Die nonverbale Kommunikation Neben dem gesprochenen Wort und dem geschriebenen Bericht, dem gezeichneten Plan und dem gebauten Modell gibt es eine leider oft zu gering beachtete, aber sehr direkte überzeugende Möglichkeit der allem deshalb nicht unterschätzt werden, weil sie subjektiv, unmittelbar und weitgehend unbeeinflussbar ist. A- Die Bedeutung nonverbaler Signale Nonverbale Signale "Eine Viertelsekunde reicht, und der Mensch hat sein Vorurteil über den Mitmenschen gefällt" (Der Spiegel 1999). Der Eindruck, den eine unbekannte Person macht, hängt nur zu 10 % von dem ab, was sie sagt; d.h. der Eindruck hängt zu 90 % von dem ab, was sie ohne Sprache durch Mimik, Gestik, Haltung, Handshaking, Kleidung, Parfüm etc. vermittelt. Selbst wenn die Person besser bekannt ist, bestimmen die nonverbalen Signale immer noch 60 % des Eindrucks. Innerhalb eines Vortrags haben die einzelnen Elemente folgendes Gewicht (hbw-radio): * 55 % nonverbale Elemente * 38 % paraverbale Elemente (Stimmlage) * 7 % verbale Elemente (der eigentliche Inhalt des Vortrages) Dies gilt es auch zu berücksichtigen bei Fachgesprächen, Vorstellungen eines Projekts, Wortmeldungen, Diskursen, Seminaren, Konferenzen etc. Denn wenn auf die nonverbalen Signale geachtet wird, kann man sich darauf einstellen, Missverständnisse früher erkennen und ihnen vorbeugen, sich selbst bzw. die Personen gegenüber beobachten. Die Botschaft - Es ist unmöglich, nicht nonverbal zu kommunizieren! Jede gesprochene Botschaft wird nicht nur begleitet von nonverbaler Botschaft, sondern das nonverbale Signal eilt dem Wort voraus und spannt sofort einen Hintergrund, Kontext, Interpretationsrahmen auf. Missverständnisse (und ggf. auch Missstimmungen) entstehen dann nicht, wenn das Wort im Einklang mit den nonverbalen Signalen steht, d.h. wenn die nonverbale Kommunikation mit der verbalen übereinstimmt. Wenn dagegen ein Missverhältnis oder gar Widerspruch zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation vorhanden ist, sind Kommunikationsfehler quasi zwangsläufige Konsequenz. Nur bei engen Beziehungen wird Sprache genutzt, um die Art der Beziehung deutlich werden zu lassen. Bei allen mehr informellen Beziehungen dagegen erlauben die "gesellschaftlichen Spielregeln" dies nicht. Hier erfolgt die Botschaft hinsichtlich der Art der Beziehung fast ausschliesslich auf der Basis nonverbaler Kommunikation, mit der Sympathie, Ablehnung, Bewunderung, Abscheu, Aufmerksamkeit, Langeweile, Angst, Trauer etc. ausgedrückt werden. Die Bedeutung der nonverbalen Signale wäre weniger gravierend, wenn sie ebenso leicht zu steuern wären wie das gesprochene Wort. Aber während z.B. Lügen bei entsprechender Gewöhnung leicht von den Lippen gehen, ist das "körperliche Lügen" praktisch unmöglich. Nonverbale Kommunikation ist stärker von den schwerer kontrollierbaren Emotionen als vom kontrollierbaren Bewusstsein gesteuert. Selbst gute Schauspieler – so genannte Charakterdarsteller - überzeugen in ihren Rollen nicht deshalb, weil sie sich gut verstellen können, sondern eher weil sie in der Lage sind, sich mit der Rolle zu identifizieren, sich "hineinzuversetzen". Eric Ginestet – Kommunikation & Präsentationstechnik – Institut f. Sozialpädagogik. 1 Deshalb ist es auch weniger Erfolg versprechend zu versuchen, die nonverbalen Signale dem gesprochenen Wort anzupassen, als umgekehrt zu versuchen, das zu sagen, von dem man wirklich überzeugt ist. Ritualisierung Um Körpersprache richtig - d.h. mit dem vom "Sender" belegten Inhalt - interpretieren zu können, muss sie ebenso wie die verbale Kommunikation "richtig" verstanden werden. Insbesondere bei unterschiedlichen Kulturräumen und bei einer nicht bis wenig ritualisierten Körpersprache sind Missverständnisse zwischen "Sender" und "Empfänger" häufig. Dagegen erleichtert die Ritualisierung das Verständnis und zahlreiche Elemente der Körpersprache unterscheiden sich auch nicht zwischen Kulturräumen. Ritualisiert sind beispielsweise folgende nonverbalen Aktionen: • • • • • Grüßen durch Heben der Hand. Drohen - aber auch Aufmerksamkeit heischend - durch den gestreckten Zeigefinger. Achselzucken entsprechend dem Abwerfen einer Last. Herausstrecken der Zunge als Symbol des Ausspuckens und damit des Abscheus. Symbolische Unterwerfung steckt im Neigen des Kopfes, in der Verbeugung, dem Knicks bis hin zum bejahenden Nicken. B- Die einzelnen Elemente Körpersprache Die Körpersprache wird als eigentliche nonverbale Kommunikation verstanden. Sie hat folgende wesentlichen Einflussgrössen: • Kinästhetisches Element Berühren, ..................................................................................... • Visuelles Element Winken, ........................................................................................ • Auditives Element Husten, ........................................................................................ • Olfaktorisches Element Duften, ........................................................................................ • Gustatorisches Element Küssen, ............................................................................... Einflussgrössen • Aussehen (Kleidung, Größe, Haarfarbe, Augenfarbe etc.) • Geruch (Eigengeruch, Parfüm) • Mimik (Gesichtsausdruck, Augenausdruck, Mundform) • Kopfhaltung (Blickkontakt, Schiefe) Eric Ginestet – Kommunikation & Präsentationstechnik – Institut f. Sozialpädagogik. 2 • Haltung und Bewegung der Hände (Gestik, Manipulationen) • Stand (Körperneigung, Körperorientierung, Bewegungen, Beinhaltung) • Sitzhaltung (Beinkreuzung, Winkel zwischen den Kommunizierenden) Paraverbale Kommunikation Neben der reinen Körpersprache wird auch die paraverbale Kommunikation, also die Art wie die Sprache eingesetzt wird, nicht zur unmittelbaren verbalen Kommunikation gezählt. Hiermit können ebenfalls deutlich Befinden und Stimmungen ausgedrückt werden: • • • • Amplitutenänderung Tonhöhe Tonhöhenänderung Tempo mäßig Vergnügen. Aktivität, Glück extrem Furcht niedrig Vergnügen, Langweile, Trauer hoch Ärger, Furcht, Überraschung mäßig Ärger, Langweile, Abscheu, Furcht extrem Vergnügen, Glück, Überraschung langsam Langweile, Abscheu, Trauer schnell Vergnügen, Glück, Überraschung, Ärger, Furcht C- Distanzen Bei einer Kontaktaufnahme gehen die meisten Menschen (unseres Kulturraums) nachweislich nicht enger als 1,20 m zusammen, was als "personale Distanz" gekennzeichnet wird: • 50 cm: intime Distanz Intimität; innerhalb dieser Distanz werden nur sehr vertraute Personen akzeptiert. • 0,5 bis 1,2 m: personale Distanz Nahe Beziehung; Interaktionspartner können sich noch berühren, aber nicht den Atem riechen; eine personale Distanz wird zwischen Familienmitgliedern und gut bekannten Kollegen akzeptiert • 2,5 bis 3,5 m: soziale Distanz Unpersönliche Beziehung für oberflächliche Kontakte; üblich zwischen Bekannten, Kollegen, Kunden, Geschäftspartnern; manchmal trennt ein Tisch die Interaktionspartner; etwas lautere "offizielle" Stimme; • 3,5 m und mehr: öffentliche Distanz Öffentliche Anlässe; Gesellschaft, Unterricht, Fernsehen Der Beitrag, den diese unmittelbar mit Zuneigung bzw. Abneigung verknüpften Distanzen auch zur Planung leisten, lässt sich beispielsweise in der Straßenbahn, in Fußgängerzonen, Straßencafés beobachten. D- Training Der nonverbale Ausdruck lässt sich bei weitem nicht so leicht verstellen, wie das gesprochene Wort. Daher kann sich ein introvertierter Mensch auch mit viel Training kaum Eric Ginestet – Kommunikation & Präsentationstechnik – Institut f. Sozialpädagogik. 3 zu einem überzeugend extrovertierten, explosiven Vortragenden oder Diskussionsteilnehmer wandeln. Dennoch: Mit Training können Mimik, Gestik, Auftreten und die gesamte Rhetorik geschult werden. Bei Vertrauen in die eigene Sache und das eigene Auftreten überträgt sich dieses Vertrauen auch auf den Gegenüber. Dies führt zu Verständnis, zu Sympathie und damit auch zu einer verbesserten Kommunikation. Verbales und nonverbales stehen im Einklang. Um die Signale des nonverbalen Kommunizierens speziell im Bereich Rhetorik besser zu erkennen und zu üben dienen die folgenden Anmerkungen: • • • • • • • Ihre Überzeugung von der Sache zeigt sich z.B. an einer geraden Haltung des Kopfes, während Ihr zurückgeworfener Kopf eher Distanz und Arroganz signalisiert, ihr gesenkter eher Verlegenheit und Schuldbewusstsein. Wenn Sie dem Gegenüber zuhören, dann merkt er es daran, dass sie ihn ansehen statt die Decke oder die Zimmerecke. Sind sie entspannt, dann ist es auch Ihre Mimik, und ein Lächeln wird nicht zur Grimasse. Unruhe und Unsicherheit wird oft mit den Händen abgeleitet: durch Rollen der Krawatte, Drehen eines Rings, etc. Die Hände in den Hosentaschen wird als lässig bis gelangweilt interpretiert, auf dem Rücken als abwartend bis passiv, in den Hüften als aggressiv, gekreuzt vor der Brust als unzugänglich. Mangelnde Körperspannung und hängende Schultern zeigen Resignation, leichte Beugung nach hinten, Starre und leichte Beugung nach vorne Betteln um Anerkennung. Am besten wirkt das Gewicht auf beiden Füßen gleichmäßig, am ängstlichsten das ungezielte Hin und Her Wer die Grundregeln nonverbaler Kommunikation beherrscht, erkennt eigene Schwächen rechtzeitig und kann ihnen mit entsprechender Übung dann durchaus entgegenwirken. Quelle: INSTITUT FÜR STÄDTEBAU UND LANDESPLANUNG der Universität Karlsruhe (TH) Eric Ginestet – Kommunikation & Präsentationstechnik – Institut f. Sozialpädagogik. 4