Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 1 Indirect Marketing für Pharmaunternehmen DISSERTATION der Universität St. Gallen Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Internationale Beziehungen (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Christoph Sandmann aus Deutschland Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Christian Belz und Prof. Dr. Sven Reinecke Dissertation Nr. 4236 Difo-Druck GmbH, Bamberg 2014 Inhalt 19.12.13 22:38 Seite 2 Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Internationale Beziehungen (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 21. Oktober 2013 Der Rektor: Prof. Dr. Thomas Bieger Dieses Buch erscheint zugleich unter dem Titel "Indirect Marketing für Pharmaunternehmen" beim Verlag Medprä GmbH, Düsseldorf unter der ISBN 978-3-98 15014-4-5. © 2014 Christoph Sandmann Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 3 Empfehlung Indirect Marketing schafft eine Kompetenz von Unternehmen, übergeordnet zu den angebotenen Produkten und Services. Es wirkt nur indirekt auf den Verkauf der Leistungen und deshalb besonders glaubwürdig. So ist beispielsweise Michelin mit seinen Reisekarten oder den Führern für Hotels- und Restaurants für erfolgreiche Reisen und Ausflüge kompetent, nicht nur für die Reifen. Zudem ist in diesem Fall aus dem indirekten Marketing sogar ein attraktives Geschäftsfeld entstanden. Bisher fehlen gründliche Forschungsprojekte zum wichtigen Thema. Es lohnt sich dabei besonders, Indirect Marketing für Pharmaunternehmen zu untersuchen. Das Pharmamarketing wird durch Gesetze und freiwillige Beschränkungen reguliert. Indirect Marketing weist einen möglichen Weg, um Ärzte und Patienten neu und sinnvoll anzusprechen. Damit lassen sich beispielsweise auch die grossen Themen des Gesundheitswesens aufgreifen. Sie reichen vom Lebenszyklus der Patienten, Effizienz im Gesundheitswesen, Prävention bis zur Lebensqualität der Menschen. Diese Arbeit betritt Neuland. Erstmals erklärt und strukturiert der Verfasser die Thematik fundiert. Er zeigt die Bedingungen und Arten des Indirect Marketing. Er entwickelt Konzepte und zeigt kritische Erfolgsvariablen sowie erfolgreiche Massnahmen. Hilfreich waren dabei die spezifischen Fachkenntnisse des Autors zum Pharmamarkt und sein guter Zugang zu innovativen Unternehmen. Herz der Arbeit sind die Fallstudien pharmazeutischer Unternehmen mit Anwendungen des Indirect Marketing. Die Fälle enthalten ein Füllhorn von praktischen Hinweisen, zeigen aber auch, wie schwierig sich die langfristigen Wirkungen des Indirect Marketing festmachen lassen. Die erfreuliche Dissertation von Christoph Sandmann habe ich als Referent der Universität St. Gallen begleitet. Zwar ist das Buch ein Forschungsbericht, die Verantwortlichen im Pharmamarketing tun aber gut daran, sich rasch mit diesen Vorschlägen zu befassen. Kurz: Ich empfehle die Lektüre sehr. Übrigens sind die Erkenntnisse nicht nur für das Pharmamarketing ergiebig, sie lassen sich auch leicht auf weitere Märkte übertragen. Der Leserin oder dem Leser wünsche ich Impulse, die zu wirksamen eigenen Lösungen führen. St. Gallen, 18. November 2013 Prof. Dr. Christian Belz Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 4 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 5 Vorwort des Verfassers Für ein Dissertationsprojekt, welches sich über mehrere Jahre erstreckt, ist es für den Verfasser von besonderer Bedeutung, sich mit einem gleichermaßen wissenschaftlichund praxisrelevanten Thema auseinander zu setzen, welches die Motivation birgt, sich über die Jahre intensiv damit auseinanderzusetzen. Seit Beginn der Promotion hat die Relevanz der vorliegenden Arbeit nicht an ihrer Aktualität verloren. Die steigende Informationsflut erschwert es Marketingabteilungen nachwievor zunehmend zum Unternehmenserfolg beizutragen. Jedoch begeht das Marketing dabei nicht nur im Pharmamarkt häufig einen Systemfehler: Die Unternehmen bewerben sich und ihren scheinbaren Mehrwert für den Kunden selber, statt den Kunden ihre Kompetenz durch Leistungen indirekt zu belegen, so dass dieser die Vorteile für sich beurteilen und somit selber die Initiative ergreifen kann. Indirect Marketing greift als neuer, bisher wenig erforschter Forschungsbereich diese Problemstellung auf und ermöglicht durch weitere Erkenntnisse die Generierung neuer differenzierender Instrumente für das Pharmamarketing. Es fördert die wahrgenommene Kompetenz des Unternehmens durch übergeordnete indirekte Leistungen, welche getrennt vom Erwerb der eigentlichen Kernleistungen sind. „Managen bedeutet heute nicht mehr Druck, sondern Sog erzeugen.“ Genau zu dieser Forderung von Prof. Dr. Götz Werner (Gründer der Drogeriemarktkette dm) liefern Leistungen des Indirect Marketing durchaus einen nachhaltigen Beitrag und tragen damit zu einer Reduktion des beschriebenen Systemfehlers im Marketing bei. Gerade in Zeiten einer zunehmenden Tendenz zu kurzfristigem, aktionistischem „Management nach Quartalszahlen“ in den Konzernen zeigen die Erkenntnisse zu Indirect Marketing auf, dass der steigende Erfolgsdruck nicht die langfristige, nachhaltige und kundenorientierte Ausrichtung der Marketingmaßnahmen beeinflussen darf, da sich hierdurch sonst nur negative Effekte realisieren. Unternehmen, die diese Überzeugung auch durch ihre Unternehmenskultur leben, generieren nachhaltig einen strategischen Wettbewerbsvorteil und werden somit unaustauschbar in den Augen ihrer Kunden. So zeigen die Ergebnisse deutlich, dass kundenorientierte, bedürfnisorientierte Leistungen und wertschätzender Umgang nicht nur auf die Kundenloyalität, sondern auch durch Übertragungseffekte auf die eigentliche Kernleistung der Unternehmen wirken können. Die vorliegende Arbeit liefert somit einen weiteren Beleg dafür, dass Customer Value den Shareholder Value schlägt. Ein solches wissenschaftlich- und praxisrelevantes Forschungsthema zu untersuchen, zu dem bisher wenige ausführliche Forschungsprojekte vorliegen und das Raum für weitere vertiefende Forschung eröffnet, stellt eine große Herausforderung und Motivation für einen Marketingforscher dar. Mein Dank gilt daher in erster Linie meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Christian Belz, der mir ermöglicht hat, dieses hoch interessante und relevante Forschungsthema bearbeiten zu dürfen. Zusammen mit Prof. Dr. Heinz Weinhold-Stünzi gilt er als Mitbegründer, des dem Forschungsprojekt zu Grunde liegenden Verständnisses von Indirect Marketing. Nicht nur aus diesem Grund, hat mich die Zusammenarbeit mit ihm Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 6 wissenschaftlich, sondern auch persönlich sehr geprägt. Unsere konstruktiven Gespräche und Diskussionen waren für mich gleichermaßen inspirierend und wegweisend. Ebenso hat er mich durch seine begründete Kritik dabei unterstützt, den Fokus und das Ziel trotz berufsbegleitender Promotion nicht aus den Augen zu verlieren. Meinem Zweitkorrektor Herrn Prof. Dr. Sven Reinecke danke ich außerordentlich für die Übernahme des Korreferats, die wichtigen wissenschaftlichen kritischen Diskussionen sowie die flexible Betreuung während der Erstellung. Dieses umfangreiche und zeitintensive Projekt wäre nicht möglich gewesen ohne die zahlreichen Menschen, die auf unterschiedlichste Weise durch ihre großartige Unterstützung zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, auch denjenigen recht herzlich zu danken. Für die wertvollen, wissenschaftlichen und motivierenden Diskussionen, die mir geholfen haben, die Dissertation erfolgreich zum Abschluss zu bringen, möchte ich vor allem bei Dr. des. Stephan Reinhold, Dr. Susan Müller, Prof. Dr. Silke Lennerts, Meike Eberstadt, Prof. Dr. Peter Fischer, Dr. Michael Reinhold, Dr. Markus Müllner sowie Prof. Dr. Björn Ivens danken. Ihr wissenschaftlicher Input und ihr Feedback haben mir in den letzten Jahren oft neue Perspektiven auf das Forschungsthema eröffnet und neue Wege ermöglicht. Von großer Bedeutung für das Forschungsprojekt waren die umfangreichen Gespräche mit Praxisvertretern zu den Besonderheiten des Pharmamarketing. In oft stundenlangen Diskussionen haben sie mich über die Jahre bei der Erstellung des vorliegenden Buches mit Rat und Tat unterstützt und dazu beigetragen, dass die gewonnenen Erkenntnisse weiter konkretisiert werden konnten. Mein besonderer Dank gilt daher allen Beteiligten, insbesondere den Herren Harald Beez, Dr. Wolfgang Walter, Thomas Rühle, Frédéric Duquesne, Prof. Dr. Darius Schindler, Oliver Boltze sowie Dr. Manuel Solbach. Ein Projekt dieses Umfangs und zeitlichen Intensität wäre nicht möglich, ohne die ununterbrochene Unterstützung meiner Familie, die mich durch diese Jahre begleitet und in schwierigen Phasen aufgemuntert und ermutigt hat, das Forschungsprojekt zu finalisieren. Von ganzem Herzen danke ich daher meinen Eltern und meiner Alexandra für ihre unermüdliche, andauernde und unvergleichliche Unterstützung während der vergangenen Jahre. Durch ihren beständigen Rückhalt haben sie mir die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und die Erstellung dieser Arbeit erst ermöglicht. Ihnen widme ich diese Arbeit. Karlsruhe, im November 2013 Christoph Sandmann Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 7 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 8 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 9 Für meine Familie Inhalt 13.12.13 16:36 Seite 10 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite I I Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I Abbildungsverzeichnis VI Tabellenverzeichnis X Abkürzungsverzeichnis XII Zusammenfassung XIV Abstract XV 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 1.1 Herausforderung im Marketing 1 1.2 Einschränkungen des Pharmamarketing in Deutschland 3 1.3 1.4 2 1 1.2.1 Besonderheiten im Pharmamarketing 3 1.2.2 Gesetzliche Rahmenbedingungen des Pharmamarketing 5 1.2.3 Zugangs- und produktbedingte Einschränkungen für das Pharmamarketing 8 Stand der Forschung 9 1.3.1 Forschungsfelder im Pharmamarketing 9 1.3.2 Forschungsstand Indirect Marketing 11 Theoretische und praktische Relevanz der Arbeit 13 1.4.1 Theoretische Relevanz 13 1.4.2 Praktische Relevanz 14 1.5 Forschungsziel und Forschungsfragen 15 1.6 Forschungsansatz, -methodik und Struktur der Arbeit 16 1.6.1 Forschungsansatz 16 1.6.2 Forschungsmethodik 17 1.6.3 Aufbau und Struktur der Arbeit 20 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 23 2.1 23 2.2 Begriffsdefinition und Einordnung des Indirect Marketing 2.1.1 Begriffsdefinition von Indirect Marketing 23 2.1.2 Abgrenzung von Indirect Marketing zu direktem Marketing 26 2.1.3 Kategorisierung der Leistungsarten des Indirect Marketing 29 Wissenschaftliche Beiträge zu Indirect Marketing 32 2.2.1 Customer Value: Kundenvorteil als Basis für den Kundenwert 33 2.2.2 Theoretische Einordnung in das Dienstleistungsmarketing 39 2.2.2.1 Psychologische Ansätze 45 2.2.2.2 Sozialpsychologische Ansätze 47 2.2.2.3 Ökonomische Ansätze 50 2.2.2.4 Organisationstheoretische Ansätze 54 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite II II 3 Inhaltsverzeichnis 56 2.2.4 Word-of-Mouth Marketing zur Steigerung der Effektivität des Indirect Marketing 63 2.2.5 Zusammenfassung und Würdigung der theoretischen Ansätze auf ihren Erklärungsbeitrag zu Indirect Marketing 66 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 69 3.1 Indirekte Leistungen als Untersuchungsobjekt 69 3.2 Die gewählte Methodik: Fallstudienforschung 72 3.2.1 Grundzüge der Fallstudienforschung 72 3.2.2 Gütekriterien qualitativer Forschung 72 3.3 4 2.2.3 Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Verschreibungsverhalten Qualitativer Methodenmix im Forschungsprozess 74 3.3.1 Datenerhebung durch Kombination qualitativer Methoden 75 3.3.2 Auswahl der Fallstudien 80 3.3.3 Datenauswertung 85 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 87 4.1 89 4.2 Bedürfnisstruktur und Wahrnehmung indirekter Leistungen 4.1.1 Bedürfnisstruktur der Ärzte 89 4.1.2 Beschreibung unterschiedlicher Ärztetypen 92 4.1.3 Generelle Wahrnehmung indirekter Leistungen 92 4.1.4 Wahrnehmung vorgegebener indirekter Leistungen 93 Analyseraster für Fallstudien zur Untersuchung indirekter Leistungen 97 4.2.1 Gestaltungsfaktoren indirekter Leistungen anhand des St.Galler Customer Value Modells 4.2.2 Beurteilungskriterien der Wahrnehmung indirekter Leistungen 4.3 5 97 104 4.2.2.1 Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 106 4.2.2.2 Beurteilung der Qualität der gesendeten Inhalte 110 4.2.2.3 Beurteilung des Kundenvorteils 112 4.2.3 Wirkungsfelder Indirekter Leistungen 117 Zusammenfassung und erste kausale Thesen 121 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing im Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel 125 5.1 Indirect Marketing zur Differenzierung im generischen Marktumfeld 125 5.1.1 Situatives Unternehmensumfeld 125 5.1.1.1 Beschreibung Unternehmen: Pharmacon GmbH 125 5.1.1.2 Produktportfolio der Pharmacon GmbH 126 5.1.1.3 Innovatives Pharmamarketing bei der Pharmacon GmbH 128 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite III III Inhaltsverzeichnis 5.1.2 Erstellung der indikationsspezifischen indirekten Leistung 5.1.2.1 Gestaltungsfaktoren „Medizinischer Beratungsservice“ 132 5.1.2.2 Gestaltungsfaktoren „Praxisrelevante Fortbildung“ 135 5.1.2.3 Akzeptanz der indirekten Leistungen bei Pharmacon 137 5.1.3 Wahrnehmung und Wirkung der indirekten Leistung 5.2 139 5.1.3.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit 5.1.3.2 Wahrnehmung der Qualität 142 5.1.3.3 Wahrgenommener Kundenvorteil 144 5.1.3.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Kundenloyalität und Verschreibung 147 139 5.1.4 Zusammenfassung 150 Indirect Marketing in der Launchphase einer Kernleistung 151 5.2.1 Situatives Unternehmensumfeld 151 5.2.1.1 Beschreibung Unternehmen: Vaximed GmbH 151 5.2.1.2 Produktportfolio der Vaximed GmbH 152 5.2.1.3 Pharmamarketing bei Vaximed 153 5.2.2 Erstellung der indikationsspezifischen indirekten Leistung 154 5.2.2.1 Gestaltungsfaktoren „Aufklärungskampagne Impfung“ 155 5.2.2.2 Akzeptanz der Aufklärungskampagne bei Vaximed 5.2.3 Wahrnehmung und Wirkung der Aufklärungskampagne 5.3 131 158 159 5.2.3.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit 159 5.2.3.2 Wahrnehmung der Qualität 161 5.2.3.3 Wahrgenommener Kundenvorteil 162 5.2.3.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung 163 5.2.4 Zusammenfassung 165 Indirect Marketing als internetbasierte Informationsplattform 166 5.3.1 Situatives Unternehmensumfeld 166 5.3.1.1 Beschreibung Unternehmen: Respipharm GmbH 5.3.1.2 Produktportfolio der Respipharm GmbH 167 5.3.1.3 Klassisches Pharmamarketing bei Respipharm 168 5.3.2 Erstellung der indikationsspezifischen indirekten Leistung 166 168 5.3.2.1 Gestaltungsfaktoren „Internetinformationsplattform“ 169 5.3.2.2 Akzeptanz der indirekten Leistungen bei Respipharm 170 5.3.3 Wahrnehmung und Wirkung der indirekten Leistung 171 5.3.3.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit 171 5.3.3.2 Wahrnehmung der Qualität 172 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite IV IV Inhaltsverzeichnis 5.4 5.3.3.3 Wahrgenommener Kundenvorteil 173 5.3.3.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung 175 5.3.4 Zusammenfassung 175 Reisemedizinischer Service als praxisbezogenes Indirect Marketing 177 5.4.1 Leistungserstellung des praxisbezogenen „Reisemedizinischen Service“ 177 5.4.1.1 Gestaltungsfaktoren „Reisemedizinischer Service“ 5.4.1.2 Akzeptanz des reisemedizinischen Service bei Vaximed 182 5.4.2 Wahrnehmung und Wirkung des reisemedizinischen Service 5.5 183 5.4.2.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit 5.4.2.2 Wahrnehmung der Qualität des reisemedizinischen Service 184 5.4.2.3 Wahrgenommener Kundenvorteil 186 5.4.2.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung 187 183 5.4.3 Zusammenfassung 189 Notfalltraining als praxisbezogenes Indirect Marketing 190 5.5.1 Leistungserstellung des praxisbezogenen „Notfalltrainings“ 191 5.5.1.1 Gestaltungsfaktoren „Notfalltraining“ 5.5.1.2 Akzeptanz des Notfalltrainings bei Respipharm 5.5.2 Wahrnehmung und Wirkung des Notfalltrainings 5.5.2.1 5.6 178 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 192 198 198 198 5.5.2.2 Wahrnehmung der Qualität des Notfalltrainings 200 5.5.2.3 Wahrgenommener Kundenvorteil 201 5.5.2.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung 202 5.5.3 Zusammenfassung 204 kinderwelten Award als imagebezogenes Indirect Marketing 205 5.6.1 Leistungserstellung der imagebezogenen „kinderwelten Award-Kampagne“ 206 5.6.1.1 Gestaltungsfaktoren „kinderwelten Award“ 207 5.6.1.2 Akzeptanz der imagebezogenen Leistung bei Vaximed 209 5.6.2 Wahrnehmung und Wirkung der Benefizgala 5.6.2.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 210 210 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite V V Inhaltsverzeichnis 5.6.2.2 Wahrnehmung der Qualität der Benefizgala 210 5.6.2.3 Wahrgenommener Kundenvorteil 211 5.6.2.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung 212 5.6.3 Zusammenfassung 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing 6.1 7 215 217 Aggregation der Wirkung, Wahrnehmung und Gestaltung indirekter Leistungen 217 6.1.1 Wirkung der indirekten Leistungen 217 6.1.2 Wahrnehmung der indirekten Leistungen 220 6.1.3 Synthese der Gestaltungsfaktoren indirekter Leistungen 225 6.2 Erfolgsfaktoren für eine positive Wahrnehmung indirekter Leistungen 240 6.3 Finales Modell der Wahrnehmung und Wirkung von indirekten Leistungen 245 Schlussbetrachtung 251 7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 251 7.2 Implikationen 254 7.2.1 Implikationen für die wissenschaftliche Forschung 254 7.2.2 Implikationen für die unternehmerische Praxis 256 Limitierungen und weitergehender Forschungsbedarf 258 7.3 Appendix Literaturverzeichnis XVII LIV Inhalt 13.12.13 16:36 Seite VI VI Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Kommunikationsdreieck im Markt für verschreibungspflichtige Produkte 4 Abbildung 2: Rechtliche Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit der Industrie mit Mitarbeitern medizinischer Einrichtungen und niedergelassenen Ärzten 5 Abbildung 3: Schwerpunkte der Forschung im Pharmamarketing 10 Abbildung 4: Vorhandene Definitionen für Indirect Marketing 12 Abbildung 5: Forschungsleitende Fragestellung aus zwei Perspektiven 15 Abbildung 6: Forschungsprozess und –methodik 18 Abbildung 7: Struktur des Dissertationsprojektes 21 Abbildung 8: Konzeptioneller Rahmen des Indirect Marketing 24 Abbildung 9: Definition Indirect Marketing 24 Abbildung 10: Einbindung der Pharma-Leistungsstufen in Leistungssystem 32 Abbildung 11: Chronologische Entwicklung des Customer Value Begriffes 34 Abbildung 12: Zusammenhang zwischen Kundenvorteil und Kundenwert 35 Abbildung 13: Differenzierende Dimensionen des Dienstleistungsmarketing aus Nachfragersicht 41 Abbildung 14: Transaktionsmarketing versus Relationship Marketing 43 Abbildung 15: Kosten- und Nutzenaspekte innerhalb der sozialen Austauschbeziehung 49 Abbildung 16: Zusammenhänge zur Bestimmung der Attraktivität von Beziehungen 50 Abbildung 17: Dimensionen zur informationsökonomischen Einordnung von Leistungen 51 Abbildung 18: Screening und Signaling Aktivitäten aus Anbieter und Nachfragerperspektive 52 Abbildung 19: Verschreibungsentscheidungsprozess und Ansätze des Pharmamarketing 56 Abbildung 20: Kategorisierung der Instrumente des Pharmamarketing 58 Abbildung 21: Alternative Kategorien für Informationsquellen 59 Abbildung 22: Gegenüberstellung zweier Studien zur Bewertung von Informationsquellen durch Ärzte 61 Abbildung 23: Einflussnetzwerk des Arztes 62 Abbildung 24: Hauptsächliche Einflussgrößen auf Verschreibungsverhalten 63 Abbildung 25: Kategorien des Indirect Marketing 71 Abbildung 26: Verteilung der Datenerhebungsmethoden im Forschungsprozess 74 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite VII Abbildungsverzeichnis VII Abbildung 27: Prozess der Datenauswertung 85 Abbildung 28: Expertenaussagen zur Wirkung des Indirect Marketing 88 Abbildung 29: Basis-Wirkungsmodell Indirect Marketing 89 Abbildung 30: Gegenüberstellung Motivatoren vs. wahrgenommenen Restriktionen im Praxisalltag 90 Abbildung 31: Voraussetzungen für einen gut funktionierenden Praxisalltag 90 Abbildung 32: Ableitung grundlegender Bedürfnisse in Zusammenhang mit dem Selbstverständnis der Ärzte 91 Abbildung 33: Auszug aus den Nennungen zu Serviceleistungen der Pharmaunternehmen 93 Abbildung 34: Wirkungsfelder indirekter Leistungen 97 Abbildung 35: Gestaltungsfaktoren der indirekten Leistung im S-O-R Modell 97 Abbildung 36: Bereiche der Situationsanalyse Abbildung 37: Bewertungsskala für Ausprägungen der Akzeptanzkriterien 98 104 Abbildung 38: Beurteilungskriterien der Wahrnehmung indirekter Leistungen im S-O-R Modell 104 Abbildung 39: Kumulierte Gewichtung der Beurteilungskriterien (Median) 106 Abbildung 40: Rahmen zur Erfassung der Werte-Arten und Werte-Quellen von IL 111 Abbildung 41: Beurteilung des Kundenvorteils einer indirekten Leistung 113 Abbildung 42: Zuordnung der Bedürfniskategorien zu KV-Kategorien 114 Abbildung 43: Rahmen zur Erfassung der wahrgenommenen Kosten 115 Abbildung 44: Wirkungfelder Indirekter Leistungen im S-O-R-Modell 117 Abbildung 45: Wirkungsfelder auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte 121 Abbildung 46: Detaillierte Beurteilungskriterien von indirekten Leistungen im S-O-R Modell 122 Abbildung 47: Umsatzentwicklung der Pharmacon GmbH in % zum Vorjahr von 1997 – 2010 126 Abbildung 48: Prozentuale Verteilung Produktanteile im Unternehmensportfolio nach Umsatz 128 Abbildung 49: Marketingsystem der Pharmacon GmbH 129 Abbildung 50: Einteilung und Beitrag der indirekten Leistungen der Pharmacon GmbH zur Bedürfnisbefriedigung 131 Abbildung 51: Prozess Medizinischer Beratungsservice der Pharmacon GmbH 133 Abbildung 52: Aufteilung der praxisrelevanten Fortbildungen 136 Abbildung 53: Marketingsystem der Vaximed GmbH 153 Abbildung 54: Beabsichtigter Beitrag der Aufklärungskampagne zur Bedürfnisbefriedigung 155 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite VIII VIII Abbildungsverzeichnis Abbildung 55: Zielgruppenspezifischer Einsatz indirekter Leistungen in Abhängigkeit der Launch-Phasen 157 Abbildung 56: Gestützte Awareness-Raten bei relevanten Zielgruppen 158 Abbildung 57: Wirkungsfelder des Indirect Marketing 164 Abbildung 58: Prozentuale Aufteilung des internationalen Portfolios nach Produktbereichen in 2010 167 Abbildung 59: Zielgruppenspezifischer Einsatz der Internetplattformen in Abhängigkeit der PLZ-Phasen 169 Abbildung 60: Gegenüberstellung der Informationskanäle der IL von Respipharm und Vaximed 170 Abbildung 61: Genutzte Informationsquellen API in Deutschland 174 Abbildung 62: Bekanntheitsgrad verschiedener Internetplattformen bei Ärztegruppen 175 Abbildung 63: Beabsichtigter Beitrag des reisemedizinischen Service zur Bedürfnisbefriedigung 178 Abbildung 64: Vertriebskooperationen von ReiseMED 179 Abbildung 65: Leistungsbestandteile des ReiseMED Servicepaketes 180 Abbildung 66: Monetäre ReiseMED Kosten-Nutzen-Analyse 187 Abbildung 67: Beabsichtigter Beitrag des Notfalltrainings zur Bedürfnisbefriedigung 192 Abbildung 68: Kontinuierlicher Kundenbetreuungsprozess anhand der IL „Notfalltraining" 192 Abbildung 69: Pfeiler der Marketingerfolgsformel von Vaximed 214 Abbildung 70: Ausprägung der Wirkungsfelder 217 Abbildung 71: Ausprägung der angesprochenen Bedürfniskategorien durch die IL 221 Abbildung 72: Ausprägung der wahrgenommenen Werte-Arten 221 Abbildung 73: Beiträge der Werte-Arten zur Bedürfnisbefriedigung 222 Abbildung 74: Ausprägung der wahrgenommenen Kostenarten 223 Abbildung 75: Ausprägung der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 224 Abbildung 76: Ausprägung der Kommunikationsstrategien 225 Abbildung 77: Ausprägung der Kommunikationsinhalte 227 Abbildung 78: Ausprägungen der Kommunikationskanäle 228 Abbildung 79: Ausprägung der Kompetenzen 229 Abbildung 80: Ausprägungen der Kooperationen 231 Abbildung 81: Ausprägung der Kommerzialisierung 233 Abbildung 82: Budgetverteilung der IL 234 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite IX Abbildungsverzeichnis IX Abbildung 83: Gegenüberstellung Best Case vs. Worst Case 235 Abbildung 84: Ausprägung der Akzeptanzkriterien 237 Abbildung 85: Ausprägung der situativen Faktoren 239 Abbildung 86: Erfolgsrelevante Gestaltungsfaktoren indirekter Leistungen 241 Abbildung 87: Bewertungskriterien einer IL aus Perspektive der Empfänger 245 Abbildung 88: Finales Modell der Wahrnehmung und Wirkung von IL 245 Abbildung 89: Potenzial zur Generierung eigenständiger Leistungssysteme aus indirekten Leistungen 247 Abbildung 90: Thematische Entfernung zur Kernleistung 250 Abbildung 91: Interessens-Gap zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten 253 Abbildung 92: Einordnung des Indirect Marketing in das Marketing Portfolio 257 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite X X Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Einschränkungen bei gängigen Kommunikationskanälen der Pharmaindustrie Tabelle 2: Forschungsfragen 16 Tabelle 3: Auswahlkriterien der Indirect Marketing Fallstudien 19 Tabelle 4: Direktes vs. Indirect Marketing 28 Tabelle 5: Auflistung verschiedener Definitionen von Kundenlösungen 29 Tabelle 6: Übersicht Value Ansätze 36 Tabelle 7: Strategische Dimensionen zur Gestaltung der Erfolgsvariablen für Leistungs- und Kundensysteme 38 Tabelle 8: Ausgewählte Definitionen zum Relationship Marketing 42 Tabelle 9: Theoretische Ansätze mit Erklärungsbeitrag zu Indirect Marketing als Bestandteil der Dienstleistungsschale 44 4 Tabelle 10: Stufen des Verordnungsentscheidungsprozesses 57 Tabelle 11: Vorteile von WOM Kampagnen gegenüber traditionellem Marketing 64 Tabelle 12: Übersicht Eigenschaften für effektive WOM-Kommunikation 65 Tabelle 13: Erklärungsbeitrag theoretischer Ansätze für Bestimmungsfaktoren/ Determinanten der Wahrnehmung und Wirkung von IL 67 Tabelle 14: Auswahl Interviewpartner Expertenbefragung Mai 2009 76 Tabelle 15: Beiträge der einzelnen Forschungsmethoden 79 Tabelle 16: Klassifizierung der zu untersuchenden Fallstudien 80 Tabelle 17: Unternehmensbezogene situative Faktoren 81 Tabelle 18: Produktbezogene situative Faktoren 82 Tabelle 19: Auswahlkriterien der Indirect Marketing Fallstudien 82 Tabelle 20: Übersicht der Expertenverteilung je Fallstudie 84 Tabelle 21: Auflistung beispielhafter indirekter Leistungen für Ärzte Tabelle 22: Fragestellung zur Bewertung der persönlichen Relevanz 115 Tabelle 23: Kriterien zur Bewertung der persönlichen Relevanz 115 Tabelle 24: Kausale Thesen zur Wahrnehmung und Wirkung indirekter Leistungen 123 Tabelle 25: Akzeptanz der indikationsspezifischen IL bei Pharmacon 139 Tabelle 26: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle bei Pharmacon 142 Tabelle 27: Akzeptanz von Indirect Marketing bei Pharmacon 159 Tabelle 28: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 160 Tabelle 29: Akzeptanz der Internetinformationsplattform bei Respipharm 171 94 Inhalt 13.12.13 16:36 Seite XI Tabellenverzeichnis XI Tabelle 30: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Tabelle 31: Leistungspaket zur Unterstützung des patientenorientierten Marketing in der Arztpraxis 181 Tabelle 32: Akzeptanz von ReiseMED bei Vaximed 183 Tabelle 33: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 184 Tabelle 34: Akzeptanz des Notfalltrainings bei Respipharm 198 Tabelle 35: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 200 172 Tabelle 36: Zielsetzungen der Leistungen im IM-Portfolio der Vaximed 206 Tabelle 37: Akzeptanz des kinderwelten Award bei Vaximed 209 Tabelle 38: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle 210 Zusammenfassung weitergehender Forschungsbedarf 260 Tabelle 39: Inhalt 13.12.13 16:36 Seite XII XII Abkürzungsverzeichnis Abs. = Absatz AMG = Arzneimittelgesetz AMNOG = Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz API = Allgemeinärzte, praktische Ärzte, Internisten ATL = Above-the-line Kommunikation BRIC = Staatengruppe bestehend aus Brasilien, Russland, Indien und China BS = Brand Salience CL = comparison level CLalt = comparison level for alternatives CME = Continuing Medical Education COPD = Chronisch obstruktive Lungenerkrankung DGK = Deutsches Grünes Kreuz DLM = Dienstleistungsmarketing DMP = Disease Management Programm DRK = Deutsches Rotes Kreuz DtC = Direct-to-Consumer DtP = Direct-to-Physician EBIT = Earnings before interest and taxes EV = Endverbraucher F = Forschungsfrage f. = folgende Seite ff. = folgende Seiten FSA = Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie FSME = Frühsommer-Meningoenzephalitis GKV = Gesetzliche Krankenversicherung GoÄ = Gebührenordnung für Ärzte GP = General Practicioner HCR = Health Care Relations HPV = Humane Papillomviren HWG = Heilmittelwerbegesetz IGeL = Individuelle Gesundheistleistungen IB = Imagebezogene indirekte Leistung IL = Indirekte Leistung IM = Indirect Marketing Inhalt 13.12.13 16:36 Seite XIII Abkürzungsverzeichnis XIII IN = Indikationsbezogene indirekte Leistung KaV = Kassenärztliche Vereinigung KK = Krankenkasse KM = Kostenmanagement KOL = Key Optinion Leader KPI = Key Performance Indicator KV = Kundenvorteil MBO-Ä = (Muster-) Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte MDS = Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. NPO = Non-Profit-Organisation OC = Outcome OTC = Over-the-Counter PB = Praxisbezogene indirekte Leistung PKV = Privatärztliche Krankenversichung PLZ = Produktlebenszyklus PM = Praxismanagement PN = Aktive Patientennachfrage PR = Public Relation PWC = PricewaterhouseCoopers RLM = Relationship Marketing ROI = Return on Investment Rx = lat. recipe; rezeptpflichtig S. = Seite S-R = Stimulus-Response-Paradigma S-O-R = Stimulus-Organism-Response-Paradigma STIKO = Ständige Impfkommission TKT = Transaktionskostentheorie UWG = Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb u.U. = Unter Umständen Vs. = Versus WE = Wahrgenommenes Engagement WM = Wissensmanagement WOM = Word-of-Mouth z. B. = zum Beispiel ZM = Zeitmanagement Inhalt 15.12.13 15:23 Seite XIV XIV Zusammenfassung Die steigende Informationsflut, auch bei Ärzten, erschwert es dem Marketing zunehmend zum Unternehmenserfolg beizutragen. Das Pharmamarketing unterliegt dabei zusätzlichen rechtlichen, produktbedingten und Zugangseinschränkungen. Indirect Marketing (IM) stellt als Bestandteil des Leistungsschalenmodells nach Belz eine vielversprechende Möglichkeit zur Differenzierung und damit zur Kundenbindung dar. Leistungen des Indirect Marketing (IL) umfassen Leistungen, welche nicht der Hauptleistungserstellung und -verwertung entspringen, mit dieser jedoch in einem thematischen Zusammenhang stehen. Die Dissertation beschäftigt sich daher mit dem Potenzial von IL für das Marketing sowie deren Wahrnehmung und Wirkung bei Ärzten im regulierten deutschen Pharmamarkt. Die Dissertation leistet anhand eines zweistufigen qualitativ-empirischen, induktiven Forschungsprozesses unter Einbeziehung multipler Fallstudien einen Beitrag, die verschiedenen Ausprägungen und Determinanten von IL für eine positive Wahrnehmung und Wirkung bei Ärzten zu beschreiben, zu erklären und daraus Gestaltungsempfehlungen abzuleiten. Die Einordnung des Themas in den theoretisch-konzeptionellen Rahmen, bestehend aus St.Galler Customer Value-Ansatz, Leistungssystemen, Dienstleistungs- und Pharmamarketing, liefert Erklärungsbeiträge für die untersuchten Prozesse. Darauf aufbauend dient die explorative Phase dazu, potenzielle Erfolgsfaktoren, erste kausale Thesen und ein Basismodell des IM herzuleiten. All diese werden anhand von sechs Fallstudien zu allen identifizierten IM-Kategorien weiterentwickelt und präzisiert. Drei IM-Kategorien wurden im Pharmamarkt mit den Themenschwerpunkten „Indikation“, „Praxisleistung“ und „Image“ identifiziert. Diese erzielen sowohl eine direkte als auch eine indirekte Wirkung. Direkt tragen IL durch Ansprache der relevanten praxis- und persönlichkeitsbezogener Bedürfniskategorien zu einer Stärkung der Kundenloyalität und Zahlungsbereitschaft bei. Entsprechend existieren IL, die über das Innovationspotenzial verfügen, eigenständige Leistungssysteme zu schaffen. Indirekt können IL zu drei potenziellen Übertragungseffekten auf die Kernleistung führen. Ersterer erhöht durch die positive „Wahrnehmung des Engagements“ des Unternehmens die Absicht zu einer Gegenleistung. Der zweite Effekt bezieht sich auf die Steigerung der „Brand Salience“ im Verschreibungsmoment. Diese arztorientierten Prozesse wirken moderierend auf die Wahrnehmung der Kernleistung „Arzneimittel“. Erfüllt diese die Anforderungen an Qualität und Glaubwürdigkeit und ist prinzipiell substituierbar, können IL mit einem hohen Kundenvorteil zu einem Übertragungseffekt führen. Insbesondere die langfristige Erbringung thematisch relevanter IL fördert deren Wirkung und führt zur Schaffung einer übergeordneten Kompetenz des Unternehmens in den Augen des Arztes. Der dritte Effekt ist patientenorientiert und führt zu einer Steigerung der „aktiven Patientennachfrage“. Die erfolgsrelevanten Beurteilungskriterien der Ärzte, die für diese Wirkung erfüllt sein müssen, fließen im Modell zur Wahrnehmung und Wirkung von IM zusammen. Sie münden in der Formulierung von Hypothesen und Gestaltungsempfehlungen für die Praxis, wie die optimale Kombination des direkten und indirekten Marketings im Pharmamarketing. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse bilden die Grundlage für weitere qualitative und quantitative Forschungsprojekte zur Weiterentwicklung sowie zur Überprüfung der aktuellen Forschungsergebnisse zu IM. Inhalt 13.12.13 16:36 Seite XV XV Abstract Information overload – not just among consumers, but also among physicians – has made it more difficult for marketing to contribute to a company’s success. Pharmaceutical marketing faces even more obstacles in the form of legal, product and access constraints. Indirect marketing (IM) represents a promising solution. As an integral part of the Belz “Leistungsschalenmodell”, IM allows companies to achieve differentiation and foster customer loyalty. Indirect marketing services (IS) are services that are thematically linked to the delivery and consumption of the primary service, but have no direct relationship with it. This dissertation looks at the marketing potential of IS as well as the perception and impact of IS among physicians in the regulated German pharmaceutical market. The dissertation uses an inductive, qualitatively empirical two-stage research process integrating multiple case studies to describe and explain various IS types and determinants that promote positive perceptions and effects among physicians and to recommend ways to design IS for maximum impact. This subject is embedded in a theoretical conceptual framework comprising the St. Gallen Customer Value approach, service systems and service as well as pharmaceutical marketing in order to shed light on the processes under investigation. Next, the exploratory phase aims to identify possible success factors, develop initial causal hypotheses and set up a basic IM model. These elements are refined and detailed in six case studies covering all identified IM categories. Three IM categories were identified in the pharmaceutical market: indication, practice services and image. These categories have both direct and indirect effects. IS contribute directly to customer retention and willingness to pay by addressing personal and practice-specific categories of needs. Indeed, some IS even have the innovative ability to create independent service systems. In terms of indirect impacts, IS can have three spillover effects on the core service. First, positive perceptions of company commitment can increase the willingness to reciprocate. Second, IS can increase brand salience at the time of prescription. These physician-centric processes tend to mediate perceptions of the core pharmaceutical product. If the product meets all quality requirements, seems trustworthy and is generally substitutable, IS with significant customer value can produce spillover effects. The sustained delivery of thematically relevant IS enhances their impact and increases the physician’s estimation of the company’s capabilities. The third effect is patient-specific: IS can elevate active patient demand. The IM perception and effect model incorporates key physician assessment criteria that must be met to achieve the above effects. The model is used to formulate final hypotheses and hands-on recommendations for effectively combining direct and indirect pharmaceutical marketing. These findings lay the groundwork for further qualitative and quantitative research projects that aim to build on and verify the current state of IM research. Inhalt 13.12.13 16:36 Seite XVI 1.2 13.12.13 16:36 Seite 1 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 1 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Pharmazeutische Unternehmen bewegen sich aufgrund des gesellschaftlich, ethischen Anspruchs an ihre Leistung in einem besonderen Marktumfeld. Kern der Geschäftstätigkeit ist die Entwicklung und der Einsatz von Arzneimitteln zur Bekämpfung von Krankheiten sowie zum Erhalt der Gesundheit. Wie in jedem anderen marktwirtschaftlich ausgerichteten Unternehmen ist es das Ziel, durch erfolgreiche Vermarktung der Arzneimittel eine positive EBIT-Entwicklung zu erreichen und somit den Unternehmenswert zu steigern. Hierzu gehört der Austausch mit den Zielgruppen, welche diese Produkte einsetzen – in diesem Fall die Ärzteschaft. “There has been a public outcry, especially in America, over the cozy relationship between doctors and drug companies. Some practices are illegal, others are simply part of the customary trio of food, flattery, and friendship” 1 Wie aus dem Zitat erkennbar, kämpfen Pharmaunternehmen bezüglich der Kommunikation mit ihren Zielgruppen jedoch unter erschwerten Bedingungen. Aufgrund gesetzlicher Restriktionen in der Pharmabranche ist es, im Gegensatz zu anderen Branchen, nicht möglich, alle kommunikationspolitischen Instrumente anzuwenden. Die Unternehmen setzen als Folge verstärkt auf direkte Betreuung durch Pharmareferenten und provozieren dadurch, dass die Reaktanz der Ärzte zunimmt.2 Somit scheint das Pharmamarketing aktuell auch nur begrenzt in der Lage, einen Zusatznutzen für das Unternehmen zu erbringen. Weitere Einschränkungen durch die Gesundheitspolitik, das Verschreibungsverhalten der Ärzte sowie die schwache Differenzierung aufgrund fehlender Innovationen erschweren zusätzlich eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung. Eine vielversprechende Möglichkeit, diesen Herausforderungen zu begegnen, stellen Leistungen des Indirect Marketing dar. Indirect Marketing ist produktneutral und nutzt entweder den Kontakt über die Netzwerkteilnehmer des Arztes, verwendet produktfremde Zusatzleistungen oder unternehmensneutrale Botschaften. Unternehmen sind bei der Anwendung indirekter Marketingmaßnahmen unterschiedlich erfolgreich.3 Das vorliegende Dissertationsprojekt „Indirect Marketing für Pharmaunternehmen“ beschäftigt sich mit der Untersuchung indirekter Marketingmaßnahmen und deren Wirkung bei Ärzten. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie es trotz aktueller Entwicklungen und Einschränkungen am Markt gelingt, bei der Kaufentscheidung der Kundengruppe positiv berücksichtigt zu werden. 1.1 Herausforderung im Marketing Marketingverantwortliche aller Branchen stehen im 21. Jahrhundert ähnlichen Herausforderungen gegenüber. So steht das Marketing im Verdacht, immer seltener zu einer 1 2 3 The Economist 2005, S. 9. Vgl. Gibson 2008, Expertenbefragung Mai 2009. Vgl. Expertenbefragung Mai 2009. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 2 2 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen nachweislichen Steigerung der Umsätze beizutragen, da die angesprochenen Zielgruppen die vermittelte Botschaft aufgrund der hohen Anzahl an Werbekontakten pro Tag nicht mehr aufnehmen.4 Leistungen gleichen sich zunehmend an und der Handlungsspielraum des Marketing nimmt wegen des hohen Standards der bestehenden Maßnahmen ab, so dass selbst ein großer Aufwand nur noch geringe Verbesserungen erzielen kann.5 Weinhold bemängelte daher schon früh, dass das Marketing an seine Wirkungsgradgrenze stößt und somit der Bedarf an innovativen Marketingmaßnahmen steigt.6 Viele Marketingverantwortliche wählen eine hohe Penetration an Direktmaßnahmen, in der Hoffnung, schnelle Erfolge bezüglich Umsatzsteigerung zu generieren. Diese verstärkten direkten Marketingaktivitäten, die auf Beeinflussung des Kaufverhaltens abzielen und als solche enttarnt werden, führen aber auch zunehmend zur Ablehnung und Reaktanz der Kunden.7 Unter dem ständigen Druck, positive Quartalszahlen zu erreichen, Umsätze und die Profitabilität zu steigern, entwickeln Marketingabteilungen Aktivitäten und folgen Trends, welche die Wirkungsgradgrenze kurzfristig erhöhen. Jedoch setzen sie dabei tendenziell auf vermeintlich „risikoarme“ Innovationen, welche überschaubar, einschätzbar und rasch nutzbar sind. Damit laufen sie jedoch Gefahr, gerade die Selektionskriterien auszublenden, welche für echte Innovationen maßgeblich sind.8 Dieser „Aktionismus“ birgt die Gefahr, am Kundenbedürfnis vorbei zu planen und somit die Effektivität der Marketingaktivitäten zu reduzieren. Gerade der Wille zur Informationsverarbeitung ist jedoch eng mit den Kundenbedürfnissen, dem Involvement, der Glaubwürdigkeit des Senders sowie der Bedeutung des versprochenen Mehrwertes verbunden. Auf Kundenseite unterscheidet man zwischen aktiver und passiver Suche nach Informationen.9 So wollen Menschen nicht pausenlos bearbeitet, sondern auch mal „in Ruhe gelassen“ werden.10 Häufig verlaufen Marketingaktivitäten jedoch sehr abrupt, ohne das Interesse des Kunden an einer Informationsaufnahme zu prüfen.11 In diesem Zusammenhang hebt die zunehmende Informationsflut, auch aufgrund der steigenden Vielfalt der Medienlandschaft, die Bedeutung der Aufmerksamkeitsökonomie hervor.12 Die Aufmerksamkeit der Zielgruppe steht im Mittelpunkt. Vor allem diese gilt es sich zu verdienen. Sie ist die „Leitwährung“, ohne die sämtliche Marketingaktivitäten keine Wirkung hätten.13 Ein wesentlicher Zweck dieser Aktivitäten ist also das Erlangen von Beachtung, Bekanntheit und Anerkennung durch andere Menschen. 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Vgl. Brown/Hayes 2008, S. 5. Vgl. Belz 1989, S. XXI. Vgl. Weinhold 1988, S. 486ff. Vgl. Wendlandt/Hansen 2005, Gibson 2008, Expertenbefragung Mai 2009. Vgl. Belz 2012, S. 4ff. Vgl. Unger/Fuchs 2005. Vgl. Belz 2008, S. 21ff. Vgl. Brown/Hayes 2008, S. 5. Vgl. Franck 1998. Vgl. Schmidt 2000, S. 5f. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 3 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 3 Das Marketing begeht dabei jedoch häufig einen Systemfehler: Die Unternehmen bewerben sich und ihren anscheinend Mehrwert für den Kunden selbst, statt den Kunden ihre Kompetenz durch Leistungen, indirekt zu belegen, so dass dieser die Vorteile für sich beurteilen und somit selbst die Initiative ergreifen kann.14 Innovative Ansätze mit denen die Effektivität des Marketing aufgrund erhöhter Aufmerksamkeit und gesteigerter Eigeninitiative der Zielgruppe gesteigert werden kann, sind somit für Marketingabteilungen von großem Interesse. 1.2 Einschränkungen des Pharmamarketing in Deutschland 1.2.1 Besonderheiten im Pharmamarketing Diesen übergreifenden Herausforderungen stehen ebenfalls Marketingabteilungen der pharmazeutischen Unternehmen in Deutschland gegenüber. Die pharmazeutische Industrie in Deutschland unterliegt im Vergleich zur Konsumgüterindustrie zusätzlichen Einschränkungen zur Etablierung eines „ethischen“ Pharmamarketing für verschreibungspflichtige Produkte. Der Arzt trifft für diese Produkte die Entscheidung bezüglich der Produktauswahl.15 Der Entscheidungsprozess differenziert sich daher von anderen Märkten, denn: „the chooser is not the user“.16 Auch wenn Ärzte unter den neuen gesundheitsökonomischen Rahmenbedingungen an Bedeutung verlieren, bleiben sie dennoch wichtige Entscheider und haben die wichtigste Position inne.17 Nicht zuletzt, da sie neben Apotheken und Klinikärzten als hauptsächliche Marketing-Ansprechpartner gelten, entfallen 60 % des Marketingbudgets auf deren Ansprache.18 Zudem verfügen Ärzte über großes Vertrauen bei Patienten im Vergleich zu anderen Gesundheitsdienstleistern.19 Der Pharmaindustrie ist es nur reaktiv möglich, den Patienten zu informieren und damit Vertrauen zu gewinnen. Das Pharmamarketing ist daher darauf angewiesen, auf den Informationsaustausch zwischen den Fachkreisen und deren Beratung der Patienten zu vertrauen oder diesen, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, zu fördern. Die Kommunikationswege für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind in Abbildung 1 vereinfacht dargestellt. 14 15 16 17 18 19 Vgl. Belz 2012, S. 102. Vgl. Schöffski/Fricke/Guminski 2008, S. 211f. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, S. 1. Vgl. Harms 2007, S. 38-39. Vgl. Mayer/Trommsdorf 2010, S. 197ff. Vgl. Harms 2011, S. 19. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 4 4 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Kassenärztliche Vereinigung Krankenkasse Information (reaktiv) Pharmaunternehmen Arzt Information/ Fortbildung Information/ Fortbildung Patient Behandlung Apotheke Information/ Beratung Abbildung 1: Kommunikationsdreieck im Markt für verschreibungspflichtige Produkte Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Trilling 2003, S. 58. Die Regulierung des Marktes für verschreibungspflichtige Arzneimittel beeinträchtigt jedoch auch stark die Kommunikation zum Entscheider „Arzt“. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die in der Praxis gängigsten Kommunikationskanäle und deren Einschränkungen, die daher auch in wissenschaftlichen Studien im Mittelpunkt stehen.20 Dedikationsartikel und sonstige Werbeabgaben Nach dem HWG ist es grundsätzlich untersagt, Zuwendungen oder Werbeabgaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Lediglich wenn die Zuwendung oder Werbeabgabe zur Verwendung in der ärztlichen Praxis und von geringem Wert ist, ist dieses gestattet (vgl. § 7 (1) Heilmittelwerbegesetz). Der monetäre Wert des Gegenstandes darf keinen Anreiz zur Verschreibung des Produktes darstellen. Abgabe von Arzneimitteln Die Abgabe von Arzneimittelmustern bei Ärzten ist reguliert auf zwei Stück der kleinsten Packungsgröße pro Jahr, pro Arzt und pro Produkt. Die Abgabe darf zudem nur auf schriftliche Anforderung und in Kombination mit der Fachinformation erfolgen. Der pharmazeutische Unternehmer ist verpflichtet, die Abgabe zu dokumentieren. (vgl. § 47 (3/4) Arzneimittelgesetz). Wissenschaftliche Fortbildungsveranstaltungen Fortbildungsveranstaltungen von Pharmaunternehmen für medizinisches Personal haben einen berufsbezogenen, wissenschaftlichen Charakter zu besitzen. Einladungen sind nur erlaubt, wenn der wissenschaftliche Anteil im Vordergrund der Veranstaltung steht und diese Zuwendung einen vertretbaren Rahmen nicht überschreitet. In diesem Rahmen ist auch das Indikationsgebiet des beworbenen Arzneimittels zu behandeln (vgl. § 7 (2) Heilmittelwerbegesetz). Print- & Pressearbeit Die Fachpresse stellt einen wichtigen Baustein im Pharmamarketing dar. Über diesen Kanal können neue Studienergebnisse, neue Produkte und weitere wichtige Informationen schnell verbreitet werden. Insbesondere bei Neueinführungen ermöglichen Anzeigen in der Fachpresse eine schnelle Steigerung des Bekanntheitsgrades.21 Bei Anzeigen für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Rx) ist der Werbefachpflichttext beizufügen. Tabelle 1: Einschränkungen bei gängigen Kommunikationskanälen der Pharmaindustrie Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an AMG, HWG, UWG und FSA-Kodex. Die Einschränkungen sind neben der speziellen Struktur des Pharmamarktes auch der sensiblen Thematik geschuldet und umfassen: 20 21 Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Venkataraman/Stremersch 2007, Mizik/Jacobson 2004, Manchanda/Chintagunta 2004, Manchanda/Honka 2004, Dong/Manchanda/Chintagunta, 2004. Vgl. Trilling 2003, S. 124 f. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 5 5 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen • gesetzliche Rahmenbedingungen bzw. Einschränkungen, • Zugangseinschränkungen zu Kundengruppen sowie • produktbedingte Einschränkungen. 1.2.2 Gesetzliche Rahmenbedingungen des Pharmamarketing Das Pharmamarketing unterliegt spezielleren rechtlichen Anforderungen als andere Branchen, an denen die Marketingaktivitäten auszurichten sind. Im Vergleich zum Konsumgütermarketing sind für die Bewerbung von Arzneimitteln besondere Verhaltensregeln gesetzlich definiert. Diese dienen vornehmlich dazu, die „Unabhängigkeit der Ärztlichen Entscheidung“ sicherzustellen.22 Abbildung 2 stellt die Rechtsdisziplinen dar, welche einen Einfluss auf die Gestaltung der Leistungen und der kommunikationspolitischen Instrumente des Pharmamarketing haben. Strafrecht Dienstrecht Pharmaunternehmen Sozialrecht Arzt Wettbewerbsrecht Ärztliches Berufsrecht Abbildung 2: Rechtliche Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit der Industrie mit Mitarbeitern medizinischer Einrichtungen und niedergelassenen Ärzten Quelle: Vgl. Dieners 2010, S. 10 ff. Die ersten vier Disziplinen betreffen vornehmlich die Unternehmensseite. Das Strafrecht umfasst verschiedene Straftatbestände, welche bei der Zusammenarbeit zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten eine Rolle spielen.23 Hiervon stehen insbesondere die Korruptionsdelikte im Vordergrund. Das Dienst- und Hochschulrecht betrifft die Zusammenarbeit mit Ärzten medizinischer Einrichtungen, wie z. B. Kliniken. In Bezug auf das Pharmamarketing sind in erster Linie Vorschriften zur Bekämpfung der Korruption maßgeblich.24 Das Sozialrecht bildet einen weiteren Baustein der rechtlichen Rahmenbedingungen. Mit Gesetzen, wie dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) und dessen Nachfolger, dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) von 2011, verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Teilnehmer des Gesundheitswesens auf den Handelsstufen in der Zusammenarbeit zu reglementieren und somit Fehlentwicklungen und Missbräuche zu verhindern. 25 22 Vgl. Dieners 2010, S. 6. § 263 StGB (Betrug), § 266 StGB (Untreue), § 299 (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), § 331 ff. StGB (Korruptionsdelikte). 24 Vgl. Dieners 2010, S. 26ff. 25 Vgl. ebd., S. 50ff. 23 1.2 13.12.13 16:36 Seite 6 6 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Das Wettbewerbsrecht umfasst, neben dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG). 26 Das UWG dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer vor unlauteren und irreführenden Handlungen sowie vor vergleichender Werbung und unzumutbarer Belastung.27 Das HWG als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG regelt zielgruppenspezifisch die Belange der Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte sowie anderer Mittel gemäß § 1 Abs. 1 HWG. Unterschieden wird zwischen Werbung gegenüber Fachkreisen und Laien. Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen gemäß HWG ausschließlich gegenüber Fachkreisen beworben werden.28 In diesem Zusammenhang regelt § 7 Abs. 1 HWG ein generelles Zuwendungsverbot. Dieses untersagt prinzipiell das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren von (unentgeltlichen) Zuwendungen und sonstigen Werbeabgaben jeder Art und erstreckt sich auf wirtschaftliche Vorteile jeder Art. Dessen Anwendbarkeit hängt zunächst davon ab, ob es sich um eine produkt- bzw. leistungsbezogene Absatzwerbung mit Werbeabgaben oder Zuwendungen handelt. Allgemeine Vertrauenswerbung, welche über Leistungen des Unternehmens informiert, zielt hingegen nicht auf eine Absatzförderung von Wirtschaftsgütern im Sinne von § 1 HWG ab, sondern darauf, um Vertrauen zu werben. Daher soll diese Art der Werbung gemäß Dieners grundsätzlich nicht von § 7 Abs. 1 HWG erfasst sein, wobei es zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen kann.29 Weitere Ausnahmen umfassen geringwertige Reklamegegenstände sowie Zuwendungen oder Werbeabgaben nur in „handelsüblichem Zubehör zur Ware“ oder in „handelsüblichen Nebenleistungen“ gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HWG.30 Voraussetzung ist die Verwendung von Werbeabgaben in der ärztlichen Praxis und nicht für private Zwecke des Arztes.31 Ebenso fallen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, welche eine wissenschaftlich-informative oder eine allgemeine Vertrauenswerbung zum Ziel haben, nicht unter § 7 Abs. 1 HWG und können somit unterstützt werden.32 Auf Seiten der Ärzteschaft reguliert das ärztliche Berufsrecht in Form der MBO-Ä die Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie. Hierbei geht es insbesondere um Regelungen zur Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit bei der Zusammenarbeit mit Dritten, den Schutz des Arzt-Patienten-Verhältnisses bei Untersuchung und Behandlung sowie die Unabhängigkeit der Ärzteschaft bei der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen.33 Therapie-, Verordnungs- und Beschaffungsentscheidung dürfen nicht unlauter beeinflusst werden.34 26 Vgl. Dieners 2010, S. 36ff. Vgl. § 1 UWG. Vgl. § 10 HWG. 29 Dieners 2010, S. 38f. 30 Vgl. Räpple 2001, S. 171. 31 Vgl. Dieners 2010, S. 38f. 32 Vgl. ebd., S. 39ff. 33 Vgl. § 30, §§ 31-34, §35 MBO-Ä, 1997. 34 Vgl. Dieners 2010, S. 40ff. 27 28 1.2 13.12.13 16:36 Seite 7 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 7 In vielen Ländern existieren Verhaltenscodices, die festlegen, wie sich Pharmaunternehmen in ihrer Werbung zu verhalten haben.35 Von Seiten der deutschen Pharmaindustrie wird dieser Standpunkt durch die gemeinsame „Verhaltensempfehlungen für die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Ärzten“, der führenden Verbände der deutschen Arzneimittelindustrie sowie dem Kodex des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.“ (FSA-Kodex) untermauert.36 Dieser Verein dient der Definition gemeinsamer ethischer Bedingungen, gegründet 2004 durch Mitglieder des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VfA).37 Aufgabe ist die Überwachung der korrekten Zusammenarbeit von Ärzten, Apothekern und weiteren Angehörigen medizinischer Fachkreise sowie die Sanktionierung von Fehlverhalten. Seit 2004 ist der FSA-Kodex aufgrund der Genehmigung durch das Bundeskartellamt in Kraft. Nach § 1 Abs. 2 FSA-Kodex findet dieser Anwendung auf produktbezogene Werbung für Arzneimittel im Sinne des AMG, wenn es sich um verschreibungspflichtige Arzneimittel für die Behandlung am Menschen handelt und die Werbung gegenüber Fachkreisen erfolgt. Seit der Novellierung der MBO-Ä in 2003 sind die Verhaltensstandards der Ärzteschaft und des FSA-Kodex angeglichen worden und entsprechen sich nun weitgehend.38 Ein wichtiges gemeinsames Ziel dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen ist die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Ärzte von der pharmazeutischen Industrie bezüglich Therapiehoheit und Verordnungsverhalten. Die Kernaussagen der dargestellten gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen sich in vier prinzipielle Grundsätze für das Pharmamarketing zusammenfassen:39 1. Trennungsprinzip: Zuwendungen an Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen oder niedergelassene Ärzte dürfen nicht in Abhängigkeit von Umsatzgeschäften, Beschaffungs-, Verordnungs- oder Therapieentscheidungen erfolgen. 2. Transparenzprinzip: Demnach sind sämtliche Sach- oder Geldzuwendungen an Mitarbeiter medizinischer Einrichtungen, durch welche diese begünstigt werden, schriftlich anzuzeigen und von Dienstherren und Krankenhausverwaltungen genehmigungspflichtig. Niedergelassene Ärzte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 2 MBO-Ä über die Zusammenarbeit mit der Industrie schriftlich Verträge zu schließen und diese auf Nachfrage bei der zuständigen Ärztekammer vorzulegen. 3. Äquivalenzprinzip: Leistungen und Gegenleistungen müssen bei Vertragsbeziehungen mit medizinischen Einrichtungen oder deren Mitarbeitern sowie mit niedergelassenen Ärzten in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. 4. Dokumentationsprinzip: Zur Erleichterung der Nachvollziehbarkeit sind sämtliche Leistungen schriftlich und vollständig zu dokumentieren. 35 Vgl. Gibson 2008. Vgl. FSA Kodex Fachkreise 2011. Vgl. Sussmann 2008, S. 235. 38 Vgl. Dieners 2010, S. 244. 39 Vgl. ebd., S. 89ff. 36 37 1.2 13.12.13 16:36 Seite 8 8 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Aufgrund der hohen Bedeutung der Pharmaunternehmen als Informationskanal für die Ärzteschaft, ist „die Zusammenarbeit von Ärzten mit der pharmazeutischen Industrie und Medizinprodukteherstellern wünschenswert, notwendig und zwingend erforderlich“ gemäß Flenker, Vorsitzender der Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer.40 Deswegen ist es auch aus Sicht der Ärzteschaft wichtig, Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Kooperation zu schaffen. 1.2.3 Zugangs- und produktbedingte Einschränkungen für das Pharmamarketing Zu diesen rechtlichen Rahmenbedingungen sieht sich das Pharmamarketing Zugangseinschränkungen zur Kundengruppe sowie produktbedingten Einschränkungen gegenüber, die weitere Herausforderungen darstellen. Der Kaufprozess verschreibungspflichtiger Arzneimittel unterscheidet sich maßgeblich von dem anderer Märkte. Zunächst muss der Patient entscheiden, einen Arzt aufzusuchen. Dieser muss dann im Anschluss die Entscheidung treffen, welches spezifische Medikament er zu Gunsten des Patienten verschreibt, der bzw. dessen Krankenkasse hierfür auch die Kosten trägt.41 Während in den USA eine Bewerbung verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Endverbraucher seit einer Gesetzesänderung 1997 wieder möglich ist, ist Produktwerbung im Sinne einer produktbezogenen Absatzwerbung in den meisten europäischen Ländern untersagt, wie in Deutschland aufgrund § 1 Abs. 1 HWG.42 Der Arzt spielt als Intermediär demnach eine entscheidende Rolle und steht im Mittelpunkt des Pharmamarketing.43 Aufgrund dieser Situation konzentrieren sich Pharmaunternehmen unter anderem auf die direkte Ansprache des Kunden „Arzt“ durch den Pharmareferenten-Außendienst sowie die Einbindung interner oder externer Call-Center und setzen auf eine hohe Frequentierung des Kundenkontaktes. In den USA betragen die Kosten für diese Art der Vermarktung und Bewerbung der Produkte beim Arzt 20 bis 25% des Umsatzes. Diese sind damit höher als die Ausgaben für Forschung und Entwicklung.44 Die Folge dieser Penetration der Direktmarketing- und Vertriebsmaßnahmen äußert sich nach Aussage zahlreicher Branchenexperten zunehmend in einer steigenden Ablehnung der Ärzte gegenüber dieser Marketingkommunikation der Pharmaunternehmen.45 Der direkte Zugang für Unternehmen wird somit durch die Ärzte selbst immer stärker beschränkt. Darüber hinaus bewerten Ärzte den Besuch von Vertretern niedriger als in der Vergangenheit, zum Teil, weil sie bequemen Zugang zu einer Fülle glaubwürdiger Informationen und Ressourcen haben.46 Die Unternehmen sehen sich somit einem 40 Vgl. Dieners 2010, S. 45, Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, S. 80, Prosser/Almond/Walley 2003, S. 66. Vgl. Xie 2004, S. 7. Vgl. Manchanda/Honka 2005, S. 785. 43 Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, S. 79. 44 Vgl. Kirikoshi/Lim/Okano 2008, S. 196. 45 Vgl. Expertenbefragung Mai 2009. 46 Vgl. Fricker 2011, S. 11. 41 42 1.2 13.12.13 16:36 Seite 9 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 9 höheren Anspruchsniveau bei gleichzeitiger Zunahme relevanter Marktpartner und Wettbewerbsdynamik der Hersteller gegenüber.47 Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen führen zu einer Verschiebung des Einflusses der verschiedenen Stakeholder im Gesundheitswesen.48 So versuchen europäische Regierungen, die steigenden Ausgaben der Gesundheitsversorgung einzudämmen.49 Der zunehmende Einfluss der Patienten sowie der Krankenkassen als „Zahler“ reduziert die Bedeutung des pharmazeutischen Außendienstes beim Arzt. Patienten gewinnen einerseits einen immer größeren Zugang zu relevanten Informationen und profitieren von der stärkeren Verbreitung der Communities.50 Gleichzeitig verlangen Patienten bessere Informationen über den Wert ihres Gesundheitswesens, da sie immer mehr Kosten selbst tragen müssen. Produktpolitisch befindet sich die Pharmaindustrie ebenfalls in einem Wandel. So repräsentieren 250 der wichtigsten Medikamente 90% des gesamten Arzneimittelbedarfs der Welt und von diesen sind 75% mittlerweile als Generika erhältlich. Hinzu kommt, dass trotz der hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung 80% der Aufwendungen nur marginale Verbesserungen bringen. Der Wettbewerb wird somit zunehmend generisch und die Produkte austauschbar.51 In Hinblick auf den sehr langen und kostenintensiven Entwicklungsprozess eines neuen Arzneimittels stellt sich daher die Frage, ob diese Investitionen, auch in das Marketing, optimal eingesetzt werden.52 1.3 Stand der Forschung Für das vorliegende Forschungsprojekt „Indirect Marketing für Pharmaunternehmen“ sind gemäß der beschriebenen Ausgangslage sowohl Forschungsfelder des Pharmamarketing als auch des Indirect Marketing (IM) von Interesse. Es gilt, einen Überblick über die existierende Forschung und den Stand der wissenschaftlichen Diskussion in diesen Bereichen zu generieren, um den aktuellen Forschungsbedarf abzuleiten. 1.3.1 Forschungsfelder im Pharmamarketing Im Mittelpunkt der aktuellen Forschung im Pharmabereich stehen Instrumente des Pharmamarketing und deren Wirkung auf das Verschreibungsverhalten des Arztes. Innovative Leistungen sollen dazu beitragen, sich beim Arzt im neuen Marktumfeld besser zu positionieren und zu differenzieren. Ziel der meisten Studien ist die Untersuchung des Verschreibungsverhaltens. Der Großteil der Wissenschaftler konzentriert sich hierbei auf Teilbereiche des Prozesses. Pharmaunternehmen konzentrieren sich bisher fast ausschließlich auf arztgerichtete Instrumente (Direct-to-Physician Instrumente), wie Beratungsgespräche durch den Pharmareferenten-Außendienst, Werbung in Fachmagazinen, Fortbildungs- 47 Vgl. Van Lier 2007, S. 1. Vgl. Illert/Emmerich 2007, S. 24. Vgl. Hahn 2006, S. 1. 50 Vgl. Meinhardt/Schweizer 2002, S. 99, Schögel/Tomczak/Wentzel 2007, S. 207. 51 Vgl. Harms 2011, S. 18ff. 52 Vgl. Schöffski/Fricke/Guminski, 2008 S. 110, S. 200. 48 49 1.2 13.12.13 16:36 Seite 10 10 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen veranstaltungen und -kongresse zur Bewerbung ihrer Produkte.53 Daher liegt es nahe, dass der Schwerpunkt der Untersuchungen auf der Wirkung von Direct-to-Physician Instrumenten (DtP) liegt, speziell der Wirkung von Arztbesuchen durch Pharmareferenten und die Abgabe von Mustern (Detailing & Sampling).54 Während sich einige Publikationen mit der optimalen Gestaltung des Marketing-Mix beschäftigen, konzentrieren sich andere Studien auf die Wirkung einzelner DtP Instrumente. Der dritte Bereich konzentriert sich auf Direct-to-Consumer Werbung (DtC) der Pharmaunternehmen, welche, wie oben erwähnt, in Deutschland für verschreibungspflichtige Produkte nicht anwendbar ist. Ein weiterer Forschungsbereich widmet sich den Netzwerken und Beeinflussern des Arztes.55 Das Interesse dieser Studien liegt an der Untersuchung des Einflusses der Netzwerkpartner, wie z. B. KOL und Patienten, auf die Produktwahl des Arztes. Des Weiteren geht es um die Nachvollziehbarkeit der Word-of-Mouth (WOM) Effekte innerhalb der Netzwerke des Arztes. Abbildung 3 gibt eine Übersicht zu den verschiedenen Forschungsschwerpunkten hinsichtlich der Wirkung des Marketing auf das Verschreibungsverhalten. Eine Übersicht zu weiteren Studien in diesem Forschungsbereich befindet sich im Appendix A. 3. Marketingmix Schöffski et al. (2008) Pharmabetriebslehre Direct-to-Physician Instrumente (DtP) Direct-to-Consumer Instrumente (DtC) Lim et al. (2008) Modeling the effects of physician-directed promotion Kravitz et al. (2005) Influence of Patients’ Requests for Direct-toTrilling (2008) Consumer Advertised Pharmamarketing Antidepressants Manchanda et al. (2004) Campo et al. (2006) Responsiveness of Finlayson/Mullner Physicians' Decision Physician Prescription (2005) Process for Drug Behavior to Salesforce Direct-to-consumer Prescription and the advertising of Impact of Pharmaceutical Effort prescription drugs Marketing Mix Instruments Gönül et al. (2001) Promotion of Prescription Iizuka/Jin (2005) Xiu (2004) Drugs and its Impact The Effect of Prescription Essays on Promotion on Physicians' Drug Advertising on Mix Management ChoiceBehavior Doctor Visits Narayanan (2004) Return on Investment Implications for Pharmaceutical Promotional Expenditures: The Role of MarketingMix Interactions Netzwerke/ Beeinflusser van Lier (2007) Netzwerkorientiertes Kundenmanagement am Beispiel der PharmaBranche Hahn (2006) Patient Relationship Management Manchanda et al. (2005) Understanding Firm, Physician and Consumer Choice Behavior in the Pharmaceutical Industry Prosser (2003) Influences on GP´s decision to prescribe new drugs – the importance of who says what Abbildung 3: Schwerpunkte der Forschung im Pharmamarketing Quelle: Eigene Darstellung 53 54 55 Vgl. Manchanda/Honka 2005, S. 785, Xie 2004, S. 7, Trilling 2003, S. 89f. van Lier 2007, S. 36. Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Venkataraman/Stremersch 2007, Mizik/Jacobson 2004, Manchanda/Chintagunta 2004, Manchanda/Honka 2004, Dong/Manchanda/ Chintagunta 2004. Vgl. van Lier 2007, Venkataraman/Stremersch 2007, Witzel 2006, Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Prosser/Almond/Walley 2003. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 11 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 11 Der größte Teil der Forschung bezieht sich jedoch auf den US-amerikanischen Markt, der anderen Reglementierungen unterliegt als der deutsche Pharmamarkt. Die Erkenntnisse sind daher auf den Kontext und deren Übertragbarkeit zu prüfen. 1.3.2 Forschungsstand Indirect Marketing „Innovative Leistungen“ sind aus wissenschaftlicher Sicht Bestandteile der Suchfelder im Marketing.56 Zu den konkreten Ansätzen innerhalb dieses Suchfeldes gehören auch Leistungen des Indirect Marketing. Diese Leistungen stellen anscheinend eine Möglichkeit dar, wie Unternehmen ihre umfassendere Kompetenz zur Lösung von Kundenproblemen untermauern und damit zur Nutzengenerierung beitragen können.57 Allerdings sind sie bisher noch nicht intensiv wissenschaftlich untersucht worden, obwohl derartige Leistungen schon längere Zeit Anwendung finden.58 Der Guide Michelin: Der Vater des Indirect Marketing 1900 - Michelin produziert und vertreibt erfolgreich als erstes Unternehmen luftgefüllte Reifen, ist auf den Rennstrecken der Welt zu Hause und ständiger Begleiter einer zunehmenden Zahl an Automobilisten, die in dieser Zeit noch zur wohlhabenden Oberschicht gehören. Die Brüder Michelin prägen das Marketing dieser Jahre mit innovativen Neuerungen, um ihre Kunden von der Qualität der Marke Michelin zu überzeugen und zum Kauf zu begeistern. Im Jahr 1900 kommen die Brüder André und Edouard Michelin auf die Idee, jedem Automobilisten der auf Michelin Rädern unterwegs ist, mit praktischen Tipps für die Reise auszustatten und erfinden den „Guide Michelin“. Ein kleines Buch, dass schnell zum ständigen Reisebegleiter und zu einem unverzichtbaren Ratgeber für kulinarische Höhepunkte auf Reisen mit Michelin Reifen wird. Auszeichnungen mit den berühmten Michelin Sternen, die nach objektiven Kriterien vergeben werden, empfehlen bis heute mittlerweile weltweit Restaurants mit besonderer Küche, die damit einen Höhepunkt der Reise mit Michelin darstellen. Durch den Guide Michelin wurden Leser dazu animiert, weitere Strecken mit ihrem Automobil in Kauf zu nehmen, um erstklassige Gastronomie zu erleben. Zunächst als Kundenbindungsmaßnahme für Michelin Reifenkäufer entwickelt, etabliert sich der Guide Michelin bald als eigenständige Leistung, als Business Unit und weiter als eigenes Geschäftsfeld. Ab 1920 ist der Guide kostenpflichtig und kostete sieben Francs. Durch den hohen Kundennutzen spielt die ursprüngliche Marketingmaßnahme seitdem einen finanziellen Gegenwert ein und trägt zur Steigerung des Kundenwertes bei. Heute umfasst er in Deutschland 1.440 Seiten mit insgesamt 4.227 Hotels und 2.157 Restaurants, zeichnet 249 Restaurants mit einem bis drei Michelin Sternen aus und kostet 29,95€. Zusätzlich trägt der hervorragende Ruf des Guide Michelin, von dessen Prüfern Spitzenköche weltweit gerne ausgezeichnet werden, zum Premium-Ruf der Reifenmarke Michelin bei. Somit ist indirekt auch von einem positiven Einfluss dieser ersten indirekten Leistung „Guide Michelin“ auf den Verkauf der Kernleistung „Reifen“ auszugehen. Michelin kreierte hiermit eine übergeordnete Kompetenz für das Thema Reise, als Ergänzung zur innovativen und hochwertigen Qualität der Kernleistung „Reifen“. Dadurch wurde auch ein weiterer Bereich für Leistungsinnovationen geschaffen, welche auf die Marke und die Kernleistungen einzahlen. Mittlerweile gehören weitere indirekte Leistungen, wie die grünen Reiseführer für Landkarten und der Reiseplaner www.viamichelin.de zum Portfolio, welche die übergeordnete Kompetenz „Reise“ der Marke Michelin untermauern. Diese enge thematische Verknüpfung mit der Kernleistung sowie die Besetzung eines übergeordneten verwandten Kompetenzbereichs „Reise“/“Mobilität“ trug im Nachhinein maßgeblich zur heutigen Markenstärke von Michelin bei und führte nebenbei zur Etablierung der ersten bekannten indirekten Leistung, in einer Zeit, in der der Begriff Marketing noch nicht erfunden war.59 IM verfügt sowohl in der Praxis als auch in der Theorie über verschiedene Beschreibungen. 56 57 58 59 Vgl. Belz 2007, S. 116. Vgl. Belz 1998, S. 199. Vgl. Belz/Schögel/Tomczak 2007, S. 8 ff. Vgl. http://guide.michelin-online.de/zeitreise.jsp, Stand: 16.01.2013. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 12 12 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Produktbezogene, direkte Leistungen Unternehmen Unternehmen Arzt Arzt Unternehmen Grosshandel Netzwerk Produktunabhängige, indirekte Leistungen Apotheke I. „Indirekt“ im Sinne von Produktbezug II. „Indirekt“ im Sinne von Kommunikationsweg III. „Indirekt“ im Sinne von indirekter Distribution Vgl. Belz, 1998, Weinhold, 1988, Cherington, 2009 Vgl. van Lier, 2005, Easton/Latham, 1980 Vgl. Kotler/Armstrong, 2010 Abbildung 4: Vorhandene Definitionen für Indirect Marketing Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte & Marketingmanager 2011. Die häufigsten Nennungen lassen sich in drei Themenschwerpunkte einteilen. I. „Indirekt“ im Sinne von Produktbezug: Weinhold und Belz definieren „Indirect Marketing“ als produktunabhängige Leistung, welche ergänzend zur eigentlichen „Produkt“-Leistung existiert:60 Wichtiger Bestandteil ist die Trennung vom Verkauf des Kernproduktes. Indirekte Leistungen (IL) unterstützen den Kunden in seinen übergeordneten Bedürfnissen und verpflichten ihn dabei nicht unmittelbar zum Kauf. Kernprodukte pharmazeutischer Unternehmen sind z. B. „Medikamente“. Das übergeordnete Bedürfnis nach Gesundheit lässt sich jedoch mit zahlreichen anderen Leistungen fördern. Diese Trennung zum Verkauf führt zu einer gesteigerten Vertrauensbasis und damit einer anderen Qualität der Zusammenarbeit mit dem Kunden. Weinhold und Belz unterstellen IL übereinstimmend, dass gerade diese Unabhängigkeit der Kunden vom Kauf des Kernproduktes die Wirkung dieser Maßnahmen fördert.61 II. „Indirekt“ im Sinne von Kommunikationsweg: Sowohl in der Literatur als auch in der Praxis wird „Indirect Marketing“ auch als indirekte Kommunikation einer Botschaft über einen Netzwerkpartner des eigentlichen Kunden verstanden. Dieses Verständnis findet sich vor allem in wissenschaftlichen Themenbereichen wie WOM-Marketing sowie Netzwerkmanagement.62 Demnach handelt es sich um eine „indirekte Ansprache“ an den Empfänger über dessen Netzwerk mit netzwerkspezifischen Leistungen.63 60 Vgl. Belz 1998, S. 199. Vgl. ebd., S. 199, Weinhold 1988, S. 495. 62 Vgl. Nyilasy 2006, S. 167, Panos 2009 S. 6. 63 Vgl. van Lier 2007, S. 174. 61 1.2 13.12.13 16:36 Seite 13 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 13 III. „Indirekt“ im Sinne von indirekter Distribution: Der Begriff wird ebenfalls im Zusammenhang mit indirekter Distribution, also dem Vertrieb von Produkten über eine zwischengeschaltete Handelsstufe, verwendet.64 Wirtz/Burmann (2006) liefern eine vierte Variante, welche sich jedoch nicht durch die explorativen Gespräche wiederspiegelt. Sie definieren IM als Gegenstück des direkten Marketing. IM entspricht laut ihnen dem Massenmarketing, welches die Steigerung des Markenimages sowie die Bekanntheit der Produkte und Serviceleistungen zum Ziel hat.65 Direktes Marketing zielt hingegen auf die direkte Kundenkommunikation. Die Vielfalt der Definitionen und die geringe Anzahl an Literatur speziell zum Thema „Indirect Marketing“ verdeutlichen den Forschungsbedarf. 1.4 Theoretische und praktische Relevanz der Arbeit Im Anschluss an die beschriebene praktische Ausgangslage und dem Überblick über die relevanten Forschungsbereiche folgt die Diskussion der theoretischen und praktischen Relevanz der Arbeit, um im nächsten Schritt die Formulierung des Forschungsziels und der Forschungsfragen abzuleiten. 1.4.1 Theoretische Relevanz In den Marketingwissenschaften existieren Modelle, um die Verwendung kommunikationspolitischer Instrumente zu beschreiben.66 Das Pharmamarketing versucht anhand dieser Modelle, Konzepte möglicher Kommunikationsinstrumente zu erstellen.67 Anhand der steigenden Anzahl an Studien zum Thema Pharmamarketing wird die Aktualität des Forschungsbereiches sowohl in der Theorie als auch in der Praxis ersichtlich. Es sind jedoch viele Fragen in Bezug auf die Wirkung von Maßnahmen auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte ungeklärt. Die Studienlage im Hinblick auf das Verschreibungsverhalten ist im deutschsprachigen Raum sehr dünn. Der Großteil der Forschungsprojekte kommt aus dem angloamerikanischen Sprachraum, welche unter anderen Rahmenbedingungen erfolgen. Erkenntnisse aus diesen Studien sind somit im Kontext der Marktsituation in Deutschland zu untersuchen. Wie in Kapitel 1.3.1 aufgezeigt, liegt der Großteil der Forschung im Bereich des Pharmamarketing auf der Untersuchung des Verschreibungsverhaltens des Arztes.68 Die meisten Studien untersuchen Einflüsse von den beschriebenen direkten Maßnahmen. IL spielen in den bisherigen Studien eine eher untergeordnete Rolle. Bisher sind sie nicht konzeptionell erfasst und nur rudimentär auf deren Wahrnehmung und Wirkung sowie einen möglichen Übertragungseffekt auf das Verschreibungsverhalten des Arztes im Kontext der Regulierungen auf dem deutschen Markt untersucht worden.69 64 65 66 67 68 69 Vgl. Kotler/Armstrong/Wong/Saunders 2011, S. 1008f. Vgl. Wirtz/Burmann 2006, S. 13. Kotler/Bliemel 2007, S. 740. Trilling 2003, S. 91. Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Venkataraman/Stremersch 2007, Mizik/Jacobson 2004, Manchanda/Chintagunta 2004, Manchanda/Honka 2004; Dong/Manchanda/Chintagunta 2004. Vgl. van Lier 2007, Unger/Fuchs 2006. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 14 14 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Dieses Forschungsprojekt trägt daher dazu bei, IL in Abgrenzung zu direkten Marketingmaßnahmen zu beschreiben und einen Erklärungsbeitrag zu liefern, wie IM gestaltet sein muss, um möglichst effektive Ergebnisse zu erzielen. 1.4.2 Praktische Relevanz Aufgrund der aufgeführten Rahmenbedingungen und Reglementierungen ist das Pharmamarketing gezwungen, sich den neuen Begebenheiten anzupassen. Pharmaunternehmen müssen die sehr hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung durch effektives Marketing bei Ärzten einspielen. Durch Experimente im Marketing werden oft hohe Kosten verursacht und der Erfolg der Produkte riskiert.70 Zudem nimmt die Reaktanz der Ärzte gegenüber direkten Marketingmaßnahmen zu.71 Pharmazeutische Unternehmen haben somit ein gesteigertes Interesse an einem zielgerichteten und effektiven Einsatz der Marketinginstrumente.72 Vor diesem Hintergrund ist in den nächsten Jahren von einer Veränderung der Bedeutung der MarketingInstrumente auszugehen.73 So deutet vieles darauf hin, dass der Produkterfolg nicht mehr nur über den reinen Wirknutzen, sondern zunehmend über dienstleistungsorientierte Zusatznutzen generiert werden muss.74 Während die bisherige Kommunikation verstärkt medizinisch-pharmakologische Vorteile in den Vordergrund stellt, wird die zukünftige Kommunikation sehr viel komplexer, kunden- und patientenorientierter sein. Es ist eine Verschiebung weg vom klassischen Pharmamarketing hin zu neuen Formen der Kommunikation, wie am wissenschaftlichen Informationsmarketing erkennbar.75 Diese Veränderungen der Rahmenbedingungen sowie der veränderten Einflüsse der Marktteilnehmer unterstreicht den Bedarf nach neuen Marketingrezepten bzw. - modellen, um die Pharmaunternehmen auf am Weg vom reinen Arzneimittelhersteller zum Gesundheitsdienstleister weiterzuentwickeln.76 Die Etablierung einer indirekten Kompetenz der Pharmaunternehmen bei z. B. Ärzten, spielt daher eine immer größere Rolle.77 So unterstützen sie zunehmend Patienten beim Selbstmanagement ihrer Erkrankung mit Disease Management Programmen (DMP), z. B. Support Services für Multiple Sklerose-Patienten.78 Diese dienen der Unterstützung des Patienten bei der Anwendung von Arzneimitteln und tragen damit zur Optimierung der Wirksamkeit durch Einhaltung der Dosierungsangaben (Patient Compliance) bei. Sie erweitern ebenfalls ihre Leistungen für Ärzte, um diese in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. Hierzu gehören z. B. Fachfortbildungen des Personals, Unterstützung bei der Organisation sowie der wirtschaftlichen Führung der Praxis, Internetportale mit fachlichen Informationen oder Informationssystemen zur Reisemedizin. Insbesondere IL nehmen in diesem Zusammenhang zu. 70 Vgl. Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 295. Vgl. Gibson 2008, Expertenbefragung Mai 2009. 72 Vgl. Expertenbefragung Mai 2009. 73 Vgl. Fricker 2011, S. 12, Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 298, Leeflang/Wieringa/Wittink 2005. 74 Vgl. Harms 2011, S. 18, Mayer/Trommsdorf 2010, S. 203. 75 Vgl. Sussmann 2008, S. 248f. 76 Vgl. Illert/Emmerich 2008, S. 24, Harms 2011, S. 20. 77 Vgl. Belz 2012, S. 103. 78 Vgl. Fricker 2011, S. 10, Harms 2011, S. 20. 71 1.2 13.12.13 16:36 Seite 15 15 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Allerdings unterscheiden sich die IL in Bezug auf deren Erfolg. Zudem werden diese nur selten zielgerichtet und im Bewusstsein der zu erfüllenden Erfolgsfaktoren ausgeführt, aus Ermangelung wissenschaftlicher Untersuchungen und auch aufgrund fehlender Erfahrung zu diesem Thema. Der Bedarf nach innovativen Leistungen, welche den Rahmenbedingungen entsprechen und dazu beitragen, sich beim Arzt zu differenzieren, wird sowohl aus Publikationen zum Pharmamarketing als auch aus geführten Expertengesprächen deutlich.79 Je früher es den Unternehmen gelingt, neue Fähigkeiten zu entwickeln und Kompetenzen des Managements und der Mitarbeiter auf die neue Situation auszurichten, desto mehr Handlungsalternativen und Erfolgsaussichten stehen ihnen offen.80 Das vorliegende Forschungsprojekt soll dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen. 1.5 Forschungsziel und Forschungsfragen Anhand der beschriebenen Ausgangslage wird deutlich, dass ein Bedarf nach neuen Marketinginstrumenten im Raum steht, mit welchen den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Pharmamarketing begegnet werden kann. In der Praxis ist bereits ein Trend in Richtung einer stärkeren Dienstleistungsorientierung und insbesondere zu IL zu verzeichnen, welche bisher jedoch wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersucht worden sind. Aufgrund dieser wissenschaftlichen und praktischen Forschungslücke bietet es sich an, IL im regulierten pharmazeutischen Marktumfeld bei der immer noch wichtigsten Marketing-Zielgruppe mit folgendem Forschungsziel zu untersuchen: Ziel der Arbeit ist es, die verschiedenen Ausprägungen und Determinanten von Leistungen des Indirect Marketing im regulierten Umfeld des Pharmamarktes in Deutschland sowie deren Wahrnehmung und Wirkung bei Ärzten zu beschreiben und zu erklären. Darauf aufbauend gilt es, Handlungsanweisungen zur Gestaltung von Indirect Marketing Leistungen abzuleiten, die Ärzten einen größtmöglichen Nutzen bringen und gleichzeitig zur Zielerreichung des Pharmaunternehmens beitragen. Die Formulierung des Forschungszieles hebt die Bedeutung beider Perspektiven des IM in Bezug auf Wahrnehmung und Wirkung hervor. Um die Lücke zwischen der „inside-out“ und der „outside-in“ Perspektive zu schließen, erfolgt die Untersuchung sowohl aus Sicht des Kunden als auch aus Sicht des Unternehmens.81 Im Mittelpunkt steht daher einerseits die Unternehmens- und somit Sendersicht als auch die Empfängersicht der IL. Perspektive Unternehmen Untersuchung der Leistungsgestaltung von Indirect Marketing im regulierten Marktumfeld aus Sendersicht Perspektive Arzt Untersuchung der Wahrnehmung und Wirkung der Leistungen aus Empfängersicht Abbildung 5: Forschungsleitende Fragestellung aus zwei Perspektiven Quelle: Eigene Darstellung 79 80 81 Vgl. Harms 2011, S. 20, Illert/Emmerich 2007, S. 24, Expertenbefragung Mai 2009. Vgl. Belz 1989, S. 213. Vgl. Swain 2004, S. 48. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 16 16 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen Die Forschungsfragen sind aus beiden Perspektiven zu beleuchten, um IM möglichst umfassend zu erfassen und mögliche Unterschiede in der Bewertung von IL, die in der Vergangenheit zu Fehleinschätzungen geführt haben, aufzudecken. Die angesprochenen Bereiche des Forschungsziels werden durch die folgende forschungsleitende Fragestellung sowie die abgeleiteten fünf Forschungsfragen konkretisiert und zusammengefasst. Der Begriff der „Wirkung“ von IL bezieht sich sowohl auf die erneute Inanspruchnahme der IL als auch auf einen möglichen Übertragungseffekt auf die Kernleistung des Pharmaunternehmens. Im Falle pharmazeutischer Unternehmen handelt es sich hierbei um die Verschreibung der Arzneimittel. Forschungsleitende Fragestellung: „Wie gelingt es durch den optimalen Einsatz von Indirect Marketing bei der Verschreibungsentscheidung der Kundengruppe „Arzt“ positiv berücksichtigt zu werden?“ F1 Welche Ausprägungen von IM existieren in Wissenschaft und Praxis? F2 Welche theoretischen Ansätze liefern einen Erklärungsbeitrag für einen Übertragungseffekt der IL auf die Kernleistung? F3 Wie werden IL von Ärzten wahrgenommen und eingeschätzt? F4 Welche Faktoren müssen IL erfüllen, um beim Empfänger „Arzt“ eine positive Wirkung im regulierten Marktumfeld zu erzielen? F5 Welche IL sollte ein Pharmaunternehmen zur Ansprache der Ärzte nutzen, um positiv berücksichtigt zu werden? Tabelle 2: Forschungsfragen Quelle: Eigene Darstellung 1.6 Forschungsansatz, -methodik und Struktur der Arbeit 1.6.1 Forschungsansatz Ulrich (1981) unterscheidet in zwei Hauptrichtungen; der theoretischen bzw. Grundlagenwissenschaft und die angewandte Wissenschaft. Während die Grundlagenwissenschaften Theorien entwerfen, mit denen Zustände und Ereignisse beschrieben werden können, erfassen die angewandten Wissenschaften typische Praxisprobleme, welche sie im Praxiszusammenhang überprüfen.82 Angewandte Wissenschaft betrachtet die Praxis somit als Ort der Entstehung wissenschaftlich zu erforschender Probleme und entwickelt hierfür Modelle und Lösungen.83 Zielsetzung der Arbeit ist auf theoriegeleitetem Wege praxistaugliche Handlungsempfehlungen zu „Indirect Marketing“ abzuleiten. Diese Arbeit verfolgt mit einem 82 83 Vgl. Ulrich 1981, S. 3 ff. Vgl. Ulrich 1981, S. 3, Dyllick/Tomczak 2007, S. 67. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 17 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen 17 anwendungsorientierten Wissenschaftsverständnis einen realitätsorientierten Forschungsansatz mit dem auf explorativen Wege Erkenntnisse zu Leistungen des Indirect Marketing unter regulierten Rahmenbedingungen gewonnen werden. Realitätsorientierte Marketingforschung versucht praktisch relevante Probleme durch einen theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen.84 Um die Entwicklung von Theorien voranzubringen, sind laut Tomczak auf dem Wege qualitativer Marketingforschung neue Erkenntnisse zu gewinnen und diese in einen heuristischen Bezugsrahmen einzubringen.85 Anforderungen sind somit sowohl die theoretische Fundierung (rigour) als auch die praktische Relevanz (relevance) des Forschungsprojektes.86 Nach dem realitätsorientierten Forschungsansatz besitzen abgeleitete Handlungsempfehlungen keine Allgemeingültigkeit, sondern sind nur für bestimmte Situationen gültig.87 Durch die Analyse von einzelnen Fällen gilt es, in spezifischen Situationen bestimmte Muster zu erkennen und somit Lösungsansätze zu formulieren. Diese induktive Vorgehensweise ermöglicht es wiederum, allgemeine Erkenntnisse zu generieren, welche praxistaugliche Handlungsoptionen aufzeigen. Als theoretische Perspektive wird daher der situative Ansatz gewählt, um eine möglichst differenzierte, praxisnahe Betrachtungsweise betriebswirtschaftlicher Problem- und Fragestellungen zu gewährleisten.88 Staehle betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Analyse konkreter Problemsituationen, welche durch eine bestimmte Konstellation von Einflussgrößen definiert und unter Berücksichtigung der Ziele interpretiert werden.89 Der situative Ansatz trägt somit dazu bei, Handlungsalternativen zu entwickeln, welche unter den genau zu spezifizierenden Situationen erfolgreicher sind als andere.90 Die Untersuchung der Wahrnehmung und Wirkung von IM erfolgt daher gemäß der beschriebenen Ausgangslage in Kapitel 1 kontextbezogen im regulierten Marktumfeld für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf dem deutschen Pharmamarkt unter Einbeziehung der verordnenden Ärzte. 1.6.2 Forschungsmethodik Die vorgestellte forschungsleitende Fragestellung sowie der aktuelle Forschungsstand bedingen einen explorativen Forschungsansatz. Explorative qualitative Studien eignen sich dafür, neue Wissenschaftsgebiete zu untersuchen, um wertvolle Einblicke und ein besseres Verständnis zu generieren. Sie sind dabei besser geeignet als groß angelegte quantitative Befragungen.91 Der qualitative Forschungsansatz ermöglicht es, Interpretationen und Erklärungen aus Zusammenhängen in ihrem natürlichen Kontext abzuleiten und somit hypothesenbildend zu fungieren.92 Für das vorliegende Forschungsprojekt wurden daher qualitative Fallstudien gewählt. Ziel dieser induktiven Vorgehensweise 84 Vgl. Belz 1991b, S. 9, Tomczak 1992, S. 83, Tomczak 1991, S. 30 ff. Vgl. Tomczak 1991, S. 40f. Vgl. Tomczak 1992, S. 83. 87 Vgl. Belz 1989, S. 8. 88 Vgl. Staehle 1976, S. 36. 89 Vgl. ebd., S. 36, Staehle 1977, S. 112. 90 Vgl. Staehle 1976, S. 36. 91 Vgl. Gable 1994. 92 Vgl. Dyllick/Tomczak 2007, S. 75. 85 86 1.2 13.12.13 16:36 Seite 18 18 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen ist die Generierung von Hypothesen zur Wahrnehmung und Wirkung von IM bei Ärzten, welche in weiteren Forschungsprojekten quantitativ überprüft werden können.93 Der Forschungsprozess besteht aus drei Phasen, um die Forschungsfragen zu beantworten. Hierbei finden verschiedene Forschungsmethoden Anwendung. Vorgelagerte Expertengespräche dienen dabei zur Eingrenzung und zum besseren Verständnis des Forschungsfelds.94 Abbildung 6 stellt den Forschungsprozess grafisch dar. Explorative Phase: Herleitung der Hypothesen Praktische Ausgangslage/ Explorative Studie mit Experten (10 Pharmamanager/10 Ärzte) Forschungslücke/Forschungsfragen Forschungsziel/-fokus • • • Ableitung von Indirect Marketing Kategorien als Basis für Case Studies Ableitung von kausalen Thesen Ableitung des Basismodells zur Wahrnehmung und Wirkung von IM Qualitativ-empirische Phase: Weiterentwicklung der Hypothesen Multiple Fallstudien von IM in Pharmaunternehmen: • Expertengespräche mit beteiligten Managern in Unternehmen • Tiefeninterviews mit beteiligten Ärzten • Dokumentenanalyse Analyse + Interpretation der Ergebnisse • Qualitative Analysen • Diskussion der Ergebnisse mit Ärzte Fokusgruppe (Empfängersicht) • Diskussion der Ergebnisse mit Experten Fokusgruppe (Sendersicht) Abschlussphase: Formulierung finaler Hypothesen Literaturanalyse & regelmäßige Abstimmung mit Experten Theoretische Ausgangslage Literaturanalyse Zusammenfassung der Ergebnisse: • Ableitung und Formulierung finaler Hypothesen • Diskussion der Ergebnisse • Ableitung von Implikationen für Wissenschaft und Praxis Abbildung 6: Forschungsprozess und -methodik Quelle: Eigene Darstellung 1) Explorative Phase: In der ersten Phase wird die Ausgangslage des IM und der aktuelle Forschungsstand erfasst. In einem iterativen Prozess gilt es, Forschungsziel, Forschungsfragen sowie erste Thesen mit erfolgsrelevanten Eigenschaften zu entwickeln und Fallstudien herauszuarbeiten, die einen hohen Erkenntnisgewinn für das vorliegende Forschungsprojekt versprechen. Diese Phase beginnt mit einer intensiven Literaturanalyse sowie der Durchführung von Tiefeninterviews mit Branchenexperten 93 94 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 30ff. Vgl. Expertengespräche Mai 2009. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 19 19 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen und Ärzten zu IM und themenverwandten Gebieten. Sie trägt damit zur Beantwortung der Fragestellungen bei, welche Ausprägungen von IL existieren, wie sich diese gruppieren lassen und welche Eigenschaften für eine positive oder negative Wahrnehmung und damit deren Erfolg verantwortlich zu sein scheinen. Ein Ziel der explorativen Phase ist die Formulierung erster kausaler Thesen, welche im weiteren Verlauf zu finalen Hypothesen weiterentwickelt werden. Ein weiteres Ziel ist die Herleitung der Fallstudien und dem Basismodell für die Wahrnehmung und Wirkung anhand von Erkenntnissen aus Literatur und Expertengesprächen, welches als Analyseraster für die nächste Phase dient. Um die Thesen weiterzuentwickeln oder ausschließen zu können ist es wichtig, Fälle mit unterschiedlichen Ausprägungen auszuwählen. Eisenhardt (1989) betont, dass bei Fallstudien idealerweise entgegengesetzte Ausprägungen (Polar Types) Berücksichtigung finden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Untersuchung ein breites Spektrum möglicher Situationen berücksichtigt. Eine Übersicht der ausgewählten Fallstudien und deren Auswahlkriterien findet sich in Tabelle 3. Die detaillierte Herleitung ist in Kapitel 3.3.2 aufgeführt. Das Basismodell und damit das abgeleitete Analyseraster für die folgende Untersuchung der ausgewählten Fallstudien befindet sich in Kapitel 4. Im Analyseraster sind zu untersuchende Faktoren strukturiert aufgeführt, welche die Fallstudie in einen Kontext einordnen und anhand bestimmter Eigenschaften erläutern. Anhand dieses Rasters werden die Fallstudien im darauf folgenden Kapitel analysiert. Fallstudien/ Auswahlkriterien Leistungsart Firma 95 Unternehmensgröße96 Eigentumsverhältnis Außendienstaktivität Medizinischer Beratungsservice Indikationsbezug Pharmacon <140 MA 97 ca. 50 Mio.€ Familienunternehmen Nein Aufklärungskampagne Impfung Indikationsbezug Vaximed 300 MA 175 Mio.€ Aktiengesellschaft Ja Internetinformationsplattform Indikationsbezug Respipharma 400 MA 184 Mio.€ Private Equity Ja Reisemedizinischer Service Praxisbezug Vaximed 300 MA 175 Mio.€ Aktiengesellschaft Ja Notfalltraining Praxisbezug Respipharma 400 MA 184 Mio.€ Private Equity Ja kinderwelten Award Imagebezug Vaximed 300 MA 175 Mio.€ Aktiengesellschaft Ja Tabelle 3: Auswahlkriterien der Indirect Marketing Fallstudien Quelle: Eigene Darstellung 2) Qualitativ-empirische Phase: Aufbauend auf den Erkenntnissen der explorativen Phase werden in der qualitativ-empirischen Phase die ausgewählten Fallstudien mit Hilfe eines qualitativen Methodenmix erfasst, beschrieben und analysiert. Ziel ist das Verständnis für die Wahrnehmung und Wirkung von IM unter bestimmten Kontextfaktoren zu verbessern und somit die kausalen A Priori-Thesen weiterzuentwickeln. Die ausgewählten Fallstudien werden zunächst einzeln anhand des Analyserasters untersucht 95 96 97 Die Unternehmensbezeichnungen sind anonymisiert und stehen in keinem Bezug zu möglichen existieren den Unternehmen. Angaben zu Marketing & Vertriebsgesellschaften; Umsatz bezogen auf Sell-Out 2010. Angabe umfasst alle Mitarbeiter des Unternehmens inklusive Produktion. Ohne Produktion ca. 50 Mitarbeiter. 1.2 13.12.13 16:36 Seite 20 20 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen (Within-Case-Analyse) und anschließend auf Gemeinsamkeiten oder mögliche Unterschiede verglichen (Cross-Case-Analyse). Im Anschluss an die Analyse der Fallstudien finden Fokusgruppen mit Ärzten und beteiligten Branchenexperten zur Überprüfung der Erkenntnisse statt. 3) Abschlussphase: Die Erkenntnisse aus der explorativen und der darauf folgenden qualitativ-empirischen Phase münden in die Formulierung von Hypothesen zur Wahrnehmung und Wirkung von IM, welche die Grundlage für zukünftige Forschungsprojekte darstellen. In dieser dritten Phase des Forschungsprojektes werden die Ergebnisse zusammengefasst, diskutiert und Implikationen für Wissenschaft und Praxis sowie weiterer Forschungsbedarf abgeleitet. 1.6.3 Aufbau und Struktur der Arbeit Die vorliegende Forschungsarbeit gliedert sich in insgesamt sieben Kapitel zur Beantwortung des Forschungsziels. Diese werden im Folgenden kurz erläutert. In Kapitel 1 wird die Ausgangslage im Marketing generell und im regulierten Pharmamarketing erläutert sowie für das Forschungsprojekt relevante Forschungsbereiche diskutiert, um die praktische und theoretische Relevanz der Arbeit herzuleiten. Weiterhin werden Trends im Pharmamarketing aufgeführt, die darauf hinweisen, dass sich in der Praxis bereits neue Marketingansätze entwickeln, die bisher jedoch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht wurden. Aus dieser Forschungslücke leiten sich Forschungsziel und Forschungsfragen ab und geben die Richtung für die Forschungsarbeit vor. Abschließend werden der gewählte qualitativ induktive Forschungsansatz, die Forschungsmethodik sowie die Struktur der Arbeit vorgestellt. Kapitel 2 stellt den theoretisch-konzeptionellen Rahmen der Arbeit vor. Zunächst geht es darum, die theoretisch-konzeptionellen Grundlagen zur Beantwortung der Forschungsfragen zusammenzustellen und IM thematisch einzuordnen. Hierzu werden Themenbereiche beleuchtet, die einen wissenschaftlichen Erklärungsbeitrag zum Verständnis sowie der Wahrnehmung und Wirkung von IM liefern können. Darauf aufbauend findet die Abgrenzung und Einordnung des Begriffes „Indirect Marketing“ statt. Der Schritt zur Abgrenzung von IM zu anderen Marketinginstrumenten dient dazu, ein einheitliches Verständnis herzustellen. Es gilt, dem Leser Klarheit darüber zu verschaffen, welche der geläufigen und verwendeten Interpretationen von IM als Basis für die Forschungsarbeit relevant sind, wie sie eingeordnet werden und welche Arten von IL bereits im Pharmamarkt Anwendung finden. Kapitel 3 befasst sich mit den empirisch-konzeptionellen Grundlagen. Das Untersuchungsobjekt sowie der für die explorative Phase und die Fallstudienforschung verwendete qualitative Methodenmix werden an dieser Stelle unter Bezugnahme auf die eingesetzten Erhebungs- und Analysemethoden begründet. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Herleitung des konzeptionellen Rahmens sowie des Analyserasters für die zu untersuchenden Fallstudien. Hierzu gehört die Darstellung und Einordnung der ausgewählten Fallstudien, die Erläuterung situativer Faktoren sowie vermuteter kausaler Zusammenhänge und damit genereller und spezifischer Erfolgsfaktoren. Diese Herleitung erfolgt anhand von Erkenntnissen aus Theorie und Empirie. Hier werden wiederum die Sender- als auch die Empfängerseite im Hinblick 1.2 13.12.13 16:36 Seite 21 21 1 Ausgangslage, Forschungsziel und Forschungsfragen auf Wahrnehmung und Wirkung von IM beleuchtet, um herauszufinden, welche Determinanten des IM über einen positiven Effekt verfügen. Als Ergebnis entsteht ein Raster, welches zur Erklärung und Bewertung der Fallstudien dient. Zudem leiten sich erste kausale Thesen ab, welche einen Erklärungsbeitrag zur Wirkweise von IM liefern. In den weiteren Kapiteln werden diese durch weitere Erkenntnisse weiterentwickelt. Kapitel 5 stellt die Ergebnisse der Fallstudien anhand des erarbeiteten Analyserasters dar. Es beschreibt und erklärt die verschiedenen Ausprägungen der untersuchten Fälle im Hinblick auf die postulierten Hypothesen. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Fallstudien sicherzustellen, verfügen diese über die gleiche Struktur. Nach der Darstellung des situativen Umfeldes, in dem die IL erbracht wurde, liegt der Fokus auf den konkreten Ausprägungen der Gestaltungsfaktoren und damit der Senderperspektive. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf den jeweils für den Fall erfolgsrelevanten Leistungsdimensionen. Im weiteren Verlauf wird die konkrete Wahrnehmung und die daraus resultierende Wirkung und damit Empfängerperspektive beleuchtet. Durch diese Gegenüberstellung können erfolgsrelevante Faktoren je Leistungsdimension identifiziert werden. Schlussfolgerungen je Fallstudie fassen die gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Kapitel 6 richtet den Fokus auf die Synthese der in Kapitel 5 generierten Erkenntnisse. Durch Gegenüberstellung der untersuchten Fälle können die in Kapitel 4 formulierten Thesen weiterentwickelt bzw. verworfen werden, um so ein exakteres Verständnis für die Wirkweise von IM zu erhalten und allgemeingültigere Aussagen treffen zu können. In der Schlussbetrachtung in Kapitel 7 werden die relevanten Ergebnisse zusammengefasst und Implikationen diskutiert, welche sich aufgrund der Forschungsarbeit für Wissenschaft und Praxis ergeben. Kapitel 1: Einleitung Kapitel 2: Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen Kapitel 3: Empirischkonzeptionelle Grundlagen Kapitel 4 Untersuchungsobjekt und Modellspezifikation Kapitel 5: Ergebnisse der Fallstudien Kapitel 6: Aggregation der Ergebnisse Kapitel 7: Schlussbetrachtung Abbildung 7: Struktur des Dissertationsprojektes Quelle: Eigene Darstellung 1.2 13.12.13 16:36 Seite 22 2.2 13.12.13 16:37 Seite 23 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 23 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Für die bevorstehende Untersuchung wird in diesem Kapitel ein gemeinsames Verständnis der theoretisch-konzeptionellen Grundlagen zu IL entwickelt. Nach der Definition, Abgrenzung und Einordnung des Begriffes „Indirect Marketing“ in Kapitel 2.1 werden verwandte Themengebiete konzeptionell erfasst, die einen Erklärungsbeitrag zum anvisierten Forschungsziel leisten. Kapitel 2.2 gibt einen Überblick und diskutiert die Auswahl der für das Forschungsprojekt „Indirect Marketing für Pharmaunternehmen“ verschiedenen relevanten wissenschaftstheoretischen Ansätze, die dazu beitragen den Erkenntnisgewinn zu steigern. 2.1 Begriffsdefinition und Einordnung des Indirect Marketing 2.1.1 Begriffsdefinition von Indirect Marketing Sowohl in der Literatur als auch in der Praxis existiert ein unterschiedliches Verständnis von IM.98 Aussagen von befragten Branchenexperten innerhalb der explorativen Phase sind vielfältig: „Alle Maßnahmen, die ich über zwei Zielgruppen oder dritte Parteien lanciere.“ „Im Prinzip alle Services, die über normale Produktkommunikation hinausgehen“ „Maßnahmen, die halt nicht direkt einem Produkt zuzuordnen sind.“ 99 An diesen Äußerungen, welche sich in Abgleich mit der Literatur auf die drei Definitionen unter Abbildung 4 (S. 12) zusammenfassen lassen, wird der Bedarf eines einheitlichen Verständnisses, insbesondere für die vorliegende Arbeit, deutlich. Ziel des Forschungsprojektes ist es, neue innovative IL zu beschreiben, zu erklären und Handlungsanweisungen für das Pharmamarketing zu gestalten. Definition Nr. III, die IM nach Kotler/Armstrong als indirekte Distribution versteht, ist demnach aus der Betrachtung auszuschließen. Diese beschäftigt sich mit Fragen der Distributionswege von Leistungen an Kunden und nicht mit der eigentlichen Leistungserbringung. Zielführender sind die Definitionen I und II, welche IM im Sinne von Produktbezug und Kommunikationsweg verstehen. Dieses Verständnis kommt auch den bereits im Markt befindlichen Leistungen näher. Weinhold und Belz verstehen unter IM indirekte Leistungen (IL). Diese umfassen Leistungen, welche außerhalb der Hauptleistungserstellung und -vermarktung erzeugt und vermarktet werden. Diese können sowohl Dienstleistungen als auch Produkte umfassen. Maßgeblich ist, dass sie unabhängig von der Vermarktung der Hauptleistung, mit dieser jedoch kommunikatorisch, verhaltens- und imagemäßig verbunden sind.100 98 Vgl. Kapitel 1.3.2. Vgl. Expertengespräche Pharmamanager Mai 2011. 100 Vgl. Weinhold 1988, S. 487ff. 99 2.2 13.12.13 16:37 Seite 24 24 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Gerade in einem zunehmend stagnierenden Marktumfeld, wie dem deutschen Pharmamarkt, ist es für Unternehmen wichtig, sich anzupassen, neue Fähigkeiten und Leistungen zu entwickeln, um mehr Handlungsalternativen und Erfolgsaussichten zu erlangen.101 Weinhold unterstreicht, dass gerade IM positive Entwicklungspotenziale bietet, um dieser Situation zu begegnen: IM dient zur Weiterführung des durch das klassische Instrumentarium bereits gesättigten Wirkungsbereiches durch die Ausschöpfung neuer Innovationsräume und dem Zugewinn erweiterter Ausstrahlungsmöglichkeiten zur sicheren Erschließung komplexer, heterogener und schwieriger Märkte, zu denen der Pharmamarkt zweifelsohne gehört.102 Er weist ausdrücklich darauf hin, dass IM auch Absatzpartner einbezieht.103 Für eine ganzheitliche Darstellung des IM bietet es sich daher an, beide Verständnisse wie unter Abbildung 8 zusammenzuführen. I. „Indirekt“ im Sinne von Produktbezug Unternehmen Arzt Produktunabhängige, indirekte Leistungen II. „Indirekt“ im Sinne von Kommunikationsweg Unternehmen Arzt Netzwerk I. + II. direkt Unternehmen indirekt Arzt Netzwerk Abbildung 8: Konzeptioneller Rahmen des Indirect Marketing Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Belz 1998, S. 199, Explorative Expertengespräche Ärzte & Pharmamanager 2011. Aus diesem Grund liegt diesem Forschungsprojekt die folgende Definition für IM zu Grunde: „Indirect Marketing umfasst alle Maßnahmen zur Förderung des Verkaufs der eigenen Marktleistung, welche über indirekte Leistungen erfolgen, d.h. über Leistungen, welche nicht der Hauptleistungserstellung und -verwertung entspringen, mit ihr jedoch in einem kommunikatorischen, verhältnismäßigen oder imagemäßigen Zusammenhang stehen. Diese Leistungen können sowohl durch das Pharmaunternehmen selbst, als auch über das Netzwerk des Kunden vermittelt werden.“ Abbildung 9: Definition Indirect Marketing Quelle: Ergänzt nach Weinhold in Belz 1998, S. 199. 101 102 103 Vgl. Belz 1989, S. 213. Vgl. Weinhold 1988, S. 495. Vgl. ebd., S. 487. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 25 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 25 Diese Definition eröffnet Unternehmen durch die Erweiterung ihres Leistungsportfolios, ihre umfassendere Kompetenz zur Lösung von Kundenproblemen zu belegen und sich somit auch zu differenzieren.104 Dieser Standpunkt findet sich auch in den Aussagen der Experten wieder: „Wenn man Grünenthal anschaut, die sich seit Jahrzehnten auf das Feld „Schmerz“ spezialisieren, ist es vielleicht schon möglich, über die Schmerzkompetenz, die die Firma aufgebaut hat, dann darüber was zu reißen. Wenn wieder ein Schmerzprodukt angeboten wird, dann wird man das der Firma Grünenthal eher abnehmen.“ 105 Die Definition konzentriert sich auf die Leistungserstellung und deren thematische Verbundenheit mit der Kernleistung und versteht IM als Teil eines Leistungssystems. Sie lässt jedoch Freiraum für die Gestaltung der Kommunikations- und Distributionswege. Die existierende Literatur zur gewählten Definition beschreibt, dass Unternehmen durch den Einsatz von IL das Ziel verfolgen, Sympathien, Vertrauen, Aufmerksamkeit und Imagegewinn zu generieren.106 Die so erworbene Kompetenz zur Lösung von mit der Hauptleistung themenverwandten Kundenproblemen führt somit unter Umständen zu einer Förderung des Verkaufs der Hauptleistung. Die IL selbst können nach Weinhold durchaus Produkte oder Dienstleistungen umfassen und gratis oder gegen Bezahlung abgegeben werden.107 Maßgeblich ist die Unabhängigkeit der IL von deren Verknüpfung mit dem Erwerb des Kernprodukts des Unternehmens und damit verbundenen geschäftlichen Transaktionen.108 Die Verknüpfung entsteht vielmehr durch eine thematische Verlinkung der IL mit dem Kernprodukt. Erst dadurch können die durch die Literatur vermuteten und unterstellten Wirkmechanismen ausgelöst werden, wie • Verstärkungswirkung aufgrund der zusätzlichen Kontakte, • Intensivierungswirkung aufgrund der Ansprache der gleichen Zielpublika aus anderen Blickpunkten heraus, • imagebildende Wirkung durch positive Assoziationen mit dem anbietenden Unternehmen, • Einstellungsveränderung durch Abbau von Widerständen innerhalb einer verkaufsunabhängigen Konsumsituation bis hin zu • Aktivierungswirkungen zur näheren Prüfung und zum Kauf eines bestimmten Produktes.109 Die Tatsache, dass einige IL sich mittlerweile zu eigenständigen Profit Centern oder gar selbstständigen Unternehmen entwickelt haben, untermauert die Existenz der Wirkungseffekte, welche jedoch in der Literatur nicht hinreichend untersucht sind. 104 Vgl. Belz 1998, S. 199. Vgl. Expertengespräch Pharmamanager Mai 2011. Vgl. Weinhold 1988, S. 487. 107 Vgl. ebd., S. 491. 108 Vgl. Belz 1989, S. 259. 109 Vgl. Weinhold 1988, S. 495ff. 105 106 2.2 13.12.13 16:37 Seite 26 26 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 2.1.2 Abgrenzung von Indirect Marketing zu direktem Marketing Wie aufgezeigt, ist das Verständnis von IM in Wissenschaft und Praxis sehr heterogen. Es kursieren zahlreiche Missverständnisse, welche IM mit bestimmten Marketinginstrumenten in Verbindung bringen. Dies kann zu Verwechslungen und damit zu einem falschen Einsatz mit unerwünschtem Ausgang führen. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, die Thematik „Indirect Marketing“ einzuordnen und gegenüber anderer im Marketing gebräuchlicher Begriffe abzugrenzen. Indirect Marketing ist gemäß der formulierten Definition Bestandteil eines Leistungssystems und trägt somit zur Differenzierung durch Erweiterung der Kompetenzen des Unternehmens bei. Die grafische Einordnung in das Leistungsschalenmodell nach Belz ist in Abbildung 10 (S. 32) dargestellt.110 Wie oben erläutert, besteht lediglich eine thematische Verbindung (kommunikatorisch, verhaltens- oder imagemäßig) zu der Hauptleistung. Der Gegenpol zu „Indirect Marketing“ ist damit nicht wie zu erwarten „Direct“ bzw. „Direktmarketing“. Direktmarketingmaßnahmen konzentrieren sich auf den direkten Kontakt und der Interaktion mit dem Kunden, um daraus direkte Verkäufe zu generieren.111 Als Gegensatz zu der deutschen Übersetzung „Indirektes Marketing“ wird daher der Begriff „Direktes Marketing“ verwendet.112 Direktes Marketing umfasst die Kommunikations- und Absatzförderungsinstrumente Werbung, Verkaufsförderung, Public Relation, Persönlicher Verkauf sowie Direktmarketinginstrumente.113 Im Gegensatz zu IM ist ein enger Hauptleistungsbezug zur Förderung der Hauptleistungsvermarktung vorhanden. Der Anteil direkter Produktwerbung überwiegt demnach. Die Zielsetzungen beider Bereiche unterscheiden sich entsprechend deutlich. Direktes Marketing hat die Förderung von Kaufimpulsen durch Informationen zur Vorteilhaftigkeit der Hauptleistung, des Kernproduktes bzw. der Marke zum Ziel.114 IM hingegen beabsichtigt durch IL den Aufbau einer umfassenden Kompetenz für Kundenprobleme voranzutreiben und somit indirekt durch vermutete Übertragungseffekte, den Verkauf der Hauptleistung zu fördern.115 Um dieses Ziel zu erreichen, können IL auch mit Hilfe des direkten Marketing kommuniziert werden. Im Kern handelt es sich bei IM um theoretisch eigenständig vermarktbare Leistungen. Bei direktem Marketing handelt es sich um Instrumente zur absatzfördernden Kommunikation. Einzelne Marketinginstrumente und Leistungen des IM liegen zum Teil sehr nah zusammen und verfügen über ähnliche Ausprägungen. Daher wird an dieser Stelle explizit auf deren Abgrenzung eingegangen. Kotler definiert die fünf Instrumente zur absatzfördernden Kommunikation wie folgt:116 110 Vgl. Belz 1991, S. 12. Vgl. Dallmer 2002, Wirtz/Burmann 2006, McDonald 1998. Vgl. Weinhold 1988, S. 485. 113 Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 652. 114 Vgl. ebd.. 115 Vgl. Belz 1989, S. 260, Weinhold 1988, S. 486. 116 Kotler/Bliemel 2007, S. 652. 111 112 2.2 13.12.13 16:37 Seite 27 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 27 • „Werbung“: Jede bezahlte Form der nichtpersönlichen Präsentation und Förderung von Ideen, Waren oder Dienstleistungen durch einen identifizierten Auftraggeber. Hierunter fallen Instrumente wie TV-, Print-, Online-, Kino- oder Outdoor-Werbung. • „Verkaufsförderung“: Kurzfristige Anreize zum Kauf bzw. Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung. Beispiele sind Preisausschreiben, Gewinnspiele, Gutscheine oder Rabattaktionen. • „Persönlicher Verkauf“: Verkaufsgespräch mit einem oder mehreren möglichen Käufern, um auf einen Verkaufsabschluss hinzuwirken. Dies umfasst Aktivitäten wie Bemusterung, Fachmessen oder die direkte Verkaufspräsentation. • „Direktmarketinginstrumente“: Postsendungen, Telefon und sonstige nichtpersönliche Kommunikations- und Kontaktmittel, durch die gezielt mit ausgesuchten Kunden und potenziellen Kaufinteressenten kommuniziert wird zur Auslösung einer Reaktion. Hierunter fallen Instrumente wie Telefonmarketing, Postwurfsendungen oder Kataloge. • „Public Relations“ (PR): Eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf indirektem Wege das Image des Unternehmens und seiner Produkte im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu fördern. Presseunterlagen, Sponsoring oder Lobbyismus zählen zu diesem Bereich. Aus den Definitionen geht eindeutig der direkte Bezug zum Verkauf bzw. der beabsichtigten Förderung der PR auf. Die Formulierung „ auf indirektem Wege“ führt zu der Annahme einer Verwandtschaft mit IM. Weinhold beschreibt PR als Pflege der Beziehung zum Öffentlichkeitskreis mittels öffentlicher Botschaften zur Erreichung eines möglichst hohen Grades an Vertrauen. Bei der Zielausrichtung besteht somit eine gewisse Nähe. Dennoch handelt es sich bei PR um ein Instrument der Kommunikationspolitik – bei IM um eine Leistung. Instrumente der PR können somit auch verwendet werden, um eine IL zu vermarkten. Um diesen Unterschied weiter herauszuarbeiten, wird dies an zwei Instrumenten der PR, dem „Lobbyismus“ und dem „Sponsoring“ dargestellt.117 Lobbyismus – Interessenvertretung im Sinne der Unternehmen Lobbyismus beabsichtigt, Kontakt zu staatlichen Institutionen zu halten, um politische Entscheidungen, wie gesetzgeberische Vorhaben oder Verwaltungsvorschriften zu unterstützen oder zu verhindern. Hierbei werden neben dem Marketing auch andere Unternehmensbereiche einbezogen.118 Weinhold (1988) hebt hervor, dass es sich auch beim Lobbyismus um die Akquisition staatlicher Aufträge handeln kann. Sponsoring – kommerzielle Public Relation Sponsoring dient dazu, dem Werbetreibenden ein zeitlich und sachlich verknüpftes Aussagemonopol zu bieten, bei dem er besondere Aufmerksamkeit und Sympathie gewinnen kann. Eine Sache, die unterstützungswürdig ist, soll gefördert werden. Diese 117 118 Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 653, Weinhold 1988, S. 488. Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 774. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 28 28 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Förderung soll aber noch mit einem kommerziellen oder marketingmäßigen Nebeneffekt verbunden sein.119 Sponsoring bietet den Unternehmen daher auch meistens die Möglichkeit, Produkte exklusiv anzubieten oder zu bewerben und so die gesponserte Veranstaltung kommerziell zu nutzen. Beide Instrumente verfügen über ähnliche Zielvorstellungen in Bezug auf Sympathie, Aufmerksamkeit und Imagegewinn. Aus den Definitionen gehen jedoch deutlich die Bedeutung des kommerziellen Nebeneffekts und – insbesondere beim Sponsoring – die Verknüpfung mit sachlich produktbezogenen Aussagen hervor. IM wird in der Regel aufmerksamer und unbefangener wahrgenommen, gerade weil es bewusst diese Verlinkung vermeidet. Die Wirkung langfristiger sogenannter „softsell“-Kampagnen ist den „hard-sell“-Kampagnen überlegen, da jede Maßnahme, die nicht frontal vom Empfänger aufgenommen wird, bezüglich der Überwindung von natürlichen Kauf- und Empfangswiderständen bessere Voraussetzungen in Bezug auf Image und Einstellungen aufweist.120 Besonderes Augenmerk liegt daher beim IM auf der Trennung zum Verkauf, um diese negativen Effekte zu vermeiden. Entsteht beim Empfänger der Verdacht einer verdeckten Verkaufsabsicht, kann dies durch den sogenannten „Kippeleffekt“ zu Reaktanz und weiteren negativen Effekten führen.121 Auf diese wird im Detail unter Kapitel 2.2.2 eingegangen. Diese Art des destruktiven Marketing, welches in Misstrauen der Kunden gegenüber dem Unternehmen resultieren kann, gilt es durch zielgerichtete Gestaltung und Vermeidung von Gelegenheitsmarketing - auch in Bezug auf IM - zu verhindern. 122 Tabelle 4 fasst die diskutierten Unterschiede von IM und direktem Marketing zusammen. Kern der Differenzierung ist der Bezug zur Hauptleistung und deren Vermarktung, der Anteil der hierfür verwendeten Werbeaussagen und die damit verbundene Zielsetzung. Fallstudien/ Auswahlkriterien Direktes Marketing Indirect Marketing Beschreibung Instrumente zur absatzfördernden Kommunikation Indirekte Leistungen zur Weiterführung des durch das klassische Instrumentarium bereits gesättigten Wirkungsbereiches Unmittelbares Ziel Förderung von unmittelbaren Kaufimpulsen · Aufbau einer umfassenden Kompetenz für Kundenprobleme · Mittelbare Generierung von Kaufimpulsen Produkt-/Hauptleistungsbezug Vorhanden Kein Hauptleistungsbezug vorhanden Unternehmensbezug Vorhanden Situations- und leistungsabhängig Absender Unternehmen Unternehmen oder Kooperationspartner bzw. neutraler Absender Direkter Empfänger Kunde Kunde oder Netzwerkteilnehmer des Kunden Direkte Vermarktungsabsicht der Hauptleistung Vorhanden Nicht vorhanden Tabelle 4: Direktes vs. Indirect Marketing Quelle: Eigene Darstellung. 119 Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 654, Weinhold 1988, S. 486. Vgl. Weinhold, 1988, S. 495, Unger/Fuchs 2005, S. 537. 121 Vgl. Wendtland/Hansen 2005, S. 138, Weinhold 1988, S. 496, Brehm 1966, Brehm 1972, Brehm/Brehm, 1981. 122 Vgl. Belz 1989, S. 135. 120 2.2 13.12.13 16:37 Seite 29 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 29 2.1.3 Kategorisierung der Leistungsarten des Indirect Marketing „The winners will be those who deliver solutions from the users’ point of view. That is a big part of marketing’s job“. Jack Welch123 Jack Welch betont in seiner Aussage, dass Unternehmen, die Lösungen aus der Sicht des Kunden entwickeln und liefern, am Markt erfolgreicher sein werden. Leistungssysteme gestalten das eigene Kundenlösungsangebot und bieten die Möglichkeit, dass Kunden es im Wettbewerb um deren Bedürfnisbefriedigung besser beurteilen als das der Konkurrenz.124 In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen von Kunden„Lösungen (=solutions)“, welche den Trend von reinen produktorientierten Angeboten hin zu kundenorientierten Lösungen betonen. Tabelle 5 gibt einen Überblick über die Sichtweisen von Kundenlösungen. Autor Definition Foote et al. (2001) In all sorts of industries, companies that traditionally have made and sold standalone products are changing their strategies. They are creating high-value solutions by integrating various products and services (S. 84) Galbraith (2002) A recent trend in business strategy is to offer solutions to customers instead of stand-alone products. The companies following a solution strategy bundle their products together and add software and services (S. 194) Johansson et al. (2003) A solution is a combination of products and services that creates value beyond the sum of its parts […]. It is the level of customization and integration that sets solutions above products or services or bundles of products and services (S. 118) Sawhney (2006) I define a solution as an integrated combination of products and services customized for a set of customers that allows customers to achieve better outcomes than the sum of the individual components. (S. 369) Sawhney et al. (2006) A solution is a customized, integrated combination of products, services and information that solves a customer´s problem (S. 78) Tabelle 5: Auflistung verschiedener Definitionen von Kundenlösungen Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tuli/Kohli/Bharadwaj 2007, S. 4. 123 124 Kumar 2004, S. 84. Vgl. Backhaus/Weiber 1989, S.2, Kuß/Tomczak/Reinecke 2009, S. 135f. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 30 30 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Für Pharmaunternehmen bieten innovative Leistungssysteme somit die Möglichkeit, sich zu differenzieren. Der Erfolg von Unternehmen anderer Branchen, wie IKEA, Hilti und Swatch, die sich aufgrund der speziellen Ausgestaltung der Leistungen innerhalb der jeweiligen Branche unterscheiden, unterstreicht diese Aussage.125 Die vorliegende Arbeit ordnet das Suchfeld „Indirect Marketing“ in den Bereich der Leistungssysteme ein.126 Definitionen von Leistungssystemen Leistungssysteme stellen Querbeziehungen zwischen Leistungen eines Unternehmens vom reinen Produktkern bis hin zum umfassenden Leistungspaket her. Teilleistungen werden zusammengefasst, so dass daraus integrierte Problemlösungen für Kunden entstehen. Ziel des Marketing ist es, durch eine Marktleistung in Form eines optimalen Leistungspakets einen komparativen Konkurrenzvorteil zu generieren. Ansätze für die Strukturierung von Leistungen eines Unternehmens in Form von Leistungssystemen finden sich mehrfach in der Literatur.127 Kotler/Bliemel entwickeln ausgehend von ihrem Produktbegriff fünf Konzeptionsebenen (Kernnutzen, Basisprodukt, erwartetes Produkt, augmentiertes Produkt, potenzielles Produkt). Jede übergeordnete Ebene stellt einen weiteren Zusatznutzen für den Kunden durch die weitere Ausgestaltung des Basisproduktes bereit. Sie gehen davon aus, dass die Attraktivität des Angebotes sich lediglich aus den Leistungselementen, der Qualität des Produktes, dem Leistungsmix (worunter der Produktmix verstanden wird) und der Vorteilhaftigkeit des Preises gemäß folgender Produktdefinition generiert: „Ein Produkt ist, was einem Markt angeboten werden kann, um es zu betrachten und zu beachten, zu erwerben, zu gebrauchen oder zu verbrauchen und somit einen Wunsch oder ein Bedürfnis zu erfüllen“.128. Dieser Ansatz verfolgt ein sehr produktorientiertes Verständnis aufgrund der Ausgestaltung des Basisproduktes mit weiteren Produkteigenschaften und lässt die Kombination von unterschiedlichen Leistungen außer Acht. Ein umfassenderes Leistungsverständnis findet sich in dem Konzept des erweiterten Produktbegriffs nach Haller.129 Dieses Modell konzentriert sich auf drei verschiedene Produktebenen, welche auch unterschiedliche Leistungsarten umfassen: „1. Kernprodukt“, „2. Kernmarktleistung“ und „3. Erweiterte Leistungen“. Hierbei werden insbesondere spezielle Serviceleistungen unter Ebene 3 betont, welche zur Bedürfnisbefriedigung durch einen weiteren Kundennutzen beitragen. Diese Sichtweise rückt bereits ab von der zuerst beschriebenen produktorientierten Perspektive hin zu einer kundenbeziehungsorientierten Perspektive.130 Das Leistungsschalenmodell nach Belz liefert schließlich einen detaillierteren Leistungssystemansatz zur Gestaltung des Portfolios in Form eines Baukastensystems.131 Ähnlich dem Modell nach Kotler/Bliemel erweitern die Stufen 1 bis 5 (siehe 125 Vgl. Tomczak 1991, S. 9. Vgl. Belz 1998, S. 180. Vgl. Tomczak 1991, S. 7, Belz 1998, S. 177. 128 Kotler/Bliemel 2007, S. 492ff. 129 Vgl. Haller 2000. 130 Vgl. Haller 2004, S. 723ff. 131 Vgl. Belz 1997, S. 23. 126 127 2.2 13.12.13 16:37 Seite 31 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 31 Abbildung 10) die Leistung, beziehen jedoch zu einem Großteil Dienstleistungen und weitere mehrwert-generierende Bereiche mit ein.132 Dieses Modell setzt ebenfalls am Kernprodukt, der eigentlichen Hauptleistung an. Es verknüpft jedoch Produkte, Dienstleistungen und immaterielle Werte zu einem integrierten Gesamtkonzept zur umfassenden Lösung der Kundenprobleme133. Dementsprechend lassen sich um ein Produkt verschiedene Schalen legen, um den Kundennutzen, damit den Kundenwert und den Unternehmenserfolg zu steigern. Durch Weiterentwicklung des Portfolios in die äußeren Leistungsschalen ist es Unternehmen möglich, den Zusatznutzen für den Kunden auszubauen und sich somit zu differenzieren. Zudem eröffnet ein solches Leistungssystem die Möglichkeit von Cross-Selling zwischen den Leistungsschalen. Einzelne Leistungskomponenten, die für den Kunden relevant sind, können so mit anderen Grundleistungen verknüpft werden, um deren Attraktivität, insbesondere in gesättigten Märkten wie dem Pharmamarkt, zu stärken.134 Die Erweiterung der Leistungskomponenten in die äußeren Stufen, also in Richtung Marktleistung, steigert den Innovationsgrad. Nach innen gerichtete Leistungssysteme erhöhen hingegen die Substituierbarkeit aufgrund der Vergleichbarkeit der Produkte.135 Exakt diesem Problem stehen zunehmend die Pharmaunternehmen auf dem deutschen Pharmamarkt aufgrund der immer noch stark produktorientierten Marketingausrichtung gegenüber.136 IL sind als Zusatzleistungen der Dienstleistungsstufe zuzuordnen.137 Gemäß der hergeleiteten Ausführungen bieten sie somit die Möglichkeit zur Differenzierung für das Pharmamarketing. Schlegel präsentiert ein spezialisiertes Leistungssystem für die pharmazeutische Industrie zur Arzt- und Patientenbetreuung.138 Ergänzend zum Kernprodukt „Medikament“ umfasst dieses Modell Leistungsstufen in Form von Informationen und Dienstleistungen zu den Bereichen „Indikation“, „Praxisleistung“ und „Lebenserfüllung“. Unter „Indikation“ fasst Schlegel indikationsspezifische Informationen für Ärzte zusammen. „Praxisleistungen“ bezeichnen tätigkeitsorientierte Serviceleistungen für die Arztpraxis. „Lebenserfüllung“ beschreibt Leistungen, welche Lifestyle, Lust und Freude des Arztes erhöhen sollen. Komponenten dieser Leistungsstufen sollen es dem Unternehmen ermöglichen, der Zielgruppe eine übergeordnete Kompetenz in relevanten Themenbereichen zu vermitteln. Aufgrund der dargestellten situativen Veränderungen in der Gesetzeslage seit 1991 sind diese Leistungsstufen nicht mehr vollständig anwendbar und daher zu überprüfen sowie anzupassen.139 Sie können jedoch als theoretischkonzeptionelle Basis zur Weiterentwicklung innerhalb des Forschungsprojektes herangezogen werden. Abbildung 10 stellt dar, wie IM und die beschriebenen Pharma-Leistungsstufen nach Schlegel in das Leistungsschalenmodell nach Belz integriert werden können. 132 Vgl. Belz 1991, S. 95, Belz/Bieger 2004, S. 44ff. Vgl. Belz/Tomczak 1991. Vgl. Belz 1998, S. 177. 135 Vgl. Haller 2004, S. 725. 136 Vgl. Expertengespräche März 2011, Fricker 2011, S. 10, Harms 2011, S. 18, Danner 2011, S. 35. 137 Vgl. Belz 1991, S. 61ff. 138 Vgl. Schlegel 1991, S. 135. 139 Vgl. §7 Abs. 1 HWG, Dieners 2010, S. 36ff. 133 134 2.2 13.12.13 16:37 Seite 32 32 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 6 Emotionales Profil und Kundenerlebnis 5 Integriertes Projektmanagement 4 Integration der Leistung 3 Dienstleistungen 2 Sortiment 1Produktgruppe 0 Produkt Produkt Produktgruppe Medikament Sortiment Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Lebenserfüllung Abbildung 10: Einbindung der Pharma-Leistungsstufen in Leistungssystem Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Belz 1991a, S. 102ff., Schlegel 1991, S. 135, Belz/Bieger 2004, S. 45. Die Leistungsstufe „Medikament“ umfasst die ersten drei Schalen vom Produkt bis zum Sortiment. Pharmaunternehmen können sich durchaus über ein breiteres Arzneimittelsortiment zu einem Experten innerhalb einer bestimmten Indikation etablieren. Die weiteren Leistungsstufen nach Schlegel lassen sich aufgrund deren Beschreibung der Dienstleistungsstufe und dem IM zuordnen, da sie produktunabhängig und mit der Absicht der Kompetenzerweiterung eingesetzt werden. Die Grundlage für die Entwicklung der einzelnen Leistungskomponenten eines Pharma-Leistungssystems ist der Kundennutzen bzw. Customer Value.140 Die weitere theoretische Fundierung hierzu erfolgt im nächsten Kapitel. 2.2 Wissenschaftliche Beiträge zu Indirect Marketing Gemäß des zu Grunde liegenden realitätsorientierten Forschungsparadigmas und der Besonderheiten des IM ist die Herleitung und Prüfung einer tragfähigen theoretischen Fundierung von hoher Bedeutung. Aufgrund des theoretischen Pluralismus werden in diesem Kapitel verschiedene Theorien herangezogen, die in einer komplementären Beziehung zueinander stehen und somit zu einer möglichst weitreichenden Klärung des Sachverhaltes beitragen.141 140 141 Vgl. Belz 1991, S. 27. Vgl. Feyerabend 1965, Fritz 1984, S. 3 ff., Schanz 1973, S. 137 ff. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 33 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 33 Gemäß der hergeleiteten Definition und Abgrenzung von IM handelt es sich dabei um Leistungen, die als Bestandteil der Dienstleistungsschale von Pharma-Leistungssystemen kundenorientierte Lösungen für Ärzte beinhalten. Die folgenden Kapitel konzentrieren sich daher auf Forschungsgebiete, welche wissenschaftstheoretische Erklärungsbeiträge zur Wahrnehmung und Wirkung von IL und damit deren Gestaltung liefern. Kapitel 2.2.1 konzentriert sich auf die Erkenntnisse der Customer Value Forschung. Kapitel 2.2.2 lenkt den Fokus auf theoretische Beiträge des Relationship Marketing als Grundkonzept des Dienstleistungsmarketing zur Erklärung und Gestaltung von IM. Kapitel 2.2.3 steuert aktuelle Erkenntnisse aus der Pharmamarketingforschung zum Verschreibungsverhalten bei. Da IM wie erwähnt auch die Kommunikation über das Netzwerk des Arztes beinhaltet, beschäftigt sich Kapitel 2.2.4 mit der Informationsweiterleitung in Netzwerken mit Fokus auf Erkenntnisse der WOM Forschung. Abschließend wird ein Zwischenfazit der Erkenntnisse in Kapitel 2.2.5 gezogen. 2.2.1 Customer Value: Kundenvorteil als Basis für den Kundenwert Die beschriebene Entwicklung vom produktzentrierten hin zum kundenorientierten Marketing steht im Einklang mit der wissenschaftstheoretischen Entwicklung. Diese erfolgt nach Slater (1997) ausgehend von der neoklassischen internen Sichtweise und Ausrichtung des Marketing über ressourcenorientierte Theorien, wie dem Transaktionskostenansatz und dem Resource-based View, hin zur Customer-Value-basierten Theorie. Nach dieser verfügen Unternehmen über einen Wettbewerbsvorteil, wenn sie über Ressourcen verfügen, die es ihnen ermöglichen, einen einzigartigen und schwer imitierbaren Customer Value zu liefern.142 Definition des Customer Value Die Definition des Customer Value hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich spezifiziert. Abbildung 11 stellt eine chronologische Übersicht dar. 142 Vgl. Slater 1997. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 34 34 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 2004 „Der Kundenvorteil besteht im wahrgenommenen Mehrnutzen des Kunden im Prozess der Zusammenarbeit.” (Belz/Bieger) 2000 „…die vom Kunden wahrgenommene Diskrepanz zwischen dem (mehrdimensionalen) wahrgenommenen Nutzen und den (mehrdimensionalen) wahrgenommenen Kosten im Vergleich mit der Konkurrenz.” (Matzler) 1997 „…the customer’s perceived preference for and evaluation of those product attributes, attribute performance, and consequences arising fromuse that facilitate achieving the customer’s goals and purposes in use situations.” (Woodruff) 1996 „…perceived service quality relative to 1996 price.” (Hallowell) 1991 „…the satisfaction of purchase requirements at the lowest total cost in use.” (De Rose) 1988 „…the consumer’s overall assessment of the utility of a product based on perceptions of what is received and what is given.” (Zeithaml) 1972 „…not (…) limited to goods, services, and money; (things of value) include other resources such as time, energy and feelings.” (Kotler) 1960 „…firms should not focus on selling products but rather on fulfilling customer needs.” (Levitt) Abbildung 11: Chronologische Entwicklung des Customer Value Begriffes Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Slater 1997, Woodruff 1997, Belz/Bieger 2004, Von Bartenwerffer 2006. Der Mehrwert einer Leistung für den Kunden wird in den Definitionen als Customer Value oder Kundenvorteil (KV) umschrieben. Er besteht nach Matzler und Belz/Bieger aus der Differenz zwischen dem wahrgenommenen Nutzen und den wahrgenommenen Kosten einer Leistung im Vergleich zu alternativen Leistungen der Konkurrenz.143 Die Nutzentheorie beschreibt in diesem Zusammenhang das Verhalten von Konsumenten in Bezug auf angebotene Leistungen. Je höher der Nutzen für den Kunden ist, desto mehr konsumiert er von der Leistung gemäß dem Prinzip der Nutzenmaximierung. Ein Kunde geht demnach umso eher eine Beziehung mit einem Unternehmen ein, je höher der Nutzen ist, den er daraus generiert bzw. je positiver sein subjektives Urteil über die von ihm als wichtig erachteten Eigenschaften der Leistung ausfällt.144 Der Nutzen stellt die Summe verschiedener Werte-Arten (Value) dar. Diese Werte-Summe liefert dem Kunden einen Vorteil. Bei gleich bleibenden wahrgenommenen Kosten steigt somit der KV. Steigende wahrgenommene Kosten reduzieren bei gleich bleibendem Nutzen wiederum den KV und stellen somit einen Nachteil für den Kunden dar. Existiert ein solcher KV, der von der Kundengruppe anerkannt und durch Loyalität sowie eine erhöhte Zahlungsbereitschaft honoriert wird, resultiert dies in einem gesteigerten Kundenwert, der als Ertrag für das Unternehmen abgeschöpft werden kann. Nach Belz/Bieger (2004) umfasst der Kundenwert wiederum die Summe aller Beiträge eines Kunden zu den Unternehmenszielen. 143 144 Vgl. Matzler 2000, Bieger/Reinhold 2011, S. 35. Vgl. Pepels 2012, S. 40, Bruhn 2011a, S. 35. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 35 35 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Bieger/Reinhold bestätigen, dass der Ertrag sowohl über die Haupt- als auch Nebenleistungen in Form von Produkten oder Dienstleistungen innerhalb eines Leistungssystems geschaffen werden kann.145 Bezogen auf ein Pharma-Leistungssystem setzt sich der Kundenwert also aus der zu verschreibenden Kernleistung „Arzneimittel“ und möglichen Nebenleistungen innerhalb der Dienstleistungsschale, wie IL, zusammen. Grafisch stellt sich dieser Zusammenhang wie in Abbildung 12 dar. Wahrgenommener Nutzen Zahlungsbereitschaft Kundenvorteil Wahrgenommene Kosten Anzahl Kunden Umsätze Kundenwert Kundenloyalität Abbildung 12: Zusammenhang zwischen Kundenvorteil und Kundenwert Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bieger/Reinhold 2011, S. 49. Theoretische Ansätze zu Ausprägungen der Werte-Arten (Value) Tabelle 6 gibt eine Übersicht zu unterschiedlichen Ansätzen für Werte-Arten aus der Literatur, welche in Summe einen Nutzen darstellen können. Klassischerweise handelt es sich um den funktionalen Wert, welcher durch das Unternehmen über das Kernprodukt, das Produktprogramm sowie weitere Serviceleistungen erbracht und kommuniziert wird.146 Der KV kann jedoch über verschiedene Ausprägungen und Quellen verfügen, welche über die produktorientierte Sichtweise hinausgehen. Anhand der unterschiedlichen Definitionen lässt sich der steigende Grad der Differenzierung möglicher Customer Value Quellen und damit der Trend von ein- hin zu mehrdimensionalen Value Ansätzen erkennen. 147 145 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 42ff., Bieger/Reinhold 2011, S. 46ff. Vgl. Belz 1997, S. 23. 147 Vgl. Boetsch 2008. 146 2.2 13.12.13 16:37 Seite 36 36 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Park/Jawarski/ MacInnis (1986) Sheth/Newman/ Gross (1991) Three consumer needs reflect value: Five types of value: Four types of value: Eight types of value: • Functional value • Product value • Efficiency • Social value • Value in use • Functional need ➝ Functional value • Emotional • Symbolic need value ➝ Symbolic • Epistemic value value • Experiential • Conditional need value ➝ Experiential value Burns (1993) • Possession value • Overall value Holbrook (1999) • Excellence • Status • Esteem • Play • Aesthetics • Ethics • Spirituality Ulaga (2003) Woodall (2003) Smith/Colgate (2007) Five types of Eight categories value: of value: Value for the Customer (VC) Four types of value and five sources of value: • Product quality Types of value: • Delivery • Net VC (benefits/ sacrifices) • Time tomarket • Derived VC (use/ • Direct product experience cost outcomes) • Process costs • Market VC (perceived • Personal product interaction attributes) • Supplier • Sale VC know-how (value as • Service an reduction support in sacrifice or cost) • Rational VC (fairness in the benefitsacrifice relative comparisaon) • Functional/ instrumental value • Experiential/ hedonic value • Symbolic/ expressive value • Cost/sacrifice value Sources of value: • Information • Products • Interactions • Environment • Ownership Tabelle 6: Übersicht Value Ansätze Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Park/Jaworski/Macinnic 1988, Sheth/Newman/Gross 1991, Burns 1993, Holbrook 1999, Ulaga 2003, Woodall 2003, Smith/Colgate 2007. Smith/Colgate (2007) unterscheiden vier mögliche Werte- bzw. Value-Arten („Types of value“) und fünf Quellen („Sources of Value“). Die vier Value-Arten umfassen: • Funktionaler Wert („functional value“): Dieser bezieht sich auf den Grad der Ausprägung, zu dem ein Produkt oder eine Dienstleistung gewünschte Eigenschaften liefert oder eine nützliche, gewünschte Funktion erfüllt. • Wert durch Erlebniswelten („experiental/hedonic value“): Der Wert wird durch entsprechende Erfahrungen, Gefühle und Emotionen geschaffen, die das Produkt oder die Dienstleistung für den Kunden erschafft. • Symbolischer Wert („symbolic/expressive value“): Der Kunde ordnet dem Produkt/der Dienstleistung einen persönlichen, psychologischen Wert zu. • Wert durch Kostenminimierung („cost/sacrifice value“): Kunden versuchen die Kosten und Risiken, die mit dem Erwerb, Besitz und der Verwendung eines Produkts verbunden sind, zu reduzieren. Werte dieser Art tragen dazu bei, diese Kosten zu senken. Als mögliche Quellen für die Werte-Arten heben sie neben den „Produkt- bzw. Serviceeigenschaften“ auch durch Werbung und Brand Management bereitgestellte „Informationen“, „beziehungsorientierte Interaktionen“, das „Umfeld der Leistungserbringung“ sowie 2.2 13.12.13 16:37 Seite 37 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 37 „Prozesse der Eigentumsübertragung“ hervor.148 Kombiniert ergibt sich daraus ein umfassendes Raster zur Analyse des KV von Produkten und Dienstleistungen und deren Ausprägungen ebenfalls aus Leistungs- und Kundenperspektive (Customer Value Framework). Während Matzler sowie Belz/Bieger den KV als Differenz zwischen Nutzen und Kosten beschreiben, addieren Smith/Colgate detailliertere Werte-Arten zu einem Gesamtnutzen und damit KV auf. Die Unstimmigkeit des Modells von Smith/Colgate liegt darin, dass „cost/sacrifice value“ auf derselben Stufe der anderen Werte-Arten gesehen wird. Der Nutzen dieser Werte-Art resultiert jedoch aus der Reduktion der wahrgenommen Kosten.149 Hier entscheidet das Nicht-Vorhandensein kostensteigernder Leistungseigenschaften, wie des Preises oder Eigenschaften, die zu wahrgenommenen psychologischen oder persönlichen Risiken führen, über die Steigerung des KV. Die anderen Werte-Arten hingegen liefern durch das Vorhandensein einer Leistungseigenschaft einen Wert. Die Zusammenführung beider Ansätze ermöglicht eine erleichterte Darstellung der Ausprägungen der Leistungen und verdeutlicht den Beitrag einzelner Werte-Arten zum KV. Die drei Werte-Arten „funktional“, „symbolisch“ und „Erlebniswelten“ steigern durch ihre Existenz additiv den Nutzenpegel. Kostengenerierende Faktoren, wie ökonomische, psychologische Kosten, persönliches Investment oder generelle Risiken steigern den Kostenpegel. Gemäß Matzler ergibt die Differenz zwischen dem höchsten Nutzen- und höchsten Kostenpegelpunkt im Vergleich mit der Konkurrenz, den KV. Eine KV-Steigerung für den Kunden kann somit sowohl durch die Minimierung des Kostenpegels als auch die Vergrößerung des Nutzenpegels und damit Vergrößerung der Differenz erfolgen. Die Kosten selbst sind jedoch nicht als eigene Werte-Art zu sehen. Vielmehr geht es bei der Leistungskonfiguration und Beschreibung darum, für den Kunden kostengenerierende Faktoren zu identifizieren und wenn möglich zu reduzieren, um die gesamten wahrgenommenen Kosten zu senken. Der Wert für den Kunden besteht somit in der Kostenminimierung, z. B. eines Prozesses im Praxisalltag. Dieser Wert wiederum senkt die Summe der wahrgenommenen Kosten und steigert damit wieder den KV. Die Wertkategorien des Customer Value Frameworks tragen somit auf gegensätzliche Weise zur Steigerung des KV bei. Funktionale und symbolische Werte sowie Erlebniswelten steigern den „wahrgenommenen Nutzen“. Werte zur Kostenminimierung hingegen senken die „wahrgenommenen Kosten“ und erhöhen dadurch die Differenz. Durch die Einbeziehung verschiedener Werte-Arten und Quellen bietet sich dieser Rahmen für die vorliegende Arbeit zur Untersuchung der Value-Ausprägungen von IL an, um Erfolgsfaktoren herleiten zu können. Auf die konkrete Einbindung wird unter Kapitel 4 eingegangen. Gestaltung von bedürfnisorientierten Leistungskomponenten Werte auf Kundenseite werden durch Leistungen von Unternehmen generiert. Um deren Erfolgsfaktoren zu erklären, gilt es zu verstehen, wie Leistungsbestandteile gestaltet sein sollten, um in einer positiven Wahrnehmung zu resultieren. Entscheidend für die Leistungsgestaltung ist die Befriedigung von Kundenbedürfnissen mit hoher 148 149 Vgl. Smith/Colgate 2007, S. 15. Vgl. ebd., S. 13. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 38 38 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Relevanz, um diese zu erfüllen oder gar zu übererfüllen und somit den wahrgenommenen Nutzen zu erhöhen bzw. die wahrgenommen Kosten zu reduzieren.150 Der St. Galler Customer Value Ansatz nach Belz/Bieger liefert hierfür erfolgskritische Bausteine, um die Gestaltung und Vermarktung von Leistungen aus Unternehmenssicht zu analysieren. Er umfasst strategische Dimensionen zur Gestaltung der Erfolgsvariablen für Leistungs- und Kundensysteme:151 Gestaltungsfaktor Beschreibung Im Fokus dieses Faktors stehen die Betrachtung der Zielgruppe und deren Bedürfnisse auf welche die Anstrengungen konzentriert werden. Gemäß Smith/Colgate (2007) Kunden(orientierung) können Quellen eines solchen Mehrwerts anstatt dem Produkt auch Informationen, reine Interaktionen oder das Umfeld des Empfängers sein. Konfiguration Die Konfiguration beschäftigt sich mit der strategischen Festlegung der Leistungsselektion. Ziel ist ein integriertes Kundenangebot, um Synergiepotenziale zu nutzen. Es geht um einen optimalen „Fit“ zwischen Kundenbedürfnissen und dem Leistungssystem, um den wahrgenommenen Nutzen zu erhöhen. Hier liegt der Fokus auf der Wertschöpfung des Unternehmens und damit der Erzielung von zusätzlichen Erträgen durch das Leistungssystem. Gemäß den Prinzipien zur Gestaltung von Kunden- und Leistungssystemen sind Wege zu finden, wie die Leistungen Kommerzialisierung dem Kunden verrechnet werden können. Hierbei spielen Kostentransparenz, aber auch kundengerechte Rationalisierung und Selektion von Leistungen eine entscheidende Rolle, um kein Überangebot entstehen zu lassen. Kommunikation Dieser Baustein bündelt alle vorgelagerten Prozesse für erfolgreiche Leistungs- und Kundensysteme und leitet diese an den Kunden weiter.152 Die Kommunikation ist ebenfalls intern auszurichten. Intern ist ein Verständnis für Dienstleistungen innerhalb der Leistungssysteme zu etablieren, um mögliche Unsicherheiten abzubauen. Die Kommunikation stellt somit intern als auch extern einen kritischen Erfolgsfaktor dar. Kompetenz Leistungssysteme benötigen einen langfristigen Aufbau von Kompetenzen und Ressourcen in Bezug auf deren Entwicklung, Planung und Führung. Diese umfassen besonders strategische Personalplanung und Mitarbeiterentwicklung, Out- und Insourcing von Leistungen, Investitionen in Informatik sowie Logistik- und Produktionssysteme. Kooperation Im Zusammenhang mit der Leistungserstellung hat ein Unternehmen die Grenzen der eigenen Ressourcen und Fähigkeiten über das eigene Unternehmen hinauszuziehen und weitere Partner zu integrieren, um die Bedürfnisse der Kunden besser zu befriedigen, wenn eigene bestimmte Kompetenzen nicht zur Verfügung stehen.153 Insbesondere Kooperationen ermöglichen es dem Unternehmen Zusatzleistungen glaubwürdig zu vermitteln. Kontrolle Ein strategisches Kontrollkonzept (Controlling) unterstützt bei der Umsetzung des Leistungssystems und soll somit deren Effektivität und Effizienz sicherstellen. Tabelle 7: Strategische Dimensionen zur Gestaltung der Erfolgsvariablen für Leistungsund Kundensysteme Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Belz/Bieger 2004, S. 166, Niepel 2005, S. 116. 150 Vgl. Bieger/Reinhold 2011, S. 36, Kano 1984, S. 39ff. Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 165. 152 Vgl. ebd., S. 256. 153 Vgl. ebd., S. 339. 151 2.2 13.12.13 16:37 Seite 39 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 39 Fünf Prinzipien fassen die erfolgskritischen Erkenntnisse zur Gestaltung von Kundenund Leistungssystemen über alle Dimensionen zusammen:154 1 Integration der Leistungskomponenten: Leistungssysteme sind so zu gestalten, dass sich zwischen den einzelnen Stufen Synergien für den Kunden ergeben. 2 Verrechnung: Zusätzliche Leistungen im Rahmen des Leistungssystems sollten verrechnet bzw. einen Gegenwert des Kunden generieren. 3 Partizipation und Dialog: Die Entwicklung von integrierten Leistungssystemen bedingt die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern und Dialog mit Kunden. 4 Evolution: Leistungs- und Kundensysteme sind sich verändernden Kundenbedürfnissen und Wettbewerbsverhältnissen anzupassen. 5 Relevanz: Die angebotenen Leistungen sollten Werte für Kundenbedürfnisse mit hoher Relevanz schaffen. Die strategischen Dimensionen liefern ein fundiertes Analyseraster, anhand dessen die verschiedenen Gestaltungsfaktoren zur Erstellung einer Customer Value-orientierten IL aus Unternehmenssicht beleuchtet werden können. 2.2.2 Theoretische Einordnung in das Dienstleistungsmarketing Auch im Pharmamarketing muss der Unternehmenserfolg zunehmend über dienstleistungsorientierte Zusatznutzen generiert werden.155 Die Dienstleistungsorientierung und Ausrichtung der Leistungssysteme an den Kundenwünschen zur Stärkung der Kundenbeziehung gewinnt somit zunehmend an Bedeutung. IM ist gemäß der Herleitung in Kapitel 2.1.3 Bestandteil der Dienstleistungsschale des Leistungssystemansatzes und trägt in diesem Zusammenhang zur Steigerung des Kundenwerts bei Pharmaunternehmen bei. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Dimensionen und Begriffsdefinitionen des Dienstleistungsmarketing, ordnet IM ein und diskutiert theoretische Beiträge dieser Forschungsrichtung, welche einen Erklärungsbeitrag liefern können. Einordnung des Indirect Marketing in den Dienstleistungsbegriff Die Dienstleistungsmarketingforschung (DLM) verfolgt seit den 1960er Jahren insbesondere zwei Perspektiven.156 Während sich vor allem die amerikanische Literatur auf die Abgrenzung und Entwicklung eines „reinen“, institutionellen Dienstleistungsmarketing aufgrund der Besonderheit von Dienstleistungen konzentrierte, beschäftigte sich die Literatur im deutschsprachigen Raum auf produktbegleitende Leistungen in Form von technischen Kundendienstleistungen.157 Die Bedeutung dieser Value Added 154 Vgl. Bieger/Reinhold 2011, S. 36. Vgl. Harms 2011, S. 18, Mayer/Trommsdorf 2010, S. 203. Vgl. Scheer/Grieble/Klein 2003, S. 21ff. 157 Vgl. Lovelock/Wirtz 2007, Meffert 1987, S. 93, Belz 1991, S. 65. 155 156 2.2 13.12.13 16:37 Seite 40 40 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Services in Form des industriellen Dienstleistungsmarketing nimmt seitdem stetig zu.158 Als weiterer relevanter Forschungsstrang beschäftigt sich die Zufriedenheitsforschung mit Ansätzen zur Messung und Erfassung der Dienstleistungsqualität.159 Diese drei Forschungsrichtungen führten zu einem integrierten Dienstleistungsmarketingansatz, der sowohl institutionelle als auch industrielle Dienstleistungen umfasst. 160 Die Definition des Dienstleistungsbegriffes erweist sich dementsprechend als komplex. So haben sich mit den enumerativen, negativen, und konstitutiven Definitionen drei unterschiedliche Ansätze entwickelt. Während enumerative Definitionen den Dienstleistungsbegriff anhand von Beispielen erläutern, grenzen negative Definitionen diesen von Sachgütern ab. Konstitutive Ansätze liefern hingegen explizite Definitionen, die sich wiederum in vier Definitionsansätze unterteilen lassen, welche für die betriebswirtschaftliche Forschung geeignet und zu denen die gebräuchlichen Definitionen zuzuordnen sind.161 Schüller (1967) stellt die tätigkeitsorientierte Definition (1) vor, in der er jede Tätigkeit des Menschen, „[…] um seine physische und psychische Arbeitskraft mit oder ohne Verbindung zur materiellen Güterwelt in den Zweckbereich der menschlichen Bedürfnisbefriedigung zu bringen […]“ als Dienstleistung bezeichnet.162 Aufgrund des hohen Abstraktionsgrades dieser Abgrenzung bietet diese Definition jedoch wenig Potenzial, konkrete Ableitungen für das Dienstleistungsmarketing zu ziehen.163 Die prozessorientierte Definition (2) beschreibt Dienstleistung als ,,[…] im weitesten Sinne der Bedarfsdeckung Dritter dienende Prozesse mit materiellen und/oder immateriellen Wirkungen, deren Vollzug und deren Inanspruchnahme einen synchronen Kontakt zwischen Leistungsgeber und Leistungsnehmer bzw. deren Objekten von der Bedarfsdeckung her erfordert“.164 Im Rahmen der ergebnisorientierten Definition (3) beschreibt Maleri (1997), dass Dienstleistungen „[…] nicht als ein Prozess, sondern nur als Ergebnis des Prozesses angesehen werden, denn nur dieses ist am Markt vertretbar“.165 Dieses Ergebnis kann sowohl immaterieller als auch materieller Art sein.166 Die potenzialorientierte Definition (4) schließlich umschreibt Dienstleistungen als durch Menschen oder Maschinen geschaffene Potenziale eines Dienstleisters zur Erbringung spezifischer Dienstleistungen bei Kunden.167 Meffert/Bruhn fassen die 158 Niepel, 2005, spricht in diesem Zusammenhang von der Entwicklung vom „Pure Goods Value“ zum „Pure Service Value“. Die Marktleistung des Unternehmens lässt sich somit anhand der Value-Stufen vom reinen Produkt zum reinen Service Value weiterentwickeln.In diesem Zusammenhang beschreibt er die Trendentwicklung vom produktorientierten Transaktionsmarketing hin zum Relationship-Marketing und damit den Trend vom Produkt bzw. Service zur ganzheitlichen Problemlösung und von der Transaktion zur Kunden beziehung, welcher sich wie beschrieben auch im Pharmamarketing abzeichnet; Vgl. Niepel 2005, S. 31, Meffert/Bruhn 2009, S. 12. 159 Vgl. Bruhn 1982, 1998, Bruhn 2008a, Parasuraman/Zeithaml/Berry 1985, 1988, Büker 1991, Burmann 1991, Hentschel 1992, 2000, Bruhn/Stauss 2000, Georgi 2000, S.43, Meffert 1993. 160 Vgl. Hübner 1993. 161 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 16, Haller 2001, S. 5. 162 Vgl. Schüller 1967, S. 19. 163 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 16. 164 Vgl. Berekoven 1983 S. 23. 165 Vgl. Maleri 1997, S. 4. 166 Vgl. Schuh 2004, S. 9 f. 167 Vgl. Meyer/Mattmüller 1987, S. 187, Hentschel 1992, S. 19f. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 41 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 41 Definitionsansätze (2) bis (4) in einer kombinierten Definition zusammen und heben dabei die Bedeutung aller drei Faktoren für Dienstleistungen hervor:168 „Dienstleistungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen und deren Objekten nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung).“ Die nutzenstiftende Wirkung von Dienstleistungen kann gemäß diesem Dienstleistungsverständnis materieller oder immaterieller Natur sein. Dies trifft auch auf „Dienst“Leistungen des IM zu.169 Daher wird diese Definition als Grundlage für das vorliegende Forschungsprojekt herangezogen. Basierend auf diesen Erkenntnissen und Modellen aus der Literatur lassen sich insgesamt drei Dimensionen des Dienstleistungsmarketing zur Differenzierung aus Nachfragersicht unterscheiden. Diese umfassen die markt-, die unternehmens- und die leistungsgerichtete Dimension. Die marktgerichtete Ebene bezieht sich auf die anvisierte Zielgruppe und unterscheidet zwischen konsumtiven, die auf Konsumenten abgestimmt, und investiven Dienstleistungen, welche auf gewerbliche Unternehmen ausgerichtet sind. Die unternehmensgerichtete Ebene bezieht sich darauf, ob es sich bei der Hauptleistung des anbietenden Unternehmens um eine Dienstleistung oder ein Produkt handelt. Sie unterscheidet somit zwischen einem reinen Dienstleistungsunternehmen im Sinne einer institutionellen und einem produzierenden Unternehmen im Sinne einer industriellen Dienstleistung. Die leistungsgerichtete Ebene greift die erläuterten Ausprägungen der Materialität auf. Sie bezieht sich darauf, ob die Zusatzleistung über einen höheren materiellen oder immateriellen Anteil verfügen. Abbildung 13 fasst die erläuterten Dimensionen zusammen und ordnet die Leistungen des IM im Pharmamarkt ein. Dienstleistungen Konsumtive Dienstleistungen Nachfrager: Konsument Institutionelle Dienstleistungen Anbieter: Reines Dienstleistungsunternehmen Sekundärleistung: Sachleistungen Investive Dienstleistungen Nachfrager: Unternehmen Industrielle Dienstleistungen Anbieter: Produzierendes Unternehmen Sekundärleistung: Dienstleistungen Marktgerichtete Dimension Unternehmensgerichtete Dimension Leistungsgerichtete Dimension Abbildung 13: Differenzierende Dimensionen des Dienstleistungsmarketing aus Nachfragersicht Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn/Meffert 2009, S. 14, Niepel 2005, S. 19, Schuh/Friedli/Gebauer 2004, S. 18f. 168 169 Meffert/Bruhn 2009, S. 19. Vgl. Weinhold 1988, S. 487ff. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 42 42 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Arztpraxen als Empfänger der IL können als gewerbliche Unternehmen gesehen werden. Hauptleistung der anbietenden Pharmaunternehmen sind Arzneimittel. Da Initiator der IL immer das Unternehmen ist, auch wenn ein kooperierender Dienstleister diese erbringt, handelt es sich somit um industrielle, sekundäre Dienstleistungen mit einem stärkeren materiellen bzw. sachleistungslastigen oder immateriellen bzw. dienstleistungslastigen Anteil. Hierbei ist noch einmal zu betonen, dass es sich bei der Sachleistung nicht um die Hauptleistung sondern um die Eigenschaft der indirekten (Dienst-) Leistung handelt. Relationship Marketing als theoretische Grundlage des Indirect Marketing Das Relationship Marketing (RLM) steht als Ansatz der DLM Forschung im Einklang mit der im Pharmamarketing beschriebenen Tendenz vom produkt- hin zum kundenorientierten Marketing. Dieser Paradigmenwechsel führt zu einer Weiterentwicklung des traditionellen Transaktionsmarketing.170 Tabelle 8 stellt anhand ausgewählter Definitionen die chronologische Weiterentwicklung des Begriffes „Relationship Marketing“ dar. Berry, 1983 Grönroos, 1990 Möller, 1992 Morgan/Hunt, 1994 Sheth/Parvatiyar, 1995 Belz, 1998 Relationship Marketing is attracting, maintaining and enhancing customer relationships. The goal of relationship marketing is to establish, maintain and enhance relationships with customers and other parties at a profit so that the objectives of the parties involved are met. Marketing is about understanding, creating and managing exchange relationships between economic parties; manufacturers, service providers, various channel members and final consumers. Relationship marketing refers to all marketing activities directed toward establishing, developing and maintaining successful relational exchanges. Relationship marketing is a marketing orientation that seeks to develop close interactions with selected customers, suppliers and competitors for value creation through cooperative and collaborative efforts. Management von Geschäftsbeziehungen umfasst Analysen sowie operative und strategische Entscheide, um die persönlichen Transaktionen zu Kunden und Anspruchsgruppen erfolgswirksam für aktuelle und zukünftige Geschäfte zu nutzen. Bruhn, 2001 Relationship Marketing ist ein Prozess der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle von Maßnahmen, die der Initiierung, Stabilisierung, Intensivierung und Wiederaufnahme von Geschäftsbeziehungen zu den Anspruchsgruppen – insbesondere zu den Kunden – des Unternehmens mit dem Ziel des gegenseitigen Nutzens dienen. Gummesson, 2002 Relationship marketing is marketing based on interaction within networks of relationships. Tabelle 8: Ausgewählte Definitionen zum Relationship Marketing Quelle: Eigene Darstellung nach Bruhn, 2001 (ergänzt) Aus den Definitionen wird die Bedeutung der Kundenorientierung und der weiteren Anspruchsgruppen im Netzwerk des Kunden, z. B. des Arztes, deutlich. Bruhn (2001) liefert eine für das Forschungsprojekt stimmige Definition, in dem er den „gegenseitigen Nutzen“ als Ziel des RLM ausdrücklich hervorhebt.171 Diese gegenseitige nutzenorientierte Ausrichtung der Aktivitäten steht im Einklang mit der Philosophie erfolgreicher IL.172 Als 170 171 172 Vgl. Gummesson 2002, Zineldin/Philipson 2007, Meffert/Bruhn 2009. Vgl. Bruhn 2001 S. 9. Vgl. Belz 1991, Weinhold 1988. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 43 43 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Unternehmensleistung verfolgen diese zwar ebenfalls übergeordnete monetäre Ziele, erreichen diese jedoch nicht über verkaufsfördernde, opportunistische Aktivitäten mit der Absicht der Verkaufsförderung. Vielmehr wirken sie indirekt über die Qualität des gelieferten KV, indem sie den Kunden in seinen Bedürfnissen durch Zusatzleistungen unterstützen, ohne diese mit einem direkten Kauf zu verknüpfen. Abbildung 14 stellt die beiden Ansätze des produktorientierten Transaktionsmarketing und des kundenorientierten RLM gegenüber. Transaktionsmarketing Relationship Marketing Marketingobjekte Kundenakquisition Leistungsdarstellung Gewinn, Deckungsbeitrag, Umsatz, Kosten Kurzfristigkeit Produkt Produktlebenszyklus Produkt und Interaktion Dominierendes Marketingziel Kundenakquisition, Kundenbindung, Kundenrückgewinnung Marketingfokus Leistung und Dialog Ökonomische Erfolgs- und Steuergrößen Zusätzlich: Customer Value, Customer Lifetime Value, Kundendeckungsbeitrag Ausrichtung Denkschema Langfristigkeit Kundenlebenszyklus Abbildung 14: Transaktionsmarketing versus Relationship Marketing Quelle: in Anlehnung an Bruhn 2008b, S. 31. RLM zielt durch eine langfristige Ausrichtung der Maßnahmen am Kundenlebenszyklus auf Kundenbindung und Kundenrückgewinnung. Die zu vermarktenden Leistungen gehen dabei über das reine Produkt hinaus und beziehen den Kunden durch Interaktion stärker ein, um den KV zu steigern.173 Die erstrebten Erfolgsgrößen gehen daher entsprechend den Zielen des IM (siehe Kapitel 2.1.1) über rein monetäre Faktoren hinaus und beziehen sich zusätzlich auf den Kundendeckungsbeitrag, Customer Value sowie den Customer Lifetime Value. Theoretische Erklärungsansätze für einen potenziellen Übertragungseffekt des Indirect Marketing Aufgrund der Einordnung von IM in diese Forschungsrichtung, werden aus dieser im weiteren Verlauf theoretische Ansätze herangezogen und auf deren Erklärungsbeitrag zur Beantwortung der Forschungsfragen geprüft. Diese lassen sich zwei Richtungen zuordnen. Verhaltenswissenschaftliche Ansätze umfassen Theorien, die zur Erklärung der Wahrnehmung der IL aus Empfänger- bzw. Arztsicht und damit letztendlich zur Generierung des Kundenwerts beitragen. Da dieser wie unter Kapitel 2.1.3 beschrieben aus dem Arzneimittel als Kernprodukt und der IL bestehen kann, fallen zudem Erklärungsbeiträge zu einem möglichen Übertragungseffekt zwischen den Leistungsschalen darunter. Grundlage verhaltenswissenschaftlicher Ansätze sind Reiz-Reaktions-Schemata. Hierbei 173 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 51. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 44 44 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing kann in das S-R- und das S-O-R-Paradigma unterschieden werden. Während ersteres sich ausschließlich auf beobachtbare Größen zur Klärung des Konsumentenverhaltens konzentriert, bezieht letzteres auch nicht beobachtbare Verhaltensweisen im „Innern des menschlichen Organismus“ (O) mit ein.174 Dabei ist von Interesse, diese internen Abläufe zu verstehen, welche eine Reaktion als Antwort auf einen Stimulus zusätzlich beeinflussen können. Ökonomische Ansätze umfassen Theorien, welche Erkenntnisse zur erfolgreichen Gestaltung von IL aus Sender- bzw. Unternehmenssicht beisteuern. Tabelle 9 gibt einen Überblick über die für das Forschungsprojekt als relevant eingestuften Theorien mit potenziellen Erklärungsansätzen. Verhaltenswissenschaftliche Ansätze Psychologische Ansätze • Lerntheoretisches Verstärkerprinzip Bower/Hilgard 1984 • Attributionstheorie Kelley 1972, 1978 • Brand Salience Romaniuk/Sharp 2004 Sozialpsychologische Ansätze • Reaktanztheorie Brehm 1966 Ökonomische Ansätze Ansätze der neuen Institutionenökonomik • Informationsökonomik Spence 1976, Adler 1994, Göbel 2002, Stiglitz 2003 Brehm/Brehm 1981 • Soziale Austauschtheorie • TransaktionskostenHomans 1961, Bagozzi theorie 1975, Meffert/Bruhn Williamson 1975, 1985 1978 Organisationstheoretische Ansätze • Ressource-Based-View Barney 1991, Wernerfeldt 1984 • RessourceDependenz-Theorie Van de Ven 1976, Pfeffer 1982 • Theorie des wahrgenommenen Risikos Bauer 1960, 1967, Cox, 1967 Tabelle 9: Theoretische Ansätze mit Erklärungsbeitrag zu Indirect Marketing als Bestandteil der Dienstleistungsschale Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Meffert/Bruhn 2009, S. 84. Somit werden sowohl psychologische und sozialpsychologische, als auch Ansätze der neuen Institutionenökonomik und organisationstheoretische Ansätze beleuchtet. Psychologische Ansätze konzentrieren sich auf Abläufe innerhalb eines Individuums, welche das Verhalten einer Person beeinflussen und in Interaktionen münden. Beziehungen und Interaktionen zwischen Kommunikationspartnern ist Thema der sozialpsychologischen Theorien. Sie können damit zum Verständnis beitragen, wie IL in bestimmten Situationen im sozialen Kontext wahrgenommen werden und dadurch Verhalten beeinflussen.175 Die Ansätze der neuen Institutionenökonomik befassen sich mit der Wirkung von „Institutionen“ (z. B. Leistungen des Pharmamarketing) auf „Wirtschaftseinheiten“ (z. B. Arztpraxen). Organisationstheoretische Ansätze hingegen legen den Schwerpunkt auf das Unternehmen als Absender und dessen benötigten Kompetenzen für erfolgreiche Beziehungen zu den relevanten Marktpartnern. 174 175 Vgl. Bruhn 2011b, S. 25ff. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 12ff, Meffert/Bruhn 2009, S. 55. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 45 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 45 Die Theorie der kognitiven Dissonanz und Balancetheorie stellen weitere verhaltenswissenschaftliche sowie die Principal-Agent- und Property-Rights-Theorie weitere ökonomische Erklärungsansätze dar. Ihr Beitrag fällt jedoch wesentlich geringer aus, als der der aufgeführten Theorien. Deshalb wird an dieser Stelle auf die Fachliteratur verwiesen.176 2.2.2.1 Psychologische Ansätze Lerntheoretisches Verstärkerprinzip In der Lernforschung existiert ein breites Spektrum theoretischer Ansätze, um die Komplexität und Vielschichtigkeit des Themas zu untersuchen. Diese reichen von elementaren bis zu komplexen empirischen Lerntheorien.177 Zur Klärung der Abläufe des IM sei in diesem Kontext auf das sogenannte „Verstärkerprinzip“ oder instrumentelle Konditionierung verwiesen.178 Das „Verstärkerprinzip“ beschreibt die Reaktion von Individuen auf einen bestimmten Stimulus durch nachfolgende Belohnung oder Bestrafung. Belohnte Reaktionen werden tendenziell verstärkt (positiver Verstärker), während bestrafte Reaktionen (negativer Verstärker) gemieden werden.179 Im Umfeld des Forschungsprojektes bedeutet dies, dass ein Kunde, z. B. ein Arzt, der im Rahmen der Geschäftsbeziehung positive Erfahrungen mit einem Produkt, einer Marke oder einem Unternehmen gemacht hat und mit der Beziehung zufrieden ist, mit großer Wahrscheinlichkeit seine „Kaufhandlung“ wiederholt.180 Im optimalen Fall kann diese Wiederholung in ein habituelles Kaufverhalten übergehen und somit zu Kundenbindung führen.181 Im Zusammenhang mit IL ist von Interesse zu erfahren, ob sich dieser Effekt auch einstellt, wenn ein Arzt immer wieder mit nutzbringenden Serviceleistungen eines bestimmten Unternehmens konfrontiert wird. Die Belohnung besteht in diesem Fall nicht aus Boni, Geschenken oder anderen Belohnungen, sondern dem erbrachten KV der IL.182 Das Verstärkungsprinzip wird von weiteren Theorien aufgegriffen, wie dem Brand Salience Ansatz oder der sozialen Austauschtheorie, welche im weiteren Verlauf behandelt werden. Attributionstheorie Die Attributionstheorie beschäftigt sich mit der Ursachenzuschreibung menschlichen Verhaltens.183 Die Reaktion einer Person ist abhängig von der Ursache, die sie dem Verhalten einer anderen Person zuschreibt. Die Ursachen werden gemäß der drei Kategorien Personen, Umweltstimuli und Handlungsumstände in Bezug auf Situation 176 177 178 179 180 181 182 183 Vgl. Bergen/Dutta/Walker 1992, Picot/Reichwald/Wigand 2003 (Principal-Agent), Furubotn/Pejovich 1972, Gobel 2002 (Property-Rights), Festinger 1957 (Kognitive Dissonanz), Heider 1958 (Balance). Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, Bower/Hilgard 1984. Vgl. Berridge 2001, Skinner 1973. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröpper-Klein 2009, S. 378ff., Homans 1972, S. 62. Vgl. Homburg/Bruhn 2008, Weinberg, 1981. Vgl. Kuß/Tomczak/Reinecke 2009, S. 39, 143, Engel/Blackwell/Miniard 2006. Vgl. Dittrich 2000, S. 25. Vgl. Weiner 1974. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 46 46 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing und Zeitpunkt zugeordnet. Die konkrete Zuordnung einer Ursache zu einem Verhalten hängt von der Übereinstimmung der Interpretation und Attribution mit anderen Personen (Konsensus), der Konsistenz der Beobachtung über einen längeren Zeitraum (Konsistenz), sowie der deutlichen Abgrenzung der wahrgenommenen Ursache von anderen Ursachen ab (Distinktheit).184 Es ist somit im Interesse der Unternehmen und dessen Marken, positive personenbezogene Attributionen zu generieren, wie z. B. die Wahrnehmung des Pharmareferenten als kompetenten, glaubwürdigen Ansprechpartner. Gelingt es diese Attribute konsistent aufzubauen, führt dies zu einer langfristigen Kundenbindung, während jedoch die Zuordnung z. B. einer IL zu situationsspezifischen, unregelmäßigen Attributen nicht zur Kundenbindung führt. 185 Diese Erkenntnisse können auch auf IL übertragen werden. Es gilt somit, den Absender der IL durch deren Erbringung mit positiven personenbezogenen Attributen auszustatten und die Leistungserbringung langfristig anzulegen, um die Wahrscheinlichkeit auf eine langfristige Kundenbindung zu erhöhen. Kritiker der Theorie betonen, dass den Beurteilungen meist keine kognitiven Einsichten zu Grunde liegen, sondern dass dem Verhalten erst später vernünftige Gründe zugeschrieben werden, wie Produktqualität oder Renommé. Sie gehen davon aus, dass die Erklärungen gemäß der Attributionstheorie oft überschätzt werden.186 Der Standpunkt, dass die bewusste Aufnahme an Informationen limitiert ist und stattdessen automatische Prozesse ablaufen, die eine unbewusste Verarbeitung ermöglichen, ist durch Studien belegt.187 Einer dieser automatischen Prozesse ist die Fähigkeit, die Frequenz der Konfrontation mit einem bestimmten Ereignis unabhängig vom Inhalt der übertragenen Information wahrzunehmen.188 Exkurs: „Brand Salience“ Ansatz In diesem Zusammenhang sei an dieser Stelle auf den Ansatz der „Brand Salience“ verwiesen, welcher ebenfalls auf der Verlinkung mit Attributen beruht und die erwähnten Kritikpunkte aufgreift.189 „Salience“ ist definiert als der Grad der Wahrscheinlichkeit, zu der ein Kunde zu einem bestimmten Zeitpunkt an eine konkrete Marke denkt.190 Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Marke aus dem Speicher in einer Wahlsituation abgerufen wird, hängt nicht ausschließlich von der „Top of mind“ Position ab, sondern von der Stärke und Breite der Verbindungen mit Hinweisen auf die Marke. Je öfter eine Marke im Zusammenhang mit einer breiten Anzahl an Attributen erwähnt wird, desto höher ist die „Brand Salience“. Der Ansatz geht davon aus, dass mit einer steigenden Anzahl an Attributen, die eine Person mit der aktuell verwendeten Marke verbindet, das Risiko eines Markenwechsels sinkt.191 Der Fokus liegt somit auf der Anzahl an Attributen, die mit einer Marke (z. B. einem Pharmaunternehmen) verbunden werden und der Regelmäßigkeit, mit der der Empfänger der Marke und ihren Attributen ausgesetzt ist. 184 Vgl. Kelley 1967. Vgl. Trommsdorff 2004, S. 291. Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 345ff. 187 Vgl. Miller 1956, Lynch/Srull 1982. 188 Vgl. Hasher/Zacks 1984. 189 Vgl. Sharp 2010, Romaniuk/Sharp 2003. 190 Vgl. Sutherland 1993. 191 Vgl. Romaniuk/Sharp 2003, S. 26ff. 185 186 2.2 13.12.13 16:37 Seite 47 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 47 Je besser diese Aspekte erfüllt werden, desto hervorgehobener ist die Marke im Gedächtnis des Kunden und desto stärker tritt diese im Entscheidungsmoment (z. B. dem Verschreibungsmoment eines Arzneimittels) in den Vordergrund.192 Theorie des wahrgenommenen Risikos Die Theorie geht davon aus, dass Individuen versuchen, ihr subjektiv wahrgenommenes Risiko möglichst gering zu halten.193 Das Risiko wird dabei bestimmt durch die empfundene Bedeutung und die erwartete Eintrittswahrscheinlichkeit negativer Konsequenzen für den Kunden.194 Risiken können in Bezug auf die zu erwartende IL funktioneller, finanzieller, sozialer oder psychischer Natur sein.195 Übersteigt das Risiko die vom Kunden akzeptierte Toleranzschwelle, wird er versuchen, das Risiko zu minimieren.196 Zwei der Reduktionsstrategien verfügen über eine Relevanz für die vorliegende Arbeit. Eine Strategie beruht auf dem loyalen Verhalten gegenüber einer Marke oder einem Anbieter. Mit zunehmender positiver Erfahrung mit einer Marke (Produkt- oder Unternehmensmarke), steigt auch die Wahrscheinlichkeit eines Wiederkaufs durch den Kunden.197 Eine weitere Strategie der Risikominimierung stellen zusätzliche Informationsbeschaffungsmaßnahmen, wie Orientierung an Referenzpersonen, die Reputation des Anbieters, Empfehlung durch Freunde oder bisherige Beziehungserfahrungen mit dem Anbieter dar.198 Auf Erkenntnisse des Empfehlungsmarketing in Form von WOM wird im Kapitel 2.2.4 eingegangen. 2.2.2.2 Sozialpsychologische Ansätze Theorie der psychologischen Reaktanz In den vorangegangenen Ausführungen wurde bereits auf das Risiko einer negativen Reaktion auf eine IL in Form von Reaktanz, z. B. beim Verdacht einer verdeckten Verkaufsabsicht, hingewiesen. Insbesondere IM erfordert demnach ein überlegtes Vorgehen, um destruktives Marketing zu vermeiden.199 Psychologische Reaktanz entsteht als komplexe Abwehrreaktion in Form eines motivationalen Erregungszustandes mit dem Ziel, eine bedrohte oder abnehmende (Entscheidungs-)Freiheit wiederherzustellen.200 Herkner fasst die Inhalte der Theorie folgendermaßen zusammen: „Wenn bisher verfügbare (oder als verfügbar angenommene) Verhaltens- oder Ergebnisalternativen blockiert oder auch nur bedroht werden, entsteht Reaktanz. Reaktanz ist ein Erregungs- oder Motivationszustand, der darauf abzielt, die bedrohte, eingeengte oder blockierte Freiheit wieder herzustellen.“ 201 192 Vgl. Romaniuk/Sharp 2003, S. 27. Vgl. Bauer 1967. Vgl. Bruhn 1982, Bauer 1967, Cox 1967. 195 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 436. 196 Vgl. Cox 1967, S. 80. 197 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg/Gröppel-Klein 2009, S. 396. 198 Vgl. Hentschel 1991, S. 25, Weinberg 1977, S. 116f. 199 Vgl. Belz 1989, XXI. 200 Vgl. Brehm 1966, Brehm/Brehm 1981. 201 Herkner 1991, S. 97. 193 194 2.2 13.12.13 16:37 Seite 48 48 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Brehm unterteilt die möglichen Reaktionen in vier Hauptklassen: • Direkte Wiederherstellung der Freiheit durch entgegengesetztes Verhalten, • Indirekte Wiederherstellung der Freiheit: Der direkten Bedrohung wird zwar nachgegeben, jedoch steigt die Wahrscheinlichkeit des entgegengesetzten Verhaltens für zukünftige vergleichbare Situationen, • Instrumentelle Aggression bzw. unspezifische Aggressivität gegenüber der freiheitseinengenden Instanz, • Attraktivitätsveränderung durch Abwertung der verloren gegangenen Freiheit und Aufwertung der neuen Option. Die Stärke der Reaktanz ist dabei abhängig von der Anzahl der bedrohten Freiheiten, dem subjektiven Bedeutungsgrad und der Stärke der Freiheitsbedrohung. Dieser Effekt kann ebenfalls auftreten, wenn die Einengung der Freiheit bei anderen Personen beobachtet wird oder Personen über eine beabsichtigte Manipulation vorabinformiert werden, z. B. zum Kauf eines Produktes.202 Die Reaktanztheorie dient dementsprechend auch als Erklärungsmuster für Widerstand gegenüber Kundenbindungsmaßnahmen.203 Eine verstärkte Kommunikation und Motivationsaufforderung kann trotz nutzenorientierter Inhalte zu einer Vielzahl negativer Effekte führen, die in der Ablehnung der Kundenbindungsanstrengung resultieren.204 Bei der Gestaltung und Kommunikation der IL, die durch die Einbindung in Leistungssysteme zur Kundenbindung beitragen können, ist auf diese Faktoren zu achten. Die Herausforderung liegt darin, IM vom Verkauf der Kernleistung zu trennen, aber auch so damit zu verbinden, so dass keine Reaktanz hervorgerufen wird. Insbesondere in Zeiten eines wachsenden Ertrags- und Kostendrucks neigen Führungskräfte jedoch dazu, IM stärker mit dem Geschäft zu verbinden, zerstören somit den besonderen Zugang zum Kunden und provozieren Reaktionen gemäß der erläuterten Theorie.205 Es ist vielmehr ein nicht manipulatives Vorgehen gefragt, um die wahrgenommenen Freiheiten nicht einzuschränken. Im Rahmen der Empirie ist zu untersuchen, inwieweit die beschriebenen Abläufe für die Wahrnehmung und Wirkung von IL bei Ärzten Gültigkeit haben. Soziale Austauschtheorie Die soziale Austauschtheorie liefert einen Erklärungsbeitrag zur Entstehung und Beibehaltung von Kundenbeziehungen.206 Austauschbeziehungen basieren auf dem Austausch von Werten und streben das Ziel der Gleichheit und Gerechtigkeit zwischen den Austauschpartnern an.207 Ein gelieferter Wert wird demnach durch den Empfänger mittelfristig durch die Lieferung eines Gegenwertes kompensiert. Eine Übervorteilung eines Kunden, z. B. des Arztes, bringt hingegen die Beziehung aus dem Gleichgewicht 202 Vgl. Petty/Cacioppo 1979, Cialdini 1995. Vgl. Wendlandt/Hansen 2005. S. 140, Stauss/Seidel 2002, 26ff. Siehe hierzu für eine detaillierte Auflistung der negativen Effekte Wendlandt/Hansen 2005, S. 138. 205 Vgl. Belz 1998, S. 200. 206 Vgl. Blau 1964, Homans 1961. 207 Vgl. Bagozzi 1975, Homans 1961. 203 204 2.2 13.12.13 16:37 Seite 49 49 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing und führt zu negativen Konsequenzen für die Kundenbeziehung.201 Die Grundannahme besagt, dass soziale Beziehungen nur dann stabil sind, wenn beide Seiten diese als nutzenstiftend beurteilen.209 Den sozialen Austauschbeziehungen liegen gemäß Blau (1964) die Regeln ökonomischer Transaktionen zu Grunde. Abbildung 15 stellt diesen Zusammenhang übertragen auf die spezifische Situation des Forschungsprojektes dar. Der Kundenwert und damit die Stabilität einer Beziehung sind von einem positiven und ausgeglichenen Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen abhängig, gemäß dem Ziel der Gleichheit und Gerechtigkeit innerhalb der Beziehung.210 Perspektive Unternehmen Perspektive Arzt Kundenwert Kundenvorteil/ Nettonutzen Wahrgenommene Kosten, z. B. -Zeitlicher Aufwand -Psychische Kosten Wahrgenommene Kosten, z. B. -Risiko, fehlerhafte Informationen zu erhalten - Negative Wahrnehmung als „unwissend“ im sozialen Umfeld Wahrgenommener Nutzen, z. B. -Bestätigung bei Kaufentscheidung -Sozialer Status und Macht Wahrgenommener Nutzen, z. B. -Zeitersparnis bei Informationssuche -Soziale Anerkennung im sozialen Umfeld -Hilfestellung bei Kaufentscheidung Abbildung 15: Kosten- und Nutzenaspekte innerhalb der sozialen Austauschbeziehung Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bieger/Knyphausen-Aufseß/Krys 2011, Belz/Bieger 2004, S. 42, Gatignon/Robertson 1986, S. 535 . Die Theorie benennt den beschrieben KV als Nettonutzen bzw. „Outcome“ (=OC). Dieser ergibt sich ebenfalls aus der Differenz zwischen dem Nutzen und den Kosten der erbrachten IL. Ist dieses Verhältnis positiv, wird die Beziehung beibehalten.211 Allerdings erfolgt die Bewertung kontextbezogen anhand eines Vergleichsmaßstabs für die erbrachte Leistung, dem „comparison level“ (=CL).212 Dessen Ausprägung unterliegt Erfahrungen mit vergleichbaren Beziehungen und wird beeinflusst durch die subjektive Wahrnehmung sowie die Häufigkeit positiver bzw. negativer Erfahrungen mit der Leistungskategorie.213 Je häufiger positive Erfahrungen gemacht wurden, desto höher ist der CL und umgekehrt. Der CL ist somit die Basis für die Kundenzufriedenheit und damit Kundenloyalität, sowie den Kundenwert. Neben der Beurteilung der eigenen Erfahrungen mit der Leistung bezieht die soziale Austauschtheorie ebenfalls die Betrachtung des Marktumfeldes und damit möglicher Alternativen des Kunden in der Leistungskategorie ein.214 Der „comparison level for alternatives“ (= CLalt) beschreibt die Wertigkeit der verfügbaren Alternativen und damit 209 Vgl. von Wangenheim 2003, S. 80. Vgl. Bieger/Reinhold 2011, S. 49, Homans,1961, Meffert/Bruhn 2009, S. 75, Staehle 1999, S. 311f. Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 75. 212 Vgl. Thibaut/Kelley 1986. 213 Vgl. ebd., S. 21. 214 Vgl. Thibaut/Kelley 1986. 210 211 2.2 13.12.13 16:37 Seite 50 50 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing auch die Wahlmöglichkeit des Kunden. Er kann somit auch als Untergrenze des Nettonutzens interpretiert werden. Folgende Grafik veranschaulicht den Zusammenhang der drei Parameter. CL CLalt CLalt CLalt CL OC OC Kunde zufrieden Beziehung freiwillig OC Kunde zufrieden Beziehung unfreiwillig CL Kunde unzufrieden Beziehung unfreiwillig Abbildung 16: Zusammenhänge zur Bestimmung der Attraktivität von Beziehungen Quelle: in Anlehnung an Peter 1997, S. 98. Die Theorie geht von einem breiten Nutzenverständnis aus und stimmt daher mit den aktuellen Entwicklungen und Erkenntnissen aus der Customer Value Forschung überein.215 Nutzen kann somit nicht nur aus funktionalen Elementen generiert werden. Obwohl der Austauschtheorie ökonomische Transaktionen zu Grunde liegen, wird ebenfalls die Relevanz sozialer Nutzenelemente wie Vertrauen, Anerkennung und Zuneigung betont.216 Die soziale Austauschtheorie verfügt über eine zentrale Bedeutung zur Untersuchung und Erklärung von IL in Bezug auf deren Wahrnehmung und Wirkung. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob IL in der Lage sind, auch bei Ärzten den Nettonutzen respektive den KV mit Blick auf das angebotene Leistungssystem zu erhöhen und damit die Wechselbereitschaft zu reduzieren. Für das vorliegende Forschungsprojekt sind daher gemäß der Theorie Determinanten zu ermitteln, die den Nutzen einer IL erhöhen bzw. deren Kosten senken können, um das wahrgenommene Verhältnis zwischen OC, CL und CLalt zu optimieren. 2.2.2.3 Ökonomische Ansätze Die Informationsökonomik und die Transaktionskostentheorie sind Forschungsansätze der neuen Institutionenökonomik. Diese geht von Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern aus, welche zu beseitigen sind. Das Marketing wird in diesem Zusammenhang als „Institution“ wahrgenommen und hat dazu beizutragen, Unsicherheiten sowie Transaktionskosten zu senken.217 Die folgenden Forschungsansätze 215 216 217 Vgl. Kapitel 2.2.1, S. 34 Vgl. Klee 2000, Meffert/Bruhn 2009, S. 76. Vgl. Hirschmann 1974, S. 34ff., Kaas 1995, S. 5, Woratschek 2001, S. 265ff. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 51 51 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing liefern somit Erklärungsbeiträge zur Bedeutung des IM und dessen Ausgestaltung zur Festigung der Unternehmen-Arzt-Beziehung. Informationsökonomik Die Informationsökonomik beschäftigt sich mit der Überwindung von leistungs- und transaktionsbezogenen Informationsproblemen.218 Dienstleistungen, wie IL, zeichnen sich durch ein Informationsdefizit und damit einem gewissen Unsicherheitsgrad auf Seiten des Empfängers in Bezug auf die Qualitätseinschätzung aus.219 Diese ist insbesondere bei Erst- oder Einzelkäufen stark ausgeprägt. Die Qualitätseinschätzung einer Leistung durch den Kunden ist abhängig von der Ausprägung materieller bzw. immaterieller Anteile.220 Materielle und immaterielle Leistungen werden aus informationsökonomischer Sicht nach Such-, Vertrauens- und Erfahrungseigenschaften unterteilt. 221 • Sucheigenschaften zeichnen sich dadurch aus, dass der Kunde deren Qualität bereits im Vorfeld der Leistungserbringung einschätzen kann. • Erfahrungseigenschaften sind erst während oder nach Inanspruchnahme der Leistung beurteilbar. • Vertrauenseigenschaften hingegen sind für den Empfänger nicht oder nur sehr schwer zu beurteilen.222 Je nach Ausprägung können Leistungen innerhalb des informationsökonomischen Dreiecks zugeordnet werden, wie am Beispiel der Leistung „Medikamente“ dargestellt. Anteil an Vertrauenseigenschaften 100% Vertrauenskäufe Medikamente Anteil an Sucheigenschaften 100% Suchkäufe Anteil an Erfahrungseigenschaften 100% Erfahrungskäufe Abbildung 17: Dimensionen zur informationsökonomischen Einordnung von Leistungen Quelle: in Anlehnung an Meffert/Bruhn 2009, S. 57, Weiber/Adler 1995, S. 61. 218 Vgl. Adler 1994, S. 34, Kaas 1995, S. 4. Vgl. Grund 1998, S. 87. Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 551f. 221 Vgl. Adler 1994, S. 52, Kotler/Bliemel 2007, S. 551. 222 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 57, Kaas 1991, S. 17ff. 219 220 2.2 13.12.13 16:37 Seite 52 52 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Eine gestiegene Kundenloyalität und damit eine stabile Kundenbeziehung führen zu einer subjektiv wahrgenommenen Verschiebung der Bedeutung von Erfahrungs- und Vertrauens- zu Sucheigenschaften.223 Die langfristige Ausrichtung von Leistungen führt somit zu einem Abbau der wahrgenommenen Informationsprobleme durch den Abbau der Beurteilungsproblematik. Dieser Effekt der zeitlichen Ausrichtung für den Erfolg von IM, ist im weiteren Verlauf zu untersuchen. Die Maßnahmen zum Abbau der Unsicherheit und des Kaufrisikos unterteilen sich gemäß der Informationsökonomik auf Sender- und Empfängerseite in Aktivitäten zur Informationssuche (Screening) und zur Informationsaussendung (Signaling). Signaling dient dabei der besser informierten Seite, Informationen bereit zu stellen, während Screening Aktivitäten der schlechter informierten Seite, zur Informationsgenerierung umfasst.224 Eine Hybridform aus beiden stellt die „Selbstselektion“ dar. Der Empfänger ordnet sich hierbei in ein implizit oder explizit vom Sender vorgegebenes Selbstwahlschema ein, worüber der Sender zusätzliche Informationen über den Empfänger erhält.225 Entsprechend des Forschungskontextes handelt es sich somit auf Anbieterseite vornehmlich um Signaling-Aktivitäten und auf Seite der Ärzte als Nachfrager um Screening-Aktivitäten. Abbildung 18 gibt einen Überblick zu Screening und Signaling Aktivitäten aus Anbieter und Nachfragersicht. Anbieter Informationen für den Nachfrager • Leistungsqualität Information • Servicegarantien • Reputation/Image Signaling Aktivität Screening • • • • Klassische Werbung Direktmarketing PR/Sponsoring Indirect Marketing Informationen über den Nachfrager • Kundenzufriedenheit Information • Kundenerwartungen • Zahlungsfähigkeit Aktivität • Klassische Marktforschung • Persönliche Kommunikation • Beschwerdemanagement Nachfrager Informationen für den Anbieter • Zahlungsfähigkeit • Zuverlässigkeit • Kooperationsfähigkeit • Nachweis der Zahlungsfähigkeit • Persönliche Kommunikation • Preisgabe von Informationen zum Individualisierungsbedarf Informationen über den Anbieter • Leistungsfähigkeit • Preis-Leistungs-Niveau • Qualitätszertifikate • Word-of-Mouth Kommunikation • Qualitätsvergleiche • Testzeitschriften/-institute Abbildung 18: Screening und Signaling Aktivitäten aus Anbieter und Nachfragerperspektive Quelle: in Anlehnung an Mann 1998, S. 111, Meffert/Bruhn 2009, S. 60. 223 224 225 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 58. Vgl. Stiglitz 2003, S. 594ff, Spence 1976, S. 592ff. Vgl. Traxel 1999, S.15. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 53 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 53 Signaling Maßnahmen dienen aus (Pharma-)Unternehmenssicht dazu, glaubwürdige Informationen über die Fähigkeiten des Unternehmens zu verbreiten, die sich durch Qualität und Vertrauenswürdigkeit abheben.226 IM verfolgt ebenfalls das Ziel, die übergeordnete Kompetenz des Unternehmens zu vermitteln und ist daher als Signaling Instrument eingeordnet.227 Wiederholte Signaling-Effekte und damit wiederum eine langfristige Ausrichtung resultiert gemäß der Literatur in einem möglichen Reputationsaufbau des Senders.228 Meffert/Bruhn führen aus, dass positive Erfahrungen mit einem Leistungsanbieter dazu führen, dass Kunden ihr Wahrscheinlichkeitsurteil nach oben korrigieren und zukünftig ähnliche Ergebnisse erwarten. Dies wiederum führt zu einer gesteigerten Zahlungsbereitschaft.229 Die Informationsökonomik liefert somit Erklärungsbeiträge und Ansätze zur Überbrückung der Informationsasymmetrien zwischen Pharmaunternehmen und Arzt, welche Chancen für IL im Rahmen des Marketingmix vermuten lassen. Auf die WOM-Kommunikation als Screening-Aktivität für Ärzte als Nachfrager von IL zur Schließung von Informationslücken wird im Detail unter Kapitel 2.2.3 eingegangen. Transaktionskostentheorie Ein weiterer relevanter Ansatz der neuen Institutionenökonomik ist die Transaktionskostentheorie (TKT). Die TKT beschäftigt sich mit der Koordination ökonomischer Austauschbeziehungen unter Berücksichtigung monetärer und nicht-monetärer Kostenaspekte.230 Hierbei geht es insbesondere um die Übertragung von Verfügungsrechten bei einer Transaktion und die in diesem Zusammenhang anfallenden Transaktionskosten aufgrund von Informationsdefiziten und -asymmetrien.231 Diese umfassen Kosten zur Verwirklichung des Leistungsaustausches in Bezug auf Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle sowie Anpassung der Leistungserbringung.232 Darunter fallen auch schwer quantifizierbare „Kosten“ in Form von Zeit, Opportunitätskosten oder kognitiven Anstrengungen.233 Die Höhe der Kosten ist von verschiedenen Einflussgrößen abhängig. Im „Organizational Failure Framework“ werden die Bedingungskonstellationen beschrieben, welche einen Einfluss auf die Informationsverteilung und damit Transaktionskosten haben.234 Die Theorie setzt als Verhaltensannahmen eine begrenzte Rationalität aufgrund begrenzter Kapazitäten zur Informationsverarbeitung sowie ein opportunistisches Verhalten voraus, welches auf die Maximierung des eigenen Nutzens zum Nachteil anderer abzielt.235 Weitere Einflussgrößen resultieren aus den Umweltbedingungen, wie der Unsicherheit, der Häufigkeit, der strategischen Bedeutung sowie der Spezifität der Transaktion. 226 Vgl. Roth 2001, S. 51ff., Kaas 1995, S. 29. Vgl. Belz 1989, S. 260ff. 228 Vgl. Basdeo/Smith/Grimm/Rindova/Derfus 2006, Einen Überblick über mehrperiodische Signaling-Modelle geben Woratschek 2001, Shapiro 1983. 229 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 59. 230 Vgl. Coase 1937, Williamson 1975. 231 Vgl. Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 49. 232 Vgl. Picot/Dietl/Franck 2008, S. 57. 233 Vgl. Roth 2001, S. 54, Picot/Dietl/Franck 2008, S. 57. 234 Vgl. dazu „Organizational Failure Framework“ in Mann 1998, S. 126, Picot/Dietl/Franck 2008, S. 58. 235 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 61, Picot/Dietl/Franck 2008, S. 58. 227 2.2 13.12.13 16:37 Seite 54 54 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Je größer die Wertdifferenzierung zwischen der beanspruchten Leistung und möglicher Alternativen, desto höher die Spezifität der Transaktion. Diese ermöglicht durch individualisierte Leistungsbestandteile somit eine stärkere Differenzierung und damit größere Abhängigkeit des Empfängers vom Sender.236 Ein nachträglicher Anbieterwechsel ist folglich mit hohen Kosten in Form von Zeit und Geld verbunden.237 Zudem führt die Transaktionshäufigkeit in Übereinstimmung der Informationsökonomik durch gesteigertes Vertrauen zwischen den Marktpartnern zu einer Senkung der Kosten und damit einer stärkeren Bindung.238 Gemäß der TKT besteht demzufolge die Möglichkeit, dass IL im Rahmen eines abgestimmten Leistungssystems zur Steigerung der Spezifität beitragen und somit das Wechselverhalten beeinflussen. Einen weiteren reduzierenden Effekt auf die Transaktionskosten kann WOMKommunikation zwischen bestehenden und potenziellen Kunden haben, indem die Kaufentscheidung vereinfacht wird (siehe Kapitel 2.2.3).239 2.2.2.4 Organisationstheoretische Ansätze Bei den organisationstheoretischen Ansätzen steht das Unternehmen als Sender und Ersteller der zu übermittelnden IL im Fokus. Sie leisten ebenfalls einen Erklärungsbeitrag zu den für IM relevanten Erfolgsfaktoren und dienen somit als Grundlage für das weitere Forschungsprojekt. Resource-Based-View Der Resource-Based-View beschäftigt sich mit den unternehmenseigenen Ressourcen und deren Beitrag zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil.240 Als Voraussetzung zur Schaffung eines anhaltenden Wettbewerbsvorteils dürfen mehrwertgenerierende Ressourcen nicht begrenzt, nicht imitier- oder substituierbar und möglichst nicht handelbar sein. Barney (1991) beschreibt die Zusammenhänge dieser Eigenschaften und deren Wirkung in einem theoretischen Rahmen.241 Dieser Rahmen dient als Leitfaden, um zu verstehen, welche Ressourcen und Kompetenzen zur Generierung eines strategischen Wettbewerbsvorteils dienen mit den Fragen: • Liefert diese Ressource einen Mehrwert? • Ist die Ressource begrenzt? • Ist die Ressource nur unvollständig kopierbar? • Ist die Ressource substituierbar?242 236 Vgl. Picot/Dietl/Franck, 2008, S. 59, Klein/Crawford/Alcian 1978. Vgl. Schumann/Meyer/Strobele 2007. 238 Vgl. Grund 1998, S. 93f. 239 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S. 63. 240 Vgl. Barney 1986, Dierickx/Cool 1989, Barney 1990. 241 Vgl. Barney 1991, S. 112. 242 Vgl. ebd., S. 115. 237 2.2 13.12.13 16:37 Seite 55 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 55 Die Ressourcen und Kompetenzen sind somit strategisch, wenn es gelingt, die Leistungen übereinstimmend am Mehrwert des Kunden auszurichten.243 Eine langfristige Ausrichtung trägt dabei effektiv zu einer nachhaltigen Stärkung der Ressourcen bei.244 In diesem Zusammenhang steht auch der Kernkompetenzenansatz. Kernkompetenzen stehen für die Fähigkeiten eines Unternehmens, neue Leistungen, wie Produkte und Dienstleistungen, mit einem wesentlichen Kundennutzen zu entwickeln.245 Verfügen Unternehmen alleine über diese Kompetenzen und sind diese nicht leicht nachzuahmen, sichern sie sich ihren Wettbewerbsvorteil.246 Kompetenzen, die dazu führen durch IM einen strategischen Wettbewerbsvorteil zu generieren, sind daher von Interesse für das Forschungsprojekt. Resource-Dependence-Theorie Mit der Fragestellung, ob ein Unternehmen in der Lage ist, sich mit den benötigten Ressourcen selbst zu versorgen, beschäftigt sich die Resource-DependenceTheorie.247 Kern ist die begrenzte Ressourcenverfügbarkeit eines Unternehmens zur langfristigen Existenzsicherung.248 Fehlende Ressourcen bzw. Kompetenzen sind über andere Marktteilnehmer zu decken, wodurch ein Abhängigkeitsverhältnis entsteht.249 Die Theorie unterscheidet hierbei in verhaltensbezogene und erfolgsbezogene Abhängigkeit. Letztere wiederum unterteilt sich in kompetitive und symbiotische Abhängigkeit.250 Verhaltensbezogene Abhängigkeit beschreibt die Beeinflussung einer Organisation durch das Verhalten einer anderen. Positives Verhalten eines Mitarbeiters, z. B. Pharmareferenten, kann demnach die Unsicherheit des Kunden, z. B. des Arztes, gegenüber der zu erbringenden IL reduzieren.251 Bei der kompetitiven Abhängigkeit greifen mehrere Organisationen auf dieselbe Ressource zurück, während sich die symbiotische Abhängigkeit mit der Einbindung des Kunden bzw. Marktteilnehmers in den Leistungserstellungsprozess befasst.252 Wenn bestimmte Kompetenzen bzw. Ressourcen für erfolgreiches IM nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen, spielen Kooperationen eine wichtige Rolle, um diese Lücken passgenau zu füllen. Zur Deckung der benötigten Ressourcen entsteht somit eine gegenseitige Abhängigkeit der Marktpartner.253 243 Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S, 80. Vgl. Dierickx/Cool 1989, S. 1507. 245 Vgl. Prahalad/Hamel 1990, S. 90f. 246 Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 1176. 247 Vgl. hierzu auch Van den Ven 1976, Pfeffer 1972, Pfeffer/Salancik 1978. 248 Vgl. Pfeffer/Salancik 1978, S. 258. 249 Vgl. ebd., S. 68. 250 Vgl. ebd., S. 41. 251 Vgl. Pfeffer, 1982, S. 193, Woratschek 1998, S. 22. 252 Vgl. Pfeffer 1982, S. 198. 253 Vgl. Niepel 2005, S. 116. Meffert/Bruhn 2009, S. 79. 244 2.2 13.12.13 16:37 Seite 56 56 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 2.2.3 Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Verschreibungsverhalten Zur Beantwortung der forschungsleitenden Frage ist es nicht nur wichtig, die Wahrnehmung und Wirkung von IL an sich zu verstehen, sondern auch ein Verständnis für die Einflussgrößen auf das Verschreibungsverhalten und damit die Kernleistung zu generieren. Die Kenntnis des Entscheidungsprozesses ist daher von Bedeutung, um zu analysieren, auf welcher Stufe die spezifischen Instrumente effizient eingesetzt werden können.254 Abbildung 19 stellt den Verschreibungsentscheidungsprozess dar und ordnet darin Aktivitätsbereiche des Pharmamarketing ein. Kassenärztliche Vereinigung Krankenkasse HCR Verschreibungsverhalten DtP DtC Verschreibung Keine Verschreibung Arzt Entscheidung Arzt Kundenloyalität Patienten Patienten Entscheidung Abbildung 19: Verschreibungsentscheidungsprozess und Ansätze des Pharmamarketing Quelle: In Anlehnung an Xie 2003, S. 17. Der Prozess unterscheidet dabei zwei Teilschritte – die Patienten- und die Arztentscheidung. Patienten entscheiden über den Arztbesuch, der Arzt wiederum über Therapie, Wirkstoff und Arzneimittel.255 An beiden Schnittstellen setzen Aktivitäten des Pharmamarketing in Form von DtC bzw. DtP Maßnahmen an.256 „Kassenärztliche Vereinigungen“ (KaV) sowie „Krankenkassen“ (KK) sind der Vollständigkeit halber als an Bedeutung zunehmende Einflussnehmer auf das Verschreibungsverhalten ebenfalls in das Modell integriert.257 Deren Betreuung durch das Unternehmen verläuft über HealthCareRelation Maßnahmen (HCR). Der Fokus des Forschungsprojektes liegt jedoch auf IL für die Zielgruppe „Arzt“. Tabelle 10 verdeutlicht die einzelnen Stufen des Entscheidungsprozesses bis hin zu einer Verschreibungsentscheidung. 254 Vgl. Guminski/Utsch 2008, S. 298. Vgl. ebd., S. 300. Vgl. Xie 2003, S. 17. 257 Vgl. §130 SGB V (Rabatte der pharmazeutischen Unternehmen bzw. Regelung der Rabattverträge). 255 256 2.2 13.12.13 16:37 Seite 57 57 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Verschreibungsentscheidungsprozess Arztentscheidung Patientenentscheidung Epidemiologie Problembewusstsein Konsultation des Arztes Diagnosestellung Therapieentscheidung Wahl des Wirkstoffs Wahl der Substanzklasse Produktwahl/-verordnung Rezepteinlösung Anwendungs-Compliance Wiederholungsverordnung Tabelle 10: Stufen des Verordnungsentscheidungsprozesses Quelle: In Anlehnung an Gumminski/Utsch 2008, S. 300. Die wissenschaftliche Forschung zu Einflussgrößen auf das Verschreibungsverhalten konzentriert sich vornehmlich auf drei Bereiche: a) die Wirksamkeit eingesetzter Marketinginstrumente, b) die Bedeutung und Eigenschaften von Informationsquellen und damit den Personen, die als mögliche Beeinflusser fungieren, sowie c) die Einflüsse von subjektiven Erfahrungen des Arztes, z. B. im Zusammenhang mit Erfahrungen und Kenntnissen zur Qualität des Arzneimittels. Wirksamkeit eingesetzter Marketinginstrumente Instrumente des Pharmamarketing setzen idealerweise an den oben genannten Entscheidungspunkten des Verschreibungsprozesses an. Durch die Verwendung ihres Marketing-Mix versuchen Unternehmen, unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, Einfluss auf das Verschreibungsverhalten zu nehmen.258 In den USA ist Patientenansprache durch DtC-Werbung unter bestimmten Auflagen gestattet. Interessant dabei ist, dass Werbung ohne Markenaussage in dortigen Studien einen höheren Effekt auf Arztbesuche als markenspezifische Werbung mit Produktaussagen erzielen konnte. 259 Markenspezifische Laienwerbung ist in Deutschland für verschreibungspflichtige Arzneimittel untersagt. Auch wenn das situative Umfeld sich in den USA somit vom deutschen Arzneimittelmarkt unterscheidet, verdeutlichen diese Erkenntnisse dennoch das Potenzial patientenorientierter IL auf Arztbesuche.260 258 Vgl. Trilling 2003, S. 89f., Xie 2003, S. 16. Vgl. Xie 2003. 260 Einen detaillierten Überblick zu Studien zu DtC geben Manchanda/Honka 2005. 259 2.2 13.12.13 16:37 Seite 58 58 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Abbildung 20 liefert eine Kategorisierung der gebräuchlichen arztorientierten Instrumente des Pharmamarketing anhand von drei Dimensionen.261 1 branded/unbranded 3 Medical Education/ Professional Promotion 2 persönlich/unpersönlich Abbildung 20: Kategorisierung der Instrumente des Pharmamarketing Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Sussmann 2008. „Branded Marketing“ steht für produktspezifische Marketingmaßnahmen, während sich „unbranded Marketing“ auf Informationen ohne Nennung des Produktes bezieht.262 Die zweite Dimension unterscheidet zwischen persönlicher (z. B. Kontakt durch Pharmareferenten) und unpersönlicher (z. B. über Fachanzeigen) Präsentation von Informationen.263 Die dritte Dimension unterteilt die gängigen Marketinginstrumente in „Medical Education“ und „Professional Promotion“.264 Gemäß dieser Einteilung gehört IM in den Bereich des „unbranded Marketing“.265 Dahinter verbirgt sich jedoch ein anderes Verständnis für das Marketinginstrumentarium als der dem Forschungsprojekt zu Grunde liegenden Definition. Bei IM handelt es sich nicht um Instrumente der Kommunikationspolitik zur Förderung der Kernleistung, sondern um eigenständige Leistungen, welche indirekt durch die Schaffung einer übergeordneten Kompetenz auf die Kernleistung wirken. Die Kategorisierung nach Sussmann dient vielmehr zur Einordnung von Instrumenten des „direkten Marketing“, zu dem auch weitgehend „unbranded“ Instrumente, wie „PR“ oder „Lobbyismus“ gehören. Die Studienlage bezüglich der Effektivität der Instrumente des Pharmamarketing ist teilweise widersprüchlich. Während einige Wissenschaftler einen starken und positiven Einfluss durch die Instrumente nachweisen konnten, fanden andere lediglich moderierende oder gar negative Effekte.266. Im Mittelpunkt stand lange Zeit der Außendienst, dessen Größe sich in den USA zwischen 1997 und 2002 um 90.000 Mitarbeiter 261 Vgl. Manchanda/Honka 2005, S. 785, Xie 2004, S. 7, Trilling 2003, S. 89f, van Lier 2007, S. 36. Vgl. Sussmann 2008, S. 244. Vgl. Friesewinkel/Schneider 1988, S. 255. 264 Vgl. Sussmann, 2008 S. 241f. 265 Vgl. ebd., S. 244f. 266 Vgl. Venkataraman/Stremersch 2007, S. 1688. 262 263 2.2 13.12.13 16:37 Seite 59 59 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing mehr als verdoppelte267, während die Zahl der Arztpraxen lediglich um 26% stieg.268 Im Laufe der Zeit führte die Übersättigung der Märkte an Pharmaaußendienst und der damit verbundenen zunehmenden Reaktanz der Ärzteschaft gegenüber Pharmareferenten-Besuche zu einer steigernden Ineffizienz des Vertriebs. Gönül et al. (2001) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die Häufigkeit, Länge der Beratungsgespräche (=Detailing) sowie Sampling bewusst geplant werden muss, da sonst kontraproduktive Effekte auftreten können.269 Dies führte zu einem in 2008 angekündigten Abbau von 53.300 Stellen im Vertrieb in den USA, der seitdem weiter andauert.270 Des Weiteren stehen Detailing und DtC im Fokus der Forschung. Nach aktuellem Stand verfügt Detailing über einen positiven, aber auch geringen Effekt auf das Verschreibungsverhalten.271 Ebenso verhält es sich mit DtC Werbung, welche allerdings für den deutschen Markt von unbedeutender Relevanz ist.272 Gemäß der Studienlage ist das Ziel von DtC Werbung, die Neugewinnung von Patienten für eine neue Kategorie und weniger die Beeinflussung der Verschreibungsrate der Ärzte.273 Die Studien weisen bei Detailing einen höheren ROI als bei DtC auf und bestätigen, dass der ROI bei Werbung in Fachmagazinen am höchsten ist.274 Aufgrund der beschriebenen Negativtrends bezüglich Effektivität von klassischen Instrumenten, wie Detailing und DtC, wird der Bedarf an der Analyse und Entwicklung neuer Marketinginstrumente für das Pharmamarketing somit offenkundig.275 Bedeutung und Eigenschaften von Informationsquellen des Arztes Für ein effektives Pharmamarketing ist es von Bedeutung, die Informationsquellen des Arztes und deren Ausprägungen zu kennen. Williams/Hensel (1991) ermitteln anhand einer Meta-Analyse von 17 Studien zu Informationsquellen der Ärzte zum Thema Arzneimittel, Veränderungen anhand unterschiedlicher Kategorien. Sie schlagen zwei alternative Kategorien von Informationsquellen vor.276 Dabei wird die persönliche mit der kommerziellen Dimension erweitert. Kommerzielle Quellen Nicht-kommerzielle Quellen Persönliche Quellen Unpersönliche Quellen Abbildung 21: Alternative Kategorien für Informationsquellen Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Williams/Hensel 1991. 267 Vgl. Manchanda/Honka 2005, S. 785. Vgl. PwC 2009, S. 3. 269 Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasa 2001, S. 89. 270 Vgl. PwC 2009, S. 4. 271 Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Mizik/Jacobson 2004, Manchanda/Chintagunta 2004. 272 Vgl. Xie 2003, Narayanan/ Ramarao/Chintagunta 2004. 273 Vgl. Rosenthal /Berndt/Donohue/Epstein/Frank 2003, Xie 2003, Narayanan/ Ramarao/Chintagunta 2004, Izuka/Jin 2005. 274 Vgl. Neslin 2001, Wittink 2002, Narayanan/Ramarao/Chintagunta 2004. 275 Vgl. Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 294. 276 Vgl. Williams/Hensel 1991, S. 47. 268 2.2 13.12.13 16:37 Seite 60 60 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Im Rahmen der Meta-Analyse konnten Williams/Hensel feststellen, dass die Bedeutung von kommerziellen Quellen für den Arzt, wie Direktmailings, Detailing oder Anzeigen in Fachjournalen, abnahm. Währenddessen blieben nicht-kommerzielle Quellen in ihrer Bedeutung gleich oder nahmen sogar zu. Obwohl die Bedeutung nicht-kommerzieller Quellen steigt, konzentriert sich der Großteil der Literatur auf den Effekt direkter kommerzieller Maßnahmen.277 Mit der Bedeutungszunahme nicht-kommerzieller Quellen steigt auch das Interesse an Einflussnetzwerken und der darüber laufenden WOM-Kommunikation (siehe Kapitel 2.2.4). Informationen über persönliche, nicht-kommerzielle Quellen, wie Meinungsbildner (KOL) oder kollegiale Kontakte, nehmen eine besondere Stellung im Gegensatz zu den üblichen Informationskanälen über Kongresse, Journals oder die Medien ein.278 Ausschlaggebend ist dabei eine zuverlässige Quelle, die über eine ausgeprägte Glaubwürdigkeit verfügt. Nair et al. (2006) betrachten den Einfluss von KOL auf das Verschreibungsverhalten. Sie zeigen auf, dass die Interaktionen innerhalb der Zielgruppe einen moderierenden Effekt auf die Wirkung der Marketingaktivitäten haben und unterstreichen somit die zuvor dargestellte Bedeutung von KOL.279 Sie stehen somit in einer Linie mit den Forschungsarbeiten von Coleman et al. (1966), die bereits sehr früh Interaktionen unter Ärzten nachgewiesen haben, sowie den Erkenntnissen von Van Lier (2007) zum netzwerkorientierten Kundenmanagement. Die Bedeutung der Informationsquellen weichen je nach Themenschwerpunkt ab. So betont eine Studie auf dem englischen Gesundheitsmarkt (Prosser, 2003) die Bedeutung pharmazeutischer, kommerzieller Quellen, insbesondere des Außendienstes, bei Informationen zu neuen Arzneimittelstudien.280 Die Studie untersucht die Bedeutung von Quellen in Bezug auf den initialen Informationsbezug zu neuen Arzneimittelstudien. Die Kommunikationskanäle der pharmazeutischen Industrie liegen in der Bedeutung für den Arzt mit 49 % vorne. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Studienergebnisse zu den eigenen Produkten den Unternehmen zuerst vorliegen und deren breite Kommunikation ein Hauptbestandteil des Pharmamarketings in Richtung der Fachkreise darstellt. Dementsprechend ist der Außendienst meistens (33 %) die erste Informationsquelle zu neuen Studienergebnisse. Erst im Anschluss folgen die akademische Literatur sowie Fachpersonal, wie Krankenhausmediziner, die in der Ärzteschaft oft als Meinungsbildner wahrgenommen werden. Hieraus erklärt sich die hohe Bedeutung kommerzieller Quellen als initiale Informationsquelle für neue Arzneimittelstudien. Van Lier (2007) hingegen untersucht die Bedeutung der Marktpartner des Arztes auf dessen Verschreibungsentscheid durch direkte Befragung von Ärzten. Er bestätigt die Erkenntnisse von Nair (2006) sowie Williams/Hensel (1991) in Hinblick auf die Bedeutungszunahme nicht-kommerzieller Quellen, wie KOL oder Netzwerkpartner, in Bezug 277 Vgl. Bower/Burkett 1987, Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Manchanda/Chintagunta 2004, Manchanda/Honka 2005. Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, S. 80, Prosser/Almond/Walley 2003, S. 67, Coleman/Elihu/Menzel 1966, Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 297. 279 Vgl. Nair/Manchanda/Bathia 2010, S. 883f. 280 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003. 278 2.2 13.12.13 16:37 Seite 61 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing 61 auf den Verschreibungsentscheid. Mit 88,3 % nehmen diese mit Abstand die wichtigste Position als Informationsquelle ein, zählt man die pharmazeutische Industrie sowie die Medien zu kommerziellen Quellen.281 Bezogen auf den Einfluss auf den eigenen Verschreibungsentscheid sehen Ärzte gemäß eigener Wahrnehmung Vertreter des Fachpersonals (51,1 %), wie die erwähnten Krankenhausmediziner, weit vorne, gefolgt von den Fachmedien. Die Industrie verfügt nach den Erkenntnissen dieser Studie über einen deutlich geringeren Einfluss aus der Perspektive der Ärzte. Dennoch tauchen auch Pharma-Dienstleistungen (5,4 %) unter den Nennungen mit Bedeutung für den Verschreibungsentscheid auf. Der Einfluss der Patienten auf den Verschreibungsentscheid der Ärzte liegt nach dieser Studie bereits auf Platz 3 (10,8 %). Als initiale Quelle für Studienergebnisse spielen Patienten allerdings, auch gemäß der ProsserStudie, keine Rolle. Prosser (2003) Initial information sources for new study drugs (Basis: n=107; England) Informationsquelle Van Lier (2007) Bedeutung der Marktpartner auf den Verschreibungsentscheid im Netzwerk des GP (Basis: n=579; Schweiz) Einfluss in % Pharmazeutische Industrie Werbung/Mailings/Promotionmaterial Außendienst Industriegesponserte Veranstaltungen 49% (94) 15% (202) 33% (7) 1% Informationsquelle Pharmazeutische Industrie Aussendienst Pharma-Dienstleistungen Einfluss in % 9,7% 4,3% 5,4% Fachpersonal Krankenhausmediziner Arztkollegen Krankenschwester/Arzthelferin Apotheker Öffentlicher Gesundheitsdienst Ehemaligen Treffen/Konferenzen 15% 282 (58) 10% (9) 1% (12) 2% 0% (5) 1% (5) 1% Fachpersonal Krankenhausmediziner Arztkollegen Ärztezirkel Opinion Leader Apotheke Einkaufsgemeinschaft Fachverband Öffentlich. Institution Krankenkasse 51,1% 8,5% 8,4% 8,3% 8,5% 2,4% 1,8% 6,2% 4,0% 3,0% Akademische sowie Fachliteratur Medizinische Journals (peer-reviewed) Fachliteratur (Non-peer-reviewed) 17% (5) 1% (97) 16% Akademische sowie Fachliteratur Nationale Fachartikel Internationale Fachartikel Evidence Based Medicine 26,4% 10,1% 8,6% 7,7% Medien Patienten (101) 16% (18) 3% Medien Patienten Patient Angehörige Patientenorganisationen 2,0% 10,8% 4,9% 4,4% 1,5% Abbildung 22: Gegenüberstellung zweier Studien zur Bewertung von Informationsquellen durch Ärzte Quelle: Vgl. Prosser 2003, S. 64, Van Lier 2007, S. 208. Van Lier unterteilt die Informationsquellen in fünf Akteurbereiche: „Ärzte“, „Pharmaindustrie“, „Patient/Angehörige“, „Handel/Apotheke“ sowie „Medien & Institutionen“.283 281 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003, S. 61, Van Lier 2007, S. 212. Prozentangaben ergänzt durch Autor. 283 Vgl. Van Lier 2007, S. 64. 282 2.2 13.12.13 16:37 Seite 62 62 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Damit deckt er die Informationskanäle vorangegangener Studien umfassend ab.284 Er ordnet die Marktpartner des Arztes und somit dessen Informationsquellen gemäß ihres Einflussgrades ein, wobei er zwischen den Ärztegruppen „General Practitioner“ (API285), „Spezialist“ und „Spitalarzt“ unterscheidet.286 Insbesondere der steigende Einfluss der Patienten auf das Verschreibungsverhalten wird über mehrere Studien hinweg betont. Dieser kann positive Rückmeldungen, Akzeptanz und Verträglichkeit der Arzneimittel, sowie einer aktiven Patientennachfrage umfassen.287 Zudem entwickeln sich Patienten aufgrund umfassender Informationsund Serviceangebote zu mündigen Entscheidern, die ihr Mitspracherecht bei der Therapieentscheidung vermehrt einfordern und somit immer mehr Einfluss nehmen.288 Misra (2004) unterscheidet hierbei zwei Ärztetypen – eine Gruppe, die die Meinung ihrer Patienten sehr schätzt und diese ernst nimmt und jene, welche die Meinung ihrer Patienten weniger berücksichtigen. Zwar führen individuelle Patientenwünsche daher nicht unweigerlich zu einer Änderung des Verschreibungsverhaltens, dennoch steigt die Bedeutung dieser wichtigen Gruppe aufgrund des besseren Zugangs zu Informationen.289 Abbildung 23 verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Marktpartnern des Arztes und damit auch der möglichen Einflussnehmer auf die Verschreibungsentscheidung. Gesetzgeber, KaV und KK setzen die Rahmenbedingungen unter denen die weiteren Einflussgrößen Anwendung finden können.290 Gemäß der Definition von Van Lier (2007) sind unter „Patient“ auch deren Angehörige erfasst. Das weitere einflussnehmende Netzwerk umfasst Ärzte - sowohl KOL als auch Kollegen - sowie Medien und Fachverbände und die versorgenden Apotheken. Schlussendlich sind auch „Pharmaunternehmen“ als Marktpartner des Arztes aufgeführt. Kassenärztliche Vereinigung Krankenkasse Verschreibungsverhalten Pharmaunternehmen Arzt Patient Netzwerk: - Ärzte -Medien/Institutionen - Apotheke Abbildung 23: Einflussnetzwerk des Arztes Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Van Lier 2007, S. 64. 284 Vgl. Gambrill/Bridges-Webb 1980, Bower/Burkett 1987,Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001. API = Allgemeinmediziner, Praktische Ärzte, Internisten. Vgl. Appendix A. 5. 287 Vgl. Venkataraman/Stremersch 2007, S. 1690, Prosser/Almond/Walley 2003, S. 61. 288 Vgl. Hahn 2005, S. 5ff., Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 295. 289 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003, S. 67, Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, S. 80, Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 295, Venkataraman/Stremersch 2007, S. 168. 290 Vgl. Dieners 2010, Trilling, 2003, Guminski/Utsch 2008. 285 286 2.2 13.12.13 16:37 Seite 63 63 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Subjektive Erfahrungen des Arztes Dieser Forschungsbereich befasst sich mit der subjektiven Situation des Arztes und insbesondere mit seinen persönlichen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Qualität von Arzneimitteln oder von übermittelten Informationen. Hervorzuheben sind die eigenen klinischen Erfahrungen mit bestimmten Arzneimitteln.291 Positive Erfahrungen fördern dabei den Effekt der Marketingaktivitäten, während negative Erfahrungen diesen beeinträchtigen. Pharmakologische Eigenschaften, wie z. B. Wirksamkeit und Nebenwirkungsprofil der Arzneimittel, können dabei zu positiven oder negativen Erfahrungen des Arztes führen.292 Positive Erfahrungen zahlen dabei auf das Bedürfnis nach Risikovermeidung ein und führen somit zu einer Beibehaltung der Arzneimittelwahl.293 Das Verschreibungsverhalten unterscheidet sich zudem je nach Ärztegruppe. So neigen spezialisierte Ärzte mit einem überschaubaren Therapie-Portfolio und einem höheren Anteil an privat-versicherten Patienten dazu, stark beworbene Produkte zu verschreiben, während API, welche vornehmlich gesetzlich-versicherte Patienten betreuen, preissensitiver entscheiden.294 In diesem Zusammenhang bewerten Ärzte zudem, ob die Qualität der übermittelten Information ihren Anforderungen in Bezug auf Verständlichkeit und Zuverlässigkeit entspricht.295 Zusammenfassend stellt Abbildung 24 die relevantesten Einflussbereiche auf das Verschreibungsverhalten dar, die in diesem Kapitel hergeleitet wurden. Erfahrung/ persönl. Kenntnisse zu Kernprodukt Verschreibungsverhalten Aktive Patientennachfrage Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Abbildung 24: Hauptsächliche Einflussgrößen auf Verschreibungsverhalten Quelle: Eigene Darstellung Die theoretischen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die Ausarbeitung der empirischen Datenerhebung und -analyse, um mögliche Unterschiede bei der Wahrnehmung und Wirkung von IM herauszuarbeiten. Da diese jedoch im Umfeld unterschiedlicher Gesundheitsmärkte generiert wurden, gilt es sie im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojekts auf Plausibilität für den deutschen Pharmamarkt zu untersuchen. 2.2.4 Word-of-Mouth Marketing zur Steigerung der Effektivität des Indirect Marketing Im vorangegangenen Kapitel wurde die steigende Bedeutung von Netzwerken für den Einfluss auf das Verschreibungsverhalten von Ärzten deutlich.296 Menschen in Netzwerken vertrauen dem persönlichen Informationsaustausch mehr, als der „hausge292 Vgl. Venkataraman/Stremersch 2007, S. 1690f, Prosser/Almond/Walley 2003, S. 67. Vgl. Manchanda/Wittink/Ching 2005, S. 298. 294 Vgl. Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, S. 80, Azoulay 2002, S. 555. 295 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003, S. 67. 296 Vgl. van Lier 2007, Prosser/Almond/Walley 2003, Gönül/Carter/Petrova/Srinivasan 2001, Manchanda/Wittink/Ching 2005. 293 2.2 13.12.13 16:37 Seite 64 64 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing machten“ Information der Firmen.297 Aus diesem Grund werden Teilnehmer eines engen Netzwerkes auf dessen Meinung die Kunden zählen, auch als „Influencer“ bezeichnet. Andererseits ist die Informationsweiterleitung an dieses Netzwerk für IM auch wichtig, um die Verstärkungswirkung, d. h. die Effektivität der Marketingmaßnahme, zu erhöhen.298 So ermöglichen die persönlichen Netzwerke gemäß dem interaktionsorientierten Netzwerkansatz einen Zugriff auf weitere Informationen, Ressourcen und Wahlmöglichkeiten.299 Mit Fragen zur Informationsweiterleitung beschäftigt sich die Literatur zur WOMKommunikation. Für das Forschungsprojekt ist von Interesse, welche theoretischen Erklärungsbeiträge dieses Forschungsgebiet zu folgenden Bereichen liefern kann: a) Eigenschaften des Senders/Influencers, die zu einer positiven Wahrnehmung der Information führen, sowie b) Eigenschaften der IL, welche die Empfehlungsbereitschaft der Ärzte an ihr Netzwerk steigern. Bei WOM geht es darum, Meinungen und Informationen über Unternehmen, Produkte und Services zu teilen.300 Sowohl Marketingmanager als auch Wissenschaftler heben die Einflusskraft der persönlichen Empfehlung auf das Kundenverhalten hervor.301 Nicht ohne Grund unterstreichen Engel/Kegerreis/Blackwell die Effektivität von WOM in Übereinstimmung mit der Customer Value Forschung und betonten: „Your best salesman is a satiesfied customer.“ 302 Panos/Siomkos (2009) fassen die Vorteile von WOM gegenüber traditionellem Marketing folgendermaßen zusammen: Parameter Engagement der Konsumenten Dominanz des Vermarkters Budget Überbringung der Botschaft Vertrauen der Kunden Traditionelles Marketing WOM Nein Ja Ja Nein Hoch Niedrig Unpersönlich Persönlich Gering Hoch Tabelle 11: Vorteile von WOM Kampagnen gegenüber traditionellem Marketing Quelle: Vgl. Panos/Siomkos 2009, S. 65. Der Vermarkter des Produkts oder der Dienstleistung gibt bei WOM zwar teilweise die Kontrolle über die verbreiteten Informationen ab, hat jedoch die Chance auf einen höheren Effekt und damit auf ein besseres Kosten-Nutzen Verhältnis. 297 Vgl. Herrmann/Brandenberg/Rösger 2007, S. 67, Cialdini 1995, S. 267. Vgl. Weinhold 1988, S. 495ff. sowie Kapitel 2.1.1. 299 Im Fokus des interaktionsorientierten Netzwerkansatzes stehen Austauschbeziehungen zwischen den Marktteilnehmern in komplexen Märkten, zu denen auch der Pharmamarkt gehört. Kernelemente sind Netzwerkposition, Interaktion und Adaption. Netzwerkbeziehungen stellen in diesem Ansatz eine wichtige Ressource dar, die den Netzwerkpartnern Zugriff auf weitere Ressourcen und somit Wahlmöglichkeiten gibt. Siehe hierzu auch Hacker 2002, Hakansson 1989 sowie Johanson/Mattson 1987. 300 Vgl. Batler/Butman 2005. 301 Vgl. Buttle 1998, S. 241. 302 Vgl. Engel/Kegerreis/Blackwell 1969, S. 15. 298 2.2 13.12.13 16:37 Seite 65 65 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Interpersonelle Beeinflussung ist in verschiedenen wissenschaftlichen Kontexten untersucht worden.303 Auch aufgrund der Unzufriedenheit und dem sinkenden Vertrauen in eher traditionelle Werbeformen, ist das Interesse an Studien zu WOM gestiegen.304 IM bindet bewusst das Netzwerk des Arztes ein, um positive Empfehlungen durch WOM in und aus Richtung Arzt zu generieren. Von besonderer Bedeutung für WOM ist dabei der persönliche Kontakt, den der Empfänger als nicht-kommerziell in Bezug auf Marken, Produkte oder Dienstleistungen wahrnimmt – entsprechend der Forderung des IM.305 Ziel ist die Zufriedenheit des Adressaten mit der übermittelten Information. Gelingt es durch eine Leistung, auch in Form einer Information, Zufriedenheit oder Begeisterung zu erzielen, führt dies zu positivem WOM.306 Gemäß Butler/Butman (2005) sind Informationen glaubhaft, transparent, ansprechend und direkt zu gestalten, um eine zufriedenstellende Botschaft zu senden. Sie definieren WOM dementsprechend als: “[...] the honest, genuine sharing of real opinions and information about products and services. It can be stimulated and accelerated, but it cannot be controlled.” Tabelle 12 gibt eine Übersicht über die Erkenntnisse weiterer Studien in Bezug auf die Eigenschaften einer Botschaft, welche förderlich sind, um WOM zu ermöglichen. Gladwell (2000)307 Evans/Patterson/ O’Malley (2001) Three laws for development of social events Privacy: Privacy is an issue that does concern some respondents, Law of the few: with physical privacy There are a few, selected representing people who encourage an annoyance and the spread of an idea. information privacy The stickiness factor: representing a more substantial worry. Some small, often unsuspected, aspect of Relevance: the idea or product is so There are four variations intriguing or eye catching to the relevance issue that it will initiate adoption. being: interest, timeliness, This means that how the repetition, and the message is presented information processing is important. effect. Relevance can The power of context: The environment in which the idea or message is conveyed can influence how well the message is accepted. Butler/Butman (2005) Panos/Siomkos (2009) • Clarity 1. Sticky message • Credibility 2. Helping hand, a WOM campaign from a few people • Transparency • Directness • Stickiness Panos/Siomkos (2009) adds: • Appealing message 3. Context, the fertile environment that accommodates the spread of the message to a critical mass of consumers. • Familiar characters & stories only be achieved through improvements in targeting. Control: Control as a dimension valued by consumers. Tabelle 12: Übersicht Eigenschaften für effektive WOM-Kommunikation Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gladwell 2000, Evans/Patterson/O’Malley 2001, Butler/Butman 2005, Panos/Siomkos 2009. 303 Vgl. Katz/Lazarsfeld 1955, Arndt 1967, Buttle 1998. Vgl. Carl 2008, S. 184. 305 Vgl. Arndt 1967. 306 Vgl. Homburg/Becker/Hentschel 2005, S. 97. 307 Vgl. Mason 2008, S. 210. 304 2.2 13.12.13 16:37 Seite 66 66 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Sowohl Gladwell, Evans/Patterson als auch Panos/Siomkos betonen in ihren Zusammenfassungen wichtiger Eigenschaften auch die Bedeutung des Umfelds, in dem die Botschaft übermittelt wird. Butler/Butman, ergänzt durch Panos/Siomkos (2009), heben ausschließlich die Eigenschaften der Botschaft hervor. Die Attraktivität (=stickiness) bzw. Relevanz der Thematik für den Empfänger zieht sich dabei durch alle Artikel. Buttle (1998) weist zudem darauf hin, dass WOM nicht unbedingt marken-, produktoder servicebezogen sein muss, sondern auch auf die Organisation ausgerichtet sein kann.308 Hervorzuheben ist dabei, dass Informationsquellen, welche als (produkt-) unabhängig bzw. nicht kommerziell erscheinen, neutral vom Empfänger wahrgenommen werden. Informationen aus solchen Quellen erscheinen zudem zuverlässiger und vertrauenswürdiger als Informationen aus den Medien.309 Demnach verfügt IM unter Einhaltung der Prämissen, durchaus über ein hohes Potenzial positives WOM zu erzeugen. Zu Erläuterung der Prozesse, die zu positivem WOM führen, existieren mehrere Modelle.310 Basis aller drei Modelle sind Aktivitäten des Marketing, die Erwartungen in Form von Produktnutzen, Services oder Emotionen wecken sollen. Für Marketingmanager stellt sich die Frage, wann welche Marketingaktivität zum Einsatz kommt, um positives WOM zu fördern und negatives zu verhindern. Gemäß der WOM-Modelle nach Buttle und Niessing werden Informationen vom Empfänger validiert und führen je nachdem zu positivem oder negativem WOM. Das Konstrukt „Zufriedenheit“ spielt in diesem Zusammenhang eine elementare Rolle. Stimmt die wahrgenommene Qualität der erbrachten Leistung mit der erwarteten Qualität überein (confirmation) oder übertrifft diese (positive disconfirmation), entsteht Zufriedenheit. Liegt die Qualität unter den Erwartungen (negative disconfirmation) besteht hingegen das Risiko von negativem WOM.311 2.2.5 Zusammenfassung und Würdigung der theoretischen Ansätze auf ihren Erklärungsbeitrag zu Indirect Marketing Die dargestellten theoretischen Ansätze liefern Erklärungsbeiträge aus ihrem jeweiligen Blickwinkel zur Wahrnehmung und Wirkung von IM. Sie steuern Determinanten bei, auf die bei der Gestaltung von IL zu achten ist, um eine positive Wahrnehmung bei Ärzten und somit eine entsprechende Wirkung zu erzielen. Tabelle 13 führt die Erkenntnisse grafisch zusammen. 308 309 310 311 Vgl. Buttle 1998, S. 243. Vgl. Panos 2009, S. 65; Zu beachten sind an dieser Stelle Erkenntnisse zum „Quellenvergessen“ (Vgl. Schnitzer, 2008, Blümelhuber/Schnitzer, 2006, Law 1995, Law 1998, Law et al. 1998). So verschwindet die Erinnerung an die Informationsquelle schneller als die Erinnerung an die Botschaft selber (Vgl. Glisky et al. 2001, Schacter et al. 1991). Fehler des Quellengedächtnisses (Source Memory Failure) unterteilen sich in Quellenamnesie und Quellen- bzw. Absendervergessen (Vgl. Schacter et al. 1984, Shimamura/Squire, 1991). Letzerer ist dabei besonders relevant für die Marketingforschung, da dieser Fehler unter Personen aller Altersgruppen auftreten kann, im Gegensatz zur Quellenamnesie (Vgl. Blümelhuber/Schnitzer, 2006). Ebenfalls von Bedeutung für die Wahrnehmung von Informationsquellen ist die „Misattribution von Quellen“. Hierbei erinnert sich der Empfänger nicht mehr an die tatsächliche Quelle der Information und schreibt ihr daher eine andere für ihn plausible Quelle zu (Vgl. Bornstein 1999, S. 162 ff.). In diesem Zusammenhang verweisen mehrere Autoren auf regelmäßige Wiederholungen und damit Rezeption der Inhalte, um das Risiko des Vergessens zu reduzieren (Vgl. Koch, 2008, Bilandzic 2002). Vgl. Appendix A.4 sowie Bayus 1985, Buttle 1998, Niessing 2007. Vgl. Niessing 2007, S. 117, Homburg/Becker/Hentschel 2005, S. 97. 2.2 13.12.13 16:37 Seite 67 67 Glaubwürdigkeit Vertrauenswürdigkeit Wahrgenommener Nutzen (gegenseitig) Persönliche Relevanz Kosten-/Risikoreduktion Persönliche Erfahrungen Reputation Transaktionskostentheorie Interaktionsorientierter Netzwerkansatz Informationsökonomik Soziale Austauschtheorie Reaktanztheorie Brand Salience Ansatz Risikotheorie Attributionstheorie Langfristige Ausrichtung Lerntheorie Bestimmungsfaktoren für Wahrnehmung von IL Nutzentheorie 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Produktunabhängigkeit Wahrgenommene Entscheidungsfreiheit Wechselkosten Bestimmungsfaktoren für Wirkung von IL Kundenloyalität ggü. IL Zahlungsbereitschaft f. IL Weiterempfehlung d. IL Übertragungseffekt auf Kernleistung Tabelle 13: Erklärungsbeitrag theoretischer Ansätze für Bestimmungsfaktoren/Determinanten der Wahrnehmung und Wirkung von IL Quelle: Eigene Darstellung Die Bestimmungsfaktoren für die Wirkung von IL beziehen sich einerseits auf die Vermarktung der IL an sich, andererseits auf den Übertragungseffekt auf die Kernleistung durch die IL gemäß dem Leistungsschalenmodell. Für das Forschungsprojekt relevant ist, wie IL gestaltet sein müssen, um eine positive Wirkung auf die erneute Inanspruchnahme der IL und damit auf die Kundenloyalität zu erzielen. Zudem zeichnet sich die direkte Wirkung durch eine erhöhte Zahlungsbereitschaft, sowie positives Empfehlungsverhalten gegenüber dieser Leistung aus. Von besonderem Interesse ist der Übertragungseffekt auf die Kernleistung - in diesem Fall das Verschreibungsverhalten des Arztes. Verschiedene theoretische Ansätze liefern hierfür einen Erklärungsbeitrag. So können positive Erfahrungen, welche mit der IL und deren Erbringer gemacht wurden, gemäß der Lern- und Attributionstheorie dazu führen, dass diese Attribute auf die Kernleistung übertragen werden. Gemäß dem Brand 2.2 13.12.13 16:37 Seite 68 68 2 Theoretisch-konzeptionelle Fundierung des Indirect Marketing Salience Ansatz erfolgt der Übertragungseffekt aufgrund der langfristigen Ausrichtung und Verknüpfung der Unternehmensmarke mit möglichst zahlreichen Attributen, so dass im Entscheidungsmoment die Wahl auf das Absender-Unternehmen fällt. Einen weiteren Erklärungsbeitrag liefert die soziale Austauschtheorie. Aufgrund des angestrebten Ziels der Gleichheit und Gerechtigkeit der Austauschbeziehung führt ein hoher Nettonutzen der IL unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Übertragung auf die Kernleistung.312 Als Voraussetzung für diese Wirkung verweisen die Theorien auf verschiedene Bestimmungsfaktoren in Bezug auf die Wahrnehmung von IL. Die „langfristige Ausrichtung“ der IL ist die Grundlage, um positive Assoziationen mit einer anschließenden Kundenloyalität bilden zu können. Die TKT argumentiert in erster Linie aus der Kostensicht und betont in diesem Zusammenhang die Wechselkosten, welche mit zunehmender Dauer der Geschäftsbeziehung steigen und somit direkt zu einer wachsenden Kundenloyalität führen. Weitere Determinanten lassen sich in Übereinstimmung mit den Forschungserkenntnissen zum Verschreibungsverhalten in Eigenschaften der Informationsquelle und der Qualitätseigenschaften der gesendeten Inhalte unterteilen. In Bezug auf förderliche Eigenschaften der Informationsquelle betont insbesondere die Risiko- und Transaktionskostentheorie die Bedeutung der Reputation und damit der Vertrauenswürdigkeit als Basis für eine ausreichende Glaubwürdigkeit. Verfügen Quellen über diese Eigenschaften trägt dies auch zur Reduktion der Transaktionskosten bei, in dem das Risiko minimiert wird. In Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der WOM-Forschung steigt hierdurch neben der Kundenloyalität auch die Wahrscheinlichkeit der positiven Weiterempfehlung. Für eine positive Wahrnehmung spielen auch die persönlichen Erfahrungen des Empfängers mit der Informationsquelle eine große Rolle. Die persönlichen Erfahrungen mit der erbrachten IL sind ebenfalls bei der Wahrnehmung der Qualität der Inhalte von Bedeutung. So stimmen mehrere Theorien darin überein, dass Geschäftsbeziehungen nur dann beibehalten werden, wenn sie ein Bedürfnis ansprechen und damit einen wahrgenommenen Nutzen vermitteln. Die Reduktion der wahrgenommenen Kosten, auch in Form von Risiken, trägt zu einer Stabilisierung bei der Kundenbeziehung bei. Auf die Bedeutung der „Produktunabhängigkeit“ und damit der Forderung nach einer nicht zu starken Verknüpfung der IL mit einer Verkaufsabsicht, wird u.a. von der Reaktanztheorie hingewiesen. Erhält der Empfänger den Eindruck einer Einschränkung seiner Entscheidungsfreiheit wird er ablehnend reagieren bis hin zum Abbruch der Geschäftsbeziehung. Die Theorien stützen somit die unter Kapitel 2.1 aufgeführten Anforderungen an IM. Im weiteren Verlauf gilt es, diese theoretischen Erkenntnisse qualitativ-empirisch im Kontext des IM im Pharmamarkt auf deren Plausibilität zu untersuchen und bei Bedarf zu ergänzen. 312 Für Voraussetzungen zum Verschreibungsverhalten siehe Kapitel 2.2.3. 3.2 13.12.13 16:37 Seite 69 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 69 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Die Untersuchungsmethode ist für den Forscher nicht beliebig wählbar, sondern hat der Zielsetzung der Fragestellung Rechnung zu tragen.313 Die forschungsleitende Fragestellung ist in erster Linie explorativer Natur. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Modellierung des Zusammenhangs zwischen IL und dem Verschreibungsverhalten des Arztes. Es gilt, die Organisation und Anwendung von IM zu verstehen und zu erklären, sowie Hypothesen zur Wahrnehmung und Wirkung dieser Maßnahmen zu generieren und diese in ein IM-Modell zu integrieren. Wie unter Kapitel 1.6.2 verdeutlicht, eignet sich hierfür ein qualitativ-explorativer Ansatz besser als ein quantitativ-prüfender.314 Kern des qualitativ-empirischen Methodenmix stellt die Forschung mittels Fallstudien dar. Nachdem in Kapitel 3.1 das Untersuchungsobjekt vorgestellt wird, erläutert Kapitel 3.2 die Grundzüge der für das Forschungsprojekt relevanten Fallstudienforschung. Kapitel 3.3 erläutert den mehrstufigen Forschungsprozess und beschreibt daraufhin den Methodenmix zur Datenerhebung, die Auswahl und inhaltliche Struktur der untersuchten Fallstudien, sowie abschließend die Vorgehensweise zur Datenauswertung. 3.1 Indirekte Leistungen als Untersuchungsobjekt Das Forschungsprojekt untersucht anhand der Forschungsfragen den Einfluss von IL auf die Kundenbeziehung und weiterführend auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte. Bei dem Untersuchungsobjekt der Fallstudien handelt es sich daher nicht um Unternehmen oder einzelne Individuen, sondern um konkrete IL von Pharmaunternehmen für Ärzte, welche der Definition unter Abbildung 9 (S. 24) entsprechen.315. Die Untersuchungsobjekte beziehen sich auf den deutschen Markt nach 2004.316 Dieser Zeitraum ermöglicht es, IL nach Einführung des FSA-Kodex in Bezug auf die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit den Ärzten zu untersuchen.317 Die Untersuchung orientiert sich dabei am S-O-R-Paradigma (Stimulus-OrganismusResponse), welches in zahlreichen Modellen zum Kundenverhalten Anwendung findet.318 Innerhalb der Fallstudien gilt es, die Gestaltung der IL, deren Einsatz unter bestimmten Bedingungen (Stimulus), sowie deren Wahrnehmung (Organismus) und Wirkung bei Ärzten (Response) zu untersuchen. In Kapitel 3.3.2 ist daher die Einbindung in die Fallstudien sowohl von beteiligten Marketingexperten als auch Ärzten beschrieben. Die unter Kapitel 2.1.3 in Anlehnung an die Literatur hergeleiteten IM-Kategorien (Indikation, Praxisleistung, Lebenserfüllung) dienen als Ausgangspunkt der Studie und werden im Rahmen der explorativen Phase auf ihre Aktualität geprüft. Wie ausgeführt, hat sich die Situation für das Pharmamarketing in Bezug auf die Zusammenarbeit mit 313 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 49. Vgl. Dyllick/Tomczak 2007, S. 75, Gerring 2007, S. 38, Gable 1994. 315 Vgl. Yin 2009, S. 29. 316 Nach Gründung des "Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.", Vgl. Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.http://www.fs-arzneimittelindustrie.de/ueber-den-fsa/, Stand: 10.01.2013. 317 Vgl. Kapitel 1.2.2 bzgl. Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Dritten. 318 Vgl. Kuß/Tomczak 2004, S. 2ff. 314 3.2 13.12.13 16:37 Seite 70 70 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Dritten seit den 1990er Jahren erheblich geändert. Unter anderem untersagt § 7 Abs. 1 HWG grundsätzlich das Anbieten von Gegenständen, die ausschließlich eine private Verwendungsbestimmung haben.319 Die von Schlegel (1991) definierte Leistungsstufe „Lebenserfüllung“, die Leistungen umfasst, welche Lifestyle, Lust und Freude des Arztes erhöhen sollen, ist demnach auf dem deutschen Markt nicht mehr zulässig und somit zu streichen. Die beiden anderen Leistungsstufen mit Inhalten zu „Indikation“ und „Praxisleistung“ sind je nach Ausgestaltung unter Einhaltung der genannten Prinzipien und Gesetze durchführbar, finden in der Praxis Anwendung und können somit bestätigt werden.320 Durch Experteninterviews, Literaturrecherche sowie Dokumentenanalysen konnten zahlreiche IL des Pharmamarketing identifiziert werden, welche der oben genannten IM-Definition entsprechen und insgesamt drei Kategorien zuzuordnen sind. Die Kategorie „Indikation“ umfasst Leistungen, welche den Arzt mit medizinischwissenschaftlichen Informationen versorgen, um ihn in seinen täglichen Patientenberatungsgesprächen zu unterstützen. Diese können sowohl arzt- oder patientenorientiert sein, z. B. in Form neutraler Aufklärungskampagnen. Letztere entspricht dabei IL gemäß Definition II unter Abbildung 8 (S. 24). Weitere Beispiele sind produktneutrale wissenschaftliche Fachportale, Fortbildungen oder Kongresse sowie die Herausgabe von indikationsspezifischen Fachzeitschriften gemäß den zuvor beschriebenen Anforderungen des § 7 Abs. 2 HWG. Beispiel: Indirekte patientenorientierte Leistung - Die begehbare Prostata Ein japanisches Pharmaunternehmen mit deutscher Vertriebsniederlassung stellt unter anderem auch Arzneimittel zur Behandlung des Prostatakarzinoms her und vertreibt diese. Das Prostatakarzinom ist der häufigste Tumor bei Männern. Jedes Jahr erkranken in Europa circa 135.000 Männer daran, in Deutschland über 58.000. Trotz dieser hohen Zahl ist diese Erkrankung oftmals ein Tabuthema. Um das Problembewusstsein in der Bevölkerung zu verbessern, über den Tumor sowie Diagnose und Therapiemöglichkeiten zu informieren und somit Ärzte im Beratungsgespräch indirekt zu unterstützen, bietet das Unternehmen neben einer patientenorientierten Internetseite (www.prostata.de) weitere aufmerksamkeitsstarke indirekte Aktivitäten an, wie die bundesweite Tour mit dem Modell einer begehbaren Prostata. Das begehbare Prostatamodell wurde von einem Ärzteteam entwickelt und ermöglicht die Darstellung komplexer Strukturen im männlichen Körper. Häufige Krankheitsbilder werden sichtbar und ertastbar gemacht. Das Modell ist 4,80 Meter lang, 3,70 Meter breit und 2,30 Meter hoch und wiegt gut eine halbe Tonne. Der Maßstab beträgt etwa 100:1. Arzneimittel oder Wirkstoffe werden in diesem Zusammenhang auch aufgrund der rechtlichen Situation ausdrücklich nicht genannt. Auftakt der Tour war der „Europäische Prostata-Aktionstag 2005“ am 15. September 2005 in Berlin, zu dem die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V., der Berufsverband der Deutschen Urologen e.V., die European Association of Urology und der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. eingeladen hatten. Aufgrund der großen Akzeptanz und des Interesses an dieser IL läuft diese Aktion bis heute (2012).321 319 320 321 Vgl. Dieners 2010, S. 38. Vgl. Kapitel 1.2.2, S.5ff. Vgl. Verband der forschenden Arzneimittelunternehmen e.V., 2010, http://www.vfa.de/de/patienten/beispiele-guterzusammenarbeit.html/, Stand: 02.11.2012. 3.2 13.12.13 16:37 Seite 71 71 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Die zweite Kategorie bezieht sich auf „Praxisleistungen“ und umfasst Dienstleistungen für die Arztpraxis. Beispiele sind Aktivitäten zur organisatorischen Unterstützung der Praxis, wie ISO-Zertifizierungen, Erstellung von Internetseiten oder Schulungen des Praxispersonals. Kooperationen nehmen in dieser Kategorie eine besondere Stellung ein, da Unternehmen i. d. R. nicht selbst über die benötigten Kompetenzen verfügen. Aus rechtlicher Sicht ist allerdings immer darauf zu achten, dass diese IL über einen wissenschaftlichen Bezug verfügen und zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind.322 Eine neue dritte Kategorie wird mit dem Begriff „Image“ betitelt. Sie umfasst Leistungen, welche unter den Bereich „Allgemeine Vertrauenswerbung“ fallen. Sie dienen dazu, über Aktivitäten des Unternehmens zu informieren und damit das Image und die Akzeptanz bei der Kundengruppe zu optimieren. Hierunter fallen z. B. geführte Werksbesichtigungen von Produktionsstätten der Pharmaunternehmen oder soziales Engagement in Form von Charity Aktivitäten.323 Von Bedeutung für alle drei Kategorien ist, dass die wissenschaftlich-informative Zielsetzung und/oder allgemeine Vertrauenswerbung im Vordergrund stehen. Produkt- und leistungsbezogene Absatzwerbung, die direkt auf den Absatz von Wirtschaftsgütern i.S.v. § 1 HWG zielt, ist untersagt.324 Diese Art der Werbung ist jedoch bereits per Definition des IM ausgeschlossen, da IL grundlegend nicht unmittelbar auf die Förderung des Absatzes ausgerichtet ist. Abbildung 25 fasst die drei beschriebenen IM-Kategorien im Pharmamarkt zusammen. Leistungssystem im Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel Produkt Produktgruppe Medikament Sortiment Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Abbildung 25: Kategorien des Indirect Marketing Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schlegel 1991, Belz/Bieger 2004. 322 Vgl. § 7 HWG, § 20 FSA Kodex Fachkreise 2011. Vgl. Explorative Expertengespräche Marketingmanager März 2011. 324 Vgl. Dieners 2010, S. 39. 323 Image 3.2 13.12.13 16:37 Seite 72 72 3.2 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Die gewählte Methodik: Fallstudienforschung 3.2.1 Grundzüge der Fallstudienforschung Das Instrument „Fallstudie” (Case Study) wird im Rahmen der qualitativen Forschung eingesetzt.325 Yin verweist auf folgende Definition: „The essence of a case study, the central tendency among all types of case study, is that it tries to illuminate a decision or set of decisions: why they were taken, how they were implemented, and with what result.“ 326 Fallstudien tragen demnach dazu bei, ein Verständnis der Abläufe unter bestimmten Situationen zu generieren, wie z. B. denen des IM im pharmazeutischen Marktumfeld.327Qualitative Fallstudien eignen sich besser zur Evaluation der Wirksamkeit von Maßnahmen als quantitative Ansätze, wenn deren Wirkungsweise wie im Fall des IM sehr komplex ist.328 Sie konzentrieren sich auf die interpretative Auswertung von Daten. Die Fallstudienforschung untersucht ausgewählte Fälle, anhand derer im Anschluss verallgemeinerbare Aussagen abgeleitet werden können. Der Auswahl der zu analysierenden Fälle kommt dementsprechend eine besondere Bedeutung zu. Diesem Forschungsprojekt liegt ein multipler Fallstudienansatz (Multiple Case Study Approach) zu Grunde. Dieser Ansatz ermöglicht eine genauere Darstellung und ein besseres Verständnis für ein Untersuchungsobjekt als Einzelfallstudien.329 Die Datenanalyse zieht dabei Informationen aus unterschiedlichen Datenquellen des zu untersuchenden Unternehmens als auch aus den Vergleichen der Fallstudien heran. Damit wird das Ziel verfolgt, die Aussagekraft durch eine gesteigerte Validität der Daten zu maximieren.330 3.2.2 Gütekriterien qualitativer Forschung Die Form der Beantwortung der Fragestellung durch die gewählten Methoden hat den Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens zu entsprechen. Quantitative Forschung verlangt Erkenntnisse, die intersubjektiv überprüfbar (Objektivität), replizierbar unter gleichen Untersuchungsbedingungen (Reliabilität) sowie kausal eindeutig interpretierbar und über das Untersuchungsergebnis hinaus generalisierbar sind (Validität).331 Qualitative Forschung hingegen verfügt über eigene Gütekriterien, da die Maßstäbe quantitativer Untersuchungen aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweise nicht einfach übernommen werden können.332 Eisenhardt (1989) betont, dass Fallstudien der Ausgangspunkt für die Theoriebildung sein können. Hierfür ist jedoch die Ausrichtung des Forschungsprozesses an den qualitativen Gütekriterien notwendig. 325 Vgl. Yin 2009, S. 1. Vgl. Yin 2009, S. 17. 327 Vgl. Eisenhardt 1989, S. 534. 328 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 110. 329 Vgl. Eisenhardt 1989, Yin 2009. 330 Vgl. Eisenhardt 1989, S. 538. 331 Vgl. Kromrey 1983, S. 196ff. 332 Vgl. Mayring 2002, S. 140ff. 326 3.2 13.12.13 16:37 Seite 73 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 73 Yin schlägt vier Kriterien in verschiedenen Stufen des Prozesses vor, um die Qualität des Forschungsdesigns der Case Study sicherzustellen. Diese umfassen die externe Validität (external validity), interne Validität (internal validity), Konstruktvalidität (construct validity) und Reliabilität (reliability).333 Da qualitative Forschung die analytische Verallgemeinerung der Erkenntnisse beabsichtigt, ist es wichtig, deren Gültigkeit auch außerhalb der untersuchten Fallstudie zu belegen. Um einen möglichst hohen Grad an externer Validität zu erreichen, ist das Forschungsdesign theoriegeleitet zu erstellen. Zudem kann diese durch Einbeziehung mehrerer Fallstudien (cross-case Analyse) gemäß Yin weiter gesteigert werden. Der Abgleich der Erkenntnisse mit dem aktuellen Forschungsstand trägt zudem zur Plausibilität der Ergebnisse bei. Während der Analysephase ist auf interne Validität zu achten, indem kausale Beziehungen zwischen Variablen und Ergebnissen nachgewiesen werden. Unterstützend kann hierbei der Abgleich der gewonnenen Erkenntnisse mit möglichen alternativen Erklärungsansätzen herangezogen werden. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Operationalisierung der zu Grunde liegenden Konstrukte eine Zulässigkeit der Aussagen ermöglicht. Die Diskussion der Erkenntnisse mit den Informationsträgern trägt laut Yin zu einer erhöhten Konstruktvalidität bei. Im vorliegenden Forschungsprozess sind daher abschließende Fokusgruppen mit ausgewählten Pharmaexperten (Sender) sowie Ärzten (Empfänger) als erfahrene Austauschpartner innerhalb der Prozesse des IM integriert. Letztendlich gilt es, die Reliabilität sicherzustellen, so dass die erlangten Ergebnisse unter gleichen Bedingungen wieder erzielt werden können. Für diesen Punkt ist die Replizierbarkeit der Daten anhand der Regelgeleitetheit der Methodik sowie die Dokumentation der Ergebnisse von hoher Bedeutung. An dieser Stelle ist auch auf die Herausforderungen qualitativer Forschung hinzuweisen. So wird die geringe Stichprobengrösse als kritisch eingestuft. Weder Einzel- noch multiple Fallstudien erlauben eine statistische Generalisierbarkeit.334 Die Erkenntnisse sind demnach in Übereinstimmung mit der wissenschaftstheoretischen Ausrichtung kontextbezogen zu verstehen. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die generelle Subjektivität, der die Fallstudienforschung unterliegt. Der Forscher erhebt, gewichtet und interpretiert die Daten und hat somit einen nachhaltigen Einfluss auf die Qualität der Forschungsergebnisse. Um dieses Risiko zu vermeiden, werden daher Erkenntnisse und Interpretationen, wie erwähnt, anschließend mit Experten diskutiert. Die Einhaltung der Gütekriterien qualitativer Forschung ist daher Vorraussetzung, um die qualitative Studie optimal zu planen, durchzuführen und abschließend fundierte, praxisrelevante Ergebnisse zu erzielen.335 333 Vgl. Yin 2009, S. 40. Vgl. Yin 2009, S. 31. 335 Vgl. Eisenhardt 1989, Yin 2009, Mayring 2002. 334 3.2 13.12.13 16:37 Seite 74 74 3.3 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Qualitativer Methodenmix im Forschungsprozess Die Empirie folgt zur Beantwortung der Forschungsfragen einem mehrstufigen Prozess. Abbildung 26 verdeutlicht die Verteilung der Methoden innerhalb des Forschungsprozesses. Vorabbefragung Pharmaexperten Explorative Phase Qualitativ-empirische Phase • Literaturreview • Dokumentenanalyse • Experteninterviews (explorativ) • Experteninterviews (theoriegenerierend) Abschlussphase • Fokusgruppe Ärzte • Fokusgruppe Pharmaexperten Abbildung 26: Verteilung der Datenerhebungsmethoden im Forschungsprozess Quelle: Eigene Darstellung Eine dem Forschungsprojekt vorgelagerte Expertenbefragung (n = 5) mit Pharmamanagern dient zur Eingrenzung des Forschungsgebietes und Vorbereitung der explorativen Phase.336 Ziel der explorativen Phase ist die Herleitung zu untersuchender Arten von IL, die Ableitung und Darstellung erster kausaler Thesen, sowie möglicher erfolgsrelevanter Bestimmungsfaktoren, welche in das Analyseraster eingehen.337 In der qualitativ-empirischen Phase werden diese Faktoren innerhalb der sechs Fallstudien analysiert (Within-Case-Analyse) und zwischen diesen verglichen (Cross-CaseAnalyse). Fokusgruppen dienen zur Steigerung der Konstruktvalidität der Erkenntnisse und zur Formulierung finaler Hypothesen. In der Abschlussphase werden hiervon Implikationen für Wissenschaft und Praxis abgeleitet. In allen Prozessschritten ist dabei die Betrachtung beider Seiten – des Senders (Pharmaunternehmen) und des Empfängers (Arzt) – von Bedeutung, um Diskrepanzen in der Wahrnehmung aufzudecken, IMErfolgsfaktoren zu identifizieren und Gestaltungsempfehlungen abzuleiten.338 Die Einbeziehung mehrerer Methoden und Datenquellen als Stärke der Fallstudienforschung ermöglicht eine Steigerung sowohl der Konstruktvalidität als auch der Reliabilität durch die Triangulation der Ergebnisse. Diese sind weitaus präziser und überzeugender, wenn sie auf mehrere Datenquellen fußen.339 Die gewählte pluralistische Vorgehensweise umfasst qualitative Methoden mit explorativem Charakter, deren induktiv hergeleitete Erkenntnisse in die Lösungskonzepte integriert werden. Experteninterviews stellen die Kernmethodik zur Datenerhebung sowohl in der explorativen als auch der qualitativempirischen Phase dar.340 Diese werden durch Literaturreview, Dokumentenanalyse sowie Fokusgruppen ergänzt.341 336 Vgl. Expertenbefragung Mai 2009. Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 380. Vgl. Belz 1991, S. 44f. 339 Vgl. Yin 2009, S. 116f. 340 Vgl. Rousseau 1990. 341 Vgl. Yin 2009, S. 102. 337 338 3.2 13.12.13 16:37 Seite 75 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 75 3.3.1 Datenerhebung durch Kombination qualitativer Methoden Die verwendeten Methoden zur Datengenerierung werden im Hinblick auf ihren Erkenntnisbeitrag erläutert. Literaturreview (Desk Research) Dem Forschungsprojekt liegt gemäß der wissenschaftstheoretischen Einordnung der theoriegeleitete Empirismus zu Grunde. Um neue Hypothesen in Bezug auf die Wirkungsweise von IM abzuleiten, ist es zunächst wichtig, themenverwandte Wissenschaftsgebiete sorgfältig zu analysieren.342 So können anhand der theoretischen Grundlagen kausale Zusammenhänge und Ursachenzuschreibungen besser erklärt werden. Aus diesem Grund wurde der Empirie eine ausführliche Literaturrecherche der verwandten Themengebiete und hiermit die Herausarbeitung relevanter Theoriequellen vorangestellt. Erkenntnisse themenverwandter wissenschaftlicher Forschungsbereiche dienen demnach als Erklärungsbeitrag und Basis für die Erstellung der Hypothesen sowie des Analyserasters der Fallstudien. Der regelmäßige Abgleich der empirischen Erkenntnisse mit der Literatur dient des Weiteren zur Steigerung der Plausibilität der Ergebnisse. Dokumentenanalyse (Archival Analysis) Die Dokumentenanalyse ist eine wichtige Quelle innerhalb der qualitativ-empirischen Phase zur Erklärung menschlichen Verhaltens. Im Rahmen der Fallstudien dient sie dazu, möglichst zahlreiche aussagekräftige Unterlagen zu untersuchen.343 Erkenntnisse aus den zur Verfügung stehenden Dokumenten ergänzen die empirischen Daten, welche aus den geführten Interviews gewonnen werden. Die so generierten Sekundärdaten vervollständigen das Bild der untersuchten Fallstudien.344 Gemäß Mayring müssen Dokumente im Rahmen dieser Methode interessante Schlüsse auf menschliches Denken, Fühlen und Handeln zulassen und interpretierbar sein, da sie als Objektivation der Psyche des Urhebers angesehen werden.345 Für die Analyse der Fallstudien wurden dementsprechend Exemplare indirekter Sachleistungen (z. B. Reisemedizinisches Handbuch), Kommunikations- und Werbematerialien der jeweiligen IL (z. B. Internetauftritte, Videomaterial), Publikationen, externe Berichterstattungen, Unternehmenspräsentationen sowie Umsatzzahlen und Jahresberichte herangezogen. Diese Dokumente liefern einen erheblichen Erkenntnisgewinn zur Ausgestaltung und Kommunikation sowie der unterschiedlichen Bedeutung und Akzeptanz von IM in den Unternehmen. Diese Informationen ermöglichen Rückschlüsse auf Erfolg und Misserfolg der IL. Interviews Eine der wichtigsten Informationsquellen qualitativer Forschung, insbesondere der Fallstudienforschung, sind Interviews.346 Eine bestimmte Form stellen Experteninterviews dar347, welche sowohl in der explorativen als auch der qualitativ-empirischen Phase 342 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 358ff. Vgl. Yin 2009, S. 102f., Mayring 2002, S. 46. 344 Vgl. Bentz/Shapiro 1998, Scandura/Williams 2000, S. 1251. 345 Vgl. Mayring 2002, S. 47. 346 Vgl. Yin 2009, S. 106, Bogner/Littig/Menz 2005, S. 33. 347 Sammelbegriff für offene oder teilstandardisierte Befragungen von Experten zu einem vorgegebenen Thema. 343 3.2 13.12.13 16:37 Seite 76 76 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Anwendung finden, wenn auch mit unterschiedlicher Aufgabenstellung.348 Die Methode dient zur Generierung von Spezialwissen über die zu erforschenden Sachverhalte.349 Gemäß der konstruktivistischen Definition handelt es sich bei Experten um Personen, die: • über relevantes Wissen über einen bestimmten Sachverhalt verfügen, • in irgendeiner Weise Verantwortung für Entwurf, Implementierung oder Kontrolle einer Problemlösung tragen und • über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personen oder Entscheidungsprozesse verfügen.350 Die konkrete Auswahl der Experten erfolgt gemäß dem Forschungsinteresse der jeweiligen Phase des Forschungsprozesses. Da der Autor zur Zeit der Erhebung selbst in der Pharmaindustrie tätig war, wurden die Ärzteinterviews von einem externen Dienstleister durchgeführt, um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden. Vorabbefragung Die Auswahl der Interviewpartner der Vorabbefragung konzentriert sich auf Leitende Angestellte der Pharma- oder Medizinproduktebranche mit über fünf Jahren Branchenerfahrung. Funktion Branchenzugehörigkeit351 Pharmakonzern 1 (> 10.000 MA) Teamleiter Vertrieb > 13 Jahre Pharmakonzern 2 (>10.000 MA) Leiter Key Account Management Schweiz > 6 Jahren # Unternehmen 1 2 3 Pharmakonzern 3 (>10.000) Teamleiterin Gesundheitsökonomie > 5 Jahren 4 Medizinproduktehersteller (<500) Geschäftsführer > 18 Jahren 5 Pharmazeut. Lohnhersteller (<500) Gesellschafter > 15 Jahren Tabelle 14: Auswahl Interviewpartner Expertenbefragung Mai 2009. Quelle: Eigene Darstellung Explorative Phase Ziel der Experteninterviews in dieser Phase ist die thematische Sondierung der aktuellen Situation und Ausgestaltung von IM in Pharmaunternehmen, um daraus erste kausale Thesen im Abgleich mit den theoretischen Erkenntnissen abzuleiten. Die Erhebung erfolgt mittels intensiver Expertengespräche in teilstrukturierter Form mit dem Ziel, auch unbewusste Motive und Prozesse von IM aufzudecken.352 Diese explorativen Interviews werden möglichst offen geführt, um freie Antworten zu erhalten und damit einen größeren Einblick in das Forschungsfeld zu bekommen. Zur Erhöhung der Vergleichbarkeit der qualitativen Daten erfolgt die Befragung anhand von Leitfadeninterviews.353 348 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 314, Gläser/Laudel 2010, S. 111. Vgl. Gläser/Laudel 2010, S. 11. 350 Vgl. Mayer 2008, S. 41, Bogner/Littig/Menz 2005, S. 40, Meuser/Nagel 1997, S. 484. 351 Zum Zeitpunkt der Expertenbefragung 352 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 315, Yin 2009, S. 107. 353 Vgl. Appendix A. 7. 349 3.2 13.12.13 16:37 Seite 77 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 77 Leitfäden dienen zudem als Orientierung und Gerüst für die Fragenstruktur und ermöglichen damit dem Interviewer Kompetenz in der Thematik zu demonstrieren. Dies ist insbesondere im Umgang mit den hier befragten Experten aufgrund ihrer Position und Berufserfahrung von Bedeutung.354 Um ein möglichst vollständiges Bild der aktuellen Situation in Bezug auf Gestaltung, Wahrnehmung und Wirkung von IL zu erhalten, werden Interviews mit Experten der Sender- und Empfängerseite durchgeführt. Auf Senderseite handelt es sich bei den Befragten um Marketingexperten mit langjähriger Erfahrung (>10 Jahre) bei der Vermarktung verschreibungspflichtiger Arzneimittel auf dem deutschen Markt (n=10). Ein weiteres Auswahlkriterium ist eine langjährige Führungserfahrung in diesem Bereich (>5 Jahre), so dass auch Wissen über strategische Ausrichtung der Maßnahmen und damit auch der IL zu vermuten ist. Ebenso von Bedeutung ist die Kenntnis und die Durchführung von bereits bekannten Leistungsarten im Pharmamarketing, welche gemäß der theoretischen Erkenntnisse der Desk Research dem IM zuzuordnen sind. Die Auflistung der Experten und deren Auswahlkriterien befinden sich im Appendix A. 6. Die Durchführung der Interviews erfolgte telefonisch. Auf Empfängerseite werden Ärzte befragt, welche Kenntnis von IL der Pharmaindustrie besitzen und mindestens zwei dieser Leistungen beansprucht haben (n=10). Deren Aussagen dienen zur Herleitung möglicher Arten und Erfolgsfaktoren des IM. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um API, die mit 60.262 Ärzten (22.845 Internisten + 37.417 Allgemein und praktische Mediziner) die größte Arztgruppe in Deutschland bilden.355 Ziel ist es, Experten auf der Empfängerseite zu befragen, die bereits mehrfach mit IL in Kontakt gekommen sind und diese somit besser bewerten können. Daher wurden nur Ärzte ausgewählt, die länger als fünf Jahre niedergelassen sind, eine eigene Praxis führen und zwischen 35 und 60 Jahre alt sind. Ein deskriptives Kriterium für die Arztpraxen ist die Rate an Privatpatienten (PKV) pro Praxis. In Deutschland sind 9 Mio. Personen privat und 69,7 Mio. Personen gesetzlich versichert.356 Praxen mit hohem PKV-Anteil gelten allgemein als wirtschaftlich gesünder als Praxen mit geringem PKV-Anteil. Für das Forschungsprojekt ist von Interesse, ob Unterschiede in Wahrnehmung und Wirkung bezüglich dieser Eigenschaft erkennbar sind. Aus diesem Grund finden sich Praxen unter und über einem PKV-Anteil von 20% in der Befragung. Qualitativ-empirische Phase Aufbauend auf den Erkenntnissen der explorativen Phase, sind Experteninterviews ebenfalls Bestandteil der ausgewählten Fallstudien und erfüllen hier eine theoriegenerierende Funktion. Dabei geht es um die Erschließung und analytische Rekonstruktion der subjektiven Dimension des Expertenwissens in Bezug auf implizite Entscheidungsmechanismen aus einem bestimmten fachlichen Funktionsbereich, in diesem Fall der spezifischen IL. Die Vergleichbarkeit der Aussagen wird methodisch wiederum durch das Leitfadeninterview und empirisch durch die organisatorisch354 Vgl. Bogner/Littig/Menz 2005, S. 37, Bortz/Döring 2006, S. 314, Mayer 2008, S. 37. Vgl. Bundesärztekammer 2012, S. 12, 14. 356 Vgl. Verband der privaten Krankenversicherung 2012, http://www.pkv.de/zahlen/, Stand: 30.11.2012, Bundesministerium für Gesundheit 2013, S. 4. 355 3.2 13.12.13 16:37 Seite 78 78 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen institutionelle Einbindung der Experten sichergestellt.357 Somit ist es durch die folgende interpretative Generalisierung durch Vergleich der Fallstudien möglich, theoriegenerierende Aussagen bzw. Hypothesen abzuleiten.358 Der verwendete Leitfaden verfügt ebenfalls über offene, jedoch ausdifferenziertere Fragen, welche die Erkenntnisse der vorangegangenen Stufe aufgreifen. Wiederum sind Experten beider Seiten einbezogen: sowohl beteiligte Marketingexperten (n=6), welche an der Gestaltung und Erbringung der untersuchten IL maßgeblich beteiligt waren, als auch Ärzte (n=18), welche diese IL in Anspruch genommen haben.359 Sämtliche Interviews mit den Marketingexperten wurden telefonisch durchgeführt. Die Experteninterviews mit den teilnehmenden Ärzten hingegen erfolgten persönlich. Nach Zustimmung der Befragten erfolgte die Aufzeichnung der Gespräche auf Tonband. Zur Sicherstellung einer vollständigen Auswertung der Informationen wurden ergänzend zu den Gesprächsnotizen sämtliche Aufnahmen im Nachgang transkribiert. Gruppendiskussionen (Fokusgruppen) Eine weitere Interviewtechnik, welche im Forschungsprojekt Anwendung findet, ist die Gruppendiskussion bzw. Fokusgruppe. Gruppendiskussionen werden zur Theoriebildung oder Hypothesenprüfung eingesetzt.360 Die abschließende Diskussion der Erkenntnisse und hergeleiteten Hypothesen führt desweiteren zur Steigerung der Konstruktvalidität. Die Technik der Gruppendiskussion ermöglicht es zudem, psychische Sperren bezogen auf sensible Themen (z. B. IL und deren Auswirkung auf das Verschreibungsverhalten) zu durchbrechen.361 Die Erkenntnisse zu IM werden daher in strukturierter Form anhand eines Leitfadens mit einer Ärzte-Fokusgruppe (n=8 Teilnehmer) und einer Marketingexperten-Fokusgruppe (n=3 Teilnehmer) moderiert diskutiert.362 Aufgrund der besseren Erreichbarkeit der Teilnehmer erfolgte letztere in Form einer Telefonkonferenz. Tabelle 15 gibt einen Überblick der Beiträge, welche die spezifischen Methoden zur Beantwortung der Forschungsfragen liefern. 357 358 359 360 361 362 Vgl. Bogner/Littig/Menz 2005, S. 38. Vgl. Yin 2009, S. 53, Bogner/Littig/Menz 2005, S. 38. Vgl. Tabelle 20 in Kapitel 3.3.2. Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 320, Yin 2009, S. 41. Vgl. Mayring 2002, S. 77. Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 319. 3.2 13.12.13 16:37 Seite 79 79 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen F# Forschungsfrage Methode Ergebnisse Welche Ausprägungen von Indirect Marketing existieren in Wissenschaft und Praxis? Literaturreview • Identifikation und Beschreibung von geeigneten theoretischen Ansätzen und Modellen mit Erklärungsbeitrag zu IM • Ableitung einer Definition und Kategorisierung von IL in Pharmaunternehmen Explorative Experteninterviews (Ärzte/ Marketingexperten) • Identifikation und Beschreibung aktueller Ausprägungen indirekter Leistungsarten in Pharmaunternehmen • Erklärungsbeitrag zur Kategorisierung von IL Dokumentenanalyse • Ergänzung der empirischen Daten Wie werden IL wahrgenommen und eingeschätzt? Literaturreview • Theoretische Fundierung und Erklärungsbeitrag zum Übertragungseffekt von IM auf die Kernleistung Wie werden IL wahrgenommen und eingeschätzt? Literaturreview 1 2 3 Welche Faktoren müssen IL erfüllen, um beim Empfänger „Arzt“ eine positive Wirkung im regulierten Marktumfeld zu erzielen? 4 • Identifikation wissenschaftlicher Erklärungsbeiträge verwandter Forschungsgebiete zu Einflussgrößen auf die Wahrnehmung und deren Verarbeitung beim Empfänger Explorative Experteninterviews (Ärzte/ Marketingexperten) • Identifikation von Bedürfnissen der Ärzte • Ergänzung der Einflussgrößen auf die Wahrnehmung • Identifikation von Gaps in der Wahrnehmung von IM bei Ärzten und Marketingexperten • Herleitung erster kausaler Thesen Theoriegenerierende Experteninterviews (Fallstudien) • Beschreibung und Erklärung der Wahrnehmung und Wirkweise konkreter IL • Ableitung von IL-Erfolgsfaktoren Weiterentwicklung der kausalen Thesen zu Hypothesen Fokusgruppen (Ärzte/ Marketingexperten) • Überprüfung der Hypothesen zur Wahrnehmung von IL Literaturreview • Identifikation und Erklärung von Eigenschaften von IL mit erfolgskritischer Bedeutung Explorative Experteninterviews (Ärzte/ Marketingexperten) • Bestätigung/Erweiterung der Erkenntnisse aus dem Literaturreview Dokumentenanalyse • Identifikation von erfolgsrelevanten Gestaltungsfaktoren von IL Theoriegenerierende Experteninterviews (Fallstudien) • Ermittlung der Ausprägungen der IL Gestaltungsfaktoren unter situativen Rahmenbedingungen • Weiterentwicklung der kausalen Thesen zu Hypothesen • Gestaltung eines IM-Konzepts Fokusgruppen • Überprüfung der hergeleiteten Hypothesen zur Wirkung von IL (Ärzte/Marketingexperten) 5 Welche IL sollte ein Pharmaunternehmen zur Ansprache der Ärzte nutzen, um positiv rücksichtig zu werden? Theoriegenerierende Experteninterviews (Fallstudien) • Ableitung von wissenschaftlichen und praktischen Implikationen aus den Erkenntnissen der Fallstudien Tabelle 15: Beiträge der einzelnen Forschungsmethoden Quelle: Eigene Darstellung. 3.2 13.12.13 16:37 Seite 80 80 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 3.3.2 Auswahl der Fallstudien Das Forschungsprojekt verfolgt einen ganzheitlich multiplen Fallstudienansatz zur Untersuchung von IL der Pharmaunternehmen.363 Die ausgewählten Fallstudien müssen einen guten Überblick und Einblick in Bezug auf gemeinsame und unterschiedliche Ausprägungen der IL liefern, um hypothesengenerierend sein zu können. Gemäß der „Replication logic“ nach Yin ist darauf zu achten, dass die Fallstudien entweder gleiche (=literal replication) oder gegensätzliche Erkenntnisse (=theoretical replication) versprechen.364 Eisenhardt/Graebner (2007) verweisen in diesem Zusammenhang auf „polar types“, also Fälle mit gegensätzlichen Ausprägungen oder Situationen. Für die Analyse der Wahrnehmung und Wirkung von IM ist die Betrachtung unterschiedlicher Ausprägungen von Interesse, um kausale Thesen bestätigen oder ausschließen und diese somit zu robusten Hypothesen weiterentwickeln zu können. Die Ergebnisse der explorativen Phase liefern mehrere Auswahlkriterien, deren konträre Ausprägungen interessante Erkenntnisse zur Beantwortung der Forschungsfragen versprechen.365 Ziel ist es jede Ausprägung, zumindest in einem Fall, vertreten zu haben, um deren Auswirkungen vergleichen zu können. Die Selektion der Fallstudien lehnt sich an den Erkenntnissen der explorativen Phase an und erfolgt anhand folgender Kriterien. Pharmamanager unterscheiden IL anhand der Zielgruppe für die sie erstellt werden. Hierzu zählen Ärzte, Apotheker, Patienten als auch Zielgruppen mit Einfluss auf Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens wie die Politik, KK oder KaV. Da Ärzte, wie beschrieben, als Hauptzielgruppe der Pharmaunternehmen gelten, konzentriert sich das vorliegende Forschungsprojekt auf IL für diese Zielgruppe. Um ein abgerundetes Bild des IM im Pharmaumfeld beschreiben zu können, sind Fälle aus jeder der drei unter Kapitel 3.1 vorgestellten Leistungskategorien für die Zielgruppe „Arzt“ enthalten. Klassifizierung IL Zielgruppe Arzt Apotheke Patient Leistungskategorie Indikation Praxis Image Politik, KK, KaV Tabelle 16: Klassifizierung der zu untersuchenden Fallstudien Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte & Marketingmanager 2011. Die Aussagen der geführten Experteninterviews, sowie die Häufigkeit der Nennungen deuten auf eine unterschiedliche Bedeutung der Kategorien hin. Leistungen mit Indikationsbezug verfügen anscheinend über die höchste Priorität, da sie gemäß der Pharmamanager über eine bessere Differenzierungsmöglichkeit mit einem höheren Erfolgspotenzial verfügen. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass sie, wie definitorisch gefordert, thematisch näher an der Kernleistung angesiedelt sind, als die Leistungen mit Praxis- oder Imagebezug. Um dem Rechnung zu tragen, umfasst die Stichprobe drei indikations-, zwei praxis- und eine imagebezogene Leistung. 363 Vgl. Yin 2009, S. 46ff zu „holistic multiple-case designs“. Vgl. Yin 2009, S. 54. 365 Vgl. Explorative Expertengespräche Ärzte Mai 2011, Explorative Expertengespräche Marketingmanager März 2011. 364 3.2 13.12.13 16:37 Seite 81 81 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen IL sind in erster Linie Bestandteil des spezifischen Leistungssystems eines Unternehmens. Unternehmensbezogene situative Faktoren dienen daher dazu, anhand deren unterschiedlicher Ausprägungen, Effekte auf den Erfolg von IL zu untersuchen. Erstes polarisierendes Auswahlkriterium ist die Unternehmensgröße. Hier stellt sich die Frage, ob der IL-Erfolg von diesem Faktor abhängig ist. Umsatz- und mitarbeiterstärkeren Unternehmen schreiben einige der Experten bessere Kompetenzen und Kapazitäten zu, um IL zusätzlich zu dem üblichen Marketing-Mix zu initiieren. Im Gegensatz hierzu verknüpfen andere Experten die Eigentumsverhältnisse mit dem Erfolg über die langfristige Ausrichtung von IL: „Die Marketingverantwortlichen denken kurzfristig. Wenn Sie aktiennotiert sind in Amerika, dann werden Sie gute Nachrichten generieren. Das entspricht nicht einem langfristigen Ansatz. Firma A und Firma B sind inhabergeführt, keine Aktiengesellschaften 366. Typisch. Die können sich das leisten, weil der Inhaber sagt: „Ich will das so“. Das könnte sich der Börsennotierte gar nicht leisten.“ 367 Ein weiteres polarisierendes Auswahlkriterium ist die Außendienstaktivität des Pharmaunternehmens. Das bisherige Pharma-Geschäftsmodell basiert auf dem Einsatz eines wenn auch schrumpfenden aber dennoch großen Pharmareferenten-Außendienstes. Dieser ist gleichzeitig für nahezu alle Unternehmen der Hauptkommunikationsweg mit dem Kunden „Arzt“ und wird daher auch von einigen Experten als „teuerstes Marketinginstrument gesehen.368 Im Zuge der explorativen Phase konnten Pharmaunternehmen identifiziert werden, welche auf den Außendienst gänzlich verzichten und stattdessen ausschließlich IM einsetzen. Dies ermöglicht eine nahezu unverfälschte und exaktere Analyse der Wirkung von IL ohne Störfaktoren anderer Marketing- oder Vertriebsinstrumente. Zusammengefasst ergibt sich somit folgendes Raster relevanter unternehmensbezogener situativer Faktoren zur Auswahl der Fallstudien. Unternehmensbezogene situative Faktoren Unternehmensgröße Groß (Umsatz > 100 Mio €) Klein (Umsatz < 100 Mio €) Eigentumsverhältnisse Familienunternehmen Aktiengesellschaft Außendienstaktivität Ja Nein Private Equity Tabelle 17: Unternehmensbezogene situative Faktoren Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Marketingmanager März 2011. Des Weiteren wurden explizit produktbezogene situative Faktoren in der explorativen Phase in Gesprächen mit Pharmamanagern genannt, welche einen Einfluss auf den erfolgreichen Einsatz haben sollen. Produktbezug ist jedoch einerseits definitorisch für IM ausgeschlossen. Andererseits beziehen sich die Leistungen, wie beschrieben, eher auf eine übergeordnete Kompetenz des Unternehmens. Daher fließen diese Faktoren nicht in die Auswahlkriterien für die Fallstudien ein. Um jedoch im Rahmen der qualitativempirischen Phase dennoch mögliche Effekte zu identifizieren, werden diese produktbezogenen Kategorien in das Analyseraster in Kapitel 4 integriert. 366 Unternehmensnamen von Autor anonymisiert. Vgl. Explorative Expertengespräche Marketingmanager März 2011. 368 Vgl. ebd. 367 3.2 13.12.13 16:37 Seite 82 82 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Produktbezogene situative Faktoren Produktlebenszyklus (PLZ) Einführung Wachstum Sättigung Degeneration Einsatzbereich des Arzneimittels Prävention akut/ungefährliche Erkrankung akut/gefährliche Erkrankung Chronische Erkrankung Wettbewerbssituation Patentgeschützt Generischer Wettbewerb Oligopol Tabelle 18: Produktbezogene situative Faktoren Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Marketingmanager März 2011. Ebenfalls wurde darauf geachtet, typische als auch extreme Fälle in der Untersuchung einzubeziehen.369 Unter Berücksichtigung der aufgeführten situativen Auswahlkriterien, sowie des notwendigen vorhandenen Zugangs zu den Unternehmen, Interviewpartnern und Daten umfasst das Forschungsprojekt die sechs Fallstudien. Diese sind im Folgenden anhand ihrer Zugehörigkeit zur entsprechenden Leistungsart sortiert. # Fallstudien/ Auswahlkriterien Leistungsart Firma370 Unternehmens- Eigentumsgröße371 verhältnis Außendienstaktivität 1 Medizinischer Beratungsservice Indikationsbezug Pharmacon < 140 MA372 < 100 Mio. € Familienunternehmen Nein 2 Aufklärungskampagne Impfung Indikationsbezug Vaximed 300 MA > 100 Mio. € Aktiengesellschaft Ja 3 Internetinformationsplattform Indikationsbezug Respipharma 400 MA > 100 Mio. € Private Equity Ja 4 Reisemedizinischer Service Praxisbezug Vaximed 300 MA > 100 Mio. € Aktiengesellschaft Ja 5 Notfalltraining Praxisbezug Respipharma 300 MA > 100 Mio. € Private Equity Ja 6 kinderwelten Award Imagebezug Vaximed 300 MA > 100 Mio. € Aktiengesellschaft Ja Tabelle 19: Auswahlkriterien der Indirect Marketing Fallstudien Quelle: Eigene Darstellung Indikationsbezogene Leistungen Fallstudie 1 beschäftigt sich mit den indikationsbezogenen IL der Firma Pharmacon GmbH. Diese umfassen den in dieser Form einzigartigen exklusiven medizinischen Beratungsservice, sowie hochwertige Fortbildungsprogramme für Ärzte, welche zusammen die Hauptinstrumente des Marketingmix repräsentieren. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um ein mittelständisches familiengeführtes Unternehmen, welches auf Entwicklung, Produktion und Vertrieb von infektologischen Arzneimitteln für die Pädiatrie spezialisiert ist.373 Ohne Außendienstaktivität, jedoch mit intensivem Einsatz von IM, gelingt es dem Unternehmen nahezu jährlich, ein zweistelliges prozentuales Umsatzwachstum zu generieren. Diese außergewöhnliche Erfolgsgeschichte durch 369 Vgl. Gläser/Laudel 2010, S. 98f. Unternehmensnamen sind anonymisiert. 371 Angaben zu Marketing & Vertriebsgesellschaften; Umsatz bezogen auf Sell-Out 2010. 372 Angabe umfasst alle Mitarbeiter des Unternehmens inklusive Produktion. Ohne Produktion ca. 50 Mitarbeiter. 373 Pädiatrie = Kinderheilkunde 370 3.2 13.12.13 16:37 Seite 83 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen 83 exklusiven Einsatz von IM ist in dieser Konstellation in Deutschland sehr selten, so dass die Untersuchung dieses Falls für das Forschungsprojekt von besonderem Interesse ist. Die Analyse der erfolgsrelevanten Eigenschaften erlaubt es in diesem Fall, den Effekt der IL ohne Störeffekte anderer Marketinginstrumente optimal nachzuvollziehen. Da die IL bei nahezu allen Auswahlkriterien die konträre Ausprägung zu den anderen Fallstudien einnimmt, können zudem Rückschlüsse auf deren Bedeutung gezogen werden. Der Schwerpunkt der Forschungsarbeit liegt daher auf dieser Fallstudie als „Best Case“. Insbesondere die Betrachtung der Konfiguration des vermittelten Kundennutzens dieser IL ist von Interesse. Fallstudie 2 bezieht sich auf indikationsbezogene Leistungen im Rahmen einer breit angelegten Launch- und Aufklärungskampagne für einen neuen Impfstoff der Firma Vaximed GmbH gegen eine häufig tödlich verlaufende Krankheit. Diese Kampagne umfasst innovative Ansätze des IM, wie die Einbindung der für Pharmamarketing unüblichen Above-the-Line Kommunikation (ATL) in Form einer Laienkampagne sowie speziell konzipierte Fortbildungsprogramme für Ärzte. Da für diese IL mehrere Kommunikationskanäle Anwendung fanden, steht besonders der Faktor Kommunikation im Fokus. Vaximed ist als einziges Pharmaunternehmen auf die Herstellung und den Vertrieb von Impfstoffen in Europa spezialisiert. In Deutschland ist das Unternehmen durch eine reine Marketing- und Vertriebsgesellschaft vertreten und betreut in erster Linie Pädiater, API und Gynäkologen. Im Gegensatz zu Pharmacon verfügte das Unternehmen über einen eigenen Arztaußendienst von ca. 300 Mitarbeitern zur Zeit der Durchführung der IL. IM nimmt bei Vaximed eine exponierte Position im Marketingmix ein. Da sich IL in diesem Unternehmen über alle drei Leistungskategorien ziehen, bietet sich zusätzlich die Möglichkeit des direkten Vergleichs der Erkenntnisse innerhalb desselben Unternehmens an. Fallstudie 3 befasst sich ebenfalls mit einer indikationsbezogenen IL in Form einer Informationsplattform für Ärzte, welche im Vorfeld des Launch eines neuen Arzneimittels für schwere Atemwegserkrankung aktiviert wurde. Die Respipharma Deutschland GmbH ist in verschiedenen Rx-Bereichen und OTC aktiv. Das internationale Pharmaunternehmen ist im Besitz von mehreren Private Equity-Gesellschaften. Mit 200 Pharmareferenten betreut Respipharma API sowie Spezialisten, wie Pneumologen. In Bezug auf den Erfolg der IL repräsentiert dieser Fall die konträre Position des Kontinuums und ist daher im Laufe des Forschungsprojekts ergänzt worden. Er ermöglicht es, Hypothesen in Bezug auf erfolgsrelevante Faktoren im direkten Vergleich mit erfolgreicheren Fällen zu schärfen. Praxisbezogene Leistungen Fallstudie 4 repräsentiert eine der beiden untersuchten Fallstudien der Kategorie „Praxisleistung“. Diese stellt ein umfassendes reisemedizinisches Beratungsangebot dar, welches in Kooperation mit der Vaximed GmbH entwickelt und Ärzten mit Spezialisierung in Reisemedizin über mehrere Jahre angeboten wurde. Dieser Fall erlaubt insbesondere die Beleuchtung der Bedeutung und Ausprägung von Kooperationspartnern für IM. 3.2 13.12.13 16:37 Seite 84 84 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen Fallstudie 5 beschreibt eine praxisbezogene IL der Respipharma Deutschland GmbH in Form von eigens durchgeführten Notfalltrainings für medizinisches Personal in Arztpraxen. Die Maßnahme wurde nicht flächendeckend vom Unternehmen eingesetzt, konnte jedoch in einigen Außendienstgebieten sehr erfolgreich angewendet werden. Von besonderem Interesse ist daher in diesem Fall die Untersuchung der benötigten Kompetenz des Unternehmens sowie der beteiligten Mitarbeiter, um IL erfolgreich einsetzen zu können. Imagebezogene Leistungen Fallstudie 6 dient dazu, die dritte IL-Kategorie zu untersuchen. Wiederum handelt es sich um eine IL der Vaximed GmbH, welche über mehrere Jahre unterstützt wurde. Beim „kinderwelten Award“ handelt es sich um eine kontinuierliche soziale Marketingaktivität einer unabhängigen Stiftung, welche neben Presseaktivitäten auch eine jährlich stattfindende Benefizgala mit geladenen Gästen umfasst. Da diese IL langfristig angelegt war, ermöglicht sie die Untersuchung möglicher Effekte der am weitesten von der Kernleistung entfernten IL-Kategorie. Wie erläutert, ist es das Ziel der Untersuchung, beide Seiten des Leistungserstellungsprozesses im Rahmen der Fallstudien zu beleuchten. Aus Sendersicht sind daher in jeder Fallstudie Marketingexperten der jeweiligen Unternehmen (n=6) involviert, die mit der jeweiligen IL vertraut sind und diese verantwortet haben. Auf der Empfängerseite sind je nach Priorisierung der Fallstudie mehrere Ärzte unter Berücksichtigung des Zugangs und Erhebungsaufwands im Verhältnis zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse eingebunden (n=18). Tabelle 20 gibt einen Überblick der Verteilung der Interviewpartner pro Fallstudie. Empfänger „Ärzte“ # Fallstudien Unternehmen API Pädiater 5 Pharmacon 1 Vaximed 4 Respipharma 1 4 Medizinischer Beratungsservice Aufklärungskampagne Impfung Internetinformationsplattform Reisemedizinischer Service Vaximed 5 Notfalltraining Respipharma 6 kinderwelten Award Vaximed 1 2 3 Pneumologe Summe „Ärzte“ Sender „Marketingexperten“ 6 1 4 1 2 1 3 3 1 2 2 1 1 1 1 1 Tabelle 20: Übersicht der Expertenverteilung je Fallstudie Quelle: Eigene Darstellung Je höher die Bedeutung der Fallstudie zur Gewinnung zusätzlicher Erkenntnisse für das Forschungsprojekt, desto mehr Ärzte wurden befragt, um ein exakteres Bild der Wahrnehmung und Wirkung zu erzielen. Des Weiteren werden auch Facharztgruppen berücksichtigt, welche von der spezifischen IL angesprochen werden. Fallstudie 1 und 6 beziehen daher Pädiater als Facharztgruppe ein. Zudem ist bei Fallstudie 3 neben einem API auch ein Pneumologe integriert. Die Rekrutierung erfolgte zufällig anhand 3.2 13.12.13 16:37 Seite 85 85 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen der Auswahlkriterien, unabhängig vom jeweiligen Unternehmen, um einer möglichen Beeinflussung und positiven Verzerrung der Antworten vorzubeugen. Die Durchführung der theoriegenerierenden Experteninterviews fand bei den Ärzten face-to-face und bei den Pharmamarketingmanagern telefonisch im Zeitraum von September bis Oktober 2011 statt. Die für die Erhebung verwendeten Interviewleitfäden befinden sich im Appendix. 3.3.3 Datenauswertung Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgt in beiden Erhebungsphasen mittels der qualitativen Inhaltsanalyse, jedoch mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Ziel der Inhaltsanalyse ist es, Daten systematisch zu analysieren, indem das Material anhand des theoriegeleiteten Kategoriensystems bearbeitet und zur Beantwortung der Forschungsfragen strukturiert wird.374 Abbildung 27 verdeutlicht das Vorgehen bei der Datenauswertung grafisch. Die verarbeiteten Daten beziehen sich auf den jeweiligen Zeitrahmen der IL-Erbringung bzw. der Datenerhebung. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf Fallstudie 1. Da dieses Unternehmen sich ausschließlich auf IM konzentriert, verspricht dieser „Best Case“ die umfassendsten Einblicke und Erkenntnisse in die Wirkweise des IM. Die weiteren Fallstudien liefern ergänzende Beiträge durch den direkten Vergleich im Rahmen der Cross-Case-Analyse. Explorative Phase Theoretische Vorüberlegungen Qualitativ-empirische Phase Abgleich mit Theorie Abgleich mit Theorie Abgleich mit Theorie Auswertung der Erkenntnisse In-Case Analysen Cross-Case Analyse & Synthese Aufbereitung der Ergebnisse Aufbereitung der Ergebnisse Abgleich mit Fokusgruppen Extraktion relevanter Erkenntnisse Extraktion relevanter Erkenntnisse Explorative Experteninterviews Fallstudien theoriegen. Interviews Abbildung 27: Prozess der Datenauswertung Quelle: Eigene Darstellung Als Datenquelle dienen die beschriebenen Experteninterviews und die Dokumente aus der Dokumentenanalyse, wie Unternehmenspräsentationen, Marktdaten, Werbematerialien sowie Exemplare materieller IL. Die Dokumente verfügen in erster Linie über eine 374 Vgl. Mayring 2002, S. 114, Gläser/Laudel 2010, S. 200. 3.2 13.12.13 16:37 Seite 86 86 3 Empirisch konzeptionelle Grundlagen deskriptive Funktion zur Beschreibung der spezifischen Situation der jeweiligen Fallstudie. Im Anschluss an die Experteninterviews beider Phasen erfolgt die vollständige Transkription als Basis für eine ausführliche interpretative Auswertung der Daten.375 Auf Basis der theoretischen Vorüberlegungen erfolgt die Auswertung der explorativen Experteninterviews mit Hilfe der Inhaltsanalyse als Zusammenfassung, um das Material zu reduzieren, so dass die wesentlichen Inhalte herausgefiltert werden. Diese induktive Vorgehensweise dient zur Herleitung der unter Kapitel 3.1 dargestellten Kategorien der IM-Typologie und somit als Basis für die Fallstudienauswahl. Darüber hinaus ergänzen die Interviews die theoretischen Erkenntnisse zur Bestimmung von Beurteilungskriterien, anhand derer die Fallstudien analysiert werden können. Ebenso werden erste kausale Thesen zur Wahrnehmung und Wirkung des IM abgeleitet. Diese Kontextfaktoren werden zu Kategorien zusammengefasst und fließen in das Analyseraster für die zu untersuchenden Fallstudien ein.376 In der qualitativ-empirischen Phase findet die qualitative Inhaltsanalyse mit strukturierender Funktion Anwendung. Anhand des hergeleiteten Suchrasters werden bestimmte Strukturen aus dem Material gefiltert und Erkenntnisse zu den Ausprägungen der Kontextfaktoren extrahiert. Zu diesem Zweck werden sämtliche Transkripte der Experteninterviews innerhalb der Fallstudien codiert, um den Text indizieren und auswerten zu können. Relevantes Material wird herausgefiltert, zusammengefasst und aufbereitet. Die Ausprägungsbeschreibung und Analyse der Kontextfaktoren erfolgt interpretativ. Ergebnis ist eine strukturierte Informationsbasis, welche die empirischen Ergebnisse zusammenfasst und durch die Synthese finale Aussagen zu Kontextfaktoren sowie kausalen Zusammenhängen ermöglicht.377 Zur Erhöhung der Plausibilität der Ergebnisse werden diese in jeder Phase mit dem aktuellen Forschungsstand abgeglichen. Die Synthese der Erkenntnisse aus den Fallstudien erfolgt anhand des Abgleichs der Ausprägungen (pattern matching) und deren Erklärung (explanation building) im Rahmen der Cross-Case Analyse und Synthese. Diese Vorgehensweise ermöglicht die Stärkung der Ergebnisse auch in Bezug auf die interne Validität.378 Ziel ist es anhand der gewonnenen Erkenntnisse, die kausalen Thesen weiterzuentwickeln, IM-Erfolgsfaktoren zu identifizieren und Gestaltungsempfehlungen für die Praxis abzuleiten. 375 Vgl. Mayring 2002, S. 89. Vgl. Gläser/Laudel 2010. S. 199ff., Mayring 2002, S. 115f. 377 Vgl. Gläser/Laudel 2010. S. 200ff., Mayring 2002, S. 118f. 378 Vgl. Yin 2009, S. 136, 141, 156. 376 4.2 13.12.13 16:37 Seite 87 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 87 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Im folgenden Kapitel werden die theoretischen Grundlagen mit Erkenntnissen der explorativen Phase ergänzt, um das Basismodell der Wirkungsweise von IM herzuleiten. Es dient als Analyseraster für die Fallstudien und wird in der qualitativ-empirischen Phase in Kapitel 5 weiter verfeinert. Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes steht die Wahrnehmung und Wirkung der IL beim Empfänger „Arzt“. Die Kenntnis derer Bedürfnisse und der aktuellen Wahrnehmung der IL sind elementar, um aktuelle Abläufe und die Reaktion auf IL besser zu verstehen und damit Erfolgskriterien ableiten zu können. Kapitel 4.1 ergänzt daher zunächst theoretische mit explorativen Erkenntnissen, um ein besseres Verständnis für die Bedürfnisstruktur sowie die Wahrnehmung des Empfängers „Arzt“ zu entwickeln. Wie vorher erwähnt, orientiert sich das erarbeitete Wirkungsmodell am S-O-RParadigma. Das Analyseraster umfasst zur Beantwortung der Forschungsfragen Faktoren aller drei Bereiche, die unter Kapitel 4.2 hergeleitet werden. Die IL stellt dabei den Stimulus (S) dar, der durch bestimmte Ausprägungen eine konkrete Wirkung verursacht. Um diese unterschiedlichen gestalterischen Ausprägungen der Leistungen zu beschreiben, bieten sich die strategischen Dimensionen gemäß dem Customer Value-Modell an.379 Diese stellen ein optimales, bewährtes Analyseraster dar, um die Organisation von IL in Unternehmen zu untersuchen und um zur Beantwortung der Forschungsfragen beizutragen. Auf die Themenschwerpunkte dieser Gestaltungsfaktoren wird in Kapitel 4.2.1 eingegangen. Im weiteren Prozessverlauf trifft die spezifisch gestaltete IL auf den Empfänger „Arzt“ (O), welcher die Information wahrnimmt, verarbeitet und bewertet, woraus eine bestimmte Reaktion (R) resultiert. Entscheidend für die Wirkung der IL ist deren Wahrnehmung durch den Arzt (O). Aus den Ausführungen zu den theoretisch-konzeptionellen Grundlagen wird deutlich, dass sowohl die „Qualität der IL“, als auch die „Glaubwürdigkeit des Senders“ eine besondere Rolle spielen.380 Diese können die Wahrnehmung und damit weitere Verarbeitung positiv wie negativ verstärken und fungieren dementsprechend als Moderatoren. Kapitel 4.2.2 führt theoretische Erkenntnisse mit den Ergebnissen der explorativen Expertengespräche zusammen, um Bestimmungsfaktoren der Wahrnehmung abzuleiten. Anhand dieser Bestimmungsfaktoren können innerhalb der Fallstudien Qualität und Glaubwürdigkeit der konkreten IL beschrieben und verglichen werden. Ebenso dienen sie dazu, besondere Auswirkungen auf die Wahrnehmung zu untersuchen. Kapitel 4.2.3 beschäftigt sich mit der Untersuchung der Reaktionen (R) des Arztes auf die IL. Die Wirkung unterteilt sich einerseits in die Inanspruchnahme der IL aufgrund eines ausgeprägten KV und damit der Chance auf nachhaltige Kundenloyalität in Bezug auf die IL. Wie in Abbildung 29 dargestellt, liefern IL einen KV als Differenz zwischen dem wahrgenommenen Nutzen und den Kosten der IL. Je höher diese Differenz ist, desto 379 380 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 126. Siehe Kapitel 2.2.3. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 88 88 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing mehr konsumieren Kunden, also auch Ärzte, gemäß dem Prinzip der Nutzenmaximierung. Ein hoher wahrgenommener KV resultiert wiederum in einer höheren Zahlungsbereitschaft und Kundenloyalität. Andererseits konzentriert sich die Untersuchung auf Erkenntnisse zum Verschreibungsverhalten bzw. zu Übertragungseffekten von IM auf das Kernprodukt „Arzneimittel“. Für das Forschungsprojekt ist insbesondere der Übertragungseffekt auf diese Kernleistung von Interesse. Die Ausführungen unter Kapitel 2.2.5 lassen einen solchen Effekt theoretisch-begründet bereits vermuten. Expertenaussagen sowohl von Ärzten als auch von Pharmamanagern untermauern ungestützt, dass Aktivitäten eines Herstellers unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen einen Einfluss auf das Verschreibungsverhalten haben können. Pharmamanager „Indirekte Maßnahmen können vielleicht sicherlich nochmehr ausrichten als die direkten Marketingsachen“ „Derjenige, der den besten Service bietet rund um das Thema „Impfen” und rund um das Produkt herum, der ist eigentlich auch derjenige, der letztendlich genommen wird vom Arzt.“ Ärzte Bewusst: „Der Außendienst ist immer sehr bemüht und tut viel für mich. Dann versuche ich auch das bei meinenerschreibungen zu berücksichtigen.“ Unbewusst: „Wenn ich vor dem Patienten sitze und der soll ein Sartan bekommen, dann fällt mir ein, dass vor zwei Tagen der Vocado-Außendienst da war und dann bekommt er Vocado, weil mir das dann gerade als Erstes einfällt.“ Abbildung 28: Expertenaussagen zur Wirkung des Indirect Marketing Quelle: Explorative Expertengespräche Ärzte & Marketingmanager 2011. Faktoren, welche einen Einfluss auf das Verhalten der Kundengruppe haben, lassen sich in subjektive, situative sowie relationale Faktoren zwischen dem Einstellungsobjekt und dem Empfänger unterteilen.381 Dabei beziehen sich subjektive Faktoren auf den Arzt selbst, situative auf die Rahmenbedingungen unter denen die Leistungserbringung stattfindet und relationale auf das Zusammenspiel zwischen „S“ und „O“. Die Wahrnehmung kann u. U. durch subjektive und situative Faktoren beeinflusst werden. In den folgenden Kapiteln wird daher das Analyseraster für die folgenden Fallstudien unter Hinzuziehung explorativer Erkenntnisse zu diesen Faktoren entwickelt. Kapitel 4.1 konzentriert sich dabei auf die subjektiven Faktoren des Empfängers „Arzt“. Die folgende Abbildung integriert die bisherigen Erkenntnisse zum IM Wirkmodell in das Leistungsschalenmodell nach Belz. 381 Vgl. Bohner/Wänke 2002. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 89 89 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 3 Dienstleistungen: Indirect Marketing Pharmaunternehmen Arzt S O Konfiguration Kommerzialisierung Kooperationen Kommunikation Kompetenz R Beurteilung der indirekten Leistung Kundenvorteil Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Wahrgenommener Nutzen Qualität der gesendeten Inhalte Wahrgenommene Kosten Zahlungsbereitschaft Kundenwert Kundenloyalität für ind. Leistung Übertragungseffekt auf Kernleistung 2 Sortiment 1 Produktgruppe 0 Produkt Verschreibungsverhalten Abbildung 29: Basis-Wirkungsmodell Indirect Marketing Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Belz/Bieger 2004, S. 126ff, Bieger/Reinhold 2011, S. 49. 4.1 Bedürfnisstruktur und Wahrnehmung indirekter Leistungen Empfänger des Stimulus „Indirekte Leistung“ ist im vorliegenden Forschungsprojekt der Kunde „Arzt“. Entsprechend des kundenorientierten Marketingansatzes gilt es, die Leistungen aus der Kundenperspektive heraus zu entwickeln und auf deren Bedürfnisse abzustimmen, um einen hohen KV zu erzielen. Ein grundlegendes Verständnis für den Arzt, seine subjektive Selbstwahrnehmung in Bezug auf situative berufliche Herausforderungen und die damit verbundenen Bedürfnisse tragen dazu bei, die erfolgreiche Gestaltung von IL sowie deren Wirkungsweise besser nachvollziehen zu können. Dieses Kapitel geht auf diese Bereiche ein und erfasst zudem explorativ die subjektive Wahrnehmung von IL bei Ärzten. Es fasst die Erkenntnisse aus den explorativen Ärzteinterviews zusammen. Aufgrund der Stichprobengröße sind die Aussagen nicht pauschal generalisierbar, tragen jedoch nachhaltig zu einem besseren Verständnis der Bedürfnisstruktur der Kundengruppe bei. 4.1.1 Bedürfnisstruktur der Ärzte Die befragten Ärzte nehmen sich selbst als lebenslange Begleiter eines Großteils ihrer Patienten wahr. Neben der medizinischen Versorgung umfasst die Versorgung der Patienten auch Hilfe und Beratung bei psychischen und familiären Problemen. Das Leistungsportfolio geht somit weit über das Verschreiben von Medikamenten hinaus. Vielfach sind solche Leistungen in Form zeitintensiver Gespräche jedoch nicht oder 4.2 13.12.13 16:37 Seite 90 90 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing nur erschwert über die Krankenkassen abrechenbar.382 Einer der befragten Ärzte beschreibt die berufliche Zielsetzung: „Prinzipiell ist man natürlich Arzt geworden, um Leuten zu helfen.“ Diese Aussage ist stellvertretend für alle geführten Arztgespräche. Ärzte nehmen eine wichtige Rolle im Leben der Patienten durch diese umfassenden Leistungen ein, erfahren dadurch oft deren Dankbarkeit und Anerkennung und somit auch eine angesehene Position in der Gesellschaft. Dankbarkeit und Wertschätzung nehmen für sie einen hohen Stellenwert ein. Allerdings erheben sie auch den Anspruch, dass diese gehobene Position entsprechend entlohnt wird.383 Der Motivation der Ärzte stehen die Herausforderungen und Restriktionen im Praxisalltag gegenüber. Abbildung 30 stellt die Motivatoren den Restriktionen gegenüber. Motivation Wahrgenommene Restriktionen Guter Arzt sein wollen, d.h.: • Zunehmende Verwaltungsaufgaben Weniger Zeit für die Patienten! • Menschen helfen ! (medizinisch, psychologisch, familiär, ...) • Undurchsichtige Abrechnung von Leistungen Drohende Einkommensverluste! • Eine gut funktionierende Praxis führen • Immer auf dem aktuellen Stand sein • Eigenes Auskommen / Verdienst sicherstellen • Behandlung entlang gesetzlicher Vorgaben Therapieplan von außen vorgeschrieben! Abbildung 30: Gegenüberstellung Motivatoren vs. wahrgenommenen Restriktionen im Praxisalltag Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Respipharma Studie Mai 2011 (unveröffentlichtes Dokument). Die Nennungen zu dem persönlichkeitsbezogenen Bedürfnis ein „guter Arzt sein“ zu wollen, lassen sich durch die vier aufgeführten Punkten beschreiben. Die Schwerpunkte liegen bei jedem Arzt etwas anders. Dennoch lässt sich innerhalb der Nennungen eine Zielhierarchie erkennen. So stellen „Menschen helfen“ und „eigenes Auskommen sicherstellen“ übergeordnete Ziele dar, für welche eine „gut funktionierende Praxis“ als auch ein „aktueller Wissensstand“ in Bezug z. B. auf Arzneimittel oder Therapien notwendig sind. Dementgegen stehen die wahrgenommenen Restriktionen in Form von wahrgenommenen Zeit-, Einkommens- sowie Therapiefreiheitsverlusten. Eine gut funktionierende Praxis ist somit Voraussetzung zur Erreichung der übergeordneten Ziele. Die erwähnten Herausforderungen, die zu bewältigen sind, um eine gut funktionierende Praxis zu realisieren, untergliedern sich wiederum in vier Bereiche. Funktionierender Praxisalltag Wissensmanagement Zeitmanagement Kostenmanagement Praxismanagement Abbildung 31: Voraussetzungen für einen gut funktionierenden Praxisalltag Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte Mai, 2011. 382 383 Vgl. Schäffner 2012, S. 12f., Hermanns/Filler/Roscher 2012, S. 272f. Dieser Anspruch wird deutlich durch die Verhandlungen zu den Honoraren der Kassenärztlichen Vereinigung mit den Krankenkassen unter Androhung von Streikaktionen, Vgl. Süddeutsche.de 2012, http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ honorarstreit-mit-krankenkassen-aerzte-stimmen-fuer-streik-1.1 466833, Stand: 13.09.2012. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 91 91 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Aus Sicht der befragten Ärzte kommt es darauf an, die Stellschrauben der vier Bereiche im Griff zu haben. So gilt es jederzeit das notwendige relevante Wissen bewusst auf dem aktuellen Stand zu haben, um Patienten optimal versorgen zu können (Wissensmanagement). Die Komplexität und Bürokratie der Arbeit nimmt in den Augen der Ärzte aufgrund der Gesetzesänderungen der letzten Jahre stetig zu und beansprucht immer mehr Zeit. Die Herausforderung ist es, in diesem Umfeld dennoch ausreichend Zeit für jeden Patienten zur Verfügung und Zeit für mehr „echte“ Medizin zu haben. Die Basis hierfür sind ein funktionierendes Zeitmanagement, sowie optimierte Prozesse. Eng damit verbunden ist der Bereich des Praxismanagements. Gut ausgebildetes, verlässliches Personal, Material und Gerätschaften werden für eine effiziente Praxisorganisation benötigt. Diese Maßnahmen in Verbindung mit den Änderungen der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) führen zu einer gesteigerten Bedeutung des Kostenmanagements, um die Praxis durch Kostenminimierung oder Zusatzverdienste profitabel zu halten.384 Aus diesen Herausforderungen im Praxisalltag leiten sich konkrete Bedürfnisse ab, welche durch unterstützende Maßnahmen, wie auch IL, angesprochen werden können. Forschende Pharmaunternehmen nehmen dabei eine wichtige Position in den Augen mancher Ärzte ein, wie diese Aussage unterstreicht: „Die forschenden Arzneimittelpharmazien sind einzig und allein noch unsere Freunde. Das sind die einzigen, die uns hofieren.“ 385 Abbildung 32 fasst die Zusammenhänge dieser Erkenntnisse grafisch zusammen und stellt die Herleitung der praxisbezogenen in Abhängigkeit der persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse dar. Diese Bedürfnisse können als Ansatzpunkt für die Konfiguration von IL dienen. Persönlichkeits bezogene Bedürfnisse Voraussetzung Herausforderung Praxisbezogene Bedürfnisse Relevantes medizinisches Wissen für Diagnose & Therapie Wissensmanagement (WM) Guter Arzt sein: Dankbarkeit und Wertschätzung erfahren Gut funktionierender Praxisalltag Zeitmanagement (ZM) Kostenmanagement (KM) Praxismanagement (PM) Möglichkeiten für Zeitersparnis Möglichkeiten für Kostenreduktion und/oder Zuverdienst Hilfestellung bei Schulung des Praxispersonals, Bereitstellung von Material und Bewältigungdes bürokratischen Aufwandes Abbildung 32: Ableitung grundlegender Bedürfnisse in Zusammenhang mit dem Selbstverständnis der Ärzte Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte Mai, 2011. 384 385 Vgl. Bundesministerium der Justiz, http://www.gesetze-im-internet.de/go__1982/, Stand: 16.03.2012. Vgl. Explorative Expertengespräche Ärzte, Mai 2011. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 92 92 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 4.1.2 Beschreibung unterschiedlicher Ärztetypen Diese Bedürfnisbereiche finden sich auch in den geführten Gesprächen mit Pharmamanagern wieder. Diese gehen von unterschiedlichen Ärztetypen aus, welche die Bedürfniskategorien unterschiedlich gewichten und daher durch die Unternehmenskommunikation differenziert anzusprechen sind. Die herausgearbeiteten „Bedürfnistypen“ konnten durch anschließende Gespräche mit den Experten überprüft und qualitativ bestätigt werden. Sie sind jedoch aufgrund der Anzahl der geführten Gespräche nicht als Typologie im wissenschaftlichen Sinne zu verstehen. Hierfür bedarf es vielmehr weiterer, insbesondere quantitativer Forschung, um die Beschreibung weiter zu konkretisieren. Die „Ärztetypen“ sind nicht als trennscharf zu verstehen, sondern stellen vielmehr drei „Dimensionen“ dar. Jeder Arzt verfügt dabei über eine bestimmte Ausprägung jeder Dimension. Für die Unternehmenskommunikation ausschlaggebend ist jedoch die Dimension mit der stärksten Ausprägung. Folgende drei Ärztetypen lassen sich aus den Erkenntnissen der explorativen Expertengespräche ableiten. Typ „Sicherheit“: Dieser Arzt muss zunächst von der Sicherheit des Produktes überzeugt werden. Er legt daher Wert auf möglichst zahlreiche ausführliche wissenschaftliche Studien mit Nachweisen der Wirksamkeit, um unkalkulierbare Risiken zu vermeiden. Pharmamanager schätzen ihn eher als konservativ und risikoavers ein. Typ „Anerkennung“: Dieser Arzt legt großen Wert auf soziale Geltungsbedürfnisse. Er will sich als Fachmann gegenüber Patienten und Kollegen präsentieren und benötigt dafür immer die aktuellsten Informationen. Als „Early Adopter“ sind ihm viele neue Erkenntnisse zu Behandlungsmethoden, Therapien und Produkten wichtig. Typ „Wirtschaftlichkeit“: Ärzte mit dieser Ausprägung suchen nach Entlastung in der Praxis, um mehr Kapazität für „echte“ Medizin zu erhalten. Die große Anzahl der zu beratenden Patienten und der hohe wahrgenommene Verwaltungsaufwand führen zu akutem Zeitmangel. Arztpraxen sind daher wirtschaftlich zu führen, in Bezug auf Kosten aber auch auf Effizienz. Im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes dienen diese Typen und die Bedürfniskategorien dazu, zu untersuchen, ob Unternehmen Unterschiede in der Konfiguration bzw. der Kommunikation der IL in Bezug auf die Zielgruppe vollziehen. 4.1.3 Generelle Wahrnehmung indirekter Leistungen Zur Ansprache der praxisbezogenen Bedürfniskategorien nutzen Pharmaunternehmen eine Vielzahl von Serviceleistungen mit und ohne Produktbezug. Ärzte unterscheiden jedoch bei Serviceleistungen von Pharmaunternehmen nicht zwischen direkten produktbezogenen und indirekten produktunabhängigen Leistungen. Das genannte Leistungsspektrum ist sehr breit und vielfältig und umfasst neben direkten sowie indirekten Leistungen auch den Außendienst der Unternehmen. Abbildung 33 gibt einen Auszug der offenen Nennungen der befragten Ärzte wieder. Aufgrund des thematischen Schwerpunkts sowie deren Zielsetzung sind grau hinterlegte eher indirekten und weiß hinterlegte eher direkten Leistungen zuzuordnen. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 93 93 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing „Postalische Aussendungen“ „Fortbildungen“, „Schulungen“, „Kongresse“ Handbücher, z. B. Reisemedizin, EKG „Musterabgabe“ Serviceleistungen von Pharmaunternehmen „Broschüren für Patienten und Ärzte“ „Außendienst“ „Disease Management Programme“ „Infotelefone“ „Medizinische Fachinformationen“ Abbildung 33: Auszug aus den Nennungen zu Serviceleistungen der Pharmaunternehmen Quelle: Explorative Expertengespräche Ärzte Mai, 2011. Der Außendienst wird, insbesondere in Zeiten rückläufiger Besuchsfrequenzen, als wichtigste Dienstleistung der Pharmaunternehmen wahrgenommen.386 Der Außendienstmitarbeiter ist als „Gesicht der Firma“ für nahezu alle Informationen und Leistungen der Überbringer, weshalb Ärzte den gewonnenen Nutzen in erster Linie ihm zuordnen. Er informiert über anstehende Fortbildungen und Kongresse, gibt Muster und Praxismaterial ab oder organisiert ärztliche Kolloquien. Er unterstützt die Ärzte bei ihren Bedürfnissen insbesondere in den Bereichen Zeit-, Kosten- und Wissensmanagement und wird daher vielfach auch als Zeichen der Wertschätzung erlebt. Die befragten niedergelassenen Ärzte sehen sich als Einzelkämpfer. „Das ist nicht wie in einem normalen Büro. Ich habe keine Kollegen an meiner Seite, wo ich um Rat fragen kann.“ In den Augen der Ärzte ist der Außendienst daher ein „Fenster zur Außenwelt“. Insbesondere der Bedarf an wissenschaftlichen Informationen (= Wissensmanagement) wird über diesen Kanal gedeckt. Über den Außendienstmitarbeiter kann sich der Arzt schnell einen Überblick über neue Präparate, Studien und Therapiemöglichkeiten verschaffen und das im direkten, persönlichen Austausch. Gegenseitige Sympathie vorausgesetzt, entwickelt sich der Außendienst somit bis hin zu einem Kontakt auf Augenhöhe. Diese exponierte Stellung des Pharmareferenten-Außendienstes in den Augen vieler Ärzte unterstreicht gleichermaßen die hohe Bedeutung der notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten dieser Mitarbeiter in Bezug auf den bedürfnisgerechten Umgang mit der Kundengruppe, auch im Hinblick auf die Kommunikation der IL. 4.1.4 Wahrnehmung vorgegebener indirekter Leistungen Ziel dieses Abschnittes ist es, durch die Diskussion geläufiger IL mit den Ärzten positive und negative Aspekte der Wahrnehmung herauszuarbeiten, welche als Grundlage für die Herleitung potenzieller Erfolgsfaktoren und damit der Formulierung kausaler Thesen dienen. Als Grundlage für die gestützten Nennungen im Rahmen der explorativen Ärzte- 386 Vgl. übereinstimmend mit Ergebnissen der „Pharma Trend 2012“ Studie, Kmitt 2013, S. 12. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 94 94 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Befragung (siehe Tabelle 21) dient eine beispielhafte Auflistung an gängigen IL aus der Pharmabranche, welche in Vorabgesprächen mit Pharmaexperten zusammengestellt wurden. Kongress Patientenbroschüre Informationsplattform im Internet für Fachpersonal Wissenschaftliche Fortbildung Patientenaufklärung Informationsplattform im Internet für Patienten Weiterbildung/Schulung des Praxispersonals Praxissoftware Indikationsspezifisches Material Fachbuch Praxismaterial Werbung Tabelle 21: Auflistung beispielhafter indirekter Leistungen für Ärzte Quelle: Eigene Darstellung Die vorgelegten IL sind den befragten Ärzten zumindest vom „Hören-Sagen“ bekannt. Um die Einstellung der Ärzte zu Werbung der Pharmaunternehmen zu untersuchen, befindet sich unter den gestützten IL auch der Begriff „Werbung“. Aus der Diskussion mit den befragten Ärzten geht hervor, dass klassische Werbung an sich, z. B. in Form von Fachanzeigen, nicht als „Leistung“ gesehen wird, da sie keinen praktischen Nutzen für den Arzt erbringt. In der Wahrnehmung der Ärzte sind echte Leistungen eng mit der nutzenstiftenden Eigenschaft verbunden. Nutzenstiftende Leistungen wiederum sehen die Ärzte als wirksamere Werbung für das Unternehmen. Bei erkennbarem Nutzen für den Arzt wird der werbende Charakter echter Leistungen demnach akzeptiert. Wichtigste wahrgenommene indirekte Leistungsart, welche neben dem Außendienst „Top of Mind“ ist, sind „wissenschaftliche Fortbildungen“ und „Kongresse“.387 • „Fortbildungen mache ich auch ganz gerne. Da wird zu einem Thema alles gesagt: The State of the Art, ob es etwas Neues gibt. Und da muss man nicht die ganzen Zeitschriften lesen.“ • „Für mich ist es wichtig, dass sie auch drum herum was anbieten. Für Theater würde ich auch selber aufkommen. Dass ich das nicht selber organisieren muss ist wichtig.“ • „Sie können soziale Kontakte knüpfen.“ • „… da geht man hin, da sitzen alle anderen, die hat man lange schon nicht mehr gesehen hat. Das ist immer so ein gesellschaftliches Ding.“ Aus den Äußerungen wird deutlich, dass gut gemachte Fortbildungen mehrere WerteArten liefern und sowohl praxisbezogene als auch persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse ansprechen. Neue, medizinisch relevante Informationen sowie der Erfahrungsaustausch mit den Kollegen unterstützen Ärzte beim Wissensmanagement. Die Überbringung bereits aufbereiteter Informationen durch den Außendienst führt zur Zeiteinsparung (Zeitmanagement). Ist die Fortbildung zudem durch die jeweilige Ärztekammer zertifiziert, hat der teilnehmende Arzt die Möglichkeit CME-Punkte zu 387 Zum Thema Kundenschulungen als erfolgreiches Instrument des Marketing vgl. auch Belz 1995. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 95 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 95 sammeln, die als Bestätigung für die gesetzlich geltende Fortbildungspflicht dienen.388 Somit können Fortbildungen auch einen Beitrag zum Praxismanagement liefern. Neben dem funktionalen Nutzen stellen Fortbildungen auch ein soziales Erlebnis dar und sprechen somit zudem eine weitere Nutzenkategorie an. Weitere bekannte IL sind „Schulungen des Praxispersonals“, unterstützende Maßnahmen zur „Patientenaufklärung“ via „Patientenbroschüren“ sowie „Informationsplattformen im Internet“. Schulungen des Praxispersonals, wie Schulungen zu Qualitätsmanagement in der Arztpraxis oder zu Hygieneplänen, unterstützen beim Praxismanagement, indem Prozesse optimiert und vereinfacht werden. Gut gemachte Maßnahmen zur Patientenaufklärung wirken hauptsächlich auf den Bereich des Zeitmanagements. Sie informieren Patienten vorab und reduzieren somit die Beratungszeit des Arztes, da dieser auf Vorwissen setzen kann. Allerdings ist den befragten Ärzten wichtig, dass trotz Vorabinformation die Kompetenz des Arztes nicht unterlaufen wird. Dies würde wiederum als fehlende Wertschätzung und somit als kontraproduktiv im Hinblick auf die eigene Selbstwahrnehmung verstanden. Wichtig ist daher zu allererst die wissenschaftliche Qualität der Materialien, um das Vertrauen des Arztes zu erlangen. Schlecht konzipierte IL können eher negative Wirkungen haben, wie diese Aussage eines befragten Arztes unterstreicht: „Meistens muss ich jede Patientenbroschüre einzeln durchgehen, weil da manchmal falsche Sachen drin stehen. Das kostet mich auch wieder Zeit.“ Aufgrund des hohen Aufkommens an Leistungen der letzten Jahre haben sich Ärzte nach Aussage einiger Manager zu einer „schwierigeren Zielgruppe“ entwickelt, gerade weil sie jahrelang „hofiert und verwöhnt“ wurden. Zahlreiche Leistungen erhielten Ärzte kostenlos, solange dies rechtlich möglich war. Verschiedene IL haben sich daher gemäß der Abläufe des KANO-Modells in der Wahrnehmung der Ärzte zu Basisan-forderungen entwickelt.389 Unterstützung durch „Praxismaterial“, wie z. B. nützliches Büromaterial, „indikationsspezifisches Material“ als auch „Fachbücher“ oder „Internetplattformen für Fachpersonal“ sind zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Der Vorteil dieser Leistungen liegt vornehmlich auf einem Beitrag zu Wissens-, Zeit- und Kostenmanagement. Im Gegensatz zu anderen Leistungsarten steht hier die funktionale Nutzenkategorie im Vordergrund, während z. B. bei den Fortbildungen der Nutzen auch symbolisch oder durch entsprechende Erlebniswelten, wie durch die vorherigen Zitate beschrieben, erbracht wird. In den geführten Gesprächen wird deutlich, dass vor allem die funktionalen IL direkt mit dem Außendienst in Verbindung gebracht werden. Unbemerkt findet so eine Auseinandersetzung mit dem Unternehmen und den Themen für die der Außendienstmitarbeiter steht, statt. Je nach Konfiguration der IL leistet diese somit einen Beitrag zur übergeordneten Kompetenz des Unternehmens in der Wahrnehmung des Arztes. 388 CME = Continuing Medical Education; Seit 1.1.2004 besteht in Deutschland eine Fortbildungspflicht für Fachärzte. Im SGB V ist festgelegt, dass sich sowohl niedergelassene (§ 95d) als auch in Kliniken angestellte Ärzte (§ 137) im 5-jährigen Turnus fortbilden müssen. Der Fortbildungsnachweis ist über das Ärztekammersystem zu erbringen. Die zu erbringende Punktezahl beträgt mind. 250 Punkte in 5 Jahren. Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2011, http://www.kbv.de/9928.html, Stand: 15.04.2013. 389 Vgl. Kano 1984. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 96 96 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Einzig der Bereich „Praxissoftware“ ist derzeit nicht im Fokus der Wahrnehmung. In der Vergangenheit vermittelten Pharmaunternehmen Software-Lösungen, welche den Arzt bei der Verwaltung seiner Praxis unterstützen sollten. Den meisten Befragten ist dieser Punkt in Zusammenhang mit Pharmaunternehmen jedoch kein Begriff, im Gegensatz zu den anderen Leistungen. „Die Software ist von einem ganz anderen Unternehmen. Das hat mit den Pharmaunternehmen nichts zu tun.“ Sie verbinden hiermit eher negative Aspekte, durch welche Software-Lösungen „in Verruf geraten sind“. Ärzte sehen bei Annahme dieser IL ihr Ziel der Wertschätzung gefährdet, durch das wahrgenommene Risiko selber ihren guten Ruf zu beschädigen. Zudem wird deutlich, dass zumindest die Kommunikation der Pharmaunternehmen den eigentlichen Nutzen dieser IL bei den befragten Ärzten nicht vermitteln konnte. Vor allem ältere Ärzte sehen hierfür keinen Bedarf und greifen lieber auf bewährte Verwaltungssysteme zurück, so dass diese IL über keine persönliche Relevanz verfügt. Weitere allgemeine Erfolgsfaktoren sind anhand der Beschreibung negativer Aspekte von Leistungen erkennbar. Den Ärzten geht es darum, ansprechende Leistungen zu erhalten, für die es sich lohnt, Zeit zu investieren und die dabei nicht manipulativ in die ärztliche Praxis eingreifen. Hervorzuheben ist dabei stets der Anspruch an deren Qualität, welche die Wertschätzung für den Arzt unter Beibehaltung seiner Integrität transportiert. • „…aber meinen freien Abend zu opfern, um in die verrauchte Pyramide in Fürth zu gehen, werde ich nicht machen.“ • „…ich habe die Fortbildungen am Wochenende. Und wenn sie dilettantisch und nicht gut organisiert sind, ist das ein Grund zum Ärger.“ • „Mit den Internetplattformen habe ich zu viel Aufwand. Alle Passwörter im Kopf zu haben. Und dann hat man es wieder vergessen und kommt nicht ran, etc.“ • „Fachbücher? Ich habe keine Zeit zum Bücherlesen.“ Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass wahrgenommene Leistungen, die einen erkennbaren Nutzen unter Einhaltung der beschriebenen Anforderungen haben, über eine positivere Wahrnehmung verfügen und somit einen höheren KV generieren können. Abbildung 34 ordnet die in diesem Kapitel diskutierten und als relevant identifizierten IL den Bedürfniskategorien zu, welche diese schwerpunktmäßig ansprechen und unterstützen. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 97 97 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Wissensmanagement Zeitmanagement Kostenmanagement Fortbildung/ Kongress Praxismanagement Schulung Praxispersonal Patienteninformation/ -aufklärung Indikationsspezifisches Material Fachbuch Praxismaterial Abbildung 34: Wirkungsfelder indirekter Leistungen Quelle: Eigene Darstellung 4.2 Analyseraster für Fallstudien zur Untersuchung indirekter Leistungen 4.2.1 Gestaltungsfaktoren indirekter Leistungen anhand des St. Galler Customer Value Modells Ausgangspunkt des Prozesses und damit „Stimulus“ der relationalen Faktoren ist die IL selbst. Im Rahmen der qualitativen Fallstudien gilt es zu beschreiben, wie der „Stimulus“ des Wirkungsmodells (siehe Abbildung 35) in Form unterschiedlicher IL, variierende Ergebnisse hervorbringt. Pharmaunternehmen Arzt S Konfiguration Kommerzialisierung Kooperationen Kommunikation Kompetenz O R Beurteilung der indirekten Leistung Kundenvorteil Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Wahrgenommener Nutzen Qualität der gesendeten Inhalte Wahrgenommene Kosten Zahlungsbereitschaft Kundenwert Kundenloyalität für ind. Leistung Übertragungseffekt auf Kernleistung Verschreibungsverhalten Abbildung 35: Gestaltungsfaktoren der indirekten Leistung im S-O-R Modell Quelle: Eigene Darstellung Die Untersuchung der konkreten IL setzt sich aus Unternehmensicht aus drei Bereichen zusammen. Der erste Bereich umfasst die Beschreibung der situativen Faktoren in Bezug auf das Marktumfeld und auf das Unternehmen an sich - soweit Daten zugänglich sind. 4.2 13.12.13 16:37 Seite 98 98 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Im zweiten Bereich bieten sich die Gestaltungsfaktoren des unter Kapitel 2.2.1 vorgestellten Customer Value Modells nach Belz/Bieger als Raster für die Darstellung der IL an. Diese dienen dazu, die IL anhand deren Ausprägungen detailliert zu beschreiben. Auf diese Weise können die Fallstudien und deren Wirkweise besser verglichen und somit abgeleitet werden, welche Zusammensetzung unter welchen Bedingungen am erfolgreichsten erscheint. In Kombination mit der Untersuchung der Wahrnehmung auf Arztseite durch Erhebung der Bestimmungsfaktoren in Form von Beurteilungskriterien bei Ärzten, können mögliche Zusammenhänge zu Hypothesen weiterentwickelt werden. Der dritte Bereich beschäftigt sich mit der Akzeptanz der IL im eigenen Unternehmen. Aus den geführten Gesprächen mit beteiligten Pharmamanagern wird deutlich, dass die Akzeptanz im Management und bei den involvierten Mitarbeitern, z. B. Außendienst, für die IL erfolgsrelevant ist. Dieser Bereich fasst daher Kriterien zusammen, die aus Unternehmenssicht für die Akzeptanz relevant scheinen. Erster Bereich: Situative Faktoren Zu Beginn der Fallstudien wird die Ausgangssituation, in der das jeweilige Unternehmen IM betreibt, erfasst. Um ein Verständnis für die Situation und das Umfeld der IL zu generieren, liegt der Fokus der Betrachtung insbesondere auf drei Bereichen. Zunächst erfolgt die generelle Beschreibung des Unternehmens in Bezug auf dessen Entwicklung, Wettbewerbsumfeld und aktuelle Situation, um Unternehmensstrategie und –philosophie besser zu verstehen. Der zweite Bereich umfasst die Darstellung des Leistungsportfolios, in dessen Rahmen auch die IL Anwendung findet. Hierunter fallen die Kernproduktbereiche, also in welchen Indikationen das Pharmaunternehmen aktiv ist, als auch die darüber hinaus reichenden Dienstleistungen. Ist die IL zur Förderung einer bestimmten Indikation oder sogar eines Arzneimittels gedacht, liegt der Fokus der Betrachtung auf diesem. Der dritte Bereich geht detailliert auf die Situation des IM im Unternehmen ein und untersucht das Verständnis und die generelle Bedeutung von IM im Marketingmix. Unternehmen Situationsanalyse Leistungsangebot Abbildung 36: Bereiche der Situationsanalyse Quelle: Eigene Darstellung Indirect Marketing 4.2 13.12.13 16:37 Seite 99 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 99 Zweiter Bereich: Gestaltungsfaktoren der indirekten Leistung Gestaltungsfaktor „Konfiguration“ Die Kernfrage dieses Gestaltungsfaktors bezieht sich darauf, wie die IL gestaltet ist und welchen Nutzen sie durch Ausrichtung auf bestimmte Bedürfnisse erbringen soll. Der Analysebereich „Konfiguration“ ist daher eng verbunden mit dem Bereich „Kunde“ des Customer Value Modells, um den Zusammenhang von Leistung, angesprochenem Bedürfnis und Nutzen möglichst deutlich darzustellen.390 In Kombination mit den Erkenntnissen zu den Beurteilungskriterien der Ärzte als Empfänger der IL in Kapitel 4.2.2 können auf diese Weise auch Differenzen in der Wahrnehmung zwischen Sender und Empfänger ermittelt werden. Die IL wird in ihre Leistungsart eingeordnet. Darüber hinaus werden deren Leistungskomponenten, Themenfokus, sowie spezifische Ausprägungen beschrieben.391 Gestaltungsfaktor „Kommerzialisierung“ Eng mit der erfolgreichen „Konfiguration“ der IL verbunden, ist der Gestaltungsfaktor „Kommerzialisierung“.392 Unter diesem Punkt geht es darum, zu untersuchen, ob und wie es gelingt für die erbrachte IL einen entsprechenden Gegenwert für das Unternehmen zu erzielen. IL stellen per Definition eine kompetenzerweiternde Zusatzleistung dar. Daher stellt sich auf Seiten des Unternehmens die Frage, ob und in welcher Höhe ein Preis für diese verlangt wird. Ein beabsichtigter „Gegenwert“ kann jedoch auch nichtmonetärer Art sein, z. B. in Form eines gesteigerten Bekanntheitsgrades. Auf Seiten der Ärzteschaft ist im nächsten Kapitel zu untersuchen, ob eine Zahlungsbereitschaft für die IL aufgrund eines gesteigerten KV vorhanden ist. In diesen Bereich fällt auch die Einschätzung des Unternehmens in Bezug auf einen potenziellen Übertragungseffekt auf die Kernleistung, also das Verschreibungsverhalten. Eine Steigerung der Verschreibungsrate trägt auch zu einem Anstieg des Kundenwerts bei. Damit steigt der Gegenwert der erbrachten IL gemäß dem Basismodell. Die Herausforderung liegt jedoch darin, einen Nachweis für diesen direkten Zusammenhang zu erbringen. Somit umfasst dieser Bereich auf der Einnahmeseite nicht nur die Kommerzialisierung der IL selber, sondern auch die Untersuchung weiterer Faktoren, die zu einer Steigerung des Kundenwerts beitragen. Hierzu zählen mögliche Übertragungseffekte auf die Kernleistung, sowie weitere Multiplikatoreffekte, welche für das Unternehmen von Nutzen sind. Ein möglicher monetärer Gegenwert wird von drei Seiten beeinflusst, welche in den Fallstudien ebenfalls beleuchtet werden: 1. den umfassenden Nutzen für den Kunden, der einen Gegenwert rechtfertigt, 2. den Preisen möglicher Konkurrenten und damit Ausweichmöglichkeiten, sowie 3. den eigenen Kosten.393 390 Vgl. Kapitel 2.2.1 Vgl. Abbildung 32 (Wissens-, Kosten-, Praxis-, Zeitmanagement) 392 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 280. 393 Vgl. Reinecke 2004, S. 334ff. 391 4.2 13.12.13 16:37 Seite 100 100 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Die Generierung von Informationen zur Kostenseite ermöglicht es, im Zusammenhang mit den zur Steigerung des Kundenwerts beitragenden Einnahmen, die Effizienz der IL zu untersuchen – konkret: mit welchen Investitionen erzeugt das Unternehmen welche Wirkung. Gestaltungsfaktor „Kompetenz“ Für die erfolgreiche Gestaltung und Vermarktung von IL benötigt ein Unternehmen ausreichende und passende Kompetenzen. Der Begriff „Kompetenz“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf das Set von Fähigkeiten, die zur Erbringung erfolgreicher IL notwendig sind.394 Gemäß dem unter Kapitel 2.2.2.4 beschriebenen Ressource-Based View sind Kompetenzen von strategischer Bedeutung, wenn es gelingt, die Leistungen übereinstimmend am Mehrwert des Kunden auszurichten.395 Gelingt es dem Pharmaunternehmen gemäß dem Kernkompetenzenansatz IL so zu gestalten, dass diese zudem nicht leicht nachzuahmen sind, sichert es sich einen strategischen Wettbewerbsvorteil.396 Dieser Bereich beschäftigt sich demnach mit den Kompetenzen, über welche das Unternehmen in Bezug auf die Erbringung von IL verfügt und mit deren Bedeutung für eine positive Wahrnehmung der IL. Die Betrachtung der Kompetenzen kann auf drei Ebenen erfolgen:397 1. Individuelle Ebene: Hier stehen die Kompetenzen der beteiligten Manager sowie Außendienstmitarbeiter im Fokus, welche die IL gestalten, umsetzen und kommunizieren. Erfolgsrelevante Fähigkeiten sowie das Verständnis für das Wirkprinzip von IM sind dabei von Interesse. 2. Organisationale Ebene: Diese umfasst die Fähigkeiten des Unternehmens IM durch die Vernetzung individueller Kompetenzen erfolgreich im Markt zu etablieren. Faktoren wie die Philosophie, Schulungen beteiligter Mitarbeiter und generell die Akzeptanz von IL im Unternehmen spielen hierbei eine Rolle. Die Kriterien der Akzeptanz werden separat beleuchtet. 3. Interorganisationale Ebene: Verfügt das Unternehmen selber nicht über die Kompetenzen zur Erbringung erfolgsversprechender Leistungen in Bezug auf fachliches Know-How, rechtliche Aspekte oder das notwendige Image, können unter Umständen Kooperationspartner herangezogen werden. Daher ist zu untersuchen, ob und wie ein Unternehmen in der Lage ist, Kompetenzen für IM interorganisational zu verflechten. Es gilt für die erfolgreiche Konfiguration, Kommerzialisierung und Kommunikation der IM-Kompetenzen zur Verfügung zu stellen und fehlende Kompetenzen durch Kooperationen zu ergänzen. Während die ersten beiden Ebenen unter dem Punkt „Kompetenz“ direkt beschrieben werden, fällt die Analyse der dritten Ebene unter den Bereich „Kooperation“. 394 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 308. Vgl. Meffert/Bruhn 2009, S, 80. 396 Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 1176. 397 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 312. 395 4.2 13.12.13 16:38 Seite 101 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 101 Gestaltungsfaktor „Kooperation“ In diesem Zusammenhang steht der vierte Gestaltungsfaktor: „Kooperation“. Stößt das Unternehmen, wie vorne beschrieben, an seine Grenzen eigener Fähigkeiten aufgrund fachlicher, gesetzlicher oder imagebezogener Einschränkungen, um die Bedürfnisse der Kunden optimal zu erfüllen, integriert es weitere Kooperationspartner in den Leistungserstellungsprozess.398 Aus den Gesprächen der explorativen Phase wird die Bedeutung von Kooperationen für die Erstellung bzw. Konfiguration von IL deutlich. So wird z. B. aus rechtlichen Gründen und Gründen der Glaubhaftigkeit häufig auf Referenten unabhängiger Institutionen gesetzt, welche einen entsprechenden Expertenruf bei der Zielgruppe genießen. Insbesondere bei IL, die per Definition ausdrücklich über keinen direkten Bezug zum Kauf des Kernproduktes verfügen, benötigen Unternehmen besondere Kompetenzen zu deren Vermarktung. Um überzeugender zu wirken und bedürfnisgerechte Leistungen zu kreieren, haben sie sorgfältig zu bestimmen, welche Leistungen oder welchen Leistungsbestandteil sie selber erbringen und wann sie Kooperationspartner hinzuziehen. Bei IL in Pharmaunternehmen spielt der Bereich der Kooperationen eine große Rolle und ist gerade in Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Ärzten und klinischen Einrichtungen durch Verhaltenscodices geregelt.399 Besonders von Interesse für das Forschungsprojekt ist, ob die verwendeten Kooperationen einen positiven Einfluss auf die Glaubwürdigkeit der Informationsquelle und diese damit auf den wahrgenommenen Erfolg haben. Die Untersuchung des Gestaltungsfaktors „Kooperation“ innerhalb zu untersuchenden IL beleuchtet folgende sieben Punkte.400 1. Ziel und Definition der IL: Aus der Zielsetzung und der Ausrichtung auf bestimmte Bedürfnisse der Zielgruppe ergibt sich der Bedarf an Kompetenzen, die zur Erbringung der IL notwendig sind und damit deren Kooperationsbedarf. 2. Eigener Leistungsbereich: Dieser Bereich beleuchtet die eigenen Fähigkeiten des Unternehmens zur Erbringung der IL. Daraus ergibt sich, ob Kooperationen geboten sind. 3. Wahl der Partnerunternehmen und – institutionen: Zieht das Unternehmen Kooperationspartner hinzu, werden diese und deren Kompetenzen beschrieben. 4. Kooperationsintensität: Hierunter fällt die Art und Intensität der Zusammenarbeit 5. Auftritt und Stellenwert: Dies betrifft die Außenwirkung der IL durch die Kooperation im Hinblick darauf, wer diese nach außen repräsentiert. 6. Inhalte der Kooperation: Die konkreten Aufgaben, welche die Kooperation umfassen, werden beleuchtet. Je nachdem, um welche zu ergänzende Fähigkeit es sich handelt, können Kooperationspartner die IL nach außen kommunizieren, 398 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 339. Vgl. FSA-Kodex Fachkreise 2011. 400 Vgl. Belz/Bieger 2004, S. 347. 399 4.2 13.12.13 16:38 Seite 102 102 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing distribuieren oder die IL komplett selber erbringen. In den ersten beiden Fällen vermarktet der Partner die IL des Pharmaunternehmens. Im letzteren Fall übernimmt das Pharmaunternehmen die Kommunikation, während die Leistungserstellung beim Kooperationspartner liegt. 7. Kooperationsprozess: Abschließend liegt der Fokus auf dem Prozess der Zusammenarbeit. Dieser umfasst die Dauer der Zusammenarbeit und damit die sporadische, projektbezogene oder permanente und damit langfristige Ausrichtung. Wie vorne beschrieben, würde eine langfristige Ausrichtung zu einer nachhaltigen Stärkung der Ressourcen beitragen.401 Gestaltungsfaktor „Kommunikation“ Einer der wichtigsten Gestaltungsfaktoren für die IL mit hoher Erfolgsrelevanz ist die „Kommunikation“. Hier bündeln sich alle vorgelagerten Prozessschritte, um die IL an den Kunden zu transportieren, so dass dieser den Nutzen deutlich wahrnimmt. Im Mittelpunkt steht die Beschreibung des Kommunikationsprozesses der IL.402 Welche Informationsquelle (wer?) überliefert welche Inhalte zur IL (was?) über welchen Kommunikationskanal (über welchen Kanal?) - persönlich vs. nicht persönlich, kommerziell vs. nicht kommerziell - an den Arzt als Empfänger der IL (an wen?). Die Darstellung der Ausprägung dieser Faktoren bei den verschiedenen IL und der anschließende Vergleich dient dazu, weitere Erfolgsfaktoren herauszuarbeiten. Unter diesen Gestaltungsfaktor fällt auch die Ermittlung des zur Verfügung stehenden Budgets, welches wiederum Einfluss auf die Effizienz der IL und damit den Gestaltungsfaktor „Kommerzialisierung“ hat. Die Beschreibung der Kommunikationsstrategie der jeweiligen IL erfolgt somit anhand folgender Bereiche, soweit Daten hierfür zugänglich sind: • der Zielsetzung, • der Informationsquelle, • der übermittelten Botschaft, • der Kommunikationswege, • der Auswahl der Zielgruppen, • der Höhe der eingesetzten Budgets. Hierbei ist auch von Interesse, ob die IL flächendeckend an die komplette ÄrzteZielgruppe des Unternehmens oder nur ausgewählten Ärztegruppen kommuniziert wird und welche Auswahlkriterien, wie z. B. mögliche Ärztetypologien, zu Grunde liegen. Dritter Bereich: Akzeptanz der indirekten Leistung im Unternehmen Die Akzeptanz der IL im Unternehmen hat eine große Auswirkung auf den Erfolg der IL. In den Fallstudien werden die Kriterien erfasst und beschrieben, deren Erfüllung für eine breite Unterstützung der IL notwendig sind. Aus den geführten explorativen Gesprächen mit Pharmamanagern lassen sich folgende übergreifende Kriterien ableiten. 401 402 Vgl. Dierickx/Cool 1989, S. 1507. Vgl. Lasswell 1948. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 103 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 103 Rentabilität: Für die Experten steht die kurz- bis maximal mittelfristige Rentabilität der IL und damit deren Beitrag zur Steigerung des Kundenwertes im Mittelpunkt. IL werden als Teil des „üblichen“ Marketinginstrumentariums gesehen. Die Abwägung des Managements läuft gemäß dieser Mindestanforderung ab: „Für jeden Euro, den ich investiere, möchte ich auch mindestens einen Euro zurück“. Fokussierung: Um die Rentabilität und damit Effizienz einer IL zu erzielen, ist gemäß der Experten eine Fokussierung im Hinblick auf die genaue Bestimmung der Zielgruppe und der damit verbundenen zielgruppenspezifischen Bedürfnisse von Bedeutung. Impliziter Produktbezug: Die Akzeptanz in den Unternehmen scheint umso höher zu sein, je stärker der implizite Produktbezug ist. IL ohne impliziten Produktbezug werden als risikoreicher im Zusammenhang mit Streuverlusten angesehen. Tendenziell werden daher IL zum Thema Wissensmanagement bevorzugt, da diese über die thematische Verknüpfung zur Indikation am besten in den Augen der Pharmamanager die übergeordnete Kompetenz des Unternehmens verdeutlichen. Innovationsgrad: Innovative IL sind zwar erwünscht, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren, jedoch erhöht ein zu hoher Innovationsgrad das wahrgenommene Risiko eines Misserfolgs und senkt somit die Akzeptanz.403 Bekannte, auf Erfahrung beruhende IL hingegen, verfügen tendenziell über eine höhere Akzeptanz. Alle neuen, innovativen Leistungsansätze, die somit zunächst über eine geringere Akzeptanz verfügen, stehen dementsprechend vor der Herausforderung, sich zu beweisen. Unternehmenskultur: Die Unternehmenskultur und damit Einstellung zu IM generell ist ein grundlegendes Kriterium für die Akzeptanz im Unternehmen: „Ich denke, eine derartige Geschichte in einem größeren Pharmaunternehmen […] über viele Indikationen hinweg, kann ich mir nicht vorstellen, dass das funktioniert.“ Frequentierung der IL: Die Experten sehen in der Wiederholungshäufigkeit einer IL ebenfalls einen Faktor zur Steigerung der Akzeptanz. So ist die IL den beteiligten Mitarbeitern bekannt und das Vertrauen in die Erfolgssicherheit steigt. Verursacht die Wiederholung zudem keine zusätzlichen Kosten ist dies förderlich. Alle diese Kriterien tragen aus Sicht der befragten Pharmamanager zur Risikominimierung im Hinblick auf Erfolgssicherheit und Kostenminimierung bei. IM, welches diese Kriterien erfüllt, kann gemäß der Erkenntnisse aus der explorativen Phase von einer hohen Akzeptanz im Unternehmen profitieren und hat damit eine bessere Aussicht auf Erfolg. Die Bewertung dieser Kriterien pro IL zur Akzeptanz erfolgt anhand einer dreistufigen Skala wie folgt: 403 Vgl. Dueck 2013. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 104 104 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Erkenntnisse weisen auf eine sehr positive Ausprägung des Kriteriums hin Erkenntnisse weisen auf eine positive bis neutrale Ausprägung des Kriteriums hin Erkenntnisse weisen auf eine negative Ausprägung des Kriteriums hin Abbildung 37: Bewertungsskala für Ausprägungen der Akzeptanzkriterien Quelle: Eigene Darstellung Die Erhebung von Informationen zu den Gestaltungsfaktoren und Akzeptanzkriterien innerhalb des Unternehmens erfolgt über alle Fallstudien hinweg, soweit Daten zugänglich sind. Dies ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit der einzelnen IL und damit die Ableitung weiterer Zusammenhänge durch deren Aggregation unter Kapitel 6. 4.2.2 Beurteilungskriterien der Wahrnehmung indirekter Leistungen Für eine optimale IL-Ausrichtung und -Gestaltung ist es wichtig, die Bestimmungsfaktoren der Ärzte zur Beurteilung der IL zu kennen, welche die Wahrnehmung beeinflussen und somit auch einen Effekt auf die Wirkweise haben können. Deren Kenntnis erlaubt Rückschlüsse auf den Einfluss der Gestaltungsfaktoren. Wie vorne beschrieben, setzt sich die Beurteilung der IL aus der „Glaubwürdigkeit der Informationsquelle“ und der „Qualität der gesendeten Inhalte“ zusammen. Daher geht es im Folgenden darum, die theoretischen mit den empirischen Erkenntnissen zu ergänzen, um die Kriterien herzuleiten, welche die Beurteilung der IL im Prozess in Abbildung 38 potenziell beeinflussen. Zudem wird erläutert, wie die Ausprägung dieser Beurteilungskriterien erfasst und bewertet wird. Die Erkenntnisse aus den folgenden Kapiteln münden in ersten kausalen Thesen, welche durch die Fallstudien weiter ausgearbeitet werden. Pharmaunternehmen Arzt S Konfiguration Kommerzialisierung Kooperationen Kommunikation Kompetenz O R Beurteilung der indirekten Leistung Kundenvorteil Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Wahrgenommener Nutzen Qualität der gesendeten Inhalte Wahrgenommene Kosten Zahlungsbereitschaft Kundenwert Kundenloyalität für ind. Leistung Übertragungseffekt auf Kernleistung Verschreibungsverhalten Abbildung 38: Beurteilungskriterien der Wahrnehmung indirekter Leistungen im S-O-R Modell Quelle: Eigene Darstellung 4.2 13.12.13 16:38 Seite 105 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 105 Zunächst erfolgt eine offene Befragung der Ärzte, um die von ihnen bewusst als wichtig wahrgenommenen Beurteilungskriterien zu erhalten. Aus den Experteninterviews mit den Ärzten lassen sich fünf Kriterien zusammenfassen:404 • Wahrung der Integrität: Den befragten Ärzten ist es wichtig, dass sie durch die Maßnahme nicht in ihrer Selbstdarstellung als Arzt gefährdet werden. Der Arzt will und muss in jeder Hinsicht vor Dritten frei vom Verdacht der Manipulation sein. Solange diese Integrität nicht verletzt wird, wird auch der werbende Charakter von Leistungen akzeptiert. • Persönliche Relevanz: Die angebotene IL muss auf einen konkreten Bedarf treffen und damit Interesse wecken, wie z. B. Interesse für das Thema einer Fortbildung oder an bestimmtem Büromaterial für die Praxis. Hiermit verbunden ist die Frage nach dem konkreten Nutzen der IL. • Vertrauenswürdigkeit: Allen befragten Ärzten ist es wichtig, mit einer vertrauenswürdigen Quelle zu interagieren. Diese Vertrauenswürdigkeit wird hauptsächlich über den Außendienst hergestellt, da dieser in den meisten Unternehmen die Hauptkontaktperson zwischen Unternehmen und Arzt ist. • Zeitpunkt: Einige Ärzte ziehen den Zeitbedarf als Kriterium heran, ob sie eine IL in Anspruch nehmen: „Es kommt immer darauf an, ob ich Zeit dafür habe.“ • Kosten: Leistungen sollen möglichst kostenlos angeboten werden. Jedoch ist den meisten Befragten auch bewusst, dass dies auch aufgrund der geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht immer realisierbar ist: „Möglichst kostenlos, aber umsonst gibt es ja nichts mehr.“ Der „Zeitpunkt“ wirkt in den Gesprächen als Vorwand zur Ablehnung von Leistungen, welche keinen wahrnehmbaren Nutzen liefern. Ebenso verhält es sich mit den Kosten. In Übereinstimmung mit den Ausführungen unter Kapitel 2.2.1 wird deutlich, dass es sich vielmehr um die Differenz des wahrgenommenen Nutzens zu den wahrgenommenen Kosten handelt. Zusammenfassend lässt sich somit folgendes Beurteilungsprinzip für IL durch Ärzte als Ergebnis der offenen Befragung formulieren: Möglichst hoher Nutzen bei möglichst geringem Aufwand unter Wahrung der eigenen Integrität! Ergänzend zu den ungestützten Nennungen wurden im Anschluss die theoretischfundierten Beurteilungskriterien in Bezug auf deren Ausprägung und Relevanz für die IL-Wahrnehmung diskutiert und beschrieben. Abbildung 39 stellt die kumulierte Gewichtung der zwölf Beurteilungskriterien als Ergebnis der Rangreihenbewertung dar (1 = am wichtigsten; 12 = am unwichtigsten). 404 Vgl. Explorative Expertengespräche Ärzte Mai 2011. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 106 106 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 0 Vertrauenswürdigkeit Glaubwürdigkeit Wahrgenommene Qualität Kompetenz Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Stärke der Argumente Sympathiegrad Persönliche Relevanz Kosten Unabhängigkeit Reputation Freundschaftsgrad 2 4 6 8 10 12 3 4 4 4,5 6 6,5 6,5 7 9 9,5 9,5 11 Abbildung 39: Kumulierte Gewichtung der Beurteilungskriterien (Median) Quelle: Explorative Expertengespräche Ärzte Mai 2011. Diese gibt eine erste Einschätzung der Beurteilungsfaktoren wieder und wird im weiteren Verlauf der Befragung diskutiert. Sie stellt jedoch keine abschließende Priorisierung dar, da die Befragten je Position in der Rangreihe nur ein Kriterium setzen konnten. Dennoch wird deutlich, dass Kriterien wie Freundschaftsgrad, Unabhängigkeit oder Kosten keine vorrangige Bedeutung zu haben scheinen. Kosten werden wie beschrieben im Verhältnis zum Nutzen gesetzt. Aus den darauf folgenden Tiefeninterviews gehen verschiedene Zusammenhänge hervor. So ist die „Reputation“ der Informationsquelle gleichzeitig förderlich und sehr wichtig für deren „Glaubwürdigkeit“, auch wenn sie in Abbildung 39 als weniger wichtig erscheint. Die detaillierte Betrachtung der einzelnen Beurteilungskriterien erfolgt nun unterteilt nach den übergeordneten Kriterien „Glaubwürdigkeit der Informationsquelle“ und der „Qualität der gesendeten Inhalte“ sowie der „Beurteilung des Kundenvorteils“ zu denen die Kriterien theoretisch und empirisch zugeordnet sind. 4.2.2.1 Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Die Bedeutung des Überbringers bzw. der Informationsquelle für die Glaubwürdigkeit und damit Effektivität der Kommunikation wird in der Literatur fachgebietsübergreifend betont. Im Rahmen des IM spielt diese eine noch größere Rolle, da Pharmaunternehmen die Information oft nicht direkt, sondern über Kooperationspartner und/oder Netzwerkpartner des Arztes kommunizieren. Die Glaubwürdigkeit, von der auch eine Wirkung auf die Gesamtzufriedenheit mit einer IL erwartet wird, gilt in der Literatur als eine Quelle für die Verschreibungsentscheidung.405 Verfügen Botschaften und deren Überbringer über die Eigenschaft glaubwürdig zu sein, besteht neben dem Einfluss auf die eigene Verschreibungsabsicht des Arztes auch die Möglichkeit von positivem WOM.406 Mehrere Studien im Pharma405 406 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003, S. 67. Vgl. Butler/Butman 2005, Kotler/Bliemel 2007, S. 669. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 107 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 107 marketing unterstreichen die Bedeutung der Glaubwürdigkeit für die Akzeptanz von Leistungen und für das Verschreibungsverhalten.407 Verfügt eine Quelle über dieses positive Attribut „Glaubwürdigkeit“ kann sie durchaus das wahrgenommene Risiko manipuliert zu werden, in den Augen der Ärzte reduzieren.408 Ärzte als auch Pharmamanager stimmen in der hervorgehobenen Bedeutung der Glaubwürdigkeit für die Wahrnehmung und deren Wirkung überein. Folgende Kriterien scheinen dabei einen Einfluss auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von IL zu haben. Unabhängigkeit • „Unabhängigkeit“ ist in drei Bereichen als Kriterium im Zusammenhang mit IL relevant: • die „Unabhängigkeit der IL“ vom Erwerb des Kernproduktes409 • die gesetzlich geforderte „Unabhängigkeit der Ärzte“ in Bezug auf deren Therapiehoheit sowie Verordnungsverhalten (‗^ Wahrung der Integrität)410 • als auch die „Unabhängigkeit der Informationsquellen“ als Überbringer der IL.411 Sowohl bei einer als unabhängig wahrgenommen Quelle als auch Leistung, ist von einer Erhöhung der Glaubwürdigkeit auszugehen, da Informationsquellen der Unternehmen gemäß dem Trend von kommerziellen hin zu nicht-kommerziellen Quellen immer weniger Glaubwürdigkeit entgegengebracht wird.412 Die Wichtigkeit der Unabhängigkeit der Ärzte findet sich auch in der oben erwähnten Nennung zur „Wahrung der Integrität“ wieder. Ist die Unabhängigkeit nicht gewährleistet oder führt nicht zur Glaubwürdigkeit und damit zur Zufriedenheit des Empfängers mit der gesendeten Botschaft, ist die komplette Maßnahme gemäß der Abläufe der Reaktanz-Theorie gefährdet.413 Aus diesem Grund messen auch die befragten Pharmamanager der Unabhängigkeit der Informationsquelle als Basis für den Erfolg einer IL einen sehr hohen Stellenwert zu, insbesondere da die eigene Glaubwürdigkeit als eher gering eingeschätzt wird: „Naja, wir kommen direkt nach den Banken und der Erdölindustrie und jetzt vielleicht noch kurz vor der Atomindustrie“ Sie gehen davon aus, dass für die Erhöhung der Glaubwürdigkeit, neben der Lieferung eines überzeugenden Produktnutzens, auch die Unabhängigkeit sowie die Neutralität der Quelle bzgl. der Verkaufsabsicht maßgeblich sind. Zudem sind sie davon überzeugt, dass das Kernprodukt über einen Neuigkeits- bzw. Innovationsgrad verfügen muss, um ein Mindestmaß an Differenzierung zu liefern und damit zumindest Gesprächsbereitschaft des Arztes zu generieren. 407 Siehe Kapitel 2.2.3, S. 56ff. Vgl. hierzu Kapitel 2.2.2.1 (Attributionstheorie), Kapitel 2.2.2.3 (Informationsökonomik, Principal-Agent-Theorie) sowie Kapitel 2.2.4, S. 63. 409 Vgl. Belz 1998, S. 199. 410 Vgl. Dieners 2010, S. 40ff. 411 Vgl. Panos 2009, S. 65. 412 Vgl. Xie 2003, Unger/Fuchs 2005, Williams/Hensel 1991, Brown/Hayes 2008. 413 Vgl. Brehm/Brehm 1981. 408 4.2 13.12.13 16:38 Seite 108 108 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing „Wenn der fünfte Betablocker-Verkäufer ankommt, hat der Arzt sicherlich keine Lust mehr, sich mit dem zu unterhalten.“ Im Gegensatz zu den Pharmamanagern spielt die „Unabhängigkeit“ der IL für die befragten Ärzte eine untergeordnete Rolle. Da jede Leistung der Pharmaunternehmen in ihren Augen als Werbung erscheint, ist eine vollständige „Unabhängigkeit“ der IL vom Kernprodukt oder Unternehmen per se nicht möglich. Viele der Befragten gehen davon aus, dass auch IL nicht zum Selbstzweck sondern mit dem Ziel der Umsatzsteigerung des Unternehmens angeboten werden. Gemäß eigener Aussage können Ärzte sehr gut zwischen Fachinformationen und Werbung für ein Arzneimittel, z. B. im Rahmen einer Fortbildung, unterscheiden. Solange IL die Bedürfnisse des Arztes adressieren, keine zu hohe Abhängigkeit entsteht und die Integrität des Arztes nicht verletzt wird, akzeptieren sie den werbenden Charakter dieser Leistungen. Eine strikte Trennung und damit Unabhängigkeit der Quelle der IL vom Unternehmen sei daher aus Sicht der Ärzte nicht notwendig, wenn ein beidseitiger Nutzen angestrebt wird. Pharmamanager scheinen hingegen bestrebt zu sein, ihren eigenen Nutzen aus den Maßnahmen zugunsten der unabhängigen Wahrnehmung verbergen zu wollen. Ärzte wissen aber um den Nutzen der Pharmafirmen und sehen dies als nicht problematisch an. Das Verbergen-Wollen des Nutzens hingegen wird eher kritisch gesehen. Im Rahmen der Fallstudien werden diese Aussagen im Kontext der jeweiligen IL untersucht. Vertrauenswürdigkeit Eng verbunden mit der Unabhängigkeit der Informationsquelle ist deren Vertrauenswürdigkeit. Es ist von einem direkten Einfluss der Vertrauenswürdigkeit der Informationsquelle einer IL auf deren Glaubwürdigkeit auszugehen.414 Diese hängt eng mit dem Ausmaß an Objektivität und Aufrichtigkeit des Senders und damit dem Anspruch der Ärzte nach Wahrung der Integrität ohne Manipulationsversuch zusammen.415 Die hohe Bedeutung der „Vertrauenswürdigkeit“ für IM wird über mehrere Theorien hinweg betont, wie aus Kapitel 2.2.5 hervorgeht. Ärzte und Pharmamanager stimmen in diesem Punkt überein. Gelingt es nicht Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit für eine IL zu erlangen, besteht durchaus das Risiko des Verlusts eines bereits gegebenen Vertrauensvorschusses und damit eine Gefährdung einer stabilen Kundenbeziehung. Expertenkompetenz Die wahrgenommene Kompetenz einer Informationsquelle, die „Expertenkompetenz“, stärkt die Glaubwürdigkeit über die „Vertrauenswürdigkeit“ und über ein „sympathisches Auftreten“.416 Das Vertrauen in die Expertenkompetenz des Anbieters beeinflusst die Wahrnehmung des Arztes, ob der Sender in der Lage ist sein Leistungsversprechen in Form der gelieferten Information zu halten.417 Zudem ist sie die Grundlage, um das Ziel von IM, die übergeordnete thematische Kompetenz, zu erreichen. Im Zuge der heuristischen 414 Vgl. Cialdini 1995, S. 267, Roos 2007, S. 67, Kotler/Bliemel 2007, S. 669. Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 670. 416 Vgl. Unger/Fuchs 2005, Kotler/Bliemel 2007. 415 4.2 13.12.13 16:38 Seite 109 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 109 Informationsverarbeitung spielt die Kompetenz auch eine große Rolle für die Verlässlichkeit und damit die Motivation der weiteren Informationsverarbeitung. Die Expertenkompetenz der Informationsquelle kann daher einen direkten Einfluss auf die Zufriedenheit des Empfängers haben, insbesondere unter heuristischen Gesichtspunkten. Ärzte verknüpfen die Kompetenz in den Gesprächen direkt mit der Reputation des Senders und Anbieters und damit der Glaubwürdigkeit sowie der wahrgenommenen Qualität der IL. Die wahrgenommene Kompetenz zu der jeweiligen Thematik hat nach ihren Aussagen einen unmittelbaren Einfluss auf die IL-Wahrnehmung. Reputation Cialdini (1995) beschreibt den Einfluss von Autoritäten mit einer entsprechenden Reputation im Zuge des Autoritätsprinzips.418 Empfänger folgen somit eher Informationen von Personen, die über eine legitimierte Autorität verfügen. Ärzte oder Wissenschaftler verfügen per se in der Gesellschaft über eine hohe Reputation aufgrund ihrer Expertenkompetenz in ihren Fachgebieten.419 Innerhalb der Ärzteschaft haben KOL, wie Klinikärzte, eine hohe Reputation, so dass auf deren Äußerungen Wert gelegt wird.420 Ob ein Arzt zu einem KOL wird, hängt maßgeblich von dessen Reputation, z. B. innerhalb des Ärztenetzwerkes, ab. Es stellt sich demnach die Frage, ob ein Experte konstant wissenschaftlich neutral arbeitet oder ob er im Verdacht steht, ein Sprachrohr der Industrie zu sein. Wie erwähnt, verknüpfen die befragten Ärzte die „Reputation“ ebenfalls direkt mit der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit der Informationsquelle. Bezüglich der Einschätzung des Pharmaunternehmens durch den Arzt zählt hierzu, neben seinen eigenen Erfahrungen, auch das durch den Außendienst vermittelte Bild der Firma. Ebenso tragen Medienberichte, positiv wie negativ, zum Bild des Unternehmens bei. Freundschafts- und Sympathiegrad Ein weiterer Faktor, der auch aufgrund der Studien zum Verschreibungsverhalten einen großen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit vermuten lässt, sind der „Freundschaftsund Sympathiegrad“.421 In Zeiten der Informationsüberflutung steigt die Bedeutung persönlicher Kontakte auch in der Ärzteschaft.422 Somit ist mit einer hohen Bedeutung des „Freundschafts- und Sympathiegrads“ in Bezug auf die Wahrnehmung der Informationsquelle und damit deren Glaubwürdigkeit zu rechnen. Es wird postuliert, dass Empfängern damit eine schnelle und einfachere Entscheidung ermöglicht wird.423 417 Vgl. Ganesan/Hess 1997, S. 440. Vgl. Cialdini 1995, S. 273. Vgl. Kotler/Bliemel 2007, S. 670. 420 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003, S. 67. 421 Vgl. Cialdini 1995, S. 267, Kotler/Bliemel 2007, S. 670. 422 Vgl. Prosser/Almond/Walley 2003, Manchanda/Wittink/Ching 2005, van Lier 2007, Roos 2007. 423 Vgl. Petty/Krosnick 1995, Cialdini 1995. 418 419 4.2 13.12.13 16:38 Seite 110 110 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Auch aus den explorativen Gesprächen geht hervor, dass der Sympathiegrad insbesondere gegenüber dem Außendienstmitarbeiter eine große Rolle spielen kann. Sympathiegrad für das Unternehmen und für den jeweiligen Außendienstmitarbeiter scheinen sich auch gegenseitig zu beeinflussen. Ist der Außendienst sympathisch, ist auch der Hersteller sympathisch und umgekehrt. Der Begriff „Freundschaft“ geht den befragten Ärzten dabei jedoch als Bezeichnung zu weit, da dieser Begriff zu stark mit dem Verlust der eigenen Integrität in Verbindung gebracht wird. 4.2.2.2 Beurteilung der Qualität der gesendeten Inhalte Der zweite Bereich zur Beurteilung und damit Wahrnehmung der IL ist die „Qualität der gesendeten Inhalte“. In den theoretisch-konzeptionellen Grundlagen sowie den ungestützten Nennungen der Ärzte finden sich mehrere Eigenschaften einer Leistung, die für die Beeinflussung der Wahrnehmung der Qualität der IL relevant sind. Die wahrgenommene Qualität der Inhalte und damit der Werte der IL sind ein elementarer Bestandteil des Überzeugungsprozesses. Kernelement der Qualität sind auf die Bedürfnisse abgestimmte Werte, welche somit zu einem wahrgenommenen Nutzen führen. Diesen gilt es zu liefern und ausdrucksstark zu präsentieren.424 Er ist so zu wählen und zu gestalten, dass er attraktive, positive Erlebnisse vermittelt, welche auf den Empfänger ansprechend wirken.425 Insbesondere für die Weiterleitung der Information im Netzwerk und damit der Auslösung von WOM spielt dieser so gelieferte Nutzen eine große Rolle.426 Ärzte und Pharmamanager stimmen darin überein, dass IL klare Werte liefern müssen, die konkrete Bedürfnisse adressieren und damit für den Arzt „persönlich relevant“ sind. Ärzte nehmen die hohe Qualität zudem als Wertschätzung von Unternehmensseite wahr. Somit können diese auch persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse in Form der „Wertschätzung“ für den Arzt ansprechen. Mit qualitativ hochwertigen Materialien kann auch wiederum der Arzt selber Wertschätzung gegenüber Patienten oder dritten Personen ausdrücken und erfährt auf diese Weise eine bessere Unterstützung bei seinem eigenen Ziel, ein guter Arzt zu sein. Liefert die IL einen hochgradigen Nutzen und ist ansprechend für die Zielgruppe gestaltet, wird somit ebenfalls ein positiver Einfluss auf die Verschreibungsabsicht unterstellt. Die folgenden theoretisch und explorativ hergeleiteten Beurteilungskriterien stellen Bausteine zur Bewertung der IL-Qualität dar. Die Darstellung der Ausprägung der Beurteilungskriterien erfolgt im Rahmen der Fallstudien ebenfalls anhand der dreistufigen Skala in Form eines Kreisdiagramms gemäß Abbildung 37. Werte-Arten (Value) Maßgeblich für die Bewertung des konkreten Nutzens ist die Zusammensetzung und Ausprägung der Werte der IL. Die Analyse erfolgt in Anlehnung an den adaptierten Customer Value-Framework nach Smith/Colgate. Dieser Rahmen bietet wie vorne erwähnt 424 Vgl. Smith/Colgate 2007, Kotler/Bliemel 2007, S. 668. Vgl. Fazio 1995, Gladwell 2000, Butler/Butman 2005, Schögel/Tomczak/Wentzel 2007, Panos 2009. 426 Siehe Tabelle 12, S. 65, zur Bedeutung der Attraktivität der Botschaft für WOM. 425 4.2 13.12.13 16:38 Seite 111 111 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing die Möglichkeit zur Darstellung und Analyse der wahrgenommenen Werte-Arten sowie Quellen von Leistungen. Die Qualität ist der Gradmesser für die Ausprägung der einzelnen Wertekategorien. In diesem Forschungsprojekt dient der Framework zur Beschreibung der Quellen und der Arten der wahrgenommenen Werte pro IL, zur Ermittlung möglicher Schwerpunkte der Ausrichtung, sowie des Beitrags zur Befriedigung der Bedürfniskategorien und damit der Ableitung möglicher Erfolgsfaktoren. Wie unter Kapitel 2.2.1 dargestellt, stellen die Kategorien „functional“, „experiental/hedonic“ und „symbolic/expressive“ Werte im eigentlichen Sinne dar und zahlen dadurch auf den wahrgenommen Nutzen ein. Die vierte Kategorie „cost-sacrifice“ dient mit ihren Unterkategorien zur Beschreibung der wahrgenommen Kosten im folgenden Kapitel 4.2.2.3. Abbildung 40 stellt das Raster schematisch dar, um mögliche Unterschiede und mögliche Erfolgsfaktoren von IL ableiten zu können. Werte-Arten Werte-Quellen Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten Symbolischer Wert („experiental/hedonic“) („symbolic/expressive“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen Abbildung 40: Rahmen zur Erfassung der Werte-Arten und Werte-Quellen von IL Quelle: Vgl. Smith/Colgate 2007.427 Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Die Übereinstimmung mit der eigenen Erfahrung kann ebenfalls eine moderierende Rolle in Bezug auf die Wahrnehmung von IL einnehmen. Stimmt die Botschaft der gesendeten Information mit der eigenen Erfahrung überein, ist die Wahrscheinlichkeit einer Beeinflussung als höher einzustufen.428 Der positive Effekt der eigenen Erfahrung auf eine positive Wahrnehmung und damit eine Wiederinanspruchnahme der IL (Kundenloyalität) zieht sich durch eine Vielzahl der vorgestellten Theorien. Positive Erfahrungen mit der (Unternehmens- und/oder Produkt-) Marke führen gemäß der Risikotheorie zu einer Absenkung des Risikos und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufs. Weiterhin stützen Erkenntnisse der sozialen Austauschtheorie und der Informationsökonomik den Effekt positiver persönlicher Erfahrung auf die Inanspruchnahme einer Leistung.429 Die eigene Erfahrung 427 Detaillierte Beschreibung des Rahmens zur Erfassung des Kundenvorteils („Customer Value Framework“) befindet sich in Appendix A. 2 gemäß Smith/Colgate 2007, S. 20. Vgl. Cialdini 1995, Lavine/Snyder 2000. 429 Vgl. hierzu die Ausführungen unter Kapitel 2.2.2 428 4.2 13.12.13 16:38 Seite 112 112 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing ermöglicht es Personen im Rahmen des Überzeugungsprozesses, Entscheidungen mit geringerem kognitivem Aufwand zu treffen.430 Wenn alle internen und externen Faktoren für ein bestimmtes Verhalten bekannt sind und diese sich nicht verändern, bleibt auch das daraus resultierende Verhalten stabil.431 Ärzte mit langjährigen beruflichen Erfahrungen können somit stärker auf ihren eigenen Wissensstand vertrauen und tendieren dadurch weniger dazu, glaubwürdigen Quellen zu folgen, selbst wenn die Zufriedenheit mit der gelieferten Information hoch ist. Diese Wirkweise wird auch gestützt durch Erkenntnisse des Brand-Salience-Konzeptes. Die Aussagen der befragten Ärzte deuten insbesondere auf diese Zusammenhänge hin. Da für das Suchen von Informationen und das Abwägen von Alternativen im Praxisalltag in der Regel die Zeit fehlt, wird laut deren Aussagen bei Verschreibungen auf eigene verfügbare Erfahrungen bzw. die erstbeste, vertretbare Lösung zurückgegriffen. Der persönlichen beruflichen Erfahrung wird daher sowohl ein Effekt auf die Wahrnehmung des KV aus der IL als auch auf die „Verschreibungsabsicht“ unterstellt.432 Eine langfristige Ausrichtung der Leistungen mit gleichbleibender Qualität ist somit von Vorteil für eine positive Wahrnehmung und könnte den Entscheidungsprozess bei Wiederinanspruchnahme vereinfachen bzw. abkürzen. 4.2.2.3 Beurteilung des Kundenvorteils Diese so bewerteten Beurteilungskriterien der IL sind die Basis für die Einschätzung des KV. Sind diese Basisanforderungen positiv erfüllt, durchläuft der Entscheidungsprozess weitere Schritte im Hinblick auf den Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung, bis eine positive oder negative Entscheidung zur Inanspruchnahme der IL getroffen wird. Hierbei wird bewertet, ob die IL einen relevanten KV liefert, der zur Befriedigung der praxisoder persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse gemäß Abbildung 32 (S. 91) führt. Hauptkriterium ist dabei, inwiefern die bereitgestellten Werte der IL direkt oder indirekt (über Befriedigung praxisbezogener Bedürfnisse) zur Befriedigung des übergeordneten persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisses „Guter Arzt sein“ beitragen und damit über „persönliche Relevanz“ und Nutzen verfügen. Zwar kann die IL als qualitativ hochwertig und die Informationsquelle als glaubwürdig eingestuft werden, dennoch muss dies nicht zur Folge haben, dass der Inhalt auch als relevant zur Bedürfnisbefriedigung durch den Arzt wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur auf die „Stärke der Argumente“ verwiesen. Im Fall einer hohen persönlichen Relevanz führen starke Argumente zu einer höheren Wahrscheinlichkeit der Überzeugung. Während schwache Argumente in derselben Situation die Überzeugungswahrscheinlichkeit reduzieren. Eine geringe Relevanz der IL führt dagegen trotz starker Argumentation des Nutzens der IL nicht zu deren Inanspruchnahme, z. B. wenn der Arzt aktuell keinen Bedarf an einem Seminar zu 430 Vgl. Bohner/Wänke 2002, S. 118. Vgl. Ajzen 1991, Kahnemann 2011. 432 Siehe Kapitel 4.2.3 431 4.2 13.12.13 16:38 Seite 113 113 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing „Therapieoptionen“ hat.433 Eine starke Argumentation zeichnet sich insbesondere durch die bedürfnis- und damit nutzenorientierte Vermittlung der IL aus. Sie beschreibt also den „Fit“ der erbrachten Werte mit den konkreten Bedürfnissen des Arztes. Unternehmen haben demnach bei der Ausgestaltung von IL auf die Art und Weise der Kommunikation sowie die Ausstattung der Außendienstmitarbeiter mit den notwendigen Kompetenzen zu achten. Beiträge zur Bedürfnisbefriedigung Ob eine IL persönlich relevant und nutzengenerierend ist, hängt somit auch gemäß der explorativen Erkenntnisse, neben der Erfüllung der Basisanforderung, insbesondere vom Grad der Befriedigung der praxis- und persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse ab. Wie zuvor erwähnt, zahlen die drei Werte-Arten auf den „wahrgenommenen Nutzen“ ein. Hingegen der Beitrag zur „Kostenminimierung“ bezieht sich auf die „wahrgenommenen Kosten“. Die daraus resultierende Differenz ergibt wiederum den Kundenvorteil. Abbildung 41 stellt diese Zusammenhänge schematisch dar. Kundenvorteil Wahrgenommener Nutzen Grad der persönlichen Relevanz Bedürfnisse: Praxis- & persönlich.bezogene Werte: Functional Experiental Symbolic ./. Wahrgenommene Kosten Werte (cost/sacrifice): Economic cost Psychological cost Personal investment Risk Abbildung 41: Beurteilung des Kundenvorteils einer indirekten Leistung Quelle: Eigene Darstellung Die ermittelten „praxisbezogenen Bedürfnisse“ können eher durch „funktionale Werte“ bedient werden und tragen über diese zur Erfüllung der „persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse“ bei. Diese beiden Bereiche sind stark miteinander verbunden und interagieren. So können funktionale Werte, die hauptsächlich Inhalte für die Bedürfnisse zur Optimierung des „Wissens-“ und „Praxismanagements“ liefern, auch zur Reduktion der Kosten und damit zur Befriedigung der Bedürfnisse bzgl. „Kosten-“ und „Zeitmanagement“ führen. Der Bereich „Kostenminimierung“ trägt zwar, wie vorne beschrieben, auch zur Steigerung des KV bei, jedoch nicht als „Wert“, sondern durch die Veränderung der Differenz zwischen wahrgenommenen Kosten und Nutzen. 433 Vgl. Petty/Krosnick 1995, S. 210, Bohner/Wänke 2002, S. 140. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 114 114 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Die beiden anderen Bereiche „Erlebniswelten“ sowie „symbolischer Wert“ zahlen hingegen eher direkt auf die „persönlichkeitsbezogenen“ Bedürfnisse ein. Im Rahmen der Fallstudien geht es somit darum, herauszuarbeiten, welche Rolle die einzelnen Nutzenkategorien bei IL im regulierten Pharmamarkt in Bezug auf die Bedürfnisansprache und -befriedigung spielen. Abbildung 42 stellt die aus der explorativen Phase gewonnenen Bedürfniskategorien (siehe Abbildung 32) den möglichen Werte-Arten gegenüber. Produkt Produktgruppe Sortiment Medikament Gelieferte Werte der IL Bedürfnisse Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Funktionaler KostenWert minimierung WM PM KM ZM Erlebniswelten Image Symbolischer Wert Persönlichkeitsbezogene Praxisbezogene Abbildung 42: Zuordnung der Bedürfniskategorien zu KV-Kategorien Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schlegel 1991, Belz/Bieger 2004, Smith/Colgate 2007, Explorative Expertengespräche Ärzte Mai 2011. Relevanz und Effizienz als Maßstab für den wahrgenommenen Kundenvorteil Die wahrgenommene „persönliche Relevanz“ oder auch Wichtigkeit der Thematik für den Empfänger beeinflusst direkt die Motivation einer Person über eine Botschaft nachzudenken.434 Je größer die persönliche Relevanz und damit das Interesse des Empfängers an der Thematik, desto höher ist die Chance auf einen positiven Kontakt bzw. die Inanspruchnahme der IL.435 Wie beschrieben, betont das Customer Value Modell daher, dass Leistungen Werte für Kundenbedürfnisse mit hoher Relevanz schaffen sollen. Die befragten Ärzte machen in ihren Äußerungen deutlich, dass die IL in jedem Fall ein Bedürfnis ansprechen und über starke Argumente kommuniziert werden muss. Leistungen, welche außerhalb des Bedarfs und damit persönlichen Interesses liegen, werden nicht in Anspruch genommen. So landet Informationsmaterial ohne Bedarf in der Schublade oder Fortbildungen werden nur besucht, wenn dafür z. B. eine Notwendigkeit im Sinne des Qualitätsmanagementsystems (Erlangung von CME-Punkten) besteht, auch wenn die IL an sich qualitativ hochwertig ist. Bei der Konfiguration der IL ist somit auf die bedürfnisorientierte Ausrichtung der Leistungsbestandteile und damit der Werte zu achten, um die Anforderung an die „persönliche Relevanz“ für den Arzt zu erfüllen. Auch gemäß der befragten Ärzte und Pharmamanager ist die „persönliche Relevanz“ ausschlaggebend für die Bewertung des „wahrgenommenen Nutzens“. 434 Vgl. Petty/Cacioppo 1979, Johnson/Eagly 1989, Evans/Patterson/ O’Malley 2001, S. 21, Petty/Krosnick 1995, S. 210. 435 Vgl. Unger/Fuchs 2005, Esch/Krieger/Stenger 2009. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 115 115 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Folgende Fragestellungen dienen zur Untersuchung der Überschneidung der Werte mit den Bedürfnissen und damit der persönlichen Relevanz. Fragestellung Kriterium Wahrgenommener Nutzen: „Tragen die Werte der Leistung zur Befriedigung von aktuellen Bedürfnissen bei?“ Persönliche Relevanz Tabelle 22: Fragestellung zur Bewertung der persönlichen Relevanz Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte & Marketingmanager 2011. Um darüber hinaus die konkreten Beiträge der IL zur Erzielung von persönlicher Relevanz durch Bedürfnisbefriedigung herauszuarbeiten, dienen folgende Fragestellungen: Fragestellung zur Bedürfnisbefriedigung „Vereinfacht die Leistung die Arbeit des Arztes?“ Kriterium Vereinfachung (Beitrag zur praxisbezogenen Bedürfnisbefriedigung) „Ist der Arzt ein besserer Arzt (Fach- oder Kaufmann), wenn er die Leistung in Anspruch nimmt?“ Verwirklichung (Beitrag zur persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisbefriedigung) Tabelle 23: Kriterien zur Bewertung der persönlichen Relevanz Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte & Marketingmanager 2011. Während die „Vereinfachung“ auch auf die „Verwirklichung ein guter Arzt zu sein“ einzahlt, weisen mehrere Anzeichen darauf hin, dass auch IL, welche nur auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse (Verwirklichung) zielen, eine Wirkung hinsichtlich Zahlungsbereitschaft, Kundenloyalität und Übertragungseffekt haben könnten. Leistungen dieser Art würden sich vor allem unter der Leistungskategorie „Image“ wiederfinden. Quellen für wahrgenommene Kosten Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommene Kosten Abbildung 43: Rahmen zur Erfassung der wahrgenommenen Kosten Quelle: Vgl. Smith/Colgate 2007. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 116 116 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Gemäß Smith/Colgate können Kostenkategorien neben ökonomischen Kosten (z. B. Preis), auch psychologische Kosten (z. B. Stress, Konfliktsituation), Risiken (z. B. finanziell, persönlich) oder persönliches Investment (z. B. Zeit, Energie und Anstrengungen) umfassen. Steigen diese wahrgenommenen Kostenkategorien an, reduzieren sie somit die Differenz zum Nutzen und damit den wahrgenommenen KV. Somit beeinflussen sie direkt die Bereitschaft des Arztes für eine Gegenleistung, z. B. die Wieder inanspruchnahme und damit Kundenloyalität oder die Zahlungsbereitschaft. Gelingt es diese Bereitschaft zu steigern, wächst auch die Chance, zusätzlichen Umsatz und damit eine höhere Effektivität der IL zu erzielen. Beispiel: Ist die IL nicht produktunabhängig und vermittelt dem Arzt das Gefühl einem Verschreibungsdruck als Gegenleistung zu unterliegen, reduziert sich die Glaubwürdigkeit. Die „psychologischen Kosten“ die eigene Integrität nicht wahren zu können, steigen und damit das „persönliche Risiko“, dass die Praxis in Verruf geraten könnte. Somit reduzieren sich wiederum der KV und damit das Interesse die IL in Anspruch zu nehmen. Entscheidend für eine Inanspruchnahme einer IL ist somit eine positive Wahrnehmung • der Beurteilungskriterien „Glaubwürdigkeit der Quelle“ + „Qualität der Inhalte“, sowie • der „persönlichen Relevanz“ im Verhältnis mit • den „wahrgenommenen Kosten“. Anhand dieser Kriterien wird daher die Wahrnehmung der Ärzte im Rahmen der Fallstudien untersucht und deren Einfluss auf den weiteren theoretisch-begründeten Prozess im Zusammenhang mit der Einschätzung der jeweiligen (Leistungs-)Wirkung (Erfolg/Misserfolg) interpretiert. Auf diese Weise ist es möglich, die Bedeutung der theoretisch und explorativ hergeleiteten Kriterien im Modell zu bestätigen oder zu entfernen. Je stärker die positive Wahrnehmung der Kriterien ist, desto wahrscheinlicher ist demnach eine Inanspruchnahme der IL. Damit steigt wiederum die Wahrscheinlichkeit eines Übertragungseffektes auf die Kernleistung. Unterschiede in der subjektiven Wahrnehmung Ärzte lassen sich anhand der explorativen Erkenntnisse in Bezug auf deren subjektive Einschätzung der einzelnen Beurteilungskriterien insbesondere in zwei Richtungen unterscheiden: Rationaler Typ Emotionaler Typ Ärzte des „rationalen Typs“ bewerten rationale Kriterien, wie funktionale Werte oder „Reputation“ tendenziell höher. Ärzte des „emotionalen Typs“ hingegen gewichten Kriterien wie „Sympathie“ stärker. Eine eindeutige Gewichtung der Faktoren ist aufgrund der Stichprobengröße jedoch nicht möglich. Ob und in welcher Form Unterschiede zwischen den Arzttypen erkennbar sind, wird in den Fallstudien beleuchtet. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 117 117 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 4.2.3 Wirkungsfelder Indirekter Leistungen Der dritte Bereich der Fallstudien beschäftigt sich mit der Wirkung (R), welche die IL (S) durch eine bestimmte Wahrnehmung (O) beim Empfänger „Arzt“ auslöst (Vgl. Abbildung 44). Aus der Kombination der Gestaltungsfaktoren der IL und deren Beurteilung durch die Ärzte können durch die Analyse unterschiedlich erfolgreicher IL Rückschlüsse auf deren Erfolgskriterien im Pharmamarkt gezogen werden. Pharmaunternehmen Arzt S Konfiguration Kommerzialisierung Kooperationen Kommunikation Kompetenz O R Beurteilung der indirekten Leistung Kundenvorteil Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Wahrgenommener Nutzen Qualität der gesendeten Inhalte Wahrgenommene Kosten Zahlungsbereitschaft Kundenwert Kundenloyalität für ind. Leistung Übertragungseffekt auf Kernleistung Verschreibungsverhalten Abbildung 44: Wirkungfelder Indirekter Leistungen im S-O-R-Modell Quelle: Eigene Darstellung Die Wirkungsfelder unterscheiden sich in zwei Bereiche. Im ersten Bereich wird untersucht, ob die IL in Abhängigkeit der Beurteilungskriterien eine positive Reaktion durch eine erkennbare Zahlungsbereitschaft, Inanspruchnahme bzw. Kundenloyalität generiert und damit den Kundenwert steigert. Aus den Gesprächen mit Pharmamanagern als Anbietern und Ärzten als Konsumenten geht hervor, dass Differenzen in der Einschätzung der generellen Zahlungsbereitschaft bestehen. Manager reagieren eher skeptisch bis ablehnend auf die Möglichkeit IL kostenpflichtig anzubieten, da sie darin ein Risiko, oder zumindest eine Behinderung für den Erfolg in Bezug auf die Akzeptanz der IL sehen. Da Ärzte vor den Gesetzesänderungen für Leistungen oft nichts bezahlen mussten, gehen Manager davon aus, dass sie an kostenlose Leistungen gewöhnt sind und damit kostenpflichtige Leistungen ablehnen würden. Demgegenüber stehen die Erkenntnisse aus den Arztinterviews, welche durchaus konträr dazu erscheinen. Wenn der Nutzen einer IL entsprechend groß ist, dann ordnen sich für viele Ärzte die Kosten unter. „… ich kann auch dafür zahlen, Hauptsache sie bieten mir etwas Interessantes an.“ Teilweise erfährt eine Leistung sogar eine Wertsteigerung bei entsprechenden Kosten. Der zweite Bereich, der sich direkt auf die forschungsleitende Fragestellung bezieht, beschäftigt sich mit dem Übertragungseffekt. Ein Hauptziel des Forschungsprojektes 4.2 13.12.13 16:38 Seite 118 118 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing ist die Untersuchung eines möglichen Übertragungseffektes auf das Kernprodukt und damit auf das Verschreibungsverhalten. Es wird untersucht, ob Unternehmen oder Ärzte einen Zusammenhang zwischen Inanspruchnahme der IL und Kernprodukt wahrnehmen und diesen möglicherweise durch Erfolgsmessung nachweisen können. Aus diesem Grund wurden unter Kapitel 2.2.3 theoretische Erkenntnisse aus der Literatur zu Einflussgrößen auf das Verschreibungsverhalten ermittelt. Diese werden durch explorative Interviews ergänzt, um weitere mögliche Einflussgrößen, auch in Hinblick auf die Aktualität der Erkenntnisse, zu generieren. Um möglichst viele neue Erkenntnisse ergänzend zu der theoretischen Fundierung des Verschreibungsverhaltens zu erhalten und dabei den Arzt nicht vorab zu beeinflussen, wurde die Befragung in zwei Stufen durchgeführt.436 Zunächst äußerten sich Ärzte offen dazu, welche Kriterien ihrer Meinung nach einen Einfluss auf ihr Verschreibungsverhalten haben. Erst im Anschluss wurden ihnen ergänzend theoretisch fundierte Faktoren vorgelegt, um diese gemäß ihrer wahrgenommenen Einflussstärke in eine Rangfolge zu bringen. Bestätigung der theoretischen Einflussfaktoren auf das Verschreibungsverhalten Die theoretischen Erkenntnisse zum Verschreibungsverhalten spiegeln sich auch in den Aussagen der explorativ-befragten Ärzte wieder. Die Ärzte sind sich ihrer Pflicht bewusst, die Verschreibung an objektiven und rationalen Aspekten auszurichten. Die weiteren Einflussfaktoren beziehen sich darauf, welche Faktoren differenzierend wirken, wenn sich die Qualität der Arzneimittel gleicht. Hauptsächliche Grundlage sind dabei die eigene Erfahrung und die Kenntnisse über die Qualität des Kernprodukts – in diesem Fall des zu verschreibenden Arzneimittels. Die Verschreibung orientiert sich an der „Wirksamkeit“ und dem „Nebenwirkungsprofil“ des Arzneimittels, welche in möglichst zahlreichen klinischen „Studien“ fundiert belegt sein sollen. Kenntnis über die Studienlage erhält der Arzt vornehmlich über die Informationsquellen „Außendienst“ oder „Fachliteratur“. Diese Faktoren stellen Basisanforderungen für alle befragten Ärzte dar und werden daher auch von allen genannt. Preis bzw. Erstattungsfähigkeit des Arzneimittels ist für den Großteil der befragten Ärzte von nachgelagerter Bedeutung und wird lediglich von einem der befragten Ärzte ausdrücklich erwähnt. Relevant wird dieser Punkt erst in Zusammenhang mit der unter Ärzten weit verbreiteten „Regressangst“.437 In den Gesprächen konnte diesbezüglich auch der Einfluss der Patienten durch positive oder negative Rückmeldungen, Verträglichkeit und Akzeptanz des Arzneimittels bestätigt werden, also die „Patientennachfrage“. Die Eigenschaften des Senders bzw. der Informationsquelle sind auch bei der Inanspruchnahme der Kernleistung von Bedeutung. Der Abgleich mit „Empfehlungen und Vorgaben der Fachkollegen“ sowie der spezifischen „Leitlinien“ dient den Ärzten 436 437 Vgl. Appendix A. 7. Regress beschreibt eine Strafzahlung, die von einer Prüfungskommission angeordnet werden kann, wenn ein Arzt entweder im Vergleich zum Fachgruppendurchschnitt oder Richtgrößen sein vereinbartes Bugdet für Arznei-, Hilfsoder Heilmittelbudget signifikant überschritten hat. Vgl. Klement/Schroeder-Printzen/Bretschneider/ Lichte/Herrmann 2008. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 119 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 119 zur Absicherung der Verschreibungsentscheidung.438 In diesem Zusammenhang wird ergänzend die „Reputation“ des Pharmaunternehmens von über der Hälfte der befragten Ärzte angeführt. Verfügt das Unternehmen über eine gute Reputation in der Ärzteschaft hat dies entsprechend der Interviewpartner einen nachgelagerten positiven Einfluss. In enger Verbindung mit der „Reputation“ des Pharmaunternehmens stehen die „Sympathie für das Unternehmen“ und die „Sympathie für den betreuenden Außendienstmitarbeiter“ in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen zu IL. Gemäß der Priorisierung innerhalb der Befragung folgen diese Punkte direkt hinter den „Erfahrungen und Kenntnissen über das Kernprodukt“ sowie die „Empfehlungen und Vorgaben durch Fachkollegen“. Die beiden Sympathie-Faktoren sind nicht trennscharf, da die Möglichkeit der gegenseitigen Beeinflussung des Sympathiegrades besteht. Oft steht dabei der Außendienstmitarbeiter im Fokus. Dessen Sympathiegrad überträgt sich auf das Unternehmen, falls dem Arzt diese Verbindung überhaupt bewusst ist. Aus den Gesprächen ergibt sich somit der dringende Bedarf für Pharmaunternehmen, die Leistungen so zu kommunizieren, dass sie mit diesem assoziiert werden. Alle diese Faktoren dienen in Übereinstimmung mit der Theorie des wahrgenommenen Risikos, der Rückabsicherung der zu treffenden Entscheidung. Fachkollegen erfüllen zudem die Forderungen nach einer nicht-kommerziellen Quelle, welche als glaubund vertrauenswürdiger erscheint.439 Die Glaubwürdigkeit der Informationsquelle verfügt also auch bei der Kernleistung über eine hohe Bedeutung. Ergänzende Einflussfaktoren Ziel des IM ist es, den Arzt durch produktunabhängige Leistungen bedürfnisgerecht zu unterstützen und somit eine stärkere Kundenbindung zu generieren. Aus der Befragung wird deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen wahrgenommener Präsenz und Engagement des Unternehmens bzw. dessen Außendienst und dem Verschreibungsverhalten besteht: „Mit denen habe ich viel zu tun“, „Mit denen arbeite ich häufig zusammen“ oder „Zu denen habe ich eine enge Beziehung“ drücken eine enge Zusammenarbeit aus. Ärzte verstehen dabei unter Zusammenarbeit die Inanspruchnahme von Leistungen (z. B. Schulungen, Büromaterial), die Häufigkeit der Außendienstbesuche sowie die Verschreibung der Arzneimittel. Aktivitäten eines Pharmaunternehmens scheinen demnach über einen Einfluss auf das Verschreibungsverhalten zu verfügen. Eine Erklärung dafür ist, dass Ärzte sich zunehmend als „Kaufmänner“ sehen und somit beidseitig sinnvolle Geschäftsbeziehungen eingehen müssen. Aus den Gesprächen wird aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen ein Paradigmenwechsel vom „Heiler“ zum „Kaufmann“ 438 Die Leitlinien der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissen schaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die "Leitlinien" sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung., Vgl. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., http://www.awmf-leitlinien.de/leitlinien.html, Stand 21.08.2012. 439 Vgl. Abbildung 21 sowie Kapitel 2.2.5. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 120 120 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing deutlich. So äußert sich einer der Ärzte unter Berücksichtigung der zuvor aufgeführten Basisanforderungen so, dass der Einsatz von offerierten „Broschüren zur Hautkrebsvorsorge für das Wartezimmer“ durchaus einem Win-Win-Prinzip entspricht. Diese helfen dem Arzt, Patienten von der Notwendigkeit dieser Vorsorgeleistung zu überzeugen. Er kann diese dann leichter anbieten, durchführen und abrechnen. Somit wird er durch die IL im Praxisalltag unterstützt. Während die Wahrnehmung der Eigenschaften rund um das Kernprodukt durch direktes Marketing übermittelt und beeinflusst wird, können IL auch dazu beitragen, das wahrgenommene Engagement aus Sicht des Arztes zu steigern und somit positiv auf die Verschreibungsabsicht zu wirken. Ebenfalls scheinen die Intensität und damit Kontinuität der Zusammenarbeit, z. B. durch IL, einen positiven Einfluss auf die Reputation und Sympathie gegenüber dem Unternehmen direkt oder über dessen Außendienstmitarbeiter als direkten Ansprechpartner zu haben. Zweifelsohne existieren, wie beschrieben, auch Interaktionseffekte zwischen diesen Einflussfaktoren. Die Ausführungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Jedoch stellen sie einen weiteren hilfreichen Schritt zur Erklärung des Verschreibungsverhaltens und der direkten sowie indirekten Einflussfaktoren dar. Im Rahmen der Fallstudien gilt es demnach zu überprüfen, ob diese hergeleiteten Eigenschaften jeweils erfüllt sind. Erkenntnisse zur Verschreibungsentscheidung Anhand der Erkenntnisse der explorativen Phase wird deutlich, dass in Abhängigkeit des Zeitpunkts der Verschreibung unterschiedliche Entscheidungsprozesse Anwendung zu finden scheinen. Die Erstverschreibung eines Arzneimittels beruht gemäß der vorher aufgeführten Erkenntnisse hauptsächlich auf funktionalen und bezüglich des Risikos kostenminimierenden Werten. Dabei wird ein eher rational kognitiver Entscheidungsprozess herangezogen. Bei wiederholten Verschreibungen kommen jedoch Entscheidungsprozesse zum Tragen, welche sich auf der Beschreibung der täglichen Situation im Praxisalltag zurückführen lassen. Ärzte sehen in ihren Praxen täglich eine Vielzahl von Patienten mit den unterschiedlichsten Krankheiten, für welche mehrere vergleichbare Präparate auf dem Markt vorhanden sind. Die Folge ist ein „Information overload“. Da es gilt in diesem stressigen Praxisalltag kognitiven Aufwand zu minimieren, findet in den meisten Fällen kein bewusstes Abwägen der verschiedenen Alternativen statt. Vielmehr wird auf Lösungen zurückgegriffen, welche schnell und thematisch-assoziativ zur Verfügung stehen. Konkret handelt es sich dabei um zwei Prozesse, die aus den Gesprächen herauskamen: • Verschreibung des gewohnten Arzneimittels (Erfahrung), • Verschreibung der erstbesten kognitiv verfügbaren Alternative (z. B. aufgrund Ansprache auf Fortbildung, zeitnahe Besprechung durch Außendienst oder Muster in der Schublade). Letzterer Prozess deutet auf eine mögliche positive Übertragungswirkung durch IL anhand des beschriebenen Brand Salience Ansatzes hin. Der Kauf- bzw. Verschreibungs- 4.2 13.12.13 16:38 Seite 121 121 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing entscheid wird demnach stark dadurch beeinflusst, welche Marke als erste aus dem Langzeitgedächtnis ins Bewusstsein dringt und thematisch mit der aktuellen Aufgabe assoziiert wird. Die Aussagen der geführten Gespräche lassen diese Wirkweise vermuten, welche auch durch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entscheidungsfindung gestützt wird.440 Abbildung 45 fasst die Einflussfaktoren auf das Verschreibungsverhalten zusammen und veranschaulicht grafisch das Wirkungsfeld des IM, ergänzt durch explorative Erkenntnisse, welche jedoch der Bewertung der Kenntnisse zum Kernprodukt nachgelagert sind. Wirkungsfeld Indirect Marketing Wahrgenommenes Engagement des Herstellers für den Arzt Grad der Brand Salience der Unternehmensmarke Aktive Patientennachfrage Verschreibungsverhalten Erfahrung/ persönliche Kenntnisse zum Kernprodukt (Qualität) Wirksamkeit, Nebenwirkungsprofil, Studien, Preis/Erstattungsfähigkeit, Patientenakzeptanz Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Empfehlung und Vorgaben durch Fachkollegen, Leitlinien, Sympathie und gute Reputation Wirkungsfeld Direktes Marketing Abbildung 45: Wirkungsfelder auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Explorative Expertengespräche Ärzte & Marketingmanager 2011. Wer also die Basisanforderungen an das Arzneimittel erfüllt und darüber hinaus dem Arzt einen Nutzen liefert, wird durch diesen anscheinend eher berücksichtigt. Allerdings scheint eine Langzeitwirkung der Maßnahme nicht automatisch garantiert zu sein, wie ein Pharmamanager betont: „Die [Ärzte] verschreiben Dich so lange, bis sie selbst keinen Vorteil mehr haben und dann bist Du wieder raus.“ Diese Aussage unterstreicht jedoch ein weiteres Mal den Bedarf, erfolgsrelevante Faktoren der IL im Rahmen des Forschungsprojektes zu untersuchen. 4.3 Zusammenfassung und erste kausale Thesen Kapitel 4.3 resümiert die Erkenntnisse zur Wahrnehmung und Wirkung von IL im Modell und stellt erste davon abgeleitete kausale Thesen für die kommende Untersuchung der Fallstudien vor. Abbildung 46 ergänzt das S-O-R-Basismodell mit den erarbeiteten 440 Vgl. Kahnemann 2011 . 4.2 13.12.13 16:38 Seite 122 122 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing Beurteilungskriterien, welche aufgrund der bisherigen theoretischen und empirischen Erkenntnisse für die Wahrnehmung des Empfängers „Arzt“ von Bedeutung sein könnten. Durch die Fallstudien soll die Einflussstärke der jeweiligen Faktoren auf den Erfolg der IL interpretativ beurteilt werden. Pharmaunternehmen Arzt S Gestaltung der IL Konfiguration Kommerzialisierung O Qualität der Inhalte - Ausprägung Werte (functional, experiental, symbolic) - Abgleich mit eigener Erfahrung Kompetenz Kundenvorteil Wahrgenommener Nutzen Grad der persönlichen Relevanz Werte: Functional Experiental Symbolic Zahlungsbereitschaft Bedürfnisse: Praxis- & persönlichbezogene Kundenwert ./. Kooperationen Kommunikation R Glaubwürdigkeit der Quelle - Unabhängigkeit - Vertrauenswürdigkeit - Expertenkompetenz - Reputation - Sympathiegrad Wahrgenommener Nutzen Werte (cost/sacrifice): Economic cost Psychological cost Personal investment Risk Kundenloyalität für ind. Leistung Übertragungseffekt auf Kernleistung Verschreibungsverhalten Abbildung 46: Detaillierte Beurteilungskriterien von indirekten Leistungen im S-O-R Modell Quelle: Eigene Darstellung Erste kausale Thesen konzentrieren sich auf die wissenschaftlichen Beiträge des Forschungsprojekts zur Wahrnehmung und Wirkung von IL. Der Zusammenhang zwischen KV und Kundenwert ist unter Kapitel 2.2.1 theoretisch beschrieben und fundiert, so dass kein Bedarf an weiteren Thesen zu diesem Teil des Wirkmodells besteht. Die Fragestellung konzentriert sich vielmehr auf die Ausprägung der Gestaltungsfaktoren der IL, die eine bestimmte Wahrnehmung anhand konkreter Beurteilungskriterien verursachen, sowie die Existenz und Wirkweise eines möglichen Übertragungseffektes auf die Kernleistung. Folgende kausale Thesen lassen sich nach Abschluss der explorativen Phase des Forschungsprojektes formulieren: 4.2 13.12.13 16:38 Seite 123 4 Basismodell der Wirkungsweise von Indirect Marketing 123 Wahrnehmung indirekter Leistungen: • Indirekte Leistungen, deren Inhalte als qualitativ hochwertig wahrgenommen werden, erhöhen den Kundenvorteil. • Die wahrgenommenen Werte sowie die Übereinstimmung mit der eigenen Erfahrung verfügen über einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Qualität der IL. • Indirekte Leistungen, welche über eine glaubwürdige Informationsquelle transportiert werden, erhöhen den Kundenvorteil. • Die wahrgenommene Unabhängigkeit (vom Produkt und Unternehmen), die Vertrauenswürdigkeit, die Expertenkompetenz, die Reputation, sowie der Sympathie- und Freundschaftsgrad verfügen über einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle der IL. • Indirekte Leistungen, welche mit ihren Werten zur Befriedigung praxisbezogener und persönlichkeitsbezogener Bedürfnisse des Arztes beitragen, steigern die persönliche Relevanz und damit den wahrgenommenen Nutzen. Wirkung indirekter Leistungen: • Indirekte Leistungen tragen direkt und indirekt zu einer Steigerung des Kundenwertes bei. • Indirekte Leistungen, die über einen hohen Kundenvorteil verfügen, steigern die Zahlungsbereitschaft und sind damit an sich kommerzialisierbar. • Indirekte Leistungen ermöglichen einen positiven Übertragungseffekt auf die Kernleistung, hier: das Verschreibungsverhalten. • Indirekte Leistungen verfügen über das Innovationspotenzial, eigene vermarktbare Leistungssysteme zu erschaffen. Tabelle 24: Kausale Thesen zur Wahrnehmung und Wirkung indirekter Leistungen Quelle: Eigene Darstellung Diese kausalen Thesen werden im Rahmen der Fallstudien zur Beantwortung der Forschungsfragen weiterentwickelt und konkretisiert. Anhand der Fallstudien werden sowohl die Ausprägungen der Gestaltungsfaktoren der IL als auch die Wahrnehmung und die Wirkung der IL beschrieben und untersucht. Die Aggregation der Erkenntnisse aus den Fallstudien ermöglicht es im weiteren Verlauf, Aussagen zu den Abläufen und Erfolgskriterien zu treffen und diese in finale Hypothesen zur Wirkweise des IM zu formulieren. 4.2 13.12.13 16:38 Seite 124 5.2 13.12.13 16:38 Seite 125 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 5 125 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing im Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel Die Erkenntnisse der explorativen Phase werden im Rahmen der Fallstudienforschung der qualitativ-empirischen Phase weiterentwickelt und vertieft. Die Untersuchung erfolgt anhand der zuvor beschriebenen Vorgehensweise. Die unter Kapitel 3.3.2 hergeleiteten und vorgestellten Fallstudien zu IL in Pharmaunternehmen werden im Kontext des jeweiligen Unternehmens behandelt. So können mögliche Unterschiede in Bezug auf die Ausprägung der situativen Faktoren und deren Auswirkung auf den Erfolg der IL deutlicher dargestellt werden.441 5.1 Indirect Marketing zur Differenzierung im generischen Marktumfeld 5.1.1 Situatives Unternehmensumfeld 5.1.1.1 Beschreibung Unternehmen: Pharmacon GmbH Die Pharmacon GmbH unterscheidet sich durch ihr Geschäfts- und Marketingmodell deutlich von anderen Pharmaunternehmen und dem klassischen Pharma-Geschäftsmodell, welches vornehmlich auf den Einsatz von Pharmareferenten-Außendiensten beruht. Dieses Unternehmen verzichtet seit der Gründung im Jahr 1988 vollkommen auf einen eigenen Außendienst und setzt nach eigener Aussage auf „zukunftsweisende Innovationen im Pharmamarketing“ insbesondere durch IL.442 Der Verzicht auf einen eigenen Außendienst sowie die Konzentration auf IM ermöglicht eine störungsfreie Untersuchung der Wirkung der angebotenen Leistungen und damit deren Erfolgsfaktoren. Bei anderen Pharmaunternehmen wird der Effekt der IL durch Einflussfaktoren anderer Aktivitäten (z. B. Printwerbung, Außendienstaktivitäten) erschwert. Die Pharmacon GmbH kann seit ihrer Gründung auf eine positive Entwicklung zurückblicken. Das Unternehmen wurde auf private Initiative gegründet und ist als familiengeführtes mittelständisches Unternehmen auf den Bereich der Kinderheilkunde spezialisiert. Direkte Zielgruppen sind damit vor allem niedergelassene Kinder- und Jugendärzte und seit kurzem auch Kliniken. Das Portfolio umfasst Produkte für die pädiatrische und klinische Infektologie, Pneumologie, Dermatologie, sowie seit 2011 die Allergologie. Bei allen Produkten handelt es sich um Premium-Präparate für Kinder, die über ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal verfügen. Mit diesem Portfolio erzielte das Unternehmen - hauptsächlich auf dem deutschen Pharmamarkt - seit 1997 nahezu jährlich ein zweistelliges prozentuales Umsatzwachstum.443 Somit wächst es entgegen der stagnierenden Geburtenrate in Deutschland in Marktsegmenten, in welchen auch große pharmazeutische Konzerne wie Boehringer Ingelheim, GSK, Bayer, Sanofi-Aventis oder ratiopharm aktiv sind.444 441 Namen der Unternehmen sind anonymisiert und verwendete Kennzahlen verschlüsselt. Ausnahme: Spezialistenaußendienst für die klinische Betreuung seit 2010. 443 Interne Unternehmenspräsentation Pharmacon 2011 (unveröffentlichtes Dokument). 444 Vgl. Statistisches Bundesamt 2012, S. 6f. 442 5.2 13.12.13 16:38 Seite 126 126 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing In jedem der vier größten Produktbereiche behauptet Pharmacon gegenüber diesen Wettbewerbern einen der ersten beiden Plätze nach Marktanteil. Abbildung 47: Umsatzentwicklung der Pharmacon GmbH in % zum Vorjahr von 1997 – 2010 Quelle: Pharmacon Interne Unternehmenspräsentation 2011 (unveröffentlichtes Dokument). Mit über 145 Mitarbeitern verfügt das Unternehmen über eine eigene Produktentwicklung, jedoch über keine pharmazeutische Wirkstoffforschung. Die Weiterentwicklung bestehender Wirkstoffe erfolgt in enger Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kunden bzw. Patienten, für welche die Präparate vorgesehen sind. Diese Kundennutzenorientierung des gesamten Leistungsangebotes betont Pharmacon explizit im Rahmen der Unternehmensphilosophie. 5.1.1.2 Produktportfolio der Pharmacon GmbH Die Pharmacon GmbH ist weder unter Generikaherstellern noch unter den Big Pharma-Konzernen einzuordnen. Sie bewegt sich vielmehr in einer Nische mit Konzentration auf die Behandlung von Infektionskrankheiten, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Das Unternehmen konzentriert sich dabei auf die patientengerechte Anpassung gängiger patentfreier Wirkstoffe und forscht an kindgerechten Arzneimitteln. Dabei wird der Fokus u. a. auf die Optimierung der Darreichungsform gelegt. Dabei handelt es sich rein formell um generische Arzneimittel. Beispiele für Produktinnovationen Beispiel 1: Penicillin mit Geschmack Kinder haben oft Abneigungen gegen bitter schmeckende Medikamente. Jedoch ist ein Großteil der Medikamente bitter. Gerade kleine Kinder weigern sich häufig, diese einzunehmen und erschweren somit die Therapie für Eltern und Ärzte. Penicillin ist ein solches bitter schmeckendes Medikament, welches daher tendenziell eher auf 5.2 13.12.13 16:38 Seite 127 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 127 Ablehnung stößt. Um Kindern die Einnahme zu erleichtern, erforschte Pharmacon eine Rezeptur, die Penicillin in der Wirkung nicht beeinträchtigt, es jedoch schmackhafter macht. Heute schmeckt das Penicillin aus dem Hause Pharmacon nach Himbeere und ist eines der umsatzstärksten Produkte des Unternehmens geworden. Beispiel 2: Anti-Asthma-Tropfen Bei der Behandlung von Asthmabeschwerden müssen betroffene Kinder den häufig zur Behandlung eingesetzten Wirkstoff über eine Atemmaske inhalieren. Diese wirkt auf Kinder oft sehr furchteinflößend. Wie im ersten Fall hat dies Hindernisse bei der Therapie und somit eine sinkende Patienten Compliance zur Folge. Pharmacon entwickelte eine neue Darreichungsform für dieses Arzneimittel in Form von Tropfen. Diese Anti-Asthma-Tropfen sind mittlerweile unter den 50 meistverordneten Präparaten bei Kinderärzten. Durch diese bedürfnisgerechte Anpassung der Arzneimittel gelingt es, die Abneigung der Kinder zu reduzieren. Eltern und Kinderärzten wird es so ermöglicht, die Compliance der Patienten zu erhöhen und damit mit weniger Widerstand eine erfolgreiche Therapie durchzuführen. Es handelt sich also um ein „WIN-WIN-WIN“-Prinzip, welches das Unternehmen durch diese Produktinnovation realisiert. Dennoch müssen auch geschmacklich oder in der Darreichungsform veränderte Arzneimittel alle vorgeschriebenen Studien zur Zulassung durchlaufen und verursachen laut des Unternehmens Kosten in Millionenhöhe.445 Das Unternehmen überzeugt die Kunden mit der Kernleistung durch die Ausrichtung der Produkte an den Bedürfnissen der Patienten und die daraus resultierende Vereinfachung der Therapie. Mehrfache Auszeichnungen als innovativstes Produkt in der Pädiatrie unterstreichen diese hohe Akzeptanz bei der direkten Zielgruppe „Pädiater“.446 Allein in 2012 belegen Produkte des Unternehmens Platz 1 und Platz 3 bei der Verleihung der „Goldenen Tablette“ für das innovativste Produkt aus Sicht der Pädiater.447 Diese herausragende Position in diesem Marktsegment hat sich das Unternehmen über die Jahre erarbeitet. So sind mittlerweile zehn Produkte der Pharmacon GmbH unter den 50 meistverordneten Präparaten bei Pädiatern. Diese Produkte nehmen zudem eine Top-Position im jeweiligen Segment ein.448 Dennoch verfügt das Unternehmen über einen gesunden Produktmix in Form eines ausgeglichenen Portfolios mit rund 60 Produkten. Trotz der herausragenden Position und hohen Akzeptanz nimmt keines der Produkte mehr als 10 % Anteil am Gesamtportfolio. 445 Vgl. Expertengespräch Marketingexperte Med.Beratungsservice August 2011. Vgl. http://www.goldenetablette.de/home/innovativstes-produkt.html, Stand 08.11.2012. Die Goldene Tablette ist eine jährliche Auszeichnung der Arzneimittelhersteller mit dem besten Image bei niedergelassenen Ärzten. Sie wird in zehn Facharztgruppen vergeben, darunter auch Pädiater. Die Befragung der Ärzte erfolgt durch ein Marktforschungsinstitut im Auftrag der Fachzeitschrift PharmaBarometer. Einem repräsentativen Querschnitt der Ärztegruppe (n=80 – 300) wird folgende Hauptfrage gestellt: „Welchem Pharmaunternehmen würden Sie für das Jahr 2012 die Goldene Tablette® für den besten Arzneimittelhersteller verleihen?“. Neben der Goldenen Tablette für das beste Pharmaunternehmen wird auch das innovativste Produkt des Jahres aus Sicht der Ärzte ausgezeichnet. 448 Vgl. Pharmacon, Interne Unternehmenspräsentation 2011 (unveröffentlichtes Dokument). 446 447 5.2 13.12.13 16:38 Seite 128 128 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Abbildung 48: Prozentuale Verteilung Produktanteile im Unternehmensportfolio nach Umsatz Quelle: Pharmacon Interne Unternehmenspräsentation 2011 (unveröffentlichtes Dokument) Um diese Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben, verfügt das Unternehmen aktuell über ein Dutzend Neuproduktprojekte in der Entwicklungspipeline. 5.1.1.3 Innovatives Pharmamarketing bei der Pharmacon GmbH Seit der Gründung verfolgt das Unternehmen ein in der Pharmabranche nahezu einzigartiges Marketingsystem. Neben dem Außendienst verzichtet das Unternehmen auch auf die im Pharmamarketing übliche DtP-Maßnahme der Fachanzeigenschaltung, um Ärzte über Arzneimittel des Unternehmens zu informieren. Wie bei der Entwicklung der Arzneimittel, richten sich gemäß der Unternehmensphilosophie die Marketingaktivitäten in Richtung Arzt an dessen Bedürfnissen aus. Ziel ist es, den Arzt bestmöglich in seinem Praxisumfeld zu unterstützen. Entsprechend der Produktentwicklung werden auch Marketingleistungen im Unternehmen von kundenorientierter und nicht von produktorientierter Seite aus entwickelt, wie in den meisten anderen Unternehmen der Branche noch üblich. Das Marketingsystem umfasst neben Direktmailings ausschließlich Leistungen, welche dem IM zuzurechnen sind. IM verfügt von Anfang an in diesem Unternehmen über eine exponierte Stellung. Lediglich die aktive Information der Zielgruppe über die Produkte erfolgt über Direktmailings als einzige klassische DtP-Maßnahme. Der Schwerpunkt liegt auf produktunabhängigen, indirekten Serviceangeboten für Ärzte, welche thematisch auf deren Bedürfnisse abgestimmt sind, um einen Kundensog zu erzeugen. Das Pharmamarketingsystem von Pharmacon setzt sich folgendermaßen zusammen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 129 129 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Produktbezogenes direktes Marketing • • • Außendienst Fachanzeigen Mailings Unternehmen Arzt Produktunabhängiges Indirect Marketing • Medizinischer Beratungsservice • Praxisrelevante Fortbildungen • Praxisbörse • Praxisforum Abbildung 49: Marketingsystem der Pharmacon GmbH Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Pharmacon Interne Unternehmenspräsentation 2011 (unveröffentlichtes Dokument) Pharmacon setzt IL aller drei Kategorien mit Schwerpunkt auf Leistungen aus dem Bereich „Indikation“ ein. Hierzu zählen der „medizinische Beratungsservice“ als auch die „praxisrelevanten Fortbildungen“. Beide indikationsbezogenen IL bilden den Inhalt der Fallstudie, da sie zusammen den wichtigsten Teil des Marketingmix ausmachen. Der erste Bereich bezieht sich auf einen durch Pharmacon entwickelten wissenschaftlichen Frage-Antwort-Service in Zusammenarbeit mit führenden Experten. Der zweite Bereich umfasst ein hochwertiges Fortbildungsprogramm für Ärzte. Dieses besteht aus zwei jährlichen Symposien mit je über 1.000 teilnehmenden Kinderärzten, sowie 20 bundesweit verteilten Seminaren zu medizinischen Themen der Pädiatrie mit je ca. 100 Teilnehmern. Insgesamt nehmen ca. 4.000 der 6.647 in Deutschland niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte diese IL in Anspruch.449 Auch in der Kategorie „Praxisleistung“ ist das Unternehmen aktiv und unterstützt den Arzt bei praxisbezogenen Herausforderungen. Die „Praxisbörse“ wurde auf Anregung der Ärzteschaft ins Leben gerufen und bietet eine exklusiv für Pädiater zugeschnittene Plattform, um Praxisinhaber und junge Kinderärzte, die sich niederlassen wollen, zu vermitteln. Diese IL des Unternehmens ist für den Arzt kostenlos und wird in einem passwortgeschützten Bereich angeboten, um eine vertrauensvolle Vermittlung sicherzustellen. Ebenfalls unter „Praxisleistung“ fällt die IL „Praxisforum“. Diese stellt ebenfalls eine internetbasierte, passwortgeschützte Plattform für Pädiater dar, auf der sich diese exklusiv und kostenlos zu Themen rund um die Praxisführung austauschen können. Beide Plattformen sind produktunabhängig, befinden sich jedoch auf der Internetseite des Unternehmens, so dass ein direkter Bezug zum Anbieter, der diese unterstützende Leistung offeriert, offenbart wird. 449 Vgl. Bundesärztekammer 2011, S. 16. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 130 130 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Selbst in der IM Kategorie „Image“ bietet das Unternehmen eine IL an, die nach Aussage der interviewten Experten auch über eine gewisse Auswirkung auf die Kundenbeziehung verfügt. Pharmacon kommuniziert daher auch aktiv, dass es das kleinste Unternehmen ist, welches den eigenen Mitarbeitern und den Menschen in der Region eine „eigene Kinderkrippe“ in Zusammenarbeit mit einem gemeinnützigen Träger zur Verfügung stellt. Das Unternehmen unterstreicht damit seine Philosophie, medizinische und soziale Verantwortung zu übernehmen und fördert somit das positive Image auch auf Kundenseite. So wird eine Maßnahme, welche zur Mitarbeiterbindung dient, aufgrund der thematischen Verknüpfung mit der Hauptzielgruppe über das Thema „Kinder“ auch als IL genutzt. Allerdings ist der Abstand von der Kernleistung, wie unter Abbildung 25 aufgezeigt, im Verhältnis zu den anderen IL am größten, so dass die Wirkung auf die Kernleistung möglicherweise nicht stark ist. Die schwerpunktmäßig eingesetzten indikationsspezifischen IL liegen nach Auffassung der interviewten Pharmamanager thematisch näher an der Kernleistung als Leistungen der anderen Kategorien. Sie gehen davon aus, dass der Übertragungseffekt der IL schwächer wird, je weiter sich die IL thematisch von der Kernleistung entfernt, also von „Indikation“ über „Praxisleistung“ bis hin zu „Image“. Das Unternehmen visiert mit diesem IM Portfolio einen großen Teil der unter Kapitel 4.1.1 hergeleiteten Bedürfniskategorien an. Die IL, die wie beschrieben zum Teil auf Anregung der Kundengruppe entwickelt wurden, sollen dem Arzt im Hinblick auf seine praxisbezogenen Bedürfnisse einen nachhaltigen Nutzen liefern. Marketingmaßnahmen werden seit jeher langfristig ausgerichtet, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Im Einklang mit den theoretischen Erkenntnissen der Informationsökonomik fördert eine solche langfristige Ausrichtung die Akzeptanz der IL, so dass diese sich für den Arzt von einem Vertrauens- bzw. Erfahrungskauf zu einem Suchkauf entwickeln und somit die Kundenbindung stärken können. Durch diese Marketingphilosophie gelingt es dem Unternehmen, die rechtliche und die Kundensicht miteinander in Einklang zu bringen. Gemäß dem gesetzlich vorgeschriebenen Trennungsprinzip sind die IL ohne Produktbezug gestaltet und werden auch so kommuniziert. Somit soll sowohl der rechtliche als auch der Anspruch der Ärzte auf Integrität erfüllt werden. Aufgrund des breiten und erfolgreichen Einsatzes von IM im Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind die beiden Hauptleistungen des Unternehmens als „Best Case“ im Fokus des Forschungsprojektes. Da das Unternehmen im Rahmen seines für die Pharmabranche ungewöhnlichen Marketingansatzes fast ausschließlich auf IM setzt, bietet es sich an, deren Erfolgskriterien in den folgenden Kapiteln zu untersuchen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 131 131 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 5.1.2 Erstellung der indikationsspezifischen indirekten Leistung Die beiden Hauptleistungen des IM im Unternehmen gehören zum Bereich „Indikation“ und konzentrieren sich auf „Medical Education“ des Fachpersonals. Dabei werden beide IL unter der Bezeichnung „PharmaConsult“450 als Qualitätsmarke positioniert und kommuniziert. Sie stellen also einen eigenständigen Bereich im Leistungsportfolio des Unternehmens dar. Bedürfnisse als Basis der Leistungserstellung Die IL der Pharmacon GmbH sind auf konkrete Bedürfnisse ihrer Zielgruppe angepasst. Die zu untersuchenden Leistungen beziehen sich dabei vornehmlich auf die folgenden relevanten Bedürfnisse aus dem Bereich „Wissensmanagement“ wie in Abbildung 50 dargestellt. Produkt Produktgruppe Sortiment Medikament Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Image • Medizinischer Beratungsservice • Praxisrelevante Fortbildung • Praxisforum • Praxisbörse • Firmeneigener Kindergarten WM Bedürfnisse ZM KM Praxisbezogene PM Persönlichkeitsbezogene Abbildung 50: Einteilung und Beitrag der indirekten Leistungen der Pharmacon GmbH zur Bedürfnisbefriedigung Quelle: Eigene Darstellung Bedürfnis A: Vermeidung von Wissenslücken in der täglichen Praxis (WM, ZM) Niedergelassene Ärzte, wie die Zielgruppe der Pädiater, nehmen sich in der Regel selbst als Einzelkämpfer in der Praxis wahr. Sie sind täglich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Krankheitsbilder konfrontiert. Nur selten haben Ärzte die Möglichkeit spezifische Fälle mit Kollegen zu diskutieren oder ein Konsil eines Facharztes anzufordern, wenn sie eine mögliche interdisziplinäre Fragestellung klären möchten.451 Wie aus den weiter geführten Interviews deutlich wird, kommt hinzu, dass einige Ärzte unter Umständen eine mögliche Wissenslücke gegenüber Fachkollegen nicht eingestehen möchten. Dieses Eingeständnis scheint aus deren Blickwinkel kontraproduktiv zur Erfüllung des persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisses „ein guter Arzt sein“ zu wollen. Die Inanspruchnahme der IL erfolgt daher dann, wenn der Arzt feststellt, dass seine eigene Kompetenz endet oder sich bei zu treffenden Entscheidungen nicht sicher ist und einen Rat benötigt.452 450 Bezeichnung anonymisiert. „Konsil“ bezeichnet die patientenbezogene Beratung von Ärzten durch einen entsprechenden Facharzt. 452 Vgl. Expertengespräch Marketingexperte Med.Beratungsservice August 2011. 451 5.2 13.12.13 16:38 Seite 132 132 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Bedürfnis B: Aktualisierung des medizinischen Wissens (WM) In diesem Zusammenhang steht auch das Bedürfnis, das persönliche medizinische Wissen auf dem aktuellen Stand zu halten. Dieses bei vielen Ärzten aus Eigeninteresse verfolgte Bedürfnis wird zudem durch Vorgaben der Bundesärztekammer untermauert. Diese fordert eine kontinuierliche berufsbegleitende Fortbildung, um den Erhalt und die dauerhafte Aktualisierung der fachlichen Kompetenz der Ärzteschaft sicherzustellen. Um dies zu dokumentieren sind CME-Punkte durch die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen in einem bestimmten Zeitraum zu erwerben. Ergänzt werden diese Bedürfnisse durch die Ansprüche an IL, welche unter Kapitel 4.1 dargestellt wurden. Gemäß der zuvor beschriebenen Marketingphilosophie greift Pharmacon diese Bedürfnisse auf und richtet seine indikationsbezogenen IL auf diese aus. 5.1.2.1 Gestaltungsfaktoren „Medizinischer Beratungsservice“ Der bereits sehr früh entwickelte exklusive medizinische Beratungsservice in Form eines Frage-Antwort-Dienstes für niedergelassene Ärzte konzentriert sich auf Bedürfnis A. Ziel des Unternehmens ist es, den Arzt im Praxisalltag optimal zu unterstützen. Der Anspruch besteht darin, „Wie macht man eigentlich“-Fragen zu rein fachlichen, indikationsspezifischen Themen zu beantworten. Diese beschränken sich dabei nicht nur auf die vom Unternehmen bedienten Bereiche. Sie reichen thematisch von Fragen zur Diagnostik über Impffragen und therapeutische Ratschläge bis hin zur Beurteilung von Behandlungsmethoden. Fragen zum Praxismanagement fallen nicht unter diese IL. Um diesen Anspruch zu erfüllen, gilt es gemäß dem Modell unter Abbildung 29 deren Qualität und Glaubwürdigkeit der IL sicherzustellen. Maßgeblich für die Qualität und Glaubwürdigkeit sind die zur Verfügung stehenden Kompetenzen. Zwar verfügt das Unternehmen selbst auch über kompetente wissenschaftliche Mitarbeiter, jedoch decken diese nicht das breite Feld möglicher medizinischer Anfragen ab. Weiterhin ist die Glaubwürdigkeit von Pharmaunternehmen selbst nicht besonders ausgeprägt im Zuge der sinkenden Bedeutung von kommerziellen Informationsquellen. Hingegen spielen KOL aus dem medizinischen Umfeld des Arztes, insbesondere Klinikärzte, dafür eine große Rolle und verfügen in der allgemeinen Wahrnehmung der Ärzteschaft über eine hohe Glaubwürdigkeit. Um diese Kompetenzlücke in Bezug auf Fachwissen und Glaubwürdigkeit zu schließen, etablierte das Unternehmen Kooperationen mit führenden Experten in Form einer „hybriden Koordinationsform“.454 Diese Experten werden vom Unternehmen beauftragt, die durch niedergelassene Ärzte gestellten Fragen zu beantworten. Mittlerweile unterhält das Unternehmen einen Experten-Pool mit über 300 Fachleuten der verschiedensten medizinischen Disziplinen mit Schwerpunkt auf Pädiatrie, wie Chefärzte, Oberärzte, Professoren und Hochschullehrer. Hauptauswahlkriterium ist dabei die Expertise des jeweiligen Experten in seinem Fach. Die Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit den Fachkreisen erfolgt in Übereinstimmung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, wie 453 Vgl. Bundesärztekammer 2006, http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.2.20.1828.2054.2143.2144, Stand: 14.11.2012. 454 Vgl. Picot/Dietl/Franck 2008, S. 68. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 133 133 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing der MBO-Ä und dem FSA-Kodex. So erhalten die Experten für die Erbringung einer wissenschaftlichen Beratungsleistung in Form der Beantwortung der durch das Unternehmen gestellten Fachfrage eine vertraglich vereinbarte, angemessene Aufwandsentschädigung. Abbildung 51 verdeutlicht den Prozess. Pharmacon Anonymisierte Weiterleitung Expertenpool Datenbank? Medizinische Fragestellung Arzt Nein Ja Beantwortung Abbildung 51: Prozess Medizinischer Beratungsservice der Pharmacon GmbH Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte Med. Beratungsservice August 2011. Die Konfiguration betreffend, nimmt das Unternehmen eine zentrale Position bei der Leistungserbringung ein. Die Fragen gehen schriftlich oder bei einer zentralen kostenlosen Hotline telefonisch bei Pharmacon ein, werden von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin gesichtet und an weitere interne medizinisch-wissenschaftliche Mitarbeiter im Haus weitergeleitet. Diese beurteilen, prüfen und anonymisieren die Frage des Arztes. Hierbei findet auch ein Gegencheck mit der eigenen bestehenden Datenbank statt, die bereits Antworten zu zahlreichen Fachfragen enthält. Viele der Anfragen können mittlerweile über diese Datenbank aufgrund der langfristigen Durchführung der IL beantwortet werden. Existiert keine Antwort, wird die Frage sofort ohne Nennung des Arztnamens an den geeignetsten Experten weitergeleitet. Dieser ist angehalten, eine ausführliche Antwort innerhalb weniger Tage schriftlich an das Unternehmen zurück zu schicken. Der Fragesteller bleibt also anonym und hat keinen Gesichtsverlust zu befürchten. Die ausführlichen Antworten der Experten werden anschließend mit dessen Nennung an den anfragenden Arzt gesandt, so dass dieser zeitnah eine Antwort erhält und somit im Praxisalltag professionell unterstützt wird. Die Antworten sind mit ein bis zwei Seiten inkl. Literaturangaben zur wissenschaftlichen Fundierung überschaubar gehalten. Die Vorauswahl der Fragen führt wiederum zu einer besseren Zusammenarbeit der Kooperationspartner. Durch die langjährige Zusammenarbeit haben die Experten das Vertrauen gewonnen, dass das Unternehmen als Filter fungiert und nur sinnvolle Fragen weiterleitet. Themen, welche für die Allgemeinheit der Ärzte von Interesse sein können, werden in einer quartalsweise erscheinenden Zeitschrift publiziert. Hierbei fungiert das Unternehmen als Herausgeber, während die Fachredaktion ebenfalls bei einem der führenden medizinischen Experten liegt. Mit einem weiteren Leistungsbestandteil im Rahmen der Zeitschrift spricht Pharmacon Bedürfnis B der Ärzte an. So enthält jedes Heft einen 5.2 13.12.13 16:38 Seite 134 134 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing CME-zertifizierten Fragebogen. Füllt der Arzt diesen aus und sendet ihn ein, kann er zwei CME-Punkte pro Heft erhalten. Allein diese Zeitschrift trägt somit zu einer regelmäßigen Fortbildung bei und kann im Laufe von 5 Jahren 40 der zu generierenden 250 Fortbildungspunkte beisteuern. Diese Zeitschrift dient gleichzeitig zur Kommunikation der IL für das Unternehmen. In jeder der quartalsweise verschickten Zeitschriften sind die Kontaktdaten angegeben, über welche die Ärzte Fragen stellen können. Sie stellt einen der wichtigsten Kommunikationskanäle dar, mit dem Pharmacon vor allem seine übergeordnete Kompetenz als medizinischer Experte unterstreichen möchte. Aus diesem Grund wird sie mit einer Auflage von ca. 10.000 Stück auch an sämtliche niedergelassene Kinderund Jugendärzte, die komplette Zielgruppe des Unternehmens, versandt. Ausgenommen sind lediglich Ärzte, die einem Erhalt der Zeitschrift ausdrücklich widersprochen haben. Eine weitere Unterteilung der Zielgruppe bezüglich einer differenzierten Ansprache findet demnach nicht statt. Die Nennung der beteiligten Experten in der Zeitschrift dient dazu, die Glaubwürdigkeit zu steigern. Die komplette IL ist gemäß der IM Definition mit Unternehmenslogo als Absender, jedoch ohne Bezug zu den eigenen Produkten, gestaltet. Präparate werden generell nur im Zusammenhang mit direkten medizinischen, therapeutischen Fragen erwähnt und strikt ohne werblichen Charakter. Diese Trennung ist fester Bestandteil der Marketingphilosophie des Unternehmens zur Steigerung der Glaubwürdigkeit. Durch produktneutrale Fortbildungen entsteht Vertrauen, welches wiederum auf die Kernprodukte abstrahlt. Daher wird „Druckwerbung“ bei Fortbildungen unterbunden und großer Wert auf neutrale wissenschaftliche Vorträge gelegt. In Bezug auf die Kommerzialisierung der IL geht also das Unternehmen von einem Übertragungseffekt aus. Da die IL einen der Hauptbestandteile des Marketingmix darstellt, verfügt diese offensichtlich über einen sichtbaren Einfluss auf die Umsatzsteigerung. Dem Unternehmen gelingt es offensichtlich durch die offene und bedürfnisorientierte Vorgehensweise im Umgang mit den Kunden, ohne einen direkten Produktbezug und damit ohne aktiven Verschreibungsdruck, sicherzustellen, dass die Einhaltung der eigenen Integrität vom Arzt positiv wahrgenommen wird. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Wahrnehmung der Leistungen des Unternehmens aus. Zunächst führt dies zur wiederholten Inanspruchnahme der IL. So nimmt die Zahl der Arztpraxen, welche die IL nutzen, über die Jahre zu. Ebenfalls steigt im gleichen Maße die Anzahl gestellter Fragen. Bezogen auf alle kinder- und jugendärztlichen Praxen in Deutschland reicht die Anzahl gestellter Fragen pro Praxis von 0 bis 80 seit der Einführung der IL. Die meisten Praxen stellen dabei zwischen 5 und 10 Anfragen. Im gleichen Maße steigt die Intensität der Kundenbeziehung. Die Kommerzialisierung des medizinischen Beratungsservices an sich steht nicht im Vordergrund. Für sämtliche IL werden keine Preise als Gegenwert verlangt. Obwohl auch dem Unternehmen eine tendenzielle Zahlungsbereitschaft von den Ärzten angedeutet wird, verfolgt es bewusst die Strategie, Serviceleistungen, soweit gesetzlich 5.2 13.12.13 16:38 Seite 135 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 135 möglich, kostenlos anzubieten. Das Unternehmen setzt stärker auf die langfristige Etablierung eines positiven Images bei den Ärzten. Dies führt nach Einschätzung der Manager unter Beibehaltung der hohen Qualität der IL auch zu positivem WOM und, wie oben beschrieben, zu einem möglichen Übertragungseffekt. Dass dieser unter Einhaltung der zuvor beschriebenen Voraussetzungen existiert, wird sowohl von Aussagen der befragten Pharmamanager als auch der Ärzte angenommen. Die steigende Zustimmung zum Unternehmen korreliert mit der positiven Umsatzentwicklung, wie man anhand der Ergebnisse bei der Verleihung der Goldenen Tablette vermuten kann. Jedoch ist es nicht möglich die konkrete Verschreibung direkt auf die Inanspruchnahme der IL zurückzuführen, da Verschreibungsdaten auf Arztebene nicht vorliegen.455 Ein Erklärungsansatz für die Wirkweise dieses Übertragungseffektes erfolgt nach der Darstellung der Wahrnehmung der IL durch die Ärzte in Kapitel 5.1.3.4. Ein weiterer wichtiger Baustein für die Kommerzialisierung ist die Effizienz der IL, also mit welchem Mitteleinsatz die Kundenwertsteigerung erreicht wird. Folgende Kostenblöcke fallen im Rahmen der Leistungserstellung an, für welche konkrete Zahlen allerdings nicht zugänglich sind: • Aufwandsentschädigung für Experten, • Personalkosten beteiligter Mitarbeiter sowie • Druck- und Versandkosten für die quartalsweise erscheinende Zeitschrift. Die langfristige Ausrichtung der IL hat einen kostensenkenden Effekt, da die Datenbank fachlicher Antworten fortlaufend wächst und Fragen somit direkt ohne Einbindung weiterer Experten beantwortet werden können. Die nachhaltige und langfristige Ausrichtung der IL ist zudem eine effektive Absicherung gegen mögliche Nachahmer, welche zunächst die kritische Masse in Bezug auf Bekanntheitsgrad und Anfragen erzielen müssen, um dieses Erfolgsmodell zu kopieren. Aus Sicht der befragten Manager ist daher bei IL dieser Art erfolgsentscheidend „First-to-market“ zu sein, um einen Vorsprung auf Nachahmer herauszuarbeiten. 5.1.2.2 Gestaltungsfaktoren „Praxisrelevante Fortbildung“ Die zweite auf Kontinuität ausgelegte indikationsspezifische IL umfasst ein bundesweites Fortbildungsprogramm für niedergelassene Ärzte der Kinder- und Jugendmedizin. Thematisch umfassen die Fortbildungen medizinisch-wissenschaftliche Themen der Pädiatrie, welche für die Ärzte praxisrelevant sind. Die IL richtet sich demnach stärker an „Bedürfnis B“ aus, deckt jedoch auch in zweiter Linie „Bedürfnis A“ ab. Die Konfiguration der IL umfasst Fortbildungen unterteilt in Symposien und Seminare. 455 Vgl. Wallenstein/Ziegler/Kreid 2006, S. 450. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 136 136 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Praxisrelevante Fortbildungen Regionale Seminare 20 x jährlich ca. je 100 Teilnehmer Fach-Symposien 2 x jährlich ca. je 1000 Teilnehmer Abbildung 52: Aufteilung der praxisrelevanten Fortbildungen Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Pharmacon Interne Unternehmenspräsentation 2011 (unveröffentlichtes Dokument) Entsprechend der vorgestellten Zeitschrift sind die Veranstaltungen zertifiziert, so dass Ärzte für die Teilnahme CME Punkte erhalten. Laut Aussage der Experten handelt es sich dabei mittlerweile um eine Basisanforderung, um Fortbildungen platzieren zu können. Als Voraussetzung für die Zertifizierung und damit Vergabe der CME-Punkte sind die Vorträge absolut produktneutral gehalten. Die Verknüpfung der IL erfolgt lediglich zum Unternehmensnamen, insbesondere über die persönliche Begrüßung und Verabschiedung der Teilnehmer durch Geschäftsführer und Führungskräfte. Die Organisation der Veranstaltungen ist mit inhaltlichem Schwerpunkt auf wissenschaftlichen Themen möglichst straff gehalten. Zwar wird auch Wert auf die Interaktion der Ärzte untereinander, der Ärzte mit den Referenten als auch mit Mitarbeitern des Unternehmens gelegt. Ziel ist es jedoch den Teilnehmern in der zur Verfügung stehenden Zeit ein Maximum an Wissen durch qualitativ hochwertige Vorträge zu vermitteln und Zeit nicht durch zu lange Pausen zu verlieren. Über diesen funktionalen Nutzen hinaus, legt das Unternehmen bei dieser IL auch Wert auf weitere Nutzenkategorien, mit denen vor allem übergeordnete persönlichkeitsorientierte Bedürfnisse angesprochen werden. So wird Wert auf ein angemessenes attraktives Ambiente der Veranstaltung (experiental value) und eine intensive persönliche Betreuung der Teilnehmer vor und während der Veranstaltung (symbolic value) gelegt. Die persönliche Betreuung beginnt mit der Anmeldung des Teilnehmers zu der Veranstaltung. Er ist rechtlich dazu verpflichtet für die Anreise und Unterkunft selbst aufzukommen. Das Unternehmen stellt jedoch vorverhandelte Kontingente zur Verfügung, so dass sich der Arzt mit der Anmeldung zur Fortbildung auch für ein Hotel einschreiben kann. Das Unternehmen übernimmt die Koordination mit dem Hotel. Vor Ort ist ein spezielles Kongresssekretariat eingerichtet, dass eine persönliche Begrüßung und Betreuung der Teilnehmer garantieren kann und sich um die Belange der Ärzte kümmert. Der hohe Anspruch an die Qualität der IL ist in diesem Fall eng verbunden mit der Qualität und Glaubwürdigkeit des Referenten. Dies wird als erfolgsrelevant gesehen. „Das ist ein essentieller Bestandteil [für den Erfolg], diese Glaubwürdigkeit [des Referenten].“ 5.2 13.12.13 16:38 Seite 137 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 137 Bezüglich der benötigten Kompetenz sollen Referenten neben der fachlichen Qualifizierung und Expertise, methodischen Fähigkeiten, wie einer guten Didaktik und für den Zuhörer „verdaulichen“ Präsentationsweise, auch über eine ausgewiesene Neutralität verfügen. Das Management geht von einer hohen Bedeutung dieser Neutralität des Referenten in Bezug auf Unternehmen und Produkte für die Glaubwürdigkeit aus. Da das Unternehmen selber die Kompetenz in Verbindung mit wahrgenommener Neutralität nicht erbringen kann, werden insbesondere Referenten als Kooperationspartner bevorzugt, welche für ihre neutrale Vortragsweise und kritische Einstellung gegenüber der Pharmaindustrie bekannt sind. Aus Unternehmenssicht verfügen diese Kooperationspartner somit über „Expertenkompetenz“, „Reputation“, „Unabhängigkeit“ und dadurch auch über „Vertrauenswürdigkeit“ sowie „Glaubwürdigkeit“. Zudem geht das Management davon aus, dass eine eher kritische Haltung der Referenten einen positiven Einfluss auf dessen „Sympathie“ bei den Teilnehmern hat. Die Kommunikation dieser IL verläuft adäquat zur ersten dargestellten Leistung per Mailing an alle Ärzte der Zielgruppe. Eine Unterscheidung nach Ärztetypen findet nicht statt. Während die Symposien Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet ansprechen, sind die Seminare regional organisiert. Fünf der zwanzig regionalen Seminare finden am Firmensitz des Unternehmens statt. Wie das Beratungsangebot, richtet sich diese IL ebenfalls an alle Kinderärzte und damit potenzielle Kunden. Entsprechend dem „Medizinischen Beratungsservice“ liegt auch der Fokus bei der dieser IL nicht auf deren direkter Kommerzialisierung. Das Unternehmen trägt kodexkonform die Kosten für die reine wissenschaftliche Veranstaltung, während die Teilnehmer Anreise und Übernachtung selber bezahlen. Die wissenschaftliche Fortbildung an sich ist für Ärzte kostenlos. Zwar äußern Ärzte eine Zahlungsbereitschaft, der angegebene Preis wäre jedoch bei weitem nicht kostendeckend. Zudem reduziert ein Preis auch in Höhe von nur 50 Euro die wahrgenommene Differenz des KV und hat somit möglicherweise negative Auswirkungen auf den weiteren Prozess. Ein direkter quantifizierbarer Nachweis des Übertragungseffektes bei teilnehmenden Ärzten auf die Verschreibung ist nicht möglich, da trotz 1.000 Teilnehmern beim Symposium der Verdünnungseffekt auf die gesamte Zielgruppe zu groß ist. Qualitative Äußerungen in geführten Gesprächen lassen jedoch diesen Zusammenhang vermuten, solange die Vorrausetzungen in Bezug auf Rechtslage und Arzneimittelqualität gegeben sind, also dass es sich bei der Kernleistung auch um ein optimales Präparat handelt. Bei den Teilnehmern handelt es sich mittlerweile aufgrund der langfristigen Ausrichtung der IL weniger um Neukunden, sondern um Ärzte, welche die Leistungen seit Jahren in Anspruch nehmen. Sie haben somit persönlich positive Erfahrungen mit der IL gesammelt. Das Ergebnis ist eine gesteigerte Kundenloyalität. 5.1.2.3 Akzeptanz der indirekten Leistungen bei Pharmacon Aus dem Aufbau des Marketingmix bei der Pharmacon wird deutlich, dass IM in diesem Unternehmen über einen sehr hohen Stellenwert verfügt. Diese kundenorientierte, langfristig angelegte Geschäftspolitik wird, obwohl keine direkten Erfolgsnachweise erbracht werden können, sowohl von Seiten der Geschäftsführung… 5.2 13.12.13 16:38 Seite 138 138 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing „Ich kann es [die Wirkung] nicht beweisen und würde wahrscheinlich, wenn ich mich vor einem Aufsichtsrat rechtfertigen müsste, Schwierigkeiten haben, mein Tun zu erklären und zu rechtfertigen. Aber da wir einen Inhaber haben, der an das Konzept glaubt, machen wir das so weiter.“ …als auch von Seiten der Mitarbeiter getragen. „Wir verstehen uns als Dienstleister, als Serviceabteilung. Jemand der in dieser Serviceabteilung arbeitet, der muss auch diese Denke haben, dieses Gefühl für die Dienstleistung.“ Die Unternehmenskultur ist demnach, im Hinblick auf die Akzeptanz von IM, als positiv zu beurteilen. Der implizite Produktbezug der IL ist zumindest bei den beiden dargestellten indikationsbezogenen Leistungen gegeben. Da das Portfolio des Unternehmens sich über zahlreiche Indikationen der Pädiatrie erstreckt, fallen viele der wissenschaftlichen Themen innerhalb der Seminare und der erscheinenden Zeitschrift in die Bereiche, in denen das Unternehmen aktiv ist. Weiterhin handelt es sich bei beiden Leistungen um medizinisch-wissenschaftliche Themen der Pädiatrie, so dass das Unternehmen eine übergeordnete Kompetenz in diesem Bereich etablieren kann. Die Leistungen sind, wie dargestellt, sehr genau auf die Bedürfnisse der Zielgruppe Pädiater abgestimmt und verfügen somit über eine ausgeprägte Fokussierung. Gleichzeitig ist eine hohe Frequentierung der IL gegeben. Seit über zehn Jahren werden die Leistungen regelmäßig mit gleichbleibend hoher Qualität angeboten, so dass von einem großen Bekanntheitsgrad der IL bei den angesprochenen Kunden auszugehen ist. In Übereinstimmung mit der Unternehmenskultur fördert diese Kontinuität der Leistungserbringung die Akzeptanz der kundenorientierten Politik mit Instrumenten des IM bei den Mitarbeitern. Ein hoher Innovationsgrad kann laut Erkenntnissen der explorativen Phase kontraproduktiv für die Akzeptanz im Unternehmen sein und auf Ablehnung stoßen. In der vorliegenden Fallstudie ist jedoch ersichtlich geworden, dass gerade dieser anfängliche Innovationsgrad im Marketing und in Bezug auf das Geschäftsmodell des Unternehmens den Erfolg bedingt. Allerdings verfolgt das Unternehmen eine langfristige, nachhaltige Strategie, so dass die IL, welche den Erfolg zu bringen scheinen, auch bereits über zehn Jahre im Markt sind. Die Innovation hat sich mittlerweile bewährt, so dass die mögliche anfängliche Kritik verflogen ist. Im Vergleich zum Marketing der anderen Pharmaunternehmen ist dieses Vorgehen dennoch als sehr innovativ einzustufen. Ebenso ist die Einschätzung der Rentabilität des IM positiv, wie aus den aufgeführten Aussagen und der anhaltenden Umsatzsteigerung erkenntlich wird. Insbesondere da das Unternehmen auf weitere Ausgaben zur Verkaufsförderung, wie einen eigenen Außendienst verzichtet, ist die Rentabilität im Verhältnis zu Pharmaunternehmen mit dem üblichen Geschäftsmodell als sehr positiv einzustufen. Die hier dargestellten Leistungen sind somit ein Beleg für die Wirksamkeit gut organisierter und geplanter IL. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 139 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 139 In Summe ergibt sich folgendes Bild in Bezug auf die Akzeptanz von IM im Unternehmen, welches eine sehr gute Basis für eine erfolgreiche Umsetzung darstellt. Unternehmens- Impliziter InnovationsUnternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Fokussierung Frequentierung Rentabilität kultur Innovationsgrad Produktbezug Rentabilität grad Frequentierung Med. Med. Beratungs-service/ Beratungsservice/ Fortbildungen Fortbildungen • • • • • • Tabelle 25: Akzeptanz der indikationsspezifischen IL bei Pharmacon Quelle: Eigene Darstellung 5.1.3 Wahrnehmung und Wirkung der indirekten Leistung Im folgenden Kapitel wird dargestellt, wie Ärzte die konkrete IL in Bezug auf die hergeleiteten Beurteilungskriterien und Wertekategorien wahrnehmen und welche Auswirkungen dies auf die Beurteilung des KV mit sich bringt. Des Weiteren wird die Wirkung der IL aus Sicht des Arztes auf Kundenloyalität, Zahlungsbereitschaft und Verschreibungsverhalten untersucht. Da es sich bei der Fallstudie zu IM bei Pharmacon um die „Best Case“ – Fallstudie handelt, fließen insgesamt sechs Interviews mit Ärzte-Experten ein, wie unter Kapitel 3.3.2 vorgestellt. Alle befragten Ärzte haben beide IL beansprucht. Um ein vollständiges Bild der Wahrnehmung und damit auch Wirkung beider IL des Unternehmens zu generieren, erfolgt daher eine gemeinsame Auswertung und Darstellung im folgenden Kapitel. 5.1.3.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit Zunächst werden die Beurteilungskriterien zur Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle beleuchtet. Wahrnehmung der Unabhängigkeit Die befragten Ärzte betonen die Bedeutung der Unabhängigkeit auch im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit. „Wenn ich das Gefühl habe, dass etwas zu stark gefärbt ist, dann glaubt man irgendwann den Inhalt auch nicht mehr.“ Ihnen ist zwar bewusst, dass Unternehmen als Wirtschaftsbetriebe Leistungen nicht zum Selbstzweck anbieten. Gerade deshalb ist jedoch die Unabhängigkeit der IL bezüglich Produktbezug sowie Wahrung der Integrität von großer Bedeutung. Pharmacon erfüllt diese Anforderung in beide Richtungen. In Übereinstimmung mit der Beschreibung der Pharmamanager werden die Veranstaltungen als werbefrei wahrgenommen. Ebenso fühlen sich teilnehmende Ärzte in keiner Hinsicht in ihrer Integrität oder in ihrer Therapiehoheit beeinträchtigt. Die Aussage eines teilnehmenden Arztes unterstreicht, dass die Teilnehmer „mit einem vollkommen freien Gefühl, nicht beeinflusst oder indoktriniert zu werden“ an der Veranstaltung teilnehmen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 140 140 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Ebenso wird die Unabhängigkeit der Informationsquellen, also der Referenten auf den Kongressen und der Anfragen-beantwortenden Experten, als positiv eingestuft, da diese sich offen, ehrlich positiv wie negativ äußern und somit einen unbeeinflussten Eindruck hinterlassen. Die unabhängige Wahrnehmung resultiert auch insbesondere aus kritischen Äußerungen der Referenten gegenüber der Präparate des Unternehmens. Gemäß der Äußerungen der befragten Ärzte, welche die IL der Pharmacon GmbH in Anspruch genommen haben, ist die wahrgenommene Unabhängigkeit der IL vom Kernprodukt, die gesicherte Integrität der Ärzte als auch der Informationsquelle positiv zu bewerten. Wahrnehmung der Vertrauenswürdigkeit Die beschriebene Unabhängigkeit stellt in den Augen der befragten Ärzte die Objektivität des Senders sicher. So werden bei den IL, wie den wissenschaftlichen Vorträgen, bewusst Vor- und Nachteile thematisiert. Die Präsenz und Ansprechbarkeit des Managements auf den Kongressen, sowie die Möglichkeit kostenlos telefonische Anfragen zu stellen, prägen die wahrgenommene Aufrichtigkeit des Unternehmens aus Perspektive der Ärzte. Das Gefühl, dass man mit Leuten zu tun hat, mit denen man reden kann, verstärkt laut der befragten Ärzte die Vertrauenswürdigkeit. Der direkte, persönliche Kontakt mit Personen, die über eine hohe wahrgenommene Expertenkompetenz verfügen, stärkt zudem die Vertrauenswürdigkeit. Die Kooperation mit externen medizinischen Experten im Rahmen der IL, wie Chefärzten oder Universitätsprofessoren, welche über ein tiefes und breites Wissen zu Therapieoptionen verfügen und auch Alternativen objektiv bewerten können, wirkt sich positiv auf die Vertrauenswürdigkeit aus. Die Informationsquellen in Form der Unternehmensrepräsentanten sowie der externen Experten verfügen gemäß der Auskünfte über eine hohe Vertrauenswürdigkeit, da sie als objektiv und aufrichtig wahrgenommen werden und die Integrität der Ärzte nach deren eigener Ansicht bewahren. Wahrnehmung der Expertenkompetenz Die Einbeziehung hochkarätiger Referenten bei den Kongressen als auch des Expertenpools bei dem medizinischen Beratungsservice führt zu einer hohen wahrgenommenen Expertenkompetenz bei den Ärzten. Diese sind von der Qualität der IL des Unternehmens aufgrund der hohen Kompetenz der Wissensvermittler, auch im Hinblick auf die wissenschaftliche Tiefe und Breite, überzeugt. Wären die Vorträge zu eng um ein bestimmtes Therapiegebiet gestrickt, hätte dies hingegen vermutlich negative Auswirkungen auf Arztseite. Einer der befragten Ärzte beschreibt die IL als „super System mit wirklich ausgezeichneten Referenten“ und hervorragend aufgearbeiteten Inhalten. Der Anspruch des Unternehmens an eine gleichbleibend hohe Qualität dieser indikationsspezifischen IL durch die herausragende Kompetenz der Experten wird gemäß der geführten Gespräche bei den Ärzten auch so wahrgenommen und führt zu einer sehr hohen Akzeptanz bis hin zu Begeisterung für die IL. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 141 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 141 Die sehr hohe wahrgenommene Expertenkompetenz der IL wird durch die hochkarätigen externen Kooperationspartner transportiert und weniger durch die Repräsentanten des Unternehmens. Ein Unternehmen muss demnach nicht selbst über alle Kompetenzen verfügen, sondern kann die durch externe Partner generierte positive Wahrnehmung einer IL gemäß der Attributionstheorie auf sich verbuchen. So verbinden die Ärzte das positive Erlebnis nicht mit dem jeweiligen Referenten, sondern mit dem Unternehmen als Organisator bzw. Veranstalter der IL. Wahrgenommene Reputation Die ausgezeichnete Reputation des Unternehmens als Informationsquelle, welche bereits durch die jährlichen Auszeichnungen mit der Goldenen Tablette belegt wird, bestätigt sich auch in den Interviews mit teilnehmenden Ärzten. Bei der Bedeutung der Reputation eines Unternehmens unterscheiden die Ärzte jedoch deutlich zwischen der Wahl von Arzneimitteln und die Inanspruchnahme von IL. Bei Arzneimitteln stehen, wie bereits vorne erläutert, funktionale Qualitätsaspekte absolut im Vordergrund. „[…] wir verschreiben Medikamente und wissen gar nicht wer es herstellt. Also ich könnte bei vielen Sachen gar nicht sagen, von wem es kommt. Aber wenn man dann ein sehr gutes Medikament hat, da ist die Reputation sekundär. Weil entscheidend ist, dass das Medikament wirklich sehr gut ist.“ Wohingegen bei IL die Reputation des Unternehmens durchaus eine Rolle bei der Inanspruchnahme spielt. Die Reputation von Pharmacon und dessen IL sind bei der Zielgruppe aufgrund der anhaltenden hochwertigen Qualität durch bedürfnisorientierte Ausrichtung sehr hoch. „Die [die Organisation] ist absolut auf Spitzenniveau. Das klappt nirgends so gut wie bei denen.“ Die Erwartung der Teilnehmer wurde laut eigener Aussage jedes Mal erfüllt, so dass eine positive Reputation sowie WOM und Kundenloyalität entstehen können.456 Wahrgenommener Sympathiegrad Sympathie ist zunächst im Bewusstsein der Ärzte nicht ausschlaggebend für die Inanspruchnahme der IL. Nach vertiefender Diskussion relativiert sich diese Sichtweise jedoch. „Es ist natürlich so, dass der Sympathiefaktor bei uns Menschen immer eine große Rolle spielt. Wenn ich die jetzt von Grund auf unsympathisch finde, dann nimmt man da nicht so gerne Informationen an.“ 456 Vgl. theoretische Erkenntnisse aus Kapitel 2.2.4, S. 63. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 142 142 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Die Sympathie für Pharmacon und die direkten Kontaktpersonen ist sehr ausgeprägt. Dies ist vor allem auf den persönlichen Kontakt und die offenen Gespräche zurückzuführen, welche im Rahmen der IL direkt auch mit Führungskräften geführt werden können. Die weiteren Aktivitäten des Unternehmens, wie die Unterhaltung eines betriebseigenen Kindergartens, werden zudem als positiv und sympathiefördernd wahrgenommen. Den größten Beitrag zur Steigerung der Sympathie liefern jedoch die positiven eigenen Erfahrungen bzw. Äußerungen der Kollegen zu den IL des Unternehmens. „Also Sympathie entsteht auch durch Inhalte”. Gemäß dieses Arztes entsteht die Sympathie mit den Menschen vor Ort über diese Übereinstimmung der inhaltlichen Interessen sowie der emotionalen, psychologischen Vorurteilsstruktur. In Summe ergibt sich ein optimales Bild der Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für die Glaubwürdigkeit der Informationsquelle. Unabhängigkeit Med. Beratungsservice/ Fortbildungen • Vertrauenswürdigkeit • Expertenkompetenz Reputation • • Sympathiegrad • Tabelle 26: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle bei Pharmacon Quelle: Eigene Darstellung 5.1.3.2 Wahrnehmung der Qualität Im folgenden Kapitel werden die wahrgenommenen Werte-Arten und deren Quellen anhand des beschriebenen Rasters dargestellt, welche die IL der Pharmacon GmbH in den Augen der befragten Ärzte liefern. Ob ein Wert einen Nutzen generiert, hängt von dessen Passgenauigkeit auf die Bedürfnisse ab und dessen persönlicher Relevanz für den Arzt. Die Bewertung der persönlichen Relevanz erfolgt im nächsten Kapitel. Es wird dabei unterstellt, dass Werte, die nicht aus den Gesprächen hervorgehen, nicht bewusst wahrgenommen werden. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass diese generell nicht wahrgenommen werden, über keine ausreichende Relevanz verfügen oder zumindest als Basisanforderung nicht erwähnenswert erscheinen. Daher fließen ausschließlich Werte in die Analyse ein, welche aktiv genannt wurden. Bietet die IL aus Sicht des Anbieters weitere Werte, werden diese dennoch nicht aufgeführt, wenn sie aus den geführten Gesprächen nicht hervorgehen. Die detaillierte Auflistung der Werte-Nennungen befindet sich im Appendix A. 10. Im Folgenden werden die wichtigsten Werte-Arten und -Quellen erläutert. „Medizinischer Beratungsservice“ Die wahrgenommenen Werte-Arten konzentrieren sich auf funktionale und symbolische Werte. „Erlebniswelten“ spielen aufgrund der vornehmlich telefonischen Leistungserbringung aus Sicht der Ärzte keine Rolle bzw. wurden nicht erwähnt. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 143 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 143 Der funktionale Wertekern der IL ist die individuelle Beantwortung von medizinischen Fachfragen. Ärzte, die sich als Einzelkämpfer verstehen, haben so die Möglichkeit Auskünfte zu komplexen Themen einzuholen. Wichtige symbolische Werte aus dem Bereich der „Interaktionen“ sind die Gewährleistung der Anonymität, sowie die Beantwortung der Fragen durch anerkannte Experten. Deren Glaubwürdigkeit aufgrund ihrer guten Reputation und Expertenkompetenz vermittelt den Ärzten Sicherheit, so dass sie sich auf die Antworten verlassen können. Wichtig ist in ihren Augen zudem die garantierte Anonymität. Wäre diese nicht gewährleistet, würde die Befürchtung eines möglichen Gesichtsverlustes als medizinischer Experte vorherrschen. Bezüglich der wahrgenommenen Werte-Quellen spielt „Information“ in Form von Werbung, PR oder Produktinformationen fallstudienübergreifend keine Rolle. Dienstleistungen, welche als Inhalt z. B. Fachinformationen zu Therapieoptionen transportieren, fallen hier unter den Bereich „Produkt-/Dienstleistungseigenschaften“. Diese stellt gleichermaßen die Hauptquelle für funktionale Werte dar. Das „Umfeld der Leistungserbringung“ ist in diesem Fall die eigene Praxis. Dieses wird jedoch nicht als WerteQuelle wahrgenommen. „Prozesse der Eigentumsübertragung“ stellen die Quelle für den Wert „Zeitnahe Beantwortung der Frage“, also Schnelligkeit, dar. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen funktionalen Wert. So ist es dem Arzt möglich, im eigenen Praxisalltag ohne allzu große Unterbrechung zu agieren. Würde die Beantwortung zu viel Zeit in Anspruch nehmen, könnte dies unter Umständen wieder negative Folgen für die eigene Wahrnehmung bei Patienten haben. „Praxisrelevante Fortbildungen“ Bei dieser IL finden sich Werte-Arten aller drei Kategorien wieder. Funktionale Werte generieren sich aus den „Produkt-/Dienstleistungseigenschaften“ als auch aus den „Interaktionen“. Die befragten Ärzte schätzen dabei insbesondere die auf die zentralen pädiatrischen Themen und damit zielgruppenspezifische Aufbereitung der Inhalte der Tagesveranstaltungen. Dass diese im Rahmen der Veranstaltung durch Seminararbeit und Gespräche gefestigt werden, stellt zudem sicher, dass man „wirklich etwas mitnimmt“. Ausdrücklich hervorgehoben wird das exakte Zeitmanagement der Veranstaltungen. Ohne jegliche Überziehung können Ärzte somit ihre als knapp wahrgenommene Zeit optimal nutzen. Die Konstanz und Frequenz in der das Unternehmen diese Fortbildungen anbietet, ist in den Augen der Interviewpartner einmalig und kreiert damit unter Beibehaltung der hochwertigen Qualität über den Faktor Zeit einen klaren Wettbewerbsvorteil. „Es gibt niemanden, der in so einer Konstanz und Regelmäßigkeit solche Sachen macht, wie Pharmacon.“ Im Gegensatz zur ersten IL liefern die Fortbildungen auch Werte aus dem Bereich Erlebniswelten. Die Auswahl von Referenten, welche sowohl fachlich als auch methodisch versiert sind, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen und zu halten, zahlt sich demnach bei der Wertegenerierung aus. Die als familiär wahrgenommenen Interaktionen, bedingt durch den unkomplizierten, „sehr persönlichen“ Umgang mit Eigentümern und Managern der Firma, steigern das Vertrauen zum Anbieter und 5.2 13.12.13 16:38 Seite 144 144 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing fördern ein positives „Wohlfühlklima“. Die IL wird zudem als Plattform zum Austausch mit Kollegen genutzt. Sie bietet die Möglichkeit für Ärzte, ihre beruflichen Netzwerke zu pflegen und sich zu wissenschaftlichen Themen kollegial auszutauschen. Für einen Teilnehmer spielt auch der Spaß daran, wissenschaftliche Hintergründe aufzufrischen und mit „ein paar Kollegen darüber zu sprechen“ und Erfahrungen auszutauschen, eine große Rolle. Werte aus dem „Umfeld der Leistungserbringung“ werden zwar wahrgenommen, aber stellen eher Hygienefaktoren dar. Diese betreffen das Ambiente und die Bewirtung. Die funktionalen Inhalte der Veranstaltung werden höher gewichtet, so dass das Umfeld als sekundär eingestuft wird. Die Einschätzung beider Werte ist dennoch positiv, so dass sie zu der allgemein sehr guten Bewertung der IL beitragen. Bei den Fortbildungen werden auch symbolische Werte wahrgenommen. So ist es für die Ärzte wichtig, dass die IL produktneutral ohne direkte Produktempfehlung in Richtung der Kernleistung des Unternehmens stattfindet, um so die eigene Integrität und damit die Therapiehoheit als Arzt zu wahren. Die direkte Interaktion mit dem Geschäftsführer und den Referenten generiert weitere symbolische Werte. Dieser persönliche Umgang transportiert Wertschätzung für den teilnehmenden Arzt, der unter Umständen auch Kunde der Kernleistung des Unternehmens ist und zahlt somit auf die persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse ein. Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Die langfristige und qualitativ konstante Durchführung der IL führt zu einer sehr positiven Wahrnehmung des Unternehmens. Ärzte, welche bereits die IL in Anspruch genommen haben, äußern sich sehr positiv und zu diesen hervorragenden „Veranstaltungen zu zentralen pädiatrischen Themen“ an denen die Ärzteschaft gerne teilnimmt. „Das sind einfach die Spitzenfortbildungen in der Pädiatrie. Ich glaube, das wird fast jeder so sagen.“ Diese Übereinstimmung mit eigenen positiven Erfahrungen fördert die positive Wahrnehmung und die Wahrscheinlichkeit der Wiederinanspruchnahme und damit Kundenloyalität für die IL. 5.1.3.3 Wahrgenommener Kundenvorteil Die begeisterten Reaktionen der befragten Ärzte verdeutlichen einen KV als Differenz zwischen einem hohen wahrgenommenen Nutzen durch hohe persönliche Relevanz und den wahrgenommenen Kosten. Gemäß der Vorgehensweise unter Kapitel 4.2.2.3 wird analysiert, in welchem Maße die zuvor beschriebenen Werte zur Befriedigung von praxis- und persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen beitragen und somit persönliche Relevanz generieren. Wahrgenommener Nutzen Die funktionalen Werte beider IL tragen aus Sicht der Ärzte zur Vereinfachung des Praxisalltags durch Fokussierung auf die praxisbezogenen Bedürfnisse „Unterstützung beim Wissens- und Zeitmanagement“ bei. Sowohl die „praxisrelevanten Fort- 5.2 13.12.13 16:38 Seite 145 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 145 bildungen“ als auch der „medizinische Beratungsservice“ unterstützen bei der Aufbereitung des medizinischen Fachwissens und ermöglichen es, Wissenslücken und Unsicherheiten auf Seiten des Arztes zu schließen. Sie tragen zudem direkt und indirekt zu einer Optimierung des Zeitmanagements der Praxis bei. Durch die direkte „zeitnahe Beantwortung der Anfragen“ können Ärzte bei Bedarf im Tagesablauf schneller reagieren und sparen zudem Zeit bei der eigenen Recherche. Hervorzuheben ist der Wert „aufgearbeitete und breite Wissensvermittlung“. Dieser ist dabei sowohl als Beitrag zum Wissensmanagement als auch als Beitrag zur Befriedigung persönlichkeitsbezogener Bedürfnisse zu sehen. So ermöglicht diese wissenschaftliche Breite die Wahrung der Integrität, da dem Arzt ein neutrales Bild der Therapieoptionen aufgezeigt wird und er somit nicht dem Eindruck einer Beeinflussung unterliegt. Diese praxisbezogenen Werte tragen dazu bei, das persönlichkeitsbezogene Bedürfnis „ein guter Arzt zu sein“, zu erreichen. „Also in der Alltagsarbeit, wenn ich dann einen Patienten habe, bei dem es zu den bestimmten Erkrankungen kommt, man denkt einfach noch mal ein Stück breiter. Es fällt einem einfach noch viel mehr ein. Man kann noch mal das probieren oder das probieren, so dass man das wirklich umsetzen kann. Das ist sehr praxisbezogen.“ Zusätzlich tragen beide IL durch deren Zertifizierung und damit Vergabe von CMEPunkten zur Optimierung des „Praxis- sowie Kostenmanagements“ bei. Durch die regelmäßige Inanspruchnahme dieser Leistungen können Ärzte einen Großteil ihrer zu erlangenden Fortbildungspunkte kostenlos erhalten. Allerdings werden die anderen Werte-Arten als wichtiger eingestuft. Dennoch decken die IL alle vier Bedürfnisbereiche (WM, ZM, KM, PM) ab. Die aufgeführten Werte zu den beiden weiteren Kategorien (Symbolisch, Erlebniswelten) zahlen hingegen direkt auf die persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse ein. Anonymität bei der Beantwortung der Fragen als auch die Produktneutralität ermöglichen es dem Empfänger, dass er sowohl seine Integrität als Arzt wahrt als auch seinen Ruf als medizinischer Experte nicht gefährdet sieht. Werte, wie die „Beantwortung der Fragen durch KOL“, „Direkter Kontakt zu Geschäftsführer“ als auch der vertrauensvolle aufmerksame Umgang im Umfeld der Veranstaltung werden als Wertschätzung wahrgenommen und befriedigen somit ebenfalls die persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse zur Verwirklichung des Ziels „ein guter Arzt zu sein“ und als ein solcher wahrgenommen zu werden. Die Werte-Arten verfügen über eine qualitativ hochwertige Ausprägung. Deren Kombination führt somit zu einem hohen wahrgenommenen Nutzen der IL. „Ja, und das war einfach toll gemacht. Das war in sich überzeugend. Da waren gute Vorträge. Man hat eine Zeit zu diskutieren. Man hat ein gemeinsames Gespräch. Dann haben die an den Nachmittagen meistens Seminararbeit, dass man die Sachen gleich noch mal ein bisschen nacharbeitet, so dass man wirklich etwas mitnimmt.“ Diese Einschätzung eines befragten Arztes bringt den Nutzen der „praxisrelevanten Fortbildungen“ der Pharmacon GmbH für die Teilnehmer auf den Punkt und verdeutlicht die persönliche Relevanz. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 146 146 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Wahrgenommene Kosten Im Verhältnis dazu stehen die wahrgenommen Kosten der IL. Diese beziehen sich zum einen auf direkte Kosten, z. B. in Form des Preises. Darüber hinaus können die aufgeführten Werte durch ihre Eigenschaften die wahrgenommenen Kosten reduzieren. Die Zusammenfassung der ermittelten Faktoren, welche einen erkennbaren Einfluss auf die Kostenwahrnehmung haben, befindet sich im Appendix A. 11. Beide IL haben einen Einfluss auf alle vier Kostenarten: ökonomischen und psychologischen Kosten, wahrgenommenen Risiken, sowie persönliches Investment. Die ökonomischen Kosten sind bei beiden IL gering gehalten. Sowohl die Kontaktaufnahme, die individuelle Beantwortung der Anfragen als auch der Erwerb der Zeitschriften mit medizinisch relevanten Fragestellungen sind beim „Medizinischen Beratungsservice“ für den Arzt kostenlos. Ebenso verhält es sich bei den „praxisnahen Fortbildungen“. Die Teilnahme an der wissenschaftlichen Fortbildung ist ebenfalls kostenlos. Lediglich für die Unterkunft fallen Kosten für den Arzt an. Da dies jedoch durch die gesetzlichen Regelungen bedingt ist, gilt dies unternehmensunabhängig für alle medizinisch-wissenschaftlichen Fortbildungen. Das angenehme Ambiente sowie der persönliche, vertrauenswürdige Kontakt zu den Mitarbeitern steigern die Vertrauenswürdigkeit und wirken somit reduzierend auf die psychologischen Kosten, indem ein mögliches Spannungsfeld bei der Wahrnehmung vermieden wird. Hierzu tragen auch die als glaubwürdig wahrgenommenen Informationsquellen in Form der Referenten und medizinischen Experten bei. Die Expertenkompetenz, welche ihnen von den Empfängern zugesprochen wird, reduziert wiederum deren psychologisches Risiko. Im Fall des Beratungsservices werden psychologische Hürden zudem durch die Vereinfachung der Kontaktaufnahme, die Kontinuität und Vermeidung möglicher Stressfaktoren reduziert. Beide Leistungen tragen gleichermaßen zur Reduktion des persönlichen Investments bezüglich Zeit und Aufwand zur Wissensgenerierung bei. Die wahrgenommene Produktneutralität und gute, thematisch breite Aufbereitung der wissenschaftlichen Themen fördert dabei die Akzeptanz. Die gleichzeitige Vergabe von CME-Punkten durch Teilnahme an beiden IL, ermöglicht zudem eine Reduktion des für das Qualitätsmanagement der Praxis anfallenden Investments. In Summe tragen all diese kostenreduzierenden Faktoren dazu bei, das wahrgenommene Risiko bei der Inanspruchnahme dieser IL zu verringern. Weitere Aspekte wie die langfristige Ausrichtung mit konstanter Qualität, das perfekte Zeitmanagement bei der Beantwortung der Fragen, sowie die Terminierung der Vorträge steigern das Vertrauen in die IL und damit in den Anbieter. Das Risiko für einen teilnehmenden Arzt im Fall einer wiederholten Inanspruchnahme falsch zu liegen und möglicherweise Zeit und Geld zu verschwenden, wird somit minimiert. Aufgrund der dargestellten Differenz zwischen wahrgenommenen Nutzen und Kosten ist von einem hohen KV auszugehen. Einer der befragten Ärzte fasst die Grundstimmung aller zu diesen Leistungen befragten Ärzte zusammen: 5.2 13.12.13 16:38 Seite 147 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 147 „Ich würde das nicht so begeistert erzählen, das könnte man auch, glaube ich, gar nicht, wenn man es nicht so wirklich erleben würde. Das ist schon etwas Besonderes in der Richtung. […] Ich kenne da keinen, der das nicht kennt oder sagt, nein, da gehe ich nie wieder hin.“ 5.1.3.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Kundenloyalität und Verschreibung Die Wahrnehmung der beiden IL ist, wie ersichtlich geworden ist, durchweg positiv und führt zu einem positiven KV. Gemäß den theoretischen Grundlagen des Basismodells ist durch diesen positiven KV von einer weiterführenden positiven Wirkung auszugehen. Ein Indikator für die hohe Zufriedenheit der Pädiater mit den erbrachten Leistungen ist der wiederholte und damit durchgehende Gewinn der „Goldenen Tablette“ seit deren Auslobung im Fachbereich der Pädiater. Pharmacon gewann diese Auszeichnung bei Pädiatern zum elften Mal in Folge vor Unternehmen wie GlaxoSmithKline, Pfizer oder Novartis. Die positive Rückmeldung nimmt jedes Jahr zu und liegt in 2012 bei 60 % Zustimmung der befragten Pädiater, während keiner der Mitbewerber mehr als 5 % erreicht.458 Laut der Initiatoren sind die hohe Qualität der Produktleistung, die Innovationskraft des Unternehmens, Service und transparente Informationen als Maßstab für die bewertenden Ärzte zu sehen.459 Im weiteren Verlauf wird untersucht, welche Wirkung diese Wahrnehmung im Hinblick auf die erneute Inanspruchnahme der IL hat und ob die unter Kapitel 4.2.2 vorgestellten Kriterien erfüllt sind, um einen Übertragungseffekt auf die Kernleistung zu ermöglichen. Kundenloyalität Die durchweg guten Erfahrungen aufgrund des als hoch wahrgenommenen KV führen zu einem positiven Image der IL und des anbietenden Unternehmens. Dieser ist vor allem zurückzuführen auf die Objektivität und Produktneutralität zur Wahrung der Integrität der Ärzte, als auch dem persönlichen Umfeld der IL. Dies führt wiederum zu einer wiederholten Inanspruchnahme der IL und damit zur Kundenloyalität hinsichtlich dieser konkreten Leistungen. „Klar, weil ich war so oft dort gewesen und ich gehe da sehr gerne hin und da hat man dann auch den Bezug dazu.“ Zahlungsbereitschaft In Übereinstimmung mit dem theoretischen Modell unter Abbildung 12 (S. 35) bestätigt sich anhand der Aussagen der befragten Ärzte ein positiver Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft für die IL. Obwohl beide IL kostenlos angeboten werden, äußern alle Befragten eine positive Bereitschaft, wie bereits auch von Seiten des Unternehmens vermutet. 458 459 Vgl. http://www.goldenetablette.de/gewinnerchronik.html, Stand: 08.11.2012. Vgl. http://www.goldenetablette.de/home/goldene-tablette.html, Stand: 08.11.2012. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 148 148 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing „Also, da würde man sogar was dafür bezahlen, weil das einfach wirklich so gut ist.“ „Alles was sinnvoll ist und mir im Praxisalltag hilft. Warum soll man da nicht ein bisschen was dafür bezahlen.“ Allerdings ist diese Bereitschaft in Abhängigkeit möglicher Alternativen zu sehen. Existieren Leistungen, die als gleichwertig wahrgenommen werden, sinkt diese sofort. Pharmacon gelingt es jedoch, eine exklusive Position in der Wahrnehmung der teilnehmenden Ärzte durch die dargestellte Wertekombination einzunehmen und wird somit nur schwer austauschbar. Übertragungseffekt auf Kernleistung Bevor ein Übertragungseffekt durch IM eintreten kann, sind die Basisanforderungen an Qualität des Kernprodukts und Glaubwürdigkeit dessen Informationsquelle zu erfüllen.460 Insbesondere die wissenschaftlichen Kenntnisse über das Kernprodukt sind von großer Bedeutung. Erfüllt ein Kernprodukt, in diesem Fall ein Arzneimittel, nicht die hohen Anforderungen und Erwartungen wie beschrieben, ist ein Übertragungseffekt auch durch kundenvorteilsgenerierende IL unwahrscheinlich. Wirkungsfeld Direktes Marketing Bei der Pharmacon GmbH kann von einer hohen Glaubwürdigkeit für das Unternehmen ausgegangen werden. Neben den Ausführungen unter Kapitel 4 sprechen auch die Äußerungen zu der sozialen Unternehmensphilosophie, welche durch die Werte der IL transportiert wird, für eine positive Wahrnehmung des Arzneimittelanbieters. Dies steht in engem Zusammenhang mit dem wahrgenommenen Engagement, auf das später eingegangen wird. „Das ist in unserer Gesellschaft echt etwas Seltenes. Also, ich habe keine Aktien bei dem Unternehmen! […] Die haben wirklich [...] so etwas verwirklicht von dem was man sich ein bisschen häufiger wünschen würde in der Gesellschaft.“ Die Qualität der Kernprodukte bezeichnen alle befragten Ärzte als sehr gut. Hervorgehoben wird insbesondere die kundenorientierte Anpassung der Arzneimittel. Zum einen umfasst dies die geschmackliche Optimierung und Erhöhung der Konzentration bekannter Wirkstoffe auf die Bedürfnisse der Kinder, was zu einer geringeren Einnahmefrequenz führt. Der bessere Geschmack erleichtert die Compliance. Zum anderen werden ebenfalls die verständlichen kundenfreundlichen Beipackzettel insbesondere für Eltern als Hauptansprechpartner der Ärzte genannt. Des Weiteren werden Arzneimittel des Unternehmens als preisgünstig im Vergleich zum Wettbewerb wahrgenommen. Dies ist zwar kein Hauptvorteil, fördert jedoch die Akzeptanz in der Ärzteschaft, da so die Ärztebudgets weniger belastet werden. Die Basisanforderungen an die Verschreibung der Kernprodukte sind gemäß der Aussagen der befragten Ärzte erfüllt. 460 Vgl. Abbildung 45, S. 121. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 149 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 149 Wirkungsfeld Indirect Marketing Wahrgenommenes Engagement Die IL zahlt in dieser Fallstudie auf das „wahrgenommene Engagement“ ein. Pharmacon wird durch diese Leistungen als Unternehmen wahrgenommen, das in seine Kunden investiert, um diese im Praxisalltag zu unterstützen. Dabei geht das Unternehmen sehr bedürfnisorientiert vor und wahrt durch die Objektivität der Inhalte die Integrität der Ärzte. Entsprechend der sozialen Austauschtheorie führt dies auch zu einer positiven Berücksichtigung der Kernprodukte. Bedingt durch den hohen KV scheint dieser Effekt noch verstärkt zu werden. „Dafür, dass die mir helfen mache ich ja auch etwas. Ich schreibe jetzt nicht Produkt X sondern Produkt Y auf. […] Ich sage denen [den Patienten] auch, nehmen sie das und das schmeckt besser und das ist dann mein sozusagen Entgegenkommen.“ Brand Salience-Effekt Im Gegensatz dazu verläuft das zweite Wirkungsfeld unbewusst. Die IL zahlen hierbei auf die Steigerung der Brand Salience in Verbindung mit der Indikation ein, so dass das Unternehmen im Entscheidungsmoment über eine höhere Wahrscheinlichkeit verfügt, in die Auswahl zu gelangen. Der Effekt selbst ist im Rahmen dieser Arbeit nicht messbar. Allerdings kann anhand der geführten Gespräche davon ausgegangen werden, dass sich teilnehmende Ärzte intensiv mit dem Unternehmen auseinander gesetzt haben und die Marke somit präsent zu sein scheint. Dies wird u.a. dadurch deutlich, dass alle Befragten, unabhängig voneinander, Details zu Unternehmenshistorie, Leistungsportfolio und Eigentumsverhältnissen nennen konnten. Das Auftreten eines „unbewussten“ Brand Salience Effektes im Entscheidungsmoment der Verschreibung ist somit wahrscheinlich. „Klar, weil ich so oft dort gewesen bin […] und ich gehe da sehr gerne hin [...] da hat man dann auch den Bezug dazu. Die machen ganz viele Präparate, die wir als Pädiater benutzen.“ „[Das Unternehmen ist mir] sehr präsent. Man bekommt einmal pro Monat Informationen. Kann also Muster bestellen.“ Die Voraussetzungen beider Wirkungsfelder erscheinen gemäß der getroffenen Äußerungen erfüllt. Ein direkter Nachweis der Korrelation zwischen Inanspruchnahme einer IL und Verschreibung ist nicht möglich, da Verschreibungsdaten nicht auf Praxis-, sondern höchstens auf Clusterebene vorliegen.461 Dennoch spricht die Datenlage unter Hinzuziehung der geführten Interviews für einen positiven Übertragungseffekt. Auch aktuelle Umsatzentwicklungen belegen eine positive Wirkung. In 2012 gelingt es dem Unternehmen erneut mit dem eingesetzten Marketingmix zweistellig im Vergleich zum Vorjahr zu wachsen. Die Erfüllung der Basisanforderungen an das Arzneimittel in Kombination mit der Schaffung eines positiven Umfeldes durch Unterstützung und Wertschätzung der Kunden bedingt gemäß der befragten Ärzte übereinstimmend 461 Vgl. Wallenstein/Ziegler/Kreid 2006, S. 450. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 150 150 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing dieses Unternehmenswachstum. Durch die Überzeugung vom Gesamtkonzept des Unternehmens Pharmacon, welches durch IM geprägt ist, wird im Rahmen dieser qualitativen Erhebung betont, dass die befragten Ärzte durchaus die Produkte empfehlen. „Natürlich verordne ich auch die Präparate […]“ „[…] ich schreibe ausdrücklich schon dieses Präparat hin.“ Jedoch ist auch erkennbar, dass Ärzte ihren eigenen Einfluss relativieren. So kann ein Arzt aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nicht immer garantieren, dass der Patient in der Apotheke auch das verschriebene Präparat erhält. So ist der Apotheker auch bei namentlicher Erwähnung des Präparates und Verzicht auf das „aut-idem“-Kreuz verpflichtet, ein anderes Präparat abzugeben, falls die Krankenkasse des Patienten über einen Rabattvertrag zu dem Wirkstoff verfügt und dieses lieferbar ist.462 Ärzte, die nicht hauptsächlich im pädiatrischen Bereich aktiv sind, verweisen zudem darauf, dass es sich bei der Produktpalette des Unternehmens um einen Randbereich in ihrem Praxisalltag handelt. Dennoch ist dieser wahrgenommene Win-Win-Ansatz durch Einsatz der Leistungen des IM aus Sicht der Ärzte „eine tausendmal bessere Werbung als jeder Pharmareferent, wenn der sein Medikament anpreist.“ 5.1.4 Zusammenfassung Pharmacon hat als verhältnismäßig kleines Pharmaunternehmen durch den Verzicht auf Außendienst und die Konzentration auf IM einen besonderen und erfolgreichen Weg eingeschlagen. Die kundenorientierte Unternehmenskultur, die Top-Down durch Gründer und Top-Management geprägt ist, spiegelt sich sowohl in Kern- als auch Dienstleistungen wieder. Die kontinuierliche Kommunikation der Zielgruppe „Pädiater“ über die IL durch Mailings, fördert deren Verbindung mit dem Unternehmen und trägt somit zur Markenbildung bei. Diese Unternehmenspolitik, die konstant auf den Einsatz von IL setzt, führt nachweislich in einem generischen Marktumfeld mit hohem Wettbewerbsdruck zu einer sehr positiven Entwicklung. Das Unternehmen setzt drei IM-Kategorien ein. In erster Linie konzentriert man sich jedoch auf indikationsspezifische IL, welche thematisch näher an der Kernleistung positioniert sind. Aufgrund der IM zugewandten Unternehmenskultur ist die Akzeptanz dieser Leistungen durchweg positiv. Mit diesen IL unterstützt das Unternehmen den Arzt vorranging beim WM mit direkten Auswirkungen auf das ZM der Praxis. Insbesondere beim „Medizinischen Beratungsservice“ wird auf individuelle und persönliche Betreuung und Unterstützung Wert gelegt. Dabei transportieren vor allem die hochkarätigen „Kooperationspartner“ in Form von medizinischen Experten eine hohe Glaubwürdigkeit aufgrund ihrer hohen Fach- und Methodenkompetenz sowie ihrer Reputation. Bei allen IL wird auf die Produktunabhängigkeit geachtet, so dass auch eher pharmakritische Redner eingebunden werden. Wichtig ist die Objektivität durch wissenschaftliche Breite und Neutralität. Die Verknüpfung des Unternehmens als Absender erfolgt 462 Vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung 2011, http://www.kbv.de/ais/13595.html, Stand: 15.04.2013. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 151 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 151 lediglich durch Darstellung der Unternehmensmarke als Veranstalter bzw. Anbieter der IL. Trotz angezeigter Zahlungsbereitschaft bietet das Unternehmen die IL im gesetzlichen Rahmen als Service kostenlos an. Der Gegenwert liegt auf der Kreation eines positiven Images und damit einer Intensivierung der Kundenbeziehung. Auf Arztseite wird dieses positive Image auch durchweg ungestützt bestätigt. Die Wiedererkennungsrate des Unternehmens aufgrund dieses USP durch die IL ist in den Gesprächen sehr hoch. Sämtliche Beurteilungskriterien zur Glaubwürdigkeit der Informationsquelle sind positiv. Die Begeisterung der Ärzte zieht sich durch alle Gespräche und führt zu einem breiten Werte-Portfolio der IL. Neben den qualitativ hochwertigen funktionalen Werten stehen insbesondere symbolische Werte im Fokus. Der persönliche Kontakt zu Geschäftsführer und Managern sowie den eingebundenen Experten vermittelt letztendlich einen hohen Grad an Wertschätzung. Die produktneutrale Konfiguration der IL führt darüber hinaus zu einer wahrgenommenen Wahrung der Integrität des Arztes. Werte aus dem Bereich „Erlebniswelten“ hingegen stellen eher Basisanforderungen dar, die jedoch erfüllt sind. Das breite Werte-Portfolio, das sich auch in der Erinnerung der Ärzte so darstellt, trägt somit sowohl zur Befriedigung praxis- als auch persönlichkeitsbezogener Bedürfnisse bei. Auf sämtliche wahrgenommene Kostenarten wirken sich die IL reduzierend aus. Neben ökonomischen Kosten wird auch persönliches Investment zur Wissensgenerierung eingespart. Wichtiger erscheint jedoch die Reduktion des Spannungsverhältnisses und damit der psychologischen Kosten durch die neutrale, wissenschaftlich kompetente, kontinuierliche Ausrichtung der Leistungen. Eine positive Zahlungsbereitschaft und Kundenloyalität bzgl. der wiederholten Inanspruchnahme ist daher wie dargestellt gegeben. Die im Wirkungsfeld „Direktes Marketing“ aufgeführten Faktoren, insbesondere die Anforderungen an die Kernleistung, sind aus Sicht der Ärzte erfüllt. Arzneimittel des Unternehmens werden aufgrund der patientenorientierten Weiterentwicklung sehr geschätzt. Die IL zahlen zudem auf die Faktoren des Wirkungsfelds „Indirect Marketing“ ein. Selbst bei Gesprächen zu anderen Leistungen innerhalb des Forschungsprojektes wurden diese IL als positive Beispiele erwähnt. Anhand dieser Erkenntnisse, kombiniert mit den Informationen zur Unternehmensentwicklung, einem Marketingmix, der ausschließlich auf IM beruht und der steigenden Akzeptanz in der Kundengruppe durch den jährlichen Gewinn der goldenen Tablette, ist somit von einem Übertragungseffekt auf die Kernleistung auszugehen. 5.2 Indirect Marketing in der Launchphase einer Kernleistung 5.2.1 Situatives Unternehmensumfeld 5.2.1.1 Beschreibung Unternehmen: Vaximed GmbH Die Vaximed GmbH konzentriert sich als forschendes Unternehmen auf die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Impfstoffen auf dem europäischen Markt. Als Joint-Venture zweier börsennotierter Pharmakonzerne hat sich das Unternehmen als einziger Hersteller ausschließlich auf Impfstoffe spezialisiert. Auch wenn das Unternehmen selbst nicht börsennotiert ist, haben die Unternehmensformen der Mutter- 5.2 13.12.13 16:38 Seite 152 152 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing gesellschaften, laut Aussage der Experten, einen erheblichen Einfluss auf das Geschäft. In Deutschland unterhält Vaximed eine Marketing- und Vertriebsgesellschaft, während die Arzneimittel in europäischen und außereuropäischen Ländern produziert werden. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich die deutsche Niederlassung von einem kleinen Unternehmen mit wenigen Millionen Euro Umsatz und einigen wenigen Impfstoffen zu einem der Top-Anbieter von Impfstoffen auf dem deutschen Markt mit einem Umsatz von über 300 Millionen Euro zur Zeit der Fallstudie.463 Laut der interviewten Experten ist dieses erfolgreiche Wachstum neben der Erweiterung der Produktpalette insbesondere auf den ausgewogenen Marketingmix zurückzuführen, auf den unter Kapitel 5.2.1.3 eingegangen wird. Das Unternehmen betreut Arztgruppen, wie API, Pädiater und seit einiger Zeit auch Gynäkologen direkt über einen eigenen Außendienst. Dieser umfasste in der Zeit der Fallstudie über 300 Mitarbeiter mit einem Innendienst von über 100 Mitarbeitern. Mittlerweile ist das Unternehmen einer der größten Impfstoffanbieter im deutschen Markt und hält in vielen Produktbereichen die Marktführerposition inne. 5.2.1.2 Produktportfolio der Vaximed GmbH Die drei Produktbereiche des Impfstoffspezialisten unterteilen sich der Umsatzstärke nach in • Kinderimpfstoffe, • Impfstoffe für Jugendliche und Erwachsene, • Reiseimpfstoffe. Insgesamt umfasst das Portfolio 45 Impfstoffe inkl. Mehrfachimpfstoffe gegen 20 Infektionskrankheiten. Mittlerweile machen die fünf größten Impfstoffe über 70% des Portfolios aus. Im Gegensatz zu Pharmacon, die über eine breite und gut verteilte Zusammensetzung verfügen, ist Vaximed somit abhängiger von diesen Präparaten und damit anfälliger für mögliche Risiken. Das Kernprodukt, in dessen thematischen Umfeld die IL der Fallstudie positioniert ist und im Rahmen dessen Prämarketing-Mix diese IL Anwendung fand, ist mittlerweile mit Abstand der umsatzstärkste Impfstoff des Unternehmens mit einem Portfolioanteil von über 25 %. Bei diesem Impfstoff handelt es sich um den ersten Impfstoff gegen bestimmte Typen des HP-Virus, welcher Gebärmutterhalskrebs verursachen kann.464 Im Gegensatz zum einzigen Wettbewerber, der jedoch über ein Jahr später auf den Markt kam und gegen zwei HPV-Typen (16, 18) wirkt, deckt dieser tetravalente Impfstoff vier HPV-Typen (6, 11, 16, 18) ab. Die Impfung gegen die HPV-Typen 16 und 18 wird von der STIKO zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs für Mädchen von 12 bis 17 Jahren empfohlen.465 Dieser Impfstoff entwickelte sich in Deutschland zeitweise zum umsatzstärksten Medikament überhaupt.466 463 Vgl. Expertengespräch Marketingexperte Vaximed November 2011. (ehem. CEO Deutschland und Vice President Vaximed Europa). 464 HPV = Humane Papillomviren; HPV-Typen 16 und 18 verursachen die meisten Zervixkarzinome, 465 Vgl. Robert Koch-Institut 2012, S. 285. 466 Vgl. Biopro 2010, http://www.bio-pro.de/magazin/thema/04883/index.html?lang=de&artikelid=/artikel/ 04760/index.html; Stand: 15.03.2010. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 153 153 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 5.2.1.3 Pharmamarketing bei Vaximed Das Pharmamarketing der Vaximed GmbH unterscheidet sich im Vergleich zu Pharmacon durch den Einsatz klassischer Instrumente wie Fachprint, Mailings oder produktbezogener Fortbildungen. IL spielten jedoch insbesondere vor und zu Zeiten der Einführung des beschriebenen Impfstoffes eine große Rolle. Da Impfstoffe als Arzneimittel präventiv und nicht wie andere Arzneimittel therapeutisch eingesetzt werden, ist es ebenfalls eine Aufgabe des Marketing Impfaufklärung zu betreiben, um einer möglichen Impfmüdigkeit aufgrund fehlender akuter Betroffenheit vorzubeugen. Ziel des gesamten Marketingkonzeptes war es, aus Sicht der befragten Führungskräfte, Ärzten die Unternehmensphilosophie konzeptionell zu vermitteln. Ärzte sollten Vertrauen in das Unternehmen bekommen und sich dort gut „aufgehoben fühlen“. Direkte Produktwerbung und -erläuterung, insbesondere durch den Außendienst, stellte die Basis dar, war jedoch nicht primärer und einziger Fokus. IL fanden sowohl permanent als auch situativ Anwendung. Abbildung 53 gibt einen Auszug der direkten und indirekten Maßnahmen wieder. Ähnlich wie Pharmacon deckt das Unternehmen IL aller drei Kategorien des IM ab. Produktbezogenes direktes Marketing • Außendienst • Fachanzeigen • Fortbildungen Unternehmen Arzt Produktunabhängiges Indirect Marketing • Aufklärungskampagne (situativ) • Reisemedizinischer Service (permanent) • Impfmanagement (permanent) • kinderwelten Award (permanent) Abbildung 53: Marketingsystem der Vaximed GmbH Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte Aufklärungskampagne, November, 2011. Als einzige situative IL ist die „Aufklärungskampagne“ in der Prämarketingphase Inhalt der folgenden Fallstudie, um den Beitrag von IL vor Einführung eines Kernproduktes zu untersuchen. Im Gegensatz zu Pharmacon liegt der Schwerpunkt permanenter IL auf dem Bereich „Praxisleistung“, in dem Ärzte in den praxisalltäglichen Prozessen mit dem „reisemedizinischen Service“, sowie mit der Optimierung des „Impfmanagements“ unterstützt werden. Aufgrund der langjährigen intensiven Durchführung ist ersterer Fall (siehe Kapitel 5.4, S. 177) ebenfalls Bestandteil des vorliegenden Forschungsprojektes. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 154 154 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Als Tochterunternehmen börsennotierter Konzerne, welche tendenziell eher direkte Maßnahmen mit kurzfristigen, leichter nachweisbaren Erfolgen favorisieren, setzt das Unternehmen dennoch auf IM. Sowohl Top-Management, als auch Marketingleitung sind von der Marketingphilosophie, auch aufgrund der sehr positiven Unternehmensentwicklung, überzeugt. 5.2.2 Erstellung der indikationsspezifischen indirekten Leistung Ziel der IL „Aufklärungskampagne“ ist aufgrund des präventiven Arzneimitteleinsatzes die Schaffung von Aufmerksamkeit (Awareness) bei Ärzten und nachgelagert bei Patienten. Sie unterteilt sich also in je einen arzt- und patientenorientierten Kanal und umfasst dementsprechend beide definitorischen Ausprägungen des IM.441 Dabei handelt es sich um die wichtigsten Bausteine der Prämarketing- und Launchphase. Aufgrund dieser Konstellation ist diese IL von Interesse, um das Zusammenspiel beider Kanäle des IM in Bezug auf Wahrnehmung und Wirkung, auch im Vergleich zu rein arztorientierten IL zu vergleichen. Bedürfnisse als Basis der Leistungserstellung Breit angelegte, vorgeschaltete Fortbildungen für Ärzte, sowie eine Laienkampagne dienen der Befriedigung der folgenden Bedürfnisse. Bedürfnis A: Aktualisierung des medizinischen Wissens (WM) Ärzten ist es wichtig, im Vorfeld der Einführung von neuen Arzneimitteln und Therapien über diese informiert zu sein. Sie möchten nicht in die Situation geraten, auf Patienten zu treffen, welche über einen besseren Kenntnisstand verfügen als sie. Die IL dient somit dazu, den Ärzten neues Wissen über Indikation und Therapieoptionen zu vermitteln und diese aufzufrischen. Bedürfnis B: Vereinfachung der Patientengespräche (ZM) Üblicherweise ist der Arzt in der Situation, dass er auf Patienten trifft, die er insbesondere bei Präventivmaßnahmen von deren Notwendigkeit überzeugen muss. Eine patientenorientierte Laienkampagne zur Aufklärung über die Möglichkeit einer HPV- Impfung kann dazu beitragen, dass Patienten vorinformiert einen Arzt aufsuchen und sich aktiv erkundigen. So erhält der Arzt zusätzliche Patientenanfragen und spart persönliches Investment in Form von Zeit, um Patienten auf die Thematik anzusprechen und von der Sinnhaftigkeit einer Impfung zu überzeugen. Auch bei der patientenorientierten IL handelt es sich somit um eine unterstützende Maßnahme für den Arzt. Die IL konzentriert sich dabei auf die Bedürfnisbereiche zur Unterstützung von „Wissens- und Zeitmanagement“. 467 Vgl. Kapitel 2.2.1, S. 33. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 155 155 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Produkt Produktgruppe Sortiment Medikament Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Image • Aufklärungskampagne Impfung (Prämarketing) • Reisemedizin. Beratung Benefizgala WM Bedürfnisse ZM KM Praxisbezogene • Impfmanagement PM Persönlichkeitsbezogene Abbildung 54: Beabsichtigter Beitrag der Aufklärungskampagne zur Bedürfnisbefriedigung Quelle: Eigene Darstellung 5.2.2.1 Gestaltungsfaktoren „Aufklärungskampagne Impfung“ Die Konfiguration der IL „Aufklärungskampagne Impfung“ setzt sich aus zwei Kanälen zusammen, der arztorientierten „Fortbildungen“ sowie den patientenorientierten „TVKampagne“. Kanal I: Patientenorientierte IL: „TV-Kampagne“ Kern der Kampagne ist die Aufklärung der Laien durch Above-the-Line Kommunikation (ATL) über das Krankheitsgebiet per se, zunächst über TV, später auch über Print und Radio. Die IL visiert Bedürfnis B an, um Laien aufzuklären und Aufmerksamkeit zu erhöhen und damit Ärzten Interessenten für Informationsgespräche zuzuführen. Sie entspricht somit der IM Definition II „Indirekt im Sinne von Kommunikationsweg“ über das Netzwerk des Arztes, hier: über die Patienten. Übergeordnetes Ziel dabei ist nach Aussage der befragten Experten einen möglichst breiten Impfschutz in der Bevölkerung herzustellen. Da es sich um einen neuen, sowie den ersten und zunächst einzigen Impfstoff gegen HPV handelt, ist es dem Unternehmen aus rechtlichen Gründen nicht möglich, eine solche Kampagne unter eigenem Namen zu führen. Da Laienwerbung gemäß HWG für verschreibungspflichtige Medikamente grundsätzlich verboten ist, darf weder das Unternehmen, noch die Indikation genannt werden, da beide aufgrund der exklusiven Marktsituation Rückschlüsse auf ein konkretes Produkt zulassen würden. Das Unternehmen ist somit in seiner Kompetenz zur Durchführung einer solchen Kampagne eingeschränkt. Neben potenziellen Patienten sind auch Fachkreise Zielgruppe der ATL Kampagne. Dementsprechend ist ebenfalls die Glaubwürdigkeit der Informationsquelle, also des Absenders, von Bedeutung. Daher gilt es eine Kooperation mit einem glaubwürdigen Absender zu etablieren, der ein eigenes hohes Interesse an der Aufklärung der Bevölkerung zu neuen Vorsorgemaßnahmen hat und der bereits eigene groß angelegte Aufklärungskampagnen durchführt. Das Deutsche Grüne Kreuz (DGK) ist als älteste Vereinigung (e.V.) zur Förderung der gesundheitlichen Vorsorge und 5.2 13.12.13 16:38 Seite 156 156 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Kommunikation in Deutschland unabhängig und keiner politischen, religiösen oder kommerziellen Gruppe verpflichtet.468 Diese Institution plant aufgrund ihrer eigenen Zielsetzung eine Aufklärungskampagne zu diesem innovativen Thema und erfüllt aus Sicht der befragten Pharmamanager die Anforderungen der Fachkreise an die Glaubwürdigkeit optimal. Daher wird diese breit angelegte Kampagne des DGK unterstützt. Sie stellt somit aus Sicht des Marketing eine patientenorientierte IL unter Einbindung von Kooperationspartnern dar. Um die Awareness bei den Laien als Empfänger der IL zu garantieren, setzt die Kampagne auf den Einsatz eines Testimonials, welches die Botschaft einer notwendigen Vorsorge transportieren und mit der sich die Zielgruppe möglichst optimal identifizieren kann. Aufgrund der Thematik und Zielgruppe handelt es sich um eine junge Mutter mit einem hohen Bekanntheitsgrad. Der Text der TV-Kampagne, welche später auch über Radio und Print kommuniziert wurde, lautete aufgrund der rechtlichen Situation durch die exklusive Marktsituation wie folgt: „Als Mutter erlebe ich wie schnell meine Tochter groß wird und schon bald ihr eigenes Leben führt. Ich will nicht, dass Gebärmutterhalskrebs dieses Leben in Gefahr bringt. Deshalb schütze ich meine Tochter schon heute vor dem Virus, der den Krebs verursachen kann. Tun Sie`s auch. Fragen Sie ihren Arzt. Weitere Informationen unter DGK.de“.469 Kanal II: Arztorientierte IL: „Fortbildungen in der Prämarketingphase“ Im Vorfeld der Laienkampagne in der Einführungs- bzw. Launchphase gilt es sicherzustellen, dass Ärzte über die neue Indikation informiert sind. In der Prämarketingphase finden daher flächendeckende medizinische Aus- und Fortbildungen auf regionaler und bundesweiter Ebene statt, die über einen hohen fachlichen Anspruch verfügen. Die Fortbildungen selbst finden in Mittelklasse-Hotels statt. Zusätzliche Schulungen führt der Außendienst in den Arztpraxen durch. Im Rahmen der Fortbildungen für Fachkräfte werden tiefer gehende und teilweise neue Erkenntnisse zur Krankheit vermittelt. Es geht dabei z. B. um vertiefendes Wissen zu Infektion, Häufigkeit, Folgen, Diagnose, Therapie, Wirkstoffen etc. Die Fortbildungen finden in Kooperation mit der entsprechenden ärztlichen Fachgesellschaft statt. Alle Fortbildungen sind zertifiziert, so dass teilnehmende Ärzte CME-Punkte erhalten. Die Kommunikation dieser IL an die Zielgruppen erfolgt über das zentrale Marketing und den Außendienst vor Ort, um eine persönliche Ansprache sicher zu stellen. Neben bewährten Impfärzten, wie Pädiatern und API mit jugendmedizinischem Hintergrund, fallen auch erstmalig Gynäkologen unter die Zielgruppen, da diese bei ihren täglichen Praxisgesprächen mit ihrem Klientel insbesondere von der Wissensauffrischung profitieren können. Um die beabsichtigte Awareness für die Thematik zu realisieren, ist es das Ziel, jeden Arzt vor Einführung mit zehn Kontakten über Schulungen zu erreichen. Inhaltlich wird großer Wert auf eine breite wissenschaftliche Basis unter Einbeziehung des gesamten Indikationsgebietes und weiterer Therapieoptionen gelegt. Dies ist 468 469 Vgl. http://dgk.de/das-dgk.html, Stand: 03.01.2013. Deutsches Grünes Kreuz 2007, http://www.youtube.com/watch?v=8OfR01eO8WM, Stand: 03.01.2013. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 157 157 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing einerseits dadurch bedingt, dass vor der Zulassungserteilung keine Aussagen über das Produkt getroffen werden dürfen. Andererseits ist es der Unternehmensphilosophie geschuldet, dem Arzt ein möglichst neutrales, wissenschaftlich umfassendes Bild des Gebietes zu vermitteln. Die fachlichen Inhalte sind auf die Kenntnisse der Facharztgruppen abgestimmt und in Gesprächsleitfäden für die Mitarbeiter verankert, um arztspezifisch persönlich relevante Aussagen zu vermitteln. Zur Sicherstellung der fachlichen Kompetenz der Mitarbeiter finden vorgelagerte intensive Schulungen statt. Eine Unterscheidung in der Ansprache der Ärzte im Hinblick auf persönlichen Arzttypus erfolgt nicht zentral. Dies liegt im Verantwortungsbereich des jeweiligen Pharmareferenten. Nach Zulassungserteilung wandeln sich die Fortbildungen, welche zuvor als IL durchgeführt wurden, in direkte Maßnahmen durch konkrete Einbindung des Kernproduktes und dessen Eigenschaften. Abbildung 55 verdeutlicht diesen situativen Einsatz in Abhängigkeit der Launch-Phasen des Arzneimittels. Zielgruppe Phase Prämarketingphase Patienten Ärzte Launchphase Indirekt: TV-Kampagne Indirekt: Fortbildungen Direkt + Indirekt: Fortbildung Abbildung 55: Zielgruppenspezifischer Einsatz indirekter Leistungen in Abhängigkeit der Launch-Phasen Quelle: Eigene Darstellung Eine direkte Kommerzialisierung der arztorientierten IL findet nicht statt. Da das Unternehmen für ein Jahr den einzigen Impfstoff zu dieser Indikation verfügbar hatte, profitiert es nach Ansicht der befragten Experten von fehlenden Streuverlusten der Leistungen auf mögliche Wettbewerber. Zwar trägt das Unternehmen damit auch sämtliche Kosten für den Aufbau der Indikation, kann jedoch auch davon ausgehen, dass die Investition auf die eigene Marke einzahlt. Mit einem Anteil von 60 % nehmen beide IL-Kanäle den größten Teil des verwendeten Budgets in der Launch-Phase ein. Dies ist zum Großteil darauf zurückzuführen, dass die patientenorientierten IL zur Steigerung der Awareness mit einem 2,5 monatigen TVFlight alleine 40 % des Gesamtbudgets von 20 Mio. Euro beansprucht. Die Kommerzialisierung und damit der Gegenwert für das Unternehmen beziehen sich mehr auf die „Steigerung der Awareness“ bei den Zielgruppen. Abbildung 56 gibt einen Überblick über die gestützten Awareness-Raten innerhalb der definierten PatientenZielgruppe, die für die Impfung in Frage kommt, sowie innerhalb der relevanten Ärztegruppen. Diese wurden im Anschluss an die IL erhoben. Laut Aussage der beteiligten Manager wurden in diesem Fall die Erwartungen weit übertroffen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 158 158 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Abbildung 56: Gestützte Awareness-Raten bei relevanten Zielgruppen Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte Aufklärungskampagne, September 2011. 5.2.2.2 Akzeptanz der Aufklärungskampagne bei Vaximed Diese hohen Investitionen setzen eine große Akzeptanz der IL im Unternehmen voraus. Anhand der Aussagen der Pharmamanager ist von einer hohen IM-Akzeptanz im Unternehmen auszugehen, trotz börsennotierter Muttergesellschaften. Dies ist hauptsächlich auf die Überzeugungs- und Durchsetzungsfähigkeit des Top Managements in Deutschland zurückzuführen, welches von einem ausgewogenen Marketing-Mix zwischen direkten und indirekten Maßnahmen überzeugt ist. „[…] ich propagiere immer wieder, dass ein ausgewogener Mix an verschiedenen Aktivitäten letztendlich kumulativ die Summe und letztendlich auch den Erfolg definiert. Da kann mir keiner sagen, wenn ich einen Zuwachs habe von 13 %, dass davon 2 % PR war, 5 % Direktmarketing, 6 % Vertrieb und x % Anzeigen und x % Mailings. Das kann keiner sagen. Weil die Anzahl der Kontakte gibt Ausschlag für das Verordnungsverhalten, aber nicht die einzelne Maßnahme.“ 470 Allerdings werden die IL im Gegensatz zu Pharmacon als nachranging zu den direkten Maßnahmen gesehen, insbesondere in Zeiten, in denen „man schauen muss, ob überhaupt noch Gelder zur Verfügung stehen“. Die Unternehmenskultur ist dennoch aufgrund der Top-Management Haltung sehr positiv. Durch die „only in class“ Marktsituation ist, wie beschrieben, auch ein impliziter Produktbezug gegeben. Die Fokussierung auf die drei Ärztezielgruppen mit unterschiedlichen Fortbildungsleitfäden wird als bewältigbar eingestuft. Die Frequentierung, welche bei permanenten IL dazu dient, die Verknüpfung der IL mit der Unternehmensmarke sicherzustellen, wird bei dieser situativen Maßnahme durch die hohe Anzahl der Fortbildungskontakte (mind. 10), als auch durch die massive Laien-TV-Kampagne sichergestellt. Daher ist die Einschätzung des Managements ebenfalls positiv. Die Kombination aus bewährten, erfolgreichen arzt- mit innovativen patientenorientierten IL stellt eine optimale Mischung für die Akzeptanz des Innovationsgrads dar. So arbeitet insbesondere der Außendienst mit bewährten, bekannten Instrumenten und auch das Top-Management ist nicht durch zu viele neue unbekannte innovative Ansätze verunsichert. Desweiteren wird die Renta470 Vgl. Expertengespräch, Marketingexperte kinderwelten Award, November 2011. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 159 159 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing bilität des gesamten Projektes, insbesondere aufgrund der alleinigen Marktpräsenz, als sehr positiv eingestuft. In Summe ergibt sich auch hier ein sehr positives Bild. Unternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Frequentierung Innovationsgrad Rentabilität Med. Beratungsservice/ Fortbildungen Tabelle 27: Akzeptanz von Indirect Marketing bei Pharmacon Quelle: Eigene Darstellung 5.2.3 Wahrnehmung und Wirkung der Aufklärungskampagne Die Betrachtung der Wahrnehmung und Wirkung bezieht sich auch bei dieser IL ausschließlich auf die Perspektive der Ärzte als eigentliche Zielgruppe der gesamten Maßnahme. Patienten wurden in diesem Zusammenhang nicht einbezogen, auch aufgrund des zeitlichen Abstandes der Erhebung zur Durchführung der Kampagne, welcher keine aussagekräftigen Ergebnisse erwarten lässt. 5.2.3.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit Bezogen auf die Aufklärungskampagne handelt es sich bei den Informationsquellen um den Außendienst, welcher die Fortbildungen teilweise selber durchführt aber auch vermittelt, die Referenten der größeren Veranstaltungen und indirekt um den Absender der TV-Kampagne. Bei letzterem ist es von Interesse, ob die Kampagne als unternehmensunabhängig oder als IL des Unternehmens wahrgenommen wird und ob daraus eine positive oder negative Wirkung resultiert. Wahrnehmung der Unabhängigkeit Der TV-Spot wird von jedem der vier befragten Ärzte wahrgenommen und dem DGK zugeordnet. Teilweise sind die Ärzte in der Lage, den Text des Spots exakt wiederzugeben. Thematisch wird dieser mit der Impfung verbunden, jedoch nicht in einen direkten Zusammenhang mit Vaximed als möglichem Absender gesehen. Nachfragen von Patienten nach der Impfung werden in erster Linie nicht dem TV-Spot zugeordnet. „Nicht dass sie den Spot gesehen haben und deshalb jetzt sagen, jetzt will ich meine Kinder impfen lassen […]Und es kamen halt Leute, die von der Impfung gehört haben und sich informieren wollten.“ Diese fehlende direkte Zuordnung ist allerdings gemäß wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Selbstdarstellung und auch zur sozialen Erwünschtheit nicht verwunderlich, da Patienten vermutlich eine Ablehnung erwarten würden, wenn sie Ärzte aufgrund einer TV Werbung ansprechen.471 Die (unternehmens-)unabhängige Wahrnehmung der TV Kampagne hat jedoch auch zur Folge, dass die gestiegene Anzahl an interessierten Patienten nicht bewusst dem Unternehmen gutgeschrieben wird. Die Verknüpfung mit dem Unternehmen erfolgt über die Fortbildungen im Rahmen der Kongresse und in den Arztpraxen. Die teilnehmenden Ärzte schätzen dabei insbesondere die thematische 471 Vgl. Bortz/Döring 2006, S. 232f. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 160 160 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Unabhängigkeit der Fortbildungsveranstaltungen. Eine Beeinflussung der Therapiehoheit bzw. Nachdruck auf gewünschte Verschreibung wird von den Befragten nicht wahrgenommen, so dass die Unabhängigkeit der Ärzte auch gewährleistet ist. „Es wird versucht, immer recht wissenschaftlich, recht produktfern das Ganze erst einmal vorzustellen.“ Die Unabhängigkeit der Informationsquelle ist hingegen nur teilweise gegeben, da der Außendienst als nicht komplett unabhängig wahrgenommen werden kann. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, dass nicht jeder Außendienstmitarbeiter über die Kompetenzen zur Vermittlung von IM verfügt und zu stark produktbezogener Kommunikation tendiert. Wahrnehmung der Vertrauenswürdigkeit Die langjährige gute Zusammenarbeit der befragten Ärzte mit dem Außendienst des Unternehmenes führt gleichermaßen zu einer gesteigerten Vertrauenswürdigkeit aufgrund der positiven Erfahrungen mit erbrachten Leistungen. Wahrgenommener Sympathiegrad Diese guten Erfahrungen haben ebenfalls einen Einfluss auf die Sympathie zu dem jeweiligen Außendienstmitarbeiter. Insbesondere der persönliche Kontakt zu den Mitarbeitern ist den befragten Ärzten sehr wichtig. „Ich habe einen guten Bezug zu der Pharmareferentin und dementsprechend war das sympathisch.“ Die Sympathie kann jedoch, je nach Arzt-Pharmareferenten-Beziehung, subjektiv unterschiedlich ausfallen. Wahrnehmung der Expertenkompetenz Das Unternehmen Vaximed verfügt zumindest in der Zeit der Erbringung der IL über eine ausgewiesene Expertenkompetenz rund um das Thema Prävention und Impfungen. Die Aussagen aus den geführten Ärztegesprächen zeigen auch, dass diese Kompetenz auch auf die IL bezogen wird. Wahrgenommene Reputation Demzufolge verfügt das Unternehmen auch über eine ausgewiesene wissenschaftliche Reputation. Vaximed argumentiert nach Auffassung vieler Ärzte wissenschaftlich fundierter, objektiver und damit auch korrekter als die Wettbewerber. Bis auf die eingeschränkte Unabhängigkeit aufgrund der Durchführung einiger Fortbildungen durch den Außendienst verfügt auch diese IL über eine positive wahrgenommene Glaubwürdigkeit. Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Expertenkompetenz Reputation Sympathiegrad Aufklärungskampagne Tabelle 28: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Quelle: Eigene Darstellung 5.2 13.12.13 16:38 Seite 161 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 161 5.2.3.2 Wahrnehmung der Qualität Bei der Beurteilung der Wahrnehmung der Qualität der Aufklärungskampagne sind die beiden Bestandteile der IL zu unterscheiden: Die unterstützte patientenorientierte TVKampagne als auch die arztorientierten Fortbildungen. Erstere wird von den befragten Ärzten, wie erwähnt, nicht als Leistung des Unternehmens verstanden. Zudem unterscheidet sie sich von anderen IL, da sie nicht aktiv in Anspruch genommen werden kann. Dennoch finden sich Aussagen zu Werten, welche dieser IL zugeordnet werden und darüber dem Arzt einen Nutzen liefern können. Daher sind beide Leistungsbestandteile separat in Appendix A. 12 aufgeführt. Im Gegensatz zu den IL der Firma Pharmacon, welche aktuell noch angeboten werden, handelt es sich bei der Aufklärungskampagne von Vaximed um eine IL, die mehrere Jahre in der Vergangenheit liegt. Diese retrospektive Betrachtung des Falls führt auch methodisch dazu, dass die Äußerungen der Ärzte zu wahrgenommenen Werten reduzierter und weniger ausführlich sind. Auffallend ist dabei, dass sich die erinnerten Werte auf funktionale Werte, sowie Kostenkategorien konzentrieren. Werte anderer Kategorien scheinen im Gedächtnis der Befragten über die Jahre zu verblassen, wenn sie nicht exorbitant aus der Masse hervorragen. Es ist zwar in Arzt- und Managerkreisen bekannt, dass Fortbildungen, an denen Vaximed direkt oder als Sponsor beteiligt ist, im Allgemeinen über eine sehr hohe Qualität verfügen. Aus den erhobenen Daten der qualitativ geführten Leitfadeninterviews konnten jedoch nur die ausgewiesenen Werte ermittelt werden. „TV-Kampagne“ Funktionale Werte der vom DGK durchgeführten TV Kampagne sehen befragte Ärzte durchaus in der „vereinfachten Generierung neuer Patienten“ und der „aktiven Nachfrage“ nach Möglichkeiten zur Prävention. Die durch die Kampagne gesteigerte Awareness führte bei allen befragten Ärzten zu einer gesteigerten Patientennachfrage, so dass sich der Aufwand und damit das persönliche Investment für die Patientenberatung reduzieren. „Aufmerksamkeit in der Bevölkerung. [...] Selten denken die Leute selber daran [an den Impfschutz]. Ich meine, wir haben schon immer so Flyer und Poster im Wartezimmer mit Impfschutz und so etwas. [...] Aber das ist natürlich eine Sache, wie spricht man die Leute an, wie spricht man die Mütter auch an?“ „Praxisspezifische, regionale und bundesweite Fortbildungen“ Insbesondere bei den Fortbildungen wird das reduzierte Erinnerungsvermögen und die damit verbundene Reduktion auf funktionale Werte deutlich. So werden bereitgestellte Werte, wie die Vergabe von CME-Punkten bei jeder Veranstaltung, nicht ausdrücklich erwähnt. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass die Vergabe dieser Punkte mittlerweile als Basisanforderung und damit als Selbstverständlichkeit angesehen wird. Die betonten Werte beziehen sich auf die „Vermittlung von Hintergrundinformationen“, sowie die „thematische Einführung in den neuen Impfbereich“. Von besonderer Wichtigkeit ist die rechtzeitige Aufklärung über die Indikation vor der Laienkampagne. Somit 5.2 13.12.13 16:38 Seite 162 162 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing ist es Ärzten möglich, ihr Selbstverständnis eines gut informierten Arztes vor den Patienten sicherzustellen und damit dem persönlichkeitsbezogenen Bedürfnis „ein guter Arzt zu sein“ gerecht zu werden. Zusätzlich wird lediglich der symbolische Wert des „netten Rahmens“ von wenigen Ärzten erwähnt. Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Wie aus den Äußerungen zur Reputation des Unternehmens hervorgeht, haben Ärzte überwiegend positive Erfahrungen mit Fortbildungen gemacht, welche durch Vaximed angeboten oder vermittelt werden. Tendenziell ist das Bild des Unternehmens positiv, so dass der Faktor „Eigene Erfahrung“ keinen negativen Einfluss zu haben scheint. 5.2.3.3 Wahrgenommener Kundenvorteil Die Bestandteile der Aufklärungskampagne werden zwar von Ärzten thematisch mit der Impfung verbunden, aber nicht alle Vaximed als Absender zugerechnet. Die Darstellung des wahrgenommenen KV erfolgt dennoch interpretativ anhand der Aussagen zu den einzelnen Bestandteilen, um ein möglichst exaktes Gesamtbild des Nutzens und der persönlichen Relevanz der IL zu zeichnen. Wahrgenommener Nutzen Beide Bestandteile tragen zur Vereinfachung des Praxisalltags durch Einzahlung auf praxisbezogene Bedürfnisse, als auch direkt und indirekt auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse bei. Auch wenn bei der TV-Kampagne keine aktive Inanspruchnahme möglich ist, werden dem Arzt interessierte Patienten zugeführt. Somit optimiert dies sein „Zeit- und Kostenmanagement“. Bevor Patienten über die TV-Kampagne aktiviert werden, erhält er wissenschaftlich breite, neutrale Informationen. Diese Kombination durch den abgestuften Einsatz der Leistungsbestandteile versetzt den Arzt in die Lage sich als Experte mit aktuellem wissenschaftlichem Know-How vor seinen bestehenden und neuen Patienten zu positionieren und zu profilieren. Diese Einzahlung der Werte auf die Bedürfnisse ist für die befragten Ärzte von persönlicher Relevanz, da sie zur übergeordneten Zielerreichung und damit der Verwirklichung beitragen. Aufgrund der hohen Aktualität der bevorstehenden Markteinführung bezieht sich die persönliche Relevanz allerdings nur auf diese konkrete Situation. IL zum selben Themenbereich würden zum jetzigen Zeitpunkt keinen weiteren Nutzen liefern und damit auch nicht genutzt werden. Da diese IL jedoch auch situativ angedacht war, stimmt dies mit den Zielen des Unternehmens überein. Wahrgenommene Kosten Durch die Kombination beider Bestandteile lassen sich aus den Gesprächen Einflüsse auf alle vier Kostenkategorien erkennen. Die ökonomischen Kosten sind in den Augen der Ärzte überschaubar, da die Veranstaltungen an sich kostenlos sind und lediglich Kosten für Anfahrt und Unterkunft getragen werden müssen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 163 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 163 Die IL trägt zudem dazu bei, das persönliche Investment in Bezug auf Zeit und Kosten bei der Wissensgenerierung zu reduzieren, welche sonst aufwändig selbst zu leisten wäre. Die gute Qualität der Veranstaltungen senkt das wahrgenommene Risiko. Zudem wird durch die vorgezogenen Informationsveranstaltungen das Risiko reduziert, im Patientengespräch auf besser informierte Patienten zu stoßen. Aufgrund glaubwürdiger Referenten und neutraler, produktunabhängiger Vorträge, welche damit auch die Integrität der Ärzte bewahren, reduzieren sich ebenfalls die psychologischen Kosten einer möglichen Beeinflussung. Separat trägt die TV-Kampagne zur Vereinfachung der Praxisabläufe durch die Zuführung interessierter Patienten bei und senkt somit psychologische Kosten. Auf der anderen Seite trägt die Massivität der Maßnahme teilweise zu einer Zunahme des wahrgenommenen Drucks und damit wiederum zur Steigerung dieser Kostenart bei. Des Weiteren wird das persönliche Investment durch Reduktion des Zeitbedarfs für Akquise neuer Patienten verringert. Allerdings hat dieser letzte Bereich keinen Einfluss auf die Inanspruchnahme der zeitlich vorgelagerten Fortbildungen. Die Beiträge zur Kostensenkung durch die patientenorientierte IL sind lediglich zur Vollständigkeit aufgeführt. 5.2.3.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung Die Wirkung der beschriebenen IL unterscheidet sich insbesondere aufgrund des situativen Einsatzes in der Prämarketing-Phase von den IL der Firma Pharmacon. Ziel ist es demnach nicht, durch permanenten Einsatz Kundenloyalität für die Fortbildungen zu generieren. Die kombinierte arzt- und patientenorientierte IL soll vielmehr als Bestandteil des Marketingmix den Launch unterstützen. Kundenloyalität, also eine erneute Inanspruchnahme der IL, steht demnach nicht im Fokus dieser IL. Aufgrund des zeitlich begrenzten Einsatzes in der Prämarketingphase, als auch aufgrund der Aussagen der Ärzte ist diese auch nicht zu erwarten, da sich die Fortbildungen intensiv nur mit dem Themenbereich HPV befassten. Zahlungsbereitschaft Den befragten Ärzten ist noch bewusst, dass die IL bis auf Anfahrt und Unterkunft kostenlos angeboten wurden. Dennoch ist aufgrund der eigenen positiven Erfahrungen der befragten Ärzte mit Fortbildungen des Unternehmens eine Zahlungsbereitschaft erkennbar. Diese bewegt sich anhand der Aussagen in einem ähnlichen Umfang wie bei Pharmacon zwischen 50 und 100 Euro. Übertragungseffekt auf Kernleistung Im Folgenden werden die Ausprägungen der Faktoren beschrieben, welche einen Einfluss auf das Verschreibungsverhalten zu haben scheinen. Wirkungsfeld Direktes Marketing Die Glaubwürdigkeit für das Unternehmen ist gemäß der befragten Ärzten gegeben. Teilweise verschreiben sie bereits seit Jahren die Produkte des Unternehmens und vertrauen auf deren Qualität. Aufgrund der wissenschaftlichen Ausrichtung verfügt das Unternehmen, wie erwähnt, über einen ausgezeichneten Ruf. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 164 164 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing „Die haben immer gute Impfstoffe. Ich habe jetzt auch den Grippeimpfschutz von denen. Also recht gute Erfahrungen, das passt schon.“ Auch der neue Impfstoff als Kernprodukt verfügt als einziges Arzneimittel in diesem Bereich zunächst über eine sehr positive Bewertung. Beeinträchtigt wird dieses positive Bild lediglich durch drei Punkte: • Zu hoher Preis führt zu höherem Zeitaufwand in der Beratung, • Meldungen über schwere Nebenwirkungen verunsichern Patienten und Ärzte, • Wahrgenommene Aussage „Impfung gegen Krebs“ wird als unwissenschaftlich, zu aggressiv und damit als unglaubwürdig wahrgenommen. Diese Einwände können zu einer Reduktion des Übertragungseffektes beitragen, da sie das wahrgenommene Risiko steigern. Eine der Hauptaufgaben des Marketing in der Launch-Phase war es daher, durch proaktive Information diesem negativen Einfluss entgegenzuwirken. Wirkungsfeld Indirect Marketing Da diese IL sowohl arzt- als auch netzwerkorientierte IM Kanäle abdeckt, unterteilt Abbildung 57 in arztorientierte und patientenorientierte Wirkungsfelder. Die „TVKampagne“ des DGK führt zu einer steigenden Nachfrage nach ärztlicher Aufklärung zu der Thematik. Wie unter Kapitel 4.2.3 erläutert, kann diese aktive Patientennachfrage auch Einfluss auf das Verschreibungsverhalten haben. Arztorientiert Wirkungsfeld Indirect Marketing Wahrgenommenes Engagement Patientenorientiert Grad der Brand Salience Aktive Patientennachfrage Verschreibungsverhalten Wirkungsfeld Direktes Marketing Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Kenntnisse zu Kernprodukt Abbildung 57: Wirkungsfelder des Indirect Marketing Quelle: Eigene Darstellung Die Kombination der beiden IM Kanäle führt zu einer intensiveren Beschäftigung mit der Thematik auf Seiten der Ärzte. Mehrere Aussagen weisen daher auf eine hohe Brand Salience hin. Die folgende Äußerung eines befragten Arztes verdeutlicht die Wirkweise in eigenen Worten repräsentativ für alle geführten Gespräche. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 165 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 165 „Also, ich denke mal, wären diese ganzen Fortbildungen und diese ganzen Informationen nicht gewesen, hätte man sich vielleicht gar nicht mit dem Thema [...] befasst, sondern dann wäre das im Prinzip so nebenbei gelaufen. Und dadurch, wenn man halt wirklich von jeder Seite so ein bisschen damit konfrontiert wird, beschäftigt man sich mehr und es wird einem präsent. [...] Es wird einfach in den Vordergrund dadurch gerückt.“ Anhand dieser Erkenntnisse wird deutlich, dass die patienten- und arztorientierten IL eine wichtige Rolle zur Steigerung der Effektivität der Launch-Kampagne übernommen haben. Zudem haben sie maßgeblich dazu beigetragen, eine neue Arztgruppe, die Gynäkologen, zumindest für den neuen Impfstoff gegen HPV zu Impfärzten aufzubauen. 5.2.4 Zusammenfassung Im Gegensatz zu Pharmacon setzt Vaximed als Konzern auf klassisches Pharmamarketing inklusive eigenem Arztaußendienst. IM sind direkten Maßnahmen zwar nachgeordnet, spielen jedoch trotz der Unternehmensstruktur eine große Rolle. Als einziges Unternehmen, welches sich auf Impfstoffe spezialisiert hat, setzt Vaximed ebenfalls Leistungen aller drei IM Kategorien situativ, als auch permanent ein. Dies hängt vor allem mit der Überzeugung des deutschen Managements zusammen, welches auf einen ausgewogenen und kundenorientierten Marketing-Mix setzt. Da Impfstoffe generell präventiv eingesetzt werden, ist der Bedarf an Aufklärungskampagnen für die Vorsorgemaßnahme relevanter als bei akuten Erkrankungen. Der situative Einsatz der IL „Aufklärungskampagne“ ist während der Prämarketing- und Launch-Phase stufenweise organisiert und umfasst patienten- sowie arztorientierte Kanäle, die auf WM und ZM einzahlen. Zunächst aktualisieren neutral ausgerichtete Fortbildungen medizinisches Wissen, als Vorbereitung der Ärzte auf die Patientengespräche. Die anschließende patientenorientierte Laienkampagne ist auf eine Vereinfachung der Patientengespräche durch Reduktion der Überzeugungsarbeit und Zuführung vorabinformierter Patienten ausgerichtet. Diese Reihenfolge ist die Grundlage für den Erfolg der Kampagne, um dem Arzt nicht unangenehme Gespräche mit besser informierten Patienten zu bescheren und das damit verbundene wahrgenommene „Risiko“ zu steigern. Aufgrund der rechtlichen Lage ist eine Kooperation einer unabhängigen Institution notwendig, welche ähnliche Aufklärungsziele verfolgt. Eine Nennung von Wirk-, Impfstoffoder Unternehmensname würde einen direkten Rückschluss auf das Arzneimittel aufgrund der exklusiven Marktstellung ermöglichen und ist somit rechtlich untersagt. Die Kommunikation in Richtung Arzt ist auf die angesprochenen Fachgruppen und deren Kenntnisstand angepasst. Eine weitere Unterteilung der Ansprache nach Arzttypen erfolgt jedoch nicht. Um die individuelle (Fach-) Kompetenz der Mitarbeiter für die Vermittlung der Fortbildungen sicherzustellen, werden fachgruppenspezifische Leitfäden verwendet. Die patientenorientierte Kampagne ist kein Bestandteil der Arztkommunikation. Erfolgskritisch ist die Kompetenz der Mitarbeiter in Bezug auf die neutrale Vermittlung der IL. Eine ökonomische Kommerzialisierung der IL findet bei allen Bestandteilen nicht 5.2 13.12.13 16:38 Seite 166 166 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing statt. Vaximed erreicht das Ziel der Aufmerksamkeitssteigerung für die neue Indikation über alle Zielgruppen, belegt durch nachgelagerte Umfragen. Das Unternehmen verwendet für die IL ein außergewöhnlich hohes Budget von über 10 Mio. Euro und damit den Großteil des Launchbudgets. Diese IL belegt, dass IM eine wichtige Rolle für Pharmaunternehmen in Launchphasen spielen kann. Das Budget verdeutlicht außerdem die hohe Akzeptanz im Unternehmen. Die Arztsicht auf die IL des Unternehmens beschränkt sich auf die Fortbildungen. Die Laienkampagne wird aufgrund der speziellen Konfiguration nicht als Vaximed Leistung wahrgenommen, mit allen Konsequenzen auf die Wirkweise. Die Glaubwürdigkeit aller eingebundenen Informationsquellen ist sehr positiv. Lediglich das Auftreten des Außendienstes zu dieser IL wird als nicht „unabhängig“ wahrgenommen. Dies ist auf die zuvor beschriebenen individuellen Kompetenzen der Mitarbeiter zurückzuführen, welche nicht alle über ein optimales Verständnis der Vermittlung von IL verfügen. Die Qualität der IL wird ebenfalls als positiv wahrgenommen. Jedoch ist es der retrospektiven Betrachtung dieser situativen und damit zeitlich begrenzten IL geschuldet, dass lediglich funktionale Werte aufgeführt werden. Andere Werte scheinen über die Zeit zu verblassen. Wie beabsichtigt, zahlen diese Werte - passend zu der Launch-Situation - auf praxisbezogene Bedürfnisse ein und führen somit zu einem situativen Nutzen. Zu einem späteren Zeitpunkt wäre der Nutzen dieser IL aufgrund fehlender Aktualität und bereits vorhandenem Wissen zur Thematik hinfällig gewesen. Die Kosten werden ebenfalls als gering wahrgenommen. Obwohl die Laienkampagne nicht dem Unternehmen zugeordnet wird, trägt diese dennoch bewusst zu einer Reduktion des persönlichen Investments in Bezug auf Patientenakquise und Beratung bei. Arzneimittel des Unternehmens werden grundlegend positiv wahrgenommen. Jedoch führten Nebenwirkungsmeldungen nach Launch zu Störeffekten, auf welche das Marketing zu reagieren hatte. Aufgrund des situativen Einsatzes spielt in diesem Fall die „Kundenloyalität“ für die IL eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist eine Zahlungsbereitschaft in ähnlichem Rahmen wie bei Pharmacon zu erkennen. Der Übertragungseffekt erfolgt bei dieser IL stärker durch Einzahlung auf die Brand Salience, durch intensivere Beschäftigung mit der Thematik aufgrund der hohen Kontaktzahl, sowie der Steigerung der Patientennachfrage durch die Laienkampagne. Die soziale Austauschtheorie scheint bei situativen IL weniger zu greifen. Das Engagement wird zwar wahrgenommen, jedoch stärker dem bevorstehenden Launch und damit Eigeninteressen zugeordnet. Somit entsteht gemäß der Theorie auch kein Bedürfnis der Erbringung eines Gegenwertes. 5.3 Indirect Marketing als internetbasierte Informationsplattform 5.3.1 Situatives Unternehmensumfeld 5.3.1.1 Beschreibung Unternehmen: Respipharm GmbH Die Respipharm GmbH ist ein global agierendes Pharmaunternehmen in privater Hand, welches neben einer eigenen Forschung auch Forschungskooperationen unterhält. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 167 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 167 Größere Anteile des Unternehmens gehören Private Equity Banken. Der Fokus der Geschäftstätigkeit liegt auf dem Ausbau der „emerging markets“ insbesondere der BRIC-Staaten, sowie der Einlizensierung neuer Arzneimittel.472 Mit über 12.500 Mitarbeitern in mehr als 100 Ländern weltweit generiert das Unternehmen einen Umsatz von über 3,2 Mrd. Euro (2010).473 Es ist damit die Nummer 28 der Pharmaunternehmen weltweit. Europa ist zwar nach wie vor der größte Umsatzbringer, jedoch mit abnehmender Tendenz. Währenddessen gewinnen Wachstumsmärkte in Asien oder Lateinamerika an Bedeutung, so dass der globale Fokus auch mehr und mehr auf diesen Ländern liegt. In Deutschland befinden sich zum Zeitpunkt der Fallstudie zwei Produktionsstandorte, der Standort der Arzneimittelforschung, sowie der Sitz der deutschen Marketing- und Vertriebsgesellschaft. Mit ca. 100 Innendienst- und 300 Außendienstmitarbeitern generiert das Unternehmen einen Umsatz von 184 Mio. Euro (2010) auf dem deutschen Markt. Dabei betreut der Außendienst in erster Linie API. Zudem werden Spezialisten, wie Pneumologen direkt besucht. 5.3.1.2 Produktportfolio der Respipharm GmbH Das Produktportfolio setzt sich aus verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (Rx) für mehrere Indikationen als auch OTC-Präparaten zusammen, welche international 11,8 % des Umsatzes ausmachen. Der größte Rx-Bereich verliert stark mit -27,8 % zum Vorjahr bedingt durch den Patentablauf des größten Arzneimittels des Unternehmens. Deutschland trifft diese kritische Situation hart, da dort dieser Bereich nahezu 50 % des Portfolios in 2010 umfasst. Wachstumsbereiche liegen vor allem im Bereich „Respiratory“ (+36,6 %). Abbildung 58: Prozentuale Aufteilung des internationalen Portfolios nach Produktbereichen in 2010 Quelle: Respipharm, Interne Unternehmenspräsentation „Facts & Figures“ 2011 (unveröffentlichtes Dokument). Dem Einbruch des größten Produktsegment, versucht das Unternehmen durch Zukäufe und der Einführung neuer Arzneimittel entgegenzuwirken. In diesen Zusammenhang fällt auch ein neues Arzneimittel zur Behandlung von Patienten mit schwerer Atemwegserkrankung, in dessen Marketingmix die IL der Fallstudie anzusiedeln ist. Das neue 472 473 BRIC = Brasilien, Russland, Indien, China. Vgl. Respipharm, Interne Unternehmenspräsentation „Facts & Figures“ 2011 (unveröffentlichtes Dokument). 5.2 13.12.13 16:38 Seite 168 168 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Produkt trägt als Bestandteil der Therapie zu einer verminderten Entzündung der Lungen bei und verringert die Verengung der Atemwege. Allerdings bewegt es sich in einem kompetitiven Wettbewerbsumfeld, da zahlreiche andere Therapieoptionen zur Verfügung stehen und das Marketing diese neue Option erst im Markt etablieren muss. 5.3.1.3 Klassisches Pharmamarketing bei Respipharm Respipharm setzt in Deutschland wie die meisten großen Pharmakonzerne auf klassisches Rx-Marketing mit Konzentration auf direktes Marketing. Im Mittelpunkt stehen dabei der verhältnismäßig große Außendienst, sowie das klassische Instrumentarium in Form von Fachprint, Mailings, Fortbildungen und Kongressen. IM verfügt dementsprechend über keinen großen Anteil am gesamten Marketingmix des Unternehmens. Wenn IL eingesetzt werden, handelt es sich um situative Aktivitäten, z. B. im Rahmen von Launchkampagnen. Ein permanenter Einsatz von IM, wie bei den zuvor vorgestellten Unternehmen, ist bei Respipharm seit der Übernahme durch Private Equity Banken nicht zu erkennen. Unter diesen Eigentumsverhältnissen kombiniert mit der schwierigen Wirtschaftslage setzt das Management stärker auf direkte Maßnahmen, von denen es sich einen schnelleren ROI erwartet als von IM. Speziell für den Launch des neuen Arzneimittels geht das Unternehmen eine Marketingund Vertriebskooperation mit einem weiteren größeren Pharmakonzern ein, um durch eine noch stärkere Präsenz den Erfolg der Produkteinführung sicherzustellen. Die Herausforderung besteht hierbei jedoch in der exakten Abstimmung der Marketing- und Vertriebsprozesse beider Unternehmen. 5.3.2 Erstellung der indikationsspezifischen indirekten Leistung Die IL der nächsten Fallstudie finden im Rahmen der Prämarketing- und Launchphase des neuen Arzneimittels statt. Mit dem Ziel über die Indikation zu informieren und aufzuklären, nutzt Respipharm den Kommunikationskanal „Internet“ und richtet Plattformen ein, über die sich sowohl Fachkreise, als auch Patienten separat informieren können. Über beide PLZ-Phasen richten sich die Plattformen an die gleichen Bedürfniskategorien wie die IL bei Vaximed. In der Prämarketingphase dient die produktneutrale Internetplattform dazu, Wissenslücken bei Ärzten zu beseitigen und diese über die Thematik aufzuklären. Der Schwerpunkt liegt demnach auf Befriedigung des Bedürfnisses zur Unterstützung des „Wissensmanagements“. Die Fallstudie konzentriert sich auf diese produktneutrale, arztgerichtete „Internetinformationsplattform“. Eine weitere Internetplattform für die Fachkreise übernimmt nach Produktlaunch diese Aufgabe, allerdings mit klarem produktzentriertem Fokus. Des Weiteren dient eine dritte produktneutrale, patientenorientierte Informationsplattform dazu, Patienten Hintergrundinformationen zu der Erkrankung, einem Selbsttest, therapeutischen Übungen sowie Informationsmaterial bereitzustellen. Vorrangiges Ziel ist die Unterstützung des Arztes bei der Patientenberatung, in dem dieser durch vorinformierte Patienten Zeit spart. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem „Zeitmanagement“. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 169 169 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Eine spezielle Herausforderung stellt die Ko-Existenz weiterer Internetplattformen dar, die ebenfalls von Respipharm unterstützt werden. Zum einen handelt es sich dabei um ein Fortbildungsportal für Ärzte des kooperierenden Pharmaunternehmens, über welches auch CME Punkte generiert werden können und welches bereits von über 25.000 Abonnenten genutzt wird. Zum anderen unterstützt das Unternehmen eine unabhängige Plattform zu dieser schweren Atemwegserkrankung, auf welche hochwertige Präsentationen und Mediainhalte für Ärzte zur Verfügung stehen, welche diese Inhalte für ihre eigenen Fortbildungen nutzen können. In diesem Umfeld gilt es, für das Unternehmen ausreichend Aufmerksamkeit für die eigenen IL zu generieren. Abbildung 59 gibt einen Überblick zum Einsatz der eigenen Internetplattformen im Rahmen der Launchkampagne und verdeutlicht grafisch die Wettbewerbssituation zu weiteren unternehmensgeförderten Plattformen. Zielgruppe Launchphase Zielgruppe Phase Prämarketingphase Phase Prämarketingphase Launchphase Patienten Patienten Ärzte Ärzte II. Neutrale Indikationsseite I. Neutr. Respiph. Indikationsseite Produktorientierte Seite I. CME Plattform I. CME Plattform I. Unabh. Fortbildungsplattform I. Unabh. Fortbildungsplattform Abbildung 59: Zielgruppenspezifischer Einsatz der Internetplattformen in Abhängigkeit der PLZ-Phasen Quelle: Eigene Darstellung. 5.3.2.1 Gestaltungsfaktoren „Internetinformationsplattform“ Die eigene Internetinformationsplattform für Fachkreise stellt gemäß der Marketingexperten eine „wesentliche Säule für unsere Prälaunch-Aktivitäten“ dar. Die Konfiguration stellt sich wie folgt dar. Innerhalb eines für Fachkreise passwortgeschützten Bereiches bietet sich die Möglichkeit, grundlegende Informationen inkl. Animationen und Videos zu Wirkmechanismen zum Thema abzurufen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Erläuterung, dass es sich bei den Atemwegserkrankungen um unterschiedliche Entzündungsmechanismen handelt, die verschiedene antientzündliche Therapien benötigen. Im Gegensatz zu den IL der anderen Unternehmen sind diese Seiten sehr spezifisch auf das Thema des bevorstehenden Launchs zugeschnitten. Die wissenschaftliche Breite bezieht sich hier lediglich auf den Ausschnitt der durch die Kernleistung abgedeckten Indikation. Der Schwerpunkt liegt somit wiederum auf der Aufmerksamkeitssteigerung. Eine Kommerzialisierung der IL findet nicht statt. Alle Bestandteile dieser wissenschaftlichen Aufklärungskampagne über die Internetplattformen, sowie Abgabekarten werden kostenlos zur Verfügung gestellt. Absender und Betreiber der drei eigenen Internetseiten ist das Unternehmen selbst. Inhalte werden durch Mitarbeiter des Unternehmens organisiert und koordiniert, welche über die entsprechende Kompetenz verfügen. Somit werden Kooperationen weder im Sinne von Unterstützung bestehender Fachportale noch bei der Kommunikation der IL eingegangen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 170 170 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Die Kommunikation der arztorientierten Internetplattform erfolgt über Hinweise in Fachanzeigen, sowie über Abgabekarten, welche der Außendienst in den Arztpraxen verteilt. Zunächst werden Pneumologen als Spezialisten, dann im Anschluss API informiert. Dieser Kommunikationsweg wird auch bei der patientenorientierten Seite eingeschlagen. Hier setzt das Unternehmen ebenfalls auf Anzeigen in der EV-Presse mit hoher Affinität zum Thema, sowie Abgabekarten in den Arztpraxen, welche der Arzt wiederum informativ an seine Patienten verteilen kann. Der Kommunikationsprozess mit den Kunden Arzt und Patient erfolgt damit in entgegengesetzter Richtung zu Vaximed. Informationskanäle der IL bei Respipharm Fachseite Patientenseite Informationskanäle der ILbei Vaximed Passiv Passiv Arzt Unternehmen Arzt Aktiv Passiv Aktiv DGK TV Spot Aktiv Patient Passiv Aktive Nachfrage Patient Abbildung 60: Gegenüberstellung der Informationskanäle der IL von Respipharm und Vaximed Quelle: Eigene Darstellung Die bereitgestellten Internetseiten ermöglichen es Patienten und Ärzten, aktiv Informationen einzuholen. Zudem kann der Arzt einen Teil der Beratungsleistung „outsourcen“, in dem er dem Patienten den Hinweis auf die Atemwegserkrankung-Patientenseite gibt. Diese aktive Informationssuche und Aushändigung der Abgabekarten verursacht jedoch zusätzlichen Zeitaufwand für den Arzt. Im Gegensatz dazu erhalten Ärzte und Patienten durch die Vaximed-IL Informationen passiv ohne eigenen Einsatz. Patienten kommen aufgrund der Aufklärungskampagne ohne Zutun des Arztes in die Praxis (Aktive Patientennachfrage). Im weiteren Verlauf ist daher zu untersuchen, wie sich dieser zusätzliche Aufwand auf die Wahrnehmung der IL von Respipharm auswirkt. 5.3.2.2 Akzeptanz der indirekten Leistungen bei Respipharm Wie erwähnt, ist die Position von IM bei Respipharm nicht sehr stark ausgeprägt. Das Rx-Marketing konzentriert sich eher auf produktorientierte, bewährte Maßnahmen, welche in den Augen der Marketingmanager schnelle Erfolge kreieren. Langfristige Maßnahmen sind, bedingt durch die Unternehmenskultur, insbesondere aufgrund der Eigentumsverhältnisse, eher selten. Der implizite Produktbezug ist in diesem Fall sogar etwas ausgeprägter gegeben, als bei den vorangegangenen Fallstudien. Die Inhalte der IL konzentrieren sich auf den Indikationsbereich und insbesondere auf die Bedeutung eines neuen antientzündlichen Therapieansatzes. Die Inhalte sind somit zwar produktneutral, jedoch thematisch näher am Kernprodukt als die beiden anderen IL. Die Fokussierung der IL auf die konkreten Zielgruppen ist sowohl bei Ärzten als auch bei Patienten gemäß der Marketingmanager- 5.2 13.12.13 16:38 Seite 171 171 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Aussagen gegeben. Die Fachkommunikation konzentriert sich, wie erläutert, auf Pneumologen und API mit einem ausgeprägten Patientenstamm dieser Indikation. Der Einsatz der arztorientierten IL erfolgte lediglich in der „relativ kurzen Prämarketingphase“ von knapp sechs Monaten. Dabei war sie laut Marketingmanagement flankierend zu anderen Maßnahmen aktiv, wie z. B. PR. Die Laienkampagne wiederum nutzt fokussiert Printmedien mit hoher Affinität für Patienten der Indikation. Die Frequentierung ist unter diesen Voraussetzungen und aufgrund des situativen Einsatzes als geringer einzustufen als bei den anderen vorgestellten IL. Internetplattformen in diesem Stil sind allen Beteiligten im Unternehmen bekannt. Der Innovationsgrad ist somit nicht zu hoch, um gerade in diesem Unternehmensumfeld auf Ablehnung zu stoßen. Jedoch führt der geringe Innovationsgrad auf der anderen Seite nicht zu einer überzeugteren Unterstützung der IL im Unternehmen. Insbesondere macht sich dies beim Außendienst bemerkbar, der sich durch eine eher bekannte IL in einem starken Wettbewerbsumfeld beim Arzt nur schwer differenzieren kann. Zur Rentabilität und zum Erfolg der IL sind von Respipharm keine Messungen durch Erhebung etwaiger KPI unternommen worden. Zwar gehen die befragten Manager davon aus, dass die IL flankierend zum Erfolg beigetragen hat. Jedoch ist aufgrund der höheren Wettbewerberdichte im Bereich Atemwegserkrankung auch von Streuverlusten auszugehen. Des Weiteren ist es aufgrund der Wettbewerbssituation bei den Internetplattformen fraglich, ob die IL einen großen Beitrag zur Steigerung des Kundenwerts verspricht und leistet. Aus diesem Grund wird dieser Faktor mit 0 bewertet. Unternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Frequentierung Innovationsgrad Rentabilität Unternehmens- kultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Med. Frequentierung Innovations-grad Rentabilität Beratungsservice/ Akzeptanz Internet-informations-plattform Fortbildungen Tabelle 29: Akzeptanz der Internetinformationsplattform bei Respipharm Quelle: Eigene Darstellung 5.3.3 Wahrnehmung und Wirkung der indirekten Leistung 5.3.3.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit Für beide befragten Ärzte ist der Außendienstmitarbeiter der Überbringer der IL. Als Absender bzw. Betreiber der arztorientierten Internetseite erkennen beide Respipharm als Informationsquelle. Hierin liegt auch die Problematik bei der Wahrnehmung der Unabhängigkeit. Zwar sehen sie nicht ihre Therapiehoheit gefährdet oder ihre Unabhängigkeit als Arzt beeinflusst, jedoch wünscht man sich eine größere wissenschaftliche Breite, da diese Seite zwar als produktneutral, jedoch nicht als wissenschaftlich neutral wahrgenommen wird. „Aus meiner Sicht verfolgen die damit natürlich einen Zweck: ihr Produkt zu verbreiten oder zu vertiefen.“ 5.2 13.12.13 16:38 Seite 172 172 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Die Wahrnehmung der Vertrauenswürdigkeit und der Reputation des Unternehmens ist anhand der Aussagen nicht negativ, aber auch nicht ausgesprochen positiv. Sowohl bei API als auch Pneumologen ist Respipharm als forschendes Pharmaunternehmen nicht top-of-mind und verfügt eher über einen durchschnittlichen Ruf. Andere Unternehmen, wie Vaximed oder Böhringer Ingelheim, verfügen hingegen über eine bessere Reputation bei den befragten Ärzten. „Da ist „Respipharm“ schon in Ordnung, ein renommiertes Pharmaunternehmen. Ich denke, die wissen schon, was sie tun.“ In diesem Zusammenhang wird die Expertenkompetenz sowohl des Unternehmens als auch des Außendienstmitarbeiters positiv gesehen und bewertet. Gemäß der Ärzte ist zum Großteil die hohe Sympathie gegenüber dem Pharmareferenten als Überbringer der IL dafür verantwortlich, dass sich die Ärzte die Internetplattform zumindest ansehen. In Summe ergibt sich ein etwas negativeres Bild als bei den zuvor dargestellten IL. Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Expertenkompetenz Reputation Sympathiegrad Aufklärungskampagne Tabelle 30: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Quelle: Eigene Darstellung 5.3.3.2 Wahrnehmung der Qualität Die Inanspruchnahme der IL, also der Besuch der Internetplattform, lag bei beiden befragten Ärzten zum Zeitpunkt der Befragung zwischen einem halben und einem Jahr zurück. Dennoch sind aus den Gesprächen sehr wenige Wertearten zu extrahieren.474 Dies verstärkt wiederum den Eindruck einer mangelnden Relevanz für den Arzt. Der Fokus liegt wiederum auf funktionalen Werten, wie der „Bereitstellung wissenschaftlicher Hintergrundinformationen zur Indikation“. Dieser Wert generiert sich der Werte-Quelle „Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften“. Die Art und Weise der Beschreibung der IL in eigenen Worten verdeutlicht die nicht zu positive Wahrnehmung der Qualität. „Also das ist [...] so eine Information für Ärzte und auch Patienten. Was man unter dieser Indikation sich vorstellen kann, so ein bisschen wird das erläutert. Und da wird man [...] in dieses Krankheitsbild eingeführt und [...] die Möglichkeiten der Behandlung.“ Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Die persönliche Erfahrung mit Leistungen von Respipharm stellt zumindest in den beiden geführten Gesprächen keinen negativ moderierenden Einfluss dar. Die Erfahrungen mit den Inhalten der Internetplattform, welche vielen Ärzten hingegen bereits bekannt zu sein scheinen, reduziert die wahrgenommene persönliche Relevanz der IL. 474 Vgl. Appendix A. 14. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 173 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 173 5.3.3.3 Wahrgenommener Kundenvorteil Die Qualität der bereitgestellten Informationen wird nicht in Frage gestellt. Jedoch tragen die Inhalte nicht durch neue Erkenntnisse im Bereich des „Wissensmanagements“ oder in anderen Bereichen zur Befriedigung der praxisbezogenen Bedürfnisse bei. Somit verfügen sie auch über keine persönliche Relevanz. Wahrgenommener Nutzen Die funktionalen Werte der Internetseiten, welche auf praxisbezogene Bedürfnisse zielen, stoßen bei den befragten und wahrscheinlich bei einer Vielzahl vorinformierter Ärzte auf keine persönliche Relevanz. Sie können keinen Nutzen aus der IL ziehen, da keine neuen Informationen für die Zielgruppe bereit gestellt werden. Die IL umfassen Inhalte, welche in Arztkreisen, insbesondere bei Pneumologen, zum größten Teil schon bekannt sind. „Sagen wir mal das sind eher Sachen, die für Pneumologen bekannt sind und uns darüber hinaus nicht unbedingt weiterführen. Das ist im Prinzip bekannt. Als Pneumologe beschäftigt man sich doch intensiver damit und hat Fortbildungen besucht und Kongresse und weiß darüber Bescheid.“ „Da gab es einen Kongress und da wusste ich eigentlich schon alles. Also, da bin ich jetzt bloß noch einmal reingegangen, um zu sehen, wie ist das aufgemacht und so weiter. Das hat mir jetzt nichts Neues mehr gesagt.“ Die IL zahlt somit nicht auf Bedürfnisse des „Wissens-“ oder „Zeitmanagements“ ein und damit auch nicht weiterführend auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse. Ärzte haben nicht den Eindruck durch Inanspruchnahme dieses Angebotes, zur Optimierung ihres Praxisalltages „ein besserer Arzt“ werden zu können. Bei einer Informationsplattform legen die Ärzte vor allem Wert auf eine schnelle Beantwortung ihrer Fragen. Aus den Arztgesprächen geht hervor, dass sie daher eher eine aktiv kommunizierte Hotline oder Mailadresse, wie bei Pharmacon, bevorzugen würden. „Wenn eine Frage [...] auftauchen würde, dann würde ich wahrscheinlich eher die Firma anschreiben oder anrufen.“ Ebenso wären Möglichkeiten zum Download von Grafiken und Vorträgen von Interesse. Dieses Angebot existiert allerdings auf der separat vorhandenen und ebenfalls von Respipharm unterstützten unabhängigen Plattform. Eine Zusammenführung beider Angebote auf einer Plattform hätte persönlich relevante Werte ergänzt und somit die Möglichkeit einer positiven Reaktion erhöht. Wahrgenommene Kosten Im Verhältnis zu dem wahrgenommenen Nutzen erscheinen die wahrgenommenen Kosten der IL relativ hoch. Die ökonomischen Kosten werden zwar sowohl für die Nutzung der Internetplattform, als auch für die Verteilung der Abgabekarten mit Hinweis auf die Laien-Plattform als kostenlos wahrgenommen. Jedoch führt die verringerte wahrgenommene Unabhängigkeit der IL, aufgrund des Verdachts einer möglichen Beeinflussung, zu einer zumindest geringen Steigerung der psychologischen Kosten. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 174 174 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Hinzu kommt der Aufwand bei der Informationsgenerierung, der als Stressfaktor zur Kostensteigerung beiträgt. Schwerwiegender ist auch das persönliche Investment in Form von Zeit aus Sicht der befragten Ärzte. Im Vergleich zu anderen Informationsquellen ist diese Variante sehr zeitaufwändig und bedarf ggf. die Hinzuziehung weiterer Quellen, da die Internetseite eventuell die gesuchten Wissensbereiche nicht alle abdeckt. Generell scheint das Internet nach Aussage der Interviewpartner aufgrund dieses Zeitaufwandes nicht die erste Wahl zu sein. Dies steht in Übereinstimmung mit einer aktuellen Befragung zu Informationsquellen von Ärzten. So erscheinen Internetlösungen als Informationsquelle gemäß Abbildung 61 erst auf Rang 6 hinter Fachzeitschriften, Tagungen/Kongressen oder direkten Gesprächen mit Kollegen. Mit Ausnahme der Pharmareferenten nehmen auch hier nicht kommerzielle Quellen die wichtigsten Positionen bei der Informationssuche ein. Dabei ist zu beachten, dass mit „Fachzeitschriften“ die wissenschaftlichen Beiträge und nicht die produktbezogene Werbung gemeint ist. Abbildung 61: Genutzte Informationsquellen API in Deutschland Quelle: Eigene Darstellung basierend auf LA-MED API-Studie 2011 (n = 1.016); Vgl. Arbeitsgemeinschaft LA-MED Kommunikationsforschung im Gesundheitswesen e. V. 2011, http://www.la-med.de/index.php?id=20&type=2, Stand: 08.01.2013. Ein weiteres Problem der Wahrnehmung dieser IL liegt gemäß einer unternehmensinternen Studie von 2011 im geringen Bekanntheits- und damit Nutzungsgrad bei Ärzten. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 175 175 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 37 42 22 7 52 32 10 113 26 61 39 51 86 14 2 84 63 21 27 50 13 37 10 47 23 50 43 3 20 43 29 33 3 77 0 57 45 22 5 10 26 53 31 27 64 37 53 011 86 52 93 Abbildung 62: Bekanntheitsgrad verschiedener Internetplattformen bei Ärztegruppen Quelle: Interne Studie zum Bekanntheitsgrad von Internetplattformen bei Ärzten Juni 2011. (unveröffentlichtes Dokument)475 Gemäß dem dargestellten Verhältnis von wahrgenommenen Nutzen und Kosten, ist der KV durch die IL als gering einzustufen. Demzufolge sind weitere Prozessschritte eher unwahrscheinlich. 5.3.3.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung Die geringe Aufmerksamkeit und Bekanntheit der Internetinformationsplattform, kombiniert mit den geringen Werten, welche diese IL liefert, resultiert in einer entsprechend geringen Inanspruchnahme und damit einer geringen Kundenloyalität. Abbildung 62 unterstreicht diese geringe Nutzung im Vergleich zum Wettbewerb deutlich. Aufgrund der fehlenden Relevanz und dem geringen KV ist auch keine Zahlungsbereitschaft für diese IL vorhanden. Aufgrund der geringen Kundenloyalität ist im weiteren Verlauf auch nicht von einem Übertragungseffekt auf die Kernleistung durch die Internetinformationsplattform auszugehen. Im besten Fall zahlt diese IL bei der geringen Anzahl an Nutzern, aufgrund der Verknüpfung der Indikation mit der Marke Respipharm, auf deren Brand Salience ein. Jedoch wird ein solcher Effekt bei der geringen Kundenloyalität auch eher gering ausfallen. Die überwiegende Nicht-Erfüllung der ermittelten Beurteilungskriterien führt somit zu einer geringen Effektivität der IL. 5.3.4 Zusammenfassung Als Unternehmen von Private Equity Eigentümern setzt Respipharm auf klassisches Pharmamarketing mit vornehmlich direkten Maßnahmen, sowie einem größeren Arztaußendienst. Diese Rahmenbedingungen tragen zum Teil dazu bei, dass vor allem Aktivitäten mit kurzfristigen Ergebnissen präferiert werden. IM spielt im MarketingPortfolio des Unternehmens eine untergeordnete Rolle. Die Unternehmenskultur 475 Fragestellung: Welche der folgenden Internetplattformen mit Informationen zu schweren Atemwegserkrankungen sind Ihnen, zumindest dem Namen nach, bekannt? Und welche davon nutzen Sie zumindest ab und zu? 5.2 13.12.13 16:38 Seite 176 176 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing ermöglicht keine langfristige, kontinuierliche Ausrichtung von IL. Das Management steht IL tendenziell kritisch gegenüber, aufgrund von Befürchtungen, zu viele Streuverluste zu erleiden. In diesem Zusammenhang wird der IL auch generell keine hohe Rentabilität unterstellt. Der Druck auf das Management aufgrund des Patentablaufs des größten Präparates und fehlender Nachfolgeprodukte verstärkt die Tendenz zu kurzfristigen Aktivitäten, die zunächst einen schnelleren ROI versprechen. Die Akzeptanz ist im Vergleich zu den beiden anderen vorgestellten Unternehmen somit negativ. Mit der dargestellten IL verfolgt das Marketing einen vergleichbaren Ansatz zu Vaximed. Allerdings steht die beschriebene Plattform im Wettbewerb mit mehreren anderen Internetseiten, die vom Unternehmen ebenfalls gefördert werden. Aus den Gesprächen wird der Drang zur Umwandlung der indirekt konzipierten Seite in eine direkte Maßnahme deutlich. Es besteht ein großes Interesse daran, die Inhalte direkt mit der Produktmarke zu verknüpfen. Für die Plattform werden daher auch keine Kooperationen eingegangen. Betreiber ist und bleibt das Unternehmen. Die Kommunikation dieser IL, mit der Ärzte beim Wissensmanagement zur Indikation unterstützt werden sollen, läuft über Außendienst und Fachanzeigen. Im Gegensatz zur proaktiven Bereitstellung von Informationen, mit dem Anspruch, den Aufwand des Arztes weitestgehend zu reduzieren, wird deutlich, dass der Aufwand zur Informationsgenerierung für Ärzte bei dieser IL erhöht ist. Auch wenn die IL kostenlos angeboten wird, besteht somit das Risiko der Steigerung der wahrgenommenen Kostenarten. Diese Ausrichtung und Konzentration auf direkte Maßnahmen spiegelt sich auch aus Arztperspektive wieder. So wird die IL nicht als neutral und unabhängig, sondern stets im Zusammenhang mit der monetären Zielsetzung des Unternehmens gesehen. Die Reputation des Unternehmens und der Kernprodukte ist in Ordnung. Jedoch scheint der einzige Auslöser für die Inanspruchnahme der IL der „Sympathiegrad“ gegenüber dem jeweiligen Außendienstmitarbeiter zu sein. Wahrgenommene Werte sind dementsprechend gering. Auch hier konzentrieren sich die Äußerungen auf rein funktionale Werte. Aufgrund der Tendenz zu direkten Maßnahmen ist die Internetplattform thematisch eng um die neue Therapieform gestrickt. Aus Arztperspektive ist die IL damit nicht wissenschaftlich breit und objektiv genug. Zudem sind die meisten Informationen bei Ärzten, welche in diesem Therapiebereich aktiv sind, bekannt, so dass diese über keine Relevanz verfügen. Die Werte generieren auf diese Weise keinen wahrgenommenen Nutzen. Hingegen sind die wahrgenommenen Kosten im Hinblick auf persönliches Investment, in Form von Zeit, sowie der psychologischen Kosten, aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit, hoch. Neben dem Kanal „Internet“ ist zudem auch die generelle Wahrnehmung der Plattform im Vergleich zu anderen Angeboten zu niedrig, so dass von keiner großen Inanspruchnahme auszugehen ist. Dementsprechend ist die Wahrscheinlichkeit, dass durch diese spezifische Maßnahme ein Übertragungseffekt ausgeübt wurde, sehr gering. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 177 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 5.4 177 Reisemedizinischer Service als praxisbezogenes Indirect Marketing Die Vaximed GmbH ist mit eigenen, wenigen Impfstoffen im reisemedizinischen Umfeld vertreten. Aufgrund eines Arzneimittelrückrufes reduzierte sich die Anzahl der Produkte zeitweise auf zwei, so dass die Position in dem Marktsegment stark litt und dort auch keine führende Position etabliert werden konnte. Der Marketingmix für den reisemedizinischen Bereich umfasst, neben direkten Aktivitäten wie Mailings, Fachanzeigen und Einsatz des Außendienstes, vor allem den folgenden „Reisemedizinischen Service“. Vaximed bestrebt mit dieser IL, neben einer Stärkung der Position im reisemedizinischen Segment, vor allem die Schaffung einer produktübergeordneten Kompetenz als Impfexperte in den Augen der Ärzte und einer nachhaltigen Kundenbindung durch die Bereitstellung von dem - aus Manager-Perspektive - praxisrelevanten Service. Reisemedizin bietet sich als verwandtes und dem Kernportfolio nahestehendes Thema an, da es für nahezu jede Arztpraxis (API) aufgrund des unterschiedlich starken, aber überall anfallenden Beratungsbedarfs von Relevanz ist. Die genannten Ziele sollen durch diese permanent angelegte, über zwölf Jahre andauernde IL zur Etablierung des Themas „Reisemedizin“, welche zur Unterstützung der Ärzte im Praxisalltag dient, erreicht werden. In diesem Zeitraum nimmt die IL einen festen Bestandteil des Marketing-Mix ein, während sich Vaximed von einem sechs Mann zu einem 500 Mitarbeiter starken Unternehmen entwickelt. 5.4.1 Leistungserstellung des praxisbezogenen „Reisemedizinischen Service“ Aus Sicht des Unternehmens stellt diese IL eine wichtige, elementare, vertrauensbildende Maßnahme dar, um das Ziel einer nachhaltigen Kundenbindung zu erreichen. Um eine übergeordnete Kompetenz und damit einen positiven Zugang zu der Zielgruppe zu erlangen, konzentriert sich die IL auf mehrere praxisrelevante Bedürfnisse. Dies geschieht mit dem Anspruch an die Einhaltung eines hohen, neutralen Niveaus der Maßnahme in Übereinstimmung mit der damaligen Unternehmensphilosophie. Mit dieser komplexen IL werden vor allem Bedürfnisse zur Unterstützung im Praxismanagement (PM) angesprochen. In erster Linie geht es darum, Ärzte und Praxispersonal mit qualitativ hochwertigen, wissenschaftlich neutralen Informationen, sowie Material zur reisemedizinischen Beratung in der Praxis fortzubilden und auszustatten. Reisemedizinische Beratung fällt in den Bereich der IGeL-Leistungen.476 Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) beschreibt den Nutzen, den Ärzte aus IGeL ziehen auf seiner Internetseite wie folgt: 476 IGeL = Individuelle Gesundheitsleistung. Bei IGeL handelt es sich um Leistungen, welche gemäß §12 SGB V über die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Patientenversorgung hinaus gehen und somit nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Ärzte können solche Leistungen gesetzlich krankenversicherten Patienten gegen Selbstzahlung anbieten. Reisemedizinische Vorsorge gehört ebenfalls in diese Kategorie. Vgl. Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) 2013, http://www.igel-monitor.de/IGeL_A_Z.php, Stand: 10.01.2013. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 178 178 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing „Ärzte bieten IGeL an, weil sie die Leistungen für sinnvoll halten, weil sie die Wünsche ihrer Patienten nach besonderen Leistungen erfüllen möchten, weil sie ihrer Praxis damit ein besonderes Profil geben wollen und weil sie damit Geld verdienen können.“ 477 Diese praxisbezogene IL kann damit zur Erweiterung des Leistungsportfolios der Arztpraxis dienen und durch zielgerichtete Beratung, mit Hilfe der Leistungsbestandteile, zu einer Optimierung des Kosten- und Zeitmanagements beitragen. Da dies neben organisatorischen, auch medizinische Informationen umfasst, werden auch WM Bedürfnisse angesprochen. Produkt Produktgruppe Sortiment Medikament Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Image • Aufklärungskampagne Impfung (Prämarketing) • Reisemedizin. Beratung Benefizgala WM Bedürfnisse ZM KM • Impfmanagement PM Praxisbezogene Persönlichkeitsbezogene Abbildung 63: Beabsichtigter Beitrag des reisemedizinischen Service zur Bedürfnisbefriedigung Quelle: Eigene Darstellung 5.4.1.1 Gestaltungsfaktoren „Reisemedizinischer Service“ Um diese Bedürfnisse bestmöglich ansprechen zu können, werden neben MethodenKompetenzen für die Vermittlung von IL, auch entsprechende Fachkompetenzen benötigt. Von besonderer Bedeutung ist zudem, laut der befragten Manager, die Fähigkeit, IL unabhängig von den Kernprodukten zu kommunizieren. Die getrennte Kommunikation dieser Leistungen ist für Vaximed wichtig. Diese Kompetenzen zur Vermarktung von IL sind gemäß der Unternehmensphilosophie und der verhältnismäßig großen Anzahl an IL im Marketingmix weitestgehend vorhanden. Das Unternehmen verfügt jedoch auf organisationaler Ebene nicht über ausreichende Fachkompetenz und vor allem Ressourcen, um eine solche IL alleine anbieten zu können. Zur interorganisationalen Ergänzung der Kompetenzen geht das Unternehmen eine Kooperation mit dem reisemedizinischen Spezialisten „ReiseMED“ ein, in dem es dessen Angebot unterstützt. „ReiseMED“ bietet als Dienstleister für reisemedizinische Beratung und Praxismarketing ein umfassendes Portfolio an Leistungen für Fachkreise an. Der Dienstleister unterhält dabei wiederum selber eigene Kooperationen bezüglich „Produktion der Inhalte“ und „Vertrieb“ der Leistungen. Die wissenschaftliche Unterstützung und damit die für die Dienstleistung unablässigen aktuellen Inhalte bezieht ReiseMED exklusiv vom Institut für Reisemedizin (IRM). 477 Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) 2013, http://www.igelmonitor.de/IGeL-Markt_Aerzte.htm, Stand: 10.01.2013. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 179 179 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Dieses Institut verfügt als privatwirtschaftliches Institut über eine ausgezeichnete Reputation in den Fachkreisen. Dies ist auch bedingt durch die hohe fachliche Reputation des Gründers und Geschäftsführers, der in Kreisen der Reisemedizin weithin als Koryphäe gilt. So wird u.a. das umfassende, qualitativ hochwertige reisemedizinische Handbuch des Instituts gemäß der befragten Experten als „Bibel der Reisemedizin“ angesehen. Für den Vertrieb der Leistungen wiederum unterhält ReiseMED exklusive Kooperationen mit Firmen, welche mit eigenen Außendienstmannschaften die für die Reisemedizin relevanten Zielgruppen (Ärzte, Apotheken, Reisebüros) direkt betreuen. Diese stellen somit für ReiseMED die wichtigsten Vertriebskanäle zur Ansprache der Zielgruppe „Reisende“ dar, welche Abbildung 64 veranschaulicht. Zielgruppe Reisebüro (Partner: Reiseversicherungsgesellschaft) Zielgruppe Reisende Zielgruppe Apotheke (Partner: Apothekengroßhandel) Zielgruppe Arzt (Partner: Vaximed) Systemansatz zur Verbesserung und Förderung qualifizierter reisemedizinischer Beratung Abbildung 64: Vertriebskooperationen von ReiseMED Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte ReiseMED, August 2011. Auf der anderen Seite ermöglicht ReiseMED den Unternehmen, wie z. B. Vaximed, sich mit dem umfassenden, hochwertigen Portfolio bei den Zielgruppen exklusiv zu positionieren und zu differenzieren. Die Reisebüros stellen aus der Vaximed Perspektive einen zusätzlichen patientenorientierten Kanal der IL dar, um Aufmerksamkeit für reisemedizinische ärztliche Leistungen, wie Reiseimpfungen, zu erwecken. Die Vernetzung der Ärzte, Apotheken und Reisebüros wiederum nutzt allen Exklusivpartnern, da hiermit die Qualität des Angebotes durch Multiplikatoren gesteigert wird. Durch diese Zusammenarbeit entsteht ein informatives, reisemedizinisches Netzwerk. Die Kooperationsform ermöglicht somit Vorteile für beide Seiten und entspricht einem klassischen „Win-Win“Prinzip. Die Partner im jeweiligen Bereich sind auf den Materialien von ReiseMED mit dem Hinweis „mit freundlicher Unterstützung von“ gekennzeichnet. Durch diese zielgruppenübergreifende Vernetzung ist eine Ansprache der Reisenden an den drei wichtigsten reisemedizinischen Kontaktstellen möglich. Die Konfiguration des kompletten ReiseMED Services in Richtung Arzt, in Zusammenarbeit mit Vaximed, umfasst neun Leistungsbestandteile (siehe Abbildung 65), welche im Rahmen des Jahresabonnements erhältlich sind. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 180 180 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Portfolio an Materialien zur MarketingUnterstützung Exklusiver Konsiliar-Service für reisemed. fortgebildete Ärzte“ Infodienst „Reisemedizin aktuell“ Reisemedizinische Beratungssoftware Handbuch Reisemedizin Listung reisemed. geschulter Ärzte auf reisemed.de Geschlossene exklusive Internetplattform für Abonennten Arbeitshilfen für die Praxis Abbildung 65: Leistungsbestandteile des ReiseMED Servicepaketes Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte ReiseMED, August 2011. Kern des arztorientierten Servicepaketes ist das „Handbuch Reisemedizin“. Dabei handelt es sich um ein halbjährlich erscheinendes Nachschlagewerk für die ärztliche Reiseberatung mit reisemedizinischen Informationen zu allen Ländern der Welt. Die Inhalte werden durch die Experten des IRM zur Verfügung gestellt. Ärzten wird dieses Handbuch auf drei Wegen zugänglich gemacht. Sie können es 1) kostenpflichtig separat erwerben, 2) erhalten es kostenpflichtig im Rahmen des abonnierten Servicepaketes oder 3) erhalten es als „geringfügige“ Vergütung für die Teilnahme an vereinzelten Marktforschungsaktivitäten. Abonnenten erhalten zusätzlich die weiteren Leistungsbestandteile aus Abbildung 65. Zur Sicherstellung der Aktualität der reisemedizinischen Beratung wird der Arzt postalisch mit dem Infodienst alle 14 Tage über aktuelle Meldungen zu Krankheitsausbrüchen, z. B. im Fall von Malaria- oder Gelbfieberausbrüchen in bestimmten Reiseländern, informiert. Online erhält er diese Informationen ebenfalls aktuell und exklusiv über die geschlossene Internetplattform reisemed.de. Des Weiteren umfasst die Plattform Vortragsmanuskripte, Formulare und den aktuellen Stand der Malaria- sowie Impfprophylaxe. Eine Beratungssoftware für die Praxis fasst diese Informationen auf CDROM zur Vorort-Anwendung zusammen. Zudem enthält sie Tools zur erleichterten Erstellung des Impfplans unter Berücksichtigung von Impfstatus, Reiseziel, Reisestil und Reisedauer des Patienten. Online Updates erfolgen parallel zum Handbuchversand zwei Mal jährlich. Zusätzlich stehen diese zum Download bereit. Bei reisemedizinischen Fragen, die sich nicht aus den genannten Medien beantworten lassen, steht dem Arzt der telefonische Konsiliar-Service zur Verfügung mit direktem Kontakt zu reisemedizinisch fortgebildeten Kollegen. Thematisch ist diese IL demnach wesentlich breiter aufgestellt, als nur zum Thema Reiseimpfungen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 181 181 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Zur weiteren Unterstützung beim Praxismanagement stehen Arbeitshilfen für die Beratung, sowie eine umfassende Unterstützung der Arztpraxen für patientenorientiertes Marketing, zur Verfügung. Hierin enthalten sind zahlreiche Instrumente mit denen sich der Arzt als Experte für reisemedizinische Beratung positionieren kann. Tabelle 31 gibt einen Überblick über die abrufbaren Leistungen. • Patienteninformationen zu reisemed. Themen (DIN lang) • ReiseMED Newsletter zu Praxismarketing Themen • Kooperationsmöglichkeit mit Reisebüros • Kooperationsmöglichkeit mit Reisebüros • ReiseMED Magnet-Tafel für Wartezimmer • Erläuterungen zu Leistungen und Kosten reisemed. Beratung • Folienvorträge zum Themasemedizin und Impfung • Einbindung der ReiseMED Länderinformationen für Patienten auf Praxis-Homepage • Versand CD-ROM „Reisen & Gesundheit“ an alle dt. Reisebüros inkl. Listen mit reisemed. fortgebild. Ärzten Tabelle 31: Leistungspaket zur Unterstützung des patientenorientierten Marketing in der Arztpraxis Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte ReiseMED August 2011. Flankierend bietet ReiseMED produktneutrale, reisemedizinische Fortbildungen, durchgeführt durch Experten des IRM, sowie Praxismarketing-Seminare an. Dabei handelt es sich um mehrtägige Seminare mit unabhängigen reisemedizinischen Experten, die Arzt und Praxispersonal intensiv zu Themen rund um die Reisemedizin qualifizieren. Nach Abschluss der Fortbildung erhalten Teilnehmer ein Zertifikat sowie CME-Punkte. Auf Wunsch und Zustimmung des Arztes veröffentlicht ReiseMED über die eigene Homepage, als auch über die CD-ROM „Reisen & Gesundheit“ die Adressen reisemedizinisch fortgebildeter Ärzte. Somit trägt das Service-Paket zusätzlich zur Werbung für die Arztpraxis bei. Die Kommunikation dieses umfangreichen IL-Paketes an die Ärzte erfolgt über drei Kanäle. Der wichtigste Kanal ist dabei der Vaximed Außendienst (1). Vaximed nutzt diese IL in den Arztgesprächen, um über die Jahre eine übergeordnete Kompetenz durch ein professionelles Image im Impfstoffbereich aufzubauen. Indem Ärzten diese hochwertige IL vermittelt wird, dient sie als Türöffner und vertrauensbildende Maßnahme zur nachhaltigen Kundenbindung. Voraussetzung ist jedoch ein umfassendes Verständnis der Mitarbeiter für IM sowie für den Nutzen, welche diese Leistungsbestandteile dem Kunden „Arzt“ liefern können. Weitere eigene Kommunikationskanäle von ReiseMED umfassen Mailings (2) sowie persönliche Gespräche mit potenziellen Kunden auf Kongressen (3). Eine Unterteilung der Kommunikation nach Arzttypen anhand deren Einstellung erfolgt in allen drei Kanälen nicht. Die Zielgruppe, welche mit dieser IL angesprochen wird, umfasst alle 45.000 Impfärzte, also Ärzte, welche im größeren Umfang Impfungen vornehmen. Der Fokus liegt dabei etwas stärker auf Ärzten mit reisemedizinischem 5.2 13.12.13 16:38 Seite 182 182 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Beratungsschwerpunkt. Dabei handelt es sich um ca. 11.000 niedergelassene Ärzte. Aus diesem Grund beläuft sich die Auflage des Handbuchs Reisemedizin auf jährlich 2 x 45.000 Stück. 20.000 Stück werden davon über den Vaximed Kanal distribuiert. Den höchsten Anteil an Abonnenten in Höhe von über 3.000 Praxen generiert der Vaximed Außendienst. Allerdings ist diese Zahl im Verhältnis zur Größe des Außendienstes von 300 Mitarbeitern relativ gering. Gründe hierfür können im fehlenden Verständnis der Wirkung von IM und damit in der fehlenden Kompetenz der jeweiligen Mitarbeiter liegen, welche eine rein produktzentrierte Kommunikation mit dem Arzt vorziehen, anstatt kundenorientiert vorzugehen. Der Erfolg in Bezug auf die Effektivität einer IL, erscheint auch hier wiederum von der individuellen Kompetenz der Außendienst- mitarbeiter als Mittler abzuhängen. Dies ist besonders wichtig bei einer IL, für welche als eine der Hauptaktivitäten über mehrere Jahre Budgets von über 1 Mio. Euro pro Jahr investiert wurden. Ein Grund dafür, dass sich einige Mitarbeiter bei der Vermittlung schwerer tun könnten, ist die Kommerzialisierung der IL. Im Gegensatz zu den anderen vorgestellten IL wird diese nicht kostenlos angeboten, sondern bewusst mit einem Preis belegt. Lediglich im Rahmen der Teilnahme an erwähnten Marktforschungsaktivitäten erfolgt eine „kostenlose“ Abgabe des Handbuchs Reisemedizin. Diese erfolgt jedoch als Gegenleistung für die Teilnahme an einer Marktforschung. Die Preise für Handbuch und Mitgliedschaft betragen: Handbuch Reisemedizin = 36,- Euro zzgl. MwSt. ReiseMED Servicepaket = 120,- Euro zzgl. MwSt.(Mitgliedschaft für ein Jahr) Diese Preise können durch die Unterstützung von Vaximed verhältnismäßig niedrig angeboten werden. „Wir haben das ganz klar ausgewiesen gehabt „mit Unterstützung von „Vaximed““ […], so dass der Arzt also auch wusste, okay ich bekomme hier ein System entsprechend vergünstigt, durch die Unterstützung der Pharmaindustrie.“ Die Inanspruchnahme des Services ist dabei nicht exklusiv Vaximed Kunden vorbehalten oder abhängig vom Umsatz der Praxis mit den Kernprodukten. Somit können auch Kunden, die bisher nicht viel Kontakt mit dem Unternehmen unterhalten, an die Marke herangeführt werden. Die Kommerzialisierung für Vaximed liegt, wie beschrieben, in der Etablierung einer übergeordneten Kompetenz als Impfexperte zur Generierung einer langfristigen Kundenbindung. Aufgrund des umfassenden Leistungspaketes und der bewussten Gestaltung aller Leistungsbestandteile, gemäß der Erfolgsfaktoren des IM, sticht diese IL aus dem Umfeld der untersuchten IL hervor. 5.4.1.2 Akzeptanz des reisemedizinischen Service bei Vaximed ReiseMED wird in einer IM-fördernden Unternehmenskultur durchgeführt und auch Top-Down propagiert. Der implizite Produktbezug zum Thema „Impfungen“ ist gegeben. Ebenso wird die Fokussierung und Frequentierung der IL positiv eingeschätzt. Aufgrund der positiven Unternehmenskultur wird der hohe Innovationsgrad von vorneherein akzeptiert. Bestätigung erfahren die Mitarbeiter auch durch die positiven Rück- 5.2 13.12.13 16:38 Seite 183 183 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing meldungen der Kunden. Einzig in der Kritik steht die wahrgenommene Rentabilität. Da die IL insbesondere im Bereich Reisemedizin positioniert ist und sich nicht durch die alleinige Umsatzentwicklung in diesem Produktsegment rechnet, sehen einige Manager die IL kritisch. Unternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Frequentierung Innovationsgrad Rentabilität Akzeptanz ReiseMED Tabelle 32: Akzeptanz von ReiseMED bei Vaximed Quelle: Eigene Darstellung 5.4.2 Wahrnehmung und Wirkung des reisemedizinischen Service Die Bereitstellung und damit auch Inanspruchnahme dieser umfangreichen IL liegt bereits einige Jahre zurück. Die Suche nach Ärzten als mögliche Interviewpartner, welche die IL nach dieser Zeit noch kennen und genutzt hatten, stellte eine Herausforderung dar. Da sich viele Ärzte nach der Nutzung nicht mehr aktiv mit der damals beanspruchten Leistung beschäftigen, können somit auch Details in Vergessenheit geraten. Hierbei handelt es sich jedoch um ein generelles Problem bei retrospektiver Fallstudienforschung. Bei den drei befragten Ärzten liegt die Inanspruchnahme mehr als sieben Jahre zurück, wodurch das Erinnerungsvermögen reduziert ist. Dennoch ist die Erinnerung an wesentliche Leistungsbestandteile noch vorhanden. Auch viele der zu anderen Leistungen befragten Ärzte nennen den reisemedizinischen Service unaufgefordert als positives Beispiel einer Dienstleistung. Allerdings fällt die Zuordnung der IL zum anbietenden Pharmaunternehmen tatsächlich schwerer. So beschreibt einer der Ärzte die Leistung zwar detailliert (Handbuch, CD-ROM etc.) und erachtet sie für sehr gut, ordnet diese allerdings dem Wettbewerber zu, mit dessen Kernprodukten er insbesondere in der Reisemedizin viel arbeitet. In diesem Einzelfall gelang es offenbar nicht, den Absender Vaximed durch den zuständigen Außendienstmitarbeiter kommunikativ zu transportieren. Dies unterstreicht wiederum die besondere Bedeutung der individuellen Kompetenz und Kommunikation der IL, sowie deren langfristiger Ausrichtung. Je langfristiger und nachhaltiger die IL angelegt ist, um regelmäßige Kontaktpunkte zum Kunden „Arzt“ zu etablieren, desto eher können die als positiv wahrgenommenen Leistungskomponenten und damit Werte der IL anscheinend mit dem Unternehmen attribuiert werden. 5.4.2.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit Informationsquelle dieser IL sind sowohl Vaximed Außendienstmitarbeiter als Erstkontakt und Vermittler, als auch ReiseMED als Erbringer der IL. Die Erkenntnisse aus den Interviews zur Fallstudie „Aufklärungskampagne“ in Bezug auf die positive Glaubwürdigkeit treffen auch in diesem Fall zu. Wohl auch durch diese Konstellation nehmen die Ärzte die IL als unabhängig, ohne verdeckte Hinweise auf den Nutzen der Firma wahr, wie es bei der ersten untersuchten Fallstudie des Unter- 5.2 13.12.13 16:38 Seite 184 184 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing nehmens der Fall war. Aus den geführten Gesprächen geht hervor, dass die wahrgenommene (Produkt-) Unabhängigkeit in diesem Fall stärker als bei der ersten Vaximed Fallstudie ausgeprägt ist. Hervorgehoben wird insbesondere die Sympathie zu den Außendienstmitarbeitern. In diesem Zusammenhang führt einer der Ärzte näher aus, dass fehlende Sympathie, insbesondere durch Fehlverhalten der Pharmareferenten, auch zur Unterbindung von Besuchen führen kann. Die Expertenkompetenz in Bezug auf fachliche Inhalte, als auch auf Organisation der Prozesse ist auch bei dieser IL sehr ausgeprägt. Folgendes Zitat eines befragten Arztes summiert die Haltung der befragten Teilnehmer. „Das war alles wirklich […] professionell und [...] war keine verschwendete Zeit und lief alles sehr gut muss ich sagen.“ Insgesamt ergibt sich beim „Reisemedizinischen Service“ ein etwas besseres Bild, als bei der zuvor beschriebenen „Aufklärungskampagne“ aufgrund der uneingeschränkten Wahrnehmung der Unabhängigkeit der IL, insbesondere von ReiseMED. Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Expertenkompetenz Reputation Sympathiegrad Reisemedizinischer Service Tabelle 33: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der InformationsquelleQuelle: Eigene Darstellung 5.4.2.2 Wahrnehmung der Qualität des reisemedizinischen Service In Zusammenhang mit der Marke „ReiseMED“ erinnern sich Ärzte auch an etwaige Leistungsbestandteile. Allerdings haben sie in den meisten Fällen keine exakte Kenntnis des Unternehmens mehr, welches ihnen diese Leistung vermittelt hatte. Vergleichbar mit den Nennungen zu Werten der Fallstudie „Aufklärungskampagne“, liegt der Schwerpunkt sowohl auf funktionalen Werten als auch auf Faktoren mit Einfluss auf die wahrgenommenen Kosten. Des Weiteren lassen sich jedoch auch Werte zu beiden anderen Werte-Arten extrahieren. Die funktionalen Werte umfassen die Vermittlung von wissenschaftlich hochwertigem reisemedizinischem Wissen durch die Fortbildungen, sowie die Bereitstellung aktueller Informationen zu allen Reiseländern der Welt über die Kanäle „Reisehandbuch“, „Online“ und „Newsletter“. Der Online-Kanal spielt tendenziell eher bei jüngeren Ärzten eine Rolle. Diese Werte tragen in erster Linie zur Befriedigung der Bedürfnisse bezüglich WM bei, indem Wissenslücken geschlossen werden. „Das lernt man ja nicht im Studium, also reisemedizinische Beratungen usw.“ Weiterhin wird die Vermittlung von Praxiswissen zu Abrechnungsmöglichkeiten der IGeL im Rahmen des Portfolios ausdrücklich positiv erwähnt. Durch IGeL erweitert sich das Leistungsprofil der Praxis, wodurch sich der Arzt als lokaler Spezialist im Gebiet „Reisemedizin“ etablieren und somit differenzieren kann. Für einen der befragten Ärzte 5.2 13.12.13 16:38 Seite 185 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 185 stellen die reisemedizinischen Patientenbroschüren eine weitere nennenswerte Unterstützung bei der Patientenberatung dar. Diese Werte-Arten zahlen somit auf den Bereich PM ein und helfen sowohl das Leistungsportfolio zu erweitern, als auch die Prozesse im Praxisalltag zu optimieren. In den Bereich der Werte durch Erlebniswelten fallen die als qualitativ hochwertig und glaubwürdig wahrgenommenen Referenten. Diese scheinen trotz des vergangenen Zeitraums einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen zu haben, insbesondere durch deren Vortragsstil sowie durch die vermittelten Inhalte in Kombination mit deren hohen Bekanntheitsgrad und Reputation. Ein Arzt, welcher im Rahmen des Interviews zur „Aufklärungskampagne“ auch auf den „Reisemedizinischen Service“ als vorbildliche Leistung zu sprechen kommt, hebt die Möglichkeit hervor, zeitnah direkt während des Patientengesprächs in der Praxis online auf reisemedizinische Informationen zuzugreifen. Wie bereits betont, ist die Online-Nutzung jedoch nicht bei allen befragten Ärzten erkennbar und wird im Zusammenhang mit dieser IL auch nur von diesem einen Arzt explizit erwähnt. Aus den Gesprächen ergibt sich hierbei auch die Herausforderung, die erbrachten Werte verständlich zu transportieren. Die meisten befragten Ärzte sehen in der Internetlösung als Bestandteil des kostenpflichtigen Leistungspaketes keinen Mehrwert für sich. Sie vergleichen die IL mit kostenlosen, frei zugänglichen Patientenplattformen. An dieser Stelle wird deutlich, dass es zumindest bei diesen befragten Ärzten nicht gelungen zu sein scheint, den Mehrwert der geschlossenen, fachlichen, reisemedizinischen Online-Plattform zu kommunizieren. „[…] vielleicht war es mir zu umständlich oder irgendwas hat mich davon abgehalten. D. h. wenn ich rein gehe, dann gebe ich unter Google „Reisemedizinische Impfungen Peru” und was weiß ich immer und dann kommen ja automatisch immer […]“ Symbolische Werte, die Wertschätzung in den Augen der Ärzte vermitteln, werden durch die hohe Reputation des Handbuchs, sowie durch die Sicherstellung der Integrität des Arztes aufgrund durchgängiger Produktneutralität und -unabhängigkeit transportiert. Insbesondere das positive Image, welches man als Arzt durch die Weiterqualifikation als reisemedizinischer Experte erhält, ist in den Augen der Befragten ein wichtiger Aspekt. Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Die eigenen Erfahrungen mit den vermittelten Inhalten als auch mit den Absendern haben zumindest keinen einschätzbaren negativen Einfluss auf die Inanspruchnahme, ähnlich der zuvor vorgestellten IL. Da die IL sowohl langfristig in Anspruch genommen und auch ausdrücklich gelobt wird, ist von einer positiven Erfahrung auszugehen. Eine negative eigene Erfahrung mit IL dieses Anbieters hätte sonst Störfaktoren verursacht. „Die eigenen Erfahrungen spielen natürlich immer eine Rolle, klar. Und je älter man wird, je länger man [...] auch Arzt ist, desto mehr spielt das wahrscheinlich auch eine Rolle. Weil ganz am Anfang nach dem Studium ist das noch unwichtig. Aber je mehr man an eigenen Erfahrungen hat, dann ist man auch vorsichtiger und auch eher skeptischer.“ 5.2 13.12.13 16:38 Seite 186 186 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 5.4.2.3 Wahrgenommener Kundenvorteil Anhand der dargestellten wahrgenommenen Eigenschaften der IL, ist auch der KV positiv einzustufen. Dabei spielt es anscheinend eine besondere Rolle, dass die IL durch ein unabhängiges Unternehmen erbracht wird, wie die Äußerungen des Marketingexperten betonen. „Da waren immer wieder Ärzte, die [...] „Vaximed“ gelobt haben, dass sie [...] das unterstützen, auch uns, dass wir [...] vernünftig neutral sind.“ Diese Tatsache beeinflusst, wie dargestellt, nachhaltig die Glaubwürdigkeit der IL. Gerade in Bezug auf die Wissenschaftlichkeit kreiert ReiseMED einen Mehrwert gegenüber den Wettbewerbern und profitiert von deren, als schlechter wahrgenommenen Qualität. ReiseMED profitiert hierbei von fehlenden Updates und Wissenschaftlichkeit, welche zum Teil bei Wettbewerbsangeboten in Frage gestellt werden. „Negativ wäre es aufgenommen worden, wenn man dort [...] seine eigenen Produkte nur noch in den Vordergrund gestellt hat. [...] So etwas kommt bei den Ärzten sehr, sehr negativ an.“ Wahrgenommener Nutzen Zwar sind die erinnerten Werte der IL nicht sehr umfangreich, jedoch decken sie insbesondere praxis- und persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse mit Konzentration auf PM und WM ab. Da die Thematik „Reisemedizin“ zudem, gemäß eigener Aussagen der Ärzte, sehr häufig in der Praxis vorkommt, ist dieser Bereich für sie auch persönlich relevant. „Ja, das ist sozusagen die Erfahrung mit der ReiseMED-CD. Es hat funktioniert, hat nicht zu viel Zeit gekostet, wurde angenommen. Es war ein Pluspunkt für die Praxis.“ Der Arzt wird durch diese IL weiterqualifiziert und sowohl aus Sicht der Patienten, als auch in den eigenen Augen, ein besserer Experte im Bereich Reisemedizin (WM). Zugleich ermöglicht ihm diese IL, sich in der Region zu positionieren und anhand der IGeL zusätzlichen Umsatz zu generieren (PM). Diese Kombination aus reisemedizinischen Know-How und deren Abrechnung überzeugt die befragten Ärzte. „Damals hatte ich mir einfach das versprochen, dass ich weiß, wie ich das abrechnen kann. Das ist ja auch wichtig. Und dann zum Anderen der einfache Effekt über diese Tatsachen als solches zu hören. Da kriegt man ja auch so Landkarten.“ Diesen Aspekt greift ReiseMED auch in der Kommunikation der IL auf und kommuniziert über die Werbematerialien deutlich eine Kosten-Nutzen-Analyse im Fall der Inanspruchnahme des kompletten Paketes in Kombination mit reisemedizinischen Fortbildungen. Hierbei werden auch Hinweise zu Abrechnungsmodalitäten beispielhaft an 60 und 120 Beratungen pro Jahr gegeben, um den ökonomischen Nutzen für die Praxis zu unterstreichen. 5.2 13.12.13 16:38 Seite 187 187 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing ReiseMED Kosten-Nutzen-Analyse Kosten ReiseMED Service Service und Qualifizierung Nutzen 60 Beratungen pro Jahr 120 Beratungen pro Jahr Gebühr 139,20 € 139,20 € Beratungsgebühr 1.200,00 € 2.400,00 € 430,00 € GOÄ Ziffer 3 (2,3fach) EUR 20,- 900,00 € 1.800,00 € 1.500,00 € 3.000,00 € 3.600,00 € 7.200,00 € Fortbildung* 2 Impfungen pro Reisender GOÄ Ziffer 375 (1,2fach) Nebenleistungen Bescheinigungen, Vorsorge-Untersuch. EKG u.a.m., Kassenleistungen Kosten** einmalig pro Jahr 139,20 € 569,20 € Einnahmen pro Jahr * Teilnahmegebühr IRM Fachseminar Reise- und Tropenmedizin ** alle Kosten sind als Betriebsabgabe steuerlich absetzbar Abbildung 66: Monetäre ReiseMED Kosten-Nutzen-Analyse Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Werbematerial ReiseMED. Neben der fachlichen Sicherheit bei der reisemedizinischen Beratung, trägt die IL somit auch indirekt durch die Weiterqualifikation zur ökonomischen Entwicklung der Praxis bei. Wahrgenommene Kosten Die befragten Ärzte können sich aufgrund des Zeitabstandes nicht an ökonomische Kosten erinnern bzw. sind sich derer nicht mehr bewusst. Im Verhältnis zum erbrachten Nutzen scheinen diese als akzeptabel wahrgenommen worden zu sein. Wären die Kosten als zu hoch wahrgenommen worden, wären Hinweise der Ärzte zu vermuten gewesen, adäquat zu den Interviews der explorativen Phase. Insbesondere im Hinblick auf die Darstellung unter Abbildung 66 wird deutlich, dass die Preisakzeptanz auch eng mit der erfolgreichen Nutzenkommunikation verknüpft ist. Die IL reduziert vielmehr die persönlichen Investments des Arztes in Bezug auf Zeit und Kosten, die für Recherchen zur Patientenberatung aufgebracht werden müssten. Die IL vermittelt durch deren wissenschaftliche, neutrale und umfassende Ausrichtung auch eine Sicherheit bei der Durchführung reisemedizinischer Beratungen in der eigenen Praxis. Somit trägt sie dazu bei, psychologische Kosten durch Vermeidung von Konfliktsituationen und Stressaufgrund falscher Beratung zu reduzieren. Zu deren Senkung trägt des Weiteren die Neutralität und hohe Glaubwürdigkeit der Referenten durch deren Unabhängigkeit bei, da so vermieden wird, sich in der Therapiehoheit eingeschränkt zu fühlen. Somit wird auch das damit verbundene finanzielle Risiko reduziert. 5.4.2.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung Aus der Vaximed Perspektive stellt die IL eine vertrauensbildende Maßnahme dar, um einen einfacheren Zugang, eine stärkere Kundenbindung und ein positives Image zu generieren. Im Fokus steht demnach eher die Kundenloyalität als die Zahlungsbereitschaft. Wie zuvor beschrieben, ist die interne Akzeptanz für IL aufgrund der 5.2 13.12.13 16:38 Seite 188 188 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Unternehmenskultur und dem Vertrauen in die Wirksamkeit von IM gegeben, so dass dieser Service über Jahre hinweg angeboten wurde. Für den Erfolg der IL sprechen folgende Kennzahlen. Innerhalb weniger Jahre stieg die Anzahl der Abonnenten und damit „Mitglieder“ von ReiseMED von 700 auf 4.300 an. Durch die breiten Kommunikationskanäle konnten nahezu 100% aller Reisemediziner in Deutschland angesprochen werden und kamen somit mit dieser IL in Kontakt. Parallel dazu nahmen über 5.000 Ärzte an den vermittelten reisemedizinischen Fortbildungen teil. Diese Zahlen ergeben, in Kombination mit den Aussagen aus den qualitativen Interviews, ein insgesamt positives Bild der IL. Lediglich die Internetangebote unterliegen den beschriebenen Einschränkungen in Bezug auf Nutzung in den Praxen. „Ich habe in meiner Praxis auch kein Internet, vielleicht würde ich es dann auch mehr nutzen.“ Zumindest in der Zeit als die IL angeboten wurde, aber auch noch darüber hinaus, hat das Unternehmen sein Ziel der Steigerung der Kundenloyalität erreicht. Dass die IL dazu beiträgt, einen besseren Zugang zu den Ärzten zu bekommen, wird durch folgende ungestützte Äußerung der Ärzte deutlich. „Das hat natürlich die Auswirkungen, [...] dass ich die [...] empfange und vielleicht mehr Zeit nehme.“ Jedoch verblassen die Erinnerung und damit auch die Nutzung der Leistungsbestandteile mit der Zeit. Der „Reisemedizinische Service“ wird seit einigen Jahren nicht mehr über Vaximed besprochen und angeboten. Kontinuität durch eine langfristige Ausrichtung der IL ist also von Bedeutung. Auch wenn keine Hinweise auf wahrgenommene ökonomische Kosten aus den Daten hervorgehen, ist aufgrund des hohen Nutzens sowie den ergänzenden Äußerungen von einer positiven Zahlungsbereitschaft auszugehen. So untermauern die folgenden Äußerungen die theoretisch-konzeptionell hergeleitete Wirkweise. „Und so wie ich heute für manche Fortbildung was zahlen muss, würde ich auch für einen guten Service zahlen“ Wichtig ist den befragten Ärzten, dass „Nutzen und Kosten in einer gesunden Relation“ stehen sollten. Dabei sind für sie laut eigener Aussage Themengebiete wesentlich wertvoller, die bisher unbekannte Informationen liefern. Erhalten sie hier Hilfestellung, sind sie auch eher bereit mehr zu zahlen, als bei Themengebieten, welche sie nach eigener Wahrnehmung selber erschließen können. Die Äußerungen bestätigen im Umkehrschluss auch das schlechtere Abschneiden der Respipharm Internetplattform, da diese wenig neue Informationen bereitstellt. Übertragungseffekt auf Kernleistung Das Reiseimpfstoffsegment war und ist, wie beschrieben, relativ klein. Die befragten beteiligten Manager gehen daher bei dieser IL von einem Übertragungseffekt auf das 5.2 13.12.13 16:39 Seite 189 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 189 gesamte Impfstoff-Sortiment aus und weniger ausschließlich auf die Reiseimpfstoffe. Wie unter Kapitel 5.2.3.4 dargestellt, verfügt Vaximed über eine herausragende Reputation in Bezug auf die Kernleistung und erfüllt die Anforderungen an das Wirkungsfeld „Direktes Marketing“. Der „Reisemedizinische Service“ zahlt ebenfalls auf die Faktoren des Wirkungsfeld „Indirect Marketing“ ein. Die befragten Ärzte können die IL trotz der dazwischen liegenden Jahre gut replizieren und ordnen es zumindest zum Teil dem Unternehmen zu. Es ist davon auszugehen, dass das wahrgenommene Engagement des Unternehmens in der Zeit der Leistungserbringung stärker ausfiel. Aufgrund der IL führten zumindest einige der befragten Ärzte im Anschluss Reiseberatungen durch, so dass auch ein Bedarf an Impfstoffen generiert wurde. „Gut z. B. diese reisemedizinische Fortbildung, da habe ich am nächsten Tag in der Praxis schon mit losgelegt. Das hat mich einfach [...] ermutigt so was anzubieten, weil ich [...] angefangen habe, mich dafür zu interessieren und da haben die mir noch so einen Impuls gegeben [...] dass ich jetzt auch eine schwerpunktmäßige Beratung Reisemedizin anbieten kann.“ Allerdings bestätigt sich hier zumindest zum Teil die Befürchtung einiger Manager durch Nennung von Wettbewerbsprodukten, dass zumindest teilweise auch Wettbewerber, insbesondere der Marktführer, von der IL profitierten. In einigen Fällen scheint es demnach nicht gelungen zu sein, Brand Salience bei den Ärzten zu generieren, so dass im Entscheidungsmoment die Wahl auf Impfstoffe mit gleicher Qualität von Vaximed fällt. Ob die IL eine aktive Patientennachfrage ausgelöst hat, ist anhand der geführten Interviews aufgrund der zurückliegenden Zeit nicht ermittelbar. Jedoch ist aufgrund der breiten Distribution über die Kanäle Arzt, Apotheke und Reisebüro und der ReiseMEDDaten davon auszugehen, dass das Ziel, das Thema „Reisemedizin“ in der Bevölkerung weiter zu etablieren, erreicht und auf diese Weise auch direkte oder indirekte Nachfrage bei Ärzten geschaffen wurde. 5.4.3 Zusammenfassung ReiseMED zeigt als eine der Hauptleistungen des IL-Portfolios der Vaximed weitere Potenziale des IM auf. Die geschaffene, übergeordnete Kompetenz und Unterstützung im Praxisalltag führt zur Stärkung der Kundenbindung und durch die Relevanz der Thematik auch zu mehr wertvoller Gesprächszeit beim Arzt. Die IL bietet dem Pharmareferenten somit die Möglichkeit, die Kundenbeziehung zu intensivieren. Diese permanente, praxisbezogene IL verdeutlicht jedoch auch, dass ein situativer Einsatz keine großen Erfolgschancen hätte, da sich durch geringere Kontaktraten keine Verlinkung zum Erbringer der IL schaffen lässt. Somit besteht das Risiko, dass die Leistung nicht Vaximed, sondern dem Marktführer im Bereich reisemedizinische Impfstoffe zugeordnet wird. Situative IL scheinen damit ihre Existenzberechtigung hauptsächlich im thematischen Umfeld von Launch-Aktivitäten als indikationsspezifische Leistungen zu haben. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 190 190 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing ReiseMED stellt ein umfassendes und komplexes eigenes Leistungssystem dar und belegt somit gleichzeitig, dass die Schaffung eines selbstständigen Leistungssystems aus einer IL möglich ist. Ebenso stellt die IL hohe Anforderungen an die Fähigkeiten der Mitarbeiter von Vaximed, welche dieses Paket als IL beim Arzt platzieren müssen. Sie müssen nicht nur die Leistungsbestandteile verstehen und bedürfnisgerecht kommunizieren, sondern auch die kundenorientierte, (produkt-) neutrale Kommunikation und Wirkung verstehen. Die Herausforderung für das Management liegt darin, dem produktorientierten Pharmaaußendienst das umfassende Verständnis für Leistungen dieser Art zu vermitteln und sie dafür zu motivieren. Auch wenn die IL an sich erfolgreich war, ist an den Abonnenten-Zahlen erkennbar, dass nicht alle Pharmareferenten ReiseMED genutzt haben. Dabei reduziert die Kommerzialisierung der IL auch die Akzeptanz mancher Mitarbeiter, da aus deren Perspektive der wahrgenommene Aufwand der Vermittlung steigt. Dies wiederum ist häufig auf das fehlende Nutzenverständnis zurückzuführen. ReiseMED ist eine erfolgreich, selbstständig vermarktete IL. Zwar sind die Preise durch Sponsoren für Ärzte reduziert, dennoch müssen diese einen Betrag investieren. Dieser scheint jedoch angemessen und nicht zu exorbitant, da befragte Ärzte sich nicht bewusst an die Höhe bzw. negative Einflüsse erinnern können. Aus rechtlichen Gründen wäre es nicht möglich, diese IL nach 2004 weiterhin kostenlos anzubieten. Somit stellt sich auch nicht die Frage, ob die Wirkung bei einer kostenlosen IL höher wäre. Die Akzeptanz für diese IL ist im Unternehmen hoch. Die negative Einschätzung der Rentabilität ist dabei wiederum auf das fehlende Verständnis zurückzuführen, dass diese praxisbezogene IL nicht alleine als Maßnahme für den Bereich Reiseimpfstoffe zu sehen ist, sondern vielmehr als eine unternehmensübergreifende, vertrauensbildende Maßnahme. Dies spiegelt sich auch in der positiven Wahrnehmung auf Arztseite wieder. Die neutrale, unabhängige Präsentation, unter Einbindung anerkannter Experten, trägt wiederum zur Steigerung des wahrgenommenen Nutzens bei. Wie dargestellt, zahlt die praxisbezogene IL auf das wahrgenommene Engagement ein und weist somit auch anhand der getätigten Äußerungen auf eine Wirkweise gemäß der sozialen Austauschtheorie hin. Auch bei diesem Fall wird die Bedeutung der Kontinuität für die Schaffung von Brand Salience und damit die Verknüpfung der Leistung mit dem Unternehmen deutlich. Binden die Mitarbeiter die IL aufgrund des fehlenden Verständnisses für die Wirkweise nicht kontinuierlich in Gespräche ein, können Leistungen, welche weiter von der Kernleistung entfernt sind, schwerer zielgerichtet Brand Salience erzeugen. 5.5 Notfalltraining als praxisbezogenes Indirect Marketing Bei der IL „Notfalltraining“ für Arztpraxen handelt es sich um eine praxisbezogene IL, die von der Respipharm GmbH bis 2006 aktiv unternehmensweit eingesetzt wurde. Im Zusammenhang mit der reduzierten Akzeptanz für den Einsatz von IL im Unternehmen findet seitdem kein zentral organisierter flächendeckender Einsatz der IL mehr statt.478 Die Trainings werden vielmehr von vereinzelten Pharmareferenten im Außendienst 478 Vgl. Kapitel 5.3.2.2, S. 170f. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 191 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 191 eingesetzt, die von deren Wirkweise und Erfolg überzeugt sind und separat als Rettungssanitäter ausgebildet sind. Im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Fällen kommt der Impuls zum Einsatz der IL damit von Vertriebs- und nicht von Marketingseite. Im Zuge dessen bietet sich diese IL für das Forschungsprojekt an, um Erfolgsfaktoren, insbesondere im Hinblick auf die vorhandenen Kompetenzen des Außendienstes, zu untersuchen. Die Fallstudie beschäftigt sich daher mit dem Einsatz der IL in einem bestimmten Außendienstgebiet, in dem sie laut Aussage der Vertriebsleitung mit großem Erfolg zum Einsatz kommt. 5.5.1 Leistungserstellung des praxisbezogenen „Notfalltrainings“ Das Notfalltraining für Praxispersonal konzentriert sich auf die Vermittlung von Abläufen und Maßnahmen im akuten medizinischen Notfall in der Arztpraxis, der z. B. auch im Zusammenhang mit pneumologischen Erkrankungen auftreten kann. Hauptziel ist, wie bei ReiseMED, die Stärkung der Kundenbindung. In vielen Fällen stellt die IL aus Sicht des Pharmareferenten die „Eintrittskarte in die Praxis“ dar. „Es ist einfach diese Eintrittskarte in die Praxis. Das stellt mich als kompetenten Partner vor in der Praxis, auch wenn ich in dem Moment nicht über Orthopädie oder Pneumologie spreche, nicht mein Produkt anpreise oder darüber diskutiere. In dem Moment nimmt mich der Arzt als kompetenten, medizinischen Partner war, weil es ihnen einen Mehrwert bietet, den sie so nicht gehabt hätten und da ist einfach die Akzeptanz viel größer.“ Dieser Mehrwert bzw. KV rührt von der Ansprache konkreter ärztlicher Bedürfnisse mit Fokus auf „Praxismanagement“. Dabei handelt es sich hauptsächlich um zwei Bedürfnisse, welche sich auch aus den geführten Gesprächen ergeben. 1) Sicherheit im Notfall: Notfälle in der Praxis kommen laut befragten Ärzten 1-2mal im Jahr vor. In diesen Fällen wollen Ärzte und Praxispersonal vorbereitet sein. Da aufgrund der seltenen Inzidenz vieles in Vergessenheit gerät, sind Notfalltrainings willkommen. Diese zahlen auf praxisbezogene, aber auch direkt auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse ein, da sie dem Arzt auch im Notfall ermöglichen, sich als „medizinischer Experte“ und damit „guter Arzt“ zu profilieren. 2) Nachweis für ISO Zertifizierung: Streben Arztpraxen eine Zertifizierung ihres Qualitätsmanagements, z. B. nach DIN EN 15224:2012 an, ist der Nachweis eines Notfalltrainings notwendig Das im Rahmen des Trainings vermittelte Wissen dient somit nicht zum Einsatz bei der Therapie und der Patientenberatung. Vielmehr geht es um Wissen, welches zur Optimierung der Praxisprozesse eingesetzt wird. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 192 192 Produkt 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Produktgruppe Sortiment Dienstleistung / Indirect Marketing Medikament Indikation Praxisleistung • Internetinformationsplattform • Notfalltraining WM Bedürfnisse ZM KM Image PM Praxisbezogene Persönlichkeitsbezogene Abbildung 67: Beabsichtigter Beitrag des Notfalltrainings zur Bedürfnisbefriedigung Quelle: Eigene Darstellung 5.5.1.1 Gestaltungsfaktoren „Notfalltraining“ Der Pharmareferent setzt die IL langfristig als kontinuierliche Maßnahme bei der Kundenbetreuung ein und auch als Entree bei der Neukundenakquise. „Das dauert immer ein halbes Jahr, Jahr, bis die Ärzte mich akzeptieren und dass sie mir vertrauen können. Jedes Mal diese Aufbauarbeit.“ Abbildung 68 zeigt die Konfiguration dieses Prozesses, in Form einer kontinuierlichen Betreuung durch diese IL mit insgesamt sechs Kontaktpunkten. I. Vorbesprechung Erstgespräch V. Reminder + Angebot IV. Abschluss II. Durchführung vor Ort III. Nachbesprechung Abbildung 68: Kontinuierlicher Kundenbetreuungsprozess anhand der IL „Notfalltraining“ Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte Notfalltraining November 2011. Erstgespräch: Die IL wird im Rahmen von Kundengesprächen als zusätzlicher Service angeboten. Dabei wird Wert darauf gelegt, keinen Druck aufzubauen, sondern dem Arzt die freie Wahl unter situativer Einbindung von kollegialen Referenzen zu lassen. Diese haben gemäß den zuvor dargestellten Erkenntnissen eine hohe Bedeutung im Netzwerk der Ärzte. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 193 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 193 „Kein Problem, es ist nur ein Angebot. Viele Ärzte nehmen es gerne an, sind begeistert. Ich kann Ihnen gerne mal eine Referenz geben. […] Die haben das schon mal mitgemacht. Ich glaube die waren ganz zufrieden, aber reden Sie mal mit denen. Sie müssen nicht, es ist nur ein Angebot. Einfach ein Service, den ich Ihrer Praxis bieten würde.“. Hierdurch wird Druck aus der Situation genommen, um Reaktanz zu vermeiden. I. Vorbesprechung: Im Rahmen einer Vorbesprechung bespricht der Pharmareferent, der als Trainer auch gleichzeitig Erbringer der IL ist, die Trainingsinhalte und Abläufe mit dem Arzt. Als Praxisinhaber wird er von Anfang an aktiv in die inhaltliche Planung eingebunden. Dabei geht es z. B. um die Festlegung von Codes, die in der Praxis im Notfall verwendet werden sollen, um andere Patienten nicht zu beunruhigen und dennoch die Notfallprozesse auszulösen. Bereits an dieser Stelle wird proaktiv auf Befürchtungen des Arztes bzgl. eines möglichen Gesichtsverlustes vor den eigenen Mitarbeitern eingegangen. Somit wird bereits an dieser Stelle zur Senkung der psychologischen Kosten beigetragen und dem Arzt Wertschätzung als medizinischen Experten entgegengebracht. „Herr Doktor, Sie können das Notfalltraining bestimmt genauso gut machen, […] ich komme auch gerne dazu und unterstütze Sie. Wenn Sie wollen kann ich es aber auch von mir aus machen, denn oftmals ist es ja so, es wird von jemand Fremden besser angenommen als vom eigenen Chef. […] Sie dürfen natürlich jederzeit eingreifen und Ihre Erfahrung mit einbringen.“ II. Durchführung vor Ort: Das Training zu Notfallmaßnahmen in der Praxis findet in den Räumen der jeweiligen Praxis statt, möglichst unter Einbeziehung des kompletten Praxispersonals inkl. des Arztes. Wie schon beim Erstgespräch wird die Produktunabhängigkeit des Services als eigenständige Leistung ausdrücklich betont. Dies ist insbesondere von Bedeutung, da der Erbringer der IL auch gleichzeitig Pharmareferent für die Respipharm Arzneimittel ist. „Herzlich Willkommen zum Notfalltraining in der eigenen Praxis. Mein Name XXX für die die es nicht wissen, […]. Ich komme regelmäßig hier in die Praxis mit dem und dem Medikament für schwere Atemwegserkrankung. Sie haben es bestimmt schon gehört und wenn nicht, dann werden Sie es bestimmt demnächst mal hören, aber heute beschränke ich mich komplett nur auf das Notfalltraining.“ Gleichzeitig wird somit jedoch auch die Grundlage für eine Verknüpfung der IL mit dem Unternehmen und dem Pharmareferenten gelegt. Besonderen Wert wird auf die aktive Integration aller Teilnehmer bei den Übungen inkl. des Arztes gelegt, um aus der Inhaltsvermittlung auch eine teambildende Maßnahme zu kreieren. Ebenso achtet der Trainer wiederum auf die Gesichtswahrung aller Teilnehmer, insbesondere des Arztes als Vorgesetzten und „vermeintlichen“ Experten. Die letztendlichen Entscheidungen zur beschlossenen Vorgehensweise in Notfällen trifft der Arzt. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 194 194 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing III. Nachbesprechung: Die Nachbesprechung findet mit allen Teilnehmern direkt im Anschluss an das Training statt. In Absprache mit dem Arzt findet diese im Rahmen eines Arbeitsessens in der Praxis oder einem „nahegelegenen Restaurant“ in „gemütlicher Atomsphäre“ statt. Die Bewirtungskosten übernimmt in der Regel der Trainer im Rahmen der vorgegebenen Richtlinien. Dieser Rahmen ermöglicht weitere themenbezogene Rückfragen und detailliertere Gespräche. IV. Abschluss: Als Rettungssanitäter ist der Pharmareferent befugt, Notfalltrainings durchzuführen und dafür Teilnahmezertifikate auszustellen. Diese benötigt die Praxis für ihr QM-System. Des Weiteren wird ein Bilderrahmen mit Fotos des Trainings zusammengestellt und überreicht, auf dem alle Teilnehmer abgebildet sind unter der Überschrift „Notfalltraining 2011 - bei uns sind Sie in sicheren Händen“. Dieser Leistungsbestandteil dient als Kundenbindungstool, da es üblicherweise in der Praxis aufgehängt wird und somit durchweg präsent ist. „Die Bilder, die Erinnerung ist nochmals da und dann sage ich „Mensch, hängt das doch irgendwo hier auf, entweder im Badezimmer oder hier vorne an der Anmeldung“ und man sieht es jeden Tag. Also da ist dann immer die Erinnerung da „Mensch, das war ganz nett mit dem Pharmareferent, das hat Spaß gemacht.““ V. Reminder/Angebot: Gemäß der langfristigen Ausrichtung der IL erfolgt nach einigen Monaten ein weiterer Kontakt, bei dem an ein weiteres Notfalltraining erinnert wird. für den Kunden „Arzt“ bietet sich die Möglichkeit, die Trainingsinhalte situativ an seine Bedürfnisse anzupassen. „Wollen Sie ein erweitertes Training haben, wo wir spezielle Notfälle behandeln? Natürlich noch mal Reanimation, Erste Hilfe kurz zusammengefasst oder wie wollten Sie es gerne?“ Dieser Prozess ermöglicht innerhalb eines halben Jahres mehrere relevante Kontaktpunkte mit der Praxis zu einem produktunabhängigen Thema, welches jedoch aus Sicht des Experten seine übergeordnete Kompetenz und damit das gegenseitige Vertrauen stärkt. Dabei trägt der Bilderrahmen in der Praxis dazu bei, die positive Grundhaltung zum Erbringer der IL zu festigen und möglicherweise die „Brand Salience“ zu stärken. Die Kommunikation der IL läuft ausschließlich über den Pharmareferenten. Daher fungiert dieser sowohl als exklusiver Kommunikationskanal, als auch als Informationsquelle in Form des Leistungserbringers. Die Zielsetzung der IL umfasst ebenfalls die Vertrauensbildung und damit verbesserte Kundenbeziehung, welche wiederum zu einer nachhaltigen Kundenbindung führt. Die Konzentration liegt auf potenzialstarken Ärzten. Dies liegt vor allem an den begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen, die es nicht erlauben die IL jedem Arzt anzubieten. Inhaltlich legt der befragte Manager großen Wert auf Produktunabhängigkeit 5.2 13.12.13 16:39 Seite 195 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 195 der IL und betont nachdrücklich die Beibehaltung der Therapiehoheit und damit Wahlfreiheit des Arztes. „Wir machen ein Training […] und der Arzt entscheidet, welches Medikament in welcher Notfallsituation aufgezogen wird, auf Spritze oder gegeben wird aus dem Notfallkoffer.“ Dies trägt auch aus seiner Perspektive zur Steigerung der Glaubwürdigkeit bei, als Basis für eine gute Kundenbeziehung. Die Unternehmensmarke wird lediglich zu Beginn genannt mit Hinweis auf „Respipharm sponsert“. Hierin liegt für das Unternehmen wiederum das Risiko, dass die IL eher mit dem Pharmareferenten, als mit dem Unternehmen verbunden wird und damit stärker auf die Außendienst-Arzt-Beziehung, als auf die Unternehmen-Arzt-Beziehung einzahlt. Die kommunikative Einbindung der zuvor beschriebenen kollegialen Referenzen dient dazu, Sicherheit zu vermitteln und dabei die Glaubwürdigkeit zu stützen. Die Kommerzialisierung der IL bezieht sich hier ebenfalls nicht auf eine direkte Vermarktung. So bietet der ausgebildete Rettungssanitäter die IL kostenlos an. Dennoch erkennt der Sender eine erhöhte Zahlungsbereitschaft durch die Empfänger. „Da haben die Arzthelferinnen dann auch gefragt „Ja und, kriegen Sie dafür jetzt was?“ oder „Kostet das was?“ oder der Arzt fragt auch.“ Der konkrete Wunsch zur Erbringung einer Gegenleistung in Form von Zahlungsbereitschaft scheint aufgrund eines hohen KV durch bedürfnisorientierten Nutzen und die als gering wahrgenommenen Kosten auf Kundenseite zu entstehen. Dies äußert sich in aktiven Zahlungsvorschlägen oder Übernahme der Kosten des Essens für alle Teilnehmer im Rahmen der Nachbesprechung, welche sonst der Sender tragen würde. Dieser beschriebene Ablauf bestätigt wiederum die Wirkweise der sozialen Austauschtheorie, um ein ausgeglichenes Verhältnis innerhalb der Geschäftsbeziehung herzustellen. Auch Kundenloyalität im Hinblick auf die spezifische IL ist aus Sendersicht vorhanden. So fragen Arztpraxen, z. B. nach längerer Zeit seit dem letzten Training oder aufgrund von Personalwechseln aktiv an. Dies bezieht sich nicht nur auf Kunden aus dem aktuellen Kundenstamm des Pharmareferenten, sondern auch auf Kunden, welche aufgrund von Außendienstgebietsreformen nicht mehr besucht werden. Anhand dieser IL gelingt es demnach auch über die Dauer der aktiven Kundenbeziehung hinaus, einen Sogeffekt bzw. Kundennachfrage zu generieren. Dies führt auch zu WOM, so dass die IL demnach in Ärztekreisen aktiv weiterempfohlen wird.479 „Es ist wirklich Empfehlungsmarketing. Ich bekomme manchmal Anrufe von irgendwelchen Praxen, die ich noch nie im Leben besucht habe, [...] die einfach anfragen.“ Das Ziel der vertrauensbasierten Kundenbeziehung und somit einem bessere Zugang ist aus Perspektive des Senders eindeutig erreicht. 479 Vgl. Kapitel 2.2.4, S. 63f. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 196 196 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing „Die Auswirkung ist die, man ist gerne gesehen in der Praxis. Man kommt leichter rein, auch ohne Termin. Wenn man noch mal Termine braucht, dann bekommt man die schneller, auch mal auf eigenen Wunsch, nicht weil der Doktor immer nur Mittwoch um 20 Uhr empfängt oder Freitag 20 Uhr, sondern man bekommt dann auch mal Freitagmorgen um 8 Uhr einen Termin, wo sonst kein anderer Pharmareferent einen Termin bekommt.“ Durch die Ausrichtung der IL an den praxisbezogenen Bedürfnissen und damit der Unterstützung der Praxis bei den täglichen Herausforderungen, verfügt der Sender über diese Vorzüge. Sie können demnach auch als Form einer „Gegenleistung“ für die Unterstützung interpretiert werden. Aufgrund der hohen Nachfrage und der Zahlungsbereitschaft verfügt diese IL auch über das Potenzial einer eigenständig vermarktbaren Leistung. „Also zwischenzeitlich hätte ich mich sogar selbständig machen können mit diesen Notfalltrainings. Es kamen ständig Anfragen, die ich natürlich irgendwann mal abschmettern musste und sagen musste „tut mir leid, ich kann es nicht überall machen“.“ Des Weiteren sind Übertragungseffekte auf die Kernleistung gemäß dem Pharmareferenten und der Vertriebsleitung erkennbar. Auch Gebiete mit geringem Potenzial für die Kernprodukte entwickelten sich nach kontinuierlichem Einsatz der IL positiv. So erreichte der befragte Experte selbst in Gebieten mit geringen Erwartungen so große Erfolge, dass er dieses nach 1 bis 1,5 Jahren zum umsatzstärksten Gebiet in Deutschland entwickelte. Dabei ist die Investition für IL „Notfalltraining“ überschaubar. Neben der investierten Zeit in die Ausbildung des jeweiligen Außendienstes, fällt lediglich die aufzubringende Arbeitszeit für die Trainings ins Gewicht. Voraussetzung ist die Fachkompetenz des jeweiligen Trainers zur Durchführung von Notfalltrainings. Bei einem flächendeckenden Einsatz durch das Unternehmen und bei der Wahl eigener Mitarbeiter als Trainer kommt dementsprechend die Investition für die Ausbildung hinzu. Im Verhältnis zu dem zu erwartenden Output, auch im Vergleich zu anderen IL, ist der Kostenblock dennoch sehr gering. Nachteil dieser Leistungsart ist jedoch aufgrund der Erbringung durch den AD, dass die Bindung tendenziell eher zum Pharmareferenten anstatt zum Unternehmen entsteht. Von daher ist an dieser Stelle auch über die Einbindung von Kooperationspartnern nachzudenken, welche als kompetente, unabhängige Institution die Trainings erbringen. In der Konstellation der Fallstudie wird keine Kooperation unterhalten und benötigt, da der Mitarbeiter über die notwendigen Kompetenzen verfügt und die IL nicht als konzertierte zentrale Maßnahme zu verstehen ist. Sowohl Wettbewerber als auch Respipharm in der Vergangenheit (vor 2006) nutzen Kooperationen. Der Vorteil liegt darin, dass professionelle, spezialisierte Anbieter auch die Anforderung der Vergabe von CME-Punkten erfüllen. Der Wettbewerbsdruck ist dementsprechend hoch, insbesondere bei API. „Da sind schon einige, die das einfach anbieten. Entweder auch selbst durch Mitarbeiter, die mal so eine Ausbildung gemacht haben oder dass sie einfach so Firmen engagieren.“ 5.2 13.12.13 16:39 Seite 197 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 197 Im vorliegenden Fall wird der Nachteil der fehlenden CME-Punktevergabe durch die anderen Qualitätsaspekte ausgeglichen, so dass sich die Situation eher wie folgt darstellt. „Also die Ärzte akzeptieren das und sagen „Es ist für meine Praxis, mein Team, für den Ablauf wichtig“. Dann müssen nicht unbedingt die CME Punkte dabei sein.“ Grundlage für diesen Erfolg ist die individuelle Kompetenz des Senders. Dieser verfügt dabei über alle drei Bausteine der Handlungskompetenz.480 Fachkompetenz: Als ausgebildeter Rettungssanitäter ist der Pharmareferent fachlich und inhaltlich qualifiziert, diese Trainings durchzuführen. Methodenkompetenz: Durch Ausbildung und jahrelange Erfahrung hat der Sender die Methodenkompetenz für die Planung, Durchführung und Nachbetreuung von Trainings erworben. Die Beschreibung des strukturierten Prozesses verdeutlicht diese Fähigkeiten. Sozialkompetenz: Die Empathie und das Fingerspitzengefühl ermöglichen es dem Experten, laut eigener Aussage, auf die Teilnehmer gezielt einzugehen. Er bindet alle Teilnehmer optimal in das Training ein. „Das fördert auch den Teamkontakt und das Vertrauen in der Praxis untereinander.“ Dieses Verständnis für die Bedürfnisse der Zielgruppe ist auch Grundvoraussetzung für das Verständnis der IM-Philosophie. Obwohl Vertriebsmitarbeiter tendenziell stärker dazu neigen, produktbezogene Kommunikation vorzuziehen, legt dieser Experte besonderen Wert auf die Faktoren, welche Ärzten wichtig sind. Durch produktunabhängige Kommunikation und Durchführung des Trainings vermittelt er Sicherheit für die Therapiehoheit und Wertschätzung für den Empfänger gleichermaßen. Die von Experten geforderte Entwicklung des Pharmavertriebs, weg vom reinen Pharmareferenten hin zum Praxisberater, ist in diesem Fall nahezu realisiert. Gleichzeitig handelt es sich hierbei um den limitierenden Faktor. Nicht alle Pharmareferenten verfügen über diese Handlungskompetenz. Hierfür wäre eine flächendeckende Qualifizierung der Mitarbeiter als Trainer von Nöten. Dies findet jedoch bei Respipharm aufgrund der fehlenden Akzeptanz und organisationalen Kompetenz in Bezug auf IM nicht statt. Über die übergeordnete Kompetenz verfügt somit in den Augen des Arztes der Mitarbeiter aufgrund seiner eigenen Fähigkeiten. Dies führt zu einer stärkeren Bindung an ihn anstatt an das Unternehmen: „Der Arzt schätzt einen auch aufgrund dessen, dass man doch einen gewissen Hintergrund hat, einen speziellen Service hat, was nicht jeder bieten kann. Und dann ist man nicht einfach ein Pharmareferent, der ein Produkt anpreist und der jetzt Umsatz machen 480 Vgl. Bader/Müller 2002, S. 177. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 198 198 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing will, sondern der bietet auch was und bietet einen speziellen, kompetenten Service der auch fundiert ist.“ 5.5.1.2 Akzeptanz des Notfalltrainings bei Respipharm Die Akzeptanz der IL „Notfalltraining“ ist auf das Gesamtunternehmen gesehen aufgrund der Rahmenbedingungen eher negativ. Dies liegt vor allem an der IM-kritischen Unternehmenskultur. Ein impliziter Produktbezug ist bei der praxisbezogenen IL nicht gegeben. Dies ist wie dargestellt zwar beabsichtigt, reduziert jedoch in diesem Unternehmensumfeld die Akzeptanz. Fokussierung und Frequentierung sind bei Durchführung gemäß dem dargestellten Prozess erfüllt. Der geringere Innovationsgrad verfügt über eine akzeptanzfördernde Ausprägung, da die IL an sich bereits zuvor unternehmensweit in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern durchgeführt wurde. Allerdings ist diese IL u. a. aufgrund der negativen Einschätzung der Rentabilität auf Unternehmensebene, wie viele andere IL, eingestellt worden. Diese negative Akzeptanz verhindert auch einen flächendeckenden Roll-Out für den, wie dargestellt, eine Sicherstellung der Kompetenzen notwendig wäre. Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild. Unternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Frequentierung Innovationsgrad Rentabilität Akzeptanz Notfalltraining Tabelle 34: Akzeptanz des Notfalltrainings bei Respipharm Quelle: Eigene Darstellung Dass diese IL dennoch kontinuierlich in einzelnen Gebieten funktioniert, hängt damit zusammen, dass a) ausführende Pharmareferenten diese Faktoren für sich positiv beantworten und b) die Unternehmensführung ihnen dennoch den Freiraum zum Einsatz lässt. 5.5.2 Wahrnehmung und Wirkung des Notfalltrainings Bei der IL „Notfalltraining“ finden die Erkenntnisse aus zwei Interviews mit Ärzten Eingang, welche die Leistung des spezifischen Pharmareferenten in Anspruch genommen haben. Im Gegensatz zu Leistungen, welche länger zurückliegen oder geringe Aufmerksamkeit generierten, sind die Aussagen zum „Notfalltraining“ sehr spezifisch und durchgehend positiv, obwohl auch deren Erbringung bis zu einem Jahr zum Zeitpunkt der Befragung zurücklag. 5.5.2.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Diese positive Einschätzung beginnt bereits bei den Kriterien zur Glaubwürdigkeit der Informationsquelle, in diesem Fall dem Pharmareferenten. Expertenkompetenz Beide Ärzte betonen die herausragende Fachkompetenz des Pharmareferenten als Trainer in diesem Bereich. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 199 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 199 „Ja, diese Kompetenz war [...] perfekt. Ein guter Rettungssanitäter ist so wie dieser Pharmareferent war.“ Reputation Die Reputation ist eng mit der Kompetenz verbunden. Aus den Gesprächen geht hervor, dass der Ruf des Senders bei der Zielgruppe sehr positiv ist. Dabei ordnet sich sogar die Reputation des Unternehmens in den Augen der Ärzte unter. Diese ist nach deren Aussage weniger wichtig. Vertrauenswürdigkeit Die Vertrauenswürdigkeit des Senders entsteht aufgrund der guten Erfahrungen mit der kontinuierlich hohen Qualität der Trainings. Diese wiederum ist bedingt durch die hohe Kompetenz des Pharmareferenten aufgrund seiner ausgeprägten Handlungskompetenz. Ein Arzt bestätigt, dass das Vertrauen in diesem Fall durch das „fundierte Wissen“ des Pharmareferenten aufgrund dessen „fundierter Ausbildung“ als Rettungsassistent gefördert wird. Sympathie Sympathie entsteht für diese beiden Ärzte durch eine freundliche, dem Arzt zugewandte Verhaltensweise des Pharmareferenten. Eine objektivere wissenschaftliche Argumentation trägt ebenfalls dazu bei. „Jemand der sagt „ich habe das non plus ultra“ schneidet nicht so gut ab. [...] Da ist mir jemand lieber, der über seinen eigenen Schatten springt.“ Die wissenschaftlich breite und neutrale Kommunikation des Pharmareferenten entspricht somit genau dieser Anforderung der Ärzte. „Es ist ein freundlicher, netter Herr, der das mit Spaß macht und professionell betreibt. Der führt das aus.“ Unabhängigkeit Auch die kommunizierte Unabhängigkeit der IL vom Kernprodukt oder einer möglichen Gegenleistung wird entsprechend wahrgenommen, obwohl der Sender gleichzeitig Pharmareferent des Unternehmens ist. „Das [Notfalltraining] war unabhängig.“ In diesem Zusammenhang betont einer der beiden Ärzte noch einmal die Wichtigkeit dieses Punktes, der auch eine rechtliche Grundanforderung an die Unternehmen stellt. „Wenn jemand sagt „Ich biete Ihnen diese Fortbildung an, dafür müssen Sie …“, dann bin ich an dieser Fortbildung überhaupt nicht interessiert.“ Die Produktunabhängigkeit der IL wird jedoch wiederum aus Sicht der befragten Ärzte als eher unwichtig eingestuft. In Summe ergibt sich das folgende Bild der Beurteilungskriterien zur Glaubwürdigkeit für diese IL. Obwohl die IL auch in diesem Fall vom Außendienst selber erbracht wird, 5.2 13.12.13 16:39 Seite 200 200 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing ist die „Unabhängigkeit“ der Kommunikation hier als hoch einzustufen. Der Pharmareferent legt aus eigener Überzeugung großen Wert auf die unabhängige Erbringung der IL, da er von der Wirkweise des IM überzeugt ist und begründet dies sehr authentisch. Diese Konstellation ergibt somit eine stärkere Wahrnehmung der Unabhängigkeit auf Empfängerseite als bei der Fallstudie „Aufklärungskampagne“. Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Expertenkompetenz Reputation Sympathiegrad Notfalltraining Tabelle 35: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Quelle: Eigene Darstellung 5.5.2.2 Wahrnehmung der Qualität des Notfalltrainings Aus den zuvor genannten Zitaten geht bereits hervor, dass die Qualität der Notfalltrainings durch diesen Pharmareferenten als sehr hochwertig bewertet wird. Die Ärzte, welche die IL beansprucht haben, wirken begeistert. Diese Begeisterung spiegelt sich auch in den Werte-Nennungen wieder. Die Art und Weise der Durchführung des Notfalltrainings liefert neben funktionalen Werten, wie der „leitlinienkonformen Schulung der Mitarbeiter“, auch Erlebniswelten und symbolische Werte. Ebenfalls existieren mehrere Werte-Quellen. Die Quelle „Produkt-/Dienstleistungseigenschaften“ liefert somit neben den funktionalen Werten, wie „Sicherheit durch Professionalität und Ruhe für den Notfall“ und „Teilnahmezertifikat für das QM-System“, auch symbolische Werte in Form von „Integrität durch Produktneutralität“. Die bewusste Konzentration auf die „beziehungsorientierte Interaktion“ führt zu Werten wie einer „sympathischen, offenen und freundlichen Atmosphäre“, einem gewissen Grad an „Spaß und Entertainment“ und somit auch zu einer „Stärkung des TeamZusammenhalts“ innerhalb der Praxis. Das „Training durch einen echten Rettungssanitäter“ und der „individuelle Bilderrahmen aller Teilnehmer“ liefern symbolische Werte. Diese Beziehungsorientierung trägt zusätzlich zur Vertrauensbildung bei. Hierzu zählt auch das „Umfeld der Leistungserbringung“. Die Durchführung in der eigenen Praxis als vertrauten Ort und täglichen Arbeitsplatz, an dem das erlernte im Notfall auch direkt angewendet wird, vermittelt zusätzlich Sicherheit, wie aus den Gesprächen hervorgeht. Diese IL verfügt demnach gegenüber den anderen Fallstudien über ein ausgewogeneres Bild in der Werte-Matrix. Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Die Inanspruchnahme der IL wird nicht durch negative Erfahrungen blockiert. Die vermittelten Inhalte stimmen mit den eigenen Erfahrungen der Ärzte überein und sind somit aus deren Sicht „validiert“. „Es war eine gute Wiederholung für mich und ich weiß, dass das Handling so ist wie er das gemacht hat. Aber eben, ich hatte keine praktische Erfahrung darin und wenn er mir was Neues erzählt hätte, dann hätte ich das bestimmt registriert. Aber [...] ich hätte es im Internet nachgeprüft, ob es stimmt.“ 5.2 13.12.13 16:39 Seite 201 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 201 Die positive Erfahrung mit den bereits durchgeführten Trainings führt bei beiden Ärzten dazu, dass sie die Notfalltrainings dieses Pharmareferenten sofort wieder in Anspruch nehmen würden. Dies hat somit einen direkten Einfluss auf die Kundenloyalität. 5.5.2.3 Wahrgenommener Kundenvorteil Notfalltrainings haben generell für Ärzte eine hohe Relevanz aufgrund der oben genannten Bedürfnisse. Dies zeigt sich auch darin, dass Notfalltrainings auch innerhalb anderer geführter Interviews mit Ärzten als positive Beispiele für Serviceleistungen von Pharmaunternehmen genannt wurden. Wahrgenommener Nutzen Die IL wirkt durch die funktionalen Werte direkt auf die praxisbezogenen Bedürfnisse zur Unterstützung bei Praxis- und Wissensmanagement. Abläufe und Wissen für den Notfall werden interaktiv trainiert und durch das Zertifikat für das QM-System bestätigt. Für einen der befragten Ärzte besteht der wahrgenommene Nutzen vor allem daraus: „ [...] dass meine Damen im Notfall gut gerüstet sind, kein Zittern und kein Rennen entsteht, dass sie mit Professionalität und Ruhe mit der Situation umgehen können.“ Dementsprechend ist die persönliche Relevanz des spezifischen Notfalltrainings für Ärzte als sehr hoch einzustufen. „ [...] das finde ich sehr wichtig. Sehr, sehr wichtig. Das sollte öfters gemacht werden.“ „Notfalltraining ist eine hoch zu bewertende Geschichte, die wir zum Glück selten brauchen. Aber wenn wir sie brauchen, dann müssen wir perfekt sein.“ Darüber hinaus zeichnet sich diese IL aus, in dem sie die Veranstaltung auch zu einem Erlebnis für die Teilnehmer macht. Die genannten Werte dieser Kategorie fördern dabei das Miteinander im Team. Diese Intensivierung der Beziehung überträgt sich augenscheinlich auch auf den Sender „Pharmareferent“. Praxisbezogene Bedürfnisse des Arztes zum Praxismanagement werden somit befriedigt, da die Zusammenarbeit im Team und damit die Prozesse optimiert werden. Ebenso zahlen symbolische Werte, wie der persönliche, praxisindividuelle Bilderrahmen, der das Erinnerungsvermögen fördert, auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse ein. Wahrgenommene Kosten Die Reduktion der Kostenarten hat bei dieser IL einen großen Einfluss auf die Steigerung des KV. Durch die Inanspruchnahme wird den teilnehmenden Ärzten und dem Praxispersonal insbesondere „Sicherheit“ und „Risikoreduktion“ vermittelt. „Es ist eine Kann-Leistung, aber für meine Damen ist es eine wichtige Leistung, weil es einfach Sicherheit gibt.“ Nicht nur die ökonomischen Kosten sind niedrig, da kein Preis für die Veranstaltung zu bezahlen ist. Auch das Risiko, im Notfall zu versagen und insbesondere vom Standpunkt des Arztes als eigentlicher „Experte“, das Gesicht zu verlieren (psychologische 5.2 13.12.13 16:39 Seite 202 202 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Kosten), wird stark reduziert. Auch während des Trainings tragen die Einbindung des Arztes und der respektvolle Umgang durch den Trainer dazu bei, dass sich der „Chef der Praxis“ sicher fühlen kann, keinen Gesichtsverlust aufgrund möglicher Wissenslücken zu erleiden. Indem der Pharmareferent das Training direkt in der Praxis anbietet und auch dort durchführt, wird das persönliche Investment der Praxis insbesondere in Bezug auf „Zeit“ reduziert. In Kombination von wahrgenommenem Nutzen im Verhältnis zu den als gering wahrgenommenen Kosten ergibt sich als Differenz ein hoher KV im Verhältnis zu anderen vorgestellten IL. 5.5.2.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung Die Zufriedenheit, die mit dem hohen KV dieser IL einher zu gehen scheint, führt gemäß der Aussagen beider Seiten zu einer gesteigerten Kundenloyalität. Die intensivere Zusammenarbeit mit den Praxismitarbeitern im Rahmen des Trainings führt zu einer freundlicheren Atmosphäre, so dass sich sowohl der Name des Pharmareferenten als auch des Unternehmens eingeprägt hat („Aha, der Herr XXX von Respipharm“). Situativ führt dies auch dazu, dass mehr Zeit für Gespräche eingeräumt wird. Die Loyalität in Bezug auf diese IL zeigt sich vor allem durch aktive Anfragen von Praxen für eine erneute Durchführung. Die Begeisterung für diese Leistung zeigt sich auch durch Empfehlungen anhand WOM. Gemäß den unter Kapitel 2.2.4 (WOM) dargestellten Prozessen empfehlen auch Ärzte gute Leistungen an Kollegen weiter. Folgendes Beispiel des Pharmareferenten verdeutlicht dies: „Als ich noch in der Osteoporoselinie gearbeitet habe, da haben mich Kunden [...] darauf angesprochen, als ich als ganz normaler Pharmareferent mit meinem Produkt da war: „Ja, Herr XXX, Sie haben ja bei einem Arzt in Freiburg ein Notfalltraining gemacht und das war ja recht gut, so wie wir gehört haben und würden Sie denn das auch für uns machen?“.“ Die IL ermöglicht es dem Außendienst also nicht nur in Erinnerung, bei bestehenden Kunden zu bleiben, sondern führt ihm auch neue Kunden zur Betreuung zu. Allerdings ebbt dieser Effekt mit der Zeit ab, wenn keine neuen Anstöße kommen. Die IL gibt dem Außendienst somit die Möglichkeit nach einiger Zeit wieder mit einem triftigen Grund auf den Arzt zuzugehen, auch um das Erinnerungsvermögen und damit auch die Verknüpfung der IL mit ihm und der Unternehmensmarke zu stärken. „So nach einem halben Jahr verblasst das Ganze [...] da erinnere ich dann aktiv an dieses Training und sage: „Mensch, wann haben wir das das letzte Mal gemacht?“. Und wenn das Jahr rum ist und sie es dann bald mal wieder machen wollen: „Sie wissen, ich bin gerne dafür bereit. Sie dürfen sich gerne an mich wenden“. An diesem Beispiel wird wiederum die Bedeutung einer langfristigen und kontinuierlichen Ausrichtung des IM deutlich. Der hohe KV führt auch in diesem Fall zu einer gesteigerten Zahlungsbereitschaft, wie die Antwort eines befragten Arztes auf die Frage nach dem Preis verdeutlicht. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 203 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 203 „So im Nachhinein dachte ich, eigentlich hätte er doch was verlangen müssen. Aber er hat nichts verlangt, nein, es hat nichts gekostet.“ Dies wird auch durch den Pharmareferenten bestätigt, der öfter von Ärzten auf eine monetäre Gegenleistung angesprochen wird. Die Preisbereitschaft bewegt sich auch hier wiederum laut Experten um die 100,- Euro. Ähnlich wie bei den Fallstudien zuvor, entspricht dieser Betrag jedoch nicht den marktüblichen Kosten. Laut dem befragten Pharmareferenten belaufen sich die Kosten für ein solches Training in einer Arztpraxis durch einen externen Anbieter zwischen 500,- und 1500,- Euro pro Tag. Ausnahmen stellen Ortsvereine z. B. des DRK dar, welche ca. 350 Euro verlangen. In der vorliegenden Situation stellt die IL ausdrücklich einen Service eines zusätzlich qualifizierten Pharmareferenten dar und wird daher kostenlos angeboten. Übertragungseffekt auf Kernleistung Durch die hohe Zahlungsbereitschaft und damit dem Wunsch nach einer Gegenleistung ist ein möglicher Übertragungseffekt sehr wahrscheinlich, wenn die zuvor beschriebenen Anforderungen an die Kernleistung erfüllt sind. Bei qualitativ vergleichbaren Kernleistungen könnte demnach die Produktpalette von Respipharm den Vorzug bekommen. Wirkungsfeld direktes Marketing Die vorliegende IL ist eine Praxisleistung, welche sich somit nicht mit indikationsspezifischen Themen befasst und auch thematisch weiter von der Kernleistung entfernt ist. Bei einem Übertragungseffekt ist somit eher von einem Effekt auf das gesamte Portfolio bzw. auf präferierte Kernprodukte des Arztes auszugehen, anstatt auf einem thematisch verbundenen Kernprodukt. Während das Kernprodukt aus dem größten Rx-Bereich mittlerweile das Mittel der Wahl in Kliniken und Arztpraxen ist, hat das neue Produkt für schwere Atemwegserkrankung ein Nebenwirkungsprofil, welches einiger Aufklärung bedarf. Die Voraussetzungen sind demnach nicht so optimal wie z. B. bei den Kernprodukten von Vaximed. Wirkungsfeld Indirect Marketing Das IM-Wirkungsfeld konzentriert sich in diesem Fall stärker auf das wahrgenommene Engagement des Pharmareferenten des Unternehmens und dem damit verbundenen Wunsch einer Gegenleistung. Dies entspricht den Abläufen der sozialen Austauschtheorie, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Bei gleicher Qualität der Kernleistung scheint auch der Faktor „Sympathie“ gegenüber dem Pharmareferenten als Erbringer der IL, eine große Rolle zu spielen. „Es hat automatisch diesen positiven Miteffekt, wenn der Arzt entscheidet: „Ich habe zwei Medikamente, die wirken gleich, die kosten beide ziemlich ähnlich“, vielleicht das andere sogar etwas günstiger, meine Güte, aber welcher Pharmareferent ist mir sympathischer. Das ist das.“ Zwar ist es laut Experten nicht eindeutig nachvollziehbar, jedoch sind Tendenzen, welche diese Vermutung stützen, in den Gebieten erkennbar. Ärzte bestätigen diese Sichtweise. Die positiven Attribute werden demnach eher dem Außendienst zugeordnet 5.2 13.12.13 16:39 Seite 204 204 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing als dem Unternehmen. Wie von der Vertriebsleitung bestätigt, handelt es sich bei diesem konkreten Pharmareferenten auch um einen der erfolgreichsten Außendienstmitarbeiter von Respipharm in Deutschland. Das Risiko für das Unternehmen wird an dieser Stelle offenbart. Wechselt der Mitarbeiter das Unternehmen, wechseln auch die vermeintlich „loyalen Kunden“ mit ihm. Die IL wirkt somit über das „wahrgenommene Engagement“ auf die „Sympathie“ und führt des Weiteren zu einer höheren Toleranzschwelle bezüglich Herausforderungen in der täglichen Zusammenarbeit. So sind einige Nebenwirkungen zwar tolerierbar, erschweren jedoch für den Arzt die Kommunikation mit dem Patienten und erhöhen damit sein persönliches Investment. Die durch die IL gestärkte Kundenbeziehung und Sympathie führt an diesem Punkt, statt zu einem Abbruch der Geschäftsbeziehung, zu einer offenen, konstruktiven Vorgehensweise. „Also das kratzt alles am Arzt [...] Image. Und trotzdem sind die Ärzte geneigt es noch mal zu probieren und versuchen eher die Patienten bei der Stange zu halten, sich eher mehr Zeit zu nehmen, weil sie ja eine doppelte Verpflichtung haben.“ Somit können laut dem Pharmareferenten auch kritische Situationen abgefedert werden, ohne die Kundenbeziehung zu verlieren. Zusammenfassend ermöglicht die IL, die Kontaktrate mit Kunden hochzufahren und somit eine engere Kundenbeziehung zu etablieren. Diese engere Beziehung aufgrund der kontinuierlichen Erbringung nutzenstiftender Leistungen führt gemäß der sozialen Austauschtheorie, aber auch aufgrund der höheren Brand Salience zu einem Übertragungseffekt. Allerdings ist insbesondere der Brand Salience Effekt bei Praxisleistungen schwerer zu erreichen, als bei indikationsspezifischen Leistungen, die thematisch näher an der eigentlichen Kernleistung liegen. 5.5.3 Zusammenfassung Diese praxisbezogene IL wird zwar nur in einer Region eingesetzt. Sie belegt jedoch nachdrücklich die Effekte, welche aufgrund gut konfigurierter und gut durchgeführter IL möglich sind. Obwohl die Akzeptanz für diese IL im Unternehmensumfeld nicht groß ist, nutzt der Pharmareferent seine Freiheiten. Er verfügt dabei nicht nur über die umfassende Handlungskompetenz zur erfolgreichen Durchführung der Notfalltrainings, sondern auch über die Fähigkeit, die IL erfolgreich zu platzieren. Durch die kundenorientierte Vorgehensweise, in dem er seine Kunden mit relevanten Services unterstützt, gelingt es ihm, eine übergeordnete Kompetenz und ein differenzierendes Image aufzubauen. Hervorzuheben ist dabei das umfassende Verständnis für die Erfolgsfaktoren in diesem speziellen Marktumfeld. So deckt er durch die IL ein breites Spektrum an praxis- und persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen ab. Großer Wert wird dabei auf die Produktunabhängigkeit des Services und damit auf die Therapiehoheit und Wahlfreiheit des Arztes gelegt. An jedem Punkt innerhalb der Leistungserbringung wird dem Arzt das Gefühl gegeben, die letztendliche Entscheidung über den Ablauf zu haben. Dies trägt dazu bei, das Gesicht und das Image als „guter 5.2 13.12.13 16:39 Seite 205 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 205 Arzt“ zu bewahren und zu fördern. Äußerungen beteiligter Ärzte belegen, dass es dem Pharmareferenten auf diese Weise auch ohne Kooperationspartner gelingt, dass die IL als (produkt-)unabhängig und als qualitativ hochwertig wahrgenommen wird. Das breite Portfolio an Werten, insbesondere deren beziehungsorientierte Komponente, sowie die positive Bewertung der Beurteilungskriterien der Glaubwürdigkeit unterstreichen dies. Die positive Wahrnehmung resultiert in einem hohen Nutzen für den Arzt bei gleichzeitiger Senkung der wahrgenommenen Kosten. Der Aufwand für den Arzt wird so gering wie möglich gehalten, bei gleichzeitiger Wahrung seiner Integrität. Dieser hohe KV resultiert wiederum nicht nur in der Loyalität bestehender Kunden, sondern löst auch positives WOM aus. Ebenso der Wunsch der Ärzte nach Erbringung eines Gegenwertes, z. B. der Zahlungsbereitschaft, wird deutlich. Da die IL jedoch durchgehend kostenfrei angeboten wird, ist gemäß der sozialen Austauschtheorie von einem Übertragungseffekt auf die Kernleistung bei Erfüllung der Basisanforderungen auszugehen. Dies geht auch aus den Äußerungen der Ärzte hervor. Selbst negative Einflüsse der Kernleistung können durch diese IL abgefedert werden. Daher ist das dargestellte Notfalltraining ein gutes Beispiel für weitreichende Potenziale gut konfigurierter IL. Der Fall bestätigt nicht nur die Möglichkeit Kundenzugang und – loyalität zu steigern und über das „wahrgenommene Engagement“ auf die Kernleistung zu wirken, sondern zeigt auch Möglichkeiten auf, wie durch WOM neue Kunden generiert werden und IL über Potenziale zu eigenständigen Leistungen verfügen können. 5.6 kinderwelten Award als imagebezogenes Indirect Marketing Die letzte Fallstudie des Forschungsprojekts beleuchtet mit dem „kinderwelten Award“ einen Vertreter der dritten IM-Kategorie „Image“. Die Fallstudie dient daher dazu, neben der IL an sich, auch mehr über diese Kategorie in Erfahrung zu bringen. Imagebezogene IL sind thematisch am weitesten von der Kernleistung entfernt. Dennoch unterstützte Vaximed diese Kampagne kontinuierlich über sieben Jahre hinweg. Dies ist vor allem auf die hohe dargestellte Akzeptanz von IM bei Vaximed, durch die Überzeugung der Wirkung dieser Leistungen, zurückzuführen. Der befragte Marketingexperte dieser Fallstudie war Initiator, jahrelanger CEO und Vice President Europe der Vaximed GmbH und daher maßgeblich verantwortlich für den jahrelangen erfolgreichen Einsatz indirekter Leistungen aller drei Kategorien, welche gemäß seiner Aussage nachhaltig zur positiven Entwicklung des Unternehmens beigetragen haben. „Wir haben viele Konzepte entwickelt, wo der Arzt wusste, dass dieser Service von Vaximed kommt und dass er bei uns [...] im Vergleich zum Mitbewerber einfach besser aufgehoben ist. Und auch für mich war es das Geheimnis meines Erfolges, dass wir bei Produkten, wie dem „HPV-Impfstoff“, auch heute noch über 80 % Marktanteil haben.“ 481 Dabei ordnet er den jeweiligen IM-Kategorien unterschiedliche Zielsetzungen zu. 481 Vgl. Expertengespräch Marketingexperte kinderwelten Award November 2011. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 206 206 Vorrangige Zielsetzung 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Indikation Praxisleistung Image Kundenbindung Kundenbindung Soziale Verantwortung Tabelle 36: Zielsetzungen der Leistungen im IM-Portfolio der Vaximed Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte kinderwelten Award, November 2011. Imagebezogene IL konzentrieren sich stärker auf die soziale Komponente. Dabei geht es darum, dem Arzt zu verdeutlichen, dass Vaximed nicht nur über gute Produkte und Leistungen verfügt, die ihn in der täglichen Arbeit unterstützen. Das Unternehmen setzt sich darüber hinaus für gesellschaftlich und auch für den Arzt relevante Themen ein. Es verdeutlicht somit seine soziale Verantwortung und vermittelt dem Gegenüber die Sicherheit, dass es sich um ein seriöses Unternehmen mit einer verantwortungsvollen Einstellung handelt: „Vaximed ist ein Partner, der sich über die guten Leistungen hinaus auch für gute Dinge einsetzt.“ Im Vordergrund steht dabei immer die gemeinsame Initiative von Unternehmen und Kunden für ein verbindendes soziales Thema. Indem Unternehmen und Arzt sich in einem gemeinsamen Sinne für eine soziale Aktivität engagieren und an einem Strang ziehen, entsteht aus Sicht des Experten automatisch ein gutes Image und eine mentale Bindung. Die dritte Kategorie verfügt demnach über verwandte Ziele zu Social Marketing.482 Da Vaximed als kommerzielle Organisation mit dieser IL eine nicht-kommerzielle Organisation unterstützt, ist diese Leistung aus Sicht von Vaximed dem IM zuzuordnen. Aus Sicht des Kooperationspartners hingegen, handelt es sich um klassisches Social Marketing. Die Leistung ist ebenfalls nicht unmittelbar mit dem Umsatz von Produkten verbunden und daher auch nicht in den Bereich des Cause-Related Marketing einzuordnen.483 Gemäß der Definition handelt es sich somit aus Sicht des Unternehmens um eine IL. 5.6.1 Leistungserstellung der imagebezogenen „kinderwelten Award-Kampagne“ Die Zielsetzung der IL ist nicht völlig unabhängig vom Geschäftsmodell des Unternehmens zu sehen. Durch die Unterstützung sozialer Marketingaktivitäten wird eine übergeordnete Kompetenz des Unternehmens in diesem Bereich etabliert. Kernkompetenz von Vaximed ist die Prävention gegen Krankheiten durch Impfungen. „Prävention ist die günstigste Möglichkeit, gesund zu bleiben“ Das Unternehmen hat sich der Prävention durch geeignete Impfprogramme verschrieben. Somit trägt es letztendlich dazu bei, den Impfstatus und damit die Immunität der Kinder 482 „Social Marketing ist die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von Marketingstrategien undaktivitäten nichtkommerzieller Organisationen, die direkt oder indirekt auf die Lösung sozialer Aufgaben gerichtet sind“ Bruhn/Tilmes 1994, S. 23. 483 Vgl. Meffert/Holzberg 2009, S. 47. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 207 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 207 aber auch der Erwachsenen zu steigern und diese somit vor Infektionskrankheiten zu schützen. Vaximed positioniert sich somit in Übereinstimmung mit der Kernleistung bei dem Thema „Prävention“. Der Fokus liegt dabei auf der Unterstützung von Maßnahmen für Kinder zur Erlangung wertvoller Grundlagen für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben. Die Grundlagen hierfür sind Gesundheit, Bildung und soziale Kompetenz. Aus diesem Grund unterstützt Vaximed konstant Organisationen, wie das DGK oder die kinderwelten Stiftung, welche sich für präventive Maßnahmen in diesem Bereich (Gesundheit und Bildung) einsetzen, um o. g. Grundlagen zu schaffen. 5.6.1.1 Gestaltungsfaktoren „kinderwelten Award“ Die Erbringung der eigentlichen IL erfolgt durch die kinderwelten Stiftung, welche Vaximed unterstützt wird. Im vorliegenden Fall übernimmt die Stiftung die Funktion einer Kooperation, die es aus Unternehmensperspektive ermöglicht, sich in diesem Feld zu engagieren. Organisator und verantwortlicher Veranstalter aller Aktivitäten in diesem Rahmen ist die Stiftung. Vaximed ist Hauptsponsor. Diese IL wird jedoch aktiv über zahlreiche Kanäle über Jahre hinweg in das Marketing von Vaximed eingebunden. Die Konfiguration der sozialen Marketingmaßnahme der kinderwelten Stiftung setzt sich wie folgt zusammen. Die Stiftung wurde 2002 auf Initiative von Vaximed und weitere Initiatoren als wohltätige Initiative ins Leben gerufen. Seit 2009 firmiert sie als eingetragener Verein. Sie konzentriert sich seit ihrer Gründung auf die präventiven Maßnahmen als Grundlagen zur Förderung für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben und definiert die Aufgaben wie folgt: • Motivation und Förderung von sozialem und gesellschaftlichem Engagement von Kindern und Jugendlichen und Vernetzung sozial aktiver Menschen, • Engagement in der Gesundheitsfürsorge im In- und Ausland, • Unterstützung des Zugangs zu Bildung als Prävention gegen Armut.484 Ziel ist die Verbesserung der Zukunftsperspektiven junger Menschen in Deutschland und der ganzen Welt. Um diese Ziele zu verwirklichen, ist die Stiftung auf Spenden angewiesen. Kern der Maßnahmen zur Spendenakquise ist die jährliche Vergabe des kinderwelten Awards im Rahmen einer exklusiven Benefizgala, der mit 50.000,- Euro dotiert ist. Mit dem Award werden bundesweit allgemeinbildende Schulen für soziale oder auch ökologisch herausragende Projekte und damit das über den Schulalltag hinausgehende Engagement ausgezeichnet. Die Benefizgala dient neben der Überreichung des Awards, auch zur Generierung weiterer Spenden, in Form von Einzelspenden und dem Erlös einer regelmäßigen Benefiz-Auktion. Um auf eine höhere Spendenbereitschaft zu treffen, findet die Veranstaltung am Jahresende „acht Wochen vor Weihnachten“ statt. In einem ansprechenden Ambiente nehmen bis zu 400 geladene Gäste exklusiv an der Veranstaltung teil. Um die Vertrauens- und Glaubwürdigkeit der Institution in den Augen der Spender sicherzustellen, legt die Stiftung großen Wert auf Transparenz bei der Verwendung der Spenden. Dies reicht laut Aussage des Experten bis hin zu der Installation von 484 Vgl. kinderwelten e.V. 2013, http://www.kinderwelten-ev.de/index.php?article_id=2, Stand: 21.01.2013. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 208 208 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Vorortkameras, welche z. B. die Fortschritte auf Baustellen zur Errichtung von Schulen in Drittweltländern übertragen. Die Kommunikation des Awards erfolgt zum Großteil unter Einbindung in die Kommunikationsstrategie von Vaximed. Neben Informationsschriften, Mailings und „Thanks Magazinen“, die über Kundenzeitungen verteilt werden, ist der kinderwelten Award und das Engagement des Unternehmens auch als eigenes Besprechungsprodukt in die Außendienstgespräche beim Arzt integriert. Die IL wird zunächst ausschließlich bei Pädiatern, dann bei API und Gynäkologen auf dritter, zeitweise auf zweiter Position besprochen, gemäß dem befragten Marketingexperten. „Also kinderwelten wurde auch besprochen beim Arzt. Und das fanden die Ärzte ganz toll, dass ein Pharmareferent kommt und nicht unbedingt nur Umsatz machen will und Produkte propagieren, sondern dass hier tatsächlich über soziales Marketing und Hilfe in der Dritten Welt gesprochen wurde. Hat einen riesigen Anklang gefunden, gerade speziell auch beim Pädiater und auch bei den pädiatrisch orientierten Praktikern und dass das soziale Engagement letztendlich eine Selbstverständlichkeit wurde im Unternehmen.“ Durch diese intensive Besprechung fungiert die IL als Kundenbindungsinstrument, sowie zur Differenzierung von anderen Pharmaunternehmen, welche sich nicht in diesem Umfang für solche gesellschaftlich relevanten Themen einsetzen. Somit kann die IL durchaus auch als Bestandteil der Kundenbindungsmaßnahmen gesehen werden, auch wenn der Fokus auf der sozialen Verantwortung liegt. Auch die Einladung der Gäste erfolgt in erster Linie über den Hauptsponsor. Die Verknüpfung des Unternehmensnamens mit dem Anlass ist dabei von Bedeutung. Diese Verbindung wird einerseits in Reden im Laufe des Abends, als auch durch die persönliche Betreuung der Gäste sichergestellt. So werden Gäste der Benefizgala persönlich durch den Geschäftsführer begrüßt. Desweiteren sind zwischen sechs bis acht Außendienstmitarbeiter vor Ort, um die geladenen Gäste zu betreuen. Jedoch wird größter Wert auf produktunabhängige Kommunikation in diesem Rahmen gelegt. „Es sollte ja keine Verkaufsshow sein oder Product Placement, sondern es sollte wirklich einem sozialen Zweck dienen.“ Die Einladungen der Ärzte zur Benefizgala erfolgen in einem Radius von 200km um den jeweiligen Veranstaltungsort herum, um den Anfahrtsaufwand im Rahmen zu halten. Dabei obliegen die Auswahl der Gäste und die persönliche Einladung dem jeweiligen Außendienstmitarbeiter. Um die Kompetenz der Mitarbeiter für die zielgenaue Kommunikation, das Verständnis für die Maßnahme und deren Einsatz sicherzustellen, erhalten alle Außendienstmitarbeiter eine Schulung zu kinderwelten. Wie bei regelmäßigen Gesprächstrainings für Arzneimittel werden Inhalt, Stärken und Schwächen, sowie die Verwendung der Spenden thematisiert. Jeder Mitarbeiter im Unternehmen soll in die Lage gebracht werden, die wichtigsten Key-Facts in Kürze zu vermitteln. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 209 209 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Die Kommerzialisierung bezieht sich bei dieser IL der dritten Kategorie auf die Zielerreichung, das Thema „Prävention“ zu etablieren und die soziale Verantwortung des Unternehmens hervorzuheben. Damit verbunden ist die Generierung von Spenden. Die direkten Spenden aus der Benefizgala erreichten in den Jahren von 2002 bis 2009 von 130.000,- bis zu 180.000,- Euro pro Veranstaltung und generierte sich durch Einzelspenden und Erträgen aus der Benefiz-Auktion. Der Eintritt zur Gala war für Ärzte kostenlos. Lediglich Anfahrt und Unterkunft wurden durch die Ärzte selbst getragen. Zudem wurde bei Teilnahme eine freiwillige Spende erwartet. Die Auswirkungen der IL auf die Verbindung zwischen kinderwelten und dem Unternehmen wurden 2009 im Rahmen einer repräsentativen Umfrage unter Pädiatern überprüft. Laut Expertenaussage konnten dabei 40 % aller Pädiater den Zweck der Stiftung inhaltlich beschreiben und nennen. Des Weiteren verband ein Großteil der befragten Ärzte die Initiative mit Vaximed, so dass dieses Ziel aus Sicht des Unternehmens erreicht wurde. „Das war Response für soziales Marketing, mehr kann man sich eigentlich nicht wünschen.“ Das Budget von Vaximed als Hauptsponsor lag bei 200.000,- Euro pro Jahr und reduzierte sich in 2009 auf 150.000,- Euro. Damit deckte das Unternehmen nahezu die Hälfte der Gesamtkosten der Stiftung für die unterschiedlichen Maßnahmen ab. Aus dieser IL und der Kooperation mit der Stiftung generierte das Unternehmen wiederum hochwertige Besprechungsinhalte bei den Kundengesprächen, um sich mittel- bis langfristig zu differenzieren. 5.6.1.2 Akzeptanz der imagebezogenen Leistung bei Vaximed Die Akzeptanz der Unterstützung des kinderwelten Awards ist insbesondere aufgrund der Unternehmenskultur hoch. Auch die thematische Fokussierung auf den Interessensbereich der Zielgruppe, sowie die Regelmäßigkeit (Frequentierung) der Leistungserbringung sind positiv einzustufen. Dennoch hat es diese imagebezogene IL schwerer als Leistungen anderer IM-Kategorien. Hierzu fallen vor allem der fehlende implizite Produktbezug, sowie die für viele schwer nachvollziehbare Rentabilität ins Gewicht. Hier ist die Kompetenz und das Verständnis jedes einzelnen Mitarbeiters gefragt, um die Wirkweise und damit alle Bereiche, auf die diese IL einzahlt, nachvollziehen zu können. Bei imagebezogenen IL ist dieser Zusammenhang gemäß der geführten Gespräche für viele Manager schwerer nachvollziehbar, als bei den anderen Kategorien. Unternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Frequentierung Akzeptanz kinderwelten Award Tabelle 37: Akzeptanz des kinderwelten Award bei Vaximed Quelle: Eigene Darstellung Innovationsgrad Rentabilität 5.2 13.12.13 16:39 Seite 210 210 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 5.6.2 Wahrnehmung und Wirkung der Benefizgala Die Erkenntnisse zur Wahrnehmung und Wirkung begründen sich auf ein Expertengespräch mit einem Arzt, welchem sowohl die IL, als auch die dazugehörige soziale Marketingkampagne bekannt sind, aber der nicht an der Benefizgala teilgenommen hat. Um das Bild der IL abzurunden, fließen daher auch Erkenntnisse aus Erfahrungen des Marketingexperten, sowie aus vorangegangenen Fallstudien zu Vaximed in die Betrachtung ein. 5.6.2.1 Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Ähnlich wie bei der praxisbezogenen IL mit ReiseMED, sind die Vaximed Außendienstmitarbeiter die Informationsquelle, welche über das soziale Projekt informiert. Die eigentliche „Leistungserstellung“ erfolgt über den Kooperationspartner kinderwelten Stiftung. Die Glaubwürdigkeit von Vaximed als Informationsquelle ist, wie in den anderen Fallstudien aufgezeigt, sehr hoch. Bei der vorliegenden IL stellt sich insbesondere die Frage, ob auch in diesem Fall sowohl die Unabhängigkeit, als auch die Vertrauenswürdigkeit ähnlich hoch eingestuft wird wie bei den anderen Vaximed Fallstudien. Hierunter fällt zudem, ob die gesendete Botschaft verstanden oder ob diese in eine negative Richtung gedeutet wird. Die Aussagen des befragten Arztes zeigen jedoch aufgrund der kontinuierlichen Ausrichtung ein sehr positives Bild des Unternehmens als Absender. Obwohl Pharmaunternehmen generell als kapitalgetrieben mit ausschließlich monetären Absichten gesehen werden, führt die Kontinuität der Leistungserbringung dazu, dass sich das Bild von Vaximed ins Positive wandelt. Für das Unternehmen sieht er eher einen ideellen Wert in Form eines positiven Erscheinungsbildes als einen möglichen materiellen Nutzen, da er nicht von einem dadurch bedingten Übertragungseffekt in Form einer bewussten Verschreibung ausgeht. Die nachhaltige Unterstützung einer solchen sozialen Kampagne führt zu einer sehr positiven Bewertung dieser „Informationsquelle“ durch den Arzt: „Wenn jetzt die Pharmafirmen das machen, finde ich super, finde ich sehr ehrbar.“ Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Expertenkompetenz Reputation Sympathiegrad kinderwelten Award Tabelle 38: Wahrnehmung der Beurteilungskriterien für Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Quelle: Eigene Darstellung 5.6.2.2 Wahrnehmung der Qualität der Benefizgala Die genannten Werte der IL beziehen sich, bedingt durch den sozialen, gesellschaftlichen Schwerpunkt, hauptsächlich auf symbolische Werte. „Da habe ich mich engagiert, weil ich so etwas gut finde. Deswegen, denke ich, ist das auch eine gute Sache.“ 5.2 13.12.13 16:39 Seite 211 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 211 Die symbolischen Werte generieren sich ausschließlich aus der Quelle „Beziehungsorientierte Interaktion“. Der einzige funktionale Wert besteht in den jährlich stattfindenden Benefiz-Gala Veranstaltungen zur Verleihung des kinderwelten Awards. Quelle ist somit die „Produkt-/ Dienstleistungseigenschaft“. Das Engagement für Kinder und Jugendliche liefert den Pädiatern „social-“ als auch „personal meaning“, aufgrund der Themenverwandtschaft zu ihrer täglichen Arbeit mit derselben Zielgruppe. Durch die exklusive Einladung, sowie die persönliche Begrüßung durch den Geschäftsführer wird dem Empfänger „Arzt“ Wertschätzung entgegengebracht. Diese erfährt er zudem durch Werte aus dem Bereich der Erlebniswelten, welche aufgrund des Umfelds in gehobenem Ambiente und des ansprechenden Rahmenprogramms erbracht werden. Werte-Quelle ist ausschließlich das „Umfeld der Leistungserbringung“. Anhand dieser beispielhaften Fallstudie wird deutlich, dass IL der imagebezogenen Kategorie stärker auf symbolische Werte einzahlen, welche sich wiederum tendenziell stärker auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse richten. Übereinstimmung mit eigener Erfahrung Auch bei dieser IL wirkt sich die eigene Erfahrung nicht negativ auf die Wahrnehmung aus. Die Kontinuität trägt hingegen dazu bei, die Vertrauenswürdigkeit und damit Glaubwürdigkeit des sozialen Engagements aus Sicht des Arztes zu stärken. „Die schreiben jedes Jahr die Preise aus. Das ist immer wiederkehrend. Die sagen nicht irgendwie nach zwei Jahren, […] das kostet viel Geld, wir hören wieder auf.“ 5.6.2.3 Wahrgenommener Kundenvorteil Wahrgenommener Nutzen Den Nutzen aus der imagebezogenen IL ziehen engagierte Ärzte aus der Übereinstimmung der vermittelten Werte mit persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen. Der Praxisbezug spielt in diesem Fall eine untergeordnete Rolle. Die persönliche Relevanz ist bei den Interessengruppen, Pädiater und Patienten bzw. Eltern, situationsbedingt höher als bei anderen Ärztegruppen, wie der Marketingexperte betont: „Ein Kinderarzt ist von sich aus schon relativ sozial dem Kind gegenüber eingestellt.“ Dies wird weiter unten auch durch den Pädiater bestätigt (siehe folgendes Zitat). Trifft die Thematik des sozialen Projektes die persönliche Relevanz des Arztes, ist dieser auch eher bereit, sich zu beteiligen bzw. die soziale Marketingkampagne der NPO kinderwelten als weiterer kleinerer Sponsor bzw. Spender zu unterstützen.485 Bei dem Expertengespräch wird jedoch deutlich, dass die thematische Nähe, insbesondere 485 NPO = Non-Profit-Organisation 5.2 13.12.13 16:39 Seite 212 212 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing aufgrund der Affinität des befragten Arztes zu den Ländern, wie Südafrika und deren Bevölkerung, liegt, da er sich selber dort medizinisch engagiert. Hierdurch entsteht die hohe persönliche Relevanz der Thematik gemäß seiner eigenen Aussage. Jedoch besteht hier das Risiko, dass andere Pädiater, welche keine so starke Affinität zu diesen Ländern haben, auch keine hohe Relevanz der Thematik verspüren. Die Möglichkeit der Spendensammlung in der Praxis durch Aufstellen einer Spendenkasse, so dass interessierte Patienten ebenfalls spenden können, nutzt auch der Praxis, ihr Image positiv aufzuwerten. Auf diese Weise kann der Arzt seinem Ziel als „guter Arzt“ wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden, näher kommen. Die Wirkung durch diese Spendenakquise in der Praxis nimmt der befragte Arzt nicht bewusst wahr. Zumindest engagiert er sich anonym und führt keine aktiven Spendenaufrufe unter seinen Patienten durch, was die Aktion aus seiner Sicht unglaubwürdig machen würde. Dennoch profitiert die Praxis von dieser Wirkung. „Liegt vielleicht daran, dass ich ja auch Kinderarzt bin, dass mir das sehr am Herzen liegt. Ich würde jetzt nie für ein Altenheim oder so spenden. Das würde ich nicht machen, sondern eher in die Jugend investieren.“ Wahrgenommene Kosten Die wahrgenommenen Kosten für diese IL sind in allen Bereichen gering. So belaufen sich ökonomische Kosten ausschließlich bei Teilnahme an der Benefizgala auf Hotel und Fahrtkosten. Die Spenden sind zum einen auf freiwilliger Basis und zum anderen auch steuerlich absetzbar, wie ein befragter Arzt erwähnt. Das persönliche Investment bezieht sich lediglich auf die Zeit der Teilnahme an der Benefiz-Gala, welche jedoch nicht als beeinträchtigend wahrgenommen wird. Die hohe Glaubwürdigkeit der Informationsquelle und die als unabhängig wahrgenommene Stiftung reduzieren die psychologischen Kosten bezüglich einer möglichen negativen Beeinflussung. 5.6.2.4 Wirkung der indirekten Leistung in Bezug auf Loyalität und Verschreibung Die Wirkung der IL wird anhand der Kundenloyalität, bezogen auf die Teilnahme an der Benefiz-Gala, sowie der Zahlungsbereitschaft, welche sich in diesem Fall auf die Spendenbereitschaft bezieht, ermittelt. Die Kundenloyalität in Bezug auf die Teilnahme an der jährlichen Benefiz-Gala ist laut Marketingexperten sehr hoch. Anhand der Namenslisten lässt sich erkennen, dass zahlreiche Besucher der Veranstaltung über Jahre treu blieben und sich mit Spendenbeiträgen beteiligten. Wichtige Faktoren sind der Wiedererkennungswert bzw. das Erinnerungsvermögen, sowie die Attribuierung der IL zum Unternehmen als Hauptsponsor und damit die Steigerung einer möglichen Brand Salience. Gemäß der zuvor erwähnten Befragung ist diese Attribuierung bei einem Großteil der Pädiater vorhanden. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 213 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 213 Ein weiterer Indikator für die Akzeptanz der IL bei der Zielgruppe ist die Zahlungs- bzw. Spendenbereitschaft der Teilnehmer der Benefiz-Gala, sowie die Höhe des gesamten Spendenaufkommens. Laut Experten liegen die Einzelspenden des Großteils der Besucher weit über den erwarteten 20,- Euro bis hin zu Einzelspenden von 1000,- Euro. Desweiteren verzeichnen die Veranstalter regelmäßig eine rege Teilnahme bei der Auktion, als auch Tombolas zur Generierung weiterer Spenden im Rahmen der Gala. Diese Erfahrungen der Experten weisen auf eine positive Wirkung der IL hin. So erreichten die gesamten Spendenvolumina, d. h. während und im Nachgang der Veranstaltung, 300.000,- bis 400.000,- Euro. In den Jahren dieser IL konnten international Schulplätze für über 50.000 Kinder mitfinanziert werden. Übertragungseffekt auf Kernleistung Ein bewusster Übertragungseffekt auf das Verschreibungsverhalten lässt sich anhand der Aussagen des befragten Arztes nicht erkennen. „Jetzt nicht materiell, weil niemand […] kauft jetzt speziell deswegen bei Vaximed irgendetwas ein.“ Da die IL thematisch weiter vom Kernprodukt entfernt ist, als die anderen Kategorien, ist eine Verknüpfung gemäß den Abläufen der sozialen Austauschtheorie eher unwahrscheinlich. Für partizipierende Ärzte übernimmt die getätigte Spende zumindest unterbewusst die Funktion einer Gegenleistung, so dass kein Ungleichgewicht empfunden wird. Zudem handelt es sich, wie beabsichtigt, um ein soziales Engagement, so dass die Verschreibung der Kernprodukte zu weit entfernt ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass IL der imagebezogenen Kategorie über Einzahlung auf die Wirkungsfelder „Sympathie“, „Glaubwürdigkeit“ und durch eine gesteigerte „Brand Salience“ aufgrund der höheren Kontaktzahl auf das Verschreibungsverhalten wirken. Voraussetzung ist hierbei wiederum, dass es gelingt, die Attribuierung von IL und Unternehmensmarke zu realisieren. Ein Blick auf die Wirkungsfelder unter Einbeziehung der Erkenntnisse des Marketingexperten verdeutlicht diese Schlussfolgerung. Wie bei den beiden anderen Vaximed Fallstudien betont, sind die Anforderungen an das Wirkungsfeld „Direktes Marketing“ bei dem Unternehmen positiv erfüllt. Auch aus diesem Arztgespräch sind keinerlei Hinweise auf negative Einflüsse durch mangelnde Qualität der Kernleistung erkennbar. Aus Sicht des Unternehmens zahlt diese imagebezogene IL ebenfalls auf das Wirkungsfeld „Indirect Marketing“ ein und damit implizit auf das Verschreibungsverhalten. Aufgrund der Rückmeldungen, die das Unternehmen über den Außendienst und direkt auf den Veranstaltungen erhielt, kann davon ausgehen werden, dass das Engagement zumindest bei den involvierten Pädiatern wahrgenommen wurde, wie der Marketingexperte bestätigt. „Ich glaube, das war eigentlich vielen, vielen Ärzten dann auch klar und das ist auch uns, meiner Meinung nach, honoriert worden. Bei den Produkten […] die wir beim Pädiater haben, sind wir absoluter Marktführer. Ich denke, dass da kinderwelten ganz klar dazu beigetragen hat.“ 5.2 13.12.13 16:39 Seite 214 214 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing Zwar ist dieser Übertragungseffekt nicht monetär messbar und signifikant der IL zuzuordnen. Dennoch sprechen die Ergebnisse der zuvor erwähnten Befragung für einen gesteigerten Bekanntheitsgrad der IL in Zusammenhang mit der Unternehmensmarke. Hierdurch ist auch von einer Einzahlung auf die Brand Salience in Bezug auf das Unternehmen auszugehen, wobei die Verbindung zur Indikation hier nicht vorhanden und damit die Attribuierung im Entscheidungsmoment nicht wahrscheinlich ist. Durch den aktiven Einsatz, auch im Rahmen der Außendienstgespräche, trägt die IL zur Differenzierung und zur Steigerung des „Sympathiegrades“ für das Unternehmen bei. „kinderwelten war oftmals ein Door Opener in der Praxis. Ganz klar.“ Die Bereitschaft der Ärzte, vor allem der Pädiater und Jugendmediziner, über diese produktneutrale, soziale und damit differenzierende „Leistung“ zu sprechen, erscheint aus Expertensicht und aufgrund der langjährigen Erfahrung als sehr hoch. Dies liegt vor allem an der thematischen Ausrichtung an deren Hauptklientel „Kinder“ und damit an ihrem Interessenbereich. Der Pharmareferent gewinnt auf diese Weise wertvolle Gesprächszeit durch diese IL beim Arzt. Verfügt er über die notwendige Kompetenz der Gesprächsführung ermöglicht es ihm dieser Zeitgewinn, auch weitere Themenbereiche zu involvieren. Das vorrangige Ziel, über die Vermittlung der sozialen Verantwortung ein positives Unternehmensimage zu generieren und sich damit bei den Kunden zu differenzieren, ist aus Sicht des Experten erreicht worden. Man war von dem Erfolg überzeugt und daher wurde weiter in die IL investiert :„kinderwelten“ waren jeden Cent Wert, den wir investiert haben. Hat sich vielfach gelohnt.“ Kampagnen wie diese, zur Steigerung des Images, sind einer der Pfeiler der Marketingerfolgsformel bei Vaximed und damit auch die Begründung für den kontinuierlichen und breiten Einsatz des IM gemäß Aussage des Experten. Marketingerfolg Gute Produkt PR Gute ImageKampagnen Vernünftige Kundenbindungskonzepte Herausragende Produkteigenschaften der Kernleistung Abbildung 69: Pfeiler der Marketingerfolgsformel von Vaximed Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Expertengespräch Marketingexperte kinderwelten Award, November 2011. 5.2 13.12.13 16:39 Seite 215 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing 215 Die Basis des Erfolgs stellt auch in dieser Definition die herausragende Produkteigenschaft des Arzneimittels dar. Wichtigster Pfeiler des direkten Marketing ist die Produkt-PR. Eine hervorgehobene Bedeutung haben die IL, welche als Kundenbindungskonzepte und Imagekampagnen verstanden werden, in dem sie den Arzt in seiner täglichen Organisation und Arbeit unterstützen. Vaximed verfügt in dieser Zeit über eine ähnliche Unternehmenskultur und -philosophie wie Pharmacon: Kundenorientierung steht bei beiden Unternehmen im Mittelpunkt. Der Anspruch ist es, Ärzte im täglichen Geschäft zu unterstützen, auch wenn es sich um Themenbereiche handelt, die zwar verwandt aber nicht mit der eigenen Kernleistung verbunden sind. „Wenn ein Arzt Hilfe gebraucht hat für FSME, wo das Produkt nicht in unserem Portfolio stand, dann haben wir ihm eine Karte gegeben, Informationen gegeben, weil wir uns einfach verstanden haben, als Helfer des Arztes, ganzheitlich und nicht nur auf unsere Produkte beschränkt.“ Ziel und damit Inhalt des Marketing ist gemäß dieser Philosophie, dass die Unternehmen dem Arzt konzeptionell die Philosophie des Unternehmens durch eine übergeordnete Kompetenz vermitteln sollten, mit dem sich der Arzt identifizieren kann. Dies führt zu einer hinreichenden Differenzierung und gemäß des Experten auch automatisch zu einem entsprechenden Verschreibungsverhalten. Die folgende Aussage des Marketingexperten verdeutlicht Ziele und Philosophie, die hinter dem Einsatz dieser IL stehen. Zum einen ist das Management vom Übertragungseffekt der IL auf das Verschreibungsverhalten überzeugt. Zum anderen spiegelt sich in der Betonung der „moralischen Befriedigung“ auch die Unternehmenskultur wieder, welche nach aktuellen Erkenntnissen eine Basis für dessen Erfolg ist. „Der Profit ist die eine Sache, dass sie einen hohen Erkennungswert haben und damit auch einen gewissen Einfluss auf das Rezeptverhalten. Und das zweite ist ja auch die moralische Befriedigung, dass sie auch wirklich jeden Euro, den sie investieren in eine Sache, auch bei denen ankommt, die es nötig haben und nicht in irgendwelchen Verwaltungskosten verschwindet.“ 5.6.3 Zusammenfassung Die imagebezogene IL ist nicht als Einzelmaßnahme, sondern als Bestandteil eines ILPortfolios des Unternehmens zu sehen, aus welchem in diesem Forschungsprojekt drei Fälle untersucht wurden. Dabei verfolgen die Kategorien unterschiedliche Zielsetzungen. Bei der zuletzt untersuchten dritten Kategorie „Image“ geht es darum, auf persönlichkeitsbezogener Ebene ein gemeinsames Werte-Verständnis zu vermitteln und darüber Kundenbindung zu generieren. Daher ist die übergeordnete thematische Relevanz für den Empfänger „Arzt“ wichtig. In diesem Fall handelt es sich um die Unterstützung von „Präventivmaßnahmen“ für Kinder als Patientenklientel der angesprochenen Kinder- und Jugendärzte. Allerdings ist aus dem geführten Gespräch ersichtlich, dass die Relevanz für den befragten Arzt auch aus seiner eigenen aktiven Tätigkeit für Kinder im Ausland rührt. Diese Überein- 5.2 13.12.13 16:39 Seite 216 216 5 Empirische Fallstudien zu Indirect Marketing stimmung mit der eigenen Erfahrung wird beim Großteil der Zielgruppe nicht gegeben sein. Aktivitäten, welche thematisch mit dem eigenen Interessengebiet übereinstimmen, könnten somit auf breitere Akzeptanz und damit Übereinstimmung stoßen. In diesem Fall wäre z. B. die Unterstützung präventiver Maßnahmen für Kinder vor Ort und damit näher am direkten Klientel des Arztes, förderlich. Obwohl die IL weit von der Kernleistung entfernt ist, ist sie neben weiteren Kernleistungen ein eigener Besprechungspunkt des Außendienstes. Vaximed behandelt diese IL also wie ein eigenständiges Kernprodukt, da man von der differenzierenden Wirkung überzeugt ist. Die intensive Vorbereitung des Außendienstes auf diese Gespräche und die Einbindung in die Gesprächsrunden erhöht auch die Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Dies zeigt sich wiederum in den hohen Awareness-Raten, der Loyalität der Gala-Teilnehmer und der generierten Spenden, sowie in längeren Gesprächszeiten in den Praxen. Dies ist gelungen, obwohl der thematische Abstand zur Kernleistung groß ist. Entscheidend ist in diesem Unternehmen, wie erwähnt, die vom Top-Management geförderte positive Unternehmenskultur im Hinblick auf IM. Organisationale, als auch individuelle Kompetenzen sind absolut erfolgsrelevant. Wiederum zahlt die Kontinuität der IL über Jahre hinweg auf die Glaubwürdigkeit ein. Die Werte-Arten finden sich vermehrt im Bereich Erlebniswelten und symbolische Werte und zahlen damit auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse ein. Sie tragen also dazu bei, dass der Arzt sein eigenes Image positiv entwickeln kann und zahlen damit auf dessen übergeordnetes persönlichkeitsbezogenes Ziel ein. Diese IL fördert somit, über das „wahrgenommene Engagement“ und die Übereinstimmung mit der eigenen Überzeugung, den Anstieg der „Sympathie“ und damit der „Glaubwürdigkeit“ des Unternehmens. Ebenso trägt diese imagebezogene IL auf die Brand Salience durch die höhere Kontaktrate und die Verknüpfung des Unternehmens mit positiven Attributen wie „soziale Verantwortung“ bei. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 217 217 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Nach der In-Case-Analyse der Einzelfallstudien in Kapitel 5 erfolgt in Kapitel 6 die Synthese der gewonnenen Erkenntnisse durch deren Aggregation und Gegenüberstellung anhand einer interpretativen Vorgehensweise. Bei der In-Case-Analyse wurden die Fallstudien in der Reihenfolge von Sender in Richtung Empfänger analysiert. Die Vorgehensweise bei der Cross-Case-Analyse erfolgt nun in entgegengesetzter Richtung, also kundenseitig. So kann deutlich dargestellt werden, welche vorgelagerten Prozessschritte und Faktoren den schlussendlichen Erfolg oder Misserfolg der IL beeinflusst haben. Basis der Auswertung sind ausschließlich Erkenntnisse, welche sich aus den Fallstudien ableiten. 6.1 Aggregation der Wirkung, Wahrnehmung und Gestaltung indirekter Leistungen 6.1.1 Wirkung der indirekten Leistungen Die dargestellten IL unterscheiden sich in ihrer Wirkung. Sie bestätigen und ergänzen die von Weinhold postulierten Wirkungsweisen (siehe Kapitel 2.1.1).486 Abbildung 70 stellt die Ausprägungen der direkten Wirkungsfelder und Übertragungseffekte der IL gegenüber. Wirkung IL Fallstudien Zahlungsbereitschaft Kundenloyalität Übertragungseffekt WOM Wahrgenom. Engagement Brand Salience Patientennachfrage Medizinischer Beratungsservice (IN) Aufklärungskampagne (IN) Internetplattform (IN) Notfalltraining (PB) ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Viele Nennungen; Positive Erfüllung Einzelnennungen; Schwächere Erfüllung Keine Nennungen; Keine Erfüllung Abbildung 70: Ausprägung der Wirkungsfelder Quelle: Eigene Darstellung Die direkte Wirkung der IL wird anhand von Äußerungen zur „Zahlungsbereitschaft“, „Kundenloyalität“ und Anzeichen für deren Weiterempfehlung an Kollegen („WOM“) eingestuft. Kundenloyalität steht dabei für Hinweise einer Wiederinanspruchnahme der IL. Diese Intensivierung der Kundenbeziehung führt wiederum zu einem besseren Kundenzugang und damit zu einer besseren Position in kritischen Situationen (z. B. erhöhte Nebenwirkungsmeldungen). Die Wirkungsfelder des Übertragungseffektes auf 486 Vgl. Weinhold 1988, S. 495ff. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 218 218 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing die Kernleistung umfassen die ermittelten Ausprägungen des „wahrgenommenen Engagements“ des Unternehmens, dem Grad der „Brand Salience“, sowie der Steigerung einer potenziellen „Patientennachfrage“. Erstere beschreibt dabei den Wirkungsablauf gemäß der sozialen Austauschtheorie, wie zuvor beschrieben. Die Einstufung erfolgt anhand der bereits verwendeten Dreierskala. Über das breiteste Wirkungsprofil verfügt die indikationsbezogene Leistung (IN) „Medizinischer Beratungsservice“ von Pharmacon. In Bezug auf die Wirkungsbreite folgt direkt dahinter die praxisbezogene Leistung (PB) „Notfalltraining“, welche jedoch nicht unternehmensweit durchgeführt wurde. Die „Internetplattform“ von Respipharm (IN) schneidet dagegen beim Wirkungsprofil am schlechtesten ab und zeigt als einzige IL keinen Effekt auf eines der ermittelten Wirkungsfelder. Wirkung IL Mit Ausnahme der „Internetplattform“ ist bei allen IL eine Zahlungsbereitschaft erkennbar. Auf Nachfrage liegt diese überall zwischen 50,- und 100,-Euro. Lediglich für die wissenschaftlichen Fortbildungen im Rahmen der IN „Aufklärungskampagne“ ist sie schwächer ausgeprägt. Diese situative IL wird im thematischen Zusammenhang mit dem bevorstehenden Launch und somit als Werbung mit Eigennutz für die Firma wahrgenommen. Daher ist die Bereitschaft für einen zu erbringenden Gegenwert geringer. Bei allen IL mit positiver „Zahlungsbereitschaft“ ist, in Übereinstimmung mit Aussagen der Experten, von einem Potenzial für die Eigenvermarktung auszugehen. Insbesondere bei der IN „Medizinischer Beratungsservice“ und den beiden PB ist dieses Potenzial in Übereinstimmung mit deren wahrgenommenen KV besonders groß. Kundenloyalität in Bezug auf die jeweilige IL ist bei allen permanent ausgerichteten IL gegeben. Die beiden situativen IL „Aufklärungskampagne“ und „Internetplattform“ entwickeln hingegen keine Loyalität, da diese nach Launch der Kernleistung eingestellt bzw. in direkte Maßnahmen umgewandelt wurden. Allerdings deuten die Erkenntnisse bei der „Internetplattform“ selbst bei permanenter Ausrichtung nicht auf eine wiederholte Inanspruchnahme hin. Gemäß den theoretischen Grundlagen unter Kapitel 2.2.4 führt auch in den Fallstudien eine hohe Kundenzufriedenheit und damit - loyalität zu WOM. Dieser Multiplikatoreffekt für die Absendermarke ist insbesondere beim „Medizinischen Beratungsservice“ sowie dem „Notfalltraining“ erkennbar. Die Begeisterung für die Leistungen ist hier so groß, dass selbst in Gesprächen zu anderen Fallstudien Hinweise zu diesen IL zu finden sind. Der WOM-Effekt bei der „Aufklärungskampagne“ hingegen, ist eher auf die massive Präsenz durch die Laienkampagne und den bevorstehenden Launch des patentierten Impfstoffes zurückzuführen. Die Fortbildungen werden weniger genannt, sondern eher die massive Präsenz des Themas in der Laienpresse, welche zu WOM bzgl. Fortbildungsbedarf für die neue Thematik zwischen Arztkollegen führt. Bei der imagebezogenen IL (IB) „kinderwelten Award“ ist zumindest bei den geführten Gesprächen kein WOM-Effekt erkennbar. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 219 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing 219 Übertragungseffekt Bei Erfüllung der Anforderungen an die Kernleistung „Arzneimittel“, sowie der möglichen vollständigen Substituierbarkeit der Produkte mit Wettbewerbsprodukten oder anderen Therapieoptionen, ist bei den meisten dargestellten IL von einem Übertragungseffekt auszugehen. Dabei interagieren die drei Wirkungsfelder untereinander. Ausnahme ist wiederum die „Internetplattform“ von Respipharm, welche von Ärzten wenig bis gar nicht beansprucht wird und somit auch keinen weiteren Effekt auslösen kann. Die Äußerungen der Ärzte bestätigen die Wirkweise des wahrgenommenen Engagements für die Praxis oder im Fall von imagebezogene IL für einen gemeinsamen Zweck. Dadurch entsteht der Wunsch, einen Gegenwert zu erbringen. Die spezifische Gestaltung der IL führt dazu, dass diese als wichtige, relevante Unterstützung wahrgenommen wird. Dabei fällt auf, dass IL mit dieser Wirkweise, gemäß der sozialen Austauschtheorie, vermehrt in den Kategorien Praxis- und Imagebezug auftreten. Ausnahme ist die IN „Med. Beratungsservice“. Anders als bei praxisbezogenen, handelt es sich bei imagebezogenen IL jedoch mehr um das „wahrgenommene soziale Engagement“ für einen gemeinsam zu verfolgenden Zweck als um das Engagement für die Unterstützung im Praxisalltag. Dementsprechend ist hier auch von einem geringeren Einfluss auf das Verschreibungsverhalten auszugehen. Der „Gegenwert“ besteht eher in der Spenden- bzw. Zahlungsbereitschaft für eine förderungswürdige Aktivität. Ein Bedarf, dem Unternehmen für das Engagement eine Gegenleistung in Form der Verschreibung zu erbringen, ist nicht erkennbar. Die Wahrnehmung des sozialen Engagements zahlt vielmehr auf die Markenbildung des Unternehmens und damit die „Brand Salience“ ein. Die IN „Aufklärungskampagne“ wird weniger als „Engagement“ für die Praxis wahrgenommen. Ärzte sehen darin eine notwendige Maßnahme im Vorfeld des Produktlaunch, die in erster Linie aus Eigeninteresse des Unternehmens durchgeführt wird. Obwohl die IL (produkt-) unabhängig gestaltet ist, vermittelt sie jedoch auch aufgrund der hohen Aufmerksamkeitsrate diesen Eindruck und reduziert somit den Effekt auf dieses Wirkungsfeld. Derselbe Effekt ergibt sich bei der zweiten situativen IL „Internetplattform“. Die Ausprägung des Wirkungsfeldes Brand Salience und damit die Erinnerung bzw. Wiedererkennung im Verschreibungsmoment ist bei IN stärker ausgeprägt als bei den thematisch weiter entfernten IL. Pharmacon profitiert von dem durch die IL generierten Begeisterungsfaktor. Bei der Vaximed „Aufklärungskampagne“ führt hingegen die gesteigerte Patientennachfrage und Diskussion in Ärztekreisen aufgrund der groß angelegten Laienkampagne zu einer Steigerung der Awareness und damit der „Brand Salience“. Die Generierung eines hohen Grades an „Brand Salience“ scheint hingegen bei Praxis- und Imagebezug schwieriger zu sein. Bei allen untersuchten Fällen sind die Erbringer der IL in erster Linie nicht die Unternehmen, sondern einzelne Außendienstmitarbeiter oder Kooperationspartner wie ReiseMED oder die Stiftung. Dennoch kann es gelingen, diese IL mit dem Unternehmen zu verbinden. Je weiter sich die IL thematisch vom Kernprodukt entfernen, desto höher sind jedoch die Anforderungen an die Kompetenz der Außendienstmitarbeiter, welche sie zu platzieren haben. Bei ReiseMED gelang diese Verknüpfung nicht flächendeckend, so dass einzelne Ärzte die IL dem Wettbewerber zuordnen. Der lange Zeitabstand zur Leistungserbringung spielt bei dieser Zuordnung jedoch auch eine Rolle. Der „Brand Salience“-Effekt nimmt demnach ab, wenn eine IL 6.2 13.12.13 16:39 Seite 220 220 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing nicht kontinuierlich in Verbindung mit der Unternehmensmarke als Erbringer gebracht wird. ReiseMED gelingt es hingegen durch die Breite des Leistungsangebots, der Kommunikationskanäle und Partner auf die Patientennachfrage zu Reiseimpfungen zu wirken. Dies ist ebenfalls bei der „Aufklärungskampagne“ von Vaximed der Fall. Wichtig dabei ist jedoch die zeitliche Abfolge. Damit die „Patientennachfrage“ auch einen gezielten Übertragungseffekt auslösen kann, ist im Vorfeld eine arztorientierte IL, z. B. in Form einer Fortbildung zur Thematik, notwendig. Somit kann die Verknüpfung mit der eigenen Marke gesteigert werden. Generell ist davon auszugehen, dass sich eine gesteigerte Patientennachfrage für eine bestimmte Thematik in einem generischen bzw. einem Markt mit substituierbaren Therapieoptionen, auf die im Markt vertretenen Produkte und Unternehmen gemäß deren Marktanteile verteilt. Somit profitiert ein Unternehmen auf jeden Fall von einer solchen Aktion. Gelingt es jedoch im Vorfeld die „Brand Salience“ für das Thema in Verbindung mit dem Unternehmen zu steigern, ist das Risiko einer Förderung des Wettbewerbs geringer. Auffällig ist, dass indikationsbezogene IL stärker auf die „Brand Salience“ wirken. IL, welche thematisch weiter von der Kernleistung entfernt sind, haben es aus beschriebenen Gründen schwerer diese Verbindung herzustellen. Praxis- und imagebezogene wirken tendenziell stärker auf das „wahrgenommene Engagement“ für die Praxis. Bei gleichzeitiger hoher „Zahlungsbereitschaft“ aufgrund des hohen KV ist von einem Übertragungseffekt als eine Form der Gegenleistung auszugehen. Die thematische Nähe zur Kernleistung stellt für die indikationsbezogene IL bezüglich dieses Wirkungsfelds allerdings ein mögliches Risiko dar. Liefern sie nicht einen außerordentlichen KV, wie im Fall des „Med. Beratungsservice“, können sie, bei gleichzeitig schlechter Kommunikation über den Außendienst, Reaktanz auslösen, wie z. T. bei der „Aufklärungskampagne“ geschehen. Dies liegt daran, dass die Leistung in erster Linie dem Eigeninteresse des Unternehmens zugeordnet wird. Bei korrekter Konfiguration und Kommunikation ermöglichen IL einen Übertragungseffekt auf die Kernleistung. Wie der Best Case „Med. Beratungsservice“, als auch das „Notfalltraining“ zeigen, ist dabei auch eine Aktivierung mehrerer Wirkungsfelder möglich, die zudem auch untereinander interagieren. 6.1.2 Wahrnehmung der indirekten Leistungen Die Wirkung der IL resultiert gemäß dem dargestellten Modell aus einem hohen KV, der über das Kosten-Nutzen-Verhältnis zustande kommt. Wahrgenommene Werte tragen dabei zur Schaffung eines Nutzens durch Ansprache der Bedürfniskategorien bei. Die erfolgreichen Fallstudien decken sowohl praxis- als auch direkt persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse ab. IL mit einem schwächeren Übertragungseffekt verfügen hingegen über eine geringere Wirkbreite. Abbildung 71 verdeutlicht, dass Leistungen der drei IM-Kategorien erfolgreich sein können, auch wenn sie über unterschiedliche Schwerpunkte in der Bedürfnisansprache verfügen. So konzentrieren sich Leistungen mit Indikationsbezug stärker auf die praxisbezogenen Bedürfnisse WM und ZM, wohingegen Leistungen mit Praxisbezug zusätzlich KM und PM ansprechen. Bei PB liegt die Konzentration vor allem auf PM und WM, da im Zusammenhang mit der Vermittlung praxismanagement-relevanter Themen auch gleichzeitig medizinisches Wissen vermittelt wird. Durch die Unterstützung bei Praxisabläufen haben sie zudem einen Einfluss auf ZM und KM. Leistungen mit Imagebezug adressieren dagegen 6.2 13.12.13 16:39 Seite 221 221 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing direkt persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse. Allgemeine Ausnahme ist hierbei wiederum die „Internetplattform“ als negativer Case. Praxisbezug Fallstudien Wissensmanagement (WM) Zeitmanagement (ZM) Kostenmanagement (KM) Praxismanagement (PM) Persönlichkeitsbezug Medizinischer Beratungsservice (IN) Aufklärungskampagne (IN) Internetplattform (IN) Notfalltraining (PB) ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Abbildung 71: Ausprägung der angesprochenen Bedürfniskategorien durch die IL Quelle: Eigene Darstellung Wahrgenommene Qualität und Werte-Arten der indirekten Leistungen Die Einbeziehung der wahrgenommenen Werte-Arten der IL verdeutlicht die unterschiedliche Ansprache von Bedürfniskategorien. Abbildung 72 verdeutlicht die Schwerpunkte der Werte-Arten pro IL. Die Darstellung erfolgt anhand einer vierstufigen Skala, welche die Anzahl verschiedener Nennungen pro Werte-Art unterteilt. Weiße und hellgraue Bereiche verfügen dabei über keine bzw. Einzelwertenennungen und haben keinen ersichtlichen Einfluss auf die Nennungen zur Relevanz und damit zum Nutzen. Wahrgenommene Werte-Arten Fallstudien Funktionale Werte Erlebniswelten Symbolischer Wert Medizinischer Beratungsservice (IN) Aufklärungskampagne (IN) Internetplattform (IN) Notfalltraining (PB) ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Sehr viele Nennungen Mehrere Nennungen Einzelnennungen Abbildung 72: Ausprägung der wahrgenommenen Werte-Arten Quelle: Eigene Darstellung Keine Nennung 6.2 13.12.13 16:39 Seite 222 222 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Funktionale Werte zahlen über alle Fallstudien hinweg direkt auf praxisbezogene Bedürfnisse ein. Die IB „kinderwelten Award“ verfügt über keinen großen genannten funktionalen Wert und damit auch nicht über einen hohen praxisbezogenen Beitrag. Vielmehr wird deutlich, dass Leistungen, welche über ausgeprägte symbolische Werte und Werte im Bereich Erlebniswelten verfügen, auch einen starken direkten Einfluss auf persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse haben. Die „Internetplattform“ als auch die „Aufklärungskampagne“ verfügen über keine wahrgenommenen symbolischen Werte und damit auch über keine Nennungen in diesem Bereich. Insbesondere die „Aufklärungskampagne“ trägt daher nur indirekt durch die Ansprache praxisbezogener Bedürfnisse (WM, ZM) zur Erfüllung der übergeordneten persönlichkeitsbezogenen Bedürfniskategorie bei. Abbildung 73 fasst diese Zusammenhänge grafisch zusammen und verdeutlicht, welche Werte-Arten bei den analysierten IL auf welche Bedürfniskategorien einzahlen. Werte: Functional Bedürfnisse: Praxisbezug Wissensmanagement Zeitmanagement Praxismanagement Experiental Kostenmanagement Persönlichkeitsbezug Symbolic Abbildung 73: Beiträge der Werte-Arten zur Bedürfnisbefriedigung Quelle: Eigene Darstellung Bei den genannten Werte-Quellen der untersuchten IL ergibt sich folgende absteigende Reihenfolge: „Produkt-/Dienstleistungseigenschaften“ (P/D), „Beziehungsorientierte Interaktionen“ (BI), „Umfeld der Leistungserbringung“ (UL), „Prozess der Eigentumsübertragung“ (PE) und „Information“ (I). Letztere steuert in keiner der Fallstudien Werte bei. P/D verfügen über die meisten Werte-Nennungen, vornehmlich funktionaler und symbolischer Natur. Nennungen zum Bereich „Erlebniswelten“ beschränken sich auf die Einbindung hochwertiger Referenten. UL kreiert hingegen ausschließlich Erlebniswelten-Werte durch den jeweiligen Veranstaltungsort. Ein besonderes Ambiente oder auch die Vertrautheit der eigenen Praxis werden als positive Werte wahrgenommen. PE liefert als Quelle funktionale Werte mit Zeitbezug. Sowohl beim „Med. Beratungsservice“, als auch bei der situativen „Aufklärungskampagne“ liegt der Wert in der schnellen Beantwortung bzw. Vorabinformation des Arztes vor dem patientenorientierten Bestandteil der IL. Diese beiden Werte erklären den Beitrag zum ZM der beiden IL unter Abbildung 71. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 223 223 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Auffallend bei den Nennungen ist, dass die beiden erfolgreichsten IL, „Med. Beratungsservice“ und „Notfalltraining“, welche bei den Ärzten auch am besten in Erinnerung geblieben sind und eine hohe Kundenloyalität inkl. WOM erzeugt haben, viele Werte aus dem Bereich BI ziehen. Diese Quelle schafft hauptsächlich symbolische Werte, aber auch Werte im Bereich Erlebniswelten und trägt somit zur Befriedigung der persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse, wie Wertschätzung, bei. Wahrnehmung der Kostenarten und Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Die Werte einer IL, die durch die Ausprägung der Gestaltungsfaktoren geschaffen werden, wirken sich auch gleichzeitig minimierend oder steigernd auf die Wahrnehmung der Kostenarten aus. Diese Kostenbeiträge liefern einen weiteren Erklärungsansatz für den Erfolg der jeweiligen IL, da diese direkt auf den wahrgenommenen KV Einfluss haben. Abbildung 74 stellt die Wahrnehmung der Kostenarten der Fallstudien gegenüber. Sie dient dem Verständnis für den Beitrag kostensteigernder und kostensenkender Faktoren auf den KV. Um einen Vergleich zwischen den Fallstudien zu ermöglichen, erhalten kostensenkende Pfeile den Wert -1, kostensteigernde Pfeile den Wert +1 und waagrechte, kostenneutrale Pfeile den Wert 0. Da sich die Abbildung ausschließlich auf genannte Werte bezieht, bezeichnen schwarze Kreise Felder ohne Nennungen. Somit können sie aufsummiert werden. Je niedriger die Summe, desto stärker wirkt sich die IL kostensenkend aus. Die Angaben sind dabei nicht als absolute Zahlen zu verstehen, sondern geben die Entwicklungstendenz der Kostenarten wieder. Wahrgenommene Kostenarten Fallstudien Medizinischer Beratungsservice (IN) Aufklärungskampagne (IN) Internetplattform (IN) Notfalltraining (PB) ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Tendenz Ökonomische Kosten Psychologische Kosten Persönliches Investment Risiko O -4 O O -4 -3 1 -2 0 Abbildung 74: Ausprägung der wahrgenommenen Kostenarten Quelle: Eigene Darstellung Abbildung 74 verdeutlicht, dass die beiden erfolgreichsten IL auch gleichzeitig über das höchste wahrgenommene Kostensenkungspotenzial verfügen. IL, welche über eine geringe oder keine direkte Wirkung, sowie über keinen Übertragungseffekt verfügen, haben dagegen kostenneutrale oder –steigernde Werte, welche damit auch den KV reduzieren. Ob eine IL im Endeffekt in Anspruch genommen wird, liegt in der subjektiven Bewertung der Ärzte des wahrgenommenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Die Wahrnehmung der Kostenarten ist wiederum auf die jeweiligen Gestaltungsfaktoren 6.2 13.12.13 16:39 Seite 224 224 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing zurückzuführen. Leistungseigenschaften der Kommerzialisierung, wie der Preis, wirken auf die Wahrnehmung der ökonomischen Kosten, wie an den Fällen „ReiseMED“ und „kinderwelten Award“ deutlich wird. Von besonderem Interesse für IL sind die psychologischen Kosten. Bis auf die „Internetplattform“ und die „Aufklärungskampagne“ wirken alle IL darauf kostenreduzierend. Die Äußerungen zu diesen Bereichen konzentrieren sich auf die Unabhängigkeit, die damit verbundene Neutralität der Informationsquelle und damit deren Glaubwürdigkeit. Aus Abbildung 75 wird ersichtlich, weshalb gerade diese beiden IL über Defizite in Bezug auf die Glaubwürdigkeit verfügen. So vermitteln diese den Ärzten keine explizite (Produkt-) Unabhängigkeit, sowie Trennung vom Verkauf. Die IL von Respipharm ist, bis auf den „Sympathiegrad“ zum jeweiligen Außendienst und zum Unternehmen, negativ ausgeprägt und wirkt sich somit steigernd auf die psychologischen Kosten aus. Alle anderen IL erfüllen die Anforderungen an die Glaubwürdigkeit und haben somit eine reduzierende Wirkung auf diesen Bereich. Fallstudien Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Expertenkompetenz Reputation Sympathiegrad Medizinischer Beratungsservice (IN) Aufklärungskampagne (IN) Internetplattform (IN) Notfalltraining (PB) ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Abbildung 75: Ausprägung der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Quelle: Eigene Darstellung Die Konfiguration der IN „Internetplattform“ und der damit verbundene zeitliche Aufwand für den Arzt steigern dessen persönliches Investment und reduzieren somit den KV. Im Vergleich dazu achten die anderen Unternehmen bzw. der Pharmareferent von PB „Notfalltraining“ darauf, das persönliche Investment des Arztes möglichst gering zu halten. In diesem Zusammenhang steht auch die Beeinflussung des wahrgenommenen Risikos. Durch hohe Qualität der gelieferten Werte in Kombination mit einer hohen Glaubwürdigkeit kann es gelingen, das Risiko des Arztes in Bezug auf Verschwendung von Zeit, Geld und Ressourcen durch Etablierung einer Vertrauensbasis zu verringern. Die Kontinuität der Erbringung spielt bei mehreren IL bei der Etablierung der Vertrauenswürdigkeit und damit Glaubwürdigkeit eine große Rolle. Insbesondere den beiden erfolgreichsten Leistungen gelingt es so, eine andauernde Wirkung zu erzeugen. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 225 225 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing 6.1.3 Synthese der Gestaltungsfaktoren indirekter Leistungen Das folgende Kapitel beleuchtet Gestaltungsfaktoren, welche einen Einfluss auf den Erfolg von IL haben und damit deren Wahrnehmung und Wirkung beeinflussen. Durch die Gegenüberstellung der verschiedenen Leistungsausprägungen werden Erklärungsbeiträge zu den Zusammenhängen hergeleitet. Dabei fallen Faktoren in den Fokus der Betrachtung, welche in vorangegangenen Kapiteln einen Einfluss vermuten lassen. Kommunikation Der Gestaltungsfaktor „Kommunikation“ bündelt alle vorgelagerten Schritte der Leistungserstellung und bildet somit die Schnittstelle zum Kunden „Arzt“. Drei Teilbereiche der Kommunikation sind zur Generierung von Erklärungsbeiträgen von Interesse. Dabei handelt es sich um die „Kommunikationsstrategie“, die Ausprägung der „Kommunikationsinhalte“, sowie die Wahl des „Kommunikationskanals“. Diese drei Teilbereiche werden in dieser Reihenfolge einzeln behandelt. Die Kommunikationsstrategie umfasst dabei das „vorrangige Ziel“, die zeitliche „Ausrichtung“ und die „Kontakthäufigkeit“ der IL mit dem Arzt. Abbildung 76 fasst die unterschiedlichen Ausprägungen zusammen. Kommunikationsstrategie Fallstudien Vorrangiges Ziel Ausrichtung Kontakthäufigkeit Medizinischer Beratungsservice (IN) Kundenbindung Langfristig Hoch Aufklärungskampagne (IN) Aufmerksamkeit Situativ Hoch Internetplattform (IN) Aufmerksamkeit Situativ Mitarbeiterspezifisch Notfalltraining (PB) Kundenbindung Langfristig Hoch, Mitarbeiterspezifisch ReiseMED (PB) Kundenbindung Langfristig Hoch, Mitarbeiterspezifisch kinderwelten Award (IB) Differenzierung Langfristig Hoch, Mitarbeiterspezifisch Abbildung 76: Ausprägung der Kommunikationsstrategien Quelle: Eigene Darstellung Die IL unterscheiden sich in Bezug auf ihr vorrangiges Ziel. Die Hälfte der untersuchten Leistungen hat „Kundenbindung“ durch eine gesteigerte Kundenloyalität und der damit verbundenen positiven Effekte zum Ziel. Dieses verfolgen IL der Kategorien Indikationsund Praxisbezug. Ausnahmen sind situative IL, welche im Rahmen von Prämarketingund Einführungsphasen eingesetzt werden. Sie zielen auf die Schaffung von Aufmerksamkeit für eine bestimmte medizinische Thematik ab. Die IB „kinderwelten Award“ verfolgt vorrangig die thematische „Differenzierung“ der Marke, um nachgelagert das Ziel der „Kundenbindung“ zu erreichen. Imagebezogene IL dienen dazu, eine thematische Verbundenheit für ein gemeinsames Thema bzw. soziales Ziel zu etablieren. Durch dieses gemeinsame, langfristig angelegte Engagement entsteht wiederum Kunden- 6.2 13.12.13 16:39 Seite 226 226 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing bindung, die automatisch zu mehr Gesprächszeit und einem besseren Zugang führt, indem sich Unternehmen und Arzt zusammen für einen gemeinsamen Zweck einsetzen. Die anderen IL konzentrieren sich hingegen auf die aktive Unterstützung des Arztes im Praxisalltag. Die langfristige Ausrichtung steht im Einklang mit dem Ziel von IM, eine übergeordnete Kompetenz für die Unternehmensmarke zu kreieren. Situative IL stehen diesem Ziel entgegen. Der situative Einsatz von IN bietet sich nach den gewonnenen Erkenntnissen ausschließlich im Rahmen einer Prämarketingphase an, um im Vorfeld der Produkteinführung Aufmerksamkeit für eine bestimmte Indikation zu erhöhen und kurzfristig „Brand Salience“ zu generieren. Dies ist durch die thematische Nähe der IL zur Kernleistung möglich, bedarf jedoch einer sehr hohen Kontaktrate. Im Anschluss an den Launch versprechen diese jedoch keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse und sind somit obsolet. Bei entfernteren IL aus den Bereichen PB und IB ist ein situativer Einsatz nicht empfehlenswert. Situative IL sind langfristig angelegten IL in der Wirkung unterlegen, da sie weniger Zeit haben, thematische Attributionen zur Marke herzustellen und damit „Brand Salience“ zu schaffen. Dies wird bei der Darstellung der Übertragungseffekte unter Abbildung 70 deutlich. So schafft die „Aufklärungskampagne“ die notwendige „Brand Salience“ für den Übertragungseffekt zu allererst durch die massive Laienkampagne und weniger durch die arztorientierten Bestandteile. Ein weiterer erfolgskritischer Faktor ist die Kontakthäufigkeit der Zielgruppe mit der IL. Dies ist für alle Wirkungsfelder relevant, damit der KV der IL mit dem Unternehmen als Sender in Verbindung gebracht werden kann. Bei Fallstudien, in denen das Marketing den Einsatz der IL zentral steuert, ist die Kontaktrate hoch. Andere IL, welche auf die dezentrale Kommunikation über den Außendienst setzen, unterliegen dem Risiko, dass die Häufigkeit der Besprechung mitarbeiterspezifisch stattfindet. Die Kontakthäufigkeit hängt also von der Überzeugung des jeweiligen Mitarbeiters ab. Des Weiteren hängt von dessen Fähigkeiten, im Fall der Kommunikation über den Außendienst, auch die kundenspezifische Ausrichtung der Argumentation am jeweiligen Arzttyp ab. Einen Überblick über den Teilbereich „Kommunikationsinhalte“ liefert Abbildung 77. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 227 227 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Kommunikationsinhalte Fallstudien Nennung Kundenspezifische Argumentation Wissenschaftliche Breite Wissenschaftliche Objektivität Sehr hoch Sehr hoch Produkt Unternehmen Medizinischer Beratungsservice (IN) Nein Ja Aufklärungskampagne (IN) Nein Arzt: Ja Laien: Nein Facharztgruppe: Ja Arzttyp: Mitarbeiterspezifisch Nein Nein Internetplattform (IN) Nein Ja Facharztgruppe: Nein Arzttyp: Mitarbeiterspezifisch Nein Nein Notfalltraining (PB) Nein Ja Facharztgruppe: Nein Arzttyp: Mitarbeiterspezifisch Sehr hoch Sehr hoch ReiseMED (PB) Nein Ja Facharztgruppe: Ja Arzttyp: Mitarbeiterspezifisch Sehr hoch Sehr hoch kinderwelten Award (IB) Nein Ja Facharztgruppe: Ja Arzttyp: Mitarbeiterspezifisch Facharztgruppe: Ja Arzttyp: Nein Abbildung 77: Ausprägung der Kommunikationsinhalte Quelle: Eigene Darstellung Eine zentral gesteuerte kundenspezifische Argumentation erfolgt bei vier von sechs Fällen anhand der Facharztgruppen und deren Wissensstand. Arzttypen werden bei keinem Unternehmen zentral einbezogen. Da es sich bei den IL um Leistungen handelt, die hauptsächlich praxisbezogene Leistungen und damit Fachthemen ansprechen, die für den Großteil der Ärzte beruflich relevant sind, wird sich auf die fachbezogene Argumentation konzentriert. Auf zentrale vom Marketing vorgegebene, typenspezifische Argumente wird verzichtet. Dennoch besteht Verbesserungspotenzial in der Ansprache, auch um das Risiko einer Ablehnung durch eine falsche Kundenansprache zu verringern. Dies kann durch eine auf den Arzttypus zugeschnittene Argumentation erreicht werden. Eine Produktnennung findet gemäß der IM-Definition bei keiner IL statt. Jedoch werden die jeweiligen Unternehmensmarken in unterschiedlichen Kontexten, mit Ausnahme der Laienansprache bei Vaximed, aufgeführt. Unterschiede bestehen in der Positionierung entweder in der Rolle des Unterstützers bei „ReiseMED“ oder beim „kinderwelten Award“ oder als eigentlicher „Erbringer“ bzw. Veranstalter der IL beim „Notfalltraining“, „Internetplattform“, „Aufklärungskampagne“ oder „Med. Beratungsservice“. Diese Positionierung hat jedoch keinen erkennbaren Einfluss auf die Wirkung. Allerdings scheint eine stärkere Einbindung der eigenen Mitarbeiter, zu einer deutlicheren Verknüpfung der IL mit dem Unternehmen zu führen. Wichtige inhaltliche Faktoren für Indikations- und praxisbezogene IL sind die wissenschaftliche Breite und wissenschaftliche Objektivität. Sind diese aus Sicht der Ärzte nicht sichergestellt, kann dies Auswirkungen auf die wahrgenommenen Kosten haben. So steigen die „psychologischen Kosten“, da eine zu enge thematische Ausrichtung der Leistungen als mögliche Beeinflussung und Einschränkung der Therapiehoheit wahrgenommen werden kann. Ebenso steigt das „persönliche Investment“, da Ärzte nicht 6.2 13.12.13 16:39 Seite 228 228 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing alle relevanten Informationen über diese IL erhalten und somit gezwungen sind, weitere Angebote zu nutzen. Somit steigt der zeitliche Aufwand zur Informationsgenerierung. Über diese Problematik verfügen die beiden situativen IL, die aufgrund des Kommunikationsziels und der zeitlichen Nähe zum bevorstehenden Launch nicht sehr breit aufgestellt sein können. Die anderen langfristig angelegten IL hingegen legen besonderen Wert auf wissenschaftliche Breite und Objektivität. Dies zahlt auf die Wahrnehmung der „Unabhängigkeit“ ein und trägt damit zu einer höheren „Glaubwürdigkeit“ bei. Die situativen IL schneiden wiederum schlechter ab, gerade aufgrund dieser als geringer wahrgenommenen wissenschaftlichen Objektivität und damit Neutralität. Die IB „kinderwelten Award“ transportiert aufgrund der Zielsetzung keine wissenschaftlichen Inhalte, so dass diese Aspekte hier keine Relevanz haben. Die Ausprägungen des dritten Teilbereichs „Kommunikationskanal“ werden in Abbildung 78 gegenübergestellt. Kommunikationsstrategie Fallstudien Informationskanal Zielgruppe Informationsquelle Sender Arztorientiert Kinder- und Jugendärzte Unabhängige Experten Mailing Aufklärungskampagne (IN) Arzt- & patientenorientiert Kinder- und Jugendärzte, API, Gynäkologen, Laien Unabhängige Experten Außendienst Internetplattform (IN) Arzt- & patientenorientiert API, Pneumologen Unternehmen Außendienst Arztorientiert API, Pneumologen Unternehmen Außendienst Arzt- & patientenorientiert Reisemediziner (API) Unabhängige Experten Außendienst Arztorientiert Kinder- und Jugendärzte Unabhängige Experten Außendienst Medizinischer Beratungsservice (IN) Notfalltraining (PB) ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Abbildung 78: Ausprägungen der Kommunikationskanäle Quelle: Eigene Darstellung Die Hälfte der untersuchten IL, sowohl Indikations- als auch Praxisbezug, nutzen arzt- und patientenorientierte Informationskanäle. Bis auf die IN „Internetplattform“ spiegelt sich dies auch im Wirkungsfeld „Patientennachfrage“ wieder. Da diese IL zwar mit einer eigenen Seite an Patienten gerichtet, aber nicht nachdrücklich kommuniziert wurde, ist hier keine Wirkung zu verzeichnen. Die Kommunikation der meisten Fallstudien ist auf eine spezifische ärztliche Zielgruppe ausgerichtet. Dies ermöglicht eine fokussierte Ansprache und Argumentation. Die meisten Arztgruppen werden durch die IN „Aufklärungskampagne“ angesprochen, um alle relevanten Impfärzte über die Indikation des bevorstehenden Launch zu informieren. Da diese Arztgruppen über unterschiedliche Wissensstände verfügen, stellt Vaximed eine differenzierte Ansprache durch spezifische Leitfäden sicher. Respipharm nutzt hingegen eine einheitliche Ansprache der Arztgruppen und stößt damit auf Ablehnung, da die mit der IL bereitgestellten Informationen, insbesondere bei Fachärzten 6.2 13.12.13 16:39 Seite 229 229 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing wie Pneumologen bekannt sind und damit über keine Relevanz verfügen. Bei der situativen IL profitiert Vaximed eindeutig vom Neuigkeitsfaktor der neuen Präventivmaßnahme. Als Informationsquelle nutzen alle Unternehmen, mit Ausnahme von Respipharm, unabhängige Experten und damit Kooperationen. Die Begründung hierfür liegt in den Kompetenzprofilen der jeweiligen Unternehmen. Bis auf Pharmacon nutzen alle Unternehmen den eigenen Außendienst als Sender und Überbringer der IL. Dennoch erreicht die IN „Med. Beratungsservice“ den breitesten Wirkungsgrad bei Ärzten. Der Außendienst ermöglicht zwar eine direkte, persönliche und intensivere Ansprache, erhöht jedoch die Komplexität und das zuvor erwähnte Risiko in der Kommunikation, wenn es nicht gelingt die Kompetenz und das Involvement der Mitarbeiter sicherzustellen. Die Verantwortung der Mitarbeiter für die zielgruppenspezifische Kommunikation vor Ort verdeutlicht die hohe Bedeutung der Sicherstellung von Kompetenz und Akzeptanz der IL im Kommunikationskanal „Außendienst“. Kompetenz Fallstudien Medizinischer Beratungsservice (IN) Aufklärungskampagne (IN) Vorbereitende Schulungen IM Kompetenz Vertrieb Nein Marketing Thematische Fachkompetenz Ja Ja Ja z. T. Ja Ja Internetplattform (IN) Nein z. T. z. T. Ja Notfalltraining (PB) Nein z. T. z. T. Ja ReiseMED (PB) Nein z. T. Ja Nein Ja z. T. Ja Nein kinderwelten Award (IB) Abbildung 79: Ausprägung der Kompetenzen Quelle: Eigene Darstellung Obwohl die Sicherstellung einer korrekten Kommunikation zur Risikovermeidung gerade bei IL über den Außendienst unabdingbar ist, finden vorbereitende Schulungen nur bei zwei von fünf betroffenen IL statt. Das „Notfalltraining“ nimmt hierbei eine Sonderstellung ein, da diese IL nicht flächendeckend eingesetzt wird. Der Mitarbeiter, der sie durchführt, ist jedoch optimal vorbereitet. Hingegen ist bei den IL „Internetplattform“ und „ReiseMED“ von einem negativen Einfluss der fehlenden Vorbereitung auszugehen. Insbesondere letztere verfügt über eine hohe Komplexität aufgrund zahlreicher Leistungsbestandteile und sticht so aus den aufgeführten IL hervor. Da sie jedoch im Verhältnis über eine negative „Brand Salience“ verfügt und einige Äußerungen auf eine mögliche Substituierbarkeit der IL durch kostenlose Internetangebote hinweisen, ist davon auszugehen, dass der eigentliche Wert dieser IL nicht bei allen Ärzten angekommen ist. Ein Faktor kann der Außendienst sein, der zum Teil nicht über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Jedoch weist auch die Zahl der akquirierten Ärzte darauf hin, dass nicht alle Außendienstmitarbeiter die IL optimal einsetzten. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 230 230 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Gerade wenn die IM-Kompetenz im Vertrieb nicht flächendeckend gegeben ist, sind vorbereitende Schulungen wichtig, um die „Glaubwürdigkeit“ nicht durch zu produktorientierte Argumentation zu beeinträchtigen. Anhand der Expertenaussagen wird deutlich, dass Vertriebsmitarbeiter generell produkt- und verkaufsförderungsnahe Aktivitäten bevorzugen, um einen „schnelleren“ Erfolg zu erzielen. Der Einsatz langfristiger Kundenbindungsmaßnahmen, wie IL, bedarf jedoch einer genaueren Kenntnis der IL-Erfolgsfaktoren. Im Marketing sind bei Pharmacon und Vaximed IM-Kompetenzen vorhanden, so dass IM breiter eingesetzt wird. Diese Kompetenzen spiegeln sich auch im Erfolg der Maßnahmen in Bezug auf Wirkung und Übertragungseffekt wieder. Respipharm hingegen tendiert zu einem produktorientierteren Marketing. Im Vergleich zu Managern der beiden anderen Unternehmen werden die Abläufe des IM eher kritisch gesehen. Das „Notfalltraining“ bestätigt den Einfluss der IM-Kompetenz über welche dieser Pharmareferent verfügt, um eine optimale Wahrnehmung und Wirkung zu erreichen. Ein weiterer Kompetenzbereich für die Erbringung der IL ist die jeweilige benötigte thematische Fachkompetenz. Diese ist bei den ersten vier IL vorhanden. Beim „Notfalltraining“ bezieht sich die vorhandene Fachkompetenz wiederum nur auf den durchführenden Manager. Bei einem unternehmensweiten Roll-Out wäre die Fachkompetenz nicht flächendeckend vorhanden, so dass Kooperationen hinzugezogen werden müssten. Die IM-Kompetenz dient demnach vorrangig zur Sicherstellung einer hohen wahrgenommenen Glaubwürdigkeit. Die Fachkompetenz hingegen ist die Grundlage für die Qualität der zu erbringenden Werte. Das Nicht-Vorhandensein einer dieser beiden Kompetenzbereiche führt zur Notwendigkeit, Kooperationen mit Partnern zu etablieren, welche über diese Eigenschaften verfügen. Ein weiterer Aspekt für die Etablierung von Kooperationen, wie die Unterstützung anderer Institutionen am Beispiel der patientenorientierten Laienkampagne, sind rechtliche Einschränkungen, die es dem Unternehmen nicht ermöglichen, selbst aktiv zu werden. Kooperation Das Ziel bei der Wahl von Kooperationspartnern ist bzw. sollte es somit sein, Kompetenzdefizite auszugleichen. Die Kooperationspartner übernehmen damit als unabhängige Experten die Rolle der Informationsquelle. Die Unabhängigkeit und damit (Produkt-) Neutralität sind neben der Expertenkompetenz und Reputation der Quelle Basisanforderungen, um die Glaubwürdigkeit zu gewährleisten. Die Erkenntnisse der Fallstudien zeigen klar auf, dass diese drei Faktoren sowohl funktionale, als auch symbolische Werte generieren. Zudem wirken sie über eine gesteigerte Glaubwürdigkeit reduzierend auf Kostenarten, insbesondere „psychologische Kosten“ und „Risiken“ bzgl. einer möglichen Fehlentscheidung. Neben praxisbezogenen Bedürfnissen, die über funktionale Werte angesprochen werden, ermöglicht die Einbindung von Experten mit hoher Reputation zudem die Befriedigung persönlichkeitsbezogener Bedürfnisse. Die Möglichkeit zum persönlichen Kontakt und die Beantwortung individueller Fragen durch anerkannte Experten werden als Wertschätzung und damit als symbolischer Wert wahrgenommen. Diese Faktoren bedingen wiederum die Vertrauenswürdigkeit der Quelle. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 231 231 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Abbildung 80 verdeutlicht, dass gerade die erfolgreichen IL über Kooperationen mit Partnern verfügen, welche einen hohen Stellenwert aus der Perspektive der Ärzte aufgrund der Erfüllung dieser Faktoren haben. Fallstudien Eigener Leistungsbereich Medizinischer Organisation Beratungsservice + Vertrieb (IN) Stellenwert Intensität Kooperationspartner Unabhängigkeit Expertenkompetenz Reputation Kooperationsprozess Partiell Einzelne Fachexperten Permanent Fachgesellschaften / Institution Projektbezogen Aufklärungskampagne (IN) Vertrieb Komplett Internetplattform (IN) Komplett Keine Kooperation Notfalltraining (PB) Komplett Keine Kooperation ReiseMED (PB) Vertrieb Komplett Firma / Institut Permanent kinderwelten Award (IB) Vertrieb Komplett Firma / Stiftung Permanent Abbildung 80: Ausprägungen der Kooperationen Quelle: Eigene Darstellung Eine Ausnahme stellen die „Internetplattform“ und die „Aufklärungskampagne“ dar, die aufgrund ihrer thematischen Nähe zur Kernleistung die Verfolgung von Eigeninteressen vermuten lässt und somit die wahrgenommene Unabhängigkeit reduziert. Die Kooperationsintensität unterscheidet sich zwischen den Unternehmen. Während Pharmacon Wert darauf legt, die IL selbst zu organisieren und nur partiell kooperiert, konzentriert sich Vaximed auf komplette Kooperationen. Die vollständige Leistungsproduktion überlässt Vaximed dem Kooperationspartner und konzentriert sich ausschließlich auf den Vertrieb der IL. Entsprechend der strategischen Ausrichtung ist der Kooperationsprozess auch permanent bei langfristigen oder projektbezogen bei situativen IL angelegt. Die Etablierung einer permanenten Kooperation zahlt wiederum auf die wahrgenommene Kontinuität der IL ein. Dieser hohe eigene Leistungsbereich an der IL führt wie beim „Notfalltraining“ zu einem stark ausgeprägten „wahrgenommenen Engagement“. Die Zuordnung der IL zum Unternehmen als Erbringer wird somit deutlich vereinfacht. Allerdings sind der Aufwand und die Anforderung an die IM-Kompetenz der organisierenden Mitarbeiter entsprechend höher. Die „Internetplattform“ kann davon nicht profitieren, da sie in Bezug auf Anforderungen an Qualität und Glaubwürdigkeit scheitert. Die positive Wahrnehmung der kooperierenden Experten als Informationsquelle und damit deren hohen Stellenwert ist bei Pharmacon auch darauf zurückzuführen, dass 6.2 13.12.13 16:39 Seite 232 232 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing man großen Wert auf eher kritische und damit wissenschaftlich objektive Referenten legt. Obwohl sie einen Großteil der IL selbst organisieren und stärker als Absender auftreten als die anderen beiden Unternehmen, gelingt es Pharmacon somit dennoch, eine sehr hohe Glaubwürdigkeit zu generieren. Die Kooperationspartner von Vaximed verfügen ebenfalls über eine hohe Reputation. Insbesondere ReiseMED und das damit kooperierende IRM verfügen über eine hervorragende Reputation, bedingt durch die gleichbleibend hohe Qualität und das dadurch generierte positive Image des Inhabers. Jedoch wird deutlich, dass die schwächere Bindung zum Unternehmen durch die komplette Übertragung der Leistungserstellung auf den Kooperationspartner dazu führt, dass die Aufgabe der Verknüpfung zur Unternehmensmarke allein beim Vertrieb als Vermittler der IL und Kontaktstelle zum Arzt liegt. Verfügt dieser jedoch nicht über ausreichende Kompetenzen, wird es schwierig, die IL als vertrauensbildende Maßnahme zur Unterstützung der Praxis und damit als Alleinstellungsmerkmal der Firma zu etablieren. Dieser Zusammenhang wird, wie erwähnt, bei ReiseMED als umfangreichste IL deutlich, die im Verhältnis zu deren objektivem Nutzen für den Arzt eine relativ geringe Wirkung erzielt. Respipharm nutzt als einziges Unternehmen keine Kooperationen, sondern übernimmt bei beiden IL den kompletten Erstellungsprozess selber. Allerdings unterscheiden sich die Gründe deutlich. Während das „Notfalltraining“ aufgrund der IM- und Fachkompetenz des Pharmareferenten keine Kooperationen benötigt, sind bei der „Internetplattform“ Defizite zu erkennen. Sowohl bei der wahrgenommenen „Unabhängigkeit“, als auch bei der „Expertenkompetenz“ sind die Ausprägungen aus Perspektive der Ärzte negativ. Gefördert wird dieser Eindruck durch die geringere wissenschaftliche Breite und Objektivität. Kooperationspartner, welche diese Defizite ausgleichen, wären somit an dieser Stelle angebracht gewesen. Bei einem unternehmensweiten Roll-Out würde das Bild jedoch auch für die erste IL anders aussehen. Stattdessen reduziert die Ausgestaltung der „Internetplattform“ die Glaubwürdigkeit, reduziert funktionale und symbolische Werte und wirkt sich kostensteigernd, insbesondere auf „psychologische Kosten“, aus. Im Fall von Defiziten bei den eigenen Kompetenzen ist es somit bei der Wahl von Kooperationspartnern wichtig, auf die Ausprägung der erläuterten Eigenschaften zu achten. Kommerzialisierung Bis auf zwei von Vaximed unterstützte IL wird keine der Leistungen direkt monetär vermarktet. Der Gegenwert für die IL wird übergreifend als Erfüllungsgrad der jeweiligen Ziele verstanden.487 487 Vgl. Abbildung 76 auf S. 225. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 233 233 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Kostenpflichtig Ziel IL Wettbewerb Potential zur Eigenvermarktung Medizinischer Beratungsservice (IN) Nein Beratung: Nicht vorhanden; Fortbildung: Hoch (Best in class) Erkennbar Aufklärungskampagne (IN) Nein Nicht vorhanden Nicht erkennbar Internetplattform (IN) Nein Hoch Nicht erkennbar Notfalltraining (PB) Nein Hoch (Best in class) Erkennbar Ja Hoch (Best in class) Erkennbar Nein / freiwillig Nicht vorhanden Erkennbar Fallstudien ReiseMED (PB) kinderwelten Award (IB) Abbildung 81: Ausprägung der Kommerzialisierung Quelle: Eigene Darstellung Bei PB „ReiseMED“ sind die Leistungsbestandteile kostenpflichtig und werden an ReiseMED entrichtet. Bei der IB „kinderwelten Award“ handelt es sich dagegen um freiwillig zu entrichtende Spenden der Teilnehmer. Diese monetären Kosten führen direkt zur Steigerung der wahrgenommenen „ökonomischen Kosten“. Die spezifische Situation bei „ReiseMED“ führt jedoch dazu, dass der Preis einen reduzierenden Effekt auf das Wirkungsfeld „wahrgenommenes Engagement“ hat. Die IB verfügt, wie oben dargestellt, über andere Wirkmechanismen. Um den KV trotz steigender Kosten zu erhalten, ist eine effektive Nutzenargumentation von IL als „Best in class“ im Markt notwendig. Aufgrund der erwähnten fehlenden Vorbereitung, sowie Defiziten bei IM-Kompetenzen, ist diese jedoch nicht flächendeckend garantiert. Der Preis der IL erhöht demnach den Anspruch an die Argumentation des Außendienstes, so dass eine intensive Vorbereitung anhand von kundenspezifischen Gesprächsleitfäden notwendig wäre. Ziel muss es sein, in den Augen der „Ärzte“ als „Best in class“ wahrgenommen zu werden und somit die Zahlungsbereitschaft weiter auszubauen. So wie es im Fall des „Notfalltrainings“ gelungen ist. Stattdessen sinkt, laut Expertenaussagen, die Akzeptanz für kostenpflichtige IL bei Teilen des Vertriebs, da der Aufwand zu deren Vermittlung aus ihrer Sicht steigt. Gelingt es nicht den überlegenen Nutzen zu kommunizieren, steigt das Risiko, substituierbar oder mit anderen Anbietern verwechselt zu werden. So ist z. B. ReiseMED zwar mit den dargestellten Leistungsbestandteilen und deren Wertequalität „Best in class“, bewegt sich jedoch in einem kompetitiven Marktumfeld. Dies führt dazu, dass die IL „ReiseMED“ von einigen Ärzten anderen Anbietern zugeschrieben wird. Den anderen IL, die sich auch in einem Markt mit hohem Wettbewerb bewegen, gelingt es offenbar besser, den Nutzen und Mehrwert gegenüber der Konkurrenz darzustellen. Somit werden sie nicht mit anderen Anbietern verwechselt. Ausnahme ist wiederum die „Internetplattform“, welche aufgrund der attraktiveren Wettbewerbsangebote Kunden nicht begeistert. Diese Erkenntnis unterstreicht wiederum die Bedeutung der Kompetenzen beim Sender und der vorbereitenden Fortbildungen im Fall der flächendeckenden Einbindung des Außendienstes. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 234 234 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Ein Potenzial zur Eigenvermarktung ist bei den meisten IL erkennbar. Gelingt es, die Anforderungen an die erfolgreiche Nutzenkommunikation und Vermarktung zu erfüllen, könnten eigenständige Leistungssysteme unter Einhaltung der rechtlichen Anforderungen etabliert werden. Im Fall von „ReiseMED“ handelt es sich bereits um eine eigenständig vermarktete IL, welche durch Vaximed unterstützt wird. Abbildung 82 gibt das Verhältnis der investierten Budgetrahmen wieder. Die Darstellung dient weniger dazu IL gegenüberzustellen, welche inhaltlich auch nicht miteinander vergleichbar sind, da diese sowohl situative und permanente, als auch patienten- und arztorientierte Leistungen umfassen. Die Abbildung verdeutlicht vielmehr, dass es auch mit sehr geringen Investitionen möglich ist, durch IL Übertragungseffekte auszulösen. Die Kosten der Aufklärungskampagne zur Generierung einer hohen Patientennachfrage sind aufgrund der massiven Laienkampagne mit mehreren Millionen Euro Budget am höchsten. Insbesondere Pharmacon erzielt mit einem verhältnismäßig geringen Budget und ohne Kosten für einen eigenen Außendienst eine sehr effektive und nachhaltige Wirkung mit dem „Med. Beratungsservice“. Die Darstellung unterstreicht, dass IL auch mit geringen Investitionen nachhaltige Effekte erzielen können. Abbildung 82: Budgetverteilung der IL Quelle: Eigene Darstellung An der Höhe der Investitionen ist auch die Akzeptanz von IM in den drei Unternehmen zu erkennen. Während Vaximed und Pharmacon hohe Budgets einsetzen, sind die geringen Investitionen bei Respipharm eher auf die geringe Akzeptanz von IM, als auf die effektive Organisation zurückzuführen. Konfiguration In diesem Bereich werden Faktoren beleuchtet, die aus der Gegenüberstellung der IL über Erfolgsrelevanz verfügen. Dabei handelt es sich um die inhaltlichen Schwerpunkte. Eine Gegenüberstellung des Best Case (IN „Med. Beratungsservice“) und Worst Case (IN „Internetplattform“) verdeutlicht die Unterschiede am deutlichsten. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 235 235 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Med. Beratungsservice Internetplattform Kundenseitig Unternehmensseitig Breite, objektive, wissenschaftliche Unterstützung Konzentration auf unternehmensrelevante Themen Verwendetes Werte Portfolio Funktional, Erlebniswelten und symbolische Werte Konzentration auf funktionale Werte Angesprochene Bedürfnisse WM, ZM (Praxisbezug) Persönlichkeitsbezug Entwicklung Inhalt Resultat für Kunden „Arzt“ Vereinfachung des Praxisalltags Zusatzaufwand Abbildung 83: Gegenüberstellung Best Case vs. Worst Case Quelle: Eigene Darstellung Pharmacon entwickelt die IL kundenseitig als Teil eines Gesamtkonzeptes. Teilweise entstehen IL sowie Kernleistungen auf Kundeninitiative. Respipharm dagegen nutzt IL lediglich situativ als Einzelmaßnahmen, wenn es unternehmensseitig zur Förderung der Kernleistung notwendig erscheint. Da der „Med. Beratungsservice“ aus der Perspektive des Arztes heraus entwickelt ist, konzentriert sich die IL inhaltlich nicht nur auf infektologische Themen. Vielmehr unterstützt sie den Arzt auch bei medizinischen Themenbereichen, welche nicht durch Produkte im eigenen Portfolio repräsentiert sind. Das Unternehmen schafft hiermit eine übergeordnete Kompetenz im Bereich Infektologie, jedoch auch darüber hinaus zu medizinisch-pädiatrischen Themen. Respipharm hingegen strukturiert die Inhalte thematisch sehr eng an der Kernleistung aufgrund der Befürchtung, Streuverluste zu erleiden. Ziel ist die Kreation einer übergeordneten Kompetenz im Bereich der Therapie der schweren Atemwegserkrankung. Jedoch führt diese enge Ausrichtung vielmehr zu einer Reduktion der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit, da sie als Maßnahme im Rahmen der Prämarketingphase erkannt wird und somit zusätzlich auf Ablehnung bzw. Reaktanz stößt. Die IN „Internetplattform“ vermittelt ausschließlich funktionale Werte, welche jedoch nicht optimal auf die Vorkenntnisse der Zielgruppe, speziell der Pneumologen, abgestimmt sind. Somit werden damit auch keine praxisbezogenen Bedürfnisse angesprochen und wiederum kein Nutzen generiert. Die IL repräsentiert damit keine echte Unterstützung für den Arzt. Pharmacon hingegen deckt bei seinen IL als hauptsächliche Marketingaktivitäten alle Werte-Arten ab und achtet dabei auf qualitativ-hochwertige Ausprägungen. Durch Einbindung von fachlich und methodisch versierten Experten wird die funktionale Wertigkeit der Fortbildungen als auch des Frage-Antwort-Dienstes sichergestellt. Ärzte werden so im Bereich Wissens- und Zeitmanagement praxisbezogen unterstützt, um im Praxisalltag Wissenslücken schnellstmöglich zu schließen und um Patienten als „guter Arzt“ optimal beraten zu können. Darüber hinaus tragen symbolische Werte wie die Beantwortung anonymisierter, individueller Fragen durch wissenschaftliche Koryphäen oder der persönliche Kontakt zum Top-Management sowie Werte 6.2 13.12.13 16:39 Seite 236 236 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing durch Erlebniswelten, wie ein ansprechendes Ambiente, zu einer wahrgenommenen Wertschätzung und damit zur Befriedigung persönlichkeitsbezogener Bedürfnisse bei. Während der „Med. Beratungsservice“ somit dazu beiträgt, den Praxisalltag zu vereinfachen und den Arzt bei der Erreichung seines übergeordneten Ziels unterstützt, bedeutet die „Internetplattform“ aus Perspektive der Ärzte Zusatzaufwand. Der Best Case wird vornehmlich als IL zur „Unterstützung der Praxis“ wahrgenommen, wohingegen der Worst Case tendenziell stärker zur „Unterstützung eigener Interessen“ des Unternehmens erscheint. Einer ähnlichen Wirkweise unterliegt die situative IN „Aufklärungskampagne“. Wie beschrieben liegt auch hier die Konzentration auf kernleistungsnahen, funktionalen Themen ohne weitere symbolische Ausprägungen. Diese fehlenden wahrgenommenen Werte führen zu einem schwächeren Beitrag zu persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen und in Kombination mit der verringerten „Glaubwürdigkeit“ zu einem geringeren KV und damit einer schwächeren Wirkung. Der Übertragungseffekt ist weniger der IL Konfiguration, als der hohen Aufmerksamkeit durch die Laienkampagne und dem hohen Innovationsgrad der neuen Präventivmaßnahme geschuldet. Die anvisierte übergeordnete Kompetenz dieser IL ist damit die „HPV Prävention“. Situative IL, welche thematisch eng mit der Kernleistung verknüpft sind, eignen sich demnach nicht optimal als Kundenbindungsinstrument. Der Zusammenhang zwischen einem breiteren wahrgenommenen Werte-Portfolio, insbesondere mit Fokus auf symbolische Werte, die Wertschätzung vermitteln, und dem Wirkungsgrad auf das „wahrgenommene Engagement“ ist auch bei den praxisund imagebezogenen Kategorien und erkennbar. Wie zuvor dargestellt ist dabei die Art und Weise der Kommunikation der Inhalte maßgeblich, weshalb im Fall von „ReiseMED“ eine schwächere Wirkung ersichtlich ist. Während sich die indikationsbezogene thematisch auf Bedürfnisse der Bereiche WM und ZM konzentrieren, liegt der Fokus bei Praxisbezug auf PM und WM. Dies hat vor allem damit zu tun, dass auch Praxisleistungen einen Bezug zu medizinisch-wissenschaftlichen Themen haben müssen.488 Die vermittelte übergeordnete Kompetenz von praxisbezogenen IL ist prinzipiell thematisch weiter von der Kernleistung entfernt. Die Einbindung der medizinischwissenschaftlichen Themen ermöglicht eine stärkere thematische Verknüpfung mit der Kernleistung und damit eine Förderung der „Brand Salience“. So handelt es sich bei den vermittelten, übergeordneten Kompetenzen der praxisbezogenen Fallstudien um die Bereiche „Notfalltraining für med. Notfälle in der Praxis“ sowie „Reisemedizin“. Gelingt es jedoch Inhalte unter Beibehaltung der geforderten wissenschaftlichen Breite und Objektivität in den Vordergrund zu stellen, wie „Notfälle bei COPD- oder AsthmaPatienten“ oder „Präventive Maßnahmen der Reisemedizin“, wird der Wiedererkennungseffekt im Verschreibungsmoment („Brand Salience“) gestärkt. Beide dargestellten IL liefern jedoch auch Werte zur Prozessoptimierung. Beispiele sind Kosteneinsparungen im Qualitätsmanagement der Praxis, schnellerer Zugriff auf Informationen, Risikominimierung im Notfall, sowie Eröffnung neuer Einnahmequellen für die Praxis durch IGeL in Form von reisemedizinischer Beratung. Praxisbezogene IL decken damit ein breiteres Portfolio an praxisbezogenen Bedürfnissen als indikationsbezogene ab. In Märkten, die nicht den gesetzlichen Einschränkungen unterliegen, 488 Vgl. § 7 HWG, §20, FSA Kodex Fachkreise 2011. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 237 237 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing können Praxisleistungen somit auch dann eine Übertragung auf die Kernleistung auslösen, wenn die thematische Nähe weniger ausgeprägt ist. Wichtig sind in diesem Fall die hohe Relevanz der Thematik für den Kunden, die Verknüpfung mit dem Unternehmen als Absender, sowie die zusätzliche Bereitstellung symbolischer Werte. Die IB „kinderwelten Award“ verfügt ausschließlich über wahrgenommene symbolische und Erlebniswelten-Werte und somit über keinen Praxisbezug. Der thematische Bezug zu den Eigeninteressen der Pädiater zur Förderung von Präventivmaßnahmen für Kinder und damit zu persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen führt zu einem „wahrgenommenen Engagement“. Wie zuvor beschrieben, liegt der Zweck dieser Kategorie weniger in der direkten Kundenbindung und möglichen Wirkung. Vielmehr führt das Engagement für ein für den Arzt relevantes Thema und das gemeinsame Engagement von Unternehmen und Arzt für den sozialen Zweck zur Vertrauensbildung. Dies resultiert in einer differenzierten Wahrnehmung als seriöses, verantwortungsvolles Unternehmen und schlussendlich, im optimalen Fall für das Unternehmen, in der Festigung der Kundenbeziehung. Akzeptanz der IL im Unternehmen Die interne Akzeptanz der IL hat einen großen Einfluss auf deren erfolgreiche Umsetzung. Sie erklärt auch das Engagement des Außendienstes für eine IL. Abbildung 84 stellt die Erkenntnisse gegenüber und bildet eine Akzeptanz-Summe. Für jedes Akzeptanzkriterium werden Werte von 0, 0,5 oder 1 vergeben. Die Summe ist wiederum nicht absolut zu verstehen, sondern soll lediglich die Gesamtausprägung der ILAkzeptanz im Unternehmen verdeutlichen und einen Vergleich erlauben. Fallstudien Unternehmenskultur Impliziter Produktbezug Fokussierung Frequentierung Innovationsgrad Rentabilität Summe Medizinischer Beratungsservice (IN) 6 Aufklärungskampagne (IN) 6 Internetplattform (IN) 3 Notfalltraining (PB) 3 ReiseMED (PB) 5,5 kinderwelten Award (IB) 4,5 Abbildung 84: Ausprägung der Akzeptanzkriterien Quelle: Eigene Darstellung Die höchste Akzeptanz ist in Unternehmen mit IM-freundlicher Unternehmenskultur, bei möglichst hohem impliziten Produktbezug, zu finden. Die Unternehmenskultur und damit die Vorgaben des Top-Managements sind erfolgsentscheidend für einen flächendeckenden Einsatz. Während Pharmacon und Vaximed verstärkt IL einsetzen, konzentriert sich Respipharm auf direkte produktbezogene Aktivitäten. Selbst im 6.2 13.12.13 16:39 Seite 238 238 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Management und Marketing bestehen Zweifel an der Wirkung. Stattdessen werden Streuverluste befürchtet. Als Private Equity Unternehmen liegt der Fokus eher auf kurzfristigen und nachweisbareren Erträgen. Dass das „Notfalltraining“ dennoch erfolgreich durchgeführt wird, liegt am Engagement des Pharmareferenten, dem das Unternehmen die Freiheit der Durchführung lässt. Da damit keine großen Investitionen verbunden sind, geht das Unternehmen kein großes Risiko ein, nutzt jedoch die Potenziale dieser IL bei weitem nicht aus. Obwohl die Summe der Akzeptanzkriterien auf Unternehmensebene nur mit „3“ bewertet wird, ist die Summe auf Ebene der Mitarbeiter, welche diese IL durchführen, jedoch mit „6“ zu bewerten. Bei Vaximed als börsennotiertem Unternehmen ist die positive Unternehmenskultur der Überzeugungskraft des Top-Managements zu verdanken. Dessen Unterstützung trägt maßgeblich zum breiten Einsatz von IL bei, welche wiederum einen Beitrag zum positiven Image des Unternehmens in dieser Zeit leisten. Bei Pharmacon als Familienunternehmen sind die Akzeptanzkriterien durchweg positiv, da IM zur Unternehmensphilosophie und dem Kern des Geschäftsmodells gehört. Neben der Unternehmenskultur spielen insbesondere der intern wahrgenommene „implizite Produktbezug“ sowie die Einschätzung der „Rentabilität“ eine Rolle. Je näher eine IL thematisch an der Kernleistung ausgerichtet ist, desto höher ist die Akzeptanz vor allem im eher produktorientierten Pharmavertrieb. Aufgrund der beschriebenen Befürchtungen fehlender Effektivität oder möglicher Streuverluste und dem häufig fehlenden Verständnis für die Abläufe des IM wird ein fehlender Produktbezug auch gleichgesetzt mit schlechter Rentabilität der IL. Dies wird deutlich bei der IN „Notfalltraining“, sowie bei der IB „kinderwelten Award“, welche thematisch am weitesten von der Kernleistung entfernt sind. Die Förderung durch das Top-Management führt bei letzterer jedoch zu einer besseren Ausprägung der eingeschätzten Rentabilität. Dieses ist auch der Grund für die bessere Bewertung des Kriteriums bei „ReiseMED“. Da diese IL von vielen internen Stellen als Leistung zur Förderung der Reiseimpfungen und nicht, wie beabsichtigt, als Leistung zur Förderung der übergeordneten Kompetenz des Unternehmens gedacht ist, führen die niedrigen Wachstumsraten im Bereich „Reiseimpfstoffe“ zu Kritik und teilweiser Ablehnung dieser IL. Hier fehlt das Verständnis dafür, dass der korrekte, kontinuierliche Einsatz von IM zur Steigerung der übergeordneten Kompetenz des Unternehmens und damit der Kundenbindung führt. Eine zu große thematische Nähe ist hingegen kontraproduktiv, wie bei den situativen IL ersichtlich. In einem ersten Schritt verfügen dementsprechend IL mit einem impliziten thematischen Produktbezug über eine höhere Akzeptanz und damit auch über größere Erfolgsaussichten in einem solchen Unternehmensumfeld. Je geringer die interne Akzeptanz, desto schwerer wird es, die IL breit und erfolgreich einzusetzen. Situative Faktoren Die interne Akzeptanz steht in Zusammenhang mit den situativen unternehmens- und produktbezogenen Faktoren und wird durch diese beeinflusst. Situative Faktoren, welche im Rahmen der untersuchten Fallstudien über einen Einfluss auf die Wahrnehmung und Wirkung von IM haben, werden im Folgenden diskutiert. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 239 239 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Unternehmensbezug Produktbezug Unternehmensgröße Eigentumsverhältnisse Medizinischer Beratungsservice (IN) Klein Familienunternehmen Nein Sehr hoch Fast 100% Kontinuierlich Aufklärungskampagne (IN) Groß Aktiengesellschaft Ja Hoch > 50% Prämarketing FokusPrävention + Einführung produkt Patent Internetplattform (IN) Groß Private Equity Ja Niedrig < 10% Prämarketing + Einführung Patent Notfalltraining (PB) Groß Private Equity Ja Niedrig < 10% Kontinuierlich Gesamtes Produktportfolio ReiseMED (PB) Groß Aktiengesellschaft Ja Hoch < 50% Kontinuierlich Gesamtes Produktportfolio kinderwelten Award (IB) Groß Aktiengesellschaft Ja Hoch < 10% Kontinuierlich Gesamtes Produktportfolio Fallstudien Anteil an Außen- Status Promotion dienst IL Budget Position PLZ Einsatzbereich Position WettbwerbsPortfolio situation Gesamtes Produktportfolio Chronisch Fokusprodukt Abbildung 85: Ausprägung der situativen Faktoren Quelle: Eigene Darstellung Von besonderem Interesse sind die Faktoren mit Unternehmensbezug. Während die „Unternehmensgröße“ keinen großen Einfluss auf Wahrnehmung und Wirkung der IL zu haben scheint, sind die „Eigentumsverhältnisse“ wichtiger. Diese haben einen direkten Einfluss auf die Unternehmenskultur und damit auf die Akzeptanz von IM im Unternehmen. Pharmacon erzielt somit auch ohne den breiten Einsatz von einem Arztaußendienst diese hohen Wachstumsraten im Kerngeschäft und kann dieses innovative Geschäftsmodell im Pharmamarkt für sich etablieren. Familienunternehmen unterliegen nicht dem Druck der Shareholder und können damit langfristiger planen. Sie haben es somit einfacher, IL kontinuierlich durchzuführen. Unter anderen Eigentumsverhältnissen wäre ein alleiniger Einsatz von IM, wie bei Pharmacon, nicht möglich, auch aufgrund fehlender Kenntnisse zu Gestaltung, Wahrnehmung und Wirkung. Ein alleiniger Einsatz ist jedoch auch nicht das Ziel. Vielmehr geht es um die gezielte Einbindung von IM in den Marketingauftritt des Unternehmens. Der „Arztaußendienst“ stellt einen u. U. zusätzlichen effektiven Kommunikationskanal zum Kunden „Arzt“ dar. Für den Erfolg einer IL ist er jedoch, wie von Pharmacon gezeigt, nicht notwendig. Vielmehr bedarf es einer intensiven Vorbereitung zur Sicherstellung der fachlichen und IM-Kompetenz, um die Kommunikation beim Arzt korrekt durchzuführen und keine Reaktanz auszulösen. Mitarbeiter müssen, wie am Beispiel des „Notfalltrainings“, über umfassende Kenntnisse der Prozesse und der Wirkweise von IM verfügen. Dies gilt es durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen sicherzustellen. Im Zusammenhang mit einer kundenorientierten Marketingausrichtung steht auch der „Status“ des IM im Unternehmen. Der Status korreliert mit dem Anteil der Investitionen am Gesamtbudget. Ein hohes Verständnis für kundenorientiertes Marketing im Gegen- 6.2 13.12.13 16:39 Seite 240 240 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing satz zu produktorientiertem Marketing zahlt wiederum auf einen positiven Status ein. Pharmacon und Vaximed verfügen über dieses Verständnis und entwickeln daher die Leistungen aus Sicht der Kundenbedürfnisse und nicht wie bei Respipharm in erster Linie aufgrund situativer Unternehmensentscheidungen. Der Produktbezug ist bereits definitorisch bei IM ausgeschlossen. Durch kontinuierlichen Einsatz ermöglichen es IL, Glaubwürdigkeit und Kundenbindung zu stärken und einen Übertragungseffekt auszulösen. IL unterstützen dabei weniger einzelne Kernprodukte, sondern das Sortiment, also die direkt benachbarte Leistungsschale.489 Gemäß der Einordnung im Leistungsschalenmodell sind IL dafür gedacht, eine übergeordnete Unternehmenskompetenz zu etablieren und damit die Unternehmensmarke beim Kunden „Arzt“ zu festigen. Der thematische Bezug zu einem einzelnen Kernprodukt ist daher nicht relevant und eher kontraproduktiv. Eine situative und thematisch enge Ausrichtung der IL erscheint nur in Prämarketing- und Einführungsphase sinnvoll zur thematischen Vorbereitung eines bevorstehenden Launch. Dementsprechend sind situative IL ausschließlich in der Kategorie Indikationsbezug angesiedelt. Andere Kategorien wären für diese Zielsetzung inhaltlich zu weit entfernt. Die kontinuierliche Durchführung in Kombination mit einer regelmäßigen Kontaktfrequenz zahlt stärker auf die Etablierung der übergeordneten Kompetenz und damit auf einen Übertragungseffekt im Entscheidungsmoment ein. Solange der Arzt die Entscheidung der Arzneimittelwahl hat und keine Kassenverträge zu Wirkstoffklassen geschlossen sind, zeigen die Fallstudien, dass eine Wirkung durchaus auch bei generischen Präparaten, wie die von Pharmacon, gegeben ist. Voraussetzung sind die beschriebenen Basisanforderungen an die Kernleistung. Sind diese erfüllt und das Produkt theoretisch medizinisch substituierbar, kann die kontinuierliche Erbringung von IL den Ausschlag für das Präparat des Unternehmens geben. Gelingt es den Unternehmen die Rahmenbedingungen einzuhalten und die Erfolgskriterien umzusetzen, stellen IL somit eine vielversprechende Erweiterung des Leistungsportfolios und des Marketingauftritts des Unternehmens dar. 6.2 Erfolgsfaktoren für eine positive Wahrnehmung indirekter Leistungen Aus der Aggregation der Erkenntnisse der einzelnen Fallstudien ergeben sich Faktoren, welche für den IL-Erfolg relevant sind und damit auch einen Übertragungseffekt auf die Kernleistung ermöglichen können. Die folgende Abbildung ordnet diese Faktoren den Gestaltungsfaktoren zu. 489 Vgl. Belz 1991a, S. 12. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 241 241 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Pharmaunternehmen S O Arzt Situativ unternehmensbezogene Faktoren Akzeptanzkriterien Konfiguration: • Kundenorientierte Entwicklung • Breites Werteportfolio • Qualitativ hochwertige funktionale und symbol. Werte • Ansprache von praxis- & persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen Kommerzialisierung Kostenlos (soweit möglich) Kompetenz IM Handlungskompetenz im Innen- & Außendienst Kooperationen • Unabhängigkeit • Expertenkompetenz • Reputation • Kontinuität • Partielle Kooperation Qualität der Inhalte Kommunikation Strategie: • Kontinuität • Verknüpfung mit Unternehmensmarke Inhalte: • Produktunabhängigkeit & Trennung vom Verkauf • Wissenschaftliche Breite, Objektivität und Neutralität • Zielgruppenspezifische Argumentation Kanal: • Glaubwürdigkeit des Senders • Glaubwürdigkeit der Informationsquelle • Persönlicher Kontakt - Ausprägung Werte (functional, experiental, symbolic) - Abgleich mit eigener Erfahrung Kundenvorteil Wahrgenommener Nutzen Grad der persönlichen Relevanz Werte: Functional Experiental Symbolic Bedüfnisse: Praxis- & persönlichk.bezogene ./. Glaubwürdigkeit der Quelle - Unabhängigkeit - Vertrauenswürdigkeit - Expertenkompetenz - Reputation - Sympathiegrad Wahrgenommener Nutzen Werte (cost/sacrifice): Economic cost Psychological cost Personal investment Risk Abbildung 86: Erfolgsrelevante Gestaltungsfaktoren indirekter Leistungen Quelle: Eigene Darstellung Anhand dieser ermittelten Faktoren werden die kausalen Thesen aus der explorativen Phase zu finalen Hypothesen weiterentwickelt, sowie anschließend durch Fokusgruppen mit Managern und Ärzten diskutiert und angepasst. Diese Hypothesen sind durch Umrahmungen hervorgehoben. Wie dargestellt, beeinflusst auch das situative, unternehmensbezogene Umfeld den ILErfolg. Börsennotierte Unternehmen mit Managern, welche ihre Aktivitäten ausschließlich an kurzfristigen, quartalsbezogenen Zielen ausrichten, haben dabei einen klaren Nachteil gegenüber familiengeführten Unternehmen, welche Marketing langfristig und kontinuierlich ausrichten können. Aufgrund der Eigentumsverhältnisse beeinflusst diese Unternehmenskultur auch direkt die Akzeptanzkriterien einzelner Leistungen, welche damit in der Umsetzung je nach Situation gefördert oder behindert werden können. Akzeptanzkriterien: „Die Erfüllung der Akzeptanzkritierien hat einen positiven Effekt auf die erfolgreiche Umsetzung der IL.“ Unternehmenskultur: „Eine kontinuierliche, kundenorientierte Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf die Akzeptanz von IM im Unternehmen und erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung.“ 6.2 13.12.13 16:39 Seite 242 242 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Die hohe Bedeutung der IM-Kompetenz und das Verständnis für die Wirkweise wird an den Akzeptanzkriterien „Impliziter Produktbezug“ und „Rentabilität“ deutlich. Die interne Wahrnehmung steht dabei im Gegensatz zur externen Wahrnehmung durch die Ärzte. Je näher sich die IL an der Kernleistung befindet, desto höher ist die interne Akzeptanz, da ihr auch eine höhere Rentabilität unterstellt wird. Jedoch sinkt gleichermaßen der KV aus Perspektive der Ärzte. Bei der Gestaltung ist somit auf eine ausgewogene thematische Nähe zur Kernleistung zu achten, um beide Ansprüche zu erfüllen. Impliziter Produktbezug: „Je weiter die IL thematisch von der Kernleistung entfernt ist, desto stärker sinkt die interne Akzeptanz und desto schwieriger wird die Generierung eines Übertragungseffektes.“ Rentabilität: „Eine positive Einschätzung der Rentabilität der IL erhöht die Akzeptanz der IL im Unternehmen.“ Während die beiden äußeren Schalen die Rahmenbedingungen für den Sender der IL beschreiben, enthält die innere Schale Gestaltungskriterien, die eine positive Wahrnehmung auf Empfängerseite ermöglichen. Im Rahmen der Kommunikation sind diese Kriterien an den Arzt zu vermitteln. In Übereinstimmung mit den theoretischen Grundlagen, insbesondere des RLM, ermöglicht dabei die Kontinuität in der Leistungserbringung die Etablierung positiver Attribute in Verbindung mit der Unternehmensmarke. Um diesen Effekt zu erzielen, sind IL am Kunden- und nicht am Produktlebenszyklus auszurichten. Sie wirken somit auf das im Leistungsschalenmodell darunter liegende Sortiment. Gemäß Definition liefern sie ohnehin eine produktübergeordnete Kompetenz, so dass die zu nahe Verknüpfung mit dem Kernprodukt eher kontraproduktiv wirkt. Wenn IL über eine ausgewogene thematische Nähe zur Kernleistung verfügen, erhöhen sie den KV. Eine zu enge thematische Verknüpfung führt über den Manipulationsverdacht zu Reaktanz. Eine zu große thematische Entfernung hingegen verschlechtert die „Brand Salience“ und reduziert die Wahrscheinlichkeit auf einen Übertragungseffekt. Diese Erkenntnisse beziehen sich ebenfalls auf potenzielle Kooperationen. Kontinuität ist auch hier von Vorteil. Des Weiteren ermöglicht eine partielle Kooperation eine einfachere Verknüpfung mit der Unternehmensmarke. Kontinuität & ausgewogene thematische Nähe: „Die langfristige, kontinuierliche Ausrichtung, die ausgewogene thematische Verknüpfung mit indikationsverwandten Themen, sowie die Generierung eines hohen KV der IL, steigern die Verknüpfung der IL mit der Unternehmensmarke und die Wahrscheinlichkeit auf einen positiven Übertragungseffekt.“ 6.2 13.12.13 16:39 Seite 243 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing 243 Die aufgeführten inhaltlichen Faktoren sind dabei für eine positive Wahrnehmung sehr wichtig. Sie stehen jedoch dem natürlichen Interesse der Unternehmen entgegen, den Verkauf der eigenen Produkte zu fördern. Aus Kundensicht liefern dagegen gerade die Produktunabhängigkeit und die neutrale Präsentation durch wissenschaftliche Breite und Objektivität einen klaren Nutzen, der auch im weiteren Verlauf zu Kundenloyalität und zu einem Übertragungseffekt führt. Die Herausforderung besteht also darin, diese Lücke zu überwinden. Produktunabhängigkeit & Trennung vom Verkauf: „IL, die als inhaltlich produktunabhängig und getrennt vom Verkauf der Kernleistung wahrgenommen werden, senken die wahrgenommenen Kosten und steigern damit den KV.“ Wissenschaftliche Breite & Objektivität: „Wissenschaftliche Breite, Objektivität und damit Neutralität der Inhalte erhöhen die Qualität der wahrgenommenen funktionalen Werte, senken die wahrgenommenen Kosten und steigern somit den KV.“ Gleichermaßen ist auch die Sicherstellung einer unternehmensweiten, kundenorientierten IM-Kompetenz für eine erfolgreiche Implementierung von IL förderlich. Die IM-Kompetenz umfasst die genaue Kenntnis der IL, sowie die Kenntnis des resultierenden Nutzens für den Arzt (Fachkompetenz) und deren zielgerichtete und richtige, nicht manipulative Kommunikation (Methoden- und Sozialkompetenz). IM-Handlungskompetenz: „Je besser die Eigenschaften der IM-Kompetenz erfüllt sind, desto höher ist der positive Effekt auf den KV.“ Ein unabhängiges Auftreten von Sender und Informationsquelle, z. B. durch Präsentation medizinisch-wissenschaftlicher Optionen und deren kritischer Betrachtung, zahlt zudem auf die Beurteilungskriterien zur Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit ein. Die beschriebenen Kriterien zur Glaubwürdigkeit sind bei eigener Leistungserbringung, sowie unter Einbeziehung von Kooperationspartner, zu berücksichtigen. Bei der Einbindung von Kooperationspartnern sind gerade die „Unabhängigkeit“, die „Expertenkompetenz“ und die „Reputation“ ebenso wie die „Kontinuität“ wichtig. Neben funktionalen Werten, die wiederum auf praxisbezogene Bedürfnisse einzahlen, können so auch über symbolische Werte, persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse in Form wahrgenommener Wertschätzung angesprochen werden. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 244 244 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Glaubwürdigkeit: „Die wahrgenommene Unabhängigkeit (vom Produkt und Unternehmen), die Vertrauenswürdigkeit, die Expertenkompetenz, die Reputation, sowie der Sympathiegrad beeinflussen die Wahrnehmung der Glaubwürdigkeit der Informationsquelle positiv.“ Glaubwürdige Informationsquellen: „IL, die von glaubwürdigen Informationsquellen transportiert werden, erhöhen symbolische Werte, senken psychologische Kosten und steigern damit den Kundenvorteil.“ IL, die über ein breites, qualitativ-hochwertiges und relevantes Werte-Portfolio verfügen und damit zur Ansprache beider Bedürfnisebenen dienen, sind wie dargestellt erfolgreicher. Vor allem symbolische Werte, wie die persönliche Betreuung, Kontakt zu renommierten Experten oder Vertretern des Unternehmens, sowie die Wahrung der eigenen Integrität und Entscheidungsfreiheit, haben einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Leistungen durch die Ärzte. Persönlicher Kontakt: „Der persönliche Kontakt mit Informationsquellen (Top-Management und/oder unabhängige Experten), die über eine hohe Glaubwürdigkeit verfügen, erhöht die Qualität der symbolischen Werte.“ Werte-Qualität: „Eine hohe Werte-Qualität der IL, sowie eine positive Übereinstimmung mit der eigenen Erfahrung haben einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der IL.“ Funktionale & symbolische Werte: „Insbesondere funktionale und symbolische Werte von IL, die als qualitativ hochwertig wahrgenommen werden, erhöhen den Kundenvorteil.“ Die einzelnen Leistungsbestandteile sind demnach im Detail auf deren qualitative Ausprägung, Relevanz und ihren Einfluss auf die wahrgenommenen Kosten zu prüfen. Ziel muss es sein, durch die IL zu einer Vereinfachung des Praxisalltags beizutragen und nicht zusätzlichen Aufwand zu generieren. Somit kann das Unternehmen den Arzt bei der Verwirklichung seines beruflichen Ziels, ein „guter Arzt zu sein“ und als solcher wahrgenommen zu werden, unterstützen. Hieraus können, wie dargestellt, „Kundenloyalität“ und die weiteren Prozessschritte resultieren. Abbildung 87 fasst die Bewertungskriterien einer IL aus Perspektive der Ärzte zusammen und unterteilt diese aufbauend auf den Basisanforderungen an die Qualität der Kernleistung in drei Entscheidungsstufen. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 245 245 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Kundenloyalität Stufe 3: Vereinfachung Verwirklichung (praxisbezogene Bedürfnisse) (persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse) Persönliche Relevanz Effizienz (wahrgenommener Nutzen) (wahrgenommene Kosten) Stufe 1: Glaubwürdigkeit der Informationsquelle Breites qualitativ hochwertiges Werte-Portfolio Basis: Med. Anforderungen an Kernprodukt Glaubwürdigkeit des Herstellers Stufe 2: Abbildung 87: Bewertungskriterien einer IL aus Perspektive der Empfänger Quelle: Eigene Darstellung 6.3 Modell der Wahrnehmung und Wirkung von indirekten Leistungen Abbildung 88 verdeutlicht vereinfacht das finale Modell der Wahrnehmung und Wirkung von IL und die Potenziale für einen Übertragungseffekt auf die Kernleistung. Diese ist hier durch die inneren Leistungsschalen „Produkt“, „Produktgruppe“ und „Sortiment“ repräsentiert und bezieht sich entsprechend auf Arzneimittel des Unternehmens. Die obere Ebene stellt die IL als Bestandteil der Leistungsschale „Dienstleistung“ und deren Wirkprozess mit arzt- und patientenorientierten Kanälen (schwarze Pfeile) dar. Pharmaunternehmen Arzt S O R Wahrnehmung IL Dienstleistung: Indirekte Leistung Wirkung IL Patienten BS WE Sortiment Produktgruppe Wahrnehmung Kernleistung Verschreibungsverhalten Produkt PN BS = Brand Salience WE = Wahrgenommenes Engagement PN Abbildung 88: Finales Modell der Wahrnehmung und Wirkung von IL Quelle: Eigene Darstellung = Aktive Patientennachfrage 6.2 13.12.13 16:39 Seite 246 246 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Bei positiver Erfüllung der ermittelten Umfeld- und Erfolgsfaktoren haben die Fallstudien gezeigt, dass IL direkt in Bezug auf die erneute Inanspruchnahme der IL und eine gesteigerte Kundenbindung wirken können. Des Weiteren erhöht sich dadurch das Potenzial für eine indirekte Wirkung und damit für den Übertragungseffekt auf die Kernleistung, wodurch ein zweifacher Beitrag zur Steigerung des Kundenwertes für das Unternehmen geleistet wird. Steigerung des Kundenwertes: „IL tragen direkt und indirekt zu einer Steigerung des Kundenwertes bei.“ Dabei unterscheiden sich der arzt- und patientenorientierte Kanal in ihrer Wirkweise. Arztorientierte Leistungen unterstützen den Arzt durch einen Beitrag zur Vereinfachung des Praxisalltags und führen damit auch zu einem gesteigerten Markenbewusstsein des Empfängers. Patientenorientierte Leistungen nutzen das Netzwerk des Arztes, um die Nachfrage nach Beratungsgesprächen zu bestimmten Indikationen zu erhöhen, wie bei der Fallstudie „Aufklärungskampagne“ oder dem Beispiel „Die begehbare Prostata“. Um eine indirekte Wirkung für die eigene Kernleistung sicherzustellen, sind in diesem Fall vorgelagerte arztorientierte IL notwendig, um Markenbewusstsein und damit „Brand Salience“ zu stärken. Ohne diese vorgelagerten IL führen solche Maßnahmen zu einer generellen Förderung der Beratungsgespräche zur Indikation und damit zu einer potenziellen Verschreibungsrate gemäß der bestehenden Marktanteile. Je nach Position der eigenen Kernprodukte kann sich eine solche Aktion somit dennoch im Hinblick auf den Kundenwert rechnen. Der Schwerpunkt des Forschungsprojektes gemäß der forschungsleitenden Frage liegt jedoch auf arztorientierten Leistungen, deren Wirkweise anhand der Fallstudien vornehmlich untersucht wurde. Die theoretischen Erkenntnisse zur direkten Wirkung von Leistungen, welche über einen hohen KV verfügen, konnten auch in den vorliegenden Fällen beobachtet werden. Kundenloyalität, Zahlungsbereitschaft und Empfehlungsbereitschaft: „IL, die über einen hohen Kundenvorteil verfügen, steigern Kundenloyalität, Zahlungsbereitschaft und Empfehlungsbereitschaft der Ärzte. Die „Kundenloyalität“ bezieht sich dabei auch auf eine erneute Inanspruchnahme der IL und eine Stärkung der Kundenbeziehung. Des Weiteren sind auch Anzeichen für eine gesteigerte „Empfehlungsbereitschaft“ (WOM) zu erkennen, in dem Kriterien erfüllt werden, welche gemäß der theoretischen Erkenntnisse für WOM von Bedeutung sind. Anhand der „Zahlungsbereitschaft“, die bei IL mit hohem KV deutlich ist, wird auch das Potenzial zur eigenen Vermarktung der IL und damit Generierung eines eigenen Leistungssystems deutlich. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 247 247 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Kundenloyalität, Zahlungsbereitschaft und Empfehlungsbereitschaft: „IL, die über einen hohen Kundenvorteil verfügen, steigern die Zahlungsbereitschaft und sind damit an sich kommerzialisierbar.“ IL verfügen dementsprechend durchaus über das Innovationspotenzial, neue Leistungsbereiche für das Unternehmen zur Stärkung der Unternehmensmarke und des damit verbundenen „Emotionalen Profils“ zu generieren. Wie am Beispiel der IL „ReiseMED“ erkennbar ist, sind so auch vollständige, eigenständige Leistungssysteme möglich. Ebenfalls verfügt die IL „Notfalltraining“ in ihrer dargestellten Form über das Potenzial, einen eigenen Leistungsbereich zu etablieren, wie die folgende Abbildung veranschaulicht. Emotionales Profil Integriertes Projektmanagement Integriertes Projektmanagement Integration der Leistung Integration der Leistung Dienstleistungen: Indirekte Leistung Sortiment Dienstleistungen Sortiment Produktgruppe Produkt Produktsystem Indirekte Leistung Abbildung 89: Potenzial zur Generierung eigenständiger Leistungssysteme aus indirekten Leistungen Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Belz, 1991a, S. 102ff. Um einen Übertragungseffekt auf die Kernleistung auslösen zu können, sind jedoch, insbesondere bei Arzneimitteln, die hohen Anforderungen an deren Qualität im Hinblick auf Leitlinienkonformität, Wirkungs-, Neben- und Wechselwirkungsprofil zu erfüllen. IL können dann moderierend auf die Wahrnehmung der Kernleistung wirken, wenn diese in ihrer Qualität oder Therapieform substituierbar sind. Basisanforderung: Qualität der Kernleistung: „Ist die Basisanforderung an die KL erfüllt, haben die indirekten Wirkungsfelder einen verstärkenden Effekt auf die positive Wahrnehmung der Kernleistung.“ Arztorientierte IL verfügen dabei über die zwei hergeleiteten Wirkungsfelder. Übertragungseffekte: Brand Salience (BS) & Wahrgenommenes Engagement (WE): „Je höher Zahlungsbereitschaft und Kundenloyalität für die IL, desto höher die „Brand Salience“ und das „wahrgenommenes Engagement“.“ 6.2 13.12.13 16:39 Seite 248 248 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing So zahlen gut konfigurierte IL auf die Wahrnehmung der Unternehmensmarke und damit auf die „Brand Salience“ ein. Zudem sind zahlreiche Reaktionen der Ärzte gemäß der sozialen Austauschtheorie durch das „Wahrgenommene Engagement“ erkennbar. Brand Salience: „Das Wirkungsfeld „Brand Salience“ führt durch die thematische Verknüpfung der Unternehmensmarke mit der übergeordneten Kompetenz des Unternehmens zu einem Übertragungseffekt.“ Wahrgenommenes Engagement: „Das Wirkungsfeld „Wahrgenommenes Engagement“ führt zu einem Übertragungseffekt gemäß der sozialen Austauschtheorie und stärkt die Kunden-Lieferantenbeziehung.“ Unterschiede in der Wirkweise sind anhand der untersuchten Fallstudien, zwischen den IM-Kategorien zu beobachten. So wirken arztorientierte IN aufgrund ihrer thematischen Nähe zur Kernleistung stärker über das Wirkungsfeld „Brand Salience“. Wirkung arztorientierte IN: „Arztorientierte IN haben durch die größere thematische Nähe zur Kernleistung einen stärkeren Effekt auf die „Brand Salience“ als PB.“ Patientenorientierte IL mit potenzieller Wirkung auf die Kernleistung über das Wirkungsfeld „Patientennachfrage“ (PN) sind ebenfalls ausschließlich unter der Kategorie Indikationsbezug anzutreffen. Imagebezogene IL, die sich auch an Patienten richten, wurden im Rahmen dieses Forschungsprojektes nicht explizit auf deren Übertragungspotenzial untersucht. Jedoch ist aufgrund der Entfernung zur Kernleistung und der generell geringen Bekanntheitsgrade von Pharmaunternehmen beim Patienten von einem - wenn überhaupt - schwächeren Effekt auszugehen. IL, die dabei aktiv auf Patienten zugehen, wie die „Die begehbare Prostata“- oder Vaximed-Kampagnen, ermöglichen diesen Effekt. Passive IL, wie die Internetseite von Respipharm, dienen hingegen eher zur Unterstützung der Patientenberatung. Werden diese Seiten nicht aktiv beworben, ist von diesen passiven IL auch kein Effekt auf die „Patientennachfrage“ zu erwarten. Patientenorientierte IL sollten generell immer im thematischen und zeitlichen Zusammenhang mit arztorientierten IL erfolgen. Eine hohe Kontaktfrequenz ist notwendig, um die Aufmerksamkeit für die Thematik und damit einen Einfluss auf die „Patientennachfrage“ zu schaffen. Der KV, den der Arzt aus dieser patientenorientierten Unterstützung in Form einer Vorabinformation oder Vereinfachung der Beratungsgespräche zieht, wiegt dabei höher als der Effekt auf die „Patientennachfrage“. 6.2 13.12.13 16:39 Seite 249 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing 249 Wirkung patientenorientierte IN: „Patientenorientierte IN mit einer hohen Kontaktrate haben einen positiven Effekt auf die „Aktive Patientennachfrage“.“ PB, wie „Notfalltraining“ und „ReiseMED“, verfügen über eine stärkere Wirkung auf das Feld „Wahrgenommenes Engagement“ als auf „Brand Salience“. Ärzten wird bei korrekter Kommunikation das Engagement für die eigene Praxis deutlich, was wiederum auch von Empfängerseite wertgeschätzt wird. Wirkung PB: „PB haben einen stärkeren Effekt auf das „Wahrgenommene Engagement“. IB nehmen eine Sonderstellung ein, da ihr vorrangiges Ziel weniger in der Generierung eines potenziellen Übertragungseffekts, sondern in der Stärkung der „Kundenloyalität“ durch Engagement für gemeinsame, relevante, soziale Themen besteht. Je näher dabei das unterstützte Projekt an den Interessen und damit der persönlichen Relevanz des Arztes liegt, desto höher scheint die Bereitschaft zu sein, sich ebenfalls zu engagieren. Ist die Thematik zu weit entfernt und damit irrelevant, wird die Aktivität zwar wahrgenommen, resultiert jedoch nicht in einem Engagement oder gar einem Übertragungseffekt. IB Beitrag: „IB befriedigen vor allem über symbolische Werte persönlichkeitsbezogene Bedürfnisse.“ Kundenrelevante Thematik: „Thematisch kundenrelevante IB tragen zu einer Stärkung der Kundenloyalität bei.“ Die Wahrscheinlichkeit eines Übertragungseffektes ist anhand des untersuchten Falles eher gering. Imagebezogene IL sind vielmehr als Bestandteil eines IM-Mix zu sehen, dessen Wirkung sie unter Einhaltung der Erfolgsfaktoren verstärken. Sie zahlen auch auf das Wirkungsfeld „Wahrgenommenes Engagement“ ein. Wirkung IB: „IB zu kundenrelevanten Themen haben einen stärkeren Effekt auf das „Wahrgenommene Engagement“.“ 6.2 13.12.13 16:39 Seite 250 250 6 Cross-Case-Analyse der Fallstudien zu Indirect Marketing Jedoch ist davon auszugehen, dass einzelne IB, aufgrund der von der Kernleistung weiter entfernten Thematik, über schwächere Effekte als IN oder PB verfügen. Die folgende Abbildung verdeutlicht die thematische Entfernung der IL von der Kernleistung in Zusammenhang mit den jeweiligen Beiträgen zu arztrelevanten Themen. Produkt Produktgruppe Sortiment Dienstleistung / Indirect Marketing Indikation Medikament Arzt Medizinisches Fachwissen Praxisleistung Praxiswissen Image Persönliche soziale Interessen Abbildung 90: Thematische Entfernung zur Kernleistung Quelle: Eigene Darstellung IL verfügen demnach durchaus, unter Einhaltung der ermittelten Erfolgsfaktoren, über das Potenzial, Kundenbindung zu steigern und Übertragungseffekte auf die Kernleistung unter Einhaltung der Reglementierungen in diesem Marktumfeld zu generieren. 7.2 13.12.13 16:39 Seite 251 7 Schlussbetrachtung 7 251 Schlussbetrachtung Dieses Kapitel fasst die zentralen Erkenntnisse des Forschungsprojektes zusammen und leitet davon Implikationen für die wissenschaftliche Forschung und unternehmerische Praxis ab. Abschließend werden Limitierungen der Arbeit diskutiert und der weitere Forschungsbedarf abgeleitet. 7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit war die Untersuchung der verschiedenen Ausprägungen und Gestaltungsfaktoren von IL und deren Wahrnehmung und Wirkung bei Ärzten. Das regulierte Umfeld des Marktes für verschreibungspflichtige Arzneimittel bedingt einerseits einen hohen Bedarf an neuen Marketinginstrumenten zur Differenzierung und stärkeren Kundenbindung. Andererseits ermöglicht es, aufgrund des im Vergleich zu anderen Branchen überschaubaren Marketingmix, eine störungsfreiere Untersuchung der IL. Die praktische Relevanz von IM wurde in zahlreichen explorativen Gesprächen mit Experten der Sender- und Empfängerseite betont. Ebenso zeigte der Literaturreview zum Stand der Forschung zu IM im pharmazeutischen Marktumfeld Forschungslücken auf. Bisher existiert in der wissenschaftlichen Literatur ein unterschiedliches Verständnis zur Thematik. Des Weiteren sind erfolgsrelevante Faktoren, sowie die Abläufe, welche zu einer positiven Wirkung führen könnten, bisher nicht hinreichend untersucht worden. Dieses uneinheitliche wissenschaftliche Verständnis von IM führt, gemäß der explorativen Erkenntnisse, wiederum zu einem eher situativen und aktionistischen Einsatz von IL in der Praxis. Der Erfolg eines solchen Einsatzes ist wie am Beispiel der „Internetplattform“ kritisch zu beurteilen. Aufgrund solcher Erfahrungen eines fehlenden Verständnisses, sowie falscher Erwartungen an die Wahrnehmung und Wirkweise von IM wird der IL-Einsatz von Teilen des Pharmamarketingmanagements wegen des Risiko eines Misserfolgs kritisch gesehen. Von besonderem Interesse für das Marketing sind dabei die Effekte auf die „Kundenloyalität“, das Innovationspotenzial zur eigenständigen Vermarktung der IL und insbesondere der „Übertragungseffekt“ auf die Kernleistung. Das Forschungsprojekt dient dazu, diese praktische und theoretische Forschungslücke zum Verständnis von IM zu schließen. Als Leitlinie fungierten dabei die Forschungsfragen, die sich an der forschungsleitenden Frage orientieren: „Wie gelingt es durch den optimalen Einsatz von IM bei der Verschreibungsentscheidung der Kundengruppe „Arzt“ positiv berücksichtigt zu werden?“. F1 Welche Ausprägungen von Indirect Marketing existieren in Wissenschaft und Praxis? F2 Welche theoretischen Ansätze liefern einen Erklärungsbeitrag für einen Übertragungseffekt der IL auf die Kernleistung? F3 Wie werden IL von Ärzten wahrgenommen und eingeschätzt? 7.2 13.12.13 16:39 Seite 252 252 Schlussbetrachtung F4 Welche Faktoren müssen IL erfüllen, um beim Empfänger „Arzt“ eine positive Wirkung im regulierten Marktumfeld zu erzielen? F5 Welche IL sollte ein Pharmaunternehmen zur Ansprache der Ärzte nutzen, um positiv berücksichtigt zu werden? Als Ergebnis der explorativen Phase konnte anhand theoretischer Grundlagen und der explorativen Befragung von Pharmamarketingmanagern und Ärzten eine einheitliche, zielführende IM-Definition aus den verschiedenen in Theorie und Praxis geläufigen Verständnissen festgelegt werden. Die begriffliche Abgrenzung und theoretische Einordnung des IM als Bestandteil des Leistungsschalenmodells im Vergleich zu „Direct Marketing“ sowie „Direktem Marketing“ stärkt in diesem Zusammenhang das einheitliche Verständnis. Insgesamt konnten anhand dieser Definition im Abgleich mit theoretischen Erkenntnissen drei thematische IM-Kategorien (Indikation, Praxisleistung, Image) identifiziert, welche über arzt- und patientenorientierte Kanäle kommuniziert und in unterschiedlichen Zeiträumen (situativ vs. permanent) eingesetzt werden. Die Einordnung des IM in einen theoretisch-konzeptionellen Rahmen aus themenverwandten Forschungsgebieten ermöglichte die Ableitung erster Erklärungsansätze für Abläufe und potenzielle Übertragungseffekte von IL. Im Abgleich mit den empirischen Erkenntnissen konnten so erste kausale Thesen in Bezug auf erfolgsrelevante Faktoren, sowie das Basismodell der Wahrnehmung und Wirkung hergeleitet werden. Auf Empfängerseite ermöglichten die gewonnenen Erkenntnisse zur Bedürfnisstruktur der Ärzte eine genauere Erklärung des Erfolges einzelner IL. Die Erfüllung praxisbezogener Bedürfnisse stellt dabei die Vorrausetzung für die Erfüllung persönlichkeitsbezogener Bedürfnisse und damit der übergeordneten Zielerreichung des Empfängers als „guter Arzt wahrgenommen und geschätzt zu werden“ dar. Auf Senderseite konnten neben situativen Faktoren und internen Akzeptanzkriterien auch Gestaltungsfaktoren beschrieben werden, welche über Erfolgsrelevanz verfügen und im Rahmen der Fallstudien weiter untersucht wurden. Im Rahmen der qualitativ-empirischen Phase wurden anhand von sechs Fallstudien Vertreter aller IM-Kategorien auf deren Gestaltung, Wahrnehmung und Wirkung untersucht, darunter auch „best case“- und „worst case“-Beispiele. Dabei konnten Erfolgsfaktoren, die für eine positive Wahrnehmung relevant sind, herausgearbeitet und damit der Prozess der Wahrnehmung und weiteren Verarbeitung beschrieben und erklärt werden. In Bezug auf die forschungsleitende Fragestellung konnte aufgezeigt werden, dass IL einen Übertragungseffekt auf die Kernleistung haben können. Insgesamt existieren drei mögliche Prozesse, die einen moderierenden Einfluss auf das Verschreibungsverhalten erklären, wie (1) die Einzahlung auf das Markenbewusstsein „Brand Salience“, (2) die Wirkung über das „Wahrgenommene Engagement“, sowie (3) die Steigerung der „Patientennachfrage“ durch patientenorientierte IL“. Die Synthese der Erkenntnisse der Fallstudien ermöglichte die Erklärung von Abhängigkeiten und erfolgsrelevanter Zusammenhänge. So liegt das Potenzial für das Unternehmen in der 7.2 13.12.13 16:39 Seite 253 253 7 Schlussbetrachtung Steigerung des Kundenwerts. Dies kann direkt durch die Kommerzialisierung einer IL im Falle einer hohen „Zahlungsbereitschaft“ erfolgen oder indirekt aufgrund der Steigerung der „Kundenloyalität“ durch einen hohen KV und damit einem folgenden „Übertragungseffekt“ auf die Kernleistung. Des Weiteren zeigen die empirischen Erkenntnisse in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der WOM-Forschung, dass IL über positives WOM-Potenzial verfügen und damit dem Unternehmen neue Kunden zuführen können. Diese Wirkweise ist selbst in einem generischen Marktumfeld, wie im Falle Pharmacon, beobachtbar. Hervorzuheben ist dabei, dass alle drei IM-Kategorien einen Beitrag liefern, wenn auch mit Unterschieden in Bezug auf Wirkungsfelder und Intensität. Übergeordnete erfolgsrelevante Faktoren für eine positive Wirkung umfassen die „Trennung vom Verkauf“, um Therapiehoheit und Unabhängigkeit des Arztes sicherzustellen, „wissenschaftliche Breite und Objektivität“ sowie eine ausgewogene „thematische Nähe“ und „Kontinuität“ bei der Durchführung, um die Verknüpfung des erlangten KV mit der Unternehmensmarke und damit die Wahrscheinlichkeit eines Übertragungseffektes zu stärken. Bei Nicht-Erfüllung der ersten beiden Faktoren und damit einer wahrgenommenen Beeinträchtigung der eigenen Unabhängigkeit entsteht Reaktanz, gemäß der erläuterten Theorie. Diese Anforderungen stehen jedoch im Widerspruch zum natürlichen Interesse zahlreicher Unternehmen, den Anteil produktorientierter Kommunikation hoch zu halten. Dies spiegelt sich auch in den erfolgsrelevantesten Akzeptanzkriterien „Unternehmenskultur“, „impliziter Produktbezug“ und „Rentabilität“ wieder. Stellt die „Unternehmenskultur“ keine kontinuierliche, kundenorientierte Marketingausrichtung sicher, fördert ein größerer Produktbezug der IL zur Kernleistung die Akzeptanz. Diesen „Gap“ zwischen Interessen der Unternehmen einerseits und dem Interesse der Ärzte andererseits, gilt es beim Einsatz von IM zu überwinden. Pharmaunternehmen Höheres Risiko durch wissenschaftliche Breite und Objektivität Größerer Nutzen durch impliziten Produktbezug Arzt Größerer Nutzen durch wissenschaftliche Breite und Objektivität Höheres Risiko durch zu engen impliziten Produktbezug Abbildung 91: Interessens-Gap zwischen Pharmaunternehmen und Ärzten Quelle: Eigene Darstellung Basis für den Erfolg des IM ist auch hier der KV für den Arzt, welcher durch relevante Werte geschaffen wird. Anhand des angepassten Customer Value Frameworks490 konnte gezeigt werden, dass neben funktionalen, insbesondere symbolische Werte 490 Vgl. Smith/Colgate 2007. 7.2 13.12.13 16:39 Seite 254 254 Schlussbetrachtung einer IL und damit die Kombination der Befriedigung von praxis- und persönlichkeitsbezogenen Bedürfnissen eine positive Wirkung ermöglichen. Insbesondere die Wertschätzung für den Kunden „Arzt“, welche über solche symbolische Werte transportiert wird, bleibt nachhaltig in Erinnerung und stärkt die Kundenloyalität. Werte der Erlebniswelten hingegen stellen eher einen Hygienefaktor dar. Sind die Basisanforderungen an die Qualität der Kernleistung ebenfalls erfüllt, steigt die Wahrscheinlichkeit einer positiv moderierenden Wirkung der IL auf das Verschreibungsverhalten. Diese Erkenntnisse wiederum führten zur Weiterentwicklung der kausalen Thesen der explorativen Phase zu konkretisierten Hypothesen, welche in weiteren Forschungsprojekten quantitativ überprüft werden können. Die grafische Darstellung der ermittelten Abläufe in Modellen dient zur Stärkung des Verständnisses der gewonnenen Erkenntnisse. Die Erkenntnisse der Fallstudien lieferten Erklärungsbeiträge zur Beantwortung der forschungsleitenden Fragestellung, um zu beschreiben und zu erklären, wie Unternehmen durch den optimalen Einsatz von IM auf Seiten der Ärzte positiv berücksichtigt werden können. Es konnte aufgezeigt werden, dass durch die Schaffung einer übergeordneten Kompetenz des Unternehmens, unter Einhaltung der regulierten Rahmenbedingungen, Übertragungseffekte auf die Kernleistung möglich und IL an sich kommerzialisierbar sind. Sie tragen damit nicht nur zur Differenzierung der Unternehmensmarke in einem regulierten Marktumfeld bei, sondern bieten auch Innovationspotenzial im Hinblick auf neue Geschäftsfelder und unterstützen damit aktiv die Trendentwicklung vom reinen Arzneimittelhersteller zum Gesundheitsdienstleister. 7.2 Implikationen Im folgenden Kapitel werden die Implikationen für die wissenschaftliche Forschung sowie für die unternehmerische Praxis im Pharmamarketing aufgeführt und diskutiert. 7.2.1 Implikationen für die wissenschaftliche Forschung Die Konzentration der wissenschaftlichen Literatur lag auf themenverwandten Forschungsfeldern zu IM, sowie auf Forschungsfeldern im Pharmamarketing. Dementsprechend fokussieren die folgenden Ansätze diese Forschungsgebiete. Das Forschungsfeld „Indirect Marketing“ war bisher gemäß der zu Grunde liegenden Definitionen, nicht detailliert untersucht worden. Anhand der vorliegenden Definition und der Erkenntnisse der Arbeit konnte IM zu anderen Marketinginstrumenten abgegrenzt, sowie thematische Kategorien für die Anwendung im Pharmamarkt herausgearbeitet und beschrieben werden. Die Darstellung der Wahrnehmung und Wirkung sowie des Übertragungseffektes anhand des S-O-R Modells fördert dabei das Verständnis für die Abläufe und damit Potenziale von IL. IM stellt nach den Ergebnissen der Arbeit ein interessantes Feld für die Marketingforschung dar. Als Bestandteil der Dienstleistungsschale des Leistungsschalenmodells491 ermöglichen IL die Generierung differenzierender Merkmale für die Unternehmensmarke aus Perspektive der Kunden. Durch Etablierung einer produktübergeordneten 491 Vgl. Belz 1991a, S. 12. 7.2 13.12.13 16:39 Seite 255 7 Schlussbetrachtung 255 Kompetenz durch Ansprache der praxis- und persönlichkeitsbezogenen Bedürfnisse kann IM zu einer Stärkung der Kundenloyalität beitragen. Die Marketingwissenschaft trägt somit durch weitere Forschung in diesem Bereich dazu bei, dass Unternehmen gerade in generischen, wettbewerbsintensiven Märkten weniger austauschbar werden. Die qualitative Untersuchung von IM als Teil des Leistungsschalenmodells in anderen Marktumfeldern ist ebenfalls von Interesse, um Zielsetzung und Rollen, sowie Wahrnehmung, Wirkung und das Potenzial dieser Leistungskategorie zu erforschen. Untersuchungen weiterer IL in anderen Märkten sind dabei von Bedeutung, um die Generalisierbarkeit der Ergebnisse weiter zu stärken bzw. die gewonnenen Erkenntnisse situativ anzupassen. Für das Forschungsfeld „Pharmamarketing“ sind weitere Studien zur Wahrnehmung und Wirkung von Marketinginstrumenten auf dem deutschen Markt relevant. So existieren hierzu weiterhin wenige publizierte Studien. Die vorliegende Arbeit liefert durch Untersuchung der Bedürfniskategorien weitere Erklärungsbeiträge zum Verschreibungsverhalten, sowie zur Wahrnehmung und Wirkung von Leistungen der Pharmaindustrie bei Ärzten. IL stellen eine interessante Möglichkeit dar, sich in diesem regulierten und wachsenden generischen Marktumfeld zu differenzieren, die Kundenloyalität zu stärken und dadurch weniger austauschbar zu werden, wie das Beispiel „Pharmacon“ verdeutlicht. Die Fallstudien haben gezeigt, dass auf Senderseite des „Unternehmens“ bestimmte Ausprägungen der Gestaltungsfaktoren, der internen Akzeptanzkriterien, sowie situativer Faktoren eine Rolle für den Erfolg spielen. Aufgrund des hohen Potenzials für das Pharmamarketing bieten sich daher weitere ausdifferenzierende, qualitative Studien zu diesen IL-Bereichen im pharmazeutischen Marktumfeld an. In Zeiten, in denen die Reizüberflutung ständig steigt, ist es von Interesse die Wahrnehmung auf der Empfängerseite „Arzt“ differenzierter zu untersuchen. Weitere qualitative Fallstudien zu aktuellen IL können dazu beitragen, die Erkenntnisse im Hinblick auf Bedürfnisstrukturen, mögliche Unterschiede bei Arzttypen, sowie Erfolgsfaktoren zu verfeinern, zu ergänzen und somit die Validität der Ergebnisse weiter zu stärken. Anschließende quantitative Forschung kann wiederum dazu genutzt werden, die induktiv gewonnenen Erkenntnisse deduktiv zu falsifizieren. Das Forschungsprojekt konzentrierte sich auf arztorientierte IL. Patientenorientierte IL wurden lediglich im direkten Zusammenhang mit diesen behandelt. Da Studien die Bedeutung des Netzwerks für Ärzte hervorheben, sind vertiefende Studien zu netzwerkorientierten IL für Patienten und für weitere Netzwerkpartner von Interesse. Aktuell ist zudem eine leichte Liberalisierung der Regulierung, in Bezug auf Laienwerbung aufgrund der EU-Harmonisierung zu beobachten.492 Diese Änderungen des situativen Umfeldes und deren Auswirkungen auf patientenorientierte IL liefern weiteren Forschungsbedarf. 492 Vgl. Schmidt 2011. 7.2 13.12.13 16:39 Seite 256 256 Schlussbetrachtung 7.2.2 Implikationen für die unternehmerische Praxis Das vorliegende Forschungsprojekt konnte aufzeigen, dass IM, in Zeiten der beschriebenen Herausforderungen und Einschränkungen des Pharmamarketing dazu beitragen kann, die Marktposition von Unternehmen zu festigen und zu verbessern. Reizüberflutung auf Kundenseite, steigende Anzahl austauschbarer Produkte und die schwindende Effektivität altgedienter Marketinginstrumente493 verleiten gerade das Pharmamarketing unter dem steigenden Kosten- und Quartalsergebnisdruck zu kurzfristigen Aktionen. IM stellt auch in diesem Umfeld die Möglichkeit dar, sich als Unternehmen nachhaltig im Einklang mit Kundenbedürfnissen unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Wahrung der Integrität und mit einem grundlegenden wertschätzenden Umgang, zu positionieren. IM leistet somit einen Beitrag zur Trendentwicklung vom Arzneimittelhersteller zum Gesundheitsdienstleister. Die Schaffung einer übergeordneten Kompetenz zur Unterstützung der Ärzte im Praxisalltag durch IL zahlt direkt auf diese Entwicklung ein und hilft, das Unternehmen neu zu positionieren. Für den richtigen Einsatz von IM in der Praxis sind insbesondere die kundenorientierte Unternehmenskultur und -philosophie, die Kontinuität, sowie der richtige IM-Mix von Bedeutung. Die Ausrichtung der Leistungen an den Kundenbedürfnissen, auch im Hinblick auf wissenschaftliche Breite und Objektivität, bedarf dieser kundenorientierten Unternehmenskultur. IL dürfen thematisch nicht zu nah, aber auch nicht zu weit von der Kernleistung entfernt liegen. Erfolgsrelevant ist zudem die Kontinuität der Leistungen, auch im Hinblick auf die Qualität und deren langfristiger Ausrichtung. Insbesondere bei börsennotierten und ausschließlich kapitalgesteuerten Unternehmen stellt diese Kontinuität eine Herausforderung dar. Um IM erfolgreich zu etablieren und das Potenzial der beschriebenen Effekte zu erzielen, gilt es, die „Quartalsdenke“ beim Einsatz des Marketinginstrumentariums zu überwinden. Dies wird auch deutlich beim Vergleich situativer vs. permanenter IL. Die Schwäche der untersuchten situativen IL besteht in der Ansprache der arztorientierten Wirkungsfelder, auch aufgrund der ausgeprägten thematischen Nähe zur jeweiligen Kernleistung und der fehlenden Kontinuität. Der zeitlich begrenzte Einsatz erschwert zudem die Etablierung und Verknüpfung positiver Attribute mit der Unternehmensmarke. In Prämarketing-Phasen vor Einführung neuer Arzneimittel bieten sich situative, indikationsbezogene IL an, um die neue Thematik zu etablieren. Viele Unternehmen, wie Respipharm, brechen die IL jedoch nach Einführung ab und konzentrieren sich dann auf direkte Marketingmaßnahmen. Vielmehr sollten Unternehmen die Möglichkeit nutzen, situative iL in permanente IL zu überführen und zu etablieren, um somit das Innovationspotenzial auszuschöpfen. Situative IL in der Praxis sind jedoch aufgrund dieses gängigen Vorgehens und aufgrund ihres vorrangigen Ziels „Aufmerksamkeit“ für eine neue Indikation zu generieren, eher den direkten Maßnahmen zuzuordnen. Sie verfügen zwar über das Potenzial zu einer echten IL weiterentwickelt zu werden. Jedoch dienen sie in erster Linie zur 493 Vgl. Kotler/Armstrong./Wong/Saunders 2011, S. 73ff. sowie Ausführungen unter Kapitel 1. 7.2 13.12.13 16:39 Seite 257 257 7 Schlussbetrachtung Vorbereitung der Bewerbung eines neuen Produktes und weniger dem Ausbau der Kundenbindung. Somit sind sie vornehmlich produktorientiert und mehr als „unbranded“ Instrumente des Kommunikationsmix, wie als IL einzustufen.494 Eng damit verbunden ist der richtige Einsatz des beschriebenen IM-Instrumentariums. Die folgende Abbildung führt dazu, die Erkenntnisse der Arbeit zu einer optimalen Kombination der Instrumente des Pharmamarketing zusammen. Marketingerfolg Indirect Marketing Kundenbindungs- & Imagekampagnen Indikation Praxisleistung Image Direktes Marketing Produktmarketing DtP Fachwerbung Produkt PR Abbildung 92: Einordnung des Indirect Marketing in das Marketing Portfolio Quelle: Eigene Darstellung Beim Einsatz geht es nicht um eine Entweder-Oder-Entscheidung. Direktes Produktmarketing ist immer notwendig, um Kunden über das Sortiment zu informieren. Selbst Unternehmen wie Pharmacon, die IL verstärkt einsetzen, verfügen über DtP-Maßnahmen in Form von Mailings. Als Kundenbindungs- bzw. Imagekampagnen stellen IL vielmehr einen weiteren Schritt zur Differenzierung und Etablierung der übergeordneten Expertenkompetenz dar und wirken aufgrund ihres Übertragungseffektes als Katalysator der direkten Maßnahmen. Auch innerhalb des IM ist ein Einsatz aller drei Kategorien zu befürworten, um die Potenziale auf die Wirkungsfelder optimal zu nutzen. Allerdings erfolgt der Einsatz der IM-Kategorien, gemäß der Logik der Leistungssysteme, abgestuft entsprechend der thematischen Entfernung zur Kernleistung von (1) „Indikation“ über (2) „Praxisleistung“ bis abschließend zu (3) „Image“-Leistungen. Durch diese stufenweise Entwickelung können Unternehmen ihre Kunden Schritt für Schritt auf die nächste thematische Leistungsebene mitnehmen und entwickeln. Bei erstmaligem Einsatz von Leistungen der äußeren Kategorien, die thematisch weiter von der Kernleistung entfernt sind, steigt der Anspruch an die Kommunikation bezüglich der Verknüpfung mit der Marke. Die erwähnten rechtlichen Änderungen könnten des Weiteren neues Potenzial für die Ausgestaltung der IL im regulierten Marktumfeld geben und schaffen somit Raum 494 Vgl hierzu Abbildung 20. 7.2 13.12.13 16:39 Seite 258 258 Schlussbetrachtung für neue Forschungsprojekte. Generell ist es bei der Ausgestaltung neuer Marketingaktivitäten aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen wichtig, IL in enger Abstimmung mit der Rechtsabteilung durchzuführen. Die Arbeit zeigte auf, dass IM auch für andere Branchen von Interesse sein kann. Die grundlegende Herausforderung für die Umsetzung in der Praxis liegt dabei im Verständnis für IM und Marketing generell, wie dieses Zitat des ehemaligen CEO Vaximed unterstreicht. „[…] viele Manager machen oftmals den Fehler, dass sie sagen „Ich möchte für jede Marketing Aktivität vorne, hinten wissen was rauskommt“ und das geht halt nicht. Diejenigen, die das sagen, haben einfach Marketing als Ganzes nicht verstanden. […] Natürlich kann ich eine Telefonaktion machen für 100.000 Euro wo ich 500.000 Euro Umsatz raus bekomme, aber das ist nicht das was ich meine. Ich meine der optimale Mix von verschiedenen Aktivitäten ist eigentlich für den Erfolg verantwortlich. Da kann ich nicht jede Aktion einzeln bewerten, sondern ich kann nur das Gesamte bewerten. Dass die eine oder andere Aktion bewertbar ist, ist eine ganz andere Geschichte.“ 7.3 Limitierungen und weitergehender Forschungsbedarf Der qualitative Forschungsansatz ermöglicht es, weitreichende Einblicke in den Forschungsbereich zu gewinnen, Erklärungen aus Zusammenhängen in ihrem natürlichen Kontext interpretativ abzuleiten und somit hypothesengenerierend zu fungieren. Da IM bisher noch nicht im Detail untersucht wurde und somit auf keine weitreichenden Voruntersuchungen zurückgegriffen werden konnte, eignete sich diese explorative Vorgehensweise. Dennoch unterliegt das Forschungsprojekt Limitierungen im Hinblick auf den Untersuchungsfokus, sowie auf den empirischen Daten. Limitierungen im Untersuchungsfokus Der Untersuchungsfokus der Arbeit lag auf dem deutschen Pharmamarkt, da dieser aufgrund seines regulierten Umfeldes über ein überschaubares Portfolio an Marketinginstrumenten verfügt. Dieser bietet sich somit für eine qualitative Untersuchung an, um IM ohne große Störeffekte, wie z. B. Verkaufsförderungsmaßnahmen am POS oder ATL Kommunikation wie TV, zu beleuchten. Des Weiteren führen die rechtlichen Einschränkungen, als auch der beschriebene steigende Druck auf das Marketing zu einem besonders großen Bedarf an neuen Marketinginstrumenten. Daraus ergeben sich gleichzeitig auch die Limitierungen des Forschungsprojektes. So konzentrieren sich die Fallstudien ausschließlich auf ausgewählte zugängliche Fälle, welche die drei IMKategorien repräsentieren. Um die Erkenntnisse auszuweiten und weiter zu vertiefen, bieten sich weitere Fallstudien im pharmazeutischen Marktumfeld in Deutschland an. Um die Komplexität der Arbeit zu reduzieren, konzentrierte sich die Studie auf arzt- und zugehörige patientenorientierte IL. Aus den explorativen Erkenntnissen ergeben sich jedoch auch Hinweise auf IL für weitere Netzwerkpartner, wie z. B. Apotheken, welche dazu dienen die übergeordnete Kompetenz des Unternehmens zu untermauern. Die Untersuchung der Wahrnehmung und Wirkung solcher IL eröffnet weiteren Forschungs- 7.2 13.12.13 16:39 Seite 259 7 Schlussbetrachtung 259 bedarf, um die Erkenntnisse zu dem umfassenden Potenzial von IM zu komplettieren. IM ermöglicht durch die aufgezeigten Effekte auch Lösungsansätze für die generellen Herausforderungen des Marketing. IL anderer Branchen sind beispielhaft erwähnt, so dass Raum für weitere IL-Fallstudien unter anderen Marktumfeldern und damit - bedingungen gegeben ist. IL werden bereits in vielen anderen Branchen zur Differenzierung herangezogen, um die übergeordnete Kompetenz des Unternehmens zu stärken, wie Vorträge von Anwaltskanzleien zu Rechtsthemen, Newsletter von Beratungsunternehmen zu betriebswirtschaftlichen Themen oder das Maggi Kochstudio. Die Untersuchung der Wirkungsprozesse und Beiträge zum Unternehmenserfolg dieser IL bietet sich für weiterführende Forschungsprojekte an. Limitierungen der empirischen Daten Die Erhebung der empirischen Daten erfolgte innerhalb dieses qualitativen Forschungsprojektes in zwei sequentiellen Stufen. Während die explorative Phase einen Überblick über das Forschungsgebiet und erste Erkenntnisse zur Wirkweise von IM generiert, dienen die Fallstudien zu deren Vertiefung und Herleitung finaler Hypothesen. Die Untersuchung der insgesamt sechs Fallstudien (3 x IN, 2 x PB, 1 x IB) und Einbeziehung von Vertretern aller IM-Kategorien, ermöglichte durch deren Vergleich und Synthese, Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, welche Regelmäßigkeiten aufzeigen. Einige IL lagen in der Vergangenheit. Somit bleibt ein Restrisiko bestehen, dass Daten nicht mehr zugänglich oder Erinnerungsvermögen verblasst waren. Somit ist nicht auszuschließen, dass aufgrund der zeitlichen Distanz zu einigen IL relevante Faktoren unentdeckt oder unberücksichtigt blieben. Somit wären weitere Fallstudien in derselben Branche nützlich. Daher sind, nicht zuletzt aufgrund der rechtlichen Änderungen im Marktumfeld, Untersuchungen aktueller Fälle relevant, um die Erkenntnisse weiterzuentwickeln und ggf. anzupassen. Sämtliche Fallstudien beziehen sich auf den deutschen Pharmamarkt mit den spezifischen rechtlichen Einschränkungen und Marktbedingungen. So kann die Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf andere Länder bisher nicht schlussendlich beantwortet werden. Neben einer Untersuchung von IL in anderen Märkten sind ebenfalls Studien zu IL in anderen Weltregionen von Interesse, um die Internationalisierbarkeit der Erkenntnisse sicherzustellen. Es ist zwar wahrscheinlich, dass IL auch unter anderen Begebenheiten Wirkung entfalten, wenn es ihnen in einem stark regulierten Marktumfeld gelingt. Diese Annahme ist jedoch durch weitere wissenschaftliche Forschung zu untersuchen. Schließlich bieten sich quantitative Studien an, um die generierten Hypothesen durch eine deduktive Vorgehensweise zu prüfen und ggf. zu falsifizieren. Weitergehender Forschungsbedarf Die folgende Abbildung fasst abschließend den sich aufgrund der Limitierungen der Arbeit ergebenden zukünftigen Forschungsbedarf zu IM zusammen. 7.2 13.12.13 16:40 Seite 260 260 Schlussbetrachtung Weitergehender Forschungsbedarf: Beispiel: Indirekte patientenorientierte Leistung - Die begehbare Prostata • Analyse weiterer Einflussfaktoren durch Replikationsstudien aktueller Fallstudien auf dem deutschen Pharmamarkt zur Ergänzung und Verifikation der Erkenntnisse • Durchführung weiterer Fallstudien zu netzwerkorientierten IL im Umfeld des deutschen Pharmamarktes • Durchführung weiterer IL-Fallstudien in anderen pharmafremden Märkten und Branchen • Durchführung weiterer IL-Fallstudien auf anderen ausländischen Pharmamärkten mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen zur Ermittlung weiterer erfolgsrelevanter Faktoren und möglicher Unterschiede in der Wirkungsweise zur internationalen Verwendung der Ergebnisse • Durchführung quantitativer Studien im Pharmamarkt, um Hypothesen zu prüfen und zu falsifizieren Tabelle 39: Zusammenfassung weitergehender Forschungsbedarf Quelle: Eigene Darstellung Zahlreiche geführte Gespräche im Rahmen des Forschungsprojektes, insbesondere in Kreisen der Pharmaindustrie, zeigen ein großes Interesse an neuen Erkenntnissen zu diesem Forschungsthema und damit an der Generierung neuer differenzierender Instrumente für das Pharmamarketing. Wie aufgezeigt, ist das Potenzial von IM gerade in Märkten mit starken Einschränkungen hoch. Abschließend ist festzuhalten, dass „Indirect Marketing“ ein für die Marketingtheorie und -praxis relevantes und interessantes Forschungsfeld darstellt, insbesondere aufgrund des Potenzials im Hinblick auf den Übertragungseffekt der IL auf die Kernleistung. Anhand des Forschungsprojektes wurde aufgezeigt, dass es durch eine kundenorientierte Vorgehensweise und Ansprache übergeordneter Bedürfniskategorien gelingt, Vorteile für alle Beteiligten unter Einhaltung der Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Eine positive Erkenntnis der Fallstudien ist dabei, dass der wertschätzende Umgang zwischen „Sender“ und „Empfänger“ oder auch „Lieferant“ und „Kunde“, in diesem Fall „Pharmaindustrie“, „Ärzte“ und „Patienten“, zu einem positiven Effekt für alle Teilnehmer führen kann. Insbesondere Pharmacon generiert durch den massiven Einsatz von bedürfnisorientierten IL im Umfeld einer entsprechend kundenorientierten Unternehmenskultur einen Kundensog, wie an den Aussagen der geführten Expertengespräche im Hinblick auf die Weiterempfehlung der IL deutlich wird. IM kann in diesem Zusammenhang gerade in weiten Teilen der Pharmaindustrie zu einem Paradigmenwechsel des produkt- und unternehmensgeprägten, auf Quartalsergebnisse fixierten Marketing hin zu einem kundenorientierten, langfristig agierenden Pharmamarketing sein. „Managen bedeutet heute nicht mehr Druck, sondern Sog erzeugen.“ 495 495 Werner 2007, S. 124. 7.2 13.12.13 16:40 Seite 261 7 Schlussbetrachtung 261 Auch wenn die kundenorientierte, bedürfnisgerechte Ausrichtung seit Jahrzehnten in Theorie und Praxis propagiert wird, ist diese längst nicht in allen Branchen und Unternehmen adäquat umgesetzt. Insbesondere für das Marketing kapitaldominierter Unternehmen ist es schwierig bis unmöglich, Marketingaktivitäten langfristig am Kunden auszurichten. „Da hat man von Quartal zu Quartal gelebt […], denn hier wurden auch wichtige Entscheidungen zu Investitionen, Portfolios und guten Marketingideen einfach verworfen, aus Budgetgründen, damit der Quartalsumsatz stimmte. Das war im Familienunternehmen nie denkbar. Und das ist auch der Tod, meiner Meinung nach, vieler Unternehmen. Mit einer der Hauptpunkte warum viele Unternehmen mittlerweile von der Margenentwicklung her wirklich rückläufig sind.“ 496 Die dargestellten erfolgreichen IL sind Bestandteile einer ganzheitlichen Marketingkommunikation, welche dazu beiträgt die Wahrnehmung der kundenorientierten Philosophie als „Partner des Kunden“ zu festigen. Die Kontinuität der Erbringung des indirekten Leistungsportfolios, welches sich durch die Trennung vom Verkauf, wissenschaftliche Objektivität und Neutralität auszeichnet, fördert die Glaubwürdigkeit. Dies stellt jedoch eine Herausforderung dar, da es dem Selbstverständnis und der kurzfristigen Zielausrichtung der meisten Unternehmen möglichst viel über die eigenen Produkte zu erzählen, entgegensteht. Diesen Widerspruch und den damit verbundenen zu vollziehenden Wechsel in der Marketingdenkweise betont folgendes Zitat des Gründers der Drogeriemarktkette dm, Prof. Götz Werner. „Denn je mehr er [der Unternehmer] sich dem Kunden zuwendet und seinen Egoismus ausblendet, desto besser wird das Unternehmen funktionieren und sich entwickeln. Selbstsüchtiges Verhalten ist nichts anderes als Sand im Getriebe.“ 497 Die Arbeit zeigte anhand der Fallstudien auf, dass der korrekte Einsatz von IL über das Potenzial verfügt, Kundenwert und damit Unternehmenswert zu schaffen, auch und gerade wenn die Leistungen vom Verkauf der eigentlichen Kernleistung getrennt sind. IM ermöglicht durch die Erweiterung der Unternehmenskompetenz eine nachhaltige Differenzierung in der Wahrnehmung der Kunden und somit eine Stärkung der Kundenbindung. Des Weiteren zeigen zahlreiche IL das Potenzial für die Ableitung eigener Leistungssysteme auf, um das Leistungsportfolio der Unternehmen im Sinne des Innovationsmanagements zu erweitern. Somit eröffnet dieses Forschungsfeld auch Potenzial für zukünftige Forschungsprojekte. 496 497 Vgl. Expertengespräch Marketingexperte kinderwelten Award November 2011. Werner 2007, S. 122. 7.2 13.12.13 16:40 Seite 262 Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XVII Appendix XVII Appendix A. 1 Sozio-ökonomische Trends in der Pharmabranche498 1 Die Last für das Gesundheitssystem durch chronische Erkrankungen wie Diabetes wird in den nächsten Jahren drastisch zunehmen. Zwar verbessern sich auch die Behandlungsmöglichkeiten, dennoch wird die Pharmaindustrie zu günstigen Preislösungen gezwungen sein. 2 Gesundheitspolitik und Kostenträger verstärken ihren Einfluss auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte. Die Industrie wird demnach die Zusammenarbeit mit Kostenträgern und der Gesundheitspolitik intensivieren müssen. 3 „Pay-for-Performance“-Verträge nehmen zu. Zahlreiche Länder messen die pharmaco-ökonomische Performance von verschiedenen Arzneimitteln, bewerten und entscheiden über die Höhe bzw. weitere Erstattungsfähigkeit. In Deutschland übernimmt diese Funktion das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). 4 Die Grenzen zwischen den verschiedenen Gesundheitsversorgungsbereichen verschwimmen laut PwC. Der Bereich für die Selbstmedikation wächst, aufgrund der steigenden Zahl an vorher verschreibungspflichtigen Produkten, die in den frei verkäuflichen „Over-the-Counter“-Status (OTC) wechseln499. 5 Die Gesundheitssysteme der Entwicklungs- und Wachstumsmärkte variieren zu einem hohen Maße und verfügen über eine sehr hohe Nachfrage nach Arzneimitteln, welche in den nächsten 13 Jahren weiter steigen wird. 6 Viele Regierungen konzentrieren ihre Aktivitäten stärker auf Prävention als auf Behandlung von Krankheiten, obwohl bisher nicht viel in diesen Bereich investiert wird. 7 Das Risikobewusstsein der Regulierungsbehörden nimmt ab. Im Zuge von Problemen mit Neuzulassungen, wie z. B. der Fall Vioxx, sind Zulassungsbehörden vorsichtiger geworden. 498 499 Vgl. PwC 2009. OTC= Bezeichnung für Arzneimittel (OTC = over the counter), die nicht verschreibungspflichtig sind (Selbstmedikation). Je nach Status der Apothekenpflicht für das jeweilige Produkt, sind sie auch im Einzelhandel außerhalb von Apotheken frei verkäuflich. Seit dem GKV-Modernisierungsgesetz werden die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich nicht mehr von den Krankenkassen übernommen. 500 Smith/Colgate 2007, S. 20. How a product is delivered (such as gift wrapped or via a ceremony) and by whom (such as the manager of a car dealership) can create symbolic value. Fulfilling delivery promises and how a product is delivered (such as the presentation of a meal) can enhance the customer experience – as can pride of ownership and product potency (future potential). Correct, accurate, and timely fulfillment processes (such as order taking, picking/packing, and delivery) provide functional/instrumental value. Ownership/ Possession Transfer Where a product is purchased or consumed can provide personal, social, or sociocultural meaning and can enhance self-worth and expression – a cup of coffee at an outdoor café may have more symbolic value than coffee at home Features and attributes of the purchasing or consumption environment such as music, ambiance, and atmosphere can create sensory, emotional, and epistemic experiences for customers. Environment (purchase and Consumption) Furniture, fixtures, lighting, layout and other decorative features and attributes of the purchasing or consumption environment contribute to functional/instrumental value by enhancing or detracting from product performances and outcomes. Sales call frequency and duration, service interactions and responsiveness, and interactions with systems (such as the telephone, billing, or customer support system) provide or enhance desired performances and outcomes. Interactions (with employees and systems) Products enhance consumer self-concepts (e.g., Mac cosmetics), provide personal meaning (e.g., Campbell´s soup), offer self-expression (e.g., Gap dothes), and provide social meaning (e.g., Hallmark cards). Staff and system interactions can make customers feel better about themselves and provide personal meaning to customers; privileged interactions support status and prestige. Equity policies can enhance sociocultural meaning. They provide sensory (e.g., restaurants), emotional (e.g., Six Flags), relational (e.g., board games), and epistemic (e.g., Disney Land) experiences: augmenting goods (e.g., IKEA) or as the focal product (e.g., Club Med). Products directly provide features, functions, and characteristics that allow performances and outcomes Products Can position a product, help consumers identify with the product, help them make associations, and interpret meaning. Service attributes, such as staff politeness, friendliness, or empathy, create sensory emotional, relational, and epistemic experiences for customers, as do service recovery, customer support, and other systems. Copy and creativity can provide or enhance sensory, emotional, relational, and epistemic experiences. Information informs, educates, and helps customers realize performance and outcomes. Self-identity/worth Personal meaning Self-expression Social-expression Conditional meaning • • • • • • • • • • Correct/accurate attributes • Appropriate performances • Appropriate outcomes Sensory Emotional Social/relational Episterric Symbolic/Expressive Value Types of Value Experiental/Hedonic Value Functional/Instrumental Value Information Sources of Value Customer Value Creation Framework Economic Psychological Personal investment Risk Can be enhanced with Payment terms, delivery Options, return policies, Billing accuracy, order tracking Systems, access to supplier Personnel, and dispute Resolution procedures. Contributes to the economic coast of a product (e.g., popcorn at a movie theater), psychological cost (such as finding parking downtown), personal investment (how much searching is required), and risk (personal safety). Interactions with people and systems (such as electronic data interchange) add to or reduce the economic and psychological cost of a product and increase or reduce the personal investment required to acquire and consume the product. Product price and augmented product considerations, such as operating costs, assembly, ease of use, warranty, and service terms, help to reduce coast and sacrifices. Helps consumers evaluate alternatives; make more informed, faster, and less stressful decisions; helps lower prices by greater competition. • • • • Cost/Sacrifice Value Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XVIII XVIII Appendix A. 2 Customer Value Framework500 Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XIX XIX Appendix A. 3 Übersicht der Forschungsthemen im Pharmamarketing501 Forschungsthema Publikationen Marketingmix Chintagunta, P. K. und Ramarao D. (2005): Strategic Pricing and Detailing Behavior in International Markets. (Relative Bedeutung der Instrumente des Pharmamarketing) Gehring, W. (1992): Pharma-Marketing : Instrumente, Organisation und Methoden Manchanda, P. and Honka, E. (2005): The Effects and Role of Direct-to-Physician Marketing in the Pharmaceutical Industry: An Integrative Review Mizik, N. und Jacobson, R. (2004): Are Physicians „Easy Marks“? Quantifying the Effects of Detailing and Sampling on New Prescriptions Moss, G. und Schuiling, I. (2004): A brand logic for pharma?: A possible strategy based on FMCG experience Wadman, R. und Hütt, R. (2004): The need for a new go-to-market strategy in Europe: How to survive and thrive in the new more complex healthcare marketplace DtP & DtC Instrumente Venkataraman, S. und Stremersch, S. (2007): The debate on influencing doctors` decisions: Are drug characteristics the missing link? (Response Funktionen von Ärzten auf Aktivitäten des Pharmamarketing) Bhatia, T., Manchanda, P. und Nair, H. (2006): Asymmetric Peer Effects in Physician Prescription Behavior: The Role of Opinion Leaders Manchanda, P. et al. (2005): Understanding Firm, Physician and Consumer Choice Behavior in the Pharmaceutical Industry Leeflang, P., Wieringa, J. E. and Wittink, D. R. (2005): Modeling the Effects of Promotion Expenditures on the Sales of Pharmaceuticals Manchanda, P. und Chintagunta, P.K. (2004): Responsiveness of Physician Prescription Behavior to Salesforce Effort: An Individual Level Analysis Manchanda, P., Rossi, P.E. und Chintagunta, P.K. (2004): Response Modeling with Nonrandom Marketing-Mix Variables Mizik, N. und Jacobson, R. (2004): Are Physicians „Easy Marks“? Quantifying the Effects of Detailing and Sampling on New Prescriptions Gönül, F., Carter, F., Petrova, E. und Srinivasan, K. (2001): Promotion of Prescription Drugs and Its Impact on Physicians’ Choice Behavior Rizzo, J. A. (1999). Advertising and Competition in the Ethical Pharmaceutical Industry: The Case of Antihypertensive Drugs Parsons, L. J. und Abeele, P.V. (1981): Analysis of Sales Call Effectiveness Netzwerke und Beeinflusser Van Lier, M. (2007): Netzwerkorientiertes Kundenmanagement am Beispiel der Pharma-Branche Burke, M. A., Fournier, G.M. und Prasad, K. (2007): The Diffusion of a Medical Innovation: Is Success in the Stars? Manchanda, P. et al. (2005): Understanding Firm, Physician and Consumer Choice Behavior in the Pharmaceutical Industry Sun, B., Xie, J. und Cao, H.H. (2004): Product Strategy for Innovators in Markets with Network Effects Berndt, E. R., Pindyck, R.S. und Azoulay, P. (2003): Consumption Externalities and Diffusion in Pharmaceutical Markets: Antiulcer Drugs Prosser, H., Almond, S. und Walley, T.(2003): Influences on GP`s decision to prescribe new drugs – the importance of who says what Van Den Bulte, C. und Lilien, G.L. (2001): Medical Innovation Revisited: Social Contagion versus Marketing Effort 501 Eigene Darstellung. Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XX XX Appendix A. 4 Übersicht WOM-Modelle470 Word of Mouth und Marketing Aktivitäten in einem Marketingsystem nach Bayus503 In seinem Modell stellt Bayus (1985) die WOM-Prozesse dar, die durch gezielte Marketingaktivitäten zwischen Käufern, Marktteilnehmern, wie Meinungsbildnern, sowie anderen Beeinflussern ausgelöst werden. WOM findet nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb dieser Gruppen statt. Bayus führt bei den Marketingaktivitäten auch Public Relation auf, welche auch als Bestandteil indirekter Marketingmaßnahmen wahrgenommen werden können. Buyers Other Influential Populations ▪ reference groups ▪ others (e.g., parents) Target Market ▪ opinion leaders ▪ followers Marketing Efforts ▪ advertising ▪ personal selling ▪ promotion ▪ public relations Word-of-Mouth Modell nach Buttle504 Buttle unterscheidet zwischen Input und Output WOM, welches die Person erhält bzw. weitergibt. Zudem ergänzt er den situativen Kontext in Form des extrapersonellen Umfelds sowie anderer Einflussfaktoren, welche Erwartungen wecken. Im Gegensatz zu Bayus beleuchtet Buttle das intrapersonelle Umfeld in Form des „Disconfirmation Process“. Durch Abgleich von Erwartung und Wahrnehmung bewertet die Person die Information mit Zufriedenheit, Unzufriedenheit oder Begeisterung. SOCIAL NETWORKS CULTURE BUSINESS CLIMATE INCENTIVES INTRAPERSONAL ENVIRONMENT seeking giving delight INPUT WOM OUTPUT WOM giving seeking DISCONFIRMATION PROCESS Expectation: Perception OTHER INFLUENCES ON EXPECTATION satisfaction OTHER BEHAVIOURS dissatisfaction Confirmation/Disconfirmation-Paradigma nach Niessing505 Niessing, 2007, nimmt den „Disconfirmation Process“ auf und entwickelt ihn weiter zum C/D-Paradigma. Anhand des Abgleichs von Soll- und Ist-Leistung des Produktnutzens erfolgt wie im Modell nach Buttle die Bewertung in Form von Begeisterung, Zufriedenheit und Unzufriedenheit. Niessing ergänzt den nächsten Schritt und leitet daraus ab, welche WOM-Form bzw. welche Kundenreaktion erfolgt. Produktnutzung Ist-Leistung > Soll-Leistung Ist-Leistung = Soll-Leistung Ist-Leistung < Soll-Leistung positive Disconfirmation Confirmation negative Disconfirmation Begeisterung Zufriedenheit Unzufriedenheit Wiederkauf positive Mundwerbung (Weiterempfehlung) negative Mund- Abwanderung Beschwerde werbung World-of-Mouth 502 Vgl. Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayus, 1985, Buttle, 1998, Niessing, 2007. Vgl. Bayus, 1985, S. 33. 504 Vgl. Buttle, 1998, S. 245. 505 Vgl. Niessing, 2007, S. 117 in Anlehnung an Homburg/Becker/Hentschel, 2005, S. 97. 503 Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXI Appendix XXI A. 5 Qualifikationsabhängige Einflussnetzwerke: Bedeutung der Marktpartner auf den Verschreibungsentscheid im Netzwerk von GP, Spitalarzt und Spezialist506 506 Vgl. van Lier, 2007, S. 178 (Basis: Ärztebefragung; n=579). Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXII XXII Appendix A. 6 Auflistung Gesprächspartner der explorativen Expertengespräche Gesprächspartner „Marketingexperte“ # Unternehmen 1 ReiseMED 2 Respipharma 3 Respipharma 4 A 5 Vaximed 6 B 7 Vaximed 8 Respipharma 9 C 10 D Unternehmensgröße Funktion Interview Datum Dokumentation < 50 Marketingleiter (bis 2010) telefonisch 05.03.2011 Notizen + Transkript > 10.000 Marketingleiter Rx telefonisch 10.03.2011 Notizen + Transkript > 10.000 Business Unit Director telefonisch 10.03.2011 Notizen + Transkript > 10.000 Marketingleiter telefonisch 11.03.2011 Notizen + Transkript < 5000 CEO telefonisch 13.03.2011 Notizen + Transkript > 10.000 CEO telefonisch 14.03.2011 Notizen + Transkript < 5000 Marketingleiter (bis 2010) telefonisch 16.03.2011 Notizen + Transkript > 10.000 CEO (bis 2011) telefonisch 01.04.2011 Notizen + Transkript < 5000 Marketingleiter telefonisch 06.04.2011 Notizen + Transkript > 10.000 Medical Director telefonisch 14.04.2011 Notizen + Transkript Gesprächspartner „Arzt“ Niedergelassen Alter über 35-59 5Jahre PKV Anteil Beanspruchte Leistungen Interview Datum Dokumentation Ja <10% Unterstützung im PM, Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.-Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript Ja Ja 10-20% Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen +Transkript API Ja Ja <10% Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/ -broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 4 API Ja Ja 20-35% Unterstützung im PM, Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 5 API Ja Ja 20-35% Unterstützung im PM, Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/ -broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 6 API Ja Ja 20-35% Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 7 API Ja Ja 20-35% Unterstützung im PM, Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 8 API Ja Ja 35-50% Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 9 API Ja Ja <10% Unterstützung im PM, Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript 10 API Ja Ja 35-50% Unterstützung im PM, Wissenschaftl. Fortbildung, Pat.- Aufklärung/-broschüren persönlich 11.05.2011 Notizen + Transkript # Arzt 1 API Ja 2 API 3 Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXIII XXIII Appendix A. 7 Leitfäden für explorative Expertengespräche Leitfaden explorative Expertengespräche „Marketingmanager“ Vorabinformation an Marketingmanager Forschungsprojekt „Indirect Marketing“ Inhalt: Pharmazeutische Unternehmen stehen bezüglich der Kommunikation mit einer ihrer Hauptzielgruppen, den niedergelassenen Ärzten, vor massiven Herausforderungen. Aufgrund gesetzlicher Restriktionen und neuer Entwicklungen in der Pharmabranche ist es im Gegensatz zu anderen Branchen nicht möglich, alle kommunikationspolitischen Instrumente anzuwenden. Marketing trägt zudem immer seltener zu einer nachweislichen Steigerung der Umsätze bei, da die angesprochenen Zielgruppen die vermittelte Botschaft aufgrund der hohen Anzahl an Werbekontakten pro Tag nicht mehr aufnehmen. Leistungen gleichen sich an und der Handlungsspielraum des Marketing nimmt aufgrund des hohen Standards der bestehenden Maßnahmen ab. Selbst mit einem großen Aufwand können nur noch geringe Verbesserungen erzielt werden. Die verstärkten direkten Marketingaktivitäten zur Erhöhung der Kundenbindung führen zunehmend zur Ablehnung und Reaktanz der Kunden gegenüber dieser Maßnahmen, die auf Beeinflussung des Kaufverhaltens abzielen und als solche enttarnt werden. Somit ist das Pharmamarketing auch nur begrenzt in der Lage, einen Zusatznutzen für das Unternehmen zu erbringen. Für Pharmaunternehmen stellt sich demnach die Frage, wie es trotz dieser Einschränkungen gelingt, Marketingmaßnahmen zu entwickeln und anzuwenden, um die Kaufentscheidung dennoch zu beeinflussen. Eine vielversprechende Möglichkeit stellen Maßnahmen des Indirect Marketing dar. Indirect Marketing umfasst alle Maßnahmen zur Förderung des Verkaufs der eigenen Marktleistung, welche über indirekte Leistungen erfolgen, d.h. über Leistungen, welche nicht der Hauptleistungserstellung und -verwertung entspringen, mit ihr jedoch in einem kommunikatorischen, verhaltensmässigen oder imagemässigen Zusammenhang stehen (Vgl. Weinhold, 1984). Bisher sind allerdings keine Modelle vorhanden, welche diejenigen Maßnahmen erfassen und beschreiben, die in einem gesetzlich regulierten und eingeschränkten Markt wie dem Pharmamarkt Anwendung finden können. Ziel des Forschungsprojektes ist es daher, indirekte MarketingMaßnahmen innerhalb regulierter Märkte zu untersuchen, Möglichkeiten für Pharmaunternehmen eines gezielten Einsatzes zu ermitteln, deren Wahrnehmung und Wirkung bei der Zielgruppe „Arzt“ zu analysieren, sowie adäquate Management-Lösungen abzuleiten. Konstanz im März 2011 Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXIV XXIV Appendix Interviewleitfaden (60 – 75 Minuten) Interviewpartner unterrichten über: • Ziel des Interviews • Schutz persönlicher Daten • Sicherung der Anonymität • Hinweis auf Freiwilligkeit der Angaben • Genehmigung der Tonaufzeichnung 1. Einführung • Für welchen Aufgabenbereich sind Sie im Unternehmen zuständig? • Seit wann sind Sie im Marketing (für verschreibungspflichtige Arzneimittel) tätig? • Wie sieht Ihr bisheriger beruflicher Werdegang aus? 2. Ausgangslage Wie ist die Ausgangslage in Bezug auf Reglementierungen in Ihrem Markt? • In welchem Markt sind sie aktiv? Welches Indikationsgebiet? • Welche Zielgruppen sprechen Sie an? Ärzte, Patienten, Apotheker, Payer • Welchen Einschränkungen unterliegt Ihr Unternehmen im Marketing? Vermarktung der Produkte, Gesetze, Widerstände der Kunden, neue Verhaltensweisen der Kunden, Konkurrenzdruck, etc. • Was ist Ihrer Meinung nach das Problem des Pharmamarketing in der heutigen Zeit? • Welche Probleme/Schwierigkeiten können bei der Kommunikation mit dem Kunden „Arzt“ durch den Einsatz bestimmter Marketingaktivitäten auftreten? konkrete Situationen • Welche Probleme/Schwierigkeiten können bei der Kommunikation mit dem Kunden „Patient“ durch den Einsatz bestimmter Marketingaktivitäten auftreten? konkrete Situationen 3. Kundenbedürfnisse Welche Bedürfnisse haben Ihre Kunden, die Ärzte? • Über welche Grund- und Zusatzbedürfnisse verfügen Ärzte? Was denken Sie, ist einem Arzt wichtig? außer dem wirksamen und sicheren Medikament • Welche Bedürfnisse müssen erfüllt werden, um eine Beeinflussung der Zielgruppe zu erreichen? • Durch welche zusätzlichen Maßnahmen der Pharmaindustrie und deren Partner können diese befriedigt werden? Durch welche Services erfüllen Pharmaunternehmen diese Erwartungen? • Durch welche Maßnahmen gelingt/gelang es, Ärzte vom Unternehmen und den Produkten zu begeistern? Services/Leistungen ohne Produktbezug Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXV XXV Appendix 4. Arten von Indirect Marketing Welche Arten von Indirect Marketingmaßnahmen kennen Sie und setzen Sie ein? • Was verstehen Sie unter indirektem Marketing? falls andere Definition, Weinhold Definition erläutern • Welche indirekten Marketingmaßnahmen kennen Sie? eigene Firma, andere Pharmaunternehmen, andere Unternehmen außerhalb Pharma (Leistungen ohne Produktbezug) • Haben Sie bereits Erfahrungen mit indirekten Marketingmaßnahmen sammeln können? • Welche Bedeutung haben indirekte Marketingmaßnahmen für die Marketingplanung Ihres Unternehmens? Über welchen Anteil verfügen indirekte Maßnahmen in Ihrem Marketing-Mix? • Welche Ziele verfolgen Sie generell mit indirektem Marketing? monetär vs. nicht monetär, Image, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Verschreibungsrate • Welche indirekten Marketingmaßnahmen setzen Sie ein? Fragen auf genannte Maßnahmen beziehen und konkretisieren I. Verwenden Sie unterschiedliche Maßnahmen für unterschiedliche Kunden? Weshalb? II. Verwenden Sie unterschiedliche Maßnahmen in unterschiedlichen Konsumphasen? III. Wie schätzen Sie folgende Einteilung der indirekten Marketingmaßnahmen ein: Medikament/Indikation/Praxisleistung/Lebenserfüllung? Leistungsschalen nach Schlegel IV. Fehlen Ihrer Meinung nach weitere Arten? • Welche der genannten Bedürfnisse, denken Sie, konnten Sie mit diesen Maßnahmen befriedigen? • Was sind für Sie Erfolgskriterien einer Indirect Marketingmaßnahme? Denken Sie zurück an eine vergangene indirekte Maßnahmen, die erfolgreich war. Woran lag es Ihrer Meinung nach? Was muß passieren, damit eine indirekte Maßnahme einen Einfluss auf die Verschreibung hat? Kennen Sie eine Maßnahme die das kann? 5. Erfolgsfaktoren Was sind für Sie Erfolgsfaktoren der unterschiedlichen indirekten Marketingmaßnahmen? Fragen pro Art indirekter Maßnahme durchgehen • Für welches Ziel setzen Sie diese Art indirekter Maßnahmen ein? • Wann sind Ihrer Meinung nach indirekte Marketingmaßnahmen dieser Art erfolgreich in Bezug auf… Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXVI XXVI 6. Appendix I. die Konfiguration/Zusammenstellung der indirekten Maßnahme? Wie gelingt es, die spezifischen Kundenerwartungen durch indirekte Maßnahmen zu erfüllen? Wie gelingt es Kunden zu begeistern? II. die Kommerzialisierung der indirekten Maßnahme? Wie gelingt es indirekte Maßnahmen zu vermarkten? Wie gelingt es durch indirekte Maßnahmen den Abverkauf/die Verschreibung der Arzneimittel zu erhöhen? III. die Kommunikation der indirekten Maßnahme? Über welche Kanäle werden indirekte Maßnahmen wirksam nach innen und außen kommuniziert? Wie läßt sich Mund zu Mund-Kommunikation initialisieren und ausbauen? Auf was ist bei der Kommunikation zu achten? Absender? Inhalt der Botschaft? IV. Kooperationen? Welche Bedeutung haben Kooperationen mit externen Partnern für eine erfolgreiche Umsetzung indirekter Maßnahmen? Mit welchen externen Partnern haben Sie indirekte Maßnahmen gestaltet und durchgeführt? Worauf ist bei der Gestaltung der Kooperationsprozesse zwischen den Unternehmen zu achten? V. benötigte Kompetenzen und Ressourcen? Über welche Kompetenzen und Ressourcen muss das Unternehmen verfügen, um indirekte Maßnahmen erfolgreich zu vermarkten? Zukünftige Entwicklungen des indirekten Marketing Wie können zukünftige Entwicklungen des indirekten Marketing in Ihrem Markt aussehen? • In welche Richtung entwickelt sich Ihr Markt? Nehmen die Reglementierungen zu oder werden diese beseitigt, z. B. aufgrund europäischer Richtlinien? • Wo sehen Sie Entwicklungspotenziale in Bezug auf die Anwendung und das Management indirekter Maßnahmen? 7. Abschluss • Möchten Sie aus Ihrer Sicht noch Aspekte zu der Thematik nennen, die im Interview zu wenig berücksichtigt wurden? Danken und beenden Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXVII Appendix XXVII Leitfaden explorative Expertengespräche „Ärzte“ Interviewleitfaden (60 – 70 Minuten) Interviewpartner unterrichten über: • Ziel des Interviews • Schutz persönlicher Daten • Sicherung der Anonymität • Hinweis auf Freiwilligkeit der Angaben • Genehmigung der Tonaufzeichnung • Hinweis auf Meldungspflicht von Nebenwirkungen 1. Einführung • Wie alt sind Sie? • Wo arbeiten Sie? Art und Größe der Praxis • Beschreiben Sie bitte kurz Ihren Patientenstamm? PKV vs. GKV, städtisch vs. ländlich, akut vs. chronisch 2. Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen Um einen Einblick in Ihre tägliche Arbeit zu bekommen, möchte ich thematisch gern wie folgt in dieses Interview einsteigen: Wenn wir einmal über Herausforderungen im Arztalltag reden... • Welchen Herausforderungen sehen Sie sich als Arzt gegenüber? Insbesondere aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen, wie AMNOG usw. • Was machen Sie, um sich diesen Herausforderungen zu stellen? Wie gehen Sie diese Herausforderungen an? Wo suchen Sie sich persönlich Unterstützung? Sie haben ja im Alltag auch mit vielen Pharmaunternehmen zu tun. Manche dieser Unternehmen schätzen Sie sicherlich mehr, andere weniger. • Warum schätzen Sie einige Pharmaunternehmen mehr und andere weniger? Welche? • Inwiefern können Pharmaunternehmen Sie dabei unterstützen die Herausforderungen Ihres Praxisalltages zu meistern? INTERVIEWER: BLATT A vorlegen Ich habe hier eine Liste mit einer beliebigen Auswahl von verschiedenen Pharmaunternehmen. Bitte schauen Sie sich diese Liste einmal an und sagen mir, mit welchen dieser Unternehmen Sie viel zu tun haben. Sie können diese Liste auch gern ergänzen. Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXVIII XXVIII Appendix • Warum haben Sie gerade mit diesem Unternehmen viel zu tun? Woran liegt das? Warum haben Sie mit anderen Unternehmen weniger zu tun? Gründe ausführlich explorieren • Wie würden Sie die Beziehung zu den Unternehmen beschreiben, mit denen Sie zusammenarbeiten? Zu welchem Unternehmen haben Sie eine besonders gute Beziehung? Woran liegt das? • In welchen Bereichen wünschen Sie sich persönlich eine größere Unterstützung durch die Pharmaunternehmen? In welcher Form wünschen Sie sich diese Unterstützung? 3. Serviceleistungen von Pharmaunternehmen • Wie können Pharmaunternehmen Sie in Ihrem Alltag unterstützen? • Was geht Ihnen spontan durch den Kopf, wenn Sie von „Serviceleistungen von Pharmaunternehmen“ hören? Was für Leistungen fallen Ihnen da spontan ein? • Welchen Nutzen haben Sie davon? Welche dieser Leistungen haben einen besonders großen Nutzen für Sie persönlich? Warum? Auf welche(s) Ihrer Bedürfnisse wird hier eingegangen? Welche Kriterien muss eine solche Leistung erfüllen, damit auf dieses Bedürfnis durch die Leistung eingegangen wird? Was ist generell wichtig bei Leistungen dieser Art? Welche Kriterien müssen Sie erfüllen? Warum? Was ist der Mehrwert für Sie, wenn diese Kriterien erfüllt sind? INTERVIEWER: BLATT B vorlegen Ich habe hier eine Liste vorbereitet mit verschiedenen Themenbereichen, die Serviceleistungen von Pharmaunternehmen abdecken können. Schauen Sie sich diese Liste doch bitte einmal an. • Ist diese Liste Ihrer Meinung nach vollständig oder müssen noch andere Themenbereiche ergänzt werden? Welche? • In welchem dieser Bereiche wurden Ihnen schon einmal Serviceleistungen von einem Pharmaunternehmen angeboten? Was genau waren das für Leistungen? • In welchem dieser Bereiche haben Sie schon einmal Serviceleistungen von einem Pharmaunternehmen in Anspruch genommen? Warum? Was hat Sie motiviert diese Leistung(en) in diesem Fall / in diesen Fällen in Anspruch zu nehmen? • Können Sie sich an eine Leistung aus einem dieser Themenbereiche erinnern, die für Sie persönlich besonders hilfreich oder wertvoll war? Welche? Warum war diese Leistung besonders hilfreich/wertvoll für Sie? • Und können Sie sich auch an eine Leistung aus diesen Themenbereichen erinnern, die am Ende nicht Ihren Erwartungen entsprach? An welche? Warum entsprach diese nicht Ihren Erwartungen? Was hätte man daran ggf. verbessern müssen? • Was ist mit Leistungen von Pharmaunternehmen, die nicht direkt Ihnen, sondern beispielsweise den Kollegen, den Patienten, usw. angeboten werden? Wie bewerten Sie diese im Hinblick auf Ihren Nutzen? Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXIX XXIX Appendix • Welche Leistungen wünschen Sie sich? Wo sehen Sie im Arztalltag Raum für weitere Unterstützung? Warum gerade in diesem Bereich? • Schauen wir doch noch einmal auf diese Liste mit den Pharmaunternehmen (Blatt A): Welche dieser Unternehmen bieten ◦ besonders viele ◦ besonders hilfreiche Serviceleistungen in diesen Themenbereichen an? • Verschreiben Sie die Präparate dieser Unternehmen auch öfter, wie die anderer Unternehmen? Warum? Präparate welcher Unternehmen verschreiben Sie stattdessen? Warum? • Aus Sicht eines Pharmaunternehmens: Welche Leistungen würden Sie selbst den Ärzten verstärkt anbieten? Warum? Würden Sie diese Leistungen kostenpflichtig anbieten? Warum? 4. Evaluation potenzielle Erfolgsfaktoren Ich möchte jetzt noch einmal etwas allgemeiner zu sprechen kommen auf die Gesamtheit von Serviceleistungen von Pharmaunternehmen, die keinen direkten Produktbezug haben. Wir haben einige Punkte schon an konkreten Beispielen diskutiert. Lassen Sie uns doch bitte noch einmal zusammenfassen: • Was glauben Sie persönlich hat alles Einfluss darauf, dass solche Serviceleistungen einen Mehrwert für Sie darstellen? INTERVIEWER: Begriffe von Blatt C auf Karteikarten vorlegen Ich habe mir vor diesem Interview auch schon ein paar Gedanken gemacht und einige Faktoren, die über den Erfolg oder Misserfolg solcher Serviceleistungen entscheiden können, aufgeschrieben. Bitte schauen Sie sich diese Punkte doch einmal an. Für jeden einzelnen Faktor diskutieren: ◦ Verständnis des Faktors ◦ Ausprägung des Faktors (Je mehr, desto ... ?) ◦ Relevanz des Faktors in Bezug auf die Gesamtzufriedenheit • Welcher dieser Faktoren ist für einen Erfolg der jeweiligen Leistung am wichtigsten? Warum? • Welcher dieser Faktoren ist für einen Erfolg der jeweiligen Leistung am wenigsten wichtig? Warum? 5. Beschreibung des Verschreibungsverhaltens Wenn wir jetzt einmal über die Verschreibung von Präparaten reden… • Gibt es ein Pharmaunternehmen, dessen Produkte Sie häufiger verschreiben? Welches? Warum? Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXX XXX Appendix INTERVIEWER: BLATT A zum Vergleich vorlegen. • Gibt es besondere Kriterien, welche die freie Auswahl der medikamentösen Behandlung einschränken? Herleitung anderer Zielgruppen, die Einfluss auf die Entscheidung haben: Apotheker, Patienten, KV, Gesundheitspolitik. • Inwiefern spielen folgende Kriterien eine Rolle? Welches Kriterium ist das Wichtigste? INTERVIEWER: Auf Karteikarten vorlegen und Rangreihe bilden lassen. ◦ Wirksamkeit, Wirkmechanismus des Präparats ◦ Nebenwirkungsprofil ◦ Studien ◦ Leitlinien ◦ Vorgaben der (Fach-)Kollegen ◦ Preis / Erstattungsfähigkeit ◦ Regressangst ◦ Reputation des Anbieters/Herstellers ◦ Sympathie des Anbieters/Herstellers ◦ Sympathie des Pharmareferenten INTERVIEWER: BLATT A vorlegen Ich habe hier noch einmal die Liste mit einer beliebigen Auswahl von verschiedenen Pharmaunternehmen. Bitte schauen Sie sich diese Liste einmal an und sagen mir, von welchem dieser Unternehmen Sie (gefühlt) besonders häufig Präparate verschreiben. Gern können Sie die Liste auch noch ergänzen. • Warum verschreiben Sie die Präparate dieses Unternehmens besonders häufig? Gibt es dafür einen besonderen Grund? Welchen? 6. Zusammenfassung und Abschluss • Wir haben jetzt lange über Serviceleistungen, die von Pharmaunternehmen angeboten oder vermittelt werden gesprochen. • Was glauben Sie vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Erfahrungen: Werden solche Leistungen von den Ärzten (auch in Zukunft) eher begrüßt oder eher abgelehnt? • Wie müssten diese Leistungen angeboten/vermittelt werden, so dass diese eher begrüßt werden? • Gibt es noch einen Punkt, den Sie persönlich zu diesem Thema noch einbringen möchten? Haben wir einen Themenbereich Ihrer Meinung nach zu kurz oder gar nicht besprochen? Danken und beenden Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXI Appendix Blatt A: Auflistung von 21 Pharmaunternehmen auf dem deutschen Pharmamarkt in alphabetischer Reihenfolge. Zur Gewährleistung der durchgehenden Anonymität der untersuchten Unternehmen, wird diese Liste hier nicht aufgeführt. Blatt B: Kongress Wissenschaftliche Fortbildung Weiterbildung/Schulung des Praxispersonals Patientenbroschüre Patientenaufklärung Fachbuch Praxissoftware Praxismaterial Informationsplattform im Internet für Fachpersonal Informationsplattform im Internet für Patienten Indikationsspezifisches Material Werbung Sonstiges, und zwar: __________________________________ Blatt C: Unabhängigkeit Vertrauenswürdigkeit Kompetenz Reputation Freundschaftsgrad Sympathiegrad Persönliche Relevanz Stärke der Argumente der vermittelten Botschaft Übereinstimmung der Botschaft mit den eigenen Erfahrungen Wahrgenommene Qualität Glaubwürdigkeit Kosten XXXI Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXII XXXII Appendix A. 8 Auflistung Gesprächspartner Fallstudien Interviews Gesprächspartner „Marketingexperte“ # Fallstudie Unternehmen Funktion Interview Datum/Uhrzeit Dokumentation Notizen + Transkript 1 Med. Beratungsservice Pharmacon Marketingleiter telefonisch 23.08.2011/ 17 Uhr 2 Aufklärungskampagne Vaximed Marketingleiter telefonisch 12.09.2011/ 18 Uhr Notizen + Transkript 3 Internetinformationsplattform Respipharma Senior Brand Manager telefonisch 22.09.2011/ 18 Uhr Notizen + Transkript Vaximed Marketingleiter Reisemed telefonisch 22.08.2011/ 13 Uhr Notizen + Transkript Notizen + Transkript 4 Reisemed. Service 5 Notfalltraining 6 kinderwelten Award Respipharma Pharmareferent telefonisch 16.09.2011/ 17 Uhr Vaximed CEO telefonisch 11.10.2011/ 17 Uhr Notizen + Transkript Gesprächspartner „Arzt“ Arzt Leistung beansprucht Interview Datum/Uhrzeit Dokumentation Med. Beratungsservice Pädiater Ja Frankfurt, persönlich 12.10.2011/ 13 Uhr Notizen + Transkript Med. Beratungsservice API Ja Frankfurt, persönlich 12.10.2011/ 14.30 Uhr Notizen + Transkript Ja Frankfurt, persönlich 12.10.2011/ 16 Uhr Notizen + Transkript 12.10.2011/ 16 Uhr Notizen + Transkript # Fallstudie 1 2 3 Med. Beratungsservice Pädiater 4 Med. Beratungsservice Pädiater Ja Frankfurt, persönlich 5 Med. Beratungsservice Pädiater Ja München, persönlich 14.10.2011/ 14.30 Uhr Notizen + Transkript 6 Med. Beratungsservice Pädiater Ja München, persönlich 14.10.2011/ 16 Uhr Notizen + Transkript Ja Frankfurt, persönlich 12.10.2011/ 17.30 Uhr Notizen + Transkript Ja München, persönlich 14.10.2011/ 17.30 Uhr Notizen + Transkript 14.10.2011/ 17.30 Uhr Notizen + Transkript 7 8 Aufklärungskampagne Aufklärungskampagne API API 9 Aufklärungskampagne API Ja München, persönlich 10 Aufklärungskampagne API Ja München, persönlich 14.10.2011/ 19 Uhr Notizen + Transkript 11 Internetinformationsplattform API Ja München, persönlich 14.10.2011/ 14.30 Uhr Notizen + Transkript 12 Internetinformationsplattform Ja München, persönlich 14.10.2011/ 19 Uhr Notizen + Transkript 12.10.2011/ 14.30 Uhr Notizen + Transkript API 13 Reisemed. Service API Ja Frankfurt, persönlich 14 Reisemed. Service API Ja Frankfurt, persönlich 12.10.2011/ 19 Uhr Notizen + Transkript 15 Reisemed. Service API Ja München, persönlich 14.10.2011/ 16 Uhr Notizen + Transkript Ja Frankfurt, persönlich 12.10.2011/ 19 Uhr Notizen + Transkript Notizen + Transkript Notizen + Transkript 16 Notfalltraining 17 Notfalltraining 18 kinderwelten Award API API Ja telefonisch 07.11.2011/ 13 Uhr Pädiater Ja München, persönlich 14.10.2011/ 13 Uhr Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXIII Appendix XXXIII A. 9 Leitfäden für Fallstudien Interviews Leitfaden Fallstudien Interviews „Marketingmanager“ Interviewleitfaden (60 – 90 Minuten) Interviewpartner unterrichten über: • Ziel des Interviews (Definition des jeweiligen Cases als eine Leistung des indirekten Marketing) • Schutz persönlicher Daten • Sicherung der Anonymität • Hinweis auf Freiwilligkeit der Angaben • Genehmigung der Tonaufzeichnung 1. Einführung und Hintergrundinformation • Bitte beschreiben Sie das Unternehmen in dem Sie tätig sind/waren. • Beschreiben Sie bitte das Indikationsgebiet, in dessen Rahmen die IL stattfand. • Bitte beschreiben Sie Rahmenbedingungen/Ausgangslage/Wettbewerbslage. generisch, patentgeschützt etc. • Bitte beschreiben Sie die angesprochene IL: Was genau ist/war die IL, die Sie anbieten/angeboten haben? 2. Situative Faktoren • Wie ist die Position des Produktes, der Kernleistung, im Produktlebenszyklus? • Wie ist die Indikation einzustufen, z. B. Prävention, akut gefährlich, akut ungefährlich, chronisch gefährlich, chronisch ungefährlich? • Welche Eigentumsverhältnisse herrschen im Unternehmen? Familie oder AG • Welche Philosophie verbirgt sich hinter Familie vs. AG? • Existieren eigene Außendienstaktivitäten? • Bitte beschreiben Sie den gesamten Marketingmix des Unternehmens. • Fallen Ihnen noch weitere situative Faktoren ein, welche einen Einfluss auf den Erfolg der IL haben können? 3. Erfolgsmessung: qualitativ und quantitativ • Was ist für Sie Erfolg im Unternehmen? • Was bedeutet Erfolg einer IL? • Wie messen Sie Erfolg? Warum qualitativ? Warum quantitativ? • Qualitativ: Rückmeldung von Innen- und Außendienstmitarbeitern, Rückmeldung von Ärzten, Optimierung der Zusammenarbeit; Steigerung der Reputation in der Zielgruppe, in der Branche, in der Politik, in der Gesellschaft. Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXIV XXXIV Appendix • Quantitativ: Steigerung Rezeptzahlen, Steigerung direkter Umsatz, Steigerung Awarenesszahlen, Zusammenhang mit Verschreibungsrate • Was macht, Ihrer Meinung nach, den Erfolg einer IL aus? • Wie wurden die Erfolgsaussichten vor Start der IL eingeschätzt? 4. Zielsetzung Indirekte Leistungen • Welche Ziele (kurz/langfristig) verfolgen Sie mit dieser IL? • Welche Zielgruppe sprechen Sie mit der IL an? • In welche Leistungsgruppe gehört die IL? Indikation, Praxisleistung, Image • Welche Bedürfnisse der Zielgruppe sollen mit Leistung befriedigt werden? • Wurde die Zielgruppe segmentiert? Falls ja: In welche Segmente? • Wie sah der komplette Kommunikationsmix der Kampagne für das Produkt aus, in dessen Rahmen die IL Anwendung fand? War IL einzige Maßnahme? 5. Gestaltungsfaktoren 5.1 Konfiguration • Welchen Mehrwert liefert die IL? falls nicht genannt Customer Value Creation-Framework durchgehen: I. Sources of Value: Information, Products, Interactions, Environment, Ownership II. Types of Value: Functional Value, Experiental Value, Symbolic Value, Cost/Sacrifice Value • Wo setzt die IL an? In welchem Bereich unterstützt die IL die Zielgruppe? Wissensmanagement, Zeitmanagement, Praxismanagement, Kostenmanagement, Imageförderung • Welchen Ärztetypen sollten durch diese IL besonders angesprochen werden? Welche Ärztetypen wurden tatsächlich angesprochen? Risikoavers, Guter Mediziner, Early Adopter • Welche Faktoren spielten bei der Konfiguration und für den Erfolg der IL eine Rolle? • Welchen Einfluss hatten folgende Faktoren auf den Erfolg der IL: I. Persönliche Relevanz für den Arzt II. Übereinstimmung der Botschaft mit eigenen Erfahrungen des Arztes III. Stärke der Argumente der übermittelten Botschaft IV. Freundschafts-/Sympathiegrad des Unternehmens V. Kosten der IL VI. Reputation des Unternehmens VII. Vertrauenswürdigkeit VIII. Glaubwürdigkeit Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXV XXXV Appendix IX. Wahrgenommene Qualität der IL X. Kompetenz XI. Unabhängigkeit • Wie stellen Sie sicher, dass die Quelle als I. relevant II. glaubwürdig III. vertrauenswürdig eingestuft wird? 5.2 Kommerzialisierung • Wie hoch ist die Investition/Budget für die IL? • Verfügen IL über Multiplikatoreffekte? Wenn ja über welche? • Wie wirken sich die Multiplikatoreffekte auf Effizienz und Effektivität der Maßnahme aus? • Welche direkte Umsatzsteigerung der Kernprodukte wurde dadurch erzielt? • Weshalb haben IL einen Effekt auf das Verschreibungsverhalten der Ärzte? • Welchen Beitrag liefert die IL zum Unternehmenserfolg im Vergleich zu anderen direkten Maßnahmen des Unternehmens? • Wurde IL vermarktet? Wurde ein Preis verlangt? Wie und mit welchen Argumenten? • Konnten Sie die IL zur eigenständigen Leistung entwickeln und vermarkten? Wäre das möglich? 5.3 Kooperation • Wurden Kooperationspartner hinzugezogen? Warum? Welche? • Über welche erfolgsrelevanten Eigenschaften verfügten diese Kooperationspartner? • Spielte die Glaubwürdigkeit eine Rolle bei der Auswahl des Partners? • Welchen Einfluss haben Kooperationen erfahrungsgemäß auf den Erfolg der IL? 5.4 Kommunikation • Welche direkten Informationskanäle an den Arzt werden für die IL verwendet? • Welche indirekten Informationskanäle an den Arzt werden für die IL verwendet? I. Wie war deren Erfolg? I. Wie war deren Erfolg? II. Wer sind die Absender der Botschaft? • Über welche Eigenschaften verfügen die (Ab-)Sender der Botschaft? • Welche Botschaften/Inhalte werden kommuniziert? • Werden unterschiedliche Botschaften an unterschiedliche Zielgruppen gesandt? Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXVI XXXVI Appendix Unterschied rationaler/emotionaler Ärztetyp • Wurde die IL in Verbindung mit dem Erwerb des Kernproduktes gebracht? • Hatte die Verknüpfung mit dem Kernprodukt eine Auswirkung auf den Erfolg? Welche? • Hätte man besser darauf verzichten sollen? • Wie kann die Bereitschaft der Ärzte erhöht werden, die IL in Anspruch zu nehmen? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit diese Bereitschaft steigt? 5.5 Kompetenz • Über welche bestimmten Fähigkeiten müssen die beteiligten Mitarbeiter verfügen? • Wie wurden die beteiligten Mitarbeiter vorbereitet/geschult? • Wie ist die Akzeptanz für die IL im Unternehmen? Welche Hindernisse existieren? • Liefern die IL aus Ihrer Sicht einen strategischen Wettbewerbsvorteil? 6. Abschluss • Gibt es noch einen Punkt, den Sie persönlich zu dieser IL noch einbringen möchten? Haben wir einen Themenbereich Ihrer Meinung nach zu kurz oder gar nicht besprochen? Danken und beenden Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXVII Appendix XXXVII Leitfaden Fallstudien Interviews „Ärzte“ Interviewleitfaden (60 – 70 Minuten) Interviewpartner unterrichten über: • Ziel des Interviews • Schutz persönlicher Daten • Sicherung der Anonymität • Hinweis auf Freiwilligkeit der Angaben • Genehmigung der Tonaufzeichnung • Hinweis auf Meldungspflicht von Nebenwirkungen 1. Einführung • Wie alt sind Sie? • Wo arbeiten Sie? Art und Größe der Praxis • Beschreiben Sie bitte kurz Ihren Patientenstamm? PKV vs. GKV, städtisch vs. ländlich, akut vs. chronisch 2. Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen Um einen Einblick in Ihre tägliche Arbeit zu bekommen, möchte ich thematisch gern wie folgt in dieses Interview einsteigen: Wenn wir einmal über Herausforderungen im Arztalltag reden... • Welchen Herausforderungen sehen Sie sich als Arzt gegenüber? Insbesondere aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Gesundheitswesen, wie AMNOG usw. • Was machen Sie, um sich diesen Herausforderungen zu stellen? Wie gehen Sie diese Herausforderungen an? Wo suchen Sie sich persönlich Unterstützung? Sie haben ja im Alltag auch mit vielen Pharmaunternehmen zu tun. • Inwiefern können Pharmaunternehmen Sie dabei unterstützen die Herausforderungen Ihres Praxisalltages zu meistern? 3. Serviceleistungen von Pharmaunternehmen • Was geht Ihnen spontan durch den Kopf, wenn Sie von „Serviceleistungen von Pharmaunternehmen“ hören? Was für Leistungen fallen Ihnen da spontan ein? • Welchen Nutzen haben Sie von diesen Leistungen? Welche dieser Leistungen haben einen besonders großen Nutzen für Sie persönlich? Warum? Hat Sie die Leistung entlastet bei Ihrer Arbeit • Was ist Ihnen generell wichtig bei Leistungen dieser Art? Welche Kriterien müssen Sie erfüllen? Warum? Was ist der Vorteil für Sie, wenn diese Kriterien erfüllt sind? • Welche Serviceleistungen von Pharmaunternehmen haben Sie persönlich schon in Anspruch genommen? An welche können Sie sich da spontan erinnern? Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXVIII XXXVIII Appendix Interviewer: Falls zu besprechende Leistung genannt, dann weiter mit: Ich möchte mit Ihnen die Leistung ... (Name Serviceleistung einsetzen) … im Folgenden etwas genauer besprechen. Interviewer: Falls zu besprechende Leistung spontan nicht genannt, dann weiter mit: Wenn ich recht informiert bin, haben Sie ja auch die Leistung ... (Name Serviceleistung einsetzen) … einmal in Anspruch genommen bzw. nehmen diese noch immer in Anspruch. Im Folgenden möchte ich diese Leistungen etwas genauer mit Ihnen besprechen. 4. Fokussierte Besprechung der spezifischen IL-Fallstudie • Bitte beschreiben Sie mir doch einmal die genannte Leistung mit eigenen Worten. • Wer hat diese Leistung angeboten? Welches Unternehmen bzw. welche Unternehmen standen hinter dieser Leistung? Waren noch andere Unternehmen involviert? • Wie sind Sie ursprünglich auf diese Leistung aufmerksam geworden? Welche Bedeutung hatte der Pharmareferent in diesem Zusammenhang? Welchen Einfluss hatte der Pharmareferent auf die Teilnahme an dieser Leistung? • Welche Argumente haben Sie letztendlich zur Teilnahme bewegt? Welche Argumente fanden Sie überzeugend? • Wie haben Sie den Mitarbeiter wahrgenommen, der Ihnen diese Leistung vermittelt hat? Was war das für ein Typ? Wie würden Sie das Verhältnis zu diesem Mitarbeiter beschreiben? • Was haben Sie sich von der Inanspruchnahme dieser Leistung versprochen? Wurden Ihre Erwartungen in dieser Hinsicht erfüllt? Warum? • Wenn Sie noch einmal an die Leistungserbringung zurückdenken: Was ist Ihnen da sehr positiv bzw. negativ in Erinnerung? Was hätte man ggf. noch besser machen können, um den Nutzen für Sie zu erhöhen? • Worauf lag der Schwerpunkt der Leistung? Bei welchen Alltagsherausforderungen hat Sie diese Leistung unterstützt bzw. unterstützen sollen? Wissens-, Zeit-, Kosten- und/oder Praxismanagement • In welcher Hinsicht hat Sie diese Leistung im Praxisalltag dann am meisten unterstützt? Worin bestand für Sie der eigentliche Nutzen? Wer hatte davon noch alles einen Nutzen? • Bei Pharmacon: Was fällt Ihnen spontan zum INKI-Kindergarten ein? Was gefällt Ihnen daran besonders und was weniger gut? • Wurde für die Leistung vom Anbieter ein Preis verlangt? Wären Sie bereit gewesen einen Preis zu bezahlen? Warum? Wie viel? • Was muss erfüllt sein, dass die Zahlungsbereitschaft für so eine Leistung steigt? • Ich habe mir im Vorfeld ein wenig Gedanken gemacht, welche Rahmenbedingen eingehalten werden müssten, damit so eine Leistung einen Arzt wie Sie anspricht. Lassen Sie uns doch einmal auf die folgenden Begrifflichkeiten schauen. Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XXXIX Appendix • XXXIX Welche dieser Punkte waren aus Ihrer Sicht für diese Leistung erfüllt? Und welche Punkte waren wichtig für die Inanspruchnahme der Leistung? Interviewer: Blatt A vorlegen • Haben Sie diese Leistung einmal einer Ihrer Kolleginnen/einem Ihrer Kollegen weiterempfohlen? Mit welchen Argumenten? Hat die- bzw. derjenige die Leistung dann auch in Anspruch genommen? Warum? • Würden Sie selbst diese Leistung noch einmal in Anspruch nehmen? Warum? Kommen wir noch einmal auf das Unternehmen zurück, dass diese Leistung angeboten hat… • Was fällt Ihnen spontan zu diesem Unternehmen ein? • Wie oft werden Sie in der Regel vom Außendienst dieses Unternehmens besucht? Wie lange schon? Welche Produkte werden da insgesamt besprochen? Sind Sie von diesen Produkten insgesamt überzeugt? • Welchen Eindruck hatten Sie von den Mitarbeitern, welche die Leistung selbst erbracht haben? Wie kam dieser Eindruck zustande? Was haben Sie an diesen Mitarbeitern besonders und was weniger geschätzt? • Inwiefern unterstützt Sie dieses Unternehmen über die angesprochene Leistung hinaus? Welche Ziele verfolgt dieses Unternehmen durch das Anbieten solcher Leistungen? Was denken Sie: Hat das Unternehmen dieses Ziel bzw. diese Ziele erreicht? • Inwiefern haben sich Ihr Bild von diesem Unternehmen und Ihre Beziehung zu diesem Unternehmen durch die Inanspruchnahme der Leistung verändert? Haben Sie die Produkte von diesem Unternehmen häufiger verschrieben? Welche Produkte? Warum? • Hätten Sie die Leistung auch in Anspruch genommen, wenn Sie von einem anderen Unternehmen angeboten worden wäre? Was wäre dann anders gewesen? 5. Zusammenfassung und Abschluss Wir haben jetzt sehr lange über Serviceleistungen, die von Pharmaunternehmen angeboten oder vermittelt werden gesprochen und uns dabei auch … (Name Serviceleistung einsetzen) … konkret angeschaut. • Gibt es noch einen Punkt, den Sie persönlich gern zu diesem Thema noch einbringen möchten? Haben wir einen Themenbereich Ihrer Meinung nach zu kurz oder gar nicht besprochen? Danken und beenden Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XL XL Appendix Blatt A: Unabhängigkeit der Leistung vom/von den anbietenden Unternehmen Vertrauenswürdigkeit der Mitarbeiter des anbietenden Unternehmens Kompetenz der Mitarbeiter des anbietenden Unternehmens Reputation des anbietenden Unternehmens Sympathie der beteiligten Personen Übereinstimmung der Unternehmensphilosophie mit den eigenen Ansichten/Werten Persönliche Relevanz der Thematik Wahrgenommene Qualität der erbrachten Leistung(en) Glaubwürdigkeit der durch die Leistung vermittelten Inhalte Kosten der Leistung(en) Übereinstimmung der vermittelten Botschaft(en) mit eigenen Erfahrungen Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLI XLI Appendix A. 10 Fallstudie „Pharmacon“: Werte-Arten "Medizinischer Beratungsservice" Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften - Beantwortung individueller medizinischer Fachfragen - Regelmäßige Zusendung der Zeitschrift Beziehungsorientierte Interaktionen Persönliche Betreuung durch Ansprechpartner des Unternehmen - Anonymität gewährleistet - Beantwortung der Fragen durch anerkannte Experten (KOL) Zeitnahe Beantwortung der Anfrage Anonymität gewährleistet Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen „Praxisrelevante Fortbildungen“ Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften Fachlich und methodisch versierte Referenten Integrität durch Produktneutralität Beziehungsorientierte Interaktionen - Familiäre Ebene durch Eigentumsverhältnisse - Plattform zum wissenschaftlichen Austausch mit Kollegen - Direkter Kontakt zu Geschäftsführer - Referenten mit hoher Reputation Umfeld der Leistungserbringung - Veranstaltung in schönem Ambiente - Bew irtung inklusive Prozesse der Eigentumsübertragung - Hochw ertige Tages veranstaltung zu pädiatrischen Themen - Aufgearbeitete und breite Wissensvermittlung - Festigung des Erlernten durch Seminararbeit - Exaktes Zeitmanagement der Fortbildung - Regelmäßige, konstante Durchführung der Fortbildung Anonymität gewährleistet Wahrgenommener Nutzen Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLII XLII Appendix A. 11 Fallstudie „Pharmacon“: Kosten-Arten "Medizinischer Beratungsservice" Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Kostenlose Schließung von Wissenslücken und damit Risiken - Kostenlose Zeitschrift - Reduktion des pers. Investments zur Wissensgenerierung - Reduktion des pers. Investments zur Erlangung von CME-Punkten Beziehungsorientierte Interaktionen Reduktion der psych. Kosten durch glaubwürdige Experten Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung - Kostenlose Kontaktaufnahme (0800er Nummer) - Reduktion der psych.Kosten durch einfache Kontaktaufnahme - Reduktion des pers.Investment durch zeitnahe Beantwortung Wahrgenommene Kosten „Praxisrelevante Fortbildungen“ Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Kostenlose Leistung - Kosten für Anreise und Unterkunft - Reduktion der psych. Kosten durch Produktneutralität zur Wahrung der Integrität - Reduktion des pers. Investment zur Wissensgenerierung - Risikoreduktion aufgrund hochw ertiger Qualität der IL - Reduktion des pers.Investments zur Erlangung von CME-Punkten Beziehungsorientierte Interaktionen - Reduktion der psych. Kosten durch direkten Kontakt zu Mitarbeitern - Reduktion der psych. Kosten durch glaubw ürdige Referenten - Reduktion der psych. Kosten durch Kontinuität - Risikoreduktion durch exaktes Zeitmanagement Umfeld der Leistungserbringung Reduktion der psych. Kosten durch ansprechendes Ambiente Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommene Kosten Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLIII XLIII Appendix A. 12 Fallstudie „Aufklärungskampagne Impfung“: Werte-Arten „Aufklärungskampagne Impfung: TV-Kampagne“ Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften - Neupatientengenerierung - Aktive Nachfrage durch Sensibilisierung und gesteigerter Awareness der Patienten Beziehungsorientierte Interaktionen Vereinfachung der Patientengespräche Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen „Aufklärungskampagne Impfung: Praxisspezifische Fortbildungen“ Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften - Vermittlung von Hintergrundinformationen und thematische Einführung in neuen Impfbereich - Aufgearbeitete und breite Wissensvermittlung zur Indikation Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Veranstaltung in nettem Rahmen Rechtzeitige Informationim Vorfeld der Patientenkampagne Wahrgenommener Nutzen Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLIV XLIV Appendix A. 13 Fallstudie „Aufklärungskampagne Impfung“: Kosten-Arten „Aufklärungskampagne Impfung: TV-Kampagne“ Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften Reduktion der psych. Kosten und des persönlichen Investments durch Vereinfachung der Patientenakquise Beziehungsorientierte Interaktionen Reduktion des persönlichen Investments durch Zeiteinsparung bei Patientenberatung Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommene Kosten „Aufklärungskampagne Impfung: Praxisspezifische Fortbildungen“ Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Kostenlose Leistung - Reduktion der psych. Kosten durch Wahrung der Integrität - Risikoreduktion aufgrund guter Qualität der Fortbildungen - Reduktion der psych. Kosten durch glaubw ürdige Referenten - Kosten für Anreise und Unterkunft - Reduktion des persönlichen Investment durch Zeitersparnis bei Wissensgenerierung Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Risikoreduktion uninformierter Patientengespräche Wahrgenommene Kosten Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLV XLV Appendix A. 14 Fallstudie „Internetinformationsplattform“: Werte- und Kosten-Arten „Internetinformationsplattform“ Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften - Online verfügbare wissenschaftliche Hintergrundinformationen zu schwerer Atemwegserkrankung - Beschreibung der Therapieoptionen Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen „Internetinformationsplattform“ Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Steigerung des persönlichen Investments (Zeit) durch zusätzliche Suche zu w eiteren Indikationen - Kostenlose Leistung - Steigerung der psych. Kosten durch Eindruck der fehlenden Unabhängigkeit Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung - Steigerung des persönlichen Investments durch zeitintensive Informationssuche auf Plattform - Steigerung der psych. Kosten durch verlangten Eigeneinsatz Wahrgenommene Wahrgenommene Kosten Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLVI XLVI Appendix A. 15 Fallstudie „Reisemed“: Werte- und Kosten-Arten „Reisemedizinischer Service“ Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften - Vermittlung von reisemed. Wissen auf Fortbildungen - Praxisw issen zu Abrechnungsmöglichkeiten der IGeL (Zusatzumsatz) - Verfügbarkeit von aktuellem reisemed. Know -How zu allen Reiseländern der Welt (Handbuch, New sletter, Online) - Patientenorientiertes Informationsmaterial zur Beratungsunterstützung - Integrität durch Produktneutralität und unabhängigkeit - Positives Image durch Besitz des Reisemedizinischen Handbuchs - Positives Image als reisemed. Experte Beziehungsorientierte Interaktionen Qualitativ hochwertige und glaubwürdige Referenten Umfeld der Leistungserbringung Verfügbare Informationen zeitnah, online, direkt während Patientengesprächin der Praxis möglich Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen „Reisemedizinischer Service“ Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Reduktion des persönlichen Investments beim Praxismanagement - Reduktion des persönlichen Investments beim Wissensmanagement - Reduktion der psych. Kosten durch Wahrung der Integrität - Preis erhöht ökonomische Kosten - Reduktion der psych. Kosten durch Kontinuität Beziehungsorientierte Interaktionen Reduktion der psych. Kosten durch glaubwürdige Referenten Umfeld der Leistungserbringung Risikoreduktion durch Sicherheit bei der reisemed. Beratung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommene Kosten Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLVII XLVII Appendix A. 16 Fallstudie „Notfalltraining“: Werte- und Kosten-Arten Notfalltraining Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften - Leitlinienkonforme Schulung der Mitarbeiter in Erste Hilfe Maßnahmen in der Praxis - Sicherheit durch Professionalität und Ruhe für den Notfall - Persönliches Teilnahmezertifikat für QM-System - Integrität durch Produktneutralität und Produktunabhängigkeit Beziehungsorientierte Interaktionen - Sympathische, offene, freundliche Atmosphäre - Spaß/Enterainment bei Fortbildung - Stärkung des TeamZusammenhalts Umfeld der Leistungserbringung Individuelle Schulung vor Ort in der eigenen Praxis - Individueller Bilderrahmen von Teilnehmern des Trainings - Training durch echten Rettungssanitäter Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen Notfalltraining Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Risikoreduktion für den Notfall im Praxisalltag - Kostenlose Leistung - Reduktion der psych. Kosten durch vermittelte Sicherheit - Reduktion der psych. Kosten durch (Produkt)neutralität Beziehungsorientierte Interaktionen - Reduktion der psych. Kosten durch glaubwürdige Quelle - Reduktion der psych. Kosten durch Kontinuität Umfeld der Leistungserbringung - Reduktion des persönlichen Investment (Zeit) w g. kurzer Wege und keiner w eiteren Suche nach Anbietern Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommene Kosten Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLVIII XLVIII Appendix A. 17 Fallstudie „kinderwelten Award“: Werte- und Kosten-Arten Kinderwelten Award Werte-Quellen: Werte-Arten Funktionaler Wert („functional“) Erlebniswelten („experiental/hedonic“) Symbolischer Wert („symbolic/expressive“) Information Produkt-/ Dienstleistungseigenschaften Jährliche Benefiz-Gala zur Verleihung des kinderwelten Awards Beziehungsorientierte Interaktionen Umfeld der Leistungserbringung - Soziales Engagement für Kinder - Exklusive Einladung zur Gala - Veranstaltung unabhängig von Produkten und Unternehmen (Unternehmen tritt nur als Sponsor auf) - Persönliche Begrüßung durch Top-Management des Hauptsponsors - Gehobenes Ambiente - Attraktives Programm - Kulinarische Höhepunkte Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommener Nutzen Kinderwelten Award Quellen für Kostenminimierung: Kostenminimierung („cost/sacrifice“) Information Produkt-/Dienstleistungseigenschaften - Kostenlose Teilnahme - Kosten für Anreise und Unterkunft Beziehungsorientierte Interaktionen - Kosten in Form von freiwilligen Spenden - Reduktion ökonomischer Kosten durch steuerliche Anrechnung der Spenden - Reduktion der psych. Kosten durch glaubwürdige Quelle - Reduktion der psych. Kosten durch Kontinuität Umfeld der Leistungserbringung Prozesse der Eigentumsübertragung Wahrgenommene Kosten Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite XLIX XLIX Appendix A. 18 Gesprächspartner Fokusgruppen Teilnehmer der Ärzte-Fokusgruppe, München, 13.01.2012, 15 – 17.30 Uhr # Arzt Niedergelassen über 5 Jahre Alter 35-59 Dokumentation 1 API Ja Ja Notizen + Transkript 2 API Ja Ja Notizen + Transkript 3 API Ja Ja Notizen + Transkript 4 API Ja Ja Notizen + Transkript 5 API Ja Ja Notizen + Transkript 6 API Ja Ja Notizen + Transkript 7 API Ja Ja Notizen + Transkript 8 API Ja Ja Notizen + Transkript Teilnehmer der Pharmamanager-Fokusgruppe, 30.01.2012, 19 – 21 Uhr # Unternehmen Funktion nterview Dokumentation 1 ReiseMED Marketingleiter Telefon Notizen + Transkript 2 Vaximed Marketingleiter Telefon Notizen + Transkript 3 Respipharma Senior Brand Manager Telefon Notizen + Transkript Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite L L Appendix A. 19 Leitfäden Fokusgruppen Leitfaden Fokusgruppe „Marketingmanager“ Interviewleitfaden (90 Minuten) Interviewpartner unterrichten über: • Schutz persönlicher Daten • Sicherung der Anonymität • Hinweis auf Freiwilligkeit der Angaben • Genehmigung der Tonaufzeichnung 1. Einführung • Ziel der Marktforschung: Wir haben Sie heute zu dieser Expertenrunde eingeladen, um mit Ihnen über das Marketing von indirekten Leistungen im Pharmabereich zu sprechen. Diese Veranstaltung heute ist Teil eines größeren Forschungsprojektes in dessen Verlauf wir schon mit verschiedenen Experten und auch Ärzten gesprochen und uns ein Bild von der Situation des indirekten Marketings im Pharmabereich gemacht haben. So haben wir bereits verschiedene Ableitungen aus diesen Gesprächen gezogen und möchten diese heute gern noch einmal mit Ihnen besprechen und diskutieren. Dazu werden wir uns verschiedene Fallbeispiele mit Ihnen gemeinsam anschauen. Es geht uns heute also weniger um die Exploration von neuem Wissen, als vielmehr um die Bestätigung von bereits gesammeltem Wissen. • Kurze Selbstvorstellung der Teilnehmer 2. Definition Indirektes Marketing • Was bedeutet für Sie indirektes Marketing? Damit wir heute auch alle an dieselbe Sachen denken, wenn wir über indirektes Marketing im Pharmabereich sprechen, würde ich Sie bitten, dass wir uns auf die folgende Definition einigen: „Indirect Marketing umfasst alle Maßnahmen zur Förderung des Verkaufs der eigenen Marktleistung, welche über indirekte Leistungen erfolgen, d.h. über Leistungen, welche nicht der Hauptleistungserstellung und -verwertung entspringen, mit ihr jedoch in einem kommunikatorischen, verhältnismäßigen oder imagemässigen Zusammenhang stehen. Diese Leistungen können sowohl durch das Pharmaunternehmen selbst, als auch über das Netzwerk des Kunden vermittelt werden.“ Lassen Sie uns nun einmal auf konkrete Fälle schauen.“ 3. Diskussion Fallstudien Moderator: Max. drei Konzepte nacheinander vorlegen. Zeit pro Konzept: ca. 10min. Für jedes Konzept diskutieren. Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite LI Appendix LI • Was geht Ihnen jetzt spontan durch den Kopf? • Was finden Sie daran besonders gut / nicht so gut gemacht? Was könnte man daran aus Ihrer Sicht noch besser machen? • Was glauben Sie: ist die beschriebene Leistung für die Ärzte relevant? Warum? • Was glauben Sie: Wäre diese Leistung ein Erfolg? Warum? Moderator: Bei jedem Konzept besprechen • Woran wird der Erfolg einer solchen Leistung festgemacht? • Wie sieht der Erfolgsmechanismus generell aus? Nach welchem (theoretischen) Prinzip kann ein Erfolg gelingen? Brand Salience, Soziale Austauschtheorie, Multiplikatoreffekt • Entspricht dieses Konzept auch dem, was Sie praktisch erlebt haben? Was ist gleich, was ist anders? 4. Diskussion Hypothesen Nachdem wir uns nun gemeinsam verschiedene Konzepte für Serviceleistungen von Pharmaunternehmen angeschaut haben... • Welche Kriterien oder Bedingungen – glauben Sie – müssen solche Leistungen des indirekten Marketings generell erfüllen, damit Ärzte diese Leistungen in Anspruch nehmen? Wie zu Beginn gesagt, haben wir selbst aus den bisherigen Forschungsergebnissen einige Hypothesen abgeleitet, die wir im Folgenden gern noch mit Ihnen besprechen würden.“ Moderator: Für jede Hypothese diskutieren: • Ist der beschriebene Sachverhalt für Sie verständlich? • Stimmen Sie der formulierten Hypothese zu? Warum? Moderator: Nachdem alle Hypothesen diskutiert wurden: • Müssten zu den besprochenen Punkten aus Ihrer Sicht noch weitere Punkte ergänzt werden? Bitte denken Sie dabei auch an die Leistungen zurück, die wir vorhin besprochen haben. 5. Feedback und Abschluss Moderator: Teilnehmer einladen, untereinander und dem Moderator Feedback zu geben und das subjektiv Erlebte zusammenzufassen. Moderator: Teilnehmer einladen, die Diskussion zu interpretieren. • Gibt es noch einen Punkt, den Sie persönlich gern zu diesem Thema noch einbringen möchten? Haben wir einen Themenbereich Ihrer Meinung nach zu kurz oder gar nicht besprochen? Danken und beenden Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite LII LII Appendix Leitfaden Fokusgruppe „Ärzte“ Interviewleitfaden (120 Minuten) Interviewpartner unterrichten über: • Schutz persönlicher Daten • Sicherung der Anonymität • Hinweis auf Freiwilligkeit der Angaben • Genehmigung der Tonaufzeichnung • Hinweis auf Meldungspflicht von Nebenwirkungen 1. Einführung • Ziel der Marktforschung: • Wir haben Sie heute eingeladen, um mit Ihnen über Ihr tägliches Geschäft und Herausforderungen, die sich daraus ergeben, zu sprechen. Diese Marktforschung ist ein Teil eines Forschungsprojekts, in dem untersucht werden soll, wie Ärzte in Ihrer täglichen Praxis besser unterstützt werden können. Sie als Fachmann/-frau können uns zu diesem Thema sicherlich wertvolle Informationen geben. • Kurze Selbstvorstellung der Teilnehmer mit Fokus auf Praxisdaten und Patientenstruktur • Bitte ergänzen Sie spontan: Die größten Herausforderungen in meinem Praxisalltag sind… • Wo und wie suchen Sie sich Unterstützung, um die genannten Herausforderungen zu meistern? 2. Serviceleistungen von Pharmaunternehmen • Wie können Pharmaunternehmen Sie in Ihrem Alltag unterstützen? • Was geht Ihnen spontan durch den Kopf, wenn Sie von „Serviceleistungen von Pharmaunternehmen“ hören? Was für Leistungen fallen Ihnen da spontan ein? • Welchen Nutzen haben Sie von diesen Leistungen? Welche dieser Leistungen haben einen besonders großen Nutzen für Sie persönlich? Warum? Auf welche(s) Ihrer Bedürfnisse wird hier eingegangen? • Aus Sicht eines Pharmaunternehmens: Welche Leistungen würden Sie selbst den Ärzten verstärkt anbieten? Würden Sie diese Leistungen kostenpflichtig anbieten? Warum? 3. Diskussion Fallstudien Im Folgenden möchte ich Ihnen einige Konzepte für Serviceleistungen von Pharmaunternehmen einmal zeigen und gern mit Ihnen diskutieren. Moderator: Max. fünf Konzepte nacheinander vorlegen. Zeit pro Konzept: ca. 15min. Für jedes Konzept diskutieren: Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite LIII Appendix LIII • Was geht Ihnen jetzt spontan durch den Kopf? • Ist die beschriebene Leistung für Sie verständlich? • Wie attraktiv ist die beschriebene Leistung für Sie? • Was gefällt Ihnen daran besonders gut, was weniger gut? • Ist die beschriebene Leistung für Sie relevant? Warum? • Welchen Nutzen hat die beschriebene Leistung für Sie persönlich? Inwiefern werden Sie durch die beschriebene Leistung im Alltag unterstützt? Wer hat alles noch einen Nutzen von dieser Leistung? Wie bewerten Sie das? • Inwiefern würden Sie durch die Inanspruchnahme der Leistung bei Ihren Alltagsherausforderungen unterstützt werden? • Würden Sie die beschriebene Leistung in Anspruch nehmen? Warum? Was müsste an dieser Leistung bzw. an der Art der Leistungserbringung geändert werden, um diese für Sie interessant zu machen? 4. Diskussion Erfolgskriterien und Ziele Pharmaunternehmen • Welche Kriterien oder Bedingungen müssen solche Leistungen erfüllen, damit Ärzte diese Leistungen in Anspruch nehmen? Sammlung am Flipchart • Was glauben Sie, welche Ziele eine Pharmaunternehmen mit dem Anbieten solcher Serviceleistungen verfolgt? Sammlung am Flipchart • Wie stehen Sie zu diesen Zielen; wie bewerten Sie diese Ziele? Hat das Wissen um diese Ziele Einfluss auf die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen? 5. Diskussion Hypothesen Wir haben uns im Vorfeld auch Gedanken gemacht und verschiedene Hypothesen rund um Serviceleistungen von Pharmaunternehmen aufgestellt. Diese Hypothesen möchten ich Ihnen im Folgenden einmal vorlegen und gern mit Ihnen diskutieren. Moderator: Hypothesen nacheinander vorlegen. Zeit pro Hypothese max. 5min. Für jede Hypothese diskutieren: • Ist der beschriebene Sachverhalt für Sie verständlich? • Stimmen Sie der formulierten Hypothese zu? Warum? 6. Feedback und Abschluss • Müssten zu den besprochenen Punkten aus Ihrer Sicht noch weitere Punkte ergänzt werden? Danken und beenden Appendix+Literatur 13.12.13 16:40 Seite LIV LIV Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Adler, J. (1994): Informationsökonomische Fundierung von Austauschprozessen im Marketing, Arbeitspapier zur Marketingtheorie Nr. 3, Trier 1994. Ajzen, I. (1991): The Theory of Planned Behavior, In: Organisational Behavior and Human Decision Processes, Vol. 50, S. 179-211. Arndt, J. 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April 1979 Geburtsort: Bruchsal Nationalität: Deutsch Beruflicher Werdegang Seit 2013 Biologische Heilmittel Heel GmbH 2009 – 2012 Takeda GmbH (früher Nycomed GmbH), Konstanz 2008 – 2009 Marketing Auditorium St.Gallen AG 2003 – 2008 FAVODENT Karl Huber GmbH, Karlsruhe Marketing Manager Deutschland Brand Manager D-A-CH Trainer und Consultant Marketingleiter (2005 – 2008) Produkt Manager (2003 – 2005) 2002 – 2003 Medidar GmbH, Düsseldorf Produkt Manager im Praktikum Schulischer & wissenschaftlicher Werdegang 2008 – 2013 Doktorand am Institut für Marketing der Universität St.Gallen 2003 – 2005 Universitärer Masterstudiengang an der Steinbeis Hochschule Berlin (SHB), Abschluss: MBA 1999 – 2002 Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Berufsakademie Karlsruhe, Abschluss: Dipl.-Betriebswirt 1998 – 1999 Zivildienst 1993 – 1998 Fichte-Gymnasium, Karlsruhe, Abschluss: Abitur 1989 – 1993 Markgrafen-Gymnasium, Karlsruhe