Falk Gastro-Kolleg Pädiatrische Gastroenterologie Obstipation bei Kindern und Jugendlichen Zusammenfassung Die chronische Obstipation und die häufig damit assoziierte Stuhlinkontinenz gehören zu den häufigsten chronischen gastroenterologischen Problemen im Kindes- und Jugendalter. Auch wenn sie zunächst als harmlos imponieren, so stellen sie für die betroffenen Kinder und deren Familien eine schwere Belastung dar und gefährden die langfristige psychische Entwicklung und die soziale Integration und erhöhen das Risiko einer Obstipation im Erwachsenenalter. Klinische Charakteristika, Diagnostik und Therapie bei Kindern unterscheiden sich grundlegend von der Situation bei Erwachsenen. In den meisten Fällen liegen im Kindesalter funktionelle Störungen ohne organische Erkrankungen zugrunde. Die wichtigsten organischen Ursachen für eine Obstipation im Kindesalter sind eine Kuhmilchallergie, Zöliakie, ein Morbus Hirschsprung, Analstenosen sowie neurologische Erkrankungen. Rein psychische Ursachen für Obstipation und Inkontinenz sind eher selten, allerdings finden sich psychiatrische Komorbiditäten in einem relevanten Prozentsatz der Fälle. Daneben sollte auf nephrologische Komorbiditäten besonders geachtet werden. Eine zielgerichtete Diagnostik beruht vor allem auf den einfachen Instrumenten Anamnese, klinischer Befund und Sonografie; weitergehende Untersuchungen sind nur in seltenen Fällen erforderlich. Die Therapie der chronischen Obstipation bei Kindern sollte durch die Entfernung angestauter Stuhlmassen im Rektum (Desimpaktion) eingeleitet werden. Anschließend ist eine langfristige und konsequente Therapie erforderlich. Neben Schulungsmaßnahmen sollten Stuhlweichmacher, in erster Linie Macrogol, in ausreichender Dosis, kombiniert mit verhaltenstherapeutischen Ansätzen eingesetzt werden. Die Therapie sollte regelmäßig auf ihre Effektivität geprüft und die Familie weiter begleitet werden. Dr. M. Claßen Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Pädiatrische Gastroenterologie Klinikum Links der Weser gGmbH Senator-Weßling-Str. 22 Bremen Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg Schlüsselwörter Obstipation | funktionelle Obstipation | Stuhlinkontinenz | Therapie | Macrogol Titelbild: Kolon-Kontrasteinlauf bei Morbus Hirschsprung 1 Obstipation bei Kindern und Jugendlichen Einleitung Die Obstipation gehört zu den häufigsten Störungen, mit denen ein Kinderarzt oder ein pädiatrischer Gastroenterologe konfrontiert wird. Gerade wegen der Häufigkeit und auch wegen der fehlenden direkten Gefährdung für die Gesundheit des Kindes wird die Obstipation oft nicht ernst genommen. Eine verspätete, inkonsequente Therapie begünstigt die Chronifizierung einer akuten Verstopfung – mit entsprechendem Risiko negativer Auswirkungen auf die Entwicklung eines Kindes und die Lebensqualität der Familie. Ursache für eine chronische Obstipation sind meist funktionelle Störungen, seltener organische oder psychische Erkrankungen. Klinische Charakteristika, Pathogenese sowie diagnostisches und therapeutisches Management unterscheiden sich in der Pädiatrie grundlegend von der Erwachsenenmedizin. Im folgenden Artikel soll ein umfassender, praxisorientierter Überblick über alle Aspekte einer chronischen Obstipation bei Kindern und Jugendlichen gegeben werden und die Leser in die Lage versetzen, Kinder mit Obstipation kompetent zu diagnostizieren und erfolgreich zu behandeln. Dabei sollen auch Aspekte der obstipationsassoziierten Stuhlinkontinenz beleuchtet werden. Definition der Obstipation Die Obstipation bei Kindern wird wie folgt definiert: Vorliegen von mindestens 2 der folgenden Kriterien: – Defäkationsfrequenz < 3 x/Woche – ≥ 2 Stuhlinkontinenzepisoden pro Woche – Periodisches Absetzen sehr großer Stuhlmengen 1 x/7–30 Tage – Tastbare Stuhlmassen im Abdomen oder im Rektum Es sei besonders darauf hingewiesen, dass die Inkontinenz als ein wichtiges und häufiges Teilsymptom in der Definition enthalten ist. Erwachsenenkriterien der Obstipation, die sich vorwiegend an der Stuhlfrequenz orientieren, sind wegen der großen altersabhängigen Variabilität der Defäkationsfrequenz bei Kindern nicht anwendbar [1]. Die normale Stuhlfrequenz ist von Ernährung, Flüssigkeitszufuhr und Bewegung, besonders aber vom Alter des Kindes abhängig. Die Erfahrung zeigt, dass bei ausschließlich mit Muttermilch ernährten Säuglingen der Normalbereich der Darmentleerungsfrequenz besonders hoch ist; die Spannweite des Normalbereichs liegt zwischen 8 Entleerungen pro Tag und 1 Entleerung pro 14 Tage! Wichtig ist, dass bei Säuglingen immer nach organischen Ursachen zu suchen ist, da funktionelle Ursachen praktisch nicht vorkommen. P Die Stuhlfrequenz hat bei Kindern eine altersabhängige Variabilität und eignet sich deswegen nicht als alleiniges diagnostisches Kriterium der Obstipation. Ab dem Kleinkindalter liegen hingegen in > 95% funktionelle Störungen zugrunde [2]. Eine funktionelle Obstipation wird gemäß der ROM-III-Klassifikation definiert [1]. Funktionelle Obstipation – diagnostische Kriterien (Definition nach ROM III [1]): Es müssen mindestens 2 der folgenden Kriterien erfüllt sein bei einem Kind mit einem Entwicklungsalter von wenigstens 4 Jahren: – ≤ 2 Defäkationen auf der Toilette pro Woche – Mindestens 1 Episode einer Stuhlinkontinenz pro Woche – Beobachtung von Haltemanövern – Anamnese von schmerzhaften oder harten Stühlen – Nachweis einer großen Stuhlmasse im Rektum – In der Vorgeschichte großkalibriger Stuhl, der die Toilette obstruiert Diese Kriterien müssen mindestens einmal pro Woche für wenigstens 2 Monate vor Diagnosestellung erfüllt sein. 2 Epidemiologie der Obstipation Die Prävalenz der Obstipation bei Kindern ist weltweit sehr unterschiedlich und Daten variieren nach einer Metaanalyse zwischen 0,7–29,6%, wobei hierfür sowohl unterschiedliche Diagnosekriterien und untersuchte Altersgruppen als auch kulturelle Gewohnheiten verantwortlich sind [3]. In einer allgemeinen Vorsorgesprechstunde in den USA lag bei sonst gesunden Kindern zwischen 4 und 17 Jahren die Prävalenz der Obstipa­tion bei 22,6% (funktionell 18%, akut 4,6%). Bei 4,4% der Kinder lag eine Stuhlinkontinenz vor (bei 95% obstipationsassoziiert). Bei gleichzeitig vorliegender Harninkontinenz war die Prävalenz der Obstipation verdoppelt [4]. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Prävalenz der Obstipation über die letzten Jahre – möglicherweise als Folge der veränderten Lebensgewohnheiten – angestiegen ist [5]. Die Prävalenz der Stuhlinkontinenz bei Kindern ist vorwiegend vom Alter abhängig: Die Züricher Längsschnittuntersuchungen fanden bei 1–3,1% der Schulkinder eine Stuhlinkontinenz mit einem Geschlechterverhältnis von w:m 1:3 [6]. Der Beginn der Sauberkeitserziehung scheint keinen Einfluss auf die Prävalenz einer Stuhlinkontinenz zu haben. Lebensqualität bei chronischer Obstipation Auch wenn weder die Obstipation noch die Stuhlinkontinenz die Gesundheit der Kinder direkt bedrohen, so haben sie doch erhebliche Auswirkungen auf die soziale und emotionale Entwicklung der Kinder und die Lebensqualität der Familien. Die Beeinträchtigung wird als vergleichbar mit anderen chronischen Erkrankungen wie CED (chronisch entzündliche Darmerkrankungen) eingestuft; eine Verbesserung tritt nach effektiver Therapie der Obstipation ein [7]. Diese Daten unterstützen die Notwendigkeit, die Obstipation bei Kindern nicht nur als harmlose Befindlichkeitsstörung einzustufen, sondern konsequent anzugehen. P Die Einschränkung der Lebensqualität von Eltern eines Kindes mit chronischer Obstipation ist erheblich und entspricht der von Kindern mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Symptome und klinische Zeichen Die über die klinischen Kriterien hinausgehenden Symptome der chronischen Obstipation sind vielgestaltig. Leider können die Symptome nur teilweise dazu beitragen, funktionelle Ursachen von organischen zu differenzieren. Eine Reihe von Warnzeichen („red flags“) sollte aber als Hinweis auf organische Störungen berücksichtigt werden und Anlass zu weitergehender Diagnostik sein (Tab. 1). Warnzeichen („red flags“), die Hinweis auf eine organische Ursache der Obstipation sind und eine Indikation für eine weiterführende Diagnostik darstellen Tab. 1 – Später erster Mekoniumabgang > 48 Stunden postpartal – Beginn der Obstipation bald nach der Geburt bzw. im Säuglingsalter – Beginn der Obstipation nach Einführung von Kuhmilch oder Beikost – Leeres Rektum bei digitaler Untersuchung –B leistiftartiges Kaliber des Stuhls (kommt auch bei schwerer funktioneller Obstipation vor) – Auffälliger Anus (Position, Stenose) –P rimäre, anhaltende Harninkontinenz (neurogene Störung beider Systeme? Auch an sexuellen Missbrauch denken!) – Gedeihstörung, Inappetenz, Erbrechen, Fieber, Ileus –B egleitende Entwicklungsstörung, verspätetes Erreichen der Meilensteine der statomotorischen Entwicklung – Polyurie/Polydipsie – Psychische Komorbiditäten (Autismus, Depression, ADHS, Missbrauch) – Therapieresistenz trotz konsequenter Durchführung der Maßnahmen 3 Bei Kindern mit funktioneller Obstipation berichten viele Eltern von Situationen mit „willkürlichem“ Defäkationsaufschub durch Kreuzen der Beine, Streckung im Hüft­ gelenk und Überstreckung der Wirbelsäule nach hinten. Häufig kommt es im Stehen nur zur Entleerung kleiner Portionen in die Windel trotz heftigen Pressens, meist auch als Ausdruck einer partiell unterdrückten Entleerung. Diese Beobachtungen sind Ausdruck der Angst vor der Stuhlpassage. Die Stuhlinkontinenz mit Verlust weichen Stuhls als eines der Kardinalsymptome der Obstipation bei Kindern (in 75–90% der Fälle!) wird leider häufig als „Durchfallserkrankung“ verkannt oder als Verhaltensproblem eingestuft. Insofern sollte gerade bei einer Stuhlinkontinenz im Kindesalter immer nach einer Obstipation gesucht werden. Kleinkinder können nach mehrtägigem Stuhlverhalt verhaltensauffällig werden, wirken bedrückt und verschlossen, vermeiden körperliche Aktivitäten und konzentrieren sich ganz darauf, den Stuhl zurückzuhalten (35–45%) [8]. Die Stuhlretention kann auch zu vermindertem Appetit und einer Gedeihstörung beitragen (10–25%). Ältere Kinder klagen zum Teil über Bauchschmerzen, wobei das Symptom Bauchschmerz bei chronisch obstipierten Kindern nur in 10–70% auftritt. P Die Stuhlinkontinenz mit Verlust weichen Stuhls ist eines der Kardinalsymptome der chronischen Obstipation bei Kindern. Pathogenese der funktionellen chronischen Obstipation Eine Verstopfung sollte bei jedem Kind zunächst als Symptom verstanden und die zugrunde liegende Erkrankung und assoziierte Komorbiditäten gesucht werden. Die Ätiologie muss dann bei der Planung der Therapie berücksichtigt werden. Bei der in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle (> 95%) vorliegenden funktionellen Obstipation sind organische Ursachen nicht bekannt. Der Beitrag konstitutioneller und genetischer Faktoren (z. B. langsamer Transport im Kolon, Reifungsverzögerung des enterischen Nervensystems) zur Pathogenese wurde bisher unzureichend erforscht. Auch für die ätiologische Bedeutung der Ernährung und der Trinkmenge gibt es viel weniger Evidenz als dies die Empfehlungen in gängigen Ratgebern vermuten lassen. In der großen Mehrzahl steht am Beginn der „Obstipationskarriere“ im Kleinkindalter ein Erlebnis mit schmerzhafter Defäkation, z. B. durch großes Stuhlkaliber, bei perianaler Entzündung oder nach Ernährungsumstellung bzw. ähnlichen Ereignissen, aber auch nach regelmäßiger rektaler Temperaturmessung [9]. In der Folge vermeiden die Kinder die als unangenehm empfundene Darmentleerung. Daraufhin erweitert sich das Rektum, das Stuhlkaliber wird größer, sodass die nächste Stuhlpassage erneut zu schmerzhaften Erfahrungen führt. Schließlich verselbstständigt sich diese Sequenz dann im Sinne eines Circulus vitiosus, auch wenn der Auslöser längst beseitigt ist. Mithilfe der Rektomanometrie kann man demonstrieren, dass bei vielen obstipierten Kindern ein paradoxes Defäkationsverhalten vorliegt: Während der Betätigung der Bauchpresse zur Defäkation spannen die Betroffenen (meist unbewusst) den Sphinkter externus und den Musculus puborectalis an, statt diese zu entspannen. So gelingt es trotz der intraabdominellen Druckerhöhung nicht, den Darm effektiv oder komplett zu entleeren. Diese Funktionsstörung wird als Analsphinkter-Dyssynergie bezeichnet, in der Erwachsenenmedizin wird auch der Begriff Anismus benutzt [10]. Eine Übersicht der Trigger funktioneller Störungen ist in Tabelle 2 zusammengestellt. Oft lassen sich solche am Beginn der Problematik stehenden Ereignisse später nur noch anamnestisch erfragen und nicht mehr klinisch nachweisen. Typische Trigger für die Entstehung einer funktionellen chronischen Obstipation bei Kindern zwischen 1–5 Jahren: schmerzhafte/unangenehme Erfahrungen am Anus P Am Anfang der Entwicklung einer chronischen funktionellen Obstipation bei Kleinkindern steht häufig ein Erlebnis mit Schmerzen am Anus (großes Stuhlkaliber, perianale Entzündung oder anale Manipulationen). Tab. 2 – Akute Obstipation (z. B. als Folge von Fieber, Dehydratation, Toilettentraining, …) – Willkürlicher Stuhlverhalt bei Nichtverfügbarkeit einer Toilette – Perianale Entzündung, Fissuren – Streptokokken-Infektion – Regelmäßige Manipulationen am Anus (Temperaturkontrollen, Suppositorien, Klysma) – Inadäquates Management eines akuten Stuhlverhalts (rektal-digitale Untersuchung, Abwarten, Klysma, nur Diätmodifikation, …) 4 Die immer wieder unterdrückte Darmentleerung führt zu einer zunehmenden Speicherung von Stuhl in der Ampulle und zu einer erhöhten Compliance des Rektums. Wegen der chronischen Überdehnung ist die Wahrnehmung des Füllungsgrads des Rektums vermindert. Das dilatierte Rektum verkürzt zudem den Analkanal, oft mit der Konsequenz eines unwillkürlichen Verlusts von Stuhl im Sinne von Stuhlschmieren (ausführliche Darstellung der Stuhlinkontinenz s. unten). Die im Zentrum der Problematik stehende Erweiterung des Rektums, die über Monate entstanden ist, bildet sich auch unter Therapie oft erst nach einer ebenso langen Zeit wieder zurück. Dies ist ­einer der Gründe für die Notwendigkeit einer langen Behandlungsdauer. Grundsätzlich ist das Erlernen der willkürlichen Kontrolle der Stuhlausscheidung wegen der Komplexität der Funktionsabläufe und der Vielzahl der Einflussfaktoren relativ störanfällig. Als besonders vulnerabel muss die Phase zwischen dem 1. und 4. Lebensjahr gelten. Kommt es dann zu einer Störung, können die Kinder den physiologischen Ablauf oft nicht wieder selbstständig in Funktion bringen. Bei älteren Kindern können Störfaktoren zwar eine akute Obstipation verursachen, die Gefahr einer Chronifizierung der Störung ist erfahrungsgemäß jedoch geringer. Wie beschrieben, hat eine länger­fristige Stuhlretention auch Konsequenzen für die Kontinenzentwicklung – eine Begründung dafür, eine frühzeitige und effektive Therapie der Obstipation gerade bei Kleinkindern zu fordern. Differenzialdiagnose und organische Ursachen der chronischen Obstipation Organische Erkrankungen und Fehlbildungen sind zwar selten (< 5%) Ursache der Obstipation, jedoch muss eine Vielzahl verschiedener Erkrankungen differenzial­ diagnostisch berücksichtigt werden. Die häufigsten und klinisch bedeutsamsten sind in Tabelle 3 aufgeführt [8, 11]. Im Folgenden soll auf klinisch besonders relevante und häufige Störungen eingegangen werden. Hinweise auf das Vorliegen organischer Erkrankungen sind in Tabelle 1 aufgeführt. Organische Ursachen der chronischen Obstipation Tab. 3 •Obstruktion im Bereich des Anus: – Streptokokken-Infektionen des Anus – Ventral verlagerter (dystoper) Anus, angeborene Analstenose, Analatresie (auch post-OP) – M. Hirschsprung, neuronale intestinale Dysplasie Typ B, Sphinkterachalasie – Störungen der afferenten oder efferenten Innervation des Rektums und Sphinkters (z. B. Myelomeningozele, „tethered cord“) – Analstenose (z. B. M. Crohn) •Passagestörung im Kolon: – Viszerale Myopathie, viszerale Neuropathie, chronische intestinale Pseudo­ obstruktion – Zerebralparese, Spastik, körperliche Inaktivität – Spinale Denervierung, Myelomeningozele, Neurofibromatose, „tethered cord“ – Endokrine oder „metabolische“ Störung • Nahrungsprotein-allergieinduzierte Motilitätsstörung (Zöliakie, Kuhmilchprotein) • Hypothyreose • Hyperkalzämie, Hypokaliämie • Diabetes insipidus, Exsikkose • Zystische Fibrose – Medikamente (z. B. Morphine, Antidepressiva, Phenytoin, Antazida) – Intoxikationen (Blei, Vitamin D) Perianale Entzündung/Fissuren: Diese beiden häufigen Probleme führen zu schmerz­ haften Defäkationen und lösen so typischerweise eine akute Obstipation aus. Fissuren entstehen akut bei Kindern durch großkalibrigen, harten Stuhl. Daneben beobachtet man häufig bei Infektionen des Anus mit Streptokokken eine charakteristische peri­ anale Dermatitis, die sich durch eine Rötung und multiple, oberflächliche Fissuren sowie Blutauflagerungen auf dem Stuhl manifestiert (Abb. 1) [12]. 5 Abb. 1 Perianale Dermatitis mit Ekzem und multiplen Fissuren bei Streptokokken-A-Infektion des Anus Obstipation als Folge einer Nahrungsallergie/-unverträglichkeit: Bei Säuglingen und Kleinkindern mit therapieresistenter Obstipation kann eine Kuhmilchallergie Auslöser der Verstopfung sein. Ein Teil der Kinder weist eine Immunglobulin (Ig)E-Antikörpererhöhung gegen Kuhmilchproteine auf, in einigen Studien konnten auch vermehrte Eosinophile in der Rektummukosa nachgewiesen werden [13]. In manchen Fällen sieht man unter Kuhmilchexposition auch eine deutliche perianale Rötung (Abb. 2). Postuliert wird eine durch die Intoleranz vermittelte Entzündung im Enddarm, die zu einer gestörten Motilität führt. Wichtigstes diagnostisches Kriterium ist die Besserung der Obstipation durch eine strenge Milchkarenz [14]. Welche Rolle andere Allergene spielen könnten, muss weiter erforscht werden. Abb. 2 Perianale Dermatitis bei Kuhmilchallergie. 5-jähriger Junge nach dem Genuss eines Karamellbonbons. Aus der Reaktion resultierte ein 4-tägiger Stuhlverhalt. Beim Ansprechen auf die kuhmilchfreie Kost sollte bedacht werden, dass die Reduk­ tion einer großen Milchzufuhr bereits zu einer Verbesserung einer Obstipation bei Kleinkindern führen kann. Insofern ist eine Reexposition gegen kleine Mengen Kuhmilchprotein notwendig! Daneben sollte daran gedacht werden, dass die Obstipation auch ein (zum Teil isoliertes!) Symptom der Zöliakie sein kann. Insofern gehört die Bestimmung der ZöliakieSerologie zur Initialdiagnostik einer chronischen Obstipation bei Kindern dazu. Morbus Hirschsprung (kongenitales aganglionäres Megakolon): Der M. Hirschsprung ist durch Fehlen der parasympathischen Ganglienzellen in der Wand des Enddarms (Plexus myentericus und Plexus submucosus) charakterisiert. Der distale, analkanalnahe Teil des Darms kann bei der Passage von Stuhl nicht relaxieren. Beim M. Hirschsprung kommt es proximal des konstant eng gestellten Segments ­sekundär zum Megakolon. Der Zeitpunkt der klinischen Manifestation ist von der ­Länge des betroffenen Segments abhängig. Lange Segmente manifestieren sich im Neugeborenenalter, kurze oder ultrakurze Segmente können bei gestillten Kindern oligosymptomatisch bleiben und bei Kleinkindern wie eine hochgradige funktionelle Obstipation imponieren. Eine Überlaufinkontinenz kommt beim M. Hirschsprung eher selten vor. Die Diagnostik erfolgt in erster Linie durch die histologische Unter­ suchung mit Darstellung der Acetylcholinesterase-Aktivität in der Histochemie an Schleimhautbiopsien aus dem engen Segment [11, 15]. Die diagnostische Sensitivität 6 und Spezifität der M ­ anometrie und des Kolon-Kontrasteinlaufs liegen deutlich schlechter [16]. Beim Nachweis einer Aganglionose erfordert dies eine operative Entfernung des betroffenen Segments. Die neuronale intestinale Dysplasie (NID, IND) konnte weniger eindeutig charakterisiert werden und repräsentiert eine Gruppe von Säuglingen und Kleinkindern mit Entwicklungsstörungen der intestinalen Ganglienzellen. Analstenose und Analdystopie: Fibröse Engen des Sphinkters oder des Analkanals (Analstenosen) gelten als Minimalvarianten einer Analatresie, bei der die Analöffnung im Zentrum des Analsphinkters fehlt. Bei einem Teil der Kinder findet man eine stenotische Analöffnung im Sinne einer Fistel ventral des Analgrübchens. Zu dieser Gruppe von Fehlbildungen gehört auch der sogenannte dystope Anus. Die Kinder weisen oft bleistiftdünne Stühle auf. Die Diagnose erfolgt klinisch, vor allem durch den Nachweis des abnorm kurzen Damms und ggf. zusätzlich durch eine Reizstromuntersuchung zur Lokalisation des Zentrums des Analsphinkters. Neurologische Erkrankungen: Alle Erkrankungen mit zentraler Koordinations- oder Tonusstörung oder einer Störung der efferenten oder afferenten Innervation der Ausscheidungsorgane haben ein deutlich erhöhtes Risiko der Entwicklung einer Obstipation und/oder Inkontinenz. Insofern gehört die Evaluation der neurologischen Situation sowie der motorischen und psychomentalen Entwicklung des Kindes mit zur Untersuchung aller Kinder mit diesen Problemen. Gegebenenfalls sollten neuropädiatrische Spezialisten in die Diagnostik mit einbezogen werden. P Zu den häufigsten organischen Ursachen einer chronischen Obstipation gehören Kuhmilchallergie, M. Hirschsprung und neurologische Erkrankungen mit zentraler Koordinations- und Tonusstörung oder einer Störung der efferenten oder afferenten Innervation der Ausscheidungsorgane. Stuhlinkontinenz, Enkopresis Wie bei der Obstipation werden auch die Definitionen bei den Stuhlkontrollstörungen unterschiedlich gehandhabt. Während man in der Erwachsenenmedizin fast nur noch von Stuhlinkontinenz spricht, ist der Begriff Enkopresis oder Enkoprese im Bereich der Pädiatrie noch weithin üblich. Enkopresis ist nach ICD10 definiert als „willkürliches oder unwillkürliches Absetzen von Stuhl an nicht dafür vorgesehenen Stellen bei einem chronologischen Alter > 4 Jahre und einer Frequenz von mindestens einmal pro Monat; Dauer der Störung > 6 Monate“. Der Begriff Stuhlschmieren wird ­weniger präzise definiert; in der Umgangssprache versteht sich darunter unwillkür­ liches Absetzen kleiner Stuhlmengen. Stuhlschmieren ist insofern ein typisches Symptom einer Obstipation mit Überlauf. Benninga et al. [17] haben vorgeschlagen, auch in der Pädiatrie nur noch den Begriff Stuhlinkontinenz zu benutzen und dies zu definieren als „Entleerung von Stuhl an einem dafür nicht vorgesehenen Ort“. Als Unterteilungen werden angegeben: 1. Organische Stuhlinkontinenz, z. B. als Folge von neurologischen Erkrankungen oder Erkrankungen des Analsphinkters. 2. Funktionelle Stuhlinkontinenz, die wiederum in 2 Typen unterteilt werden kann: – obstipationsassoziierte Stuhlinkontinenz. – Stuhlinkontinenz ohne Obstipation („non-retentive fecal incontinence“). Von primärer Enkopresis bzw. primärer Stuhlinkontinenz spricht man, wenn es nie längere Phasen (> 6 Monate) mit kompletter Stuhlkontrolle gegeben hat. Als ­sekundäre Enkopresis bezeichnet man solche Störungen, die nach einer Phase von mindestens 6 Monaten kompletter Kontinenz wieder auftreten. Die klinische Erfahrung zeigt, dass diese Unterscheidung für das klinische Management der Patienten weniger wichtig ist als die Differenzierung in die Unterformen der mit Obstipation assoziierten Stuhlinkontinenz und der nicht obstipationsassoziierten Form. Obstipationsassoziierte Stuhlinkontinenz („Überlaufenkopresis“): Bei etwa 80% der Kinder ist die Stuhlinkontinenz durch eine chronische Obstipation bedingt, deren Pathogenese bereits dargestellt wurde. Die chronische Rektumdehnung vermindert die Sensibilität für den Füllungsgrad des Rektums. Die normale Defäkation wird nicht eintrainiert bzw. wieder verlernt. Die im Rektum befindlichen Stuhlmassen 7 führen zu einer Dilatation der proximalen Sphinkteranteile und zu einer funktionellen Verkürzung des Sphinkters. In Phasen erhöhten intraabdominellen Drucks (z. B. beim Husten, Lachen, Laufen) kommt es dann zum unwillkürlichen Abgang kleinerer oder größerer Stuhlmengen. Häufig läuft auch weicher Stuhl oder sekundär verflüssigter Stuhl an den festen Stuhlballen vorbei nach außen. Nicht obstipationsbedingte Stuhlinkontinenz: Die zweithäufigste Form der Stuhlinkontinenz ist nicht mit einer Obstipation assoziiert. Die Patienten lassen sich anamnestisch und durch eine klinische, rektale und/oder sonografische Untersuchung unterscheiden. Diese Erkrankung kann durch eine Vielzahl von Störungen ausgelöst werden: Zu nennen sind alle mit Durchfall einhergehenden Darmerkrankungen, insbesondere Kolitiden. Durch imperativen Stuhldrang und weiche Konsistenz des Stuhls kommt es zu unwillkürlichem Stuhlabgang, wenn nicht rasch eine Toilette erreichbar ist. Bei einem anderen Teil von Patienten mit funktioneller, nicht obstipa­ tionsassoziierter Enkopresis zeigen sich völlig normale organische Befunde, eine ­normale anorektale Funktion bei der Rektummanometrie und eine normale KolonTransitzeit. Die genaue Pathophysiologie dieser Störung ist noch nicht endgültig ­geklärt. Man geht von einer heterogenen Gruppe von Patienten aus. Psychische Komorbiditäten sind in dieser Gruppe nicht häufiger als in der Gruppe der Patienten mit Stuhlinkontinenz bei Obstipation, sodass eine rein psychiatrische Ursache unwahrscheinlich erscheint [18]. Bei einer dritten Gruppe von Kindern kommt es aufgrund psychiatrischer Erkrankungen, nach Gewaltanwendung oder sexuellem Missbrauch zum Auftreten einer (oft sekundären) Enkopresis. Unabhängig von der Ursache bedeutet eine Stuhlinkontinenz eine schwere Entwicklungskrise für das Kind, die sowohl die Beziehungen zu den Eltern und Geschwistern als auch zu den Freunden beeinflussen kann und vor allem das Selbstwertgefühl des Kindes erheblich beeinträchtigt. Aus diesem Grund sind die frühzeitige Erfassung, eine zielgerichtete Diagnostik und eine effektive Therapie der Störung für die Kinder von zentraler Bedeutung. P Eine Stuhlinkontinenz stellt ein Risiko für die psychosoziale Entwicklung eines Kindes dar. Komorbiditäten der Obstipation Psychiatrische Komorbiditäten Phasenweise wurde die Obstipation ohne organische Ursache als ein primäres Verhaltensproblem eingestuft. Mittlerweile ist klar, dass Verhaltensprobleme bei Obstipation häufiger als bei Gesunden vorkommen, aber mild ausgeprägt sind und wahrscheinlich eher die Folge der Darmproblematik als deren Ursache darstellen [19]. Typische komorbide psychiatrische Störungen sind Störungen des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten, Aufmerksamkeitsstörungen sowie emotionale Störungen und Teilleistungsstörungen. Die Rate psychiatrischer Komorbiditäten liegt bei der obstipationsassoziierten Stuhl­ inkontinenz deutlich höher. Hier könnte man diskutieren, ob dies die Ursache der ­Inkontinenz ist. Es gibt aber Hinweise darauf, dass die Reaktion der Familie auf die manifeste Inkontinenz zu den Verhaltensauffälligkeiten beiträgt [19]. Zudem bessern sich die psychiatrischen Störungen mit erfolgreicher Therapie der Inkontinenz. Nephrologische Komorbiditäten: Harninkontinenz und rezidivierende ­Harnwegsinfekte Die häufigsten mit Stuhlentleerungsproblemen (Obstipation bzw. Stuhlinkontinenz) assoziierten körperlichen Störungen sind Harninkontinenz und rezidivierende Harnwegsinfekte. Parallelen zwischen funktioneller Obstipation mit Analsphinkter-Dyssynergie und Sphinkter-Detrusor-Dyssynergie bei funktionellen Blasenentleerungsstörungen sind naheliegend. Man geht von verschiedenen pathophysiologischen Verknüpfungen aus. Denkbar sind Störungen der Wahrnehmung, der Steuerung der Muskulatur des Beckenbodens, aber auch Auswirkungen der Platzverhältnisse im kleinen Becken. In der Literatur wird bei Kindern mit Stuhlentleerungsproblemen von Prävalenzen von 14–46% Harninkontinenz tagsüber und 20–40% Enuresis nocturna berichtet [20]. Umgekehrt finden sich bei Patienten mit Enuresis in signifikanter Häufigkeit auch Stuhl- P Psychiatrische und nephrologische Komorbiditäten der Obstipation sollten erfasst und bei der Planung der Therapie berücksichtigt werden. 8 entleerungsprobleme, z. B. in bis zu 35% Stuhlschmieren [21]. Wegen dieser Assoziationen wird von einigen Autoren vorgeschlagen, die Symptomtrias Obstipation, Stuhlinkontinenz und Harninkontinenz als pathophysiologisch zusammengehörige „funktionelle Ausscheidungsstörungen“ zu benennen. Bei Behandlung einer der Komponenten der Ausscheidungsstörung bessert sich oft auch die Störung an dem jeweils anderen Ausscheidungsorgan. Ein gleichzeitiges Auftreten von Störungen beider Ausscheidungsorgane kann aber auch ein Hinweis auf eine neurogene Störung sein, sodass in diesen Fällen besonders sorgfältig nach diesbezüglichen klinischen Hinweisen gesucht werden muss und die Indikation zur Magnetresonanztomografie (MRT) des Spinalkanals diskutiert werden sollte. Auch bei sexuellem Missbrauch kommt es oft zur Kombination von Störungen beider Organsysteme. Diagnostik der Obstipation und/oder Stuhlinkontinenz Zum Ausschluss organischer Ursachen muss jedes Kind mit einer länger dauernden Obstipation mit oder ohne Stuhlinkontinenz fachärztlich untersucht werden. Eine zentrale Rolle in der Diagnostik spielen eine ausführliche Anamnese und eine ziel­gerichtete klinische Untersuchung, nach denen der Umfang der evtl. apparativen Diagnostik festgelegt wird [8, 11, 15]. Dabei sollte bei der körperlichen Untersuchung gezielt nach Zeichen für organische Störungen gesucht werden (Tab. 4) Diese beiden Werkzeuge genügen für die Basisdiagnostik einer funktionellen Obstipation, wenn keine Warnzeichen für eine organische Problematik zu erkennen sind. Wichtige Warnzeichen, die für eine organische Ursache sprechen und eine weitere Diagnostik erforderlich machen, sind in Tabelle 1 aufgeführt. Zur Dokumentation und zur Erfassung aller Warnzeichen und Komorbiditäten sind ein strukturierter Fragebogen sowie die Dokumentation der Stuhlentleerung in einem 14-Tage-Protokoll hilfreich [22]. Kernpunkte der gezielten klinischen Untersuchung bei chronischer Obstipation P Eine zentrale Rolle in der Diagnostik der Obstipation spielen eine ausführ­ liche Anamnese und eine zielgerichtete klinische Untersuchung; weitergehende Untersuchungen sind bei Kindern mit funktionellen Störungen meist nicht nötig. Tab. 4 Bei der klinischen Untersuchung muss auf folgende Bereiche bzw. Auffälligkeiten besonders geachtet werden: –Länge/Gewicht mit Perzentilen absolut und im Verlauf –Vorgewölbtes Abdomen –Skybala –Distale Wirbelsäule: • Pigmentanomalien oder Behaarung über der unteren Wirbelsäule • Pilonidalsinus • Polsterartige Hautverdickungen über der lumbosakralen Region • Sakrale Agenesie • Flaches Gesäß –Nach ventral verlagerter Anus –Klaffender Anus, fehlender Analreflex –(Bei der rektalen Untersuchung: enges leeres Rektum trotz tastbarer Skybala)* –(Austritt von Stuhl bzw. Luft beim Herausziehen des Fingers nach der rektalen Untersuchung)* –Blut im Stuhl –Fehlende Kremasterreflexe –Verminderter Tonus der unteren Extremitäten oder verminderte grobe Kraft –Spastik der unteren Extremitäten, Fußdeformitäten –Reflexanomalien der unteren Extremitäten *Bei traumatisierten Kleinkindern mit schmerzhaften Erlebnissen in Zusammenhang mit der Defäkation sollte man die rektal-digitale Untersuchung möglichst in Sedierung durchführen, um das Trauma nicht zu vergrößern und die Basis für eine angstfreie Arzt-Patient-Beziehung nicht aufs Spiel zu setzen. Sonst sollte das Kind der Untersuchung zustimmen. Der Untersucher sollte Erfahrungen in der Diagnostik eines M. Hirschsprung oder analer Malformationen haben. Informationen über die Rektumfüllung lassen sich auch durch die Sonografie erhalten. 9 Apparative Untersuchungen Sonografie Das wichtigste nicht-invasive und gleichzeitig für die Kinder atraumatische Instrument zur Dokumentation einer Obstipation stellt die Sonografie dar, mit der sich die Weite der retrovesikalen Rektumabschnitte bestimmen lässt (Abb. 3). Als Hinweis auf eine Stuhlretention kann ein Querdurchmesser des Rektums von > 40 mm gelten [23]. Die Sonografie kann auch im Verlauf als wichtiges und schonendes Verfahren zur ­Kontrolle der Normalisierung der Rektumweite (ein Ziel der Dauertherapie!) dienen und damit den Therapieerfolg monitorisieren. Für die Eltern und ältere Kinder macht die Sonografie die Erweiterung des Rektums sichtbar und hilft bei der Schulung und Beratung. Der Wert der Sonografie zur Unterscheidung zwischen funktioneller und organischer Obstipation ist allerdings gering. Bei der Sonografie ist zudem der Harntrakt nach Harntransportstörungen, einer Blasenwandhypertrophie (Folge einer Blasenentleerungsstörung) und ggf. eine Restharnbildung zu untersuchen. Abb. 3 Sonografie bei hochgradiger Obstipation (Unterbauch­ querschnitt). Die Blase ist durch das deutlich erweiterte Rektum von dorsal pelottiert. Durch die chronische Obsti­ pation ist es zu einer Hyper­ trophie der Muskulatur der Rektumwand gekommen. Weitergehende Untersuchungen Eine weitergehende Diagnostik sollte dann durchgeführt werden, wenn es anamnestische und/oder klinische Hinweise auf eine zugrunde liegende organische Problematik gibt (s. Tab. 1). Besonders gilt dies für Kinder, deren Obstipation im Säuglingsalter begonnen hat. Hier muss insbesondere ein M. Hirschsprung regelhaft bioptisch ausgeschlossen werden und ggf. eine Kuhmilchallergie durch einen Diätversuch. Es hat sich auch bewährt, die Diagnostik auszuweiten, wenn nach einigen Monaten der konsequent durchgeführten Standardtherapie kein Erfolg zu erkennen ist. Folgende Untersuchungsverfahren können weitergehende Informationen geben und sollten nach klinischer Verdachtsdiagnose gezielt eingesetzt werden: Biopsien des Enddarms (Saugbiopsien oder endoskopisch) bei Verdacht auf M. Hirschsprung oder neuronale intestinale Dysplasie. Diagnostische Eliminationsdiäten (Säuglinge und Kleinkinder) bei Verdacht auf Kuhmilchallergie als Ursache einer Obstipation; ggf. auch Bestimmung von IgE-Antikörpern gegen Nahrungsallergene (allerdings sind die meisten gastrointestinalen ­Manifestationen von Nahrungsallergien bei Kindern nicht IgE-vermittelt; insofern hat ein Fehlen der Antikörper keine diagnostische Beweiskraft). Die Rektomanometrie (inkl. Beckenboden-Elektromyografie) kann mit vertretbarem Aufwand und niedriger Belastung Informationen über die anorektalen Funk­ tionen geben und funktionelle Störungen nachweisen: Einerseits macht der Nachweis eines rekto-anal inhibitorischen Reflexes (RAIR) eine Innervationsstörung (M. Hirschsprung) unwahrscheinlich, andererseits kann die Analsphinkter-Dyssynergie als funktionelle Störung durch einen Defäkationsversuch des leicht gefüllten Ballons dargestellt werden. Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass Sensitivität und Spezifität dieser Untersuchung nicht gut validiert sind. MRT der distalen Wirbelsäule: Diese sollte bei Hinweisen auf eine neurogene ­Störung großzügig durchgeführt werden. Eine prospektive Studie zum Wert einer MRT bei 130 Kindern mit therapieresistenter Obstipation und/oder Inkontinenz zeigte 10 bei 3% der Patienten Auffälligkeiten der distalen Wirbelsäule; die funktionelle Bedeutung dieser Störungen bleibt in der Studie aber offen, da bei den Kindern mit Auffälligkeiten eine Besserung auch ohne neurochirurgische Intervention erzielt werden konnte [24]. Kolon-Transitzeitbestimmung bei Verdacht auf eine Slow-transit-Obstipation mit Gabe von röntgendichten Pellets an 6 aufeinanderfolgenden Tagen. Am 7. Tag wird eine Abdomenübersichtsaufnahme durchgeführt (Abb. 4). Die Verteilung der Pellets erlaubt, zwischen einer generalisierten Transportstörung des Kolons (Pseudo­ obstruktion) und einer „outlet obstruction“ (funktionelle Obstipation, M. Hirschsprung, Analstenose,...) zu unterscheiden. Abb. 4 Kolon-Transitzeitbestimmung mit röntgen­ dichten Pellets (2-jährige Patientin). Hier bestand im Rahmen einer autonomen Neuropathie eine generalisierte Transport­ störung mit Verteilung der Pellets im gesamten Kolon als Hinweis auf eine verzögerte Passage. Labordiagnostik zur Erkennung von metabolischen oder endokrinen Erkrankungen als Auslöser einer Obstipation. Als sinnvoll gelten: – Gewebetransglutaminase-Antikörper und Gesamt-IgA im Serum – Kalium, Kalzium im Serum – Kreatinin – Stuhlelastase – TSH, fT4, fT3 – Ggf. Schweißtest, Durstversuch Eine Röntgen-Abdomenübersicht zum Nachweis einer Obstipation sollte wegen des geringen diagnostischen Werts und wegen der Strahlenbelastung vermieden werden. Auch der Kolon-Kontrasteinlauf (ggf. mit Defäkografie) wird bei Kindern und Jugendlichen wegen einer nicht optimalen diagnostischen Beweiskraft und der erheblichen Gonadendosis nur mit strenger Indikationsstellung eingesetzt, zumal bestimmte Erkrankungen des Erwachsenenalters wie Enterozele und Intussuszeption bei Kindern nicht vorkommen. Die dynamische MR-Defäkografie und die anale Endosonografie sind bei Kindern bisher nicht etabliert. Therapie der Obstipation und/oder Stuhlinkontinenz Ziele der Therapie der Obstipation bzw. der obstipationsassoziierten Stuhlinkontinenz sind eine regelmäßige, komplette und schmerzfreie Stuhlentleerung und die Unterbrechung des Teufelskreises zwischen Erweiterung des Enddarms und weiterer Stuhlretention [8, 25]. Sämtliche Maßnahmen müssen rasch begonnen und oft über viele Monate fortgesetzt werden. An erster Stelle steht die atraumatische Entleerung der angestauten Stuhlmassen (Desimpaktion), gefolgt von einer effektiven Dauertherapie in ausreichender Länge. 11 1.Beim Nachweis einer Rektumerweiterung sollte initial – vor Einleitung der Dauertherapie – eine komplette Entleerung der angestauten Stuhlmassen (Des­ impaktion) angestrebt werden. Dazu eignen sich 2 Verfahren: a)Sorbitol-Klysma 3 ml/kg KG, evtl. wiederholen. Cave: Bei vortraumatisierten Kleinkindern oder bei Abwehr oder Ängsten der Kinder (Regelfall) sollte dies in Sedierung (z. B. 0,4 mg/kg KG, maximal 15 mg ­Midazolam oral) erfolgen, um nicht ein erneutes Trauma zu verursachen. Cave: keine Phosphatklysmen bei Säuglingen und Kleinkindern oder bei Niereninsuffizienz! (Risiko der Phosphatintoxikation). b)Hoch dosierte orale Gabe von Macrogol (z. B. 1,5 g/kg KG/Tag über 3–4 Tage) [26]. Vorteil: atraumatisch. Potenzielles Problem: „Überlauf” bei Vorhandensein fester Skybala. 2. Aufklärung und Beratung gehören an den Anfang einer jeden Therapie der Störungen der Ausscheidungsorgane. Die Darstellung der Pathophysiologie kann zu einer Entlastung der Beziehung zwischen Eltern und Kindern beitragen, familiäre Mythen, Schuldzuweisungen und Schuldgefühle entkräften und das Selbstwert­ gefühl der Kinder stützen. Es sollte besonders auf die Notwendigkeit einer langfristigen, konsequenten Therapie eingegangen werden (6–24 Monate!). Die Beratung erfordert in der Regel einen Zeitaufwand von > 30 Minuten und sollte sich didaktischer Hilfsmittel (Schemata) und schriftlichen Informationsmaterials bedienen [22]. Im Verlauf einer längerfristigen Therapie müssen Nachschulungen und erneute Beratungen angeboten werden. 3. Stuhlaufweichende medikamentöse Therapie [27]: Bevorzugt werden in der Dauertherapie osmotisch wirksame, stuhlaufweichende Medikamente eingesetzt. Wirkprinzip ist die Bindung von Wasser im Stuhl zur Verminderung der Stuhlkonsistenz. Stimulierende Laxanzien werden in Deutschland wegen fehlender Evidenz und potenzieller Risken selten eingesetzt. Die wichtigsten Stoffe sind: a)Polyethylenglykol 3350/4000 bzw. Macrogol (mit oder ohne Elektrolyte). Dieser Stoff hat den besten stuhlaufweichenden Effekt und therapiert besonders die schmerzhafte Defäkation effektiver als Lactulose. Hierfür gibt es eine Reihe guter Studien (auch für Kinder ab 6 Monaten). Es handelt sich um ein nicht resorbierbares Molekül, das osmotisch Wasser im Stuhl bindet. Richtdosis 0,8 (0,5–1,0) g/kg KG/Tag. Dosisanpassungen, sodass der Stuhl weich-cremig ist, täglich entleert wird und die Defäkation schmerzfrei ist. b)Lactulose und Lactitol. Im Dünndarm nicht resorbierbare Zucker, die von Dickdarmbakterien metabolisiert werden und deren Spaltprodukte Wasser binden (potenzielle Nebenwirkung: Gasbildung). Die Wirkung ist schwächer als die von Macrogol, sodass Lactulose nur in leichten Fällen zum Einsatz kommen sollte. Richtdosis 5–15 ml/Tag (=^ 50% Lösung) bei Säuglingen, 20–30 ml/Tag bei Kleinkindern und 30–90 ml/Tag bei Schulkindern. c)Paraffinöl als osmotisch wirksamer Stoff und als Gleitmittel, das nur noch in Einzelfällen zum Einsatz kommt. Ein Problem ist neben dem Geschmack die Aspira­tionsgefahr bei Kindern unter 2 Jahren und Behinderten. Richtdosis bis 3 ml/kg KG/Tag; Applikation nicht zu den Mahlzeiten. P Das wichtigste Element der Therapie der Obstipation ist ein zeitnah eingesetztes, ausreichend dosiertes und lange genug verordnetes osmotisches Laxans, in erster Linie Macrogol. 4.Einläufe oder Suppositorien: Diese werden vor allem zur initialen Entleerung angestauter Stuhlmassen angewendet und spielen in der Dauertherapie keine wesentliche Rolle. Besonders bei Kleinkindern wirken rektale Maßnahmen oft zusätzlich traumatisierend, sodass sie nur wohlüberlegt eingesetzt werden sollten. Bei älteren Kindern mit obstipationsassoziierter Stuhlinkontinenz, die Suppositorien akzeptieren (z. B. CO2-freisetzende oder Glyzerin-Suppositorien), kann eine tägliche Verabreichung vor einer Stuhltrainingssitzung das Timing einer Defäkation erleichtern und die Kontinenz insgesamt verbessern. 5.Erhöhung des Ballaststoffgehalts der Nahrung und der Flüssigkeitsaufnahme (Letzteres auch, um die Wirkung der Stuhlweichmacher zu ermöglichen). Die Effektivität der Ernährungsintervention für die Therapie einer Obstipation wird ­allerdings oft überschätzt [8]. 12 6.Verhaltenstherapie: Durch regelmäßige Toilettensitzungen können Kinder jenseits des 3.–5. Lebensjahres daran gewöhnt werden, ihren Darm regelmäßig zur rechten Zeit, am rechten Ort und komplett zu entleeren. Voraussetzung dafür ist die Kooperationsbereitschaft der Patienten und vor allem eine Reife, die ein Stuhltraining ermöglicht. Die Maßnahme ist vor allem bei Kindern mit assoziierten Verhaltensproblemen sinnvoll. 7. Biofeedback-Training: Verschiedene Untersuchungen zur Therapie der funktionellen Stuhlentleerungsstörungen mit Biofeedback-Techniken haben bisher trotz des theoretisch nahe liegenden Konzepts keinen Wirkungsnachweis erbringen können, sie könnten allenfalls bei Patienten mit Stuhlinkontinenz wirksam sein [28]. Bei Kindern im Schulalter, vor allem beim Nachweis einer Analsphinkter-Dyssynergie, einer begleitenden Harninkontinenz und/oder einer schwierig zu therapierenden Stuhlinkontinenz haben wir positive Effekte durch Biofeedback-Training im Rahmen eines multimodalen Trainingskonzepts gesehen. 8.Physiotherapie: Zur Verbesserung der Körperwahrnehmung gibt es verschiedene physiotherapeutische Techniken, die zwar bisher nicht in Studien untersucht wurden, aber unterstützend eingesetzt werden. 9.Psychotherapie: Bei Vorhandensein psychiatrischer Komorbiditäten muss ggf. eine Psychotherapie zur medizinischen Therapie einer Obstipation oder einer Stuhlinkontinenz ergänzt werden. Für Schulungsmaßnahmen und die erfolg­reiche Therapie einer Stuhlinkontinenz ist die vorangehende Behandlung bestimmter psychischer Probleme Voraussetzung. Die Indikationsstellung, die auch vom Alter des Kindes und von der psychosozialen Situation abhängt, sollte in enger Zusammenarbeit mit einem Kinderpsychotherapeuten erfolgen. Übersichten über die psychotherapeutischen Aspekte finden sich bei [29]. Bei Vorliegen einer nephrologischen Komorbidität muss im Einzelfall entschieden werden, welche der beiden Störungen zunächst angegangen werden sollte. Hierzu gibt es keine prospektiven Daten. Nachgewiesen wurde allerdings, dass die erfolgreiche Therapie der einen Störung eine Besserung der komorbiden Störung des anderen Organsystems zur Folge hat [4]. Praktische Erfahrungen zeigen, dass man gerade Kleinkinder und junge Schulkinder überfordert, wenn man zu viele kognitive oder verhaltenstherapeutische Anforderungen an sie stellt. Aus diesem Grund sollte eine gleichzeitige Behandlung beider Störungen vermieden werden. Man beginnt die Therapie mit der Störung, – die den größten Leidensdruck erzeugt (oft ist das die Stuhlinkontinenz, die sozial noch deutlicher stigmatisiert als die Harninkontinenz); – die von den Eltern und Patienten als „führende“ Störung erlebt und wahrgenommen wird; – deren Therapie rasch zu spürbaren Erfolgen führt (dies gilt vor allem für die isolierte Obstipation mit der Chance einer medikamentösen stuhlweichmachenden Therapie). Oft bessern sich parallel dazu dann auch rasch die Harninkontinenz und die rezidivierenden Harnwegsinfekte. Dauer der Therapie Eine mehrmonatige Dauer der Therapie ist regelhaft notwendig, um die Erweiterung des Rektums zu normalisieren, ein normales Stuhlverhalten ohne Angst und ohne die reaktive Anspannung des Sphinkters neu zu erlernen. Bei Kindern, die noch Windeln benötigen, muss meist solange behandelt werden, bis die Kinder regelmäßig und ohne Probleme auf der Toilette entleeren. Die Therapie sollte langfristig ärztlich kontrolliert und begleitet werden, da nur so die Compliance sichergestellt werden kann. Oft kann schrittweise über Monate die Dosis der Stuhlweichmacher ausgeschlichen werden. Als Zielkriterien gelten in unserer Klinik eine regelmäßige, angstfreie Entleerung auf der Toilette und die Normalisierung der sonografisch kontrollierten Rektumweite. Mit einer nicht unerheblichen Rezidivfrequenz aufgrund einer auf Dauer erhöhten Compliance des Rektums muss gerechnet werden [30]. 13 Fazit Die Obstipation stellt ein wichtiges Problem für die betroffenen Kinder und deren ­Eltern dar, das ernst genommen werden muss. Eine gezielte Diagnostik kann in der Praxis mit einfachen Mitteln erfolgen. Die Therapie (vor allem mit stuhlweichmachenden Medikamenten) sollte früh beginnen, konsequent erfolgen und langfristig fortgesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen kann es gelingen, die Belastung durch diese meist funktionell bedingte Störung deutlich zu vermindern. Zu empfehlende Literatur Literatur 1 Rasquin A, Di Lorenzo C, Forbes D, Guiraldes E, Hyams JS, Staiano A, Walker LS. Childhood functional gastrointestinal disorders: child/adolescent. Gastroenterology. 2006 Apr; 130(5): 1527–1537. 2 Loening-Baucke V. Prevalence, symptoms and outcome of constipation in infants and toddlers. J Pediatr 2005; 146: 359–363. 3 van den Berg MM, Benninga MA, Di Lorenzo C. Epidemiology of childhood constipation: a systematic review. Am J Gastroenterol 2006; 101: 2401–2409. 4 Loening-Baucke V. Prevalence rates for constipation and faecal and urinary incontinence. Arch Dis Child 2007; 92: 486–489. 5 Shah ND, Chitkara DK, Locke GR, Meek PD, Talley NJ. Ambulatory care for constipation in the United States, 1993–2004. Am J Gastroenterol 2008; 103: 1746–1753. 6 Largo RH, Molinari L, von Siebenthal K, Wolfensberger U. Development of bladder and bowel control: significance of prematurity, perinatal risk factors, psychomotor development and gender. 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Functional urinary and fecal incontinence in neurologically normal children: symptoms of one ‘functional elimination disorder’? BJU Int 2007; 99: 407–412. 22 Claßen M, Bachmann H. Arbeitsmaterialien. In: Bachmann H, Claßen M, Hrsg. Harn- und Stuhlinkontinenz bei Kindern und Jugendlichen. Bremen: UNI-MED Science 2010, 111–121. 15 23 Bijoś A, Czerwionka-Szaflarska M, Mazur A, Romañczuk W. The usefulness of ultrasound examination of the bowel as a method of assessment of functional chronic constipation in children. Pediatr Radiol 2007; 37: 1247–1252. Literatur 24 Bekkali NL, Hagebeuk EE, Bongers ME, van Rijn RR, Van Wijk MP, Liem O, Benninga MA. Magnetic resonance imaging of the lumbosacral spine in children with chronic constipation or non-retentive fecal incontinence: a prospective study. J Pediatr 2010; 156: 461–465. 25 Keller KM. Evidenzbasierte Therapie der chronischen Obstipation und Enkoprese bei Kindern. 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Rectal compliance and rectal sensation in constipated adolescents, recovered adolescents and healthy volunteers. Gut 2008; 57: 599–603. 16 Fragen zur Obstipation bei Kindern und Jugendlichen Frage 1: Welche Aussage zur chronischen Obstipation bei Kindern ist richtig? EE Das wichtigste diagnostische Kriterium bei Kindern ist die Stuhlfrequenz pro Woche EE Säuglinge unter reiner Muttermilchernährung entleeren ihren Darm mindestens einmal pro Tag EE Bei Säuglingen spielen funktionelle Ursachen für die Pathogenese der Obstipation keine relevante Rolle EE Eine Stuhlinkontinenz kommt bei Kindern mit Obstipation definitionsgemäß nicht vor EE Für die Definition der funktionellen Stuhlinkontinenz bei Kindern eignen sich die Definitionen nach ICD10 am besten Frage 2: Welche Aussage zur Epidemiologie und Lebensqualität bei chronischer Obstipation trifft nicht zu? EE Die Prävalenz der Obstipation liegt mit bis zu 30% bei Kindern höher als die von Asthma und atopischem Ekzem EE Kinder mit Harninkontinenz haben höhere Prävalenzen von Obstipation und Stuhlinkontinenz EE Bei der Stuhlinkontinenz überwiegt das männliche Geschlecht EE Die Lebensqualität von Eltern eines Kindes mit Obstipation ist deutlich besser als die von Eltern eines Kindes mit CED EE Der Beginn der Sauberkeitserziehung hat wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Prävalenz einer Stuhlinkontinenz Falk Gastro-Kolleg Pädiatrische Gastroenterologie Bitte beachten Sie: Bei der Beantwortung der Fragen ist immer nur 1 Antwort möglich. Die Beantwortung der Fragen und Erlangung des Fortbildungszertifikats ist nur online möglich. Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage www.falkfoundation.de. Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg können Sie sich anmelden und die Fragen beantworten. Bitte diesen Fragebogen nicht per Post oder Fax schicken! Frage 3: Welche Aussage zu den klinischen Zeichen einer Obstipation bei Kindern ist richtig? EE Die Symptome der Kinder mit Obstipation eignen sich zur Differenzierung zwischen organisch bedingter und funktioneller Obstipation EE Eines der häufigsten Symptome bei chronischer Obstipation im Kindesalter ist die obstipationsassoziierte Stuhlinkontinenz EE Ein obligates Symptom der chronischen Obstipation sind begleitende Bauchschmerzen EE Kinder mit Obstipation sind durch Fehlernährung und verminderte körperliche Aktivität zu 95% übergewichtig EE Die Depression stellt die häufigste psychiatrische Komorbidität bei Kindern dar Frage 4: Welche der folgenden Aussagen zur Pathogenese der chronischen Obstipation ist falsch? Wichtig: Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg EE Die chronische Obstipation bei Kindern jenseits des Säuglingsalters hat nur in rund 5% organische Ursachen EE Aufgrund vieler Studien gehört eine zu geringe Trinkmenge zu den zentralen Faktoren in der Pathogenese der chronischen Obstipation EE Eine schmerzhafte Defäkation kann das erste Ereignis bei der Entstehung einer chronischen Obstipation sein EE Zu den Differenzialdiagnosen der funktionellen Obstipation gehört die Kuhmilchallergie bei Säuglingen und Kleinkindern EE Bei perianalem Ekzem sollte besonders an Streptokokken-Infektionen des Anus gedacht werden 17 Frage 5: Welche der folgenden Aussagen zu den organischen Ursachen der Obstipation ist richtig? EE Der M. Hirschsprung manifestiert sich immer in den ersten Lebenswochen EE Ein Hinweis auf einen M. Hirschsprung kann eine verzögerte erste Mekonium­ entleerung (> 48 Stunden postpartal) sein EE Zum Beweis eines M. Hirschsprung dient der Kolon-Kontrasteinlauf EE Die Zöliakie kann bei Kindern nicht zu einer Obstipation führen; sie geht immer mit weichen Stühlen einher EE Eine Analatresie geht entweder mit einem kompletten Fehlen einer Analöffnung oder einer Fistelöffnung dorsal des Analgrübchens neben der Spitze des Os coccygis einher Falk Gastro-Kolleg Pädiatrische ­ Gastro­ enterologie Frage 6: Welche der folgenden Aussagen zur Stuhlinkontinenz bei Kindern ist richtig? EE Eine nicht obstipationsassoziierte Stuhlinkontinenz ist immer Folge einer ­psychiatrischen Störung EE Kinder mit Stuhlinkontinenz sollten primär vom Kinderpsychiater betreut und behandelt werden EE Die Stuhlinkontinenz ist in ca. 80% der Fälle Folge einer chronischen Obstipation EE Laxanzien sind bei Stuhlinkontinenz kontraindiziert, da sie die Inkontinenz ­verschlechtern EE Eine Stuhlinkontinenz belastet die gesunde psychosoziale Entwicklung eines Kindes erheblich Frage 7: Welche Aussage zu den Komorbiditäten der Obstipation trifft nicht zu? EE Die Obstipation ist immer Folge einer psychiatrischen Störung des Sozialverhaltens EE Typische komorbide psychiatrische Störungen bei Kindern mit Obstipation sind Störungen des Sozialverhaltens mit oppositionellem Verhalten, Aufmerksamkeitsstörungen sowie emotionale Störungen und Teilleistungsstörungen EE Die höhere Rate an Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern mit Inkontinenz kann Folge der Reaktion der Familien auf die Inkontinenz sein EE Typische komorbide nephrologische Erkrankungen sind rezidivierende Harnwegs­ infekte und Harninkontinenz EE Ein gleichzeitiges Auftreten einer Stuhlentleerungsstörung und einer Harninkontinenz kann auch durch ein „tethered cord“ oder eine okkulte Myelomeningozele bedingt sein Frage 8: Welche Aussage zur Diagnostik bei Obstipation trifft nicht zu? EE Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen sind ausführliche Anamnese und eine zielgerichtete klinische Untersuchung EE Mithilfe der Sonografie kann zwischen organisch und funktionell bedingter Obstipation unterschieden werden EE Der Beweis einer kuhmilchallergieinduzierten Obstipation kann am besten durch einen Diätversuch und eine kontrollierte Reexposition geführt werden EE Der Nachweis des rekto-anal inhibitorischen Reflexes (RAIR) in der Rektomano­ metrie spricht gegen das Vorliegen eines M. Hirschsprung EE Der diagnostische Wert einer Röntgen-Abdomenübersichtsaufnahme ist gering 18 Frage 9: Welche der folgenden Aussagen zur Therapie der chronischen Obstipation bei Kindern trifft zu? EE Initial sollte vor Einleitung der Dauertherapie eine komplette Entleerung der angestauten Stuhlmassen (Desimpaktion) angestrebt werden EE Die erste Maßnahme bei Kindern mit akuter Obstipation ist eine Erhöhung der Trinkmenge EE Ernährungsmodifikationen stellen die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen dar EE Kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen spielen bei der Therapie der Obstipation keine Rolle EE Stimulierende Laxanzien sollten gemäß der Leitlinien in der Dauertherapie bevorzugt werden Falk Gastro-Kolleg Pädiatrische ­ Gastro­ enterologie Frage 10: Welche der folgenden Aussagen zur medikamentösen Therapie der Obstipation trifft nicht zu? EE Polyethylenglykol 3350/4000 bzw. Macrogol ist das am besten untersuchte Laxans bei Kindern EE Die Verminderung des Defäkationsschmerzes gelingt bei Macrogol effektiver als bei Lactulose EE Zur Desimpaktion werden hohe orale Dosen von Lactulose eingesetzt EE Rektale Medikamentenapplikation (Klysma, Suppositorien) kann besonders bei obstipierten Kindern traumatisch sein EE Die notwendige Dauer der stuhlweichmachenden Therapie beträgt oft viele Monate 19