Einführung in die Physikalische Chemie Teil 1: Mikrostruktur der Materie Wie ergeben sich Form und Funktion eines Biomoleküls wie z.B. Hämoglobin ? Einführung in die Physikalische Chemie: Übersicht Einführung in die Physikalische Chemie Teil 1: Mikrostruktur der Materie Kapitel 1: Quantenmechanik Mathematische Grundlagen Schrödingergleichung Einfache Beispiele Kapitel 2: Atome H-Atom Spin Mehrelektronen-Atome und Spektroskopie Kapitel 3: Moleküle Molekülorbitaltheorie Born-Oppenheimer-Potential Kapitel 4: Molekülspektroskopie Bewegungsformen eines Moleküls: Rotationen,Schwingungen, elektron. Bewegung Mikrowellen-, Infrarot- und optische Spektroskopie Kern- und Elektronenspinresonanz-Spektroskopie Kapitel 5: Zwischenmolekulare Kräfte Elektrostatische Eigenschaften von Molekülen Zwischenmolekulare Wechselwirkungen Struktur von Biomolekülen Kapitel 6: Struktur der Materie Reale Gase Kondensierte Phasen Moleküldynamik Mikrokosmos Makrokosmos Kapitel 1: Einführung in die Quantenmechanik Kapitel 1: Einführung in die Quantenmechanik Übersicht: 1.1 Historische Entwicklung, Welle-Teilchen-Dualismus 1.2 Die Wellenfunktion und ihre Interpretation 1.3 Mathematik der Quantenmechanik: Operatoren, Observablen und Eigenwertgleichungen 1.5 Die Schrödingergleichung 1.6 Das Heisenbergsche Unbestimmtheitsprinzip 1.7 Ein einfaches Beispiel: das Teilchen im Kasten Literatur: Atkins, de Paula, Physikalische Chemie (4. Aufl.), Kapitel 8,9 Atkins, de Paula, Kurzlehrbuch Physikalische Chemie (4. Aufl.), Kapitel 12 Voraussetzungen aus dem 1. Studienjahr: Aus der Mathematikvorlesung: Differentialgleichungen, Matrixrechung, Eigenwertprobleme, Statistik Aus der Physikvorlesung: klassische Mechanik, Elektrostatik 1.1 Historische Entwicklung 1.1 Historische Entwicklung, Welle-Teilchen-Dualismus Klassiche (Newtonsche) Mechanik: Fundamentale Theorie makroskopisch-mechanischer Phänomene: • Sagt exakt bestimmte Bewegungsbahnen (Trajektorien) für mechanische Objekte voraus • Die Trajektorie (= Ort x als Funktion der Zeit t) wird aus der Lösung der Newtonschen Bewegungsgleichungen erhalten: Kraft • d 2 x(t) F = ma = m dt 2 (1.1.1) wobei d 2 x(t) a= dt 2 Masse Beschleunigung des Objekts Die Energie der Teilchen kann beliebig gross sein und kontinuierlich verändert werden. Quantenmechanik: Fundamentale Thorie des Mikrokosmos, die physikalische Basis aller chemischen und biochemischen Phänomene 2. Ableitung nach der Zeit ẍ(t) 1.1 Historische Entwicklung Mikroskopische Objekte (Atome, Moleküle, Nanopartikel, ...) weisen ungewöhnliche Eigenschaften auf, die von der klassischen Mechanik nicht beschrieben werden können. Bsp.: Welle-Teilchen-Dualismus: quantenmechanische Objekte besitzen sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften Geschichte: • 17. Jahrhundert: Isaac Newton (1643-1727): Licht ist ein Strom von Teilchen (verschiedene Farben = verschieden Teilchen) Christian Huygens (1629-95): Licht besteht aus Wellen (verschiedene Farben = verschiedene Frequenzen) 1.1 Historische Entwicklung Anhaltspunkte für die Wellennatur des Lichts: Beugung an einem Gitter Beugungsgleichung: (1.1.2) Wellenlänge Abstand der Linien Beugungs- Beugungsam Gitter winkel ordnung einfallender Lichtstrahl Gitter 3. Beugungsordnung 2. Beugungs- 1. Beugungsordnung ordnung 0. Beugungsordnung (Reflektion) -1. Beugungsordnung Entstehung eines Beugungsmusters durch Interferenz der reflektierten Strahlen Beugungsmuster am Gitter Intensitätsverteilung von gebeugtem Licht → Huygens’ Modell wurde zur akzeptierten wissenschaftlichen Doktrin 1.1 Historische Entwicklung • 20. Jahrhundert: Max Planck (1858-1947): die Energie E von Licht ist quantisiert, d.h. seine Energie kann nur ein ganzzahliges Vielfaches einer fundamentalen Energiemenge (= Quant) sein: (1.1.3) h = 6.626x10-34 Js ... Plancksches Wirkungsquantum ν ... Frequenz Albert Einstein (1879-1955): Äquivalenz von Masse und Energie: (1.1.4) c = 2.9979x108 m s-1 ... Lichtgeschwindigkeit Gleichsetzen von Gl. (1.1.3) und (1.1.4): (1.1.4) Impuls p=mc 1.1 Historische Entwicklung Gl. (1.1.4) suggeriert eine Interpretation von Licht als ein Teilchen (=Photon) mit einem Impuls p Anhaltspunkte für die Teilchennatur des Lichts: photoelektrischer Effekt - Eine Metalloberfläche wird mit UV-Licht beleuchtet, wobei Elektronen herausgeschlagen werden Elektronen treten nur aus, wenn die Frequenz des Lichtes einen Mindestwert überschreitet Die kinetische Energie der Elektronen skaliert linear mit der Frequenz oberhalb des Mindestwerts: (1.1.5) Austrittsarbeit = Mindestenergie, um ein Elektron aus dem Metall zu schlagen → Licht weist daher Wellen- als auch Teilcheneigenschaften auf: Welle-Teilchen-Dualismus Energie - 1.1 Historische Entwicklung De Broglie-Beziehung: Louis de Broglie (1892-1987) verallgemeinerte dieses Bild auf Materie: Vgl. mit Gl. (1.1.4): (1.1.6) Impuls des Teilchens (1.1.4) Geschwindigkeit des Teilchens Anhaltspunkte für die Wellennatur der Materie: Beugung von C60-Molekülen an einem Gitter Gitter Experiment: Molekularstrahl von C60-Molekülen gebeugte C60-Moleküle M. Arndt et al., Nature 401 (1999), 680 Detektor Buckminster-Fulleren C60 1.1 Historische Entwicklung Ergebnis: C60-Beugungsbild mit Gitter Ohne Gitter: kein Beugungsbild vgl. mit Beugungsbild bei Licht: 1.2 Die Wellenfunktion und ihre Interpretation 1.2 Die Wellenfunktion und ihre Interpretation Zur Erinnerung: in der klassischen Mechanik lösen wir die Newtonsche Bewegungsgleichung Gl. (1.1.1) F = ma = mẍ um die Trajektorie x(t) des bewegten Objekts, d.h. seinen Ort als Funktion der Zeit, zu erhalten. Ist die Trajektorie bekannt, können aus ihr alle physikalisch relevanten Grössen berechnet werden, z.B.: • Impuls p: • totale Energie Etot: (1.2.1) (1.2.2) kinetische Energie potentielle Energie = mechanisches Potential V(x) In der Quantenmechanik wird der physikalische Zustand eines Systems (ein Atom, ein Molekül, ein Kristall, oder auch das gesamte Universum ...) durch eine komplexwertige Wellenfunktion ψ(x,t) repräsentiert. ψ enthält - ähnlich wie die Trajektorie x(t) in der klassischen Mechanik - die gesamte relevante Information über das System. 1.2 Die Wellenfunktion und ihre Interpretation Wir betrachten im folgenden nur zeitunabhängige Probleme, die durch eine zeitunabhängige (stationäre) Wellenfunktion ψ(x) beschrieben werden. ψ(x) selbst hat keine physikalische Bedeutung. Jedoch wird die Grösse komplex konjugiert (1.2.3) (Wahrscheinlichkeitsdichte) als die Wahrscheinlichkeit interpretiert, das betreffende Teilchen im infinitesimalen Ortsintervall dx zu finden (statistische Interpretation der Wellenfunktion ψ, auch genannt Kopenhagener Interpretation). Quantenmechanische Aussagen werden immer statistisch und im Sinne einer Messung interpretiert ! Da ψ*(x)ψ(x) als eine Wahrscheinlichkeit interpretiert wird, muss das Integral von ψ*(x)ψ(x) über den gesamten Raum gleich 1 sein (die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen irgendwo im Raum zu finden, ist gleich 1). Dies führt zu einer Normalisierungsbedingung für ψ: (1.2.4) 1.2 Die Wellenfunktion und ihre Interpretation Im dreidimensionalen Raum ist die Wellenfunktion eine Funktion aller drei Raumkoordinaten: ψ= ψ(x,y,z). Gl. (1.2.3) und (1.2.4) werden dann zu: • Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte: P = • (x, y , z) (x, y , z)dxdy dz (1.2.5) Normalisierungsbedingung: ⇤ ⇤ ⇤ ⇤ ⇤ ⇤ ⇥ (x, y , z) (x, y , z)dxdy dz = 1 (1.2.6) 1.3 Die Mathematik der Quantenmechanik 1.3 Die Mathematik der Quantenmechanik: Operatoren, Observablen, Eigenwertgleichungen In der klassischen Mechanik können alle relevanten physikalischen Grössen aus der Trajektorie berechnet werden. In der Quantenmechanik werden physikalische Grössen wie Ort, Impuls, Energie, ... (auch Observablen genannt) durch Operatoren (=Rechenvorschriften) repräsentiert, die auf die Wellenfunktion ψ wirken. Rezept zur Herleitung quantenmechanischer Operatoren (Korrespondenzprinzip): 1. Die betreffende physikalische Eigenschaft wird klassisch-mechanisch als Funktion des Orts x und des Impuls p ausgedrückt. 2. Ort x und Impuls p werden durch den Ortsoperator x̂ und den Impulsoperator p̂ ersetzt, wobei diese durch Ortsoperator: gegeben sind. Beispiele → Tafel (1.3.1) Impulsoperator: (1.3.2) ħ = h / 2π 1.3 Die Mathematik der Quantenmechanik Zusammenfassung: Klassische Mechanik Quantenmechanik • Ort x Ortsoperator (1.3.1) • Impuls p = mv = mẋ Impulsoperator (1.3.2) • Totale Energie H (Hamiltonfunktion) Operator für die totale Energie (Hamilton-Operator) H Etot Kinetische-EnergieOperator • Potentielle-EnergieOperator ⇥ Lx ⌅ = ⇤Ly ⌅ = ⌅ Drehimpuls L x Lz z.B. Lx = y pz (1.3.3) zpy p⌅ ⌅ˆ = ⌅ Drehimpulsoperator L xˆ L̂x = i d y dz d z dy ⇥ p⌅ˆ (1.3.4) (1.3.5) 1.3 Die Mathematik der Quantenmechanik Den numerische Wert einer physikalischen Grösse (Observable) O erhält man, wenn man ihren Operator Ô auf die Wellenfunktion ψ anwendet: (1.3.6) numerischer Wert der Observable O = Eigenwert von Ô = eine Zahl !! O kann hier stehen für: Ort x, Impuls p, totale Energie H, Drehimpuls L, etc. Gl. (1.3.6) weist die mathematische Form einer Eigenwertgleichung auf. ψ ist daher eine Eigenfunktion von Ô und o ist der dazugehörige Eigenwert. In gewissen Fällen ist ψ keine Eigenfunktion von Ô. Ô hat somit keinen wohl definierten Eigenwert o und die entsprechende physikalische Grösse O besitzt keinen scharf definierten Wert (Unschärfe, mehr dazu in Abschnitt 1.2.5). In solchen Fällen kann man trotzdem noch einen Erwartungswert (Mittelwert) 〈Ô〉der Observable O berechnen. Dieser wird interpretiert als der Mittelwert einer unendlich grossen Anzahl von Messungen der Grösse O: Z 1 ⇤ hÔi = (x)Ô (x)dx (1.3.7) 1 1.4 Die Schrödingergleichung 1.4 Die Schrödingergleichung Die Wellenfunktion ψ(x) erhält man durch Lösen der Schrödingergleichung: (1.4.1) Die Schrödingergleichung ist die Eigenwertgleichung des Hamilton-(=Energie-) Operators ist. Ausgeschrieben für ein eindimensionales Problem: (1.4.2) Kinetische-EnergieOperator T̂ Potentielle-Energie- Energie Operator V̂ Mathematisch reduziert sich das Problem also auf die Lösung einer linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung in ψ(x). 1.4 Die Schrödingergleichung Zusammenfassung: Prinzipien der Quantenmechanik Der quantenmechanische Zustand eines Systems wird durch eine Wellenfunktion ψ repräsentiert. ψ enthält sämtliche Informationen über das System. ψ selbst hat keine physikalische Interpretation, aber P= ψ*ψ dx wird als die Wahrscheinlichkeit interpretiert, das jeweilige Teilchen im Ortsinterval dx zu finden (Kopenhagener Deutung der Wellenfunktion). Physikalische Grössen (=Observable: Ort, Impuls, Energie, ...) werden durch Operatoren Ô repräsentiert. Den numerische Wert o der Observablen O erhält man durch Anwendung des Operators Ô auf die Wellenfunktion ψ: (Eigenwertgleichung) Die Wellenfunktiom ψ erhält man durch Lösen der Schrödingergleichung des jeweiligen Systems (Eigenwertgleichung des Energieoperators): mit Ĥ dem Hamiltonoperator Ein einfaches Beispiel: das freie Teilchen → Tafel 1.5 Das Heisenbergsche Unbestimmtheitsprinzip 1.5 Das Heisenbergsche Unbestimmtheitsprinzip In der klassischen Mechanik ist es möglich alle Eigenschaften des Systems gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit zu messen. In der Quantenmechanik existieren sog. komplementäre Observablen, deren Wert man nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit bestimmen kann, z.B., Ort x und Impuls p. Ihre Unsicherheiten Δx und Δp gehorchen der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation: (1.5.1) Die Unsicherheit ΔO einer Observablen O wird dabei definiert als (1.5.2) 1.5 Das Heisenbergsche Unbestimmtheitsprinzip Illustration des Unbestimmtheitsprinzips: eine Wellenfunktion mit wohl definiertem Ort kann durch eine Überlagerung (Interferenz) von unendlich vielen Wellenfunktionen mit wohl definiertem Impuls erzeugt werden: • Wellenfunktion mit wohl definiertem Impuls p= ħk: ψ=eikx (s. Abschn. 1.4) Re(ψ) x • Wellenfunktion mit wohldefiniertem Ort bei x=x0: ψ=δ(x-x0) ψ δ(x-x0)=Dirac δ-Funktion: δ(x-x0)=∞ bei x=x0 δ(x-x0)=0 sonst x 1.5 Das Heisenbergsche Unbestimmtheitsprinzip Eine analoge Unschärferelation exisitiert für die Energie E und die Zeit t: (1.5.3) Zusatzinformation: zwei Observablen O1 und O2 sind genau dann komplementär, wenn ihre Operatoren Ô1 und Ô2 nicht kommutieren, d.h.: ⇥ def (1.5.4) Ô1 , Ô2 = Ô1 Ô2 Ô2 Ô1 ⇥= 0 Kommutator Beispiel → Tafel Eine wichtige Konsequenz der Unschärferelation ist die Existenz von Nullpunktsenergie von Teilchen, die in einer bestimmten Region des Raums lokalisiert sind, d.h. Δx≠0. Da in diesem Fall Δx≠0 gilt, gilt wegen dem Unbestimmtheitsprinzip auch Δp≠0. Da E=p2/2m, ist auch ΔE≠0. Die betreffenden Teilchen haben daher immer einen nicht-verschwindenden Impuls und eine nicht-verschwindende Energie, sogar am absoluten Temperaturnullpunkt ! 1.6 Das Teilchen im Kasten 1.6 Das Teilchen im Kasten Teilchen im Kasten: ein quantenmechanisches Teilchen wird in einen Kasten mit unendlich hohen Potentialwänden eingesperrt, z.B. ein Gasteilchen in einen Container. Diese Problemstellung entspricht der quantenmechanischen Behandlung der Translationsbewegung. Lösung des eindimensionalen Problems → Tafel. Teilchen in einem 3D-Kasten mit Längen (Lx, Ly, Lz): da die Bewegungen entlang der x,y,z-Achsen unabhängig voneinander sind, kann der Hamiltonoperator als Summe von 1D-Operatoren formuliert werden: ✓ 2 ◆ 2 2 2 @ @ @ ~ (1.6.1) Ĥ = + 2 + 2 + V (x, y , z ) 2 2m @x @y @z mit V(x,y,z)=0 innerhalb des Kastens und V(x,y,z)=∞ sonst. Man erhält für die Wellenfunktion: ⇤ ⇥ ⇥ ⇥ 8 l m n (1.6.2) sin x sin y sin z l,m,n (x, y , z) = Lx Ly Lz Lx Ly Lz mit den Quantenzahlen l,m,n ∈ 1,2,3,... 1.6 Das Teilchen im Kasten Die Energien sind gegeben durch: 2 El,m,n h = 8m 2 2 2 m n l + 2 + 2 2 Lx Ly Lz ⇥ (1.6.3) Wenn Lx=Ly=Lz≡L ergeben gewisse Kombinationen von Quantenzahlen die selbe Energie, z.B. E2,1,1=E1,2,1=E1,1,2=6h2/8mL2 . Man nennt dieses Phänomen Entartung. Kasten mit endlich hohen Potentialwänden: Tunneleffekt Sind die Potentialwände des Kastens nicht unendlich hoch, aber höher als die Energie des Teilchens, so findet man, dass die Wellenfunktion innerhalb der Wände nicht Null ist, sondern exponentiell abfällt. Das Teilchen hat somit eine nicht-verschwindende Aufenthaltswahrscheinlichkeit in einem Bereich, der ihm gemäss der klassischen Mechanik nicht zugänglich wäre (Tunneleffekt). 1.6 Das Teilchen im Kasten Anwendung des Tunneleffekts: Rastertunnelmikroskopie (scanning tunneling microscopy, STM) • STM ist in den Nanowissenschaften eine der wichtigsten Methoden zur Untersuchung der Eigenschaften von elektrisch leitenden Oberflächen (Nobelpreis in Physik 1986 für Gerd Binnig und Heinrich Rohrer, IBM Zürich). Spitze Tunnelstrom Oberfläche • Die Oberfläche wird mit einer feinen Pt-Ir-Spitze abgetastet. Wird der Abstand zwischen Spitze und Oberfläche sehr klein, tunneln Elektronen durch den Zwischenraum. • Der Tunnelstrom hängt sehr empfindlich (exponentiell !) vom Abstand zwischen Spitze und Oberfläche ab. Durch Messen des Tunnelstroms können so Oberflächenstrukturen mit einer Dicke von nur einer Atomlage vermessen werden. • Räumliche Auflösung: ca. 0.01 nm vertikal und ca. 0.1 nm in der horizontalen Ebene. 1.6 Das Teilchen im Kasten Anwendungsbeispiel aus der aktuellen Forschung: Elektronen im 2D-Kasten (2D-Elektronengas auf einer Metalloberfläche) • Raster-Tunnelmikroskop (STM) - Bild eines Elektronengases in einem 2DKasten, dessen Wände aus Fe-Atomen gebildet werden (die sog. “Quantenkoralle”) • Das Bild zeigt einen Kontourlinien-Plot der Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte ψ*ψ der Elektronen auf der Oberfläche des Metalls. Die Knotenstruktur der Wellenfunktion ist klar zu erkennen. Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte * ψ ψ der Elektronen auf der Oberfläche Kupferplatte Eisenatome D. Eigler und Mitarbeiter, IBM Almaden Research Center 1.6 Das Teilchen im Kasten Zusammenfassung: Besonderheiten quantenmechanischer Systeme Gewisse physikalische Grössen (Ort-Impuls, Energie-Zeit) sind komplementär und können nicht gleichzeitig beliebig genau gemessen werden (Heisenbergsches Unschärfeprinzip). Weist das Problem Randbedingungen auf, ist die Energie (und gewisse andere Grössen) immer quantisiert, d.h., sie kann nur diskrete Werte annehmen. Quantenmechanische Systeme, deren Wellenfunktion durch ein Potential lokalisiert ist, weisen immer einen minimalen Energieinhalt auf (Nullpunktsenergie). Quantenmechanische Teilchen weisen eine endliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Bereichen auf, die ihnen klassisch nicht zugänglich wären (Tunneleffekt).