Klinik für Dermatologie und Allergologie Philipps-Universität Marburg Sexuell übertragbare Krankheiten (STD) SS – 2009 Allgemeines zu STD • • • • STD sind Infektionskrankheiten durch Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen. Die Symptome betreffen vorwiegend die Genitalorgane. Allen Erregern gemeinsam ist die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch und nicht über den Toilettensitz. Bei allen Behandlungen ist eine Partnertherapie wünschenswert. Sexuell übertragbare Krankheiten (STD) • Syphilis • Krankheiten durch Chlamydien • Krankheiten durch N. gonorrhoeae • Condylomata acuminata • Krankheiten durch HIV • Skabies Syphilis • • • • Erreger: Treponema pallidum Epidemiologie: 5-10 Fälle/100000 E/Jahr Klinik: Frühsyphilis (<1J.), Spätsyphilis (>1 J.) Diagnostik: Erregernachweis (keine Kultur), Antikörpernachweis • Therapie: Penicillin Früher Primäraffekt: flache, gelblich belegte Erosion an der Stelle der Infektion Induratives Ödem: Ulcus mit derbem Randwall („harter Schanker“) Später Primäraffekt: flaches, schmerzloses Ulcus mit erhabenem Rand Zervikaler Primäraffekt: da schmerzlos, nur als Partnerinfektion zu entdecken Extragenitaler Primäraffekt: schmerzloses Ulcus, schwierige DD Roseola: flankenbetontes, rötlich-bräunliches, nicht juckendes Exanthem Makulopapulöses Exanthem: bräunliche, schuppende Papeln in symmetrischer Verteilung Palmarexanthem: schuppende, rötlich-bräunliche Papeln an den Handflächen Plaques muqueuses: weiße, nicht abwischbare Maculae an der Mundschleimhaut. Keine Ulzerationen. Alopecia specifica: Fokaler Haarausfall ohne Narbenbildung Spätsyphilis (> 1 Jahr) Nach einjähriger Krankheitsdauer Rezidivexantheme Tuberöse, serpiginöse, ulceröse Läsionen Gummen Histologie: plasmazellreiches Infiltrat und spezifisches Granulationsgewebe Rezidivexanthem: perianale Papeln (früher: Condylomata lata) Gumma: Abszess mit fadenziehendem Eiter Ulzerationen an der Haut Syphilis connata Intrauterine Übertragung nach der 20. SSW, vorher erhöhtes Abortrisiko Primäre hämatogene Ausbreitung, daher kein Primäraffekt Beim Neugeborenen Exanthem, Coryza, Hepato- und Splenomegalie Spätstadien: Hutchinsonsche Trias, Säbelscheidentibia Hutchinsonsche Trias: Keratitis, Tonnenzähne, Taubheit konvexe Seitenkanten, konkave Schneidekanten Spätsyphilis Organmanifestationen Kardiovaskuläre Syphilis Mesaortitis Neurosyphilis Tabes dorsalis Paralysis progressiva Syphilis: Diagnostik Erregernachweis: nativ aus einer sezernierenden Läsion mit Dunkelfeld- oder Phasenkontrastmikroskop. Eine Kultur ist nicht möglich. Antikörper im Serum nachweisbar ab der 3. Woche nach Infektion mit: - TPPA (Treponema pallidum Partikelagglutinationstest) (Suchtest) - VDRL (venereal disease research laboratory) (Aktivität) - FTA-ABS-Test (19S-IgM-FTA-ABS-Test) (Bestätigungstest, IgM-Nachweis) Syphilis: Penicillin-Therapie • Frühsyphilis: 2,4 Mega Tardocillin i.m. einmalig • Spätsyphilis: 3 x 2,4 Mega Tardocillin i.m. alle 7 Tage • Syphilis bei HIV: Bei HIV häufiger neurologische Beteiligung, daher Liquorpunktion und ggf. liquorgängiges Antibiotikum (Penicillin oder Ceftriaxon intravenös) • Syphilis in der Schwangerschaft: wie Frühsyphilis • Bei Penicillinallergie: Erythromycin, Ceftriaxon oder Azithromycin Chlamydien Übertragung von Chlamydia trachomatis (CT) • Erkrankungen bei Frauen wenn Nachweis von CT bei Männern 65% • Risikofaktoren: Alter unter 20 Jahren, neuer Partner, kein Kondomgebrauch, frühere STD, Homosexualität. Diagnostik bei Chlamydia trachomatis • Zellkultur • Immunologischer Nachweis der Oberflächenproteine McCoy-Zellen • Amplifikation der DNA • Der Nachweis von Erregern ist einfach bei eitrigen Entzündungen. Die Sensitivität ist deutlich niedriger bei asymptomatischen Patienten. • Serumantikörper sind ohne diagnostische Relevanz Krankheiten durch Chlamydia trachomatis beim Mann • Urethritis: Sekretion aus dem Ostium: Diagnose durch Urethra-Abstrich, auch Nachweis in Aspiraten • Epididymitis: Folgekrankheit, • Lymphogranuloma inguinale: Serotypen L Krankheiten durch Chlamydia trachomatis bei der Frau •Cervicitis •Adnexitis •Sterilität: Bei unerfülltem Kinderwunsch ist eine Chlamydiendiagnostik erforderlich. Therapie: Antibiotika über mind. 7-10 Tage (z.B. Doxycyclin, Ofloxacin, Azithromycin) Krankheiten durch N. gonorrhoeae Gonorrhoe beim Mann: Urethritis („Tripper“) Prostatitis Epididymitis Proktitis, Pharyngitis Gonorrhoe bei der Frau • • • • • Urethritis Bartholinitis Cervicitis Adnexitis Fitz- Hughes-Curtis-Syndrom (perihepatischer Abszeß) • Proktitis, Pharyngitis Diagnose der Gonorrhoe Gramfärbung: intrazelluläre, gramnegative Diplokokken Kultur: auf ThayerMartin-Agar weiße, perlartige Kolonien, Peroxydase-positiv Therapie der Gonorrhoe Empfehlungen der DSTDG • Cefixim 400 mg oral einmalig • Spektinomycin 2000 mg i.m. einmalig • Ceftriaxon 250 mg i.v. einmalig Condylomata acuminata Es gibt über 100 Varianten humaner Papillomaviren (HPV). Darstellung des „HPV-trees“ von G. von Krogh Prävalenz der HPV-Infektion 100% 80% 60% 40% 20% 0% warts (1%) subclinical infection positive DNA prior infection Condylomata acuminata: verschiedene klinische Formen Histologie Rezidivcondylome Verrucöse Condylome Condylome: An gleichzeitig aquirierte HIV-Infektion denken! Bowenoide Papulose weiche, bräunliche Papeln. Histologisch insitu Karzinom Diagnose der Condylome • Im allgemeinen klinische Diagnose • Essigsäuretest • Histologische Untersuchung selten erforderlich Verlauf der Condylomkrankheit • • • • • Das Risiko sexueller Übertragung ist hoch Spontane Remission ist häufig Persistenz über mehrere Jahre kommt vor Bei Latenz nur Nachweis von HPV DNA Maligne Transformation (HPV 16, 18, 31,33) kann bereits nach wenigen Jahren auftreten Therapie der Condylome 1. Topische Chemotherapie mit Podophyllotoxin 2. Immuntherapie mit Imiquimod 3. Elektrochirurgie (Diathermie) 4. Laserchirurgie (CO2, Erbium-Yag) Eine Rezidivquote von 25% ist unabhängig von der Therapieform Bei kindlichen Condylomen an sexuellen Mißbrauch denken! Erythroplasie Queyrat = penile intraepitheliale Neoplasie (PIN) ist HPV - induziert. Glatte, glänzende Rötung Histologisch Ca in situ Das Zervixkarzinom ist in nahezu allen Fällen mit HPV assoziiert, vor allem den onkogenen Typen HPV 16 HPV 18 HPV 45 HPV 31 others Aktuell Aufnahme einer HPV- Impfung bei Mädchen im Kindesalter in die Empfehlungen der STIKO Viruspartikel von HPV 6,11,16,18 (Gardasil) und HPV 16, 18 (Cervarix) Peniskarzinom und Analkarzinom sind immer mit HPV assoziiert das Karzinom der Skrotalhaut jedoch nicht. Hautkrankheiten durch das humane Immunodefizienzvirus (HIV) 1. akutes retrovirales Syndrom (ARS) 2. Lymphadenopathiesyndrom (LAS) 3. Aquired immunodeficiency syndrome (AIDS) HIV Erkrankungen weltweit (2005) Erreger, Übertragung • • • HIV ist ein Retrovirus, bestehend aus einem RNAStrang, der reversen Transskriptase und der Virushülle Übertragung nur von Mensch zu Mensch: genital bei sexuellen Kontakten; mit der Muttermilch; transplazentar; durch Blut (Transfusionen, Nadelstichverletzung; durch Organtransplantationen. In Deutschland rund 2000 Neuinfektionen p. J. HIV – erworbener Immundefekt • Alle Krankheitszeichen sind auf Störungen der Funktion der CD4-positiven T-Lymphozyten zurückzuführen. • Die Schwere der auftretenden Infektionen nimmt im Laufe der fortschreitenden Erkrankung immer mehr zu. • Kutane und extrakutane opportunistische Infektionen. • 30-50% der Erkrankten zeigten früher das KaposiSarkom (ist sehr selten durch die HAART geworden). Hautsymptome bei HIV-Infektion Ausgedehnte Infektionen mit Hefepilzen, Herpesviren, Papillomviren. Hautsymptome bei HIV-Infektion Hautsymptome bei HIV-Infektion Hautsymptome bei HIV-Infektion Hautsymptome bei HIV-Infektion Hautsymptome bei HIV-Infektion Hautsymptome bei HIV-Infektion Kaposi-Sarkom bei HIV Auslösung durch humanes Herpesvirus (HHV) 8 Düster-rote bis bräunliche, flache Knoten, selten ulzerierend, nicht metastasierend (aber Befall innerer Organe wie MagenDarmtrakt,Lunge und Knochen) Diagnostik Verdacht bei: • persistierenden Lymphknotenschwellungen, • chronisch rezidivierende Infektionskrankheiten, • langdauernde Hautentzündungen ohne Nachweis spezifischer Erreger. HIV-Antikörper 4-8 Wochen nach Infektion („AIDS-Test“). Bei Vorliegen von Antikörpern Bestätigungstest (Westernblot). Blutbild und Leberwerte, organtypische Diagnostik. Viruslast, CD4-T-Zellzahl, Prognose • 7-10% der HIV-Infizierten entwickeln im Laufe eines Jahres Symptome. • Drei Viertel der Virusträger sind (unbehandelt) nach 7 Jahren an AIDS erkrankt • Durch den morbostatischen Effekt der HAART hat sich die Prognose deutlich verbessert; Heilung dennoch bislang nicht möglich • Prophylaxe: Vermeidung sexueller Infektionen (safer sex) kritische Verwendung von Blutbestandteilen, Vermeidung von beruflichen Infektionen beim Umgang mit Erkrankten. • Wie bei jeder anderen Infektionskrankheit sind die Risiken einer Übertragung kalkulierbar und bei sachgerechtem Verhalten gering. Therapieprinzipien Therapie Stadium wichtigste Befunde Nucleosidanaloga Proteaseinhibitioren nicht-nukleosidale reverse Transskriptasehemmer symptomatische Patienten < 350 CD4Lymphozyten Zidovudin Lamivudin, Didanosin Indinavir, Ritonavir, Nelfinavir, Saquinavir, Efavirenz asymptomatische Patienten 350-500 CD4Lymphozyten 10.000 – 20.000 Genomkopien Zidovudin Lamivudin, Didanosin Indinavir, Ritonavir, Abacavir, Nevirapin postexpositionelle Prophylaxe > 500 CD4 Lymphozyten 10.000 – 20.000 Genomkopien Zidovudin Lamivudin, Didanosin wie oben Delavirdin Skabies • Erreger: Krätzemilbe (Sarcoptes scabiei) • Leitsymptom: Juckreiz, insbesondere bei Bettwärme Skabies • • • Milbengänge (Dermatoskop, Anfärben mit Tinte) Prädilektionsstellen: - Finger und Zehenzwischenräume, über volarem Handgelenk, Bauchnabel, Genitale - Gesicht und Kopfhaut frei Sonderformen: postskabiöses Ekzem, Skabies crustosa Skabies (Krätze) Therapie der Skabies • • • • • Lokale Therapie des gesamten Integumentes mit Permethrin 5% Creme oder Crotamiton Salbe früher: Lindan Wäschewechsel, Auslüften Untersuchung und Behandlung der Kontaktpersonen Alternativ systemische Therapie mit Antiparasitikum Ivermectin (Einmalgabe 200µg/kg) Antientzündliche Therapie mit steroidhaltigen Externa