130 SPERMATOPHYTA Ordnungsgruppe Amentiflorae Die drei Ordnungen Fagales, Juglandales und Salicales umfassen Holzpflanzen mit wechselständigen Blättern und eingeschlechtigen Blüten. Zumindest die männlichen Blüten sind in Kätzchen angeordnet. Die Blütenhülle fehlt oder ist einfach. Wegen des gemeinsamen morphologischen Merkmales der Kätzchen (=Amentum) werden die 3 Ordnungen auch als Amentiflorae (=Kätzchenblütler) zusammengefasst. Die Kätzchen als Blütenstände können als Anpassung an die hier meist vorhandene Windbestäubung aufgefasst werden. Eingeschlechtige Blüten sowie fehlende oder einfache Blütenhülle werden eigentlich als ursprüngliche Merkmale gewertet. Solche Merkmale können jedoch im Laufe der Evolution durch sekundäre Reduktionen wieder neu entstehen. Heute werden die Fagales und die Juglandales als relativ ursprüngliche Ordnungen angesehen, während die Salicales durch sekundäre Reduktionen als abgeleitet gelten. Aus praktischen Gründen werden aber die 3 Ordnungen hier gemeinsam besprochen. Die Unterscheidung der drei Ordnungen basiert auf der Verteilung der Geschlechter und Kätzchen, sowie auf der Blattmorphologie. 36 Ordnung Fagales Die Fagales sind 1häusig, entweder sind f und m Blüten oder nur die m Blüten in Kätzchen angeordnet. Es kommen innerhalb der Ordnung ungeteilte bis fieder teilige Blätter vor. Die Blütenhülle fehlt oder ist ein unscheinbares Perigon, der Fruchtknoten ist unterständig. Hierher gehören die wichtigsten waldbildenden, einheimischen Laubbäume der kollinen und montanen Stufe. Familie Fagaceae, Buchengewächse Sie unterscheiden sich von den Betulaceae durch das Ausbilden eines holzigen Fruchtbechers, der Cupula genannt wird. Anhand der Zahl der Früchte pro Cupula und der Fortsätze an der Cupula können die einheimischen Arten der drei Gattungen (Castanea, Fagus, Quercus) unterschieden werden. Bei allen diesen Arten sind nur die m Blüten in Kätzchen. Castanea sativa (Edelkastanie): Blätter lanzettlich, scharf gezähnt; m Kätzchen zylindrisch, aufrecht, bis 20 cm lang; meist 3 Früchte pro Cupula; Fortsätze an der Cupula lang, stechend. Ursprünglich wahrscheinlich aus Kleinasien und dem Kaukasus stammend, durch die Griechen und Römer in Europa verbreitet. Heute kann sie in der kollinen Stufe auf der Alpensüdseite waldbildend sein und steigt auch in die montane Stufe auf. Nördlich der Alpen kommt sie nur angepflanzt oder verwilder t vor. Fagus silvatica (Buche, Rotbuche; Abb. 68): Blätter elliptisch, ganzrandig; m Kätzchen kugelig, hängend; 2 Früchte pro Cupula; Fortsätze an der Cupula lang, nicht stechend. Nach dem Vorkommen von F.silvatica wird die obere Grenze der montanen Stufe nördlich und südlich der Alpen D ICOTYLEDONEAE 131 definiert. F.silvatica wäre dort in der kollinen und montanen Stufe von Natur aus der häufigste Baum, aus wirtschaftlichen Gründen ist aber Picea excelsa heute hier die häufigste Baumart. Wegen des kontinentalen Klimas in den Zentralalpen fehlt die Buche dort weitgehend. Quercus (Eiche; Abb. 68): Blätter (bei den einheimischen Arten) fiederteilig; m Kätzchen zylindrisch, hängend; 1 Frucht pro Cupula; Fortsätze an der Cupula schuppenförmig; Laubmischwälder; nach dem Vorkommen von Quercus-Ar ten wird die obere Grenze der kollinen Stufe definiert. Q.petraea: Sprossachse kahl; Blätter unterseits entlang der Mittelrippe behaar t; Blattstiel länger als 10 mm; nördlich und südlich der Alpen verbreitet. Q.pubescens: Sprossachse, Blattstiel und Blattunterseite behaar t; Zentral- und Südalpen, Jurasüdfuss. Q.robur (Abb. 68): Sprossachse und Blätter kahl; Blattstiel kürzer als 10 mm; nördlich und südlich der Alpen verbreitet. Familie Betulaceae, Birkengewächse Die Betulaceae bilden keine Cupula. Mit Ausnahme von Corylus avellana sind bei den einheimischen Arten auch die f Blüten in Kätzchen. In der Schweiz sind folgende Gattungen und Arten wichtig: Alnus (Erle): Blätter gezähnt; Fruchtstände verholzen zu «Zäpfchen». Die Arten der Gattung Alnus besitzen Wurzelknöllchen mit einem Luftstickstoff-fixierenden Actinomyceten (Prokaryoten aus der Gattung Frankia). A.glutinosa (Schwarz-Erle): Blätter vorne abgerundet bis ausgerandet, unterseits mit Haarbüscheln in den Winkeln der Nerven, sonst kahl; Blattzähne breiter als lang; seitenständige Fruchtstände gestielt; Bruchwälder, Weichholzauen, v.a. kollin. A.incana (Grau-, Weiss-Erle; Abb. 68): Blätter spitz, unterseits grau behaar t; Blattzähne breiter als lang; seitenständige Fruchtstände sitzend; Weichholzauen, an Fliessgewässern, kollin und v.a. montan. A.viridis (Alpen-, Grün-Erle): Blätter spitz, unterseits grün, mit Haarbüscheln in den Winkeln der Nerven, sonst kahl; Blattzähne länger als breit; schattige, feuchte Hänge, Lawinenrunsen, montan und v.a. subalpin. Betula (Birke): Rinde weiss; Blätter oval bis rhombisch, gezähnt; wichtige Pioniere der kollinen bis subalpinen Stufe. B.pendula: Diesjährige Langtriebe kahl, mit vielen Warzen; in Wäldern, meist auf nährstoffarmen, feuchten bis nassen sowie trockenen Böden. B.pubescens: Diesjährige Langtriebe zumindest an der Spitze behaar t; auf sauren, nährstoffarmen, feuchten bis nassen Böden, in Mooren. Carpinus betulus (Hagebuche, Hainbuche, Weissbuche; Abb. 68): Blätter gezähnt (im Gegensatz zu den ganzrandigen Blättern von Fagus silvatica); Früchte (kleine Nüsse) in den Achseln von flachen, 3teiligen Vorblättern; Eichen-Hagebuchenwald, kollin, oft als Hecke angepflanzt. 132 SPERMATOPHYTA Cor ylus avellana (Hasel; Abb. 68): Blätter rundlich, gezähnt; Blüte lange vor dem Blattaustrieb; f Blüten zu 2–6 beisammen, von Knospenschuppen umgeben; Frucht eine Nuss; Waldränder, Hecken, Wälder, kollin bis subalpin. Ostr ya carpinifolia (Hopfenbuche): Blätter ähnlich wie bei Carpinus betulus; Früchte von einem einfachen, ver wachsenen Vorblatt umschlossen; Wälder, Gebüsche, kollin und montan (natürlicherweise nur im Süden, nördlich der Alpen angepflanzt). f m B m f A D f C m E Abb. 68: Fagales. A: Quercus robur, blühend und fruchtend. B: Fagus silvatica, blühend und fruchtend. C: Carpinus betulus, fruchtend. D: Alnus incana. E: Cor ylus avellana, blühend und fruchtend. (aus 11) D ICOTYLEDONEAE 133 37 Ordnung Juglandales Diese Ordnung umfasst nur die Familie der Juglandaceae. Familie Juglandaceae, Walnussgewächse Die Juglandaceae sind 1häusig, nur die m Blüten sind in hängenden Kätzchen angeordnet, die f Blüten sitzen zu wenigen an den Spitzen der diesjährigen Triebe. Die Blätter sind unpaarig gefiedert. Der einzige in Europa nicht nur angepflanzt vorkommende Vertreter der Juglandaceae ist Juglans regia (Walnussbaum; Abb. 69). Die Walnuss ist botanisch gesehen eine Steinfrucht. Der Walnussbaum wurde wegen seiner Früchte wahrscheinlich schon von den Griechen von der Schwarzmeerküste nach Südeuropa und von den Römern nach Mitteleuropa gebracht. Heute finden wir ihn in der kollinen und montanen Stufe angepflanzt um Häuser und in warmen Gegenden auch verwilder t. 38 Abb. 69: Juglandaceae, Juglans regia. (aus 11) Ordnung Salicales Familie Salicaceae, Weidengewächse Die einzige Familie der Salicales sind die Salicaceae mit den beiden Gattungen Populus (Pappel) und Salix (Weide). Salicaceae sind 2häusig, f und m Blüten sind in Kätzchen angeordnet. Die Blätter sind nicht oder nur wenig geteilt. Viele Pappeln und Weiden ertragen zeitweise überschwemmte Böden. Sie gehören deshalb zu den wichtigsten Gehölzen in Auenwäldern und Ufergebüschen. Verschiedene niederliegende Spalier-Weiden sind charakteristische Pflanzen des Hochgebirges und der Arktis.