Gutes Omen oder Schall und Rauch?

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Zeitschrift für Marketing
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Markennamen: Gutes Omen
oder Schall und Rauch?
Marken-praxis
Markennamen
Gutes Omen oder
Schall und Rauch?
Autoren: Jens Lönneker und Rainer Pfuhler
Wie Marken jenseits aller Rationalisierungen von Konsumenten bewertet
werden, zeigt ein neues MarkennamenBarometer. Es wurde von Rheingold
und Success Identity in Kooperation
mit der „absatzwirtschaft“ entwickelt.
Erstmalig wurde es eingesetzt, um die
Konsumentenbewertung von Telekommunikations- und Multimediamarken
zu messen. Hier die Ergebnisse.
tung der Konsumentensicht auf Marken: Je geringer die
Zustimmung zu einer Namensänderung, desto wichtiger
ist Verbrauchern der Erhalt einer Marke und desto höher
ist die mit einer Marke verbundene Wertschätzung. Der
Markenwert-Index ist im Markenbarometer entsprechend
hoch. Top-Marken erreichen Index-Werte um die 80 bei
maximal erreichbaren 100. Der Effekt zeigt sich auch in
negativer Form: Eine breite Zustimmung zu einer Änderung
des Markennamens zeigt eine kritische Haltung der Verbraucher gegenüber dieser Marke an. Der Markenwert-Index
ist entsprechend niedrig. Index-Werte von 40 und darunter
zeigen eine kritische Lage der Marke an.
In der Pilotphase zeigte sich: Besonders kritisch sind Marken
einzustufen, bei denen Scores von über 50 Prozent Zustimmung zu einer Namensänderung erzielt werden. NegativScores ab 30 Prozent aufwärts zeigen eine Situation der Marke
an, die sich die Markenführung genauer ansehen sollte. Bei
starken Marken gibt es dagegen nur wenig Zustimmung zu
einer Namensänderung: Negativ-Scores um die 15 Prozent
und darunter zeichnen aus Sicht der Verbraucher „kerngesunde“ Marken aus.
Eine sehr positive oder eine sehr kritische Haltung wird
meist nur bei den Marken entwickelt, die den Menschen
„Das ganze Theater um Marken und Marken-Klamotten
lehne ich eigentlich ab, aber manche Marken mag ich einfach. Sie sind mir regelrecht ans Herz gewachsen.“ Dieses
Verbraucherzitat illustriert ein weit verbreitetes ambivalentes
Verhältnis zur Markenlandschaft: Vordergründig geben sich
Konsumenten gern rational. Zugleich
werden einzelne Marken aber von ihnen
Markenwert-barometer Kabelnetzbetreiber
fast zu „Freunden“, andere wiederum zu
Markenname
Markenwert-Index
Negativ-Score
Distanz-Score
„Feinden“ erklärt.
Im Markennamen verdichtet sich der
„Wert“, den Menschen einer Marke
zuschreiben. Denn der Markenname
„markiert“ im wahrsten Sinne des Wortes genau das positiv, wofür die Marke
steht. Das Markennamen-Barometer
nutzt einen damit verbundenen Effekt:
Je mehr den Menschen eine Marke
bedeutet, umso geringer ist ihre Bereitschaft, einer Änderung des Markennamens zuzustimmen.
Dieser Effekt ermöglicht eine Bewer4
absatzwirtschaft – Marken 2011
Telekom
63,0
30,0
Kabel BW (n=118)
60,0
31,0
44,0
49,0
Kabel D
59,5
30,0
51,0
NetCologne (n=235)
52,5
32,0
63,0
Unitymedia (n= 315)
42,5
49,0
66,0
Tele Columbus
35,0
52,0
78,0
Markenwert-barometer Cross-over Anbieter
Markenname
Markenwert-Index
Negativ-Score
Distanz-Score
Mobilcom / Debitel
49,0
39,0
63,0
The Phone House
44,5
41,0
70,0
Ans Herz gewachsen sind die Kabelnetzbetreiber ihren Kunden gerade nicht. Am ehesten ist es
noch Key-Player Telekom gelungen, eine Nähe zu den Kunden aufzubauen.
wirklich wichtig sind. Dies gilt lange nicht für alle Marken.
Eine weitere Gruppe besteht aus Marken, zu denen Verbraucher eine eher neutrale, distanzierte oder auch gleichgültige
Position einnehmen. Das heißt, gegen eine Änderung des
Markennamens wird sich nicht ernsthaft „gewehrt“. Dies
wird im Distanzindex erfasst: Er addiert neutrale und für
eine Marke negative Verbrauchervoten. Übersteigt der Wert
des Distanzindex 50 Prozent, dann sollte ernsthaft geprüft
werden, ob Handlungsbedarf besteht. Denn dann haben
mehr als 50 Prozent der Konsumenten nichts gegen eine
Änderung des Markennamens einzuwenden.
Die Marken im Telekommunikations- und Multimediamarkt
werden im Schnitt klar schlechter bewertet als Marken aus
diversen anderen Produktbereichen. Selbst die besten und etabliertesten Telekommunikationsmarken erreichen nicht die
Werte von Top-Marken wie Lindt mit einem Markenwertindex
von 82,5, Volkswagen mit 80,5 oder Melitta mit 78,5. Die lange
gepf legte strategische Fokussierung der Branche auf Markt-
anteile um – im wahrsten Sinne des Wortes – „jeden Preis“
hat nach den Befunden des Barometers nicht zum Auf bau
von freundschaftlichen Gefühlen auf breiter Front geführt.
Das ständige Unterbieten im Preiswettbewerb kann bei den
Verbrauchern zu Verunsicherungen darüber geführt haben,
wer denn jetzt der richtige Anbieter ist. Der Auf bau einer
emotionalen Bindung zum Markennamen und damit zur
Marke wird so schwieriger. Zudem können die Scores ein
Hinweis auf eine generelle Unzufriedenheit mit dem Leistungsangebot oder den Serviceleistungen der Branche sein.
Die nach dem Markennamen-Barometer „stärksten“ Marken
sind die „Key-Player“ im Telekommnunikations- und Multimediamarkt. Aber selbst die Key-Player müssen sich mit
Scores von über 25 Prozent Zustimmung zu einer Namensänderung auseinandersetzen. Die Distanzindices unterstützen
zudem den Eindruck, dass die Telekommunikations- und
Multimediamarken den Menschen nicht wirklich ans Herz
gewachsen sind. Immerhin bewerten zwischen 40 und 50
Prozent der Befragten noch bei den stärksten Marken eine
Markenwert-barometer Mobilfunk-/Internetanbieter
Markenname
Markenwert-Index
Negativ-Score
Distanz-Score
Vodafone
66,0
26
42
E-plus
63,0
26
48
44
Telekom
63,0
30
O2
62,5
28
47
Base
58,5
28
55
1&1
56,0
33
55
Alice (Hansenet)
53,0
37
57
Alditalk
52,5
36
59
fonic
50,0
37
63
Congstar
47,5
41
64
simyo
47,0
41
65
Klar.mobil
46,0
40
68
71
call.ya
43,0
43
blau
42,5
44
71
Versatel
40,0
41
79
o.tel.o
38,0
49
75
Nachholbedarf: Der Aufbau einer starken emotionalen Bindung ist den meisten Mobilfunk- und Internetanbietern nicht gelungen, was die
hohen Distanz-Scores von über 50 belegen.
absatzwirtschaft 1–2/2011
5
Marken-praxis
Markennamen
↘
Die Methodik
Die Messung der Werte für die Telekommunikations- und
Multimediamarken erfolgte Ende Oktober 2010 als OnlineBefragung mit insgesamt 1 012 Befragten auf Basis einer
statistisch repräsentativen Stichprobe für die Bundesrepublik
Deutschland. Eingeschränkte Aussagekraft haben die Messwerte für regionale Anbieter, da für sie nur die Messungen
aus dem jeweiligen Verbreitungsgebiet mit den entsprechend
kleineren Fallzahlen ausgewiesen werden konnten.
Für die Entwicklung des Markennamen-Barometers wurden in
den Jahren 2009 und 2010 sowohl qualitativ-morphologische
als auch quantitative Befragungen durchgeführt. Insgesamt
wurden dazu mehr als 3 000 Personen befragt.
Die Messung erfolgte auf einer siebenstufigen Skala. Als Zustimmung zu einer neuen Namensgebung wurde die Top Box
(1–3) gewertet, die den Negativ-Score abbildet. Die Top Box
ergibt zusammen mit den „neutralen“ Voten auf der Stufe 4
der Skala den Distanz-Score. Nach folgender Formel ergibt
sich der Markenwert:
(Negativ-Score + Distanz-Score)
100 –
2
←
Änderung der Markennamen neutral bis positiv – wenn
damit ein Neueinfang verbunden ist.
Jenseits der Key-Player sind die erzielten Scores noch deutlich kritischer. Dies kann damit zusammenhängen, dass die
meisten dieser Marken in der Vergangenheit kaum Werbung
zum Auf bau eines emotionalen Markenmehrwertes betrieben haben. Die Werte des Barometers legen nahe, dass die
emotionale Beziehung zu Markennamen und Marke eher
schwach ausgeprägt ist. Teilauswertungen nach Alters-
gruppen wie etwa die tendenziell jüngeren Zielgruppen bei
Prepaid-Angeboten hellen das Bild nicht auf. Die Negativ­
scores liegen durchweg im kritischen Bereich zwischen 30
und 50 Prozent. Bei TeleColumbus übersteigt er sogar die
Schmerz-Grenze von 50 Prozent. Die Bewertung liegt damit
in einem Umfeld mit Unternehmen wie Hypo Real Estate.
Nimmt man die Werte des Distanzindex hinzu, dann wird
das Bild noch ungemütlicher: Bei allen gemessenen Marken
stimmen zwischen 50 und 75 Prozent der Befragten einer
Namensänderung zu oder verhalten sich in der Bewertung
neutral. Eine gute emotional fundierte Markenbindung
sieht anders aus.
Legt man die Erkenntnisse des Markenbarometers zugrunde,
ist es für viele Telco- und Multimediamarken an der Zeit,
an ihrem emotionalen Mehrwert zu arbeiten. Ohne eine
höhere Wertschätzung des Markennamens und der durch
ihn signalisierten Werte sind die Angebote für den Kunden
im Preiswettbewerb ansonsten schnell austauschbar. Bei
einigen Marken erscheint es sogar sinnvoll, ernsthaft über
ein Renaming nachzudenken, um einen Neustart gegenüber
den Konsumenten zu signalisieren.
Renaming oder Rebranding sind nur mit einem neuen
strategischen Geschäftsmodell, Positionierung und kundenorientierten Angeboten für die Menschen glaubwürdig
und nachvollziehbar. Der zukünftige Markenname kann
dann zu einem relevanten Versprechen und/oder Ausdruck
einer Haltung für die Menschen werden. Der Markenname
steht einfach für das Gesamtbild einer Marke, somit eines
Unternehmens und/oder Produkten. ←
Autor
Jens Lönneker ist Mitbegründer des auf tiefenpsychologische Forschung spezialisierte rheingold Institut für qualitative Markt- und Medienanalysen.
Rainer Pfuhler ist Leiter Marketing bei Rheingold.
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