Kommunikation - Studienseminare RLP

Werbung
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen Kusel
AS – Thema 28/ Kommunikation/ Januar 2011 / Ru
Kommunikation
„Der Mensch ist ein auf vielen Ebenen kommunizierendes Wesen, das
manchmal auch spricht.“(Ray L. Birdwhistell)
„Alle reden von Kommunikation, aber die wenigsten haben sich etwas
mitzuteilen.”
(Hans Magnus Enzensberger)
„Der Ausdruck der Persönlichkeit erreicht seine Erfüllung nur durch
Kommunikation.“ (Pearl S. Buck)
1
Was ist Kommunikation?
„Kommunikation (lat. communicare – teilen, mitteilen, teilnehmen lassen; gemeinsam
machen, vereinigen)“ definiert auf der menschlichen Alltagsebene ein gemeinschaftliches
Handeln; Gedanken, Ideen, Wissen, Erkenntnisse, Erlebnisse werden (mit-)geteilt und entstehen neu.
Kommunikation in diesem Sinne basiert auf der Verwendung von Zeichen in Sprache,
Gestik, Mimik, Bild, Schrift oder Musik und umfasst also einen sprachlichen und einen
nichtsprachlichen Bereich.
Der Grundvorgang zwischenmenschlicher Kommunikation ist einfach zu beschreiben. Ein
Sender, der etwas mitteilen möchte, verschlüsselt seine Nachricht in erkennbare Zeichen.
Der Empfänger entschlüsselt diese Nachricht und gibt ein Feedback. Eine Voraussetzung
für erfolgreiche Kommunikation ist, dass Sender und Empfänger die gleiche Kodierung
(Verschlüsselung) für die Nachricht verwenden. Eine Nachricht ist jedoch keine feste,
objektivierbare Größe. Jede Nachricht kann durch Störungen verfälscht werden.
Kommunikation ist immer eingebettet in einen situativen Kontext. Forschungsergebnisse
belegen, dass der nonverbale Anteil unserer Kommunikation 80% des Feedbacks bewirkt.
Watzlawick erweiterte aus der Sicht der Kommunikationspsychologie das Modell, indem er
pragmatische Axiome (= Grundannahmen) ergänzte:
§
Jedes Verhalten beinhaltet Kommunikation. Es ist unmöglich, nicht zu
kommunizieren!
§
Kommunikation besteht aus einem Inhalts- und Beziehungsaspekt. Der Inhaltsaspekt
vermittelt die Daten, der Beziehungsaspekt weist an, wie diese Daten zu verstehen
sind. Der Beziehungsaspekt bestimmt den Inhalt.
§
Die inhaltliche Entschlüsselung (digitale Kommunikation) wird verknüpft mit
Beziehungsaspekten und nonverbalen Informationen (analoge Kommunikation). Der
situative Kontext gibt weitere Ansatzpunkte zur Entschlüsselung.
§
Zwischenmenschliche Kommunikation ist entweder symmetrisch oder komplementär;
entweder zielt sie mehr auf Gleichheit oder beruht auf Unterschiedlichkeit.
2
Vierfache Kommunikation
Friedemann Schulz von Thun hat Watzlawicks Ansatz auf vier Seiten der
Kommunikation erweitert:
•
•
Sachaspekt:
Sachverhalte sollen klar, nüchtern und verständlich mitgeteilt werden.
Beziehungsaspekt:
-1-
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen Kusel
AS – Thema 28/ Kommunikation/ Januar 2011 / Ru
Die Art des Umgangs miteinander tritt zutage.
-2-
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen Kusel
AS – Thema 28/ Kommunikation/ Januar 2011 / Ru
•
•
Selbstoffenbarungsaspekt:
Mitteilungen sind unverschlüsselt und unmissverständlich zu senden.
Appellaspekt:
Der Sender einer Nachricht stellt Forderungen (hat Wünsche) an den Empfänger.
Sachinhalt
Selbstoffenbarung
Appell
Nachricht
Beziehung
(Vgl. Miller, S. 121 ff)
„...Ein und dieselbe Nachricht enthält viele Botschaften; ob er will oder nicht – der Sender
sendet immer gleichzeitig auf allen vier Seiten. Die Vielfalt der Botschaft lässt sich mit Hilfe
des Quadrates ordnen. Dieses Drumherum der Botschaften bestimmt die psychologische
Qualität einer Nachricht.“
Sachinhalt
Die Ampel ist grün.
Selbstoffenbarung
„ Du, da vorn e
Ich habe es eilig.
ist grü n!“
Appell
Gib Gas!
Beziehung
Du brauchst meine Hilfe!
Das gesendete und das empfangene Botschaftsgeflecht kann durchaus unterschiedlich sein.
Betrachten wir das Quadrat aus der Sicht des Empfängers:
Er hört mit „vier Ohren“:
Sachinhalt
Wie ist der Sachverhalt zu
verstehen?
Selbstoffenbarung
„Du , da vorne
Was ist das für einer?
ist grün!“
Was ist mit ihm?
Appell
Was soll ich tun,
denken, fühlen aufgrund
seiner Information?
Beziehung
Wie redet der eigentlich
mit mir? Wen glaubt er vor sich zu haben?
(Vgl. Schulz von Thun)
2
-3-
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen Kusel
AS – Thema 28/ Kommunikation/ Januar 2011 / Ru
2.1
Beispiel vierfacher Kommunikation:
Die Seminarveranstaltung beginnt um 14:00 Uhr. Sie kommen 10 Minuten zu spät; das
Seminar hat schon begonnen. Die Seminarleiterin sagt : „Frau S., es ist 14:10 Uhr!“
Sicht des Senders (Seminarleiterin):
Sachinhalt: Das Seminar beginnt um 14:00 Uhr.
Selbstoffenbarung: Ich ärgere mich, dass Sie zu spät kommen.
Beziehung: Wo kommen wir hin, wenn jeder kommt, wann er will?
Appell: Bitte kommen Sie in Zukunft pünktlich!
Sicht des Empfängers (LAA):
Sachinhalt: Stimmt. Ich müsste pünktlich sein.
Selbstoffenbarung: Ist das peinlich!
Beziehung: Das ist ja auch nicht die feine Art, mich hier bloßzustellen.
Appell: Bitte weisen Sie mich in Zukunft nicht vor aller Augen zurecht!
3
Übertragung kommunikationstheoretischer Grundlagen auf die Schule
Kommunikation, die in der Schule mit allen Kommunikationspartnern (Schüler/innen, Lehrkräfte, Eltern, Schulleitung, externe Partner usw.) gelingen soll,
ü
ü
ü
ü
ü
ü
ü
ü
ü
ü
ü
beachtet den situativen Kontext,
einigt sich auf einen für alle verständlichen Code,
beachtet und „pflegt“ die Beziehungsebene,
strebt die Wertschätzung aller Partner an,
strebt die Zufriedenheit aller Beteiligten an,
beachtet Widerstände,
verständigt sich auf gemeinsame Ziele,
vereinbart gemeinsame Wege, Schritte, Maßnahmen und Vorgehensweisen,
kommuniziert über Kommunikation (Metakommunikation),
vermeidet Störfaktoren und
ist authentisch.
Diese Grundsätze beziehen sich auf alle kommunikativen Prozesse innerhalb der Schule:
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
Ø
alle Lehr- und Lernprozesse
Fachgespräche und Konferenzen
Kommunikation in Teams
Schüler-Schüler-Gespräche
Lehrer-Schüler-Gespräche
Konfliktgespräche
Elterngespräche
in Beratungssituationen
Kontakt zu externen Partnern u.a.
Für das professionelle Handeln in der Schule bedeuten diese Erkenntnisse:
• Der Lehrer spricht deutlich in Ich–Botschaften, d. h., er sendet möglichst keine
versteckten oder verschlüsselten Botschaften, vermeidet unbedingt Ironie und
Sarkasmus.
-4-
Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen Kusel
AS – Thema 28/ Kommunikation/ Januar 2011 / Ru
4
Kommunikationstraining in Anlehnung an Klippert
Klippert gliedert sein Kommunikationstraining mit Schülern in 5 Stufen:
1. Stufe
Nachdenken über Kommunikation
• Kommunikationsalltag kritisch und selbstkritisch betrachten
• Überzeugung und Einsicht für Kommunikationstraining erreichen
• Überzeugungs- und Sensibilisierungsphase zur Motivationsgewinnung
2. Stufe
Übungen zur Förderung des freien Sprechens und Erzählens
• Schüler gezielt zum freien Sprechen ermutigen und anhalten, angstfreie
Sprechanlässe bieten und Erfolgserlebnisse ermöglichen
• Kommunikationsarrangements für persönliche Assoziationen und Sichtweisen
schaffen
• Berichte und Vorträge halten lassen
3. Stufe
Das kleine Einmaleins der Gesprächsführung
• Dialogische Übungen arrangieren – Gesprächsregeln finden, visualisieren und
einhalten
4. Stufe
Rhetorische Übungen (Vortrag und Dialog)
• Überzeugend argumentieren und vortragen
• Körpersprache, Mimik, Gestik und Artikulation trainieren
• Verständlichkeit und Fundiertheit üben
5. Stufe
Komplexe Kommunikations- und Interaktionskontexte
• Vertiefende Anwendung und Festigung in unterschiedlichen
Themenzusammenhängen
5
Literaturhinweise
Ø Eschelmüller, M.: Lerncoaching - Vom Wissensvermittler zum Lernbegleiter.
Mülheim 2008
Ø Klippert, H.: Kommunikationstraining. Weinheim und Basel 2010
Ø Miller, R.: Beziehungsdidaktik. Weinheim und Basel 2011
Ø Prior, M. / Winkler, H.: MiniMax für Lehrer. 16 Kommunikationsstrategien mit
maximaler Wirkung. Weinheim 2009
Ø Schulz von Thun, F.: Miteinander reden 1-3: Störungen und Klärungen. Werte
und Persönlichkeitsentwicklung. Das „Innere Team“ und situationsgerechte
Kommunikation. Hamburg 2011
Ø Watzlawick, P.: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen,
Paradoxien. Bern 2000
-5-
Herunterladen