Jahrgangsstufen 1+2

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MATHEMATIK FÜR BERUFLICHE GYMNASIEN
Jahrgangsstufen 1+2
92
1 Fortführung der Differenzialrechnung
1.6 Funktionenscharen
1.6.1 Funktionenscharen – Ortlinie
Aufgabe
1
a) Rechts sehen Sie die Graphen der Funktionen zu f1 (x) = x (x – 1)2,
f2 (x) = x (x – 2)2 und f3 (x) = x (x – 3)2. Beschreiben Sie diese.
Äußern Sie Vermutungen.
b) Diese Funktionen haben alle einen Funktionsterm der Form
fa (x) = x (x – a)2 mit einem Parameter a > 0. Bestimmen Sie
allgemein die Nullstellen und die Extrempunkte dieser Funktionen.
c) Betrachten Sie die Hochpunkte aller Graphen der Funktionen aus
Teilaufgabe b). Alle diese Hochpunkte liegen auf einer Linie, die man als Graph einer Funktion auffassen kann. Bestimmen Sie deren Funktionsgleichung.
Lösung
Globalverlauf:
Verhalten der
Funktionswerte f (x)
für x → ∞
und x → – ∞
a) Alle drei Graphen haben denselben Globalverlauf und verlaufen durch den Ursprung. Die zweite
Nullstelle der drei Graphen ist eine doppelte Nullstelle bei 1 bzw. 2 bzw. 3. Ferner haben alle Graphen
zwischen den beiden Nullstellen einen Hochpunkt.
b) Globalverlauf
Allgemein gilt:
fa (x) = x (x – a)2 → ∞ für x → ∞ und fa (x) → – ∞ für x → – ∞
Nullstellen
fa (x) = 0, also x (x – a)2 = 0
x = 0 oder (x – a)2 = 0
x = 0 oder x = a
Die Funktion fa hat somit an der Stelle 0 eine einfache und an der Stelle a eine doppelte Nullstelle, also
eine Nullstelle ohne Vorzeichenwechsel. Wegen des Globalverlaufs einer ganzrationalen Funktion 3. Grades
liegt bei der doppelten Nullstelle zugleich ein Tiefpunkt vor.
Extrempunkte
Zum Berechnen der Extrempunkte benötigt man die 1. Ableitung. Zum Bilden der Ableitung wird der Funktionsterm zunächst ausmultipliziert:
fa (x) = x (x – a)2 = x (x2 – 2 a x + a2) = x3 – 2 a x2 + a2 x.
Daraus ergibt sich: f9a(x) = 3 x2 – 4 a x + a2.
An den Extremstellen hat die 1. Ableitung den Wert 0.
f9a(x) = 0
3 x2 – 4 a x + a2 = 0
x = }3a oder x = a.
Wegen der Nullstellen und des Globalverlaufs muss an der Stelle a ein Tiefpunkt und an der Stelle }3a ein
Hochpunkt vorliegen. Der Tiefpunkt hat die Koordinaten Ta (a | 0). Für den Hochpunkt muss noch die
y-Koordinate berechnet werden:
4 3
a
fa _ }3a + = }3a _ }3a – a +2 = }
27
4 3
Der Hochpunkt des Graphen zur Funktion fa hat die Koordinaten Ha _ }3a | }
a .
27 +
93
1.6 Funktionenscharen
c) Der Hochpunkt hat in Abhängigkeit vom Parameter a die Koordinaten x = }3a und y =
Graphen zu bestimmen,
4
} a3. Um eine Funktionsgleichung für den
27
auf dem die Hochpunkte liegen, suchen wir
eine Vorschrift, wie man die y-Koordinate aus der x-Koordinate berechnen kann. Da diese Vorschrift unabhängig vom Parameter a sein
muss, formen wir die Gleichung für die x-Koordinate zunächst nach a
um: x = }3a liefert a = 3 x.
Diesen Term für a setzen wir dann in die Gleichung für die y-Koordi4
(3 x)3 = 4 x3. Somit liegen alle Hochnate ein: a = 3 x, also y = }
27
punkte auf dem Graphen der Funktion zu y = 4 x3.
Information
(1) Funktionenschar
Ein Term, der neben einer Funktionsvariablen (z. B.
der Variablen x) noch einen Parameter (z. B. die
Variable a) enthält, definiert mehrere Funktionen
zugleich: Zu jeder zulässigen Wahl des Parameters
a gehört eine Funktion x ° fa(x). Die Menge aller
dieser Funktionen bezeichnet man als Funktionenschar.
Beispiel: fa (x) = 1}2 (x – a)2 + 1}2 a
(2) Ortslinie
Statt Ortslinie verwendet
man oft auch den Begriff
Ortskurve.
Einen Graphen, auf dem alle Hochpunkte einer Funktionenschar liegen, bezeichnet man als Ortslinie der
Hochpunkte. Entsprechend erhält man die Ortslinie für andere markante Punkte, z.B. Wendepunkte.
Vorgehen zum Bestimmen einer Ortslinie
Die Koordinaten für die betrachteten Punkte
werden in Abhängigkeit vom Parameter bestimmt.
• Die Gleichung für die x-Koordinate wird
nach dem Parameter aufgelöst.
• DamitwirdderParameterinderGleichung
für die y-Koordinate ersetzt.
• Die entstandene Gleichung beschreibt die
Ortslinie.
Beispiel
fa (x) = (x – a) 3 + 1}4 a2
Die Graphen von fa entstehen aus dem der Kubikfunktion zu f0 (x) = x3 durch Verschieben um a nach
rechts und 1}4 a2 nach oben. Somit hat fa an der Stelle a einen Wendepunkt. Die Ortslinie der Wendepunkte
Wa _ a | 1}4 a2 + ist der Graph zu g (x) = 1}4 x2.
94
Weiterführende
Aufgaben
1 Fortführung der Differenzialrechnung
2
Klassifikation der Funktionen einer Schar
Betrachten Sie die Funktionenschar mit dem Term fa (x) = x (x2 – a) für a ∈ R. Je nach dem Wert für den
Parameter a sehen die Graphen verschieden aus. Führen Sie eine Fallunterscheidung durch und fertigen Sie
eine Übersicht an, welche Formen von Graphen möglich sind.
3
Nicht alle Punkte auf der Ortslinie haben eine Bedeutung
Betrachten Sie die Funktionenschar fa (x) = a (x – a)2. Bestimmen Sie die Ortslinie der Extrempunkte.
Untersuchen Sie, ob jeder Punkt auf dieser Ortslinie der Extrempunkt eines Graphen der Schar ist.
4
Zeichnen der Graphen von Funktionsscha-
ren mit dem Funktionsplotter
Untersuchen Sie, wie man bei der Software Graphix
vorgehen kann, um Funktionenscharen einzugeben.
Zeichen Sie dann die Graphen der Funktionenschar
fk mit fk (x) = (x – k)2 + k für ausgewählte Parameterwerte k.
Übungsaufgaben
5
Flugbahnen beim Kugelstoßen – Funktionenschar
Flugbahnen beim Kugelstoßen können sehr gut durch quadratische Funktionen der Form f (x) = a x2 + b x + c beschrieben
werden, wenn man vom Einfluss des Luftwiderstandes absieht.
Dabei hängen die Werte für a und b von der Abstoßgeschwindigkeit und dem Abstoßwinkel des Stoßes ab, der konstante
Summand c gibt die Abstoßhöhe an.
Bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen erhielt Nadine
Kleinert-Schmitt die Silbermedaille im Kugelstoßen der Frauen.
Sie verbesserte bei diesem Wettbewerb ihre persönliche Bestleistung von 19,23 m auf 19,55 m.
Bei diesem Versuch wurden als Abstoßgeschwindigkeit 13,24 m
},
s
als Abstoßwinkel 37,5° und als Abstoßhöhe 2,07 m gemessen. Die Flugbahn bei diesem Stoß lässt sich
näherungsweise durch die Funktion f mit f (x) = – 0,0445 x2 + 0,7673 x + 2,07 beschreiben.
a) Stellen Sie die Flugbahn grafisch dar. Welche Stoßweite erhält man bei dieser Näherungskurve? Geben
Sie Gründe für die Abweichung vom gemessenen Wert an.
b) Bei Spitzensportlern schwanken die Abstoßhöhen je nach Körpergröße und Stoßtechnik zwischen
1,90 m und 2,30 m. Im Folgenden soll untersucht werden, welchen Einfluss die Abstoßhöhe auf die
Stoßweite hat, wenn Abstoßgeschwindigkeit v0 und Abstoßwinkel α konstant bleiben.
Geben Sie die Funktionsgleichung der Funktionenschar fh an. Ersetzen Sie dazu in der Funktion f die
Abstoßhöhe 2,07 m des Versuchs von Nadine Kleinert-Schmitt durch den allgemeinen Parameter h.
v0 = 13,24 m
}
s und α = 37,5° werden als konstant vorausgesetzt.
Wie wirkt sich eine Änderung des Parameters h auf die Graphen der Schar aus?
Stellen Sie für mehrere Werte von h die zugehörigen Flugbahnen in einem gemeinsamen Koordinatensystem dar. Wie unterscheiden sich die Stoßweiten, wenn h sich in dem angegebenen Bereich ändert?
Geben Sie eine Faustregel an.
95
1.6 Funktionenscharen
6
Gegeben sind die Funktionen fa mit fa (x) = x2 + a x + a, a ∈ R.
a) Untersuchen Sie die Graphen der Funktionen fa auf Extrempunkte. Skizzieren Sie den Graphen für
a = – 2, für a = 0 und für a = 2.
b) Zeigen Sie, dass alle Extrempunkte der Graphen der Schar fa auf der Parabel mit y = – x2 – 2 x liegen.
c) Für welche Werte für a liegt der Extrempunkt des Graphen von fa oberhalb der x-Achse?
7
Geben Sie jeweils eine Funktionenschar an, zu der die folgenden Funktionsgraphen gehören.
a)
8
b)
c)
In der nebenstehenden Abbildung sind Heiz-
kennlinien für eine Heizungsanlage dargestellt. Sie
geben jeweils die Heizwassertemperatur (in °C ) in
Abhängigkeit von der Außentemperatur (in °C) für
verschiedene Einstellungen an der Anlage an.
Ermitteln Sie einen Funktionsterm fk (x), der die
Heizkennlinien in Abhängigkeit vom Parameter k,
0 ≤ k ≤ 20 beschreibt. Wählen Sie als Ansatz eine
Parabelschar.
9
Gegeben sind die Funktionen fk mit fk (x) = x4 – k x2, k ∈ R.
a) Untersuchen Sie die Graphen der Funktionen fk auf Extrem- und Wendepunkte. Skizzieren Sie den Graphen für k = – 2 und für k = 2.
b) Bestimmen Sie die Ortslinie für die Tiefpunkte aller Funktionsgraphen.
c) Es sind xe ° 0 eine Extremstelle und xw eine Wendestelle von fk für k > 0.
x
e
Zeigen Sie: Das Verhältnis }
xw hängt nicht von k ab. Was bedeutet diese Aussage?
10
Gegeben sind die Funktionen fk mit fk (x) = x2 – k x3, k ∈ R.
a) Bestimmen Sie die Nullstellen, Extremstellen und Wendestellen der Graphen der Funktionen fk.
b) Für welchen Wert k hat die Funktion fk an der Stelle x = 100 eine Nullstelle?
c) Bestimmen Sie die Ortslinie der Wendepunkte der Graphen aller Funktionen fk .
d) Welcher von allen Extrempunkten hat vom Punkt P (0|2) minimalen Abstand?
11
Gegeben sind die Funktionen fk mit fk (x) = 2 x3 – 3 k x2 + k3, k ∈ R.
a) Zeigen Sie, dass für k ° 0 alle Funktionen die x-Achse berühren.
b) Skizzieren Sie die Graphen für k = – 1 und k = 1.
Was fällt auf? Begründen Sie Ihre Vermutung.
c) Untersuchen Sie, welche Beziehung zwischen den Graphen von fk und f– k mit k > 0 besteht.
96
1 Fortführung der Differenzialrechnung
12
Gegeben ist die Funktionenschar fk mit fk (x) = (x2 – 1)·(x – k), k ∈ R.
a) Zeigen Sie, dass sich alle Funktionsgraphen in zwei Punkten schneiden.
b) Bestimmen Sie k so, dass der Graph von fk die x-Achse berührt.
13
Gegeben ist die Funktionenschar ft mit ft (x) = x5 – t x3, t ∈ R.
Untersuchen Sie die Graphen der Funktionen ft auf besondere Punkte.
Zeichnen Sie die Graphen von ft für t = – 3 und für t = 3.
Bestimmen Sie eine Ortslinie für alle Extrempunkte der Graphen von ft.
14
Für k ∈ R ist fk (x) = – x3 + k x2 + (k – 1) x.
a) Zeigen Sie, dass sich alle Funktionsgraphen in genau zwei Punkten schneiden.
b) Bestimmen Sie k so, dass der Graph von fk an der Stelle x = 3 einen Extrempunkt hat.
c) Für welchen Wert des Parameters k hat der Graph von fk keinen Extrempunkt?
d) Gibt es Parameter k, sodass der Graph von fk keinen Wendepunkt hat?
15
a) Für k ∈ R ist fk (x) = – (x – k)2 + k. Zeichnen Sie mithilfe eines Funktionsplotters die Graphen von fk
für k = – 2; – 1,75; – 1,5; …; 1,75; 2.
b) Stellen Sie eine Vermutung auf bezüglich einer gemeinsamen Tangente für die Graphen aller Funktionen fk, k ∈ R. Prüfen Sie diese Vermutung durch Widerlegen oder Beweisen.
16
Zwei Masten A und B einer Seilbahn stehen
500 m auseinander. Der Mast B liegt um 100 m höher als Mast A.
Das Seil zwischen den beiden Masten kann durch
die Graphen der Funktionenschar ft mit
ft (x) = t x2 + (0,2 – 500 t) x
beschrieben werden (Einheiten in m).
a) Welche Werte kommen für den Parameter t in Frage? Stellen Sie für einige dieser Werte den Verlauf des
Seils grafisch dar.
b) Bei welcher Form des Seils kommt das Seil unter einem Winkel von 45° in der Bergstation an? Unter
welchem Winkel verlässt in diesem Fall das Seil die Talstation?
c) Zeichnet man die Gerade zwischen Tal- und Bergstation, so versteht man unter dem Durchhang des
Seiles an einer Stelle x die Differenz zwischen den Funktionswerten der linearen Funktion und der
quadratischen Funktion an dieser Stelle.
Ermitteln Sie für den Verlauf des Seils aus Teilaufgabe b) auf grafischem Weg möglichst genau die
Stelle, an der der Durchhang am größten ist.
17
Zu jedem t ∈ R ist eine Funktionenschar ft gegeben durch ft (x) = 1}4 x4 + t x3 – x2.
a) Zeichnen Sie die Graphen zu den Parametern t = 0, t = 0,2 und t = – 0,2 in ein gemeinsames Koordinatensystem.
b) Begründen Sie, dass sich die Tangenten an den Wendestellen der Graphen auf der y-Achse schneiden.
Geben Sie die Koordinaten dieses Schnittpunktes an.
c) Untersuchen Sie, ob es mehr als einen Punkt gibt, durch den alle Graphen von ft gehen. Bestimmen Sie
die Anzahl der gemeinsamen Punkte der Graphen von ft mit der x-Achse.
97
1.6 Funktionenscharen
1.6.2 Funktionenscharen in wirtschaftlichen Zusammenhängen
Aufgabe
1
Kosten in Abhängigkeit der Fehlertoleranz
Die Abbildung rechts zeigt die Graphen von Kostenfunktionen des produzierenden Unternehmens
Schmidt AG im Polypol. Das Unternehmen produziert u.a. Designervasen. Bei der Produktion von
Vasen kann es sowohl zu Fehlern in der Form als
auch in der Farbe kommen. Die Unternehmensleitung kann unterschiedliche Fehlertoleranzen in der
Produktion vorgeben.
Eine geringe Fehlertoleranz t bedeutet, dass kaum
Fehler akzeptiert werden.
Eine hohe Fehlertoleranz bedeutet, dass mehr Fehler toleriert werden.
Die Produktionskosten sind größer, wenn nur wenig Fehler toleriert werden, und kleiner, wenn mit einer
höheren Fehlertoleranz gearbeitet wird, also mehr Fehler akzeptiert werden.
a) Beschreiben Sie den Verlauf der verschiedenen Kostenfunktionen in der Abbildung rechts.
b) Die Kosten lassen sich modellieren mithilfe des Funktionsterms
Kt (x) = x3 – t x2 + 50 x + 40 mit t = 5, 8, 10, 12, 13 (von links nach rechts).
Prüfen Sie anhand der Koeffizienten von Kt (x), für welche dieser fünf Parameterwerte t der Funktionsterm eine ertragsgesetzliche Kostenfunktion beschreibt.
c) Der Übergang vom degressiven zum progressiven Kostenverlauf wird in den Wendepunkten der Graphen
von Kt erreicht. Bestimmen Sie die Wendepunkte der Kurvenschar.
Ermitteln Sie die zugehörige Ortskurve und zeichnen Sie diese zusätzlich ein.
d) Das Unternehmen hat folgende Erlösfunktion ermittelt: E (x) = 50 x.
Bestimmen Sie die Gewinnfunktion Gt und ermitteln Sie die gewinnmaximale Ausbringungsmenge und
das Gewinnmaximum in Abhängigkeit von t sowie die zugehörige Ortskurve des Gewinnmaximums.
Untersuchen Sie mithilfe der Ortskurve, bei welcher ganzzahligen Fehlertoleranz das Gewinnmaximum
größer ist als null und geben Sie die zugehörige Produktionsmenge an.
e) Prüfen Sie mithilfe eines Funktionsplotters die folgenden Aussagen:
(1) Je größer die Fehlertoleranz t, desto größer ist der maximale Gewinn.
(2) Je größer die Fehlertoleranz t, desto größer die Gewinnschwelle.
(3) Die Höhe des Verlusts beim Stillstand der Produktion ist unabhängig von t.
Lösung
a) Alle Funktionsgraphen schneiden die y-Achse im selben Punkt, d. h., die fixen Kosten bleiben bei
jeder Fehlertoleranz gleich. Bis auf den pink (lila) gezeichneten Graphen sind alle Graphen im betrachteten Bereich streng monoton steigend, d. h., bei größeren Produktionsmengen entstehen größere Kosten.
Der pink (lila) gezeichnete Graph modelliert somit keine ertragsgesetzliche Kostenfunktion.
Die Funktionsgraphen zeigen unterschiedliches Steigungsverhalten, d. h. der Kostenzuwachs ist bei einigen Kostenverläufen stärker als bei anderen.
Man erkennt, dass bei einer niedrigeren Fehlertoleranz insgesamt mit höheren Kosten zu rechnen ist, denn
die Graphen liegen dann über den Graphen mit höherem Toleranzwert t. Dies kann z. B. an kostenintensiveren Kontrollen liegen oder an einer größeren Menge produzierter Ausschussware.
98
1 Fortführung der Differenzialrechnung
b) Im Abschnitt 1.3.6 haben wir gelernt, welche Bedingungen für die Koeffizienten einer ertragsgesetzlichen Kostenfunktion K mit K (x) = a x3 + b x2 + c x + d gelten müssen:
a > 0, b < 0, c > 0, d > 0 sowie b2 < 3 a c.
Für den Funktionsterm gilt hier a = 1, damit auch a > 0, und c = 50, also auch c > 0 sowie d = 40 und damit
auch d > 0. Darüber hinaus muss noch die Bedingung b > 0 erfüllt sein, also hier t > 0, und schließlich
_
auch b2 < 3 a c, d. h. hier (– t)2 < 3 · 1 · 50, also t < √ 150 ≈ 12,247.
Zusammen ergibt sich für den Parameter t die Bedingung, dass 0 < t < 12,247 erfüllt sein muss.
Der Graph für t = 13 zeigt also keine ertragsgesetzliche Kostenfunktion.
c) Zur Bestimmung der Wendepunkte benötigt man die Ableitungen der Kostenfunktion:
K t′ (x) = 3 x2 – 2 t x + 50 und
Kt′′ (x) = 6 x – 2 t und Kt′′′ (x) = 6.
Die notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Wendepunktes ist:
K t′′ (x) = 0, also 6 x – 2 t = 0 oder x = 1}3 t
Da die 3. Ableitung konstant gleich 6 ist, also
überall ungleich null, ist auch die hinreichende Bedingung erfüllt.
Berechnung der y-Koordinate der Wendepunkte:
[ ]
3
2
Kt _ 1}3 t + = _ 1}3 t + – t _ 1}3 t + + 50 1}3 t + 40
2 t3 + 50 t + 40.
= –}
}
27
3
2 t3 + 50 t + 40 .
Damit ist Wt _ 1}3 t | – }
}
+
27
3
Um die Gleichung der Ortskurve zu bestimmen,
entnehmen wir dem Zusammenhang zwischen der
x-Koordinate der Wendepunkte und dem Parameterwert t, also x = 1}3 t die Darstellung t = 3 x.
In die Gleichung für die y-Koordinate eingesetzt erhält man die Gleichung der Ortskurve
2 (3 x)3 + 50 3 x + 40 = – 2 x3 + 50 x + 40.
OW (x) = – }
}
27
3
d) Die Gewinnfunktion Gt ergibt sich aus der Differenz von Erlösfunktion E und Kostenfunktion Kt :
Gt (x) = E (x) – Kt (x)
= 50 x – (x3 – t x2 + 50 x + 40) = – x3 + t x2 – 40.
Zur Bestimmung des Gewinnmaximums benötigt man die 1. und 2. Ableitung von Gt :
Gt′ (x) = – 3 x2 + 2 t x und Gt′′ (x) = – 6 x + 2 t.
Die notwendige Bedingung für das Vorliegen des
Gewinnmaximums ist: – 3 x3 – 2 t x = 0
Auf der linken Seite der Gleichung kann man x ausklammern: x (– 3 x + 2 t) = 0
Es gilt also x = 0 oder – 3 x + 2 t = 0, d. h. x = 2}3 t
Überprüfung (hinreichende Bedingung für Extremstellen) mithilfe der zweiten Ableitung ergibt:
Gt′′ (0) = 2 t > 0, also ein Tiefpunkt bei x = 0.
Gt′′ _ 2}3 t + = – 2 t < 0, also ein Hochpunkt bei x = 2}3 t.
Um die Höhe des maximalen Gewinns zu bestimmen,
berechnen wir den Funktionswert an dieser Stelle:
3
2
4 3
t – 40
Gt _ 2}3 t + = – _ 2}3 t + + t _ 2}3 t + – 40 = }
27
99
1.6 Funktionenscharen
4 t3 – 40 .
Die Hochpunkte der Graphen liegen also in Ht _ 2}3 t | }
+
27
Zur Bestimmung der Ortskurve durch diese Hochpunkte formen wir wieder um: Aus x = 2}3 t wird t = 3}2 x.
Einsetzen in die Gleichung der y-Koordinate ergibt die Gleichung der Ortskurve
3
4 3
1
OH (x) = }
} x – 40 = } x3 – 40.
27 _ 2 +
2
Um herauszufinden, für welche Parameterwerte t das Gewinnmaximum positiv ist, bestimmen wir die Nullstelle der Ortskurve von OH :
Es gilt OH (x) = 0 für 1}2 x3 – 40 = 0, also für x ≈ 4,31.
Der zugehörige Parameterwert ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen x-Koordinate des Hochpunkts
und zugehörigem Parameterwert t: Wegen t = 3}2 x folgt t = 6,465.
Also wird ab einer Fehlertoleranz von t = 7 Gewinn erzielt.
e) Anhand der Graphen für t = 8, 10 und 12 erkennt man, dass Aussage (1) richtig ist. An der y-Koordinate des Gewinnmaximums lässt sich ebenfalls erkennen, dass bei größerem t der Gewinn ebenfalls wächst.
Aussage (2) ist falsch da bei größerem t die Gewinnschwelle nach links wandert.
Aussage (3) ist richtig. Der Schnittpunkt mit der y-Achse ist immer gleich: Gt (0) = – 40
Übungsaufgaben
2
Der Kostenverlauf eines Produktes des Monopolbetriebes Lauer GmbH wird durch die Funktion Ka mit
Ka (x) = 0,05 x3 – 3 x2 + a x + 1 000 mit x ∈ [0; 100] beschrieben.
Dabei hängt a von den Schwankungen des Weltmarktpreises eines verwendeten Rohstoffes ab.
a) Prüfen Sie, für welche Werte des Parameters t der Funktionsterm eine ertragsgesetzliche Kostenfunktion beschreibt.
b) Berechnen Sie, ab welcher Produktionsmenge der Kostenverlauf progressiv ist.
c) Ermitteln Sie das Betriebsminimum und zeigen Sie, dass es unabhängig von a ist.
d) Das Monopolunternehmen hat die Preisabsatzfunktion p mit p(x) = – 1,5 x + 150 ermittelt.
Bestimmen Sie die Gewinnfunktion in Abhängigkeit von a und ermitteln Sie die Ortskurve des Gewinnmaximums.
3
Ein Verlag hat ein Fachbuch auf den Markt gebracht und verkauft es zu einem Preis von 49,95 €. An
diesem Buch hat ein Team von drei Autoren mitgewirkt, die an den Einnahmen aus dem Verkauf des Buches
beteiligt werden sollen. Der Verlag rechnet bei der Herstellung und dem Buchdruck mit Kostenfunktion K
mit K (x) = 0,1 x2 + x + 4 000 und geht von einer linearen Erlösfunktion aus.
a) Stellen Sie die Erlös- und die Gewinnfunktion für den Verlag in Abhängigkeit des Autorenanteils a auf
und ermitteln Sie die Gewinnschwelle in Abhängigkeit von a.
b) Der Verlag möchte den Anteil der Autoren so gestalten, dass die Gewinnschwelle bei 130 Stück liegt.
Bestimmen Sie den zugehörigen Wert von a.
c) Die Autoren fordern einen Anteil von 20 %. Der Verlag behauptet, dass sie dann selbst keinen Gewinn
mehr erwirtschaften würden. Nehmen Sie Stellung zu dieser Aussage.
100
1 Fortführung der Differenzialrechnung
4
Die Gewinnsituation der Meier GmbH lässt sich
durch die folgende Funktion beschreiben:
2
Ga (x) = – x3 + 120
}
a x – 24
Dabei gibt a den Qualitätsstandard des Produktes
an. Dieser kann nur zwischen 1 und 30 liegen.
a) Prüfen Sie die Aussage des Produktionsleiters
„Je größer unser Qualitätsstandard, desto geringer die Gewinne.“
b) Ermitteln Sie die Größe des Qualitätsstandard,
ab dem Gewinne erzielt werden können.
c) Berechnen Sie den Qualitätsstandard, bei dem
die Gewinnschwelle bei einer Produktionsmenge von 2 ME erreicht wird.
d) Bestimmen Sie die Ortskurve der Gewinnmaxima und ermitteln Sie den Qualitätsstandard, bei dem das
Gewinnmaximum bei einer Produktion von 8 ME erreicht wird.
5
Das Marktforschungsinstitut INfos hat im Auf-
trag eines großen Möbelherstellers eine Umfrage
zum Käuferverhalten bei Esstischen durchgeführt.
Dazu wurden Käufer befragt im Alter von:
20, 25, 30, 35, 40, 45, 50, 55, 60 Jahren.
Das Nachfrageverhalten wird durch die Funktion
pN (x) = – 0,2 a x + 24 a beschrieben, wobei a das
Alter der befragten Personen und x die Produktionszahlen in ME angibt. Je älter die Personen sind,
desto größer ist der Höchstpreis (Prohibitivpreis)
(der Preis zu dem Käufer nicht mehr bereit oder
in der Lage sind, auch nur eine Mengeneinheit zu
kaufen). Eine Preisminderung führt bei älteren
Menschen zu einem schwächeren Anstieg des Kaufverhaltens als bei jüngeren. Man sagt auch: Ältere
Menschen reagieren weniger preiselastisch. Das
Verhalten des Monopolanbieters beschreibt die
Angebotsfunktion pA mit pa (x) = 2 x + 120
a) Zeigen Sie, dass die Sättigungsmenge vom Alter
unabhängig ist und erläutern Sie ihre ökonomische Bedeutung.
b) Bestimmen Sie die Menge und den Preis im Marktgleichgewicht in Abhängigkeit von a.
c) Die Kosten des Auftraggebers für die Tischproduktion werden durch die Kostenfunktion K beschrieben
mit K (x) = 2 x3 – 10 x2 + 30 x + 100.
Der Anbieter bietet die Tische zum Preis im Marktgleichgewicht an.
Ermitteln Sie seine möglichen maximalen Gewinne in Abhängigkeit des Alters der Käufer.
d) Als Zielgruppe sollen die 20-jährigen [die 50-jährigen] angesprochen werden; der Hersteller bietet die
Tische zum Preis im Marktgleichgewicht an. Bestimmen Sie den maximalen Gewinn.
e) Ermitteln Sie mithilfe eines CAS oder einer Tabellenkalkulation, ab welcher Altersgruppe der maximale
Gewinn über 1 500 GE liegt.
101
1.6 Funktionenscharen
6
Das Unternehmen Portis GmbH produziert und vertreibt homöopathische
Arzneimittel. Für die neuen AKTIVAN Kreislauftropfen wurde folgende Kostenfunktion K ermittelt mit
K (x) = 0,001 x3 – 0,01 x2 + x + 600.
Dabei gibt x die Anzahl der 50 ml - Flaschen in Vielfachen von 100 Stück und
K (x) die Kosten in Euro an. Den Verkaufspreis hat das Unternehmen in der Einführungsphase, in der es als Monopolanbieter auftritt, auf 15,95 € festgelegt.
a) Stellen Sie die Erlös- und Gewinnfunktion auf und ermitteln Sie die Ausbringungsmenge, bei der das
Unternehmen maximalen Gewinn erzielt.
Berechnen Sie die Höhe des maximal zu erzielenden Gewinns.
b) Da die Tropfen noch nicht auf dem Markt bekannt sind, beauftragt Portis eine Werbeagentur mit der
Entwicklung einer Werbekampagne in einschlägigen Zeitschriften. Diese soll einmalig 500 € kosten.
Hinzu kommen Kosten für Werbekontakte in Höhe von 0,15 € pro Werbekontakt.
1 w, wobei w
Die Werbung hat unmittelbaren Einfluss auf den Erlös. Er erhöht sich um den Faktor }
1 000
die Anzahl der Werbekontakte angibt.
Stellen Sie die neue Kosten- und Erlösfunktion in Abhängigkeit des Parameters w auf.
Zeichnen Sie die Kurvenscharen mithilfe eines Funktionsplotters und beschreiben Sie die veränderten
Verläufe der Graphen der Kosten- und Erlösfunktion.
c) Bestimmen Sie die Anzahl der Werbekontakte, ab der ein größerer maximaler Gewinn erzielt werden
kann als ohne Werbung.
7
Herr Meier hat sich mit der Herstellung von
speziellen Alkopops selbständig gemacht und ist
§ Alkopopsteuergesetz
zunächst Monopolanbieter. Die Alkopops, die Herr
Das Alkopopsteuergesetz ist Teil einer Gesetzesinitiative zur Verbesserung des Schutzes junger Menschen vor den Gefahren des Alkoholkonsums. Laut
diesem Gesetz beträgt die Steuer für einen Hektoliter reinen Alkohol, gemessen bei einer Temperatur
von 20 Grad Celsius, 5 550 Euro. Hinzu kommt die
Mehrwertsteuer in Höhe von 19 %, die auch auf die
Alkopopsteuer erhoben wird.
Meier herstellt, haben einen Alkoholanteil von 5 %.
Die Alkopops füllt er in 275-ml-Flaschen ab. Seine
Kosten kalkuliert er gemäß der Funktion K mit:
K (x) = 0,2 x + 100
a) Die Preisnachfragefunktion ist gegeben durch
pN (x) = – 0,001 x + 2,8, wobei x die nachgefragte Menge in Stück angibt.
Stellen Sie die Erlös- und Gewinnfunktion auf. Wie viele Flaschen kann er bei einem Preis von 1,00 €
absetzen? Wie hoch ist dann sein Gewinn?
b) Zeigen Sie, dass Herr Meier bei einem Preis von 1,50 € den maximalen Gewinn erzielen kann.
Wie hoch ist dieser?
c) Vor Einführung des Alkopopsteuergesetzes wurde eine Flasche für 1,26 € (ohne Berücksichtigung der
MWST) verkauft. Berechnen Sie den neuen Preis je Flasche.
d) Sinn der Steuer war es, Jugendliche vom Kauf der Alkopops abzuhalten. Zeigen Sie, dass nur noch
ungefähr ein Drittel so viele Flaschen bei dem erhöhten Preis von 2,40 € abgesetzt werden.
e) Da Herr Meier die eingenommene Steuer wieder abführen muss, rechnet er bei seiner Kostenkalkulation
mit folgender neuer Kostenfunktion KS mit KS (x) = (0,2 + s · 1,19) x + 100.
Dabei gibt s den Betrag der Alkopopsteuer an. Ermitteln Sie die Gewinnfunktion und bestimmen Sie
den Wert für s, bei dem der maximale Gewinn bei einer Menge von 705 Stück erreicht wird.
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