LVR-Klinik Düren Herausforderungen in der ärztlichen Behandlung demenzkranker Menschen Dr. Martine Grümmer Folie 1 LVR-Klinik Düren Demenz Erworbenes Defizit der kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten -> Beeinträchtigung der sozialen Funktionen Folie 5 LVR-Klinik Düren Demenz Vor allem betroffen · Kurzzeitgedächtnis · Denkvermögen · Sprache · Motorik · Persönlichkeitsstruktur (manchmal) Folie 6 LVR-Klinik Düren Demenz Veränderung der Gehirnstruktur -> Veränderung der Gehirnfunktion -> Erhöhte Vulnerabilität -> Symptombildung unter best. Umweltbedingungen Veränderungen im psychischen Erleben und Verhalten (Vulnerabilitäts-Stress-Modell) Folie 7 LVR-Klinik Düren Aufbau des Vortrags > Formen der Demenz > Delir bei Demenz > neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Folie 8 LVR-Klinik Düren Aufbau des Vortrags > Formen der Demenz > Delir bei Demenz > neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Folie 9 LVR-Klinik Düren Formen der Demenz Degenerative Demenz Vaskuläre Demenz = VAD Sekundäre Demenz Folie 10 LVR-Klinik Düren Degenerative Demenz Alzheimer-Krankheit = DAT Frontotemporale Demenz Lewy-Körperchen Demenz Folie 11 LVR-Klinik Düren Symptome der Alzheimer´scher Erkrankung - gewöhnlich schleichend, langsame und stetige Entwicklung über mehrere Jahre - Gedächtnisstörungen als Hauptmerkmal -weitere Merkmale: Aphasie, Agraphie, Alexie und Apraxie Folie 12 LVR-Klinik Düren Vaskuläre Demenz = VAD - VAD mit akutem Beginn - Multi-Infarkt-Demenz (vorwiegend kortikale Demenz mit allmählichem Beginn) - Subkortikale vaskuläre Demenz (klin. Bild erinnert an M. Alzheimer) - Gemischte kortikale und subkortikale Demenz Folie 13 LVR-Klinik Düren Sekundäre Demenz - Pick-Krankheit primäre Parkinson-Syndrom HIV-Krankheit Chorea-Huntington Creutzfeld-Jakob-Krankheit Demenz bei anderswo klassifizierten Krankheiten Folie 14 LVR-Klinik Düren Umwelteinflüsse und subjektives Erleben der Betroffenen - Kommunikation mit den Behandlern und Pflegenden - Körperliche Umstände (z.B. Schmerzen, Harnverhalt) - Milieubedingungen Folie 16 LVR-Klinik Düren Aufbau des Vortrags > Formen der Demenz > Delir bei Demenz > neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Folie 17 LVR-Klinik Düren Delir bei Demenz Definition Delir = sich über einen kurzen Zeitraum entwickelnde Bewusstseinsstörung mit Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen, die auf einer organische Grundlage beruht und durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden kann. Folie 18 LVR-Klinik Düren Delir bei Demenz Inzidenz - für Patienten > 65 Jahren im Allgemeinkrankenhaus 6 – 56 %; - nach Operationen oder während einer intensivmedizinischen Behandlung wahrscheinlich noch häufiger. Folie 19 LVR-Klinik Düren Delir bei Demenz = unspezifisches hirnorganisches Syndrom Schweregrad: - leicht bis sehr schwer Folie 20 LVR-Klinik Düren Symptome des Delirs Leitsymptom: Bewusstseinsstörung Folie 21 LVR-Klinik Düren Symptome des Delirs weiter charakteristische Symptome: kognitive Störungen -Beeinträchtigungen der Kurzzeitgedächtnisses und Störungen der Orientierung. - Zusätzlich können vorkommen: Wahnsymptome, Wahrnehmungsstörungen, insbes. illusionäre Verkennungen und optische Halluzinationen Folie 22 LVR-Klinik Düren Symptome des Delirs weiter charakteristische Symptome: psychomotorische Störungen Hyper- oder Hypoaktivität mit zum Teil raschem Wechsel Folie 23 LVR-Klinik Düren Symptome des Delirs weiter charakteristische Symptome: Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus Folie 24 LVR-Klinik Düren Symptome des Delirs weiter charakteristische Symptome: affektive Auffälligkeiten Ängstlichkeit Reizbarkeit depressive oder euphorische Verstimmung Folie 25 LVR-Klinik Düren Delir Verlauf - akuter Beginn innerhalb von Stunden bis Tagen - oft kommt es zu einer nächtlichen Verschlimmerung Ätiologie - Auslösung durch die Interaktion prädisponierender u. auslösender Faktoren. Folie 26 LVR-Klinik Düren Prädisponierende Faktoren des Delirs - !! Höheres Alter (älter als 65 Jahre) - Männliches Geschlecht - !! Demenz und andere kognitive Störungen - Sensorische Beeinträchtigungen (Seh-, Hörminderung) - Einnahme multipler Medikamente - schwere körperliche Erkrankungen - reduzierter Allgemein- u. Ernährungszustand - Immobilität Folie 27 LVR-Klinik Düren Auslösende Faktoren des Delirs - Akute zentralnervöse Erkrankungen - Akute Allgemeinerkrankungen - Störung des Wasser- und Elektrolythaushalts - Metabolische Entgleisungen, Hypoxie - Diagnostische und therapeutische Eingriffe, insbesondere Operationen - Psychische Belastungsfaktoren Folie 28 LVR-Klinik Düren Delir auslösende Faktoren Substanzen - Nebenwirkungen von Medikamenten - Intoxikationen - Entzug von Substanzen mit Abhängigkeitspotential Folie 29 LVR-Klinik Düren Therapie des Delirs „Entgiften und Bewässern“ Folie 30 LVR-Klinik Düren Allgemeine Therapiemaßnahmen bei Delir - engmaschige medizinische Überwachung und kontinuierliche Beobachtung des Patienten; insbes. muss Verschlechterung der Symptomatik erkannt werden - ausgeglichene Flüssigkeitsbilanz - ausreichende Sauerstoffversorgung - aktuell nicht relevante Substanzen absetzen - möglichst niedrige Dosierung der notwendigen Medikamente - Behandlung auslösender Erkrankung Folie 31 LVR-Klinik Düren Therapie des Delirs Bei den übrigen Delirien, v.a. den hyperaktiven Formen: 1.Wahl = Antipsychotika z.B. Haloperidol (Haldol®) (außer bei M. Parkinson und Lewy-KörperDemenz) Folie 32 LVR-Klinik Düren Atypika bei Delir z.B. Risperidon, Quetiapin Hinweise auf eine mit Haloperidol vergleichbare Wirksamkeit zur Behandlung eines Delirs. Empfohlene Dosen bei älteren Patienten: Risperidon(Risperdal®) - 2 mal 0,5 mg Quetiapin (Seroquel®) - 2 mal 25 mg ( b. psychotischen Sympt. i.R. v. Demenzerkrankungen = off-label) Folie 33 LVR-Klinik Düren Benzodiazepine bei Delir Einsatz von Benzodiazepinen - wird kontrovers diskutiert - mögliche paradoxe Reaktionen mit Verschlimmerung der deliranten Symptomatik - Risiko der Übersedierung und Atemdepression - wird bei ausgeprägter psychomotorischer Erregung zusätzlich zur antipsychotischen Medikation empfohlen Folie 34 LVR-Klinik Düren Aufbau des Vortrags > Formen der Demenz > Delir bei Demenz > neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Folie 35 LVR-Klinik Düren Cluster der psychischen und Verhaltenssymptome bei Demenz Psychose 38% Hyperaktivität 64% Wahn Halluzinationen Agitation/Aggression Disinhibition Nächtliche Unruhe Irritabilität Auffälliges psychomotor. Verhalten Affekt 59% Apathie 65% Depression Angst Apathie Appetitänderung Folie 36 LVR-Klinik Düren neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Medikamentöse Behandlung - Antidementiva - Psychotrope Medikation außer Antidementiva Antipsychotika Benzodiazepine Antidepressiva Antikonvulsiva Folie 37 LVR-Klinik Düren neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Medikamentöse Behandlung - Antidementiva - Psychotrope Medikation außer Antidementiva Antipsychotika Benzodiazepine Antidepressiva Antikonvulsiva Folie 38 LVR-Klinik Düren Antidementiva Donepezil (Aricept®) und Galantamin (Reminyl®) schwache Wirksamkeit auf psychische und Verhaltenssymptome bei Pat. mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz Memantin (Axura®, Ebixa®) bei moderater bis schwerer Alzheimer-Demenz Rivastigmin (Exelon®) speziell bei Parkinson-Demenz und Lewy-KörperchenDemenz Folie 39 LVR-Klinik Düren neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Medikamentöse Behandlung - Antidementiva - Psychotrope Medikation außer Antidementiva Antipsychotika Benzodiazepine Antidepressiva Antikonvulsiva Folie 40 LVR-Klinik Düren Psychotrope Medikation außer Antidementiva Vorsicht: - Medikamente mit anticholinerger Wirkung sind zu vermeiden - Medikamente mit sedierender Wirkung sind vorsichtig einzusetzen - Verfahrensweisen bzgl. psychotroper Medikamente, die bei älteren Menschen zu beachten sind, gelten bei Demenzkranken in besonderem Maße - Pharmakologische Interaktionen beachten Folie 41 LVR-Klinik Düren neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Medikamentöse Behandlung - Antidementiva - Psychotrope Medikation außer Antidementiva Antipsychotika Benzodiazepine Antidepressiva Antikonvulsiva Folie 42 LVR-Klinik Düren Neuroleptika bei Demenz Klassische Neuroleptika - Haloperidol (Haldol ®) - Melperon (Eunerpan®) - Pipamperon (Dipiperon®) Atypische Neuroleptika - Risperidon (Risperdal®) - Quetiapin (Seroquel®) (b. psychotischen Sympt. i.R. v. Demenzerkrankungen = off-label) Folie 43 LVR-Klinik Düren Neuroleptika bei Demenz Wesentliche Bedenken (Auswahl) - anticholinerge und extrapyramidale UAW - Hypotonien - Sedierung - Sturzgefahr - erhöhte Sterblichkeit bei Patienten mit Demenz - Störung der Herz-Kreislauf-Funktion (Hypotonie, EKG/QTc-Zeit) Folie 44 LVR-Klinik Düren Indikationen für Antipsychotika bei Demenz Haloperidol (Haldol®) - Aggressivität bei Demenzkranken - akute psychomotorische Erregungszustände - Tagesdosis 1-2 mg Folie 45 LVR-Klinik Düren Antipsychotika bei Parkinson-Demenz und Lewy-Körperchen-Demenz - Bes. Risiko für NW, insbes. i.S. ausgeprägter Verschlechterung der Beweglichkeit und Vigilanz => Antipsychotika kontraindiziert - Möglich: · Clozapin (Leponex®) in geringer Dosierung; antipsychotisch wirksam · Quetiapin (Seroquel®) etwas schlechter wirksam als Clozapin Folie 46 LVR-Klinik Düren neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Medikamentöse Behandlung - Antidementiva - Psychotrope Medikation außer Antidementiva Antipsychotika Benzodiazepine Antidepressiva Antikonvulsiva Folie 47 LVR-Klinik Düren Benzodiazepine Problematisch wegen - Negative Effekte auf Kognition - Sturzgefahr - Mögliche paradoxe Reaktionen - Abhängigkeitspotential - Delir-Gefahr bei plötzlichem Absetzen Folie 48 LVR-Klinik Düren Benzodiazepine Möglich: in Ausnahmefällen Einzeldosen kurzwirksamer Präparate, z.B. - Lorazepam (Tavor®) - Oxazepam (Adumbran®) Folie 49 LVR-Klinik Düren Benzodiazepine bei Demenz - regelmäßiger Benzodiazepin-Gebrauch bei 9 – 15% der Bevölkerung ab 75 Lebensjahren - bei chronischer Einnahme Gefahr der schleichenden Intoxikation mit gefährlichen Folgen - Stürze, kognitive Beeinträchtigungen - diagnostische Fehlschlüsse (pseudodemente, apathischadyname und depressive Zustandsbilder) Folie 50 LVR-Klinik Düren Benzodiazepine bei Demenz Mögliche Therapie-Alternativen - Baldrian (Valdispert®) - sedierende Antidepressiva, z.B. Mirtazapin (Remergil®), Trazodon (Thombran®), - Zopiclon (Zop®); Zolpidem (Stilnox®) - Opipramol (Insidon®) - niederpotente Neuroleptika, z.B. Melperon (Eunerpan®), Pipamperon (Dipiperon®) - nichtmedikamentöse Therapie der Schlafstörung (Schlafhygiene) Folie 51 LVR-Klinik Düren neuropsychiatrische Störungen bei Demenz Medikamentöse Behandlung - Antidementiva - Psychotrope Medikation außer Antidementiva Antipsychotika Benzodiazepine Antidepressiva und Antikonvulsiva Folie 52 LVR-Klinik Düren Antidepressiva und Antikonvulsiva - Keine Hinweise auf spezifische Nebenwirkungen bei Demenzkranken - Generell niedrigere Dosierung wählen als bei jungen Patienten - Bei Auswahl achten auf · anticholinerge Nebenwirkungen · Sedierungspotential (Sturzgefahr und kognitive Leistung reduziert) Folie 53 LVR-Klinik Düren Medikamentöse Behandlung einzelner Symptome und Symptomcluster - Affektives Cluster - Hyperaktivitäts-Cluster - Psychotisches Cluster - Apathie Folie 54 LVR-Klinik Düren Cluster der psychischen und Verhaltenssymptome bei Demenz Psychose 38% Hyperaktivität 64% Wahn Halluzinationen Agitation/Aggression Disinhibition Nächtliche Unruhe Irritabilität Auffälliges psychomotor. Verhalten Affekt 59% Apathie 65% Depression Angst Apathie Appetitänderung Folie 55 LVR-Klinik Düren Medikamentöse Behandlung einzelner Symptome und Symptomcluster - Affektives Cluster - Hyperaktivitäts-Cluster - Psychotisches Cluster - Apathie Folie 56 LVR-Klinik Düren Affektives Cluster - Depression - Angst Folie 57 LVR-Klinik Düren Antidepressiva bei Demenz SSRI -Citalopram (Cipramil®) -Sertalin (Zoloft®) mögliche Therapie-Alternativen - Mirtazapin (Remergil®) - Trazodon (Thombran®) Folie 58 LVR-Klinik Düren Angst und Demenz - Vorgehensweise wie bei Patienten ohne Demenz - Allgemeine Empfehlungen zur pharmakologischen Behandlung bei Demenz beachten Folie 59 LVR-Klinik Düren Medikamentöse Behandlung einzelner Symptome und Symptomcluster - Affektives Cluster - Hyperaktivitäts-Cluster - Psychotisches Cluster - Apathie Folie 60 LVR-Klinik Düren Hyperaktivitäts-Cluster Agitiertes Verhalten = Unruhe mit erhöhter Anspannung und gesteigerte Psychomotorik - häufig zudem verstärkte Reizbarkeit mit konfrontativen Verhaltensweisen gegenüber anderen (-> Aggressivität) Folie 61 LVR-Klinik Düren Hyperaktivitäts-Cluster Agitiertes oder aggressives Verhalten - resultiert oft aus einem Kommunikationskontext -> Änderung von Kommunikationsformen -> Milieumodifikation Pharmakologische Behandlung erst, wenn diese Ansätze nicht ausreichend sind! Folie 62 LVR-Klinik Düren Hyperaktivitäts-Cluster Agitiertes Verhalten - Memantin (Axura®, Ebixa®) b. Pat. mit mittelschwerer bis schwere Alzheimer-Demenz (Hinweise) - Risperidon (Risperdal®) (0,5 – 2 mg) aggressives Verhalten - Haloperidol (Haldol®) (0,5 – 2 mg) Folie 63 LVR-Klinik Düren Hyperaktivitäts-Cluster Agitiertes Verhalten - Carbamazin (Tegretal®, Timonil®) wenn Antipsychotika nicht zu einer Symptomverbesserung geführt haben; Abbau: Cytochrom P450 Enzymsystem, v.a. CYP 3A4 - Citalopram (Cipramil®) Folie 64 LVR-Klinik Düren Hyperaktivitäts-Cluster Gesteigerte Psychomotorik - Risperidon (Risperdal ®) Folie 65 LVR-Klinik Düren Medikamentöse Behandlung einzelner Symptome und Symptomcluster - Affektives Cluster - Hyperaktivitäts-Cluster - Psychotisches Cluster - Apathie Folie 66 LVR-Klinik Düren Halluzinationen / Wahn - Ausschluss der psychotischen Phänomene durch Medikamente oder andere Ursachen (z.B. Delir) - Risperidon (Risperdal®) 0,5 – 2 mg - Haloperdol (Haldol®) 2-3 mg (20% EMPS) Folie 67 LVR-Klinik Düren Medikamentöse Behandlung einzelner Symptome und Symptomcluster - Affektive Cluster - Hyperaktivitäts-Cluster - Psychotisches Cluster - Apathie Folie 68 LVR-Klinik Düren Apathie - Verbale Unterstützung, positive Verstärkung - Es gibt keine medikamentöse Behandlung, die durch ausreichende Evidenz belegt ist und die empfohlen werden kann. Folie 69 LVR-Klinik Düren Schlafstörungen 1. Verhaltensempfehlungen und Interventionen 2. Hypnotika (NW: Sedierung, Sturzgefahr, Verschlechterung der Kognition) Folie 70 LVR-Klinik Düren Neuroleptika bei Schlafstörungen Zugelassene Neuroleptika bei Schlafstörungen - Melperon (Eunerpan®) - Pipamperon (Dipiperon®) Ohne Zulassung häufig eingesetzt: - Quetiapin (Seroquel®) Folie 71 LVR-Klinik Düren Ende Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Folie 72