Ökotoxikologie der Metalle Renata Behra Warum sind Metalle ökotoxikologisch wichtig? Potentiell toxisch für aquatische und terrestrische Organismen und für den Mensch Verbreitete Metallbelastung der Umwelt Persistent Essentielle Metalle/Metalloide und nicht essentielle Metalle/Metalloide Metalle in der Umwelt: Unfälle Baia Mare, Rumänien, 2000, 100’000 m3 Abfall aus Minengebiet, Metallcyanid in Szamos, Tisza, Danube, Vernichtung der aquatischen Lebewelt, Akkumulation von Cyanid und Metalle entlang der Nahrungskette. Aznacollar, Andalusien, Spanien, 1998, 5 Millionen m3 Schlamm, Metallmischung aus Minengebiet ins Guadiamar River, Belastung von 6000 Hektaren Land Vernichtung der aquatischen Lebewelt, Akkumulation der Metalle entlang der Nahrungskette. Minamata, Japan, 1910-60er, Produktionsabfälle mit Vinylchlorid und Methylquecksilber ins Abwasser, Belastung der Minamata-Bucht, Hg Akkumulation in Fische, schwere bleibende Schäden an die Bevölkerung. Kamioka, Japan, 1940-60er, Abfälle aus Minenregion, Atmosphäre-, Bodenund Gewässerbelastung mit Kadmium, Akkumulation via Boden, Reis, Mensch. Knochenbrüche (Itai-Itai-Krankheit) . Lebensnotwendig und giftig Essentielle Metalle und Metalloide: As, Cr, Co, Cu, Fe, Mn, Mo, Ni, Se, Si, Sn, V, Zn Nicht-essentielle Metalle und Metalloide: Ag, Au, Cd, Hg, Pb, Sb….. essentiell nicht-essentiell Metallkonzentration Lebensnotwendig oder giftig ? Beispiel : Algenwachstum mit Kupfer Wachstum Limitation Optimum Inhibition C. reinhardtii C. fusca S. subspicatus log [Cu2+] -15 (M) -13 -11 -9 -7 Elemente als Co-Faktoren von Enzymen. Prozentualer Anteil von Enzymen bekannter Struktur, die das entsprechende Me brauchen. Das Verhältnis von Proteinen, die das gezeigte Me in jeder der 6 Enzymklassen brauchen, : oxidoreductases (EC 1), blue; transferases (EC 2), yellow; hydrolases (EC 3), purple; lyases (EC 4), pink; isomerases (EC 5), green; ligases(EC 6), grey. EC, Enzyme Commission. Waldron et al. 2009 Kupfer als Co-Faktor in Plastocyanin Plastocyanin ist ein kleines Kupferprotein in Algen, grünen Pflanzen und einigen Cyanobakterien, das eine wichtige Rolle bei der Photosynthese spielt. Es transportiert Elektronen von dem Cytochrom-b6f-Komplex zum Photosystem I. Interaktion von Metallen mit Organismen Me Aufnahme Verteilung Effekte Adsorption Exkretion Aufnahmewege Wasser Nahrung Einzell-Organismen Multizelluläre Organismen Direkt durch die Membran Haut Magen-Darm Trakt Lungen Kiemen Wurzeln, Blätter Die Aufnahme und Toxizität von Metallen In Abhängigkeit der chemischer Zusammensetzung eines Gewässers, kommen Metalle in verschiedenen chemischen Formen vor, die nicht alle bioverfügbar sind. Die Bioverfügbarkeit von Metallen wird durch die Speziierung der Metallen beeinflusst, wobei das freie Metallion und lipophile Spezies (metallorganische Verbindungen, ungeladene anorganische Metallkomplexe) für Organismen verfügbar sind. Totalkonzentrationen von Metallen in Gewässern geben wenig Auskunft über potentielle Schäden für Organismen Abiotische und biotische Faktoren beeinflussen die Bioverfügbarkeit der Metallen Komplexierung durch organische und anorganische Liganden pH-Effekte Metall-Metall Interaktionen Biotransformationen Die wesentlichen Faktoren welche den Toxizitätsverlauf beeinflussen sind auch diejenigen, welche die chemische Speziierung der Metalle beeinflussen Akkumulation von Cd in Scenedesmus vacuolatus -15 (mol Cd/cell) log Cd accumulation -16 -17 -18 -19 -20 Talaquil Furtbach Lake Greifen -21 -22 -23 -15 -14 -13 -12 -11 -10 -9 -8 -7 -6 log [Cd 2+] Töpperwien, 2006 Aufnahme und Verteilung von Metallen in Zellen Membrantransporter Chaperones Metalloproteine Me Speicher Proteine Andere Biomoleküle Aufnahme und Verteilung von Metallen: Membrantransporter Membrantransporter Metall-Metall Interaktionen + Cu Kompetition verschiedener Metalle für die Aufnahme von Silber in Kiemenzellen Bury et al., 2003. The Journal of Experimental Biology 206, 11-23 Die Effekte von Metallen auf Organismen Effekte auf Wachstum, Entwicklung und Reproduktion Effekte auf Immun-, Nerven-, hormonelles und genetisches System Effekte auf den Stoffwechsel Schädliche Effekte auf DNA, Proteine Metall in Zellen Detoxifizierungsmechanismen, Reparaturmechanismen und Toxizitätsmechanismen bestimmen die Effekte auf der Fitness der Organismen. Mechanismen der Metalltoxizität Blockierung funktioneller Gruppen in Biomolekülen Verdrängung essentieller Metallionen aus ihren Liganden Modifikation der aktiven Konformation von Biomolekülen Produktion von Radikalen • Enzyminhibition • Änderung des Redoxzustandes der Zelle • Oxidativer Stress, Lipid Peroxidaton • Aktivierung zellulärer Schutz- und Reparaturmechanismen ROS und oxidativer Stress •ROS sind Produkte des normalen Stoffwechsels aller aeroben Zellen; sie entstehen vorallem in den Mitochondrien und Chloroplasten. •Die Synthese von ROS wird durch viele Schadstoffe und Metallen induziert. •Oxidative Stress: ROS (reactive oxygen species) induzierter zellulärer Schaden. Alle Organismen haben Verteidigungsmechanismen entwickelt (Scavengers, Antioxidantien). Metall- induzierte Synthese von ROS in Algen Ilona Svizak, 2008 Mechanismen der Metalldetoxifizierung Limitierung der Metall Akkumulation Kontrolle der extrazellulären Speziierung durch Ausscheidung von Liganden Reduzierte Metallaufnahme durch Regulation von Transportsystemen Verstärkte Metallausscheidung Regulation der intrazelluläre Speziierung Metall-Immobilisierung durch Bindung an Liganden Ausfällung Sequestrierung in Lysosomen Metalltransformation Induktion von detoxifizierenden Enzymen DNA Reparatur, Antioxidantien Metallothioneinen Metallothioneinen (MT) sind multifunktionale Stressproteine, darunter für die Bindung, Entgiftung und Speicherung von metallischen Spurenelementen verantwortlich. Verschiedene Metallen induzieren die Synthese von MT Andere Faktoren induzieren die Synthese von MT: Fortpflanzungsentwicklung, Kälte-Stress, Schadstoffe die oxidativen Stress auslösen Zur Interpretation von MT Daten bedarf es zusätzlicher Informationen: welche Metalle binden an MT? Metallakkumulation und Zusammenhang mit Umweltkonzentrationen Phytochelatinen •Phytochelatinen (PC) sind kleine Polypeptide, die als Reaktion auf Schwermetalle in Pflanzen und Pilzen gebildet werden. •Generelle Struktur: -(Glu-Cys)n-Gly, n 2. • Sie binden mit den Sulfhydryl-Gruppen ihrer Cysteine die MetallIonen werden mit ihnen in die Vakuole transportiert. Glu Cys Glu Cys Glu Cys Gly S S S S S S S S GluCysGly (Glutathione) Cd PC synthase Cd Cd Cd S Glu Cys Glu Cys Glu Cys Gly S S S PC - Cd Glu Cys Glu Cys Glu Cys Gly Glu Cys Glu Cys Glu Cys Gly Cytosol [Cd3(PC3)4] Komplex PC- Me vacuole Induktion von Phytochelatinen in Algen durch Blei PC3 PC2 3.5 35 3.0 pPb7 pPb7.5 pPb8 pPb9 pPb10 pPb11 Control 25 20 15 10 5 0 0 100 200 Time (min) 300 400 amol PC3 /cell amol PC2 / cell 30 pPb7 pPb7.5 pPb8 pPb9 pPb10 pPb11 Control 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0 0 100 200 300 400 Time (min) pPb = -log [Pb2+] Scheidegger et al.2011 Anpassung an chronischer Metallbelastung - biochemische Anpassung der Individuen (Aufnahme, Detoxifizierung) - in den Populationen Dominanz der toleranten Individuen - in Gemeinschaften Dominanz der toleranten Arten Erhöhte Toleranz der Population gegenüber des Metalles Verminderung der genetischen Variabilität Beeinträchtigung der Gemeinschaftsstruktur Zunahme der Toleranz gegenüber Metalle Erhöhung der Toleranz der Gemeinschaft gegenüber Metalle die die Gemeinschaft umstrukturiert haben Toleranz von Algen gegenüber Kupfer Mikrokosmen Periphyton O. nephrocytioides Photosynthese, % of control Toleranz in Algengemeinschaften nach 7 wöchiger Exposition an: 0.01 µM Cu (Low-Cu Periphyton) 5 µM Cu (High-Cu Periphyton) 100 High Cu Periphyton Low Cu Periphyton 50 0 100 150 50 Cu in Toleranz-Test, µM 200 PICT in Umweltstudien: Beispiel Arsenkonzentrationen in 3 Seen (Horn Pond, Upper Mystic Lake, Halls Brook Storage Are) und Toleranz von Phytoplankton gegenüber Arsenat und Arsenit 1.0E-5 6 As V 5 As III EC50 of As V, M As x 10-8 M 7 4 3 2 1 0 HP UML HBSA 8.0E-6 6.0E-6 4.0E-6 2.0E-6 1.0E-7 HP UML HBSA Erhöhte As(V) Toleranz in Seen die mit As(V) belastet sind. As(III) Toleranz in allen Seen gleich Beziehung zwischen Struktur und Toleranz % Photosynthesis 100 Low Cu Periphyton Relative abundance % Photosynthesis Chlorophyta 100 50 0 100 150 200 50 Cu in tolerance test, µM 80 100 60 40 20 50 High Cu Periphyton 0 100 150 200 50 Cu in tolerance test, µM Cu <5% > 60 % Oocystis nephrocytioides Co-Toleranz Bezeichnet die erhöhte Toleranz gegenüber eines Metalles an dem die Organismen zuvor nicht exponiert wurden. Photosynthesis Langzeitige Effekte von Cu auf die Toleranz gegenüber Ag and Zn Control 0.5 µM Cu 5 µM Cu Ag in short-term tests, µM Soldo et al., 2000 Zn in short-term tests, µM Synthetische Metallnanopartikel Metalloxide NP (SiO2, TiO2, Al2O3, ZnO, Fe2O3, Fe3O4) Metall NP (Au, Ag, Fe) Quantum dots Au/ZnO Nanowires Quantum dots AgNP Auflösung von Metallnanopartikeln Ag0 Ag+ Umwelt Toxizität von Metall NP und Metallionen? Auflösung Me0 Partikel Me+ Metallion Bioverfügbarkeit Effekte von AgNP auf die Fotosynthese in Anwesenheit eines starken Silberligand. 10 µM AgNP ± 500 nM cysteine Fotosynthese % 100 80 + 60 40 20 0 cys = 0 cys = 500 Ag+ bestimmen die Effekten Infotag 2009 Effekte von Silber NP und Silberionen auf die Fotosynthese 120 AgNP Ag+ Ionen + + % Fotosynthese Ausbeute 100 Ag+ Ionen 80 60 AgNP 40 20 0 10-4 10-3 10-1 1 10 10+2 10+3 10+4 10+5 Ag+, nMol L-1 Die Toxizität der NP ist höher als die der Silberionen Navarro et al., EST. 2008, 42, 8959–8964 °°° Renata Behra Eawag Environmental Toxicology Phone: +41 (0)44 823 51 19 [email protected] http://www.eawag.ch