Forschungsbericht

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Biochemie
Institut für Klinische Biochemie
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Direktor: Prof. Dr. Sigurd Lenzen
Tel.: 0511/532-6525 • E-Mail: [email protected] • www.mh-hannover.de/klinische_biochemie.html
Forschungsprofil
Das Forschungsgebiet des Instituts für Klinische Biochemie der MHH ist die experimentelle Diabetologie. Der Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Pankreasinseldiabetologie. Die Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit
1) der insulinsekretorischen Funktion der ß-Zellen des Pankreas und den molekularen Grundlagen der Signalerkennung
und Signalvermittlung, die zur Exozytose des Insulins führen;
2) den Ursachen und Mechanismen der Dysfunktion und des Zelltods der ß-Zellen des Pankreas, die dem insulinpflichtigen (Typ 1) und dem Altersdiabetes (Typ 2) zugrunde liegen;
3) der Entwicklung stammzelltherapeutischer, gentherapeutischer und neuer pharmakotherapeutischer Ansätze zur
Behandlung und Prävention des Diabetes (Typ 1 und Typ 2).
Die Förderung der Projekte erfolgte durch folgende Drittmittelgeber:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) inklusive REBIRTH, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
inklusive IFB, Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWU), Deutsche Diabetes-Gesellschaft, Stiftung „Das
zuckerkranke Kind“, Kommission der Europäischen Union, Brüssel
Forschungsprojekte
Mechanismen der Lipotoxizität in insulinproduzierenden Zellen beim Typ 2 Diabetes mellitus
Beim Typ 2 Diabetes mellitus handelt es sich um ein komplexes metabolisches Syndrom mit einer weltweit dramatisch
ansteigenden Prävalenz. Die Erkrankung ist durch eine periphere Insulinresistenz und Funktionsstörungen pankreatischer ß-Zellen gekennzeichnet, die zu einer gestörten Glucose-induzierten Insulinsekretion und zu einem Verlust von
ß-Zellen durch Apoptose führen können. Eine hyperkalorische Ernährung, die reich an Kohlenhydraten und gesättigten
Fettsäuren ist, ist verantwortlich für Adipositas, Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen. Es ist bekannt, dass chronisch erhöhte Konzentrationen gesättigter freier Fettsäuren (FFA) die Insulinsekretion inhibieren und zu einer Abnahme
der ß-Zellmasse führen, ein Phänomen, das als Lipotoxizität bezeichnet wird. Die molekularen Mechanismen, die zur
Lipotoxizität führen, sind noch weitgehend ungeklärt und Gegenstand intensiver Forschung.
Als eine Ursache für die Lipotoxizität wird diskutiert, dass eine gesteigerte mitochondriale ß-Oxidation von
Fettsäuren bei erhöhten FFA-Konzentrationen und eine daraus resultierende gesteigerte oxidative Phosphorylierung
zu einer verstärkten Bildung von Superoxidradikalen an Komplex I und III der Atmungskette führt. Diese Hypothese
konnten wir durch eigene Versuche an insulinproduzierden Gewebekulturzellen und primären ß-Zellen nicht bestätigen.
Insulinproduzierende RINm5F-Zellen, die die antioxidativen Enzyme Kupfer-Zink-Superoxiddismutase und Mangan-Superoxiddismutase überexprimierten, wiesen keine erhöhte Vitalität nach Inkubation mit Palmitinsäure, der physiologisch
bedeutendsten ungesättigten Fettsäure, auf. Auch durch die Überexpression des Wasserstoffperoxid-detoxifizierenden
Enzyms Katalase in den Mitochondrien insulinproduzierender RINm5F-Zellen konnte kein verbesserter Schutz gegen
Palmitinsäure-induzierte Lipotoxizität erreicht werden. Nur die Expression von Katalase in Peroxisomen von RINm5FZellen führte zu einem signifikanten Schutz gegenüber Lipotoxizität. Pankreatische ß-Zellen weisen die Besonderheit
auf, dass sie im Gegensatz zu anderen Zellen das Wasserstoffperoxid-detoxifizierende Enzym Katalase nicht exprimieren.
Neben der ß-Oxidation in den Mitochondrien können FFA in Säugetieren auch durch ß-Oxidation in Peroxisomen
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Biochemie
abgebaut werden. Obwohl die peroxisomale und die mitochondriale ß-Oxidation sehr ähnlich sind, unterscheiden
sie sich in Funktion und Substratspezifität. In den Mitochondrien werden FFAs hauptsächlich zur Energiegewinnung
abgebaut. Das gebildete NADH2 und FADH2 aus der ß-Oxidation und der nachfolgenden Oxidation von Acetyl-CoA im
Citrat-Zyklus wird im Mitochondrium für die Produktion von ATP in der Atmungskette genutzt. Das Ziel der peroxisomalen ß-Oxidation ist eine Verkürzung von langkettigen (LCFA) und sehr langkettigen (VLCFA) FFAs, die keine oder nur
schlechte Substrate der mitochondrialen ß-Oxidation sind, so dass diese anschließend im Mitochondrium metabolisiert
werden können. Im Gegensatz zur mitochondrialen ß-Oxidation, bei der die Elektronen auf NAD+ übertragen werden,
werden die Elektronen vom FADH2 in den Peroxisomen direkt auf O2 übertragen, wodurch Wasserstoffperoxid (H2O2)
entsteht. Dieses wird üblicherweise durch Katalase in einer Disproportionierungsreaktion zu Wasser und Sauerstoff
abgebaut. Da pankreatische ß-Zellen keine Katalase exprimieren, können die erhöhten H2O2 Konzentrationen zur
Zellschädigung führen.
Um die Bildung von H2O2 in den Peroxisomen nach Inkubation mit FFA direkt spezifisch nachweisen zu können,
wurde das HyPer-Sensorprotein mit der peroxisomal targeting sequence 1 in insulinproduzierenden Zellen zur Expression gebracht. Bei diesem HyPer Sensor handelt es sich um ein Fusionsprotein von OxyR, ein reversibel oxidierbares
bakterielles Protein, mit dem circularly permuted yellow fluorescent protein (cpYFP). Durch die Oxidation der OxyR
Domäne wird eine Konformationsänderung des cpYFP induziert, die zu einer Änderung des Fluoreszenzspektrums
führt. In Kombination mit einem lentiviralen Vektorsystem konnte das HyPer Sensorprotein in den Peroxisomen nicht
nur von insulinprodzierenden Gewebekulturzellen, sondern auch in primären ß-Zellen exprimiert werden. Mit der Hilfe
von live cell Fluoreszenzmikroskopie und Spektralfluorometrie konnte die Bildung von H2O2 in Abhängigkeit von der
Kettenlänge und der Konzentration der verwendeten FFA nachgewiesen werden. Hierbei ergab sich, dass mit zunehmender Kettenlänge gesättigter FFA (C14:0 bis C24:0) die H2O2-Konzentration zunahm. Inkubationen der Zellen mit
einfach- und mehrfach-ungesättigten FFA hingegen führten zu keinem signifikanten Anstieg der H2O2-Konzentrationen.
Diese Ergebnisse korrelierten mit den Daten der Toxizitätsversuche, bei denen nur langkettige gesättigte FFA zu einer
signifikanten Zellschädigung führten.
Die vorgestellten Ergebnisse sind Grundlage für ein neues Konzept zum Verständnis der molekularen Mechanismen
der Lipotoxizität in pankreatischen ß-Zellen. Hiernach führen erhöhte H2O2-Konzentrationen, die während der peroxisomalen ß-Oxidation langkettiger FFA gebildet werden, zur Zellschädigung. Aus Kenntnis der molekularen Mechanismen
ergeben sich Ansätze für neue Therapieoptionen für den Typ 2 Diabetes mellitus.
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Projektleitung und Mitarbeiter: Elsner, Matthias (Dr.), Gehrmann, Wiebke (Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Förderung:
EU (EuroDia)
Weitere Forschungsprojekte
Die Bedeutung von Prostaglandinen und des Enzyms Prostacyclin Synthase (PGIS) für die Toxizität
von proinflammatorischen Zytokinen sowie den Schutz vor der Toxizität
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Projektleitung und Mitarbeiter: Gurgul-Convey, Ewa (Dr.), Kacheva, Stella, Hanzelka, Katarzyna, Lortz, Stephan
(Dr.), Mehmeti, Ilir (Dr.), Jörns, Anne (Prof. Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Förderung: EU (NAIMIT), Stiftung „Das
zuckerkranke Kind“
Differenzierung und Aufreinigung endokriner Progenitorzellen aus Differnzierungskulturen muriner
und humaner embryonaler Stammzellen
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Projektleitung und Mitarbeiter: Naujok, Ortwin (Dr.), Diekmann, Ulf, Jörns, Anne (Prof. Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof.
Dr.); Förderung: DFG (Rebirth)
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Biochemie
Präventionstherapie des Typ 1 Diabetes mit anti-CD3 und FTY720 in der LEW.1AR1/Ztm-iddm Ratte,
einem Tiermodell des Typ 1 Diabetes mellitus
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Projektleitung und Mitarbeiter: Jörns, Anne (Prof. Dr.), Arndt, Tanja (Dr.), Taivankhuu, Terbish (Dr.), Elsner, Matthias
(Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Kooperationspartner: Hedrich, Hans-Jürgen (Prof. Dr.), Wedekind, Dirk (PD Dr.), Bleich,
Andre (Prof. Dr.), Institut für Versuchstierkunde der MHH; Förderung: EU (NAIMIT), DFG
Posttranslationale Regulation des Glucosesensorenzyms Glucokinase in ß-Zellen des Pankreas und
der Leber sowie intrazelluläre Glucosemessungen
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Projektleitung und Mitarbeiter: Baltrusch, Simone (Prof. Dr.), Brix, Anke; Langer, Sara (Dr.), Schmitt, Heike (Dr.),
Kaminski, Martin, Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Förderung: EU (IMIDIA)
Gentherapie des Diabetes mellitus durch Etablierung einer extrapankreatischen Insulinersatzproduktion
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Projektleitung und Mitarbeiter: Elsner, Matthias (Dr.), Jörns, Anne (Prof. Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.);
Kooperationspartner: Hedrich, Hans-Jürgen (Prof. Dr.), Wedekind, Dirk (PD Dr.), Institut für Versuchstierkunde der MHH
Die Bedeutung der Bcl-2 Proteine und freien Sauerstoffradikalen für die Zytokin-vermittelte
mitochondriale Apoptoseinduktion in ß-Zellen des Pankreas
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Projektleitung und Mitarbeiter: Lortz, Stephan (Dr.), Mehmeti, Ilir (Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Förderung: EU
(SaveBeta)
Molekularmorphologische Charakterisierung der ß-Zellschädigung im humanen Pankreas von Typ 1
und Typ 2 Diabetikern im Vergleich zu Gesunden
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Projektleitung: Jörns, Anne (Prof. Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Kooperationspartner: Bektas, Hüseysin (Prof. Dr.),
Meyer zu Vilsendorf, Andreas (Dr.), Klempnauer, Jürgen (Prof. Dr.), Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der
MHH, Frühauf, Nils (PD Dr.), Deutsche Stiftung Organtransplantation, Region Nord; Förderung: EU (NAIMIT; IMIDIA), DFG
Mechanisms of immune-mediated diabetes and disease prevention in two animal models of human
diabetes
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Projektleitung: Jörns, Anne (Prof. Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Kooperationspartner: Wecksler-Zangen, Sarah (Dr.),
Raz, Itamar (Prof. Dr.), Hadassah-Hebrew University Medical Center, Jerusalem, Israel; Förderung: MWK
Cytoprotective strategies for the prevention of ß-cell damage and destruction during and after
pancreatic islet transplantation
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Projektleitung: Lortz, Stephan (Dr.), Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.); Förderung: BMBF (IFB)
Originalpublikationen
Elsner M, Gehrmann W, Lenzen S. Peroxisome-generated hydrogen
peroxide as important mediator of lipotoxicity in insulin-producing
cells. Diabetes 2011;60(1):200-208
Gehrmann W, Elsner M. A specific fluorescence probe for hydrogen
peroxide detection in peroxisomes. Free Radic Res 2011;45(5):501-506
Gurgul-Convey E, Mehmeti I, Lortz S, Lenzen S. Cytokine toxicity in insulin-producing cells is mediated by nitro-oxidative stress-induced hydroxyl
radical formation in mitochondria. J Mol Med (Berl) 2011;89(8):785-798
Kacheva S, Lenzen S, Gurgul-Convey E. Differential effects of
proinflammatory cytokines on cell death and ER stress in insulinsecreting INS1E cells and the involvement of nitric oxide. Cytokine
2011;55(2):195-201
Forschungsbericht 2011
Mehmeti I, Gurgul-Convey E, Lenzen S, Lortz S. Induction of the
intrinsic apoptosis pathway in insulin-secreting cells is dependent on
oxidative damage of mitochondria but independent of caspase-12
activation. Biochim Biophys Acta 2011;1813(10):1827-1835
Mehmeti I, Lenzen S, Lortz S. Modulation of Bcl-2-related protein
expression in pancreatic beta cells by pro-inflammatory cytokines
and its dependence on the antioxidative defense status. Mol Cell
Endocrinol 2011;332(1-2):88-96
Mueller JK, Dietzel A, Lomniczi A, Loche A, Tefs K, Kiess W, Danne
T, Ojeda SR, Heger S. Transcriptional regulation of the human KiSS1
gene. Mol Cell Endocrinol 2011;342(1-2):8-19
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Biochemie
Schmitt H, Lenzen S, Baltrusch S. Glucokinase mediates coupling of
glycolysis to mitochondrial metabolism but not to beta cell damage
at high glucose exposure levels. Diabetologia 2011;54(7):1744-1755
Bachelor
Übersichtsarbeiten
Brooks, Jennifer (B.Sc.): Einfluss von Sonic Hedgehog Inhibitoren
auf die Differenzierung von embryonalen Stammzellen der Maus.
Lenzen S. Die Rolle der Betazelle im Diabetes Mellitus. Dtsch Med
Wochenschr 2011;136(21):1123-1127
Naujok O, Burns C, Jones PM, Lenzen S. Insulin-producing surrogate
beta-cells from embryonic stem cells: are we there yet? Mol Ther
2011;19(10):1759-1768
Adams, Felix (B.Sc.): Untersuchungen zu den molekularen Mechanismen der Lipotoxizität bei insulinproduzierenden Zellen.
Auszeichnungen
Lenzen, Sigurd (Prof. Dr.): Paul Langerhans Medaille, Deutsche
Diabetes-Gesellschaft.
Abstracts
2011 wurden 12 Abstracts publiziert.
Promotionen
Mehmeti, Ilir (Dr. rer. nat.): Die Bedeutung von freien Radikalen für
die Toxizität proinflammatorischer Zytokine und die Apoptoseinduktion in insulinproduzierenden Zellen.
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