GESUNDE TIERE – GESUNDE LEBENSMITTEL Ein wegweisendes Verbundprojekt für die Erzeugung von Schweinefleisch in Nordrhein-Westfalen Gefördert im Rahmen des EU-NRW-Programms „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung 2007 – 2013“ (EFRE) Impressum Kontakt: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V. Schorlemerstr. 15, D- 48143 Münster Tel.: +49 251 4175 01 Fax: +49 251 4175 136 E-Mail: [email protected] www.wlv.de Projektleitung: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V. (Dr. Bernhard Schlindwein) Am Projekt beteiligte Organisationen: Erzeugerring Westfalen eG (Ulrich Meierfrankenfeld) Landwirtschaftskammer NRW, Schweinegesundheitsdienst (Dr. Jürgen Harlizius) IQ Agrar Service GmbH (Peter Schwaer) Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft (Prof. Dr. Marcus Mergenthaler) Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung eG (Dr. Meike Friedrichs) Tönnies Lebensmittel GmbH & Co. KG (Dr. Wilhelm Jäger) Westfleisch eG (Heribert Qualbrink) Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V. (Dr. Bernhard Schlindwein) Tierärztliche Hochschule Hannover, Außenstelle für Epidemiologie (Prof. Dr. Thomas Blaha) Universität Göttingen, Abt. Mikrobiologie und Tierhygiene (Prof. Dr. Dr. Claus-P. Czerny) Landwirtschaftskammer NRW, Tierseuchenkasse (Dr. Annette vom Schloß) Redaktion: Christiane Wildraut (Fachhochschule Südwestfalen), Antonia Riedl (WLV) Layout: Bernhard Lütke Entrup (WLV), Gernot Ahlers (web.design) Gefördert im Rahmen des Ziel 2 – Programms NRW 2007-2013 (EFRE) durch die EU und durch das Land NRW Münster, im April 2012 Inhaltsverzeichnis Vorwort: Die Tiergesundheit verbessern Dr. Bernhard Schlindwein 3 Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband Weniger Antibiotika in der Schweinehaltung – aber wie? Prof. Dr. Mechthild Freitag und Henrike Freitag 4 Fachhochschule Südwestfalen, FB Agrarwirtschaft und Erzeugerring Westfalen Vorstellung der einzelnen Arbeitsschritte im Projekt – Stand des Projektes Christiane Wildraut 7 Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Analyse des Hygienestandards in den landwirtschaftlichen Betrieben Antonia Riedl, Dr. Bernhard Schlindwein und Prof. Dr. Dr. Claus-Peter Czerny 11 Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband und Georg-August-Universität Göttingen Diagnose der Tiergesundheit auf den landwirtschaftlichen Betrieben und Sektionen Dr. Theodor Schulze-Horsel 17 Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Schweinegesundheitsdienst Klimamessungen/Lüftungsüberprüfung im Projekt Andreas Brinkmann, Elisabeth Sprenker 20 Erzeugerring Westfalen Die Datenbank im Projekt: Inhalte und Zugang Birgit Sparenberg und Peter Schwaer 23 IQ-Agrar Service GmbH Befunddaten an den Schlachthöfen Thorsten Steinmann, Dr. Diana Meemken und Prof. Dr. Thomas Blaha 28 Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Interessenabfrage zum Marketingkonzept Christiane Wildraut und Prof. Dr. Marcus Mergenthaler 34 Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Strategieplanung Christiane Wildraut und Prof. Dr. Marcus Mergenthaler 40 Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Ausblick 44 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Vorwort tralen Datenbank zusammengeführt, Verbesserungen im Laufe der Zeit lassen sich damit ebenfalls dokumentieren. Die Tiergesundheit verbessern Die aktuelle Diskussion über den Einsatz von Antibiotika in landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetrieben im Zusammenhang mit der Entstehung antibiotikaresistenter Bakterien im Stall macht überdeutlich, dass die konsequente Verbesserung der Tiergesundheit von zentraler Bedeutung für landwirtschaftliche Betriebe in der Zukunft sein wird. Mit dem Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ beschreiten wir einen zukunftsweisenden Weg, der allen Schweine haltenden Betrieben offenstehen wird. Selbstverständlich verstehen wir dieses Projekt auch als wichtigen Beitrag zur Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweinehaltung und Schweinefleischerzeugung in NordrheinWestfalen. Es zeigt das Bemühen der Landwirtschaft, den Einsatz von Medikamenten auf das notwendige Maß zu reduzieren. Niemand wird in Zweifel ziehen, dass Tiere krank werden können und eine Behandlung mit Arzneimitteln erforderlich wird. Gleichwohl haben Verbraucherinnen und Verbraucher Anspruch darauf, dass das Risiko einer Erkrankung durch antibiotikaresistente Erreger auszuschließen ist. Das NRW-Cluster Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ greift diese Themenstellung auf und v erfolgt das Ziel, ein Beratungssystem zu etablieren, um die Tiergesundheit zu verbessern, den Medikamenteneinsatz zu reduzieren und di e Lebensmittelsicherheit zu erhöhen. Im Mittelpunkt steht eine umfassende Diagnose der Tiergesundheit in Ferkelerzeugerund Mastschweinebetrieben. Sie liefert die Grundlage für die daran anschließende Beratung der landwirtschaftlichen Betriebe. Bereits vorliegende Ergebnisse zeigen, dass es gelingt, durch verbesserte Hygiene und gutes Stallmanagement oft in Verbindung mit einer angepassten Impfprophylaxe, die Gesundheit der Tiere spürbar zu verbessern und den M edikamenteneinsatz deutlich zu reduzieren. Unser besonderer Dank gilt dem Land NRW und der Europäischen Union, die dieses Projekt finanziell fördern und die gemeinsame Anstrengung zur Verbesserung der Tiergesundheit durch Landwirtschaft, landwirtschaftliche Organisationen und staatlichen Einrichtungen möglich machen. Das Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ zeichnet sich durch das gute Zusammenspiel der beteiligten Projektpartner aus: Bespielhaft ist das abgestimmte Vorgehen von Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer, dem Erzeugerring Westfalen und den bet eiligten Tierarztpraxen. Die Informationen aus Hygiene- und Klimachecks, der Diagnose der Tiergesundheit in Verbindung mit Befunderhebungen am Schlachtband und ergänzt durch Sektionsbefunde geben ein umfassendes Bild und ermöglichen eine sehr gezielte Beratung vor Ort auf dem Betrieb. Alle verfügbaren Daten werden in einer zen Dr. Bernhard Schlindwein Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V., Münster 3 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Weniger Antibiotika in der Schweinehaltung – aber wie? Prof. Dr. Mechthild Freitag, Fachhochschule Südwestfalen, FB Agrarwirtschaft, Soest Henrike Freitag, Erzeugerring Westfalen, Senden In der Tierproduktion werden Antibiotika seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts regelmäßig eingesetzt, bis 2006 zur Prophylaxe (Leistungsförderer) und zur Therapie, seit 2006 nur noch zu therapeutischen Zwecken. einsetzen. Diese Betriebe müssen innerhalb von 9 Monaten den E insatz deutlich reduzieren, wobei sie zur Akzeptanz externer Beratung verpflichtet sind. Ziel der Maßnahme ist eine Reduzierung des Antibiotikum-Einsatzes bis 2013 um 10 % bezogen auf den Verbrauch des Jahres 2009. Sie wirken nach wie vor bei Menschen und Tieren in der Regel schnell und zuverlässig, jedoch hat in den letzten Jahren die Ausbreitung von Resistenzen gegen eine Reihe von antibiotischen Substanzen bedenkliche Ausmaße angenommen. Nach Schätzung des Robert-Koch-Instituts sterben jährlich 15.000 Menschen in Deutschland an den Folgen einer Infektion mit multiresistenten Keimen und nach ersten Ergebnissen des Forschungsverbunds RESET lassen sich in mehr als 90% der Kotproben ESBL (z.B. Amoxicillin) resistente Enterobakterien nachweisen (Hering et al., 2011, pers. Mitteilung). Die Rate Fluorchinolon (z.B. Baytril) resistenter E. coli Bakterien ist von 4 % (1999, DART 2006) auf 74 % (Hering et al., 2011, pers. Mitteilung) gestiegen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Maßnahmen schweinehaltende Betriebe ergreifen können, um im betrieblichen Alltag das Krankheitsrisiko und d amit den B edarf an A ntibiotika zu minimieren. Ein Ansatzpunkt ist in diesem Zusammenhang die Einstallung junger Schweine in den Mastbestand. Dieser Zeitraum geht mit großen Belastungen für die Tiere einher, die mit optimalen Umweltbedingungen gemildert werden sollten. Dazu gehört die entsprechende Reinigung und Desinfektion vor jeder neuen Stallbelegung, die nur bei Neubelegung kompletter Abteile zu gewährleisten ist – besser ist noch die Neubelegung im gesamten Betrieb (Betriebs-Rein-Raus). Zwischen Desinfektion und Wiederbelegung muss einige Tage Stallruhe eingehalten werden. International werden inzwischen Anstrengungen unternommen, um den Einsatz antibiotischer Medikamente zu reduzieren und somit die Resistenzlage nicht weiter zu verschärfen, auf lange Sicht sogar zu entschärfen. So wurde 2006 in Dänemark Tierärzten das Dispensierrecht für Antibiotika entzogen und 2010 die „Gelbe Karte“ eingeführt, die an Tierhalter vergeben wird, die mehr als das Doppelte des Durchschnitts an A ntibiotika bezogen auf die von ihnen produzierte Tierkategorie In dieser Zeit muss der Stall wieder vorheizt werden, so dass eine Stalltemperatur von 25°C erreicht wird – gemessen nicht nur in der Luft sondern direkt auf den Spalten. Kalter Spaltenboden führt schnell zur Auskühlung der jungen Tiere. In großen Abteilen muss dazu eventuell eine zweite Heizquelle eingesetzt werden. Vor der erneuten Einstallung muss das abge4 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht standene Wasser aus den Leitungen entfernt werden, da dies einen guten Nährboden für alle möglichen Keime bildet. sowohl im Futterbrei als auch im MagenDarm-Trakt. Deutlich werden diese Effekte auch in nicht klinisch auffälligen Betrieben durch eine Verbesserung der Tageszunahmen und ei ne Verringerung des Futteraufwands pro kg Zuwachs (Tab. 1). Außerdem sollte Ferkeln angesäuertes Futter angeboten werden, da s ich pathogene Keime in einem sauren Milieu schlecht vermehren können. Und Ferkel lieben Säure, so dass die Futteraufnahme zusätzlich stabilisiert wird. Diese Maßnahmen schützen jedoch nicht vor einer Infektion bei massivem Erregerdruck. Hier helfen eine Reihe von Impfungen, deren regelmäßige Durchführung nachweislich den Medikamenteneinsatz reduziert. Voraussetzung ist allerdings die sachgerechte Applikation des Impfserums: keine Teilung der Impfdosis, keine antibiotische Behandlung zu impfender bzw. frisch geimpfter Tiere und eine temperaturmäßig korrekte Lagerung des Impfserums. Sollten Impfungen nicht den gewünschten Erfolg zeigen, muss die Durchführung mit dem Hoftierarzt im Einzelnen besprochen werden, da mit großer Wahrscheinlichkeit Fehler im Impfablauf vorliegen. Konzentration in % 0,15 0,1 0,05 0 Abb. 1: Minimale Hemmkonzentration für E.coli und Salmonellen (in Lückstedt, 2007) Die Beachtung der Hygiene gilt ebenfalls für die Wasserversorgung. Bei der Versorgung mit Stadtwasser kann davon ausgegangen werden, dass das Wasser keimarm den Betrieb erreicht. Hier kann es aber in den Leitungen oder in den Tränkebecken mit Mikroorganismen belastet werden, z.B. wenn Futterreste verschleppt werden. Eventuell empfiehlt sich die Umstellung von Schalen- auf Nippeltränken. Im der Mast liegt ein Schwerpunkt der Infektionsprophylaxe in der Fütterung: zum einen im hygienischen Zustand der Fütterungsanlage (Verkeimung der Futterstellen, Futterreste im Trog, Schimmelund Hefebildung in den Anmischbehältern, Rückstau aus dem Futtertrog in die Futterleitung bei zu hohem Füllstand des Flüssigfutters), zum anderen muss darauf geachtet werden, Futterreste aus leerstehenden Buchten sofort zu entfernen (z.B. beim Umstallen von Sauen oder Ferkeln). Bei Nutzung eines betriebseigenen Brunnen muss das Wasser auf seinen Keimgehalt untersucht werden. Diese Untersuchung wird von der LUFA durchgeführt. Zur Wasserversorgung gehören auch ausreichende Durchflussraten (Ferkel: 0,6 l/min; Mastschweine: 1 l/min, laktierende Sauen: 2l/min.). Tränken können sich mit der Zeit zusetzen und müssen deshalb ausgelitert werden. Wie bei Ferkeln hilft auch bei älteren Tieren der prophylaktische Zusatz von Futtersäuren. Organische Säuren sind in der Lage, E. coli Bakterien und Salmonellen in ihrer Entwicklung zu hemmen (Abb.1), 5 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Tab. 1: Effekte organischer Säuren und Salze auf Tageszunahmen (TZ) und Futteraufwand pro kg Zuwachs (FA) in der Ferkelaufzucht n Studien TZ * (x, min … max) FA * (x, min … max) Ameisensäure 9 14,7 (3,1 … 22,1) -5,8 (-1,6 … -14,5) Sorbinsäure 5 20,3 (13,4 … 26,7) -10,4 (-5,9 … -21,8) Fumarsäure 14 5,9 (-4,7 … 12,6) -2,4 (+1,7 … -7,1) Formiate 11 Säure- und Salzkombinationen 4,0 (-0,2 … 9,3) -3,2 (-1,3 … -4,6) 20 10,3 (4,3 … 22,0) -4,3 (-0,6 … -7,5) Substanz Freitag et al., 1998 Ein weiterer Schritt zur Reduzierung des Medikamenteneinsatzes liegt in einer Reduzierung der Keimverbreitung im eigenen Betrieb. Hier ist vor allem die Arbeitsorganisation zu überdenken (von klein nach groß, von gesund nach krank), um nicht aus infizierten Buchten die Keime über den ganzen Bestand zu verteilen. Die hier aufgeführten Maßnahmen stellen keine neuen E rkenntnisse dar – sie sind jedem Betriebsleiter bestens bekannt. In der Arbeitsroutine schleichen sich jedoch unmerklich Abläufe ein, die einer Infektionsverbreitung Vorschub leisten können – man wird betriebsblind. Deshalb sollte jeder Betriebsleiter gelegentlich eine externe Beratung in Anspruch nehmen, die auf eklatante Missstände hinweist. Zumindest im Abferkel- und Aufzuchtbereich sollte für jedes Abteil eigene Kleidung (Schutzkittel, Überschuhe) vorhanden sein, ebenso wie eigene Stallgeräte. Sockentupferproben haben gezeigt, dass resistente Mikroorganismen auch auf Laufgängen zu finden sind und – an den S tiefelsohlen anhaftend – verbreitet werden können. Bei invasiven Eingriffen müssen die Geräte vorzugsweise nach jedem Tier, auf jeden Fall aber nach jedem Wurf gereinigt werden, am besten durch Lagerung in Desinfektionslösungen. Die eigenen Hände können problemlos mit Desinfektionstüchern zwischendurch gereinigt werden. 6 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Vorstellung der einzelnen Arbeitsschritte im Projekt – Stand des Projektes Christiane Wildraut, Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (SGD), die Beratungsorganisation „Erzeugerring Westfalen“ (ERW), die Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung eG (GFS), die IQ-Agrar Service GmbH sowie die beiden großen westfälischen Schlachtunternehmen Westfleisch und TönniesFleisch. Koordiniert und fachlich begleitet wird das Projekt durch den Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) und di e Fachhochschule Südwestfalen in Soest. Der Rahmen Das Kooperationsprojekt ist eines von sieben Gewinnerprojekten aus dem Förderwettbewerb Ernährung.NRW 2008. Gestartet ist es im Sommer 2010 mit einer dreijährigen Laufzeit. Das Projekt wird durch die EU und dur ch das Land N RW finanziell gefördert, alle Projektpartner bringen zusätzlich eigene finanzielle Mittel ein. Abb. 1: Geldgeber im Projekt Ziele Ziele des Projektes sind die Sicherung und Verbesserung der Tiergesundheit und di e Erhöhung der Lebensmittelsicherheit. Mit Hilfe einer stufenübergreifenden Vernetzung von Informationen sollen ein Tiergesundheitssystem und ein Marketingkonzept entwickelt werden. Weiterhin soll das Image der Schweinefleischerzeugung gefördert und letztlich die gesamte Wertschöpfungskette Schweinefleisch gestärkt werden. Abb. 2: Die Projektpartner Die Tierseuchenkasse Nordrhein-Westfalen und die Tierärztliche Hochschule Hannover unterstützen das Vorhaben. Einbezogen ist auch die Abteilung für Mikrobiologie und Tierhygiene am Department für Nutztierwissenschaften der Georg-August-Universität Göttingen. Hier wird ein Promotionsvorhaben im Rahmen des Projektes betreut. Partner im Projekt Es wurden ausschließlich Projektpartner einbezogen, die unmittelbaren Bezug zur landwirtschaftlichen Praxis haben: Der 7 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Schwerpunkte der Projektarbeiten in 2010 und 2011 Beteiligte Landwirte Am Projekt beteiligt sind aktuell 23 Sauenhalter, 26 Ferkelaufzieher und 37 M äster aus Nordrhein-Westfalen. Vielfach handelt es sich um geschlossene Systeme. Die Sauenhalter verfügen insgesamt über 7.958 Sauenplätze, das sind durchschnittlich 346 Plätze pro Betrieb. Die Ferkelaufzieher verfügen insgesamt über 31.670 Ferkelaufzuchtplätze, im Durchschnitt 1.218 Plätze pro Betrieb. Die Mäster im Projekt verfügen insgesamt über 59.745 Mastplätze, das entspricht durchschnittlich 1.615 Mastplätzen pro Betrieb. Insgesamt sind damit vergleichsweise große Betriebe am Projekt beteiligt, der Bundesdurchschnitt liegt bei 147 Sauenplätzen und 545 Mastplätzen pro Betrieb. • Ansprache und Information von Landwirten • Information der Hoftierärzte • Betriebsbesuche • Auswertung der Hygienechecks zusammen mit Leistungsdaten der Betriebe • Aufbau der Datenbank • Befunddatenerfassung Schlachthöfen • Projektergänzung „Einflussfaktoren auf das Schwanzbeißen bei Schweinen“ • Außendarstellung, z.B. Projektlogo • Projektarbeiten Marketingkonzept für an den das Die Besuche auf den Betrieben ● Sauenhalter ● Ferkelaufzieher ● Mäster Die Betriebsbesuche erfolgen in erster Linie durch den Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, durch den Erzeugerring Westfalen und dur ch den WestfälischLippischen Landwirtschaftsverband. Abb. 3: Verteilung der Betriebe Mehrheitlich sind die landwirtschaftlichen Betriebe in Westfalen gelegen, Schwerpunkte befinden sich im Münsterland und in der Hellweg-Region. Thematisch stehen bei den B etriebsbesuchen die Hygienechecks, die Einzeltierkennzeichnungen, das Ziehen von Blutund Kotproben sowie die Durchführung von Klimamessungen im Vordergrund. Betreut werden die am Projekt beteiligten Landwirte durch insgesamt 26 Hoftierärzte, die das Projekt unterstützen. 8 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Mittlerweile sind auf den B etrieben die ersten Dokumentationshandbücher zur Schweinehaltung eingesammelt worden, die in 2012 el ektronisch verarbeitet werden. Daneben finden Gespräche in der Erzeugerkette gemeinsam mit den Hoftierärzten statt. Zu diesen Gesprächen, in denen Ereignisse besprochen werden, die für den Ferkelerzeuger, Ferkelaufzieher und Mäster einer gemeinsamen Erzeugungskette relevant sind, kommen auch jeweils ein Berater des Erzeugerrings Westfalen, ein Tierarzt des Schweinegesundheitsdienstes und der entsprechende Hoftierarzt hinzu. Ziel ist es, den Austausch zu fördern, Transparenz zu schaffen und ev entuell auftretende gesundheitliche Probleme gemeinsam anzugehen. Befunddaten der durchgeführten Sektionen oder von den Schlachthöfen. Alle erhobenen Daten fließen bei der IQAgrarservice zusammen und gelangen dort in die Projektdatenbank. Befunddatenerfassung an den Schlachthöfen Die Befunddatenerfassung, die die Tierärztliche Hochschule Hannover durchführt, läuft bereits an al len drei am Projekt beteiligten Schlachthofstandorten der Westfleisch eG. Bei TönniesFleisch in Rheda-Wiedenbrück konnten bislang noch keine Erhebungen durchgeführt werden. Marketingkonzept Für das zu entwickelnde Marketingkonzept ist im November 2011 bei allen Projektpartnern eine Interessenabfrage zu den Zielen durchgeführt worden. Dabei sprachen sich die Projektpartner dafür aus, sowohl auf den Lebens mitteleinzelhandel als auch auf die Verbraucher zuzugehen. Inhaltlich soll vor allem die Kompetenz der heimischen Schweinehalter und di e Tiergesundheit herausgestellt werden. Desweiteren ist an der Strategieplanung für das Marketingkonzept gearbeitet worden. Daneben wurden am Fachbereich Agrarwirtschaft studentische Arbeiten betreut, die für das Projekt interessantes Datenmaterial liefern. Inhaltlich ging es beispielsweise um Gespräche mit des Entscheidungsträgern Lebensmitteleinzelhandels oder eine Verbraucherbefragung zum Fleischeinkauf. Die Ergebnisse der Arbeiten werden im 1. Halbjahr 2012 weiter ausgewertet. Die Hygienechecks Die Hygienechecks auf den landwirtschaftlichen Betrieben sind mittlerweile ausgewertet worden. Sie wurden mit Daten zur Verlustrate aus den Betriebszweigauswertungen des Wirtschaftsjahres 2009/2010, in Beziehung gesetzt. Die Datenverwaltung Bis Ende 2012 sind im Projekt bereits eine Vielzahl von Daten angefallen. Dabei handelt es sich z.B. um Betriebsdaten, Hofpläne, Tiergesundheits- und Leistungsdaten, aber auch um Untersuchungsergebnisse der Blut- und Kotproben sowie 9 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Arbeiten im Hintergrund Zu den Arbeiten im Hintergrund zählt ein internetbasiertes Forum, das vom WLV erstellt worden ist. Hier werden für das Projekt wichtige Unterlagen abgelegt, die den Partnern einen schnellen Zugriff ermöglichen. Außerdem finden Projektpartnertreffen zu verschiedenen Fragestellungen statt. Im täglichen Geschäft sind eine Vielzahl von Abstimmungsgesprächen erforderlich, die häufig auf kurzen Wegen erfolgen. Abb. 4: Projektflyer Projektergänzung „Einflussfaktoren auf das Schwanzbeißen bei Schweinen“ Daneben arbeiten die Projektpartner auch an der Projektverwaltung. Dazu zählen die Dokumentation der durchgeführten Arbeiten, aber auch Ausschreibungen, die Anfertigung von Formularen oder die Vorbelegung von Daten auf Lesegeräte für die landwirtschaftlichen Betriebe zur Arbeitserleichterung. Im Rahmen des Projektes wird auch dokumentiert, wenn „Schwanzbeißen“ bei Schweinen auftritt. Eine Ergänzung des Projektes um die detaillierte Untersuchung der Einflussfaktoren auf das Schwanzbeißen ist Anfang 2011 bei der Bewilligungsbehörde beantragt worden. Die Bewilligung konnte in 2011 noch nicht erteilt werden. Im zweiten Halbjahr 2011 i st ein Projektflyer angefertigt worden, der Informationen zum Projekt enthält und an Interessierte verteilt wird (Abbildung 4). Im ersten Halbjahr 2012 soll der Flyer neu gestaltet werden. Außerdem sollen dann weitere Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden. 10 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Analyse des Hygienestandards in den landwirtschaftlichen Betrieben Antonia Riedl, Dr. Bernhard Schlindwein und Prof. Dr. Dr. Claus-Peter Czerny Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband und Georg-August-Universität Göttingen Stallhygiene gesundheit entscheidet über Auch im Hinblick auf die Vermeidung des Ausbruchs der Schweinepest, der den Schweinepreis laut Josef Tillmann, Geschäftsführer von TönniesFleisch, um 25 bis 30 C ent pro kg Schlachtgewicht einbrechen lassen kann, wird deutlich, wie wichtig Hygiene für den Schweinehalter ist. Die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten einer Schweinepest könnten im ersten Jahr laut ISN allein in den Hochburgen der Veredlung in Weser-Ems und dem Münsterland 2,8 Mrd. € bzw. 2,2 Mrd. € betragen. Tier- Einen hohen H ygienestatus im Stall zu erreichen, bedeutet zwar mehr Arbeit, aber es verbessert auch die Tiergesundheit im Stall und damit die Wirtschaftlichkeit der Betriebe. Tiergesundheit ist nicht nur aus einzelbetrieblicher Sicht wichtig, es gilt auch den weltweiten Absatz von Schweinefleisch zu sichern. Dafür ist definierte Qualität gefordert, die von der Tiergesundheit entscheidend beeinflusst wird. Die Produktionskosten für ein Schlachtschwein liegen laut der InterPIG im internationalen Vergleich u.a. infolge unterdurchschnittlicher biologischer Leistungen und hoher Tierarzt- und Medikamentenkosten nur am Ende des Mittelfeldes. An dieser Stelle muss mit Hilfe eines optimierten Hygienemanagements angesetzt werden. Nicht zuletzt um den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren, der aktuell in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung gerückt ist. Daneben steigt mit zunehmender Globalisierung die Gefahr lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche, so genannte Zoonosen. Mit gesünderen Tieren werden dabei geringere Lebensmittelrisiken im Fleisch erhofft. Ein Beispiel sind die Salmonellen, die ihren Ursprung in der Schweineerzeugung aufgrund mangelnder Hygiene haben können und nur schwer bei der Schlachtung erkannt werden. Es ist absehbar, dass die Schweinefleischerzeuger in Zukunft auf höhere Konsumentenerwartungen hinsichtlich der Gesundheit und des Tierwohls reagieren müssen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Betriebshygiene Aufgabe als immerwährende Schweinehalter sollten täglich dafür sorgen, dass im Stall möglichst wenige krankmachende Parasiten, Bakterien und Viren vorhanden sind und dass das Einschleppen von außen und die Verschleppung im Inneren des Betriebes möglichst verhindert werden. Die Folgen stärkerer Belastungen der Tiere und erhöhter Erregeraufkommen in der intensiven Tierhal- Abb. 1 Hygiene ist von Anfang an wichtig 11 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht tung können durch allgemeine Hygienemaßnahmen und dur ch spezielle Infektionsprophylaxe in Grenzen gehalten werden. Dadurch kann der Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert werden. Die Tierhygiene dient der Förderung der Leistungen, der Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gesundheit sowie der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der erzeugten Produkte und ist damit Voraussetzung für eine wirtschaftliche Schweinehaltung. einem guten Niveau (ERW 2,88 kg). Mit 94% wird der größte Teil der Mastschweine auf Vollspaltenböden gehalten. Bei der Bewertung von QS haben die Projektlandwirte gut abgeschnitten, denn 38% der Schweinehalter haben mehr als 99 Punkte erzielt (in Deutschland 35%), 34% liegen zwischen 96 und 99 P unkten (in Deutschland 39%) und 28% haben weniger als 96 Punkte durch QS erhalten (in Deutschland 26%). Mit Blick auf den Salmonellenstatus der Betriebe zeigt sich folgendes Bild: 78% wurden in Kategorie I und 22% in Kategorie II eingestuft (Deutschland: 83% Kat I, 14% Kat II, 3% Kat III). Der Betriebshygiene auf der Spur Im Rahmen des Projektes wurde mit Hilfe einer Checkliste der Hygienestatus vor Ort auf landwirtschaftlichen Betrieben ermittelt. Zuvor fanden Expertengespräche mit Schweinemästern, Spezialberatern und Veterinären statt, auf deren Basis die Hygienecheckliste optimiert wurde. Die Liste kann beim Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband angefordert werden (www.wlv.de). Hygiene steigert nachweislich die Leistung im Sauenstall So haben beispielsweise Sauenhalter, die ihre Ställe vor Schadtiere, wie Hunde, Katzen oder Vögel, die als Zwischenvektoren für Krankheiten dienen, schützen im Durchschnitt 1,67 lebend geborene Ferkel pro Sau und Jahr mehr. Die Daten zur Verlustrate stammen aus den Betriebszweigauswertungen des Wirtschaftsjahres 2009/2010, die zum größten Teil der Erzeugerring Westfalen für die Betriebe lieferte (www.erzeugerring.com). Die Leistungen müssen steigen Die Sauenhalter haben durchschnittlich 25,8 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr. Damit erreichen sie den Durchschnitt des Erzeugerrings Westfalen. Mit Saugferkelverlusten von 16,3% liegen sie jedoch beim Projektstart deutlich über dem Durchschnitt der Erzeugerringbetriebe (14,6%). 59% der Betriebe sind reine Mastbetriebe, 41% mästen ihre eigenen Ferkel. Die täglichen Zunahmen liegen mit 758 g knapp unter dem Durchschnitt des Erzeugerrings Westfalen (764 g). Die Verluste sind mit durchschnittlich 2,7% relativ hoch (ERW 2,4%) und die Futterverwertung mit 2,9 kg Futter je kg Zuwachs auf Abb. 2: Mehr Ferkel durch Hygiene Landwirte, die eine Flüssigfütterung in der Sauenhaltung haben und täglich den Anmischbehälter reinigen, können durchschnittlich im Jahr 2,15 lebend geborene Ferkel pro Sau mehr erzielen als Landwirte, die den Anmischbehälter seltener reinigen! Doch sollten für eine gute Futterqualität nicht nur die Anmischbehälter gereinigt 12 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht werden, zusätzlich ist auch die Reinigung der Futterleitungen entscheidend für die Leistungen. Reinigung und Desinfektion für die Gesundheit und Leistung der Tiere bzw. für die Produktionsstabilität wächst mit zunehmender Tierkonzentration pro Fläche und Tierzahl pro Stall. Deshalb wird die Reinigung und Desinfektion vor dem Hintergrund der in den l etzten Jahren und auch in Zukunft wachsenden Betriebe, weiter an Bedeutung gewinnen. Wo muss ich zuerst ansetzen, um am Ende mehr Ferkel abzusetzen? Wichtige Voraussetzung möglichst viele Ferkel abzusetzen, ist die Reinigung und Desinfektion des Stalls und der Arbeitsgeräte. Ziel dabei ist, Erregerketten zu unterbrechen sowie den E rregerdruck zu reduzieren. Auch der bauliche Zustand des Abferkelstalls spielt eine große Rolle für die Saugferkelverluste und somit für die Anzahl der abgesetzten Ferkel. Denn häufig können Ställe, die in einem schlechten baulichen Zustand sind, nicht ordnungsgemäß gereinigt und desinfiziert werden. Meist zählen diese zu den äl teren Ställen, sodass das Phänomen der „Stallmüdigkeit“ auftritt. Es sollte zudem darauf geachtet werden, dass fremde Erreger nicht von außen in den Betrieb eingeschleppt werden, zum Beispiel durch ein von mehreren Schweinehaltern genutztes Güllefass oder von betriebsfremden Transportfahrzeugen. So zeigen die Berechnungen, dass Sauenhalter, die konsequent darauf achten, dass betriebsfremde Transportfahrzeuge gereinigt und des infiziert werden, durchschnittlich um 36% niedrigere Saugferkelverluste haben als Betriebe, die keinen so großen Wert auf diese Maßnahme legen. Abb. 3: Einflussfaktoren auf die Anzahl der abgesetzten Ferkel Hier muss vor allem darauf geachtet werden, dass die vom Hersteller der Desinfektionsmittel vorgeschriebenen Mittelkonzentrationen und Stalltemperaturen eingehalten werden. Nur so wird eine gute Wirkung erzielt und es entwickeln sich keine Resistenzen gegen Desinfektionsmittel. Eine Maßnahme, die vor Resistenzbildungen schützt, ist der regelmäßige Wechsel der Wirkstoffgruppen von Desinfektionsmitteln. Insgesamt kann ein schriftlich festgehaltener Ablaufplan bei der ordnungsgemäßen Reinigung und Desinfektion helfen. Auch die Stalldecken im Abferkelabteil müssen unbedingt gereinigt und desinfiziert werden, denn hier sitzen Krankheitserreger, die das Immunsystem der Ferkel belasten. Die Bedeutung der Abb. 4: Auf die Transporthygiene achten! Es ist die Aufgabe der landwirtschaftlichen Selbstkontrolle, das Freisein von Tierseuchen und von endemisch verbreiteten In13 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht fektionen zwischen den Liefer- und Empfängerbetrieben abzusichern. Deshalb ist die Transporthygiene ein entscheidender Faktor für die Tiergesundheit. Die aktive Erregerübertragung erfolgt v.a. durch den Tierverkehr, auf den c a. 30% der Folgeausbrüche von Schweinepest zurückzuführen sind. Eine noch größere Bedeutung gewinnt dieser Infektionsweg bei weniger ansteckenden Infektionskrankheiten, wie beispielsweise der Aujeszkyschen Krankheit. Um eine Verschleppung der Erreger innerhalb des Betriebes zu vermeiden, müssen die Stiefel zwischen den B ereichen der Ferkelerzeugung und -aufzucht sowie der Mast gewechselt werden. Nachweislich lassen sich durch diese Maßnahme die Zahl der abgesetzten Ferkel steigern. Unterstützend wirkt die regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Stiefel. nicht direkt von Ferkel zu Ferkel verschiedener Abferkelgruppen getragen werden, sollte das Gerät zum Abschleifen der Zähne nach jeder Benutzung gereinigt werden. Abb. 5: Einflussfaktoren auf die Saugferkelverluste Reinigung und Desinfektion ist auch in der Mast das A und O! Um in der Mast die Anzahl der Verluste, die in jedem Durchgang viel Geld kosten, zu verringern, muss der Blick vor allem auf die ordnungsgemäße Reinigung und Desinfektion des Stalls, die durch eine Einweichanlage wesentlich einfacher wird, gerichtet werden (die vorgeschriebene Desinfektionsmittelkonzentration muss in jedem Fall eingehalten werden!). Hier ist es wichtig, dass nicht nur die Buchten glänzen, sondern auch die Treibegänge und –bretter sowie der Verladeplatz und die Kadavertonne nach jeder Leerung gesäubert und desinfiziert werden. Wie bekomme ich die Saugferkelverluste schnellstmöglich ohne Antibiotika in den Griff? Die Wasserqualität hat nach dem baulichen Zustand des Stalls den größten Einfluss auf die Höhe der Verluste. Wasser ist für Lebewesen essentiell. Jedoch kann durch mikrobielle Kontamination des Wassers eine Gesundheitsgefährdung ausgehen, deshalb muss es frei von Krankheitserregern und gesundheitsgefährdenden Eigenschaften sein. Als wasserbedingte Infektionen sind insbesondere Infektionen mit bakteriellen Erregern wie Salmonellen und Infektionen mit Viren bekannt. Zudem wird die Mortalitätsrate durch Kannibalismus entscheidend in die Höhe getrieben. Dieses Problem wird infolge der politischen Diskussion bezüglich des „Schwänzekürzens“ auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Schweinehalter sollten umgehend dem Auslöser für Kannibalismus auf den G rund gehen und wenn nötig, fachliche Hilfe in Anspruch nehmen. Auch die Fliegenbekämpfung mittels Larvenmittel hat einen großen Einfluss auf die Saugferkelverluste. So haben Landwirte, die Larvenmittel einsetzten, durchschnittlich 23% weniger Saugferkelverluste als Landwirte, die keine Larvenmittel verwenden! Damit Krankheitserreger, die verantwortlich für die Saugferkelverluste sind, 14 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht nur abhängig vom Luftwechsel und der Lüftung, sondern auch vom Alter der Tiere, der Belegungsdichte, der Stalltemperatur und –feuchtigkeit sowie von der Technologie der Güllebeseitigung. Bereits sehr geringe Ammoniakkonzentrationen reizen die Schleimhäute der Atemwege und die Bindehäute der Augen. Gesundheitsschäden entstehen ab c a. 30 ppm. Ein besonders giftiges Gas ist Schwefelwasserstoff, das in erhöhter Konzentration zu schneller Krankheit und zum Tod aufgrund von Schäden des Atemorganismus führt. Schon gering erhöhte, länger anhaltende Konzentrationen verursachen eine gesteigerte Erregbarkeit der Schweine. Abb. 6: Spielzeug gegen Kannibalismus Denn Schwanzbeißen ist nicht nur tierschutzrelevant, sondern verursacht erhebliche wirtschaftliche Einbußen aufgrund Zuwachsminderung bis zu 10% als Folge größerer Unruhen plötzlicher Todesfälle nach Kreislaufkollaps (bis zu 2% der Tiere) multiple Abszesse nach örtlicher Infektion, die zu Kümmern, Merzung und zu Tierkörperbeanstandungen führen. Wer im Maststall zu hohe Verlustraten hat, sollte darauf achten, dass die Schutzkleidung zu Beginn des Arbeitstages sauber ist und auch, dass Besucher grundsätzlich saubere Schutzkleidung tragen müssen, wenn sie den S tall betreten. Der Grund liegt in der Erregerverschleppung durch Personen, die ein hohes Risiko darstellen. Zum Beispiel geschahen 14% der Folgeausbrüche von Schweinepest im Zeitraum von 1993-2002 aufgrund von Personenkontakt, der damit die viert häufigste Einschleppungsursache war. Abb. 7: Die sechs wichtigsten Punkte, um die Verlustrate im Stall zu senken Auch Schadtiere, wie beispielsweise Mäuse oder Fliegen, wirken negativ auf die Tiergesundheit, da sie wichtige Krankheitsüberträger sind. Ratten übertragen beispielsweise die Schweinepest, Maulund Klauenseuche, die Aujeszkysche Krankheit, Salmonellose, Leptospirose, Trichinellose und Toxoplasmose. Fliegen und Mücken übertragen hingegen unter anderem MKS. Mäster, die die Gefahr von Fliegen als wichtige Krankheitsüberträger erkannt haben und deshalb darauf achten, Schadgasbelastung eingrenzen! Werden Tiere häufig hohen Schadgaskonzentrationen im Stall ausgesetzt, steigt die Verlustrate im Stall. Die Konzentration der wichtigsten Schadgase Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Methan ist nicht 15 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht die Fliegenpopulation so gering wie möglich zu halten, haben im Vergleich zu Mästern, die die Gefahr geringer einschätzen und demzufolge die Bekämpfung weniger intensiv betreiben, eine um 58% geringere Mortalitätsrate. Salmonellen – ein schwerwiegendes Problem Im Jahr 2009 w urden in Deutschland 31.397 Salmonellen-Infektionen beim Menschen gemeldet. Vor allem Geflügelund Schweinefleisch sind Infektionsquellen. Deshalb muss die Salmonellenbelastung in der Schweinehaltung konsequent so gering wie möglich gehalten werden. Abb. 8: Futterhygiene ist wichtig bei der Salmonellen-Bekämpfung Gründe für eine bessere Wirkung der Futtermedikation sind folgende Punkte: Die wichtigsten Maßnahmen sind dabei, den Kontakt zwischen den bet riebsfremden Tiertransportern bzw. Fahrern und dem Schweinestall zu unterbinden, die umgehende Reinigung der freiwerdenden Abteile, die Bekämpfung der Fliegen mit Larvenmitteln und die Verhinderung des Zutritts von Schadtieren in den Stall. Zudem zeigen die Ergebnisse: Der Einsatz von qualitativ hochwertigem Futter ist ein Grundbaustein für eine geringe Salmonellenbelastung. Voraussetzung ist jedoch eine optimale Futterhygiene. Betriebe, die ihr eigenes Getreide zur Schweinefütterung einsetzen, haben in dieser Studie im Durchschnitt einen geringeren Salmonellenstatus als Betriebe, die Fertigfutter kaufen. Die Gefahr der Salmonellenverschleppung durch Futtermittel ist in der Praxis bekannt. Ungenauigkeit bei der Lösung des Arzneimittels im Wasser aufgrund unterschiedlicher Wasserqualitäten (z.B. Härtegrad, pH-Wert) mangelhafte Überwachung Wartung des Tränksystems und fehlende Anpassung der Dosierung des Arzneimittels an den Tränkwasserverbrauch mangelhafte Kontrolle von Wasserdurchlauf und -aufnahme Reduktion der Wasseraufnahme der Tiere aufgrund geschmacklicher Beeinträchtigung mangelhaftes Auswiegen der Arzneimittel bzw. Volumenmessung mangelhafte Stabilität des Wirkstoffes aufgrund der Wasserqualität Festzuhalten bleibt: Auch die Medikationstechnik zeigt einen signifikanten Einfluss auf den S almonellenstatus. Betriebe, die Medikamente über das Futter geben, haben durchschnittlich eine geringere Salmonellenbelastung als Betriebe, die die Medikamente über das Trinkwasser verabreichen. Striktes Umsetzen von Hygienemaßnahmen im Stall lohnt sich! Deshalb sollte die Hygiene im Betriebsalltag ganz oben au f der Liste stehen. 16 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Diagnose der Tiergesundheit auf den landwirtschaftlichen Betrieben und Sektionen Dr. Theodor Schulze-Horsel Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Schweinegesundheitsdienst Tiergesundheit wird auf den Betrieben erfasst. Einzelne Tiere werden durch die Produktionskette verfolgt. Im Berichtszeitraum wurden seitens des Schweinegesundheitsdienstes Bestandsbesuche in 45 Projektbetrieben durchgeführt. Dabei wurden alle Tiere, von denen Blutproben entnommen wurden, mit Chipohrmarken zur elektronischen Einzeltiererkennung gekennzeichnet. Die Blutproben wurden im Labor Synlab. Vet Leipzig serologisch auf PRRS, PCV2, Mycoplasma hyopneumoniae, Influenza, APP, Hämophilus parasuis, Salmonellen sowie in der PCR auf PRRS-Virus und PCV2 untersucht. Außerdem wurden aus jedem Betrieb Kotproben in der PCR auf Brachyspiren und Law sonien untersucht. Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen wurden den Landwirten und ihren Hoftierärzten zeitnah mitgeteilt und intensiv diskutiert. Dabei erfolgte die Information der zu einer Produktionskette gehörenden Betriebsleiter überwiegend gemeinsam. In einer zweiten Phase wurden Tiergruppen im Verlaufe ihres Lebens verfolgt. In jeder Produktionskette wurde eine Gruppe von 15 Fer keln bei der ersten Probenahme am Ende der Ferkelaufzucht mit 28 kg gechipt. Von denselben Tieren wurden in der Mittelmast und in der Endmast nochmals Blutproben entnommen. Die Untersuchung erfolgte nach demselben Schema wie in der ersten Phase des Projektes. Abb. 2: Mitarbeiter des SGD und des ERW nehmen Blutproben und chippen die Tiere Am 14.12.2011 wurden in den R äumen der Fachhochschule Südwestfalen in Soest erste Ergebnisse der Studie vorgestellt. Von Seiten des Schweinegesundheitsdienstes wurde anhand v on Beispielbetrieben gezeigt, wie Ergebnisse der Studie betriebsspezifisch interpretiert werden können und Lös ungswege für Probleme aufgezeigt. Abb. 1: Blutproben werden mit Hilfe des Landwirtes durch den SGD genommen. 17 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Salmonellenbelastung auf! fällt Wohlbefinden der Tiere ausgemacht wurden, die in ihrer Summe zum Kannibalismus führten. Anhand der Untersuchung von Blutbildern von Schweinen aus betroffenen Buchten konnte der Verdacht auf einen Parasitenbefall geäußert werden. Bei der Beobachtung der Tiere während des Bestandsbesuchs fiel eine auffällig hohe Wasseraufnahmeaktivität der Tiere an den Tränken auf. Bei einer genauen Ermittlung der Flußraten zeigte sich, dass diese bei allen Tränken deutlich unter 200 ml/min lagen. frühzeitig Im ersten Beispiel wurde gezeigt, dass in einer Ferkelerzeuger-Mäster-Lieferbeziehung eine Salmonellenbelastung anhand der Untersuchungen im Projekt erkannt wurde, deutlich bevor der Betrieb im Salmonellenmonitoring auffiel. Sowohl die Blutproben von 28kg-Ferkeln im Ferkelerzeugerbetrieb als auch die Proben, die beim Mäster in der Mittel- und Endmast gezogen wurden, waren positiv. Leider führte die Entscheidung des Mästers, sich aufgrund der Salmonellenproblematik von seinem Ferkelerzeuger zu trennen, zum Ausscheiden des Mästers aus dem Projekt. Aus Sicht des SGD wäre es im Interesse aller Beteiligten gewesen, das Problem durch Maßnahmen in beiden Betrieben gemeinsam zu lösen. Beim Lüftungs-Check einige Tage später wurde festgestellt, dass die Luftgeschwindigkeiten in den A bteilen aufgrund zu hoher Luftraten deutlich das Optimum überschritten. Aufgrund der Befunde wurden im Betrieb folgende Maßnahmen durchgeführt: Abb. 3: Die Dokumentation der beprobten Tiere ist wichtig, um anschließend die Untersuchungsergebnisse den Tieren zuordnen zu können Gründe für Kannibalismus werden erkannt. Im zweiten vorgestellten Beispiel wurde gezeigt wie in einem Betrieb Kannibalismus wirksam unterbunden werden konnte, indem durch umfangreiche Untersuchungen verschiedene Einflussfaktoren auf das 18 1. Eine regelmäßige Entwurmung der eingestallten Ferkel in den ersten 10 Tagen. 2. An sämtlichen Tränkenippeln wurden die Siebe entfernt, teilweise wurden die Düsen der Tränken aufgebohrt, so dass alle Tränken eine Flußrate von 800 ml/min aufwiesen. 3. Die Solltemperaturen in allen Abteilen wurden auf 24°C heraufgesetzt, um die Luftraten zu reduzieren und Tag-Nacht-Schwankungen zu vermeiden. 4. Es wurde zusätzliches Viehsalz ins Futter eingemischt um die Tiere vom Blutgeschmack abzulenken. „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Das Futter und die Fütterung wurden als Ursache für die Ödemkrankheit erkannt. Es erfolgt jetzt ein Säurezusatz zum Ferkelaufzuchtfutter. Impfprogramm wird auf komplexes Krankheitsgeschehen ausgerichtet. Das dritte Beispiel zeigt einen komplexen Fall mit Durchfall und Kümmern der Ferkel im Flatdeck. In einem Ferkelerzeugerbetrieb mit 320 Sauen und Ferkelaufzucht, der auch einen Teil seiner Ferkel selbst mästet, kam es etwa 4-5 Tage nach dem Absetzen sowohl an ei ner Carras- Fütterung als auch an den überwiegend eingesetzten Pig-Mix-Fütterungen mit Beginn des Verfütterns des Ferkelaufzuchtfutters2 zu folgender Situation: Die Ferkel zeigten hohes Fieber, wuchsen auseinander und teilweise trat Durchfall auf. In Zukunft sollen zunächst weiter das Futter und die Fütterung optimiert werden. Wenn der Einsatz der kombinierten Mykoplasmen-Hämophilus-Impfung sich nicht als erfolgreich erweisen sollte, kann aus den asservierten Stämmen eine stallspezifische Hämophilus parasuis-Vakzine erstellt werden. Es besteht auch die Option diese mit Streptokokken- und ColiStämmen zu kombinieren. Zunächst gelangten sechs Ferkel zur Sektion mit folgendem Befund: ColiEnterotoxämie, Brustfell- und Herzbeutelentzündung durch Hämophilus parasuis und Nachweis von Antikörpern gegen Influenza A-Viren. Eine Woche später kamen 11 Ferkel zur Sektion, von denen sieben untersucht wurden. Festgestellt wurden Lungenentzündungen, ulzerierende Magenschleimhautentzündungen, Darmentzündungen sowie eitrige Hirnhaut- und Gelenkentzündungen. Kulturell wurden Streptococcus suis Typ II, Hämophilus parasuis und E . coli O149:K91 nachgewiesen. Von allen drei Keimen wurden Kulturen asserviert, um ggf. später daraus einen stallspezifischen Impfstoff herstellen lassen zu können. Abb. 4: Kotproben werden auf Brachyspiren und Lawsonien untersucht Tierärztliche Bestandsbetreuung lohnt sich! Alle drei Beispiele zeigen, dass sich eine regelmäßige tierärztliche Bestandsbetreuung mit gezielter und u mfassender Diagnostik für den S chweinehalter lohnt. Der Vorteil liegt einmal in der schnelleren Aufklärung von Infektionsgeschehen noch bevor größerer Schaden entsteht und auch in der Möglichkeit komplexe gesundheitliche Probleme überhaupt zu lösen. Eine Lösung betriebsübergreifender Probleme funktioniert aber nur, wenn sich alle Beteiligten als echte Team-Player verstehen. Im Betrieb wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Aufgrund eines parallel durch die Sauenherde laufenden Influenza-Geschehens wurden die Zuchtsauen zweimal sowie alle Mastschweine einmalig gegen Influenza geimpft. Es wurde von einmaliger Mykoplasmenimpfung auf zweimalige MykoplasmenHämophilus-Kombiimpfung gewechselt. 19 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Klimamessungen/Lüftungsüberprüfung im Projekt Andreas Brinkman und Elisabeth Sprenker, Erzeugerring Westfalen geschwindigkeit am Lufteinlass, -auslass oder im Tierbereich sowie eine Nebelprobe zur Überprüfung der Luftverteilung im Abteil. Ziele der Lüftungsüberprüfung Im Rahmen des Projektes werden auch Tiergesundheitskosten, Leistungsdaten und weitere tiergesundheitsrelevante Parameter dokumentiert. Seitens des Erzeugerrings sind im Jahr 2011 au f den ersten landwirtschaftlichen Betrieben Lüftungsüberprüfungen und Klimamessungen vorgenommen worden. Die Ziele der Lüftungsüberprüfung sind zum einen die Kontrolle der Lüftungseinstellungen und das Aufdecken von Schwachstellen, Lüftungsfehlern und Fehleinstellungen, aber auch das Festhalten von „optimalen“ Situationen. Abb. 2: Messung der Luftgeschwindigkeit Vorgehensweise der Lüftungsüberprüfung Bei der Kontrolle bzw. der Fehlersuche in der Lüftungsanlage wird zum Beispiel zunächst der Raumfühler mit Hilfe eines Zusatzthermometers überprüft. Desweiteren kann in Verdachtsfällen eine Überprüfung des Aufbaus und de r Ausmaße der Lüftungsanlage und Zuluftfläche notwendig sein. Abb. 3: Nebelprobe Einsatz von Datenloggern Ein weiterer Baustein im Projekt ist die Erfassung von Langzeitklimadaten. Dabei werden mit Hilfe von Datenloggern die Parameter Temperatur, Luftfeuchtigkeit, NH 3 und CO 2 erfasst. In der Regel werden die Geräte für 7 bi s 10 Tage aufgehängt, um mehrere Tageszyklen und unterschiedliche Wettereinflüsse halbstündlich zu erfassen. Abb. 1: Kontrolle der Zuluftfläche Weitere Kontrollmechanismen sind beispielsweise die Messung der Luft20 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Gemessen werden CO 2 - und NH 3 Konzentrationen im Stall sowie die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit jeweils innen und auß en. Insbesondere die Temperatur und die relative Luftfeuchtigkeit werden in Beziehung zu den vorherrschenden Außenbedingungen gesetzt. Die Ergebnisse werden anschlieBeispielauswertungen Datenlogger: Abb. 4: Datenloggerauswertung Temperatur Abb. 5: Datenloggerauswertung rel. Luftfeuchte 21 ßend mit dem Landwirt besprochen und diskutiert. Insbesondere, wenn in den Betrieben gesundheitliche Probleme wie Husten, Schniefen etc. bestehen, oder wenn Kannibalismus (Schwanzbeißen bzw. Ohrrandnekrosen) auftreten, ist seitens der Betriebsleiter ein großes Interesse an der artigen Kontrollmechanismen festzustellen. „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Abb. 6: Datenloggerauswertung NH 3 Abb. 7: Datenloggerauswertung CO 2 Ausblick siedelten Daten- und Informationsportal aufgearbeitet werden, damit diese regelmäßig für die Projektteilnehmer zur Verfügung stehen. Die auf den landwirtschaftlichen Betrieben erhobenen Klimadaten, insbesondere die Datenloggerauswertungen, sollen zukünftig in dem bei der IQ-Agrarservice ange 22 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Die Datenbank im Projekt: Inhalte und Zugang Birgit Sparenberg, Peter Schwaer IQ-Agrar Service GmbH Aufgaben im Verbundprojekt Die Aufgaben von IQ-Agrarservice innerhalb des Verbundprojektes liegen in der Erstellung und P flege der Datenbank für das Tiergesundheitssystem „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“. Dazu gehören zum einen die Abstimmung des Datenflusses und di e Sammlung und Eingabe der Betriebsdaten aus den eingereichten Datenschutzerklärungen der beteiligten Landwirte. Zum anderen muss die Freischaltung der Schlachtdaten für beteiligte Betriebe bei den Schlachthöfen beantragt werden. Generell sammelt und verarbeitet IQ-Agrarservice alle im Projekt anfallenden Daten. Kurzvorstellung IQ-Agrarservice IQ-Agrarservice hat unterschiedliche Betätigungsfelder. In der Funktion als QSBündler betreut IQ-Agrarservice ca. 14.000 landwirtschaftliche Betriebe und arbeitet mit mehr als 250 Organisationen zusammen. Im Bereich Salmonellenmonitoring erfolgt die Einrichtung und Organisation der Probenahme, und es wird quartalsweise für jeden Betrieb der „Salmonellenbrief“ erstellt. Für das firmeneigene Internetportal Schlachtdaten Online werden jährlich ca. 10 Millionen Schlachtdaten verarbeitet. Einen Zugang zum Portal nutzen etwa 3.200 Betriebsstätten und etwa 60 B eratungsorganisationen. Ein weiteres Feld ist die Einzeltierkennzeichnung mit bis zu 60.000 Transponderschweinen im Jahr, über deren RFIDKennzeichnung automatisierte Felddatenerhebung als Dienstleistung für Zucht- und Beratungsorganisationen angeboten wird. Schließlich engagiert sich IQ-Agrarservice noch in verschiedenen Projekten, wie z.B. im Black Box Projekt als erfolgreiches Public Private Partnership Modell (der „Flugschreiber“ der Klassifizierung) oder im Verbundprojekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“, um das es in diesem Bericht geht. Folgende Daten werden gesammelt und verarbeitet: 23 • Betriebsdaten einschließlich Daten zum jeweiligen Hoftierarzt • Hygienechecks durch den WLV • Analysedaten aus Beprobungen durch den SGD • Tiergesundheits- und Leistungsdaten • Daten aus Dokumentationshandbüchern • Schlachtdaten • Organbefunde • Sektionsbefunde • Klimadaten „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht und beteiligte Tierärzte sollen die Daten aller von Ihnen betreuten Betriebe einsehen können. Die Datenbank Nachdem die Datenbank sich stetig mit Projektdaten füllt, müssen Zugänge für die Beteiligten definiert werden. Die Projektpartner sollen individuellen Zugriff auf ihre Daten erhalten. Es gibt einen administrativen Zugang mit allen Daten für die koordinierenden Stellen. Die Zugänge für die beteiligten Landwirte werden nur die Daten der eigenen Betriebsstätte/n enthalten Der Datenbankzugriff erfolgt über das Internetportal Schlachtdaten Online. Auf der Internetseite http://www.schlachtdatenonline.de können die Nutzer sich mit ihrem persönlichen Zugang, bestehend aus Benutzername und K ennwort, in das Portal einloggen. Abb. 1: Zugang über Internetportal Schlachtdaten Online Innerhalb des Portals gibt es neben Funktionen wie „Schlachtdaten“ und „Blackbox“ (nur jeweils bei Teilnahme freigeschaltet) die Funktion „Cluster“, über die innerhalb des Verbundprojektes erhobene Daten eingesehen werden können. Im Folgenden sind einige beispielhaften Ansichten aus dem ersten Entwurf aufgeführt. Ansichten im Internetportal Zentraler Ausgangspunkt in der Funktion „Cluster“ ist die Startseite. Hier ist eine Übersicht mit Extrakten aus allen D atentypen (Schlacht-, Behandlungs-, Klimadaten etc.) zu sehen. Zum Beispiel sind dort einzelne Schlachttage verschiedener Schlachthöfe mit auf die VVVO-Nummer bezogenen Partiegrößen und dur chschnittlichen Schlachtgewichten sowie Indexpunkten aufgeführt. Ebenso gibt es Kurzübersichten zu Tierbehandlungen, Blutprobenergebnissen und Befunddaten. 24 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Abb. 2: Startseite Funktion „Cluster“ Über einen vorgeschalteten Seitenreiter haben die Nutzer die Möglichkeit, eine Hilfefunktion zur Bedienung der Anwendung aufzurufen. Abb. 3: Anleitung zum Umgang mit der Anwendung 25 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Abb. 4: Funktion „Cluster“- Wiegeliste Über den nächsten Reiter „Wiegeliste“ gelangt der Nutzer in eine ausführliche Darstellung angefallener Schlachtdaten. Zu jedem Tier liegen hier Angaben wie Schlachtgewicht, Schlachtnummer, Transpondernummer, Veterinärbefund etc. vor. Es gibt die Möglichkeit, nach jedem einzelnen Kriterium zu filtern (z.B. Daten einer einzelnen VVVO) oder mehrere Filterkriterien zu summieren (z.B. Tiere einer VVVO-Nummer an Schlachttag X mit Veterinärbefund Lungenetzündung). Es können einzelne Analysegänge, z.B. die Untersuchung auf Salmonellenantikörper betrachtet werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sich den zugehörigen originalen Laborbericht als pdfDokument anzeigen zu lassen. Die Suche nach Informationen, die zu einer einzelnen Transpondernummer, also einem bestimmten Tier vorliegen, ist in jedem Seitenreiter möglich. Schließlich werden im Seitenreiter „Klimadaten“ die Verläufe von Temperatur, Luftfeuchte, NH 3 und CO 2 visualisiert. In einer Grafik werden zudem über einen längeren Zeitraum der Quotient Befunde zu Schlachtiungen dargestellt. Der Reiter „Analysedaten“ gibt über Ampelfarben eine Schnellübersicht über in verschiedenen Analysegängen positiv getestete Blutproben und stellt die Blutprobenergebnisse einzelner Tiere mit zugehöriger Ohrmarken-Transponder-Nr. und der Laborberichtsnummer dar. 26 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Abb. 5: Funktion „Cluster“ – Analysedaten Abb. 6: Funktion „Cluster“ – Klimadaten -aufbereitung, dass aus dem ständig wachsenden Projektdatenpool ein für alle Beteiligten verbesserter Informationsfluss und somit ein optimiertes Management abgeleitet werden kann. Ein erster Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten Landwirten, Tierärzten, Schlachtunternehmen und Beratungsorganisationen zeigte bereits in der frühen Phase der reinen Datensammlung und 27 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Befunddaten an den Schlachthöfen Thorsten Steinmann, Dr. Diana Meemken und Prof. Dr. Thomas Blaha Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Befunderfasssung an den vier am Projekt beteiligten Schlachthöfen der Projektpartner „Westfleisch“ (PB, HAM & COE) und „Tönnies“ (GT). Hierzu wurde seitens der TiHo Hannover zu Beginn des Jahres 2011 in einer gemeinsamen Besprechung der Projektpartner mit den zuständigen Leitern der örtlichen Veterinäruntersuchungsstellen eine standortübergreifende Vereinheitlichung, schlachthofinterner- und übergreifender Befunddaten mit einheitlicher Befundumbenennung, zur Erzeugung einer standortübergreifenden Transparenz vorgeschlagen. Einleitung Mit der Einführung der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Mastschweinen gemäß VO (EG) 854/2004 rückt die gegenwärtige Befunderhebung zunehmend in den Fokus des landwirtschaftlichen Interesses, da die Schlachttier- und Fleischuntersuchungsergebnisse der zurückliegenden Schlachtungen des jeweiligen Bestandes ein Teil der Entscheidungsgrundlage für die Intensität der Fleischuntersuchung ist. Zunehmend werden Zweifel im Hinblick auf Genauigkeit und Wiederholbarkeit der Ergebnisse geäußert. Verschiedene Studien belegen bereits bedeutende Unterschiede in der Beurteilung identischer Organsysteme durch verschiedene Betrachter, insbesondere im Rahmen der Lungen-, Brustfell- und Leberbefunderhebungen (HOISCHEN-TAUBNER et al. 2011). Da dies keinen allgemeinen Zuspruch aller Projektbeteiligten fand, wurde in einem ersten Konsens daraufhin folgende acht Befundgründe zur Vereinheitlichung ausgewählt: 1) Leberbefunde 2) gering-, mittel-, hochgradige Brustfellentzündungen 3) gering-, mittel-, hochgradige Lungenentzündung 4) Herzbeutelentzündung 5) Gelenkveränderungen 6) Schwanzspitzennekrosen 7) Abszesse 8) untaugliche Tiere Diese Tatsache nährt die Annahme einer Verzerrung des tatsächlichen Tiergesundheitszustandes durch verschiedene Betrachter. Ziel der Arbeit der TiHo Hannover im Projekt „Gesunde Tiere – Gesunde Lebensmittel“ ist eine kontinuierliche Verbesserung der Tiergesundheit und damit auch der Lebensmittelsicherheit durch Schaffung einer soliden Datengrundlage für gezielte Präventionsmaßnahmen in Form von standortübergreifenden Standards am Schlachtband. Vor Aufnahme der praktischen Tätigkeit wurde die Liste auf die vier in rot markierten Befundgründe, die auch in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Lebensmittelhygiene (AVV LmH) beinhaltet sind, reduziert. Material und Methode Der Beitrag der Stiftung Tierärztliche Hochschule- Hannover dazu, befasst sich mit potentiellen Optimierungsmöglichkeiten in der gegenwärtigen amtlichen 28 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Abb. 1: AVV LmH (2009) Anl.3 zu § 8 Die Arbeitsplanung für diesen Bereich sieht dabei im Wesentlichen drei Phasen vor: Seitens der „Westfleisch“ konnten hierzu bei allen drei am Projekt beteiligten Schlachtbetriebe Untersuchungen durchgeführt werden. Hierbei wurden pro Standort über einen Zeitraum von zwei Wochen, pro Tag und Organsystem (zwei Organsysteme pro Tag) mind. 500 Organe doppelt befundet. Dies entspricht somit mengenmäßig in Coesfeld mind. 5% der Tagesschlacht-leistung. In Hamm sowie Paderborn entspricht dies dahingehend mind. 10%. 1) Zunächst wird im Rahmen einer StatusQuo-Erhebung eine vergleichende Doppelbefundung für jedes Organsystem der Anlage 3 AVV LmH durchgeführt (mit dem untersuchenden Tierarzt Herrn Steinmann als Referenzwert). 2) Daraufhin soll die Standardisierung im eigentlichen Sinne erfolgen (d.h. die Erarbeitung einer Präzisierung, die im Anschluss an ei ne Schulung übernommen werden soll). Neben dem Vergleich der amtlichen Ergebnisse mit dem Standard des Untersuchers, wurden dabei Optimierungs- vorschläge des Befundschemas (AVV LmH) entwickelt, die eine nähere Präzi- sierung der Entscheidungskriterien bein- halten. Bei Tönnies wurde diese Phase bisher nicht aktiv durch das zuständige Kreisveterinäramt unterstützt und des halb war eine Umsetzung an diesem Schlachtstandort bisher nicht möglich. 3) Nach einer Trainingsphase soll hieraufhin abschließend, das Verbesserungspotential durch eine erneute Doppelbefundung untersucht werden. Stand im Projekt Schwerpunkt der Befunddatenerfassung an den S chlachthöfen im Jahr 2011 war dabei die standortübergreifende Durchführung der Status-Quo-Erhebung mit Doppelbefundung durch den Untersucher Herrn Steinmann. 29 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Abbildung 2 stellt exemplarisch die eigenen Untersuchungsergebnisse im Vergleich mit den E rgebnissen der amtlichen Fachassistenten (aFa) dar. Verglichen werden die Befundschlüssel nach AVV LmH, zusätzlich wurde noch PN 0 (Lungen ohne Befund) hinzugefügt. Insbesondere an Tag 3 sind deutliche Abweichungen auf allen Graduierungsebenen erkennbar. Jedoch… Erste Ergebnisse am Beispiel Lunge Vorab ist zu sagen, dass die verglichenen Unterschiede überaschenderweise geringer ausfielen als erwartet. Aber… Die Einschätzung der Tiergesundheit für einen bestimmten Bestand an einem bestimmten Tag weist durchaus große Unterschiede in der Befundhäufigkeit auf. Tagesverlauf Lunge am Standort A Tag 1: 23.05.2011 Tag 2: 24.05.2011 Tag 3: 25.05.2011 Tag 4: 27.05.2011Tag 5: 30.05.2011 Tag 6: 31.05.2011 Tag 7: 01.06.2011 Tag 8: 03.06.2011 Befunddaten, die über einen größeren Zeitraum erhoben werden, lassen eher repräsentative Schlussfolgerungen bezüglich der Tiergesundheit zu. Steinmann: Tagesgraduierung auf einen Blick Summe pro Graduierung am Standort A Grad Steinmann aFa PN0 67,6% 78,0% PN1 24,4% 14,6% PN2 05,8% 06,3% PN3 02,2% 01,2% aFa: Tagesgraduierung auf einen Blick Befunkategorie 0 1 2 Abb. 2: kumulative Tagesgraduierungen prozentual im Vergleich Steinmann 92,0% 05,8% 02,2% aFa 92,6% 06,3% 01,2% Abb. 3: kumulative Gesamtgraduierung in Prozent 30 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht In Abbildung 3 werden die Gesamtergebnisse der amtlichen Fachassistenten mit denen des Untersuchungsstandards innerhalb einer Tabelle gegenübergestellt. Die obere Tabelle vergleicht in erster Linie die direkten Graduierungen, die untere dagegen die Bedeutung für die Einordnung in die dazugehörige Befundkategorie. Die Befundkategorie ist letztlich für die Beurteilung auf die Untersuchungsintensität entscheidend. In Abbildung 4 wird in der oberen Tabelle die direkte Abweichung der Gesamtergebnisse pro Graduierung verglichen. In beiden Tabellen werden wieder die durch die amtlichen Fachassistenten erhoben Befunddaten mit den Befunddaten des untersuchenden Tierarztes Herrn Steinmann miteinander verglichen. Die Nulllinie ist hierbei der Punkt der maximalen Übereinstimmung. D.h. je größer der Balken umso größer die Abweichung. Befindet sich der Balken im negativen Bereich, so bedeutet dies, dass hier die amtlichen Fachassistenten mehr Befunde festgestellt haben als der Untersucher und befindet er sich dagegen im positiven Bereich, so hatte der Untersucher mehr Befunde in dieser Kategorie als die amtl. Fachassistenten. Auch wenn die direkten Abweichungen geringer als erwartet sind, zeigen die relativen Abweichungen, dass Verbesserungsbedarf besteht. Steinmann (+) vs. aFa (-) am Standort A direkte Differenz pro Graduierung gesamt PN 0 -10,40% PN 1 +09,80% PN 2 -00,50% PN 3 +01,00% In der unteren Tabelle werden die relativen Abweichungen verglichen. D.h. Abweichungen aus der Summe der vom Untersucher und von den amtlichen Fachassistenten für einen Organbefund (z.B. von PN 3) erzielten Ergebnisse werden die jeweiligen Anteile pro Merkmal und Ihr Verhältnis zueinander verglichen. Insbesondere bei den s chweren Lungenentzündungen (PN 3) sind in der rechten Tabelle im Verhältnis starke Abweichungen erkennbar. relative Differenz pro Graduierung gesamt PN 0 -07,20% PN 1 +25,20% PN 2 -04,20% PN 3 +29,40% Hintergrundinformationen zur Lungenbefunderhebung: Die Beurteilung der Lunge am Schlachtband ist wahrscheinlich die schwierigste Herausforderung im Rahmen einer Objektivierung der Befunddatenerhebung an industriellen Schlachtstandorten. Fakten vorab: Am Schlachtband kann durch die Betrachtung der Organe auch von einem Tierarzt keine Diagnose, sondern nur alleinstehende Befunde festgestellt werden. Dazu wären in jedem Fall zusätzliche Untersu- Abb. 4: Prozentualer Vergleich der Unterschiede in den Graduierungen 31 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht chungen (z.B. Histologie / Bakteriologie / Molekular-biologie) erforderlich! Die Untersuchung am Schlachtband ermöglicht aber das Erkennen wiederkehrender pathoanatomischer „Muster“. Diese können jedoch nur Hinweise auf bestimmte Erregergruppen oder -spektren geben und somit Ansatzpunkte für das bestandstierärztliche gezielte Untersuchen der infektiösen und/oder nicht-infektiösen Ursachen sein. Die Anlage 3 de r AVV LmH ist in diesem Zusammenhang eher allgemein gehalten. Hier bieten sich Ansätze zur Optimierung. Um einheitlichere und vergleichbare Graduierungsergebnisse bei der Lungenbefundung erzielen zu können, ist die Erarbeitung eines standortübergreifenden Flächenstandards bezogen auf die Lungenveränderungen nötig. Der Untersucher hat sich in Vorstudien zu dieser eigentlichen Untersuchung einen präzisen Standard entwickelt. Dieser kann im Weiteren als Hilfestellung zur Objektivierung und E ingrenzung möglicher individuell, gravierend abweichender Flächenvorstellungen dienen. Lösungsvorschläge zur Optimierung der Lungenbefunderhebung Zum einen bietet sich hier Möglichkeit in der Schaffung eines objektiveren und einheitlicheren Flächenverständnisses. Kartographierung von verschiedenen Lungen gesunder Mastschweine zur Darstellung der prozentualen Verhältnisse der einzelnen Lungenlappengrößen und Ihrem Verhältnis zum Gesamtorgan. • li . Lobus cranialis Lobus caudalis Pars cran. Pars caud. 06,85 09,67 24,14 % % % • re. Lobus cranialis Lobus medius Lobus caudalis 13,17 09,02 24,06 % % % • Rücks. Lobus accessorius 13,07 % Hier nur ein Beispiel einer anhand von Milimeterpapier ausgewerteten Lunge. Thorsten Steinmann Tierärztliche Hochschule Hannover Befunddaten an den Schlachthöfen - 16 Abb. 6: Grundlage der Entwicklung für den Flächenstandard nach Steinmann 32 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Lösungsvorschlag anhand eines zweidimensionalen Schemas, vor dem Hintergund einer standardisierten Befundaufnahme • li . Lobus cranialis Lobus caudalis 25 % 25 % • re. Lobus cranialis Lobus medius Lobus caudalis • Rücks.re. Lobus accessorius Pars cran. Pars caud. 10 10 25 % % % 10 10 25 % % % 10 % Hier meine standortübergreifende flächenmäßige Bewertungsgrundlage. Betrachtung der Vorder- und Rückseite der Oberflächen. Angedachte Zielfunktion: Hilfswerkzeug am Schlachtband als homogene Graduierungsgrundlage. Thorsten Steinmann Tierärztliche Hochschule Hannover Befunddaten an den Schlachthöfen - 17 Abb. 7: Der als Referenz dienende Flächenstandard nach Steinmann Des Weiteren ist die Erarbeitung, und Definition standortübergreifender qualitativer pathomorphologischer Muster ein weiteres Ziel des Teilprojektes. Diese Muster sollen kurzfristig zunächst das Minimum dessen darstellen, was am Schlachtband einheitlich erkennbar sein sollte. Sie bleiben langfristig natürlich ausbaufähig. Hierzu wird laufend Bildmaterial gesammelt. Ein weiterer wichtiger und schwieriger Punkt ist hierbei die Ursachendifferenzierung zwischen Veränderungen die aus der Schlachttechnik stammen (verursacht durch Betäubungs- und Brühverfahren) und tatsächlichen krankheitsbedingten Veränderungen. Ziel ist es hier v.a., die amtlichen Fachassistenten für Muster und deren Ursachen nachhaltig zu sensibilisieren. V.a. auch im Hinblick auf Veränderungen, die bei der Lunge aus lebensmittelhygienischer Sicht eher eine untergeordnete Rolle spielen, dafür aber stark im landwirtschaftlichen Interesse liegen dürften, wie beispielsweise typische Lungenveränderungen mit Verdacht auf APP (Actinobacillus pleuropneumoniae). Unter folgendem Titel und Thema haben die Verfasser Teile der Projektarbeit für einen Vortrag zur 12. Frühjahrstagung für Fleisch- und Geflügelfleischhygiene 2012 in Berlin vorgeschlagen: Objektivierung von Entscheidungskriterien in der risikoorientierten Fleischuntersuchung: Vorschläge für eine Präzisierung der AVV LmH (2009) Anlage 3 zu § 8 Die Arbeiten und abs chließenden Ergebnisse aus diesem Projekt werden somit auch weiterführend fachspezifisch diskutiert und möglicherweise nachhaltige Berücksichtigung in zukünftigen Entscheidungsfragen der verantwortlichen Gremien zu Gesetzgebungen finden. Die Verfasser unterstützen zukünftige Entwicklungen für einen bundeseinheitlichen Organbefundungsstandard, der die Grundlagen für Optimierungsprozesse in den Bereichen des Tierschutzes, der Tiergesundheit und damit auch im Bereich der Lebensmittelsicherheit darstellt. Ausblick 33 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Interessenabfrage zum Marketingkonzept Christiane Wildraut, Prof. Dr. Marcus Mergenthaler Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Im November 2011 wurde bei den Projektpartnern eine Interessenabfrage zum Marketingkonzept durchgeführt. Die Intention dieser Befragung war es, bei der Festlegung von Zielen, Strategien und der Umsetzung des Konzeptes die Interessen aller Projektpartner zu berücksichtigen. Im letzten Fragenkomplex wurde den Projektpartnern die Möglichkeit eingeräumt, Empfehlungen zur räumlichen Ausdehnung und zum zeitlichen Start der Marketingaktivitäten auszusprechen. Die Ergebnisse der Interessenabfrage werden nachfolgend vorgestellt. Dazu wurde an insgesamt 30 P rojektbeteiligte der verschiedenen Unternehmen und Einrichtungen ein Fragebogen versandt. Die Rücklaufquote lag bei 43 %. Vor dem Hintergrund der komplexen Aufgaben, die die einzelnen Projektpartner innerhalb des Projektes übernommen haben, ist die Rücklaufquote als hoch anzusehen. Von den 13 Projektpartnern, die sich an der Befragung beteiligt haben, sind acht an einer engen Mitarbeit beim Marketingkonzept interessiert. Diese Gruppe bildet die „Marketing-Kerngruppe“ und soll bei künftigen, das Marketingkonzept betreffenden wichtigen Entscheidungen einbezogen werden. Alle weiteren Projektpartner werden regelmäßig über den Fortgang informiert. Zielgruppe: Lebensmitteleinzelhandel vor Verbrauchern Die Projektpartner wurden gebeten, zu benennen, wie wichtig ihnen der Lebensmitteleinzelhandel und die Verbraucher als Zielgruppe für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Projektes sind. Auf einer Skala von 1 (= sehr wichtig) bis 6 (= sehr unwichtig) stuften sie den Lebensmitteleinzelhandel im Durchschnitt bei 1,77 und die Verbraucher bei 2,23 ein (Abbildung 1). Sowohl der LEH als auch die Verbraucher werden demnach als wichtige Zielgruppen angesehen, der LEH wird von den Befragten noch wichtiger als die Verbraucher eingeschätzt. Insgesamt sechs – und damit fast die Hälfte der 13 Befragten bewerteten den LEH als Zielgruppe mit einer 1 (= sehr wichtig). Auf die Verbraucher bezogen, vergaben vier und damit knapp ein Drittel der Befragten eine 1 für sehr wichtig. Mit der Befragung sollte zunächst ermittelt werden, wie wichtig den Projektpartnern der Lebensmitteleinzelhandel und di e Verbraucher als Zielgruppen für das Marketingkonzept sind. Außerdem sollte geklärt werden, ob e s nach Ansicht der Projektpartner innerhalb des LEH und der Verbraucherschaft Untergruppen gibt, die als Zielgruppen besonders interessant sind. Weiterhin wurden die Befragten aufgefordert, Stellung zu verschiedenen Themen zu nehmen, die das Marketingkonzept ihrer Ansicht nach verstärkt aufgreifen sollte. Den Projektpartnern geht es darum, sowohl beim Handel als auch bei den Verbrauchern Maßnahmen zur Verbesserung der Tiergesundheit und insbesondere das geplante Tiergesundheitssystem bekannt zu machen. 34 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Bewertung der Zielgruppen durch die Befragten n = 13 Abb. 1: Bedeutung des LEH und der Verbraucher als Zielgruppen für das Marketingkonzept erster Linie solche Ketten als interessant, die auf dem Markt als „Qualitätsanbieter“ auftreten und – was besonders wichtig erscheint – über Frischfleischtheken mit Verkaufspersonal verfügen. Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten sehen auch die beiden großen Discounter Aldi und Lidl als Zielgruppe. Offensichtlich werden insgesamt die umsatzstärksten Ketten als die wichtigsten betrachtet. Die Discounter erreichen damit höhere Werte als die großen Verbrauchermärkte wie z.B. Real oder Metro. Mit Vertretern der Handelsketten Rewe und Edeka wurden Ende 2011 bereits erste Gespräche aufgenommen. Vollsortiment-Supermärkte vor Discountern Darauf angesprochen, welche Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels konkret als Zielgruppe für die Marketingaktivitäten infrage kommen, sprachen sich die Projektpartner mehrheitlich dafür aus, eher auf Vollsortiment-Supermärkte als auf Verbrauchermärkte oder Discounter zuzugehen. So sehen alle Befragten Edeka als Adressaten, alle bis auf einen sehen auch Rewe als Adressaten an (Abbildung 2). Zusätzlich zählt Kaiser’s Tengelmann für drei Viertel der Befragten zur Zielgruppe. Offenbar betrachten die Befragten in Von den Befragten präferierte Handelsketten n = 13 (Mehrfachnennungen) Abb. 2: Handelsketten als Zielgruppe für das Marketingkonzept 35 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Aktuell ist unter den Beteiligten der Wertschöpfungskette Fleisch insgesamt ein großes Interesse an eigenen Labeln festzustellen. Beispiele sind das Markenfleisch-Programm Gutfleisch der Edeka, oder die verschiedenen Tierwohllabel, die aktuell in Planung sind oder bereits am Markt eingeführt werden. Seitens der Projektpartner besteht ein großes Interesse, den Lebens mitteleinzelhandel für das Projekt zu gewinnen. des Marketingkonzeptes: Es ist zu erwarten, dass Themen wie Tiergesundheit und Qualität in erster Linie über eine „Präferenzstrategie“ zu vermitteln sind. Preiskäufer, die den P reis vor die Qualität stellen, sollen nicht angesprochen werden. Keiner der Befragten sprach sich dafür aus, gezielt auf preisbewusste Verbraucher zuzugehen. Gleichwohl dürften die aktuellen Pressemeldungen zum Thema Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung bei allen Verbraucherschichten auf großes Interesse stoßen. Eine Ausdehnung der Aktivitäten in Richtung aller Verbraucher ist deshalb von der „Marketing-Kerngruppe“ weiter zu diskutieren. Ergebnisse der aktuell am Fachbereich Agrarwirtschaft durchgeführten Verbraucherbefragung zum Thema Fleischeinkauf sollen in die Überlegungen einfließen. Erste Auswertungen zeigen, dass das Image der heimischen Schweinehaltung insgesamt als recht gut einzuschätzen ist. Weitere Querauswertungen sollen noch zeigen, bei welchen Verbrauchergruppen insbesondere Informationsarbeit geleistet werden sollte. Motivierte Verbraucher und Familien Knapp ein Drittel der Projektpartner spricht sich dafür aus, grundsätzlich alle Verbraucher als Zielgruppe für das Marketingkonzept anzusehen. Gut zwei Drittel sehen dagegen eher bestimmte Verbrauchergruppen als Zielgruppe (Abbildung 3). Dabei betrachten sie in erster Linie „motivierte“ Verbraucher als Adressaten, die an Themen wie Qualität, Gesundheit und Umwelt interessiert sind. Sechs Befragte sehen auch Familien als Zielgruppe für kommunikative Maßnahmen. Diese Einschätzung der Befragten gibt bereits deutliche Hinweise für die strategische und inhaltliche Ausrichtung Von den Befragten präferierte Verbraucherguppen nach Einstellungen nach demographischen Merkmalen Familien 6 Singles 1 Junge Menschen 3 Ältere Menschen 2 Qualitätsbewusste 8 Gesundheitsbewusste 7 Umweltbewusste 7 Genießer 4 Traditionsbewusste 2 Preisbewusste - Sonstige 1 n = 9 (Mehrfachnennungen) Abb. 3: Verbrauchergruppen als Adressaten des Marketingkonzeptes 36 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Bewertung der Themen durch die Befragten sehr wichtig sehr unwichtig n = 13 Abb. 4: Themen für das Marketingkonzept Abbildung 4 zeigt die Mittelwerte der abgegebenen Bewertungen. Insgesamt fünf Aspekte erzielten einen Durchschnittswert von < 2 und werden damit von den Befragten als besonders wichtig angesehen. Am wichtigsten sind den Projektpartnern die Kompetenz der heimischen Schweinehalter und das Thema Tiergesundheit allgemein. Nach Ansicht der Befragten soll auch das Thema Image im Marketingkonzept berücksichtigt werden. Als besonders wichtig wird das Image von Schweinefleisch, aber auch das Image der Landwirtschaft angesehen. Das Image der Kompetenz der Schweinehalter und Tiergesundheit im Vordergrund Den Projektpartnern wurden mögliche thematische Schwerpunkte für das Marketingkonzept vorgestellt. Anhand einer Skala von 1 = sehr wichtig bis 6 = sehr unwichtig konnten sie die Bedeutung der einzelnen Aspekte für das Marketingkonzept bewerten. Zur Auswahl standen Themen, die bereits im Vorfeld mit den Projektpartnern angesprochen worden waren und d ie aktuell in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik diskutiert werden. 37 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Fleischverarbeiter ist mit einem Durchschnittswert von 3,62 aus Sicht der Befragten kein wichtiges Thema für das Marketingkonzept. Hier zeigt sich, dass das Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ nah an d er landwirtschaftlichen Praxis angesiedelt ist. Nordrhein-Westfalen beschränkt sein. Drei weitere Projektpartner halten es für sinnvoll, auch in angrenzenden Bundesländern aktiv zu werden. Deutschlandweit zu agieren; halten vier Projektpartner für richtig, zwei Projetpartner sind sogar der Ansicht, auch in ausgewählten Nachbarländern aktiv zu werden. Als vergleichsweise weniger wichtig wurde der Aspekt Regionalität (Durchschnittswert 2,92) angesehen. Der Aspekt Antibiotikaeinsatz wurde mit 2,0 als wichtig eingestuft, hätte vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen jetzt möglicherweise einen noch höheren Wert erzielt. Zwei Befragte, die sich jeweils für eine Begrenzung der Marketingaktivitäten auf das eigene Bundesland aussprechen, führen in einer kurzen Stellungnahme an, dass NRW als „Zielgebiet“ kurzfristig infrage kommt mittel- und langfristig sollten die Aktivitäten deutschlandweit – oder nach Ansicht eines Befragten – sogar weltweit ausgedehnt werden. Räumliche Ausdehnung der MarketingAktivitäten Nachfolgend ist die „Marketing-Kerngruppe“ gefragt, die im persönlichen Gespräch das Für und Wider einer eher regional oder national ausgelegten Marketingstrategie diskutieren sollte. Die Befragten nahmen Stellung zur räumlichen Ausdehnung der Marketingaktivitäten. Wie Abbildung 5 verdeutlicht, zeigt sich dabei ein differenziertes Bild: Vier Projektpartner und damit knapp ein Drittel der Befragten sind der Ansicht, die räumliche Ausdehnung der Marketingaktivitäten sollte auf das Bundesland Von den Befragten empfohlene Zielregion 2 4 4 3 n = 13, absolute Angaben Abb. 5: Vorgeschlagene Zielregion für das Marketingkonzept 38 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Von den Befragten empfohlener Start der Marketingaktivitäten n = 13 Abb. 6: Empfohlener Start der Marketingaktivitäten wenn vorweisbare Ergebnisse vorliegen; zeitlich ordnet er den Start in 2012 ein. Warten bis erste Ergebnisse vorliegen Die Ansprache des Lebensmitteleinzelhandels sollte nach Ansicht der Befragten tendenziell zeitlich eher erfolgen als die Ansprache der Verbraucher (Abbildung 6). Sowohl im Hinblick auf den LEH als auch im Hinblick auf die Verbraucher sprachen sich die Projektpartner mehrheitlich dafür aus, mit den M arketing-Aktivitäten erst dann zu beginnen, wenn vorweisbare Ergebnisse vorhanden sind. Immerhin sechs Befragte befürworteten eine Ansprache des LEH bereits in 2012, mit Blick auf die Verbraucher sprachen sich lediglich zwei Befragte dafür aus. Akzeptanz bei Entscheidungsträgern im Handel und bei Verbrauchern gewinnen Die Projektpartner wollen mit dem Projekt nicht nur kurzfristige Werbeerfolge erreichen, sondern im Rahmen eines langfristig angelegten Konzeptes zu einer nachhaltigen Imageverbesserung beitragen. Erzielte Ergebnisse sollen an den LEH und an di e Verbraucher weitergegeben werden. Das führt zu Transparenz bezüglich der Tiergesundheit über die gesamte Wertschöpfungskette und i st ein wichtiger Schritt für mehr Akzeptanz. Zur zeitlichen Ansprache des Lebensmitteleinzelhandels gaben zwei Befragte eine Mehrfachnennung ab. Beide halten es für sinnvoll, erst dann auf den Handel zuzugehen, wenn Ergebnisse vorliegen, der eine sieht dies in 2012, der andere in 2013. Ende 2011 wurden seitens der Projektpartner bereits erste Gespräche mit Vertretern der Supermarktketten Rewe und Edeka zur Bedeutung von Tierwohl, Tiergesundheitheit und Tierschutz aus Sicht des Handels geführt. Bezogen auf die Verbraucher gab ein Befragter eine Mehrfachnennung ab: Dieser Befragte ist der Ansicht, die Verbraucher sollten angesprochen werden Die Ergebnisse der im November /Dezember 2011 dur chgeführten Verbraucherbefragung zum Fleischeinkauf werden aktuell auf Relevanz für das Projekt geprüft. 39 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Strategieplanung Christiane Wildraut, Prof. Dr. Marcus Mergenthaler Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Für den Erfolg des Marketingkonzeptes ist ein wohlüberlegtes strategisches Vorgehen unerlässlich. Neben der Formulierung von Marketingzielen zählt das Festlegen einer (Marketing-) Strategie zu den Planungsschritten des Konzeptes. Die Marketingstrategie ist Bindeglied zwischen der Zielsetzung und den daraus resultierenden operativen Maßnahmen. Sie legt den Handlungsrahmen für die einzusetzenden Marketinginstrumente fest und gibt die Richtung bzw. Route vor, die zu den gesetzten Zielen führen soll (BECKER 2009, S. 143) 1. her. Dabei werden vier verschiedene Produkt/Marktkombinationen unterschieden, die in Abbildung 1 dargestellt sind: Absatz märkte Produkte gegenwärtig neu gegenwärtig Marktdurchdringung Marktentwicklung neu Produktentwicklung Diversifikation Quelle: BECKER, 2009, S. 148 Abb. 1: Mögliche Marktfeldstrategien Durch die Wahl einer ProduktAbsatzmarkt-Option wird festgelegt, ob gegenwärtige oder neue Produkte in gegenwärtige oder neue Märkte eingeführt werden sollen. Für den Absatz von Schweinefleisch können theoretisch alle vier Optionen in Frage kommen. Wenn mit der Strategie ein gegenwärtiges Produkt in einem gegenwärtigen Markt durchgesetzt werden soll (Marktdurchdringung), kann darauf hingearbeitet werden, die Verwendung durch die Kunden zu erhöhen, Kunden der Konkurrenz zu gewinnen oder auch Nicht-Verwender zu erreichen. Eine Strategie ist die Antwort auf die Frage „Auf welchem Weg sollen die Ziele erreicht werden?“. Im Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ sollte neben der Zielsetzung auch die Strategieauswahl bereits festgelegt sein bevor mit der Umsetzung des Marketings begonnen wird. Die Wahl der Strategien ergibt sich aus den v orhandenen Marktbedingungen und aus den Zielen, die die Projektpartner sich gesteckt haben. Mit den einzelnen Strategien lassen sich verschiedene Ebenen der Marktbearbeitung steuern. Es werden unterschieden: Soll ein neuer Markt für ein vorhandenes Produkt geschaffen werden (Marktentwicklung), so lassen sich drei Anknüpfungsfelder unterscheiden: die Erschließung fehlender Absatzgebiete, die Schaffung eines neuen Verwendungszweckes und die Gewinnung neuer Verwender (BECKER 2009, S.153). • Marktfeldstrategien • Marktstimulierungsstrategien • Marktparzellierungsstrategien • Marktarealstrategien Die Marktfeldstrategien legen die grundsätzliche Ausrichtung der Marktbearbeitung fest. Sie stellen eine Beziehung zwischen den anzubietenden Produkten und deren entsprechenden Absatzmärkten Wenn es darum geht, ein neues Produkt für einen gegenwärtigen Markt zu entwickeln (Produktentwicklung), lassen 1 BECKER, J. (2009): Marketing-Konzeption. 9. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München. „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht sich „echte“ innovative Produkte, neuartige Produkte, die an bes tehenden Produkten anknüpfen oder schlichte Nachahmungen realisieren (BECKER 2009, S. 157). Produkt Schweinefleisch zielgerecht auf den Markt zu bringen. Eine Marktentwicklungsstrategie ist nicht anzuwenden, da der Lebensmitteleinzelhandel als grundsätzlicher Absatzmarkt bereits feststeht. Eine Produktentwicklungsstrategie oder gar eine Diversifikationsstrategie scheinen kaum zielführend, da es sehr schwierig ist, Schweinefleisch durch Innovationen zu verbessern oder gar neu zu erfinden. Gleichwohl soll den K unden durch das zu entwickelnde Tiergesundheitssystem der Zusatznutzen Transparenz, verbunden mit einer Reduzierung des Medikamenteneinsatzes in der Tierhaltung näher gebracht werden. Wenn Marktdurchdringung, Marktentwicklung und Produktentwicklung als Optionen der Marktfeldstrategie nicht mehr ausreichen, um Existenz und Wachstum von Unternehmen zu sichern, wird in der Regel darauf gesetzt, neue Produkte auf für das Unternehmen neuen Märkten zu etablieren (Diversifikation). Dabei kann es zum Beispiel um das Angebot von Convenience- oder Chilled-Produkten gehen. Laut BECKER (2009, S. 179) birgt die Diversifikation die Gefahr des „Verzettelns“, weshalb viele Unternehmen ihre Diversifikationsaktivitäten mittlerweile wieder zurückfahren und z u ihrem eigentlichen „Kerngeschäft“ zurückkehren. Ist die Entscheidung für eine strategische Grundrichtung gefallen, sollte diese konsequent beschritten werden. Die zweite Strategieebene ist die Marktstimulierung, mit der die Art und Weise der Marktbeeinflussung bestimmt wird. Grundsätzlich bestehen die beiden Möglichkeiten, die Vermarktung an einer Präferenzstrategie oder an einer PreisMengen-Strategie auszurichten (BECKER 2009, S. 180). Welche Marktfeldstrategie letztlich von den Beteiligten im Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ gewählt wird, hängt von den M arktund Umfeldbedingungen sowie von den verfolgten Zielen ab. Grundsätzlich könnten zunächst alle vier Optionen in Frage kommen. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch nach Abwägung der Rahmenbedingungen eindeutig auf der Marktdurchdringungsstrategie. Dabei geht es darum, vorhandene Produkte unter dem Aspekt der Tiergesundheit und der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes als Zusatznutzen auf bestehenden Märkten abzusetzen. Die erste Variante setzt klar auf den Qualitätswettbewerb und wendet sich an Markenkäufer des oberen und m ittleren Marktsegmentes. Dafür ist es wichtig, eine möglichst eigenständige Positionierung am Markt zu erreichen. Bei der Entscheidung für eine Präferenzstrategie ist es unerlässlich, am Aufbau qualitativer Präferenzen zu arbeiten, die aus Sicht der Kunden einen entsprechend hohen P reis rechtfertigen. Gleichzeitig ist es wichtig, sich bei den Kunden durch Bekanntheitsgrad, Image, Kompetenz und Sympathie zu profilieren. Die Ende 2011 am Soester Fachbereich Agrarwirtschaft durchgeführte Verbraucherbefragung 2 bestätigt diese Einschätzung. Danach ist eine Marktdurchdringungsstrategie zu empfehlen, um das 2 Verbraucherbefragung zum Fleischeinkauf im Rahmen der Lehrveranstaltung Marketing & Marktforschung, WS 2011/2012. 4 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Quelle: BECKER, 2009, S. 181, verändert Abb. 2: Idealtypischer Zusammenhang zwischen Marktschichten, Abnehmergruppen und Optionen der Marktstimulierungsstrategie Die Preis-Mengen-Strategie verfolgt das Ziel, preisbewusste Käufer zu erreichen. Hier hat der Preis oberste Priorität, noch vor der Qualität. Diese Strategie wendet sich an die untere Marktschicht. setzen. Zur Präferenzstrategie zählt immer auch ein umfassendes Total-QualityManagement. Dabei geht es darum, auf allen Stufen der Wertschöpfungskette „Alleinstellungsmerkmale als Grundlage für Wettbewerbsvorteile“ zu schaffen (BECKER 2009, S. 207). Der stufenübergreifende Ansatz im Projekt bietet dafür gute Voraussetzungen. Im Rahmen der am Fachbereich Agrarwirtschaft durchgeführten Verbraucherbefragung wurden verschiedene Käufergruppen mit unterschiedlichen Merkmalen und A nforderungen an den Fleischeinkauf ermittelt. Aus diesem Grund würde es Sinn machen, im Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ unterschiedliche Strategien der Marktstimulierung bei unterschiedlichen Käufergruppen anzuwenden: So wurde eine jüngere, preisbewusste Käufergruppe identifiziert, die über eine Preis-MengenStrategie angesprochen werden könnte. Bei den äl teren Befragten stellt die Qualität ein deutlicheres Kaufargument vor dem Preis dar. Hier ist die Präferenzstrategie angezeigt. Eine dritte Strategieebene stellt die Marktparzellierung dar. Mit dieser Strategie wird über das Ausmaß der Differenzierung bei der Marktbearbeitung entschieden. Grundsätzlich bieten sich die zwei Vorgehensweisen Massenmarktstrategie und M arktsegmentierungsstrategie an (BECKER 2009, S. 238). Bei der Massenmarktstrategie werden individuelle Kundenwünsche außer Acht gelassen und gemeinsame Kundenwünsche hervorgehoben. Damit soll die größtmögliche Zahl von Abnehmern erreicht werden. Die Marktsegmentierungsstrategie dagegen zielt darauf ab, den Markt in homogene Teilgruppen von Verbrauchern aufzuteilen und j eden so entstehenden Zielmarkt mit einem spezifischen Marketing-Mix zu bearbeiten (BECKER 2009, S. 247). Dabei ist es wichtig, ein hohes In der Interessenabfrage zum Marketingkonzept sprechen sich die Projektpartner dafür aus, den P reis nicht als Kaufargument einzusetzen. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, im Marketingkonzept insgesamt auf die Präferenzstrategie zu 4 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Maß an Identität zwischen den einzelnen Käufergruppen und d em angebotenen Produkt zu erreichen. Im Vorfeld ist abzuklären, auf welche Produkteigenschaften die Käufergruppen unterschiedlich reagieren. Die Abgrenzungskriterien für die Zielgruppen sind dabei nicht nur an demographischen Merkmalen festzumachen, sondern berücksichtigen auch z.B. Einstellungen und Kriterien zum Einkaufsverhalten. Damit wird der Absatzraum für die erzeugten Produkte festgelegt. Diese Festlegung nimmt u.a. Einfluss auf die Anforderungen an P rodukteigenschaften, Distribution und K ommunikation. Es werden verschiedene Formen nationaler und internationaler Strategien unterschieden. Im vorliegenden Projekt hat die Interessenabfrage bei den Projektpartnern gezeigt, dass teilweise das Bundesland Nordrhein-Westfalen als Marktareal angesehen wird, teilweise möchten die Projektpartner auch angrenzende Bundesländer oder das gesamte Bundesgebiet einbeziehen. Insgesamt erscheint eine nationale Strategie – evtl. mit regionaler Ausrichtung angezeigt. Im Rahmen der Interessenabfrage zum Marketingkonzept war ein Teil der Projektpartner dafür, grundsätzlich alle Verbraucher anzusprechen. Andere Projektpartner sehen eher bestimmte Zielgruppen. Die durchgeführte Verbraucherbefragung zum Fleischeinkauf zeigt Unterschiede bei Kaufverhalten und Einstellung älterer Käufer gegenüber jüngeren Käufern. Hierzu werden im ersten Halbjahr 2012 weitere Auswertungen erfolgen. Insgesamt wird bereits jetzt deutlich, dass die Marktsegmentierungsstrategie für das Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ geeignet ist. Die vierte Strategieebene bezieht sich auf das Marktareal. Strategie ebenen Marktfeldstrategien Die vier Strategieebenen und ihre möglichen Alternativen zeigt Abbildung 3. Die Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Strategien sind vielfältig und lassen sich als Profil beschreiben. Entsprechend der Zielsetzung innerhalb des Projektes „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ ist eine ideale Strategiekombination dargestellt. Strategiealternativen Marktdurchdringungsstrategie Marktentwicklungsstrategie Produktentwicklungsstrategie Diversifikationsstrategie Marktstimulierungsstrategien Präferenzstrategie Preis-Mengenstrategie Marktparzellierungsstrategien Massenmarktstrategie Segmentierungsstrategie Marktarealstrategien Eigene Darstellung Lokale Strategie Regionale Strategie Überregionale Strategie Nationale Strategie Multinationale Strategie Globale Strategie ———— ideales Strategieprofil für das Marketingkonzept Abb. 3: Strategieprofil im Projekt „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel 4 „Gesunde Tiere – gesunde Lebensmittel“ - 3. Sachbericht Ausblick Eine in 2011 beantragte Projektergänzung um den Aspekt „Einflussfaktoren auf das Schwanzbeißen bei Schweinen“ konnte bislang nicht umgesetzt werden. Die Projektpartner hoffen auf eine Bewilligung der Projektergänzung im Frühjahr 2012. Die Aussichten für die Erreichung der Ziele im Projekt gegenüber dem ursprünglichen Antrag werden nach wie vor als außerordentlich gut eingeschätzt. Bei allen Projektpartnern ist eine hohe Motivation festzustellen, sich im Projekt zu engagieren und gute Ergebnisse zu erzielen. Das Verbundprojekt findet bei den beteiligten Landwirten eine hohe A kzeptanz, eine entscheidende Voraussetzung für den E rfolg. Der vorliegende dritte Sachbericht wird vor dem Hintergrund des bislang vielsprechenden Projektverlaufs dazu genutzt werden, das Projekt in der Landwirtschaft und den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen stärker bekannt zu machen. Die Zusammenarbeit der Projektpartner untereinander funktioniert gut; häufig werden „kurze Wege“ genutzt, wenn Arbeitsschritte abzustimmen sind. Der WLV und die Fachhochschule Südwestfalen unterstützen die Projektpartner bei Abstimmungsvorgängen. Im bisherigen Projektverlauf hat sich gezeigt, dass die Betreuung der beteiligten Landwirte im Projekt einen enormen personellen Einsatz erfordert. Die Projektpartner haben m ittlerweile eine feststehende „Schnittstelle zur landwirtschaftlichen Praxis“, geschaffen, die als erste Ansprechpartnerin der Landwirte und auch der Tierärzte fungiert. Für den w eiteren Projektverlauf ist zu erwarten, dass viele Arbeitsschritte, die sich innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit mehrfach wiederholen, in Zukunft routinierter und pl anbarer durchgeführt werden können. Das gilt neben der Betreuung der Landwirte auch für den Umgang mit elektronischen Daten. Im Projekt ist mittlerweile eine große Menge an Daten angefallen. Bislang sind immer wieder Abstimmungen unter den Projektpartnern zu treffen, die gewährleisten, dass die bei der IQAgrarservice zusammenlaufenden Daten miteinander zu verknüpfen und für das geplante Tiergesundheitssystem nutzbar sind. 4