BERGTHEATER HISTROY Im Jahre 2004 fragte der Autor

Werbung
BERGTHEATER HISTROY
Im Jahre 2004 fragte der Autor, Bergsteiger und Kletterer Emil Zopfi den
Landquarter Schauspieler Gian Rupf an, ob er mit einem geeigneten
Kollegen die ‚Bergfahrt‘ von Ludwig Hohl in einer szenischen Lesung für
die neu gegründeten Alpinen Literaturtage in Richisau vorbereiten wolle.
Gian sagte zu und fragte den Disentiser Schauspieler René Schnoz an,
ob er an der Seilschaft teilnehmen wolle. Sie übten das Stück eine
Woche lang in einem Häuschen in Amden ein und entstanden war eine
dramatischen Lesung mit zwei Gartenstühlen, einem Eisentisch, einer
Tischdecke und einem Rucksack. Die notgedrunge Einfachheit der
Utensilien wurde zum Pluspunkt von Bergtheater. Mit wenig Bühnenbild
war die Idee geboren, Theater auch ausserhalb von Theatersälen zu
realisieren. Fantasie ersetzt Geld.
In Richisau war auch Franz Hohler und schwärmte:
“WiekannmanineinerZeitder3-D-Mount-Everest-Filmebehaupten,ein
rostigerMetalltischundzweiKlappstühleseieneineGebirgslandschaft?
GianRupfundRenéSchnozwagenes,undwirzögernkeinenMoment,ihnen
durchNebel,WindundSchneezufolgenundunsbedingungslosdieser
Bergfahrtanzuschliessen,inderesumFreundschaftundFreiheit,Kühnheitund
Furcht,TreueundTrennungundzuletztumLebenundTodgeht.”
Nach der erfolgreichen Premiere im Juni 2004 hatten Gian und René die
Einladung bekomen, das Stück in der SAC Terri Hütte zu spielen. Der
ebenfalls anwesende Kabarettist Flurin Caviezel meinte, gescheiter
wäre, statt zu einer Hütte auf- und wieder abzusteigen, gleich von Hütte
zu Hütte laufen. Die Idee einer Hüttentournée war geboren.
Mit Hilfe von Urs Riederer folgte die erste SAC Tour 2005. Vorerst
beschränkten sie sich auf Bündner Hütten. Während zwei Wochen
tourten sie vom Rätikon über den Silvretta-Gletscher ins Engadin und
endeten im Bündner Oberland. Ein Highlight war die Besteigung des Piz
Morteratsch mit dem Bergführer Lieni Roffler.
Gian realisierte zusätzlich auf der Tour den Dokumentarfilm ‚Warum
steigt ihr auf Berge‘ und befragte dazu dutzende Wanderer. Auch das
Schweizer Fernsehen wird auf Bergtheater aufmerksam und zeigt einen
Beitrag auf Kulturplatz.
2006 folgte im Mai die Premiere von ‚Frisch am Berg‘ – Bergtexte von
Max Frisch. Wieder wurden Gian und René von Emil Zopfi für die
Alpinen Literaturtage engagiert. Dieses Mal wurde die Veranstaltung in
Amden durchgeführt. Musikalisch begleitet wurden sie von
Kulturpreisträger Domenic Janett und seiner Klarinette.
Brilliante Mono- und Dialoge
Diese «Gipfel» – eine Sammlung von Bergpassagen aus Frischs Werk,
nutzte das Duo Gian Rupf und René Schnoz zur Komposition einer
dramatischen Lesung. Ein Flugzeug brummte über die Berge und Frisch
erzählte seine Erlebnisse am Berg: Brillante Mono- und Dialoge in
humoristischer Folge, auf der Mikrobühne bestehend aus dem
Ledersessel, darunter, in einer riesigen Kiste, die Hermes Baby, ohne
die die Impressionen vielleicht nie zu Buche gekommen wären. Bis
Frischs Blick aus dem Fenster schweifte, er begeistert die Berge vor Ort
entdeckte und das Publikum mit ‚schaut der Mürtschenstock!‘zurück in
die Realität holte.
Südostschweiz
Während die Bergtexte von Frisch vor allem in städtischen Theater
gezeigt wurden, konnte Bergtheater bereits im Sommer 2006 die
nächste Hüttentour mit der ‚Bergfahrt‘ in Angriff nehmen. Dieses Mal war
die Idee, das einfache Hüttenleben mit ein paar Luxushotels zu
kombinieren – so, dass die geschundenen Beine auch ab und zu zur
Erholung kamen. Sie durften in weichen Betten des Vicotria-Jungfrau
Hotel in Interlaken und dem Mont Cervin in Zermatt übernachten, um
sich von den Strapazen von Hütten im Berner Oberland und dem Wallis
zu erholen.
Dennoch waren die Highlights auch dieses Mal eher in den Bergen
anzutreffen: Eine Steingeiss, die zum Hüttenfenster hereinschaut, eine
Aufführung in der Hörnlihütte am Fuss des Matterhorns mit Zuschauern,
die alle die Besteigung vor sich hatten am nächsten Morgen. Ein
zufälliges Helikopterflug-Angebot zurück ins Tal konnten sie schwer
abschlagen. Nach einer schneebedeckten Bergfahrt in die
Gspaltenhornhütte mit sechs Zuschauern und weiterhin schlechten
Wetterprognosen beschlossen sie, die auf 3650 Metern ü. M. gelegene
Mönchsjoch-Hütte zu verschieben und stattdessen frühzeitig ins Wallis
aufzubrechen. Dort ‚überfielen‘ die beiden zwei nicht geplante Hütten,
spielten und liessen sich ihre Gage in den Hut werfen - Wandertheater
wie zu Molieres Zeiten..
Nach rund 50 Aufführungen mit Text in der Hand, beschlossen sie, das
Stück auswendig zu spielen und so folgten weitere 50 Auftritte als
dramatische ‚Erzählung‘.
Ein typischer Tag auf Hüttentour: 7.00 aufstehen, Frühstück, 5-8
Stunden laufen, ankommen, rekognoszieren, Abendessen, spielen,
Zusammensein mit den Hüttengästen, 22.00 Lichterlöschen.
2008 folgte der nächste Streich: Wiederum für die Alpinen Literaturtage
entstand das Schatten-Sprech-Spiel ‚Meinetwegen zugrunde gehen‘
mit Texten des Bergsteigers Hans Morgenthaler. Ein Mensch, dem früh
schon bei einer nächtlichen Begehung des Tödi fast alle seine Finger
abgefroren waren, schreibt in seinen Memorien von heldenhaften
Besteigungen mit dem Akademischen Alpenverein und tragischen
Liebschaften. Schattentheater aber kann man schlecht in Hütten
aufführen, so dass auch dieses Stück eher im Flachland zu sehen war.
Im Februar 2009 konnte Bergtheater alle drei bislang produzierten
Stücke im Sogar Theater Zürich in einer Trilogie zeigen. Hier entsand
auch die Zusammenarbeit mit dem Akkordeonisten Hans Hassler, der
alle drei Stücke musikalisch begleitete.
2010 kam eine Zusammenarbeit mit den Alpinen Literaturtagen und dem
Sogar Theater Zürich zustande. Zum ersten Mal konnte ein Stück mit
vier Wochen Probenzeit in Angriff genommen werden. Die Autoren
Stefan Keller und Emil Zopfi erarbeiteten mit den beiden Schauspielern
ein Stück, das auf wahre Begebenheiten basiert: ‚Ein Russ im Bergell‘
erzählt die Geschichte des knorrigen Bergführers Christian Klucker aus
dem Fextal und des russischen Barons Anton von Rydzewski. Zehn
Jahre waren sie – von 1890 bis 1900 - im Bergell unterwegs, haben
unzählige Erstbesteigungen zusammen erreicht und waren sich doch
spinnefeind. Schriften der beiden belegen dies und waren Grundlage
zum bislang erfolgreichsten Bergtheater Stück. Mit dem Oeil Exterieur
Mirjam Neidhart und dem Musiker Hans Hassler zusammen wurde das
Stück uraufgeführt und durfte bislang über hundert Aufführungen
erleben.
Sie hassen sich vom ersten Höhenmeter an, nennen sich «Mehlsack»
und «Feldmarschall » und leisten so 10 Jahre lang alpine Pionierarbeit.
Aus ihren Aufzeichnungen haben die Autoren Emil Zopfi und Stefan
Keller und die Schauspieler René Schnoz
und Gian Rupf mit «Ein Russ im Bergell» ein Stück geschaffen, dem
Applaus gebührt:
Mit wenig Mitteln, szenischer Sorgfalt und viel Sympathie für die beiden
Spinner, die hier wieder aufleben, öffnen sie ein theatrales Fenster zu
einer längst verflossenen Alpenwelt. Auf einem weissen Tuch leuchten
Fotografien von damals auf, eine handgezimmerte Leiter dient als Fels.
Rupf kommt als unsportiver Bourgeois nach einem halben Meter «Berg»
tatsächlich ins Schwitzen und geht mit seiner pathetischen
Naturbegeisterung gekonnt auf die Nerven, und dem verstockt
Zahnstocher kauenden Schnoz nimmt man den im Berglerstolz
verletzten Klucker sofort ab. Heimlicher Star des Abends ist aber der
wunderbar kauzige Musiker Hans Hassler, der mit seinem
Akkordeon die Dissonanzen dieser Zweckseilschaft kommentiert, dann
wieder ruhig wird wie ein Berg.
Corina Freudiger TAGESANZEIGER, 16.APRIL 2010
Im Sommer 2010 erhält Bergthater den Kulturpreis des SAC
Schweiz
Da das Stück im Bergell spielt, war es nahliegend, es in einer Bergeller
Hütte aufzuführen. Mit Maya Albrecht vom SAC Hohen Rohn konnten wir
nicht nur die ersten Aufführungen in der Albigna-, Sciora- und Sasc Furä
Hütten bestreiten, sie wurde auch unsere Managerin für eine RussHüttentour in der Zentralschweiz 2011. Einzige Bühnen-Bedingung an
das Hüttenteam: Sie mussten eine Holzleiter zur Verfügung stellen. Da
Gian bei diesem Stück auf die Leiter steigt, war bald klar, dass, wenn
immer möglich, draussen vor der Hütte gespielt wird – denn die Decken
der Hütten sind zu niedrig für ihn auf der Leiter. Das Gelände wurde
immer wichtiger und so wird mittlerweile auch im Umkreis von ein paar
hundert Metern von der Hütte entfernt nach geeignetem Terrain gesucht.
2013folgteeineweitereHütten-Tournéeemitdem‚Russ‘imBernerOberland
unddiesesMalstandeinerAufführunginderMönchsjochhüttenichtsim
Wege.AlsDankeschöndurftendiebeiden–allerdingsimNebel–denMönch
besteigen.DasSchweizerFernsehenzeigteeinenAusschnitteinerAufführung
inderGaulihütte,anlässlichvon‚Hüttengeschichten‘.
BegleitetwurdenGianundRenédiesesMalvonBergfüherMichiIlienunddiese
UnterstützungwargeradebeiderGletscher-PassagevonderDossen-indie
GaulihüttevonunbezahlbaremWert.
MittlerweilehatBergtheaterschonfastüberallgespielt–seiesimSchneevor
einerWaldhütte,ineineraltenKegelbahnimValBever,imaltehrwürdigen
HotelWaldhausinSils,inFünf-Sterne-HoteslinGstaad,ZermattundArosa,auf
TeneriffaundinderBlindenKuh–keinOrtschrecktsieab.
NunwarderWunschda,füreinmalkeinhistorisches,sonderneinaktuelles
Bergsteigerthemaanzugehen.GianundRenétrafensichmitRolandHeer,
Bergsteiger,ExtremklettererundAutorundbatenihn,einenPlotfürsiezu
schreiben.NacheinemJahrAustauschwarderfünfteStreichvollendet:
‚EinsameSpitze‘einabschüssigesStückoberhalbderWaldgrenze.Warendie
StoffebisjetztKonfektionsware,sowurdediesesWerkaufdiebeiden
zugeschnitten–wieeinMassanzug!AlsKoproduktionmitdemSogarTheater
unddemTheaterChur,mitAchimLenzalsRegisseur,RolandAmreinals
ProduktionsleiterundNinaWechsleralsAusstatterinfandimFebruar2016die
UraufführungdieserSprachlawinestatt.
Gian Rupf und René Schnoz haben uns einen wundersamen, komischen
und berührenden Abend bereitet. Zwei tolle Schauspieler, die sich auf
eine findige und fundierte Regie verlassen konnten. Die Vorlage von
Roland Heer ist aussergewöhnlich: Da ist nicht nur ein Sprachschatz
sondern auch ein Sprachwitz, die ihresgleichen suchen, da ist ein Sinn
für Dialoge, der aussergewöhnlich ist und da ist eine handwerkliche
Intuition, die das Ganze zum ästhetischen und intellektuellen Vergnügen
macht.
Peter-Christian Fueter
MitdiesemStückwarensieimSommer2016bereitsimAlpinenMuseumBern,
zwischenzweiHäuserfronteninGlarus,amBergfahrtFestivalBergünundauf
derSACRingelspitzhüttezusehen.
VieGeplant
Viel
VVieVile
VieleweiterewerdenfolgenundauchdienächsteHüttentournéeistin
Planung,diesesMalmitder‚EinsamenSpitze‘.
Herunterladen