestinale
Hormone, Nebennierenrinde, Nebennierenmark, männliche Gonaden,
weibliche Gonaden (Gynäkologie
und Geburtshilfe) sowie E r n ä h r u n g
und Stoffwechsel. Ein Auszug der
* Der Text wurde auszugsweise dem Sachstandsbericht 1993: Gesundheitsversorgung
u n d Krankenversicherung 2000, des Sachv e r s t ä n d i g e n r a t e s für die Konzertierte A k t i o n i m Gesundheitswesen, N o m o s Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1994, entnommen.
Die A u t o r e n danken H e r r n D r . O. Janßen,
M ü n c h e n , für die Erstellung der
Abb. 1-6
626
Empfehlungen wird hier gekürzt wiedergegeben.
Schilddrüse
1. Das Vollbild der Hyperthyreose
(Herzklopfen, Unruhe, Gewichtsverlust, Schwitzen, häufigerer Stuhlgang,
Schwäche, Tremor etc.) ist kaum zu
übersehen. Probleme machen dagegen monosymptomatische Verläufe
(tachykarde
Herzrhythmusstörungen) und oligosymptomatische A l tershyperthyreosen (Apathie, Schwäche, Gewichtsverlust).
A usschlußdiagnostik
Ein normaler
schließt eine
(Abb. 1).
:
basaler TSH-Wert
Hyperthyreose
aus
Nachweisdiagnostik:
Diese wird erforderlich, wenn das klinische Bild sehr verdächtig ist oder
wenn ein supprimierter TSH-Wert
bereits bekannt ist. Der Nachweis der
Hyperthyreose erfolgt mittels Bestimmung des freien Thyroxins. Nur wenn
das freie Thyroxin nicht erhöht ist,
muß durch Bestimmung des freien
Triojodthyronins eine sog. T3-Hyperthyreose nachgewiesen werden. Erst
nach der Sicherung der Funktionsstörung Hyperthyreose erfolgt die Zuordnung zu einer zugrunde liegenden
Schilddrüsenerkrankung!
• Bei sicherer endokriner Orbitopathie ist die immunogene Genese der
Manifestationen der
HYPERTHYREOSE:
endokrine
Orbitopathie
Herzklopfen, Durchfall,
Gewichtsverlust, Schwitzen,
Unruhe, Schwäche, Tremor,
tachykarde Arrhythmien,
Senium: Apathie, u.s.w.
cave: monosymptomatische
Thyreokardiopathien
STRUMA
SD-Knoten
(Neugeborenenscreening)
(Laborscreening]
|
T S H
| niedrig |
normal/hoch
fT4
hoch
normal
Ausschluß Hyperthyreose
HYPERTHYREOSE
(f)T3
hoch
| | normal
•
•
T4 od. T3 Therapie
T3-HYPERTHYREOSE
ja
nein
cave:
kompensierte Autonomie,
TSH-produzierender Tumor oder
Schilddrüsenhormonresistenz
grenzwertige
Hyperthyreose
endokr. Orbitopathie
ja
nein
pos.
• Bei der Hashimoto-Thyreoiditis findet man ein echoarmes Muster im
Sonogramm, reichlich Lymphozyten
im Feinnadelaspirat und Antikörper
gegen Thyreoglobulin oder thyreoidale Peroxidase im Serum (Häufigkeit in dieser Reihenfolge).
Tc. - Szintigraphie
warme Areale, Uptake t
ja
3. Symptome der
Schilddrüsenvergrößerung (Struma, Kropf) sind tastbare
Vergrößerungen oder Knoten und
Lokalbeschwerden im Sinne des
Drucks (Schluckbeschwerden, Einflußstauung), der Trachealpelottierung und -Verlagerung (Atemnot,
Stridor) sowie evtl. lokaler Schmerzen.
Die Schilddrüsensonographie
erlaubt zunächst die Sicherung der
Schilddrüsenvergrößerung
(Volumen) sowie die Beschreibung von
Knoten, Zysten und Echostruktur.
• Für den Nachweis der subakuten
Thyreoiditis de Quervain ist die Feinnadelbiopsie mit dem zytologischen
Nachweis von Riesenzellen beweisend (daneben erhöhte BKS).
•
TSHR-Ak
Morbus
BASEDOW
die Zuordnung zu einer zugrunde
liegenden
Schilddrüsenerkrankung
durch Anamnese (Schilddrüsenoperation?) oder durch Bestimmung von
Antikörpern gegen die thyreoidale
Peroxidase im Sinne des Nachweises
der ausgebrannten Autoimmunthyreoiditis. Ein niedriges TSH belegt die
seltene
hypothalamo-hypophysäre
Genese.
nein
t
solitäre, multifokale oder
disseminierte AUTONOMIE
^ cave: AK-neg. M. Basedow ohne endokr. Orbitopathie
Thyreotoxicosis fact.
Thyreoiditis, u.a.
Abb. 1. D i a g n o s t i k bei Verdacht auf Hyperthyreose
Hyperthyreose (Morbus Basedow) gesichert. Nur wenn keine Augenzeichen (endokrine Orbitopathie) vorliegen, ist die Bestimmung von Schilddrüsen-Peroxydaseantikörpern (Anti-TPO) und des TSH-Rezeptorantikörpers zum Nachweis der Immunpathogenese erforderlich.
• Bei Hyperthyreose (supprimiertem
TSH) liefert die Szintigraphie Hinweise zur Beteiligung des Schilddrüsengewebes: generalisiert (Immunhyperthyreose oder diffuse Autonomie)
bzw. lokalisiert (solitäres oder multifokales autonomes Adenom).
2. Die Symptome der Schilddrüsenunterfunktion (Müdigkeit, Verlangsamung, Kälteempfindlichkeit, Obstipation, trockene Haut, langsame
Sprache etc.) werden oft lange verkannt. Der großzügigere Einsatz der
Ausschlußdiagnostik, d.h. der Bestimmung des basalen TSH ist angebracht. Für den Nachweis der Hypothyreose
(klinisch wahrscheinlich
oder T S H erhöht) ist die Bestimmung
des freien Thyroxins ausreichend
(Abb. 2).
Auch hier erfolgt nach Sicherung
der Funktionsstörung Hypothyreose
• Die Symptome der Struma maligna
sind im Frühstadium der solitäre
rasch wachsende Knoten besonders
auch Rezidivknoten und vielleicht eine derbere Beschaffenheit. Eine Ausschlußdiagnostik im engeren Sinne
gibt es eigentlich nicht. Es geht vielmehr darum, bei gegebenem Leitsymptom Knoten, die Wahrscheinlichkeit der Malignität so klein wie
möglich zu halten. Hier ist Erfahrung
unersetzbar (Sonographie, Szintigraphie, Feinnadelaspiration, Zytologie).
Bei weiter bestehendem Verdacht
sind Operation und histologische Sicherung ausschlaggebend (prophylaktisch-diagnostische
Indikation).
Besondere Spezialkenntnisse erfordert das C-Zellkarzinom, insbesondere zusammen mit einem Phäochromozytom bei multipler endokriner
Neoplasie ( M E N I I ) .
627
Ü
B
E
R
S
I
C
H
T
Neugeborenen
Screening
Manifestationen der
HYPOTHYREOSE:
Müdigkeit, Obstipation,
Verlangsamung, trockene
Haut, Gewichtszunahme,
Myxödem, Bradykardie,
Kälteempfindlichkeit, u.s.w.
(Laborscreening)
TSH
niedrig/normal
Ausschluß Hypothyreose
hoch
f T4
cave:
zentrale Hypothyreose
(TSH- od. TRH-Mangel)
normal
niedrig
HYPOTHYREOSE
subklinische
Hypothyreose
Z.n. OP od. Radiatio,
antithyreoidale Therapie
nein
kürzlich
Schwangerschaft
ja
postpartale
Hypothyreose
ja
nein
iatrogene
Hypothyreose
•
Nebennierenmark
TPO-Ak(MAk)
hoch |
1 normal I
\
Ak-neg. Autoimmunthyreoiditis,
Dyshormonogenese u.a.
SD - Sonographie
STRUMA
ja
nein
•
HashimotoThyreoiditis
\
atrophische
Thyreoiditis
Abb. 2. Diagnostik bei Verdacht auf Hypothyreose
Nebennierenrinde
Die typischen Symptome des Cushing-Syndroms
(Vollmondgesicht,
Stammfettsucht, Hypertonie, Plethora, Amenorrhoe und Hirsutismus,
Muskelschwäche, Striae rubrae, hämorrhagische Diathese, Osteoporose)
werden oft lange übersehen. Der Test
zum Ausschluß eines Cushing-Syndroms ist der Dexamethasonsuppressionstest. Die weitere Diagnostik sollte von speziell erfahrenen Ärzten
durchgeführt werden, da adrenale,
628
pertonie mit einer Hypokaliämie von
weniger als 3,6 mmol/1. Diagnostisch
beweisend ist der Hyperaldosteronismus bei supprimiertem Renin. Die
weiterführende
Differentialdiagnose
gehört auf jeden Fall zu einem speziell Erfahrenen.
Die Symptome des Morbus Addison ( E r m ü d b a r k e i t , Schwäche, Gewichtsabnahme,
Pigmentvermehrung, Appetitlosigkeit etc.) sind meist
hinreichend für eine klinische Diagnose. Hyperkaliämie und Hyponatriämie k ö n n e n ebenfalls hinweisend
sein. Der beweisende Test ist der
ACTH-Kurztest (mit Cortisolbestimmung). I m Zweifelsfall m u ß schon bei
klinischem Verdacht schnell die Substitutionsbehandlung eingeleitet werden. Diagnostische Sicherung und
Differentialdiagnose kann man dann
dem speziell Erfahrenen überlassen.
Hypoaldosteronismus
(Hyperkaliämie!) wird p r i m ä r und s e k u n d ä r z.B.
im Rahmen des Diabetes mellitus beobachtet.
hypophysär-hypothalamische
und
ektope Krankheitsebenen zu differenzieren sind (Abb. 3).
Das adrenogenitale Syndrom fällt
durch
Virilisierungserscheinungen
bei Mädchen und Frauen bzw. frühzeitige Pubertät, endgültigen Minderwuchs und Fertilitätsstörungen beim
Mann auf. Die Diagnostik ist dem
speziell erfahrenen Arzt (Pädiater)
vorbehalten.
Primärer Aldosteronismus (ConnSyndrom): Die Symptome bestehen
in einer schwer korrigierbaren H y -
Paroxysmale oder Dauerhypertonie
sind Leitsymptome des
Phäochromozytoms. Es kann ferner durch Kopfschmerzen,
Temperaturerhöhung,
Schwitzen, Tachykardie, Tremor, U n ruhe, Blässe und Angina pectoris gekennzeichnet sein. Je jünger der
Hochdruckpatient ist, desto eher
wird man die
Ausschlußdiagnostik
(Bestimmung
der
Urinkatecholamine) durchführen (Abb. 4). Die weiterführende Diagnostik gehört zum
speziell Erfahrenen. Die Kombination des P h ä o c h r o m o z y t o m s mit dem
C-Zellkarzinom kommt bei M E N I I
vor (Familienscreening erforderlich).
Männliche
Gonaden
und weibliche
Gonaden:
Vgl. Originalpublikation [2], ferner
Der Internist, Heft 8 (1993).
H y p o t h a l a m u s und H y p o p h y s e
Leitsymptome:
Periodenstörungen, Kleinwuchs, Hypogonadisms, Durst, Gesichtsfeld-
Manifestationen des
HYPERKORTISOLISMUS:
[ Hypertonie]
(Oligo-, Amenorrhoe )
Stammfettsucht, rote Striae,
rotes Vollmondgesicht, Akne,
Büffelnacken, psychische
Störungen, Muskelschwäche,
Rückenschmerzen, Potenzund Libidoverlust
(Hirsutismus
Dexamethasontest
2 mg - ambulant
Suppression
Dexamethasontest
2 mg - stationär
Suppression
Dexamethasontest
8 mg - stationär
\
Suppression
Ausschluß
HYPERKORTISOLISMUS
ja
nein
ja
cave: endog.
DEPRESSION
ja
nein
nein
cave: Glukokortikoidlangzeittherapie
ACTH
niedrig
hoch
\
ACTH
hoch
M. C u s h i n g
ektope A C T H - B i l d u n g
Bronchial-, Pankreaskarziom, Karzinoid, u.a.
hypothalamisch
od. hypophysär
Cushing-Syndrom
Nebennierenrindentumor
Abb. 3. D i a g n o s t i k bei Verdacht auf Hyperkortisolismus
defekte, Hirnnervenausfälle, A k r o megalie/Gigantismus, Karpaltunnelsyndrom, Schwitzen, Galaktorrhoe/
Amenorrhoe, Libido- und Potenzverlust,
Gynäkomastie(?),
zufälliger
Röntgenbefund (Sella turcica), Hypoglykämieneigung,
Hypercortisolismus (s. Cushing-Syndrom) sind die
Leitsymptome der verschiedenen hypothalamisch-hypophysären K r a n k heitsbilder.
Ausschlußdiagnostik:
Eine regelmäßige Periode schließt bei
der Frau eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz praktisch aus. Normaler Bartwuchs und regelrechte K ö r perbehaarung sprechen beim M a n n
gegen eine HVL-Insuffizienz. Die Gonadotropinbestimmung ist der emp-
findlichste Test für die HVL-Insuffizienz.
Der Durstversuch mit Gewichtsund
Osmolalitätsbestimmung
im
Urin erlaubt den Ausschluß (und
Nachweis) des Diabetes insipidus. Differentialdiagnose: Diabetes mellitus,
Hyperkalziämie, Niereninsuffizienz,
psychogene Polydipsie. Für das Syndrom der inappropriaten ADH-Sekretion sind Ödeme und Hyponatriämie
wegweisend (Ausschluß und Nachweis erfolgt durch Bestimmung der
Osmolalität im Serum und Urin). F ü r
einen Ausschluß der Akromegalie
(und Nachweis) ist die Wachstumshormonbestimmung
unter
oraler
Glukosebelastung entscheidend.
Der isolierte Wachstumshormonmangel erfordert diagnostisch Stimulationsteste, die z.B. Wachstumshormonbestimmung unter körperlicher
Belastung erfordern (Überweisung
zum Spezialisten). Differentialdiagnose: Konstitutioneller Minderwuchs,
allgemeine schwere Erkrankung. Die
Hyperprolaktinämie
ist bei 3 normalen basalen Prolaktinwerten ausgeschlossen. Differentialdiagnose: idiopathische Hyperprolaktinämie, M i kro-, Makroprolaktinom, medikamenteninduzierte
Hyperprolaktinämie, Gravidität.
Bei inaktivem Hypophysentumor ist
der empfindlichste endokrine Test der
Nachweis des
hypogonadotropen
Hypogonadismus.
Zum Suchprogramm gehört ferner die Sellaspezialaufnahme (bzw. M R T ) und das Gesichtsfeld. Das
hypophysär-hypothalamische Cushing-Syndrom wird
durch einen normalen Dexamethason-Suppressionstest (Cortisol-Messung) ausgeschlossen (s. oben).
Die hier formulierten Ausschlußteste (z.T. auch bereits zum Nachweis
der genannten Erkrankung) sind geeignet, die eher unwahrscheinliche
Verdachtsdiagnose
auszuschließen.
Sie können zumeist auch vom weniger spezialisierten Arzt eingesetzt
werden. Die spezielle Diagnostik zum
Nachweis der hier genannten Syndrome und der diesen wiederum zugrundeliegenden vielfältigen Krankheiten
erfordern eine besonders intensive
Weiterbildung und machen daher in
aller Regel die Überweisung an einen
Spezialarzt erforderlich.
Nebenschilddrüsen
und Kaiziumhomöostase
Leitsymptome:
• Hyperkalziämie (Durst, Rücken-/
Knochenschmerzen, Nierenkoliken,
Schwäche, Verstimmung);
• Hypokalziämie (Tetanie, Katarakt
etc.);
• Osteoporose (Rückenschmerzen,
Frakturneigung, Minderung der Körpergröße);
• Osteomalazie (Knochenschmerzen,
Knochenverformungen,
Watschelgang);
• Morbus Paget (Knochenschmerzen, Engpaßsyndrome).
Der primäre
Hyperparathyreoidismus erfordert neben der Sicherung
629
Ü
B
E
R
S
I
C
H
T
Leitsymptome:
genetische Prädisposition:
hypertensive Krisen,
therapieresistente Hypertonie,
Hypertonie bei jungen Patienten,
Hypertonie mit schwerer Retinopathie,
Kardiomyopathie, Gewichtsverlust,
anfallsweise: Kopfschmerzen, Fieber,
Schwitzen, Tachykardie, Tremor,
Blässe, Hyperglykämie.
Familienanamnese für MEN-Ila/-Ilb
oder für Phakomatosen
klinisch stummer
Nebennierentumor
L
als Zufallsbefund (Sono)
Katecholamine im 24h-Urin
erhöht
normal
Endokrines Pankreas/
Diabetes mellitus
Phäochromozytom
unwahrscheinlich
bei typischer Klinik oder
bei familiärem Risiko
Clonidin-Test
Serum-Katecholamin-Bestimmung
Abfall |
Phäochromocytom
sehr unwahrscheinlich
nur in seltenen Ausnahmefällen
unter simultaner ct-Blockade
m u ß zwischen Vitamin-D und Kalziummangel einerseits und Phosphatmangel andererseits unterschieden
werden. In der Diagnostik des Morbus Paget dominieren die Bestimmung der alkalischen Phosphatase
und das Röntgenbild.
I kein Abfall
Gl. u k a g o n - T e - s t
CAVE!
Serum-Katecholamin-Bestimmung
kein Anstieg
Kein Phäochromocytom]
Anstieg
PHÄOCHROMOCYTOM
ggf. Kontrolle nach 6 Monaten j
Lokalisationsdiagnostik
Abb. 4. Diagnostik bei Verdacht auf P h ä o c h r o m o z y t o m
Grundsätzlich wichtig ist die Unterscheidung zwischen
Primärdiagnostik
und diagnostischer Beurteilung der
Einstellung
des Stoffwechsels eines
Diabetikers.
F ü r die Primärdiagnostik ist die
mehrfache
Blutzuckerbestimmung
unter definierten Bedingungen (nüchtern, postprandial) und die Berücksichtigung der akzeptierten Grenzwerte wichtig. Diese werden ergänzt
durch quantitative Harnzuckerbestimmung. Die Ausschlußdiagnostik
ist nicht nur bei typischen Symptomen (Durst, Müdigkeit, Hautinfektionen) sondern bei bestimmten
Risikokonstellationen (Übergewicht,
Verwandtschaft,
Schwangerschaftskomplikationen) bereits indiziert. Die
Zuordnung zum Typ I und I I ist
durch anamnestische Angaben möglich. Insulinbestimmungen sind nur
im Ausnahmefall zur Klassifikation
erforderlich.
Die Bestimmung des H b A dient
weniger der Diagnose, als vielmehr
der Langzeitbeurteilung der Einstellung in größeren Abständen. Die
mehrfach tägliche Blutzucker-Selbstbestimmung ist bei allen mit Insulin intensiviert behandelten Patienten
unbedingt erforderlich.
Bei allen Schwangeren sind Suchtest und bei positivem Ausfall orale
Glukosebelastung erforderlich.
l c
der Hyperkalziämie die Bestimmung
des intakten Parathormons. Zur Interpretation der Werte sind Albumin,
alkalische Phosphatase und Kreatinin erforderlich. Die Differentialdiagnose betrifft in erster Linie Malignome mit Hyperkalziämie (Abb. 5).
Beachte: Primärer Hyperparathyreoidismus bei M E N I (seltener bei
M E N IIa).
Bei jeder Tetanie ist die Primärfrage, ob es sich um eine normokalzämische oder hypokalzämische Tetanie
handelt. Die Parathormonbestimmung sichert gegebenenfalls den Hypoparathyreoidismus (Abb. 6).
Das labordiagnostische Minimalprogramm zum Ausschluß der sekundären Osteoporose erfordert die Bestimmung von Kalzium, Phosphat,
alkalischer Phosphatase, Kreatinin,
630
BKS, Differentialblutbild, Serumeiweiß, Elektrophorese und Immunelektrophorese im Blut sowie den
Proteinnachweis im Urin. Die bei negativen Befunden ausreichend gesichert idiopathische Osteoporose wird
röntgenologisch diagnostiziert. Indikationen zur Osteodensitometrie stellen Menschen mit Prädisposition zur
Osteoporose dar (Familienanamnese,
zierlicher K ö r p e r b a u mit Untergewicht und Hautatrophie, exzessives
Rauchen) sowie Patienten mit bekannten Ursachen der sekundären
Osteoporose.
Für die Osteomalazie braucht man
die alkalische Phosphatase sowie
Phosphat und Kalzium i m Serum
und Urin. Typische Röntgenveränderungen sind u.U. anhand eines Skelettszintigramms besser zu finden. Es
Sonstiges
endokrines
Pankreas,
gastrointestinale
Hormone:
vgl. Originalpublikation [2].
Ernährung und Stoffwechsel
Die Europäische Atherosklerose-Gesellschaft hat die
Hyperlipoproteinämie auf der Basis der Cholesterinund Triglyzeridwerte in Therapie-
Perspektiven
Manifestationen des pHPT:
Nephrolithiasis, -kalzinose
Knochenschmerzen, -frakturen
Osteopenie, peptische Ulzera,
Pankreatitis, Cholelithiasis
[Laborscreening)
i
i
I
Serumkalziumbestimmung
Funktionsstörungen:
Polyurie, Polydipsie, Übelkeit,
Erbrechen, Gewichtsabnahme,
Adynamie, Reflexabschwächung,
psychische Veränderungen,
Somnolenz, K o m a
( H Y P E R K A L Z Ä M I E ) (Normokalzämie)
V.a. Begleithyperkalzämie:
hämat. Systemerkrankungen,
Hyperthyreose, Malignome,
NNR-Insuffizienz, Immobilisation,
M. Paget, M. Boeck, Vit.-D Intox.,
Niereninsuffizienz, Medikamente
\
\
iPTH-Bestimmung
| hoch/normal |
ggf. Kontrollen
| supprimiertj"
\
Suche nach
anderen Ursachen:
Nierenretentionsparameter
normal
Niereninsuffizienz
vgl. Begleithyperkalzämie
•
pHPT]
autonomer sHPT
(= tertiärer HPT)
notabene: ggf.
symptomatische Therapie
mit Flüssigkeitszufuhr,
Furosemid & Diphosphonat
Lokalisationsdiagnostik,
Operation
Häufige Beschwerden und Befunde
(Symptome) können in der endokrinologischen Differentialdiagnose zu
einer durchaus aufwendigen Ausschlußdiagnostik führen. Der Arzt
m u ß im Einzelfall den denkbaren
Maximalaufwand („ich mache immer
alles", auch bei Kontroll-/Wiederholungsuntersuchungen) im Sinne eines
Ermessensspielraumes einengen. Arzt
und Patient haben hierbei ein individuelles Restrisiko zu akzeptieren.
Diagnostische Empfehlungen, die im
Sinne des Konsensus zu erarbeiten
sind, können hierbei hilfreich in dem
Sinne sein, d a ß der statistische H i n tergrund der allgemeinen Erfahrung
die H ö h e des Restrisikos einzuschätzen erlaubt. Qualitätssicherung würde dann zu bewirken haben, d a ß niemand zu ängstlich oder zu leichtfertig
wird. Wer aber regelmäßig extrem
unwahrscheinliche diagnostische We-
Fazit für die Praxis
Abb. 5. D i a g n o s t i k bei p H P T bzw. H y p e r k a l z ä m i e
gruppen eingeteilt. Der Durchführung dieser Diagnostik liegen v.a.
positive
Familienanamnese
und
Auftreten der Leitsymptome primärer Hyperlipoproteinämien zugrunde: Vorzeitige Atherosklerose (koronare Herzkrankheit, periphere arterielle Verschlußkrankheit), Diabetes
mellitus, Übergewicht, Xanthome,
Pankreatitis sind hier v.a. zu nennen.
Der diagnostische Konsensus geht dahin, d a ß neben der Bestimmung von
Cholesterin und Triglyzeriden auch
das HDL-Cholesterin im Serum erforderlich ist. Die weiterführende
Diagnostik wird dann meist vom
speziell interessierten Arzt durchgeführt. Der therapeutisch/prophylaktische Konsensus ist noch nicht ganz
einstimmig.
Die Adiposität
ist in der ganz
überwiegenden Zahl der Fälle eine
idiopathische Erkrankung, neben der
genetische Syndrome, hypothalamische und andere endokrine Erkrankungen sowie Medikamente als Ur-
sache sehr selten sind. Dementsprechend reicht in aller Regel die anthropometrische Beschreibung der A d i positas (z.B. Broca-Index oder Idealgewicht). Adipositas heißt mehr als
130% des Idealgewichts. Eine spezielle Diagnostik (z.B. Hormondiagnostik) ist nur erforderlich, wenn zusätzliche Symptome neben der Adipositas auf das Vorliegen eines genetischen Syndroms oder einer mit A d i positas einhergehenden hypothalamischen oder sonstigen endokrinen Erkrankung (Cushing-Syndrom, Hypothyreose, Hyperinsulinismus) hinweist. Die kardiovaskulären, pulmonalen und endokrinen metabolischen
Begleit- und Folgeerkrankungen der
Adipositas erfordern natürlich ihre
eigene Diagnostik.
Die endokrinen Funktionsstörungen bei Anorexia nervosa und Bulimie
sind sekundär, d.h. unter Gewichtszunahme reversibel. F ü r die Diagnostik dieser Erkrankung spielen sie
keine Rolle.
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie ist auf dem Wege des
Konsensus zu klaren Empfehlungen
für eine zweckmäßige endokrinologische Diagnostik gekommen. Die
sorgfältige Anamnese und die klinische Befunderhebung bilden selbstverständlich
die Grundlagen zu
weiterer differenzierender klinischchemischer Diagnostik.
In dieser Übersichtsarbeit wurden anhand von
Flußdiagrammen
verbindliche diagnostische Empfehlungen für folgende Krankheitsbilder gegeben:
1. Hyperthyreose
2. Hypothyreose
3. Hyperkortikosolismus
4.
Phäochromozytom
5. Hyperkalzämie
6. Hypokalzämie
Oft genügen nur wenige Untersuchungen, um eine endokrine Erkrankung
auszuschließen
oder
durch weitere gezielte klinisch-chemische Analysen oder Funktionsteste zu eindeutiger Diagnostik zu gelangen.
631
Ü B E
R S
I
C
Tetanisches Syndrom:
H
T
(Laborscreening)
Karpopedalspasmen, Chvostek-Z.,
Trousseau-Z., Parästhesien,
Fischmaulstellung, Durchfälle,
endokrines Psychosyndrom
i
I
Serumkalziumbestimmung |
Manifestationen des
Hypoparathyreoidismus:
Katarakt, Basalganglienverkalkung,
Zahnanomalien, Minderwuchs,
Candidamykose, Tetanie (s.u.)
\
( H Y P O K A L Z Ä M I E ) (Normokalzämie)
Stigmata des Pseudohypoparathyreoidismus:
bei Tetanie:
typ. Anamnese
Kleinwuchs, Rundgesicht,
Brachymetakarpie, -tarsie
iPTH-Bestimmung
potentielle Hypokalzämie:
normal/hoch
Z.n. O P oder Radiatio des Halses,
bei Polyautoimmunerkrankungen, u.a.
Blutgasanalyse
| normal]
| resp. Alkalose |
gen, ob dieses Soll deutlich unter oder
deutlich über dem gegenwärtigen Ist
des Aufwandes liegt. Was dagegen sicher erscheint ist, d a ß das hier deklarierte Soll des medizinisch Erforderlichen eine erhebliche Steigerung der
Qualität der Versorgung (Rationalität) bedeuten und die rationelle Vermeidung von Unnötigem sowie U n wirksamem i m Sinne der Qualitätssicherung erleichtern würde. M i t diesem Vorgehen würde auch die Definition des Leistungskatalogs der Krankenversicherungen erleichtert. Leistungsausschlüsse k ö n n t e n nicht nur
pauschal für einzelne Methoden, sondern mit besserer B e g r ü n d u n g auch
indikationsbezogen erfolgen.
Hypoparathyreoidismus
DD vgl, potentielle Hypokalzämie
•
Serumphosphatbestimmung
hoch
niedrig/normal)
normal | | niedrig
normokalzämische
Tetanien ohne HV
Nierenretentionsparameter
normal
Magnesiumbestimmung
Hyperventilationstetanie (HV)
Hypomagnesiämie
Niereninsuffizienz
I
[ Pseudohypopara[ thyreoidismus j
I
| sekundärer renaler
myperparathyreoidismus
sekundärer intestinaler
Hyperparathyreoidismus
Literatur
l . S c r i b a PC, B ö r n e r W, E m r i c h D , Gutekunst R, H e r r m a n n J, H o r n K , Klett M ,
K r ü s k e m p e r H L , Pfannenstiel P, Pickardt
C R , Reiners C, Reinwein D , Schleusener
H (1985) S c h i l d d r ü s e n f u n k t i o n s d i a g n o stik und die Diagnose v o n S c h i l d d r ü s e n krankheiten. Empfehlungen der Sektion
S c h i l d d r ü s e der Deutschen
Gesellschaft
für E n d o k r i n o l o g i e , 1985. Tntern Well
8:50-57, 7 8 - 8 6 ; sowie E n d o k r i n o l Inform
9:65-98
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(Hrsg) (1993) Rationelle D i a g n o s t i k in der
Endokrinologie einschließlich Diabetologie und Stoffwechsel. Ziegler R, Pickardt
C R , W i l l i g R P (Hrsg). Thieme, Stuttgart
Abb. 6. Diagnostik bei Tetanie bzw. H y p o k a l z ä m i e
ge eingeht, begibt sich in die Gefahr,
d a ß die Solidargemeinschaft seine
Ängste nicht oder nicht in vollem
Umfang finanzieren kann. Die Implementation der Qualitätssicherung
ist auch in diesem Sinne eine entscheidende, wichtige Zukunftsaufgabe.
632
Wenn zuverlässige epidemiologische Daten über Krankheitshäufigkeiten mit den auf dem Konsensuswege entstandenen Leitlinien für Diagnostik und Therapie zusammengebracht werden, ist so etwas wie ein
Soll des Aufwandes für die Medizin zu
ermitteln. Niemand kann heute sa-
Prof. D r . P.C. Scriba
Medizinische K l i n i k Innenstadt
der L u d w i g M a x i m i l i a n s U n i v e r s i t ä t
Ziemssenstraße 1
D-80336 M ü n c h e n
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