Vorlesung 11.11.99

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2.1 Grundwissen
2.1.2
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
12
Verhalten im Magnetfeld
2.1.2.1 kritische Feldstärken:
Gedankenexperiment
Der Supraleiter wird ohne ein äußeres Magnetfeld auf eine Temperatur unterhalb
seiner kritischen Temperatur gekühlt. Anschließend wird ein äußeres Feld angelegt.
Es gelten folgende Gesetzmäßigkeiten:
a)
b)
Induktionsgesetz:
r
∂B r r
= ∇ ×E
−
∂t
Ohmsches Gesetz:
r
r
r j
r
r
j = σE ⇒ E = = ρ j
σ
σ:
elektr. Leitfähigkeit
ρ:
spezif. Widerstand
r
r
wegen R = 0 und R = ρ l A ⇒ ρ = 0 ⇒ E = 0 ⇒ ∂B ∂t = 0
r
dies bedeutet, daß Bi = const. im Inneren des Supraleiters ist.
Die Vorstellung hierbei ist, daß aufgrund der Erhöhung des äußeren Feldes
Wirbelströme (sog. Abschirmströme) im Supraleiter angeworfen werden (Lenzsche
Regel). Diese klingen aufgrund der Supraleitung nicht ab. Das von dem permanenten
Dauerstrom erzeugte Magnetfeld schirmt den Supraleiter gegen das Eindringen des
äußeren Feldes ab.
Es stellt sich nun die Frage, wie ein solches inneres Magnetfeld Bi gemessen werden
kann. Dies sei an Bild 2.5 verdeutlicht.
Bild 2.5: Schematische Darstellung der Magnetfeldbestimmung im Inneren des Supraleiters.
Um einen langen dünnen supraleitenden Draht wird eine Induktionsspule gewickelt.
Nachdem der SL unter seine kritische Temperatur gekühlt worden ist, wird ein
äußeres Feld Ba an den Supraleiter angelegt und erhöht. Ändert sich das innere Feld
Bi im SL, so kommt es zu einer Flußänderung innerhalb der Spule, weshalb eine
induzierte Spannung meßbar ist. Für diese gilt:
− U ind = Φ& ∝ B&i ⇒ Bi ∝ ∫U ind dt
Mit Hilfe eines Integrators erfolgt eine zeitliche Integration des Signals, weshalb am
Ausgang des Integrators ein Wert, der proportional zu Bi ist, gemessen werden kann.
Als Ergebnis erhält man den in Figur 2.1 gezeigten Verlauf.
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
13
Fig. 2.1: Abhängigkeit des inneren Feldes Bi vom äußeren Feld Ba für einen SL 1. Art
Solange (s. Fig. 2.1) das äußere Feld Ba unterhalb einer bestimmten kritischen
Feldstärke Bc (critical field strength) liegt, ist an der Spule keine induzierte
Spannung meßbar. Es findet keine Flußänderung in der Spule statt. Dies bedeutet,
daß im SL noch immer Bi=0 gilt. Wird der kritische Wert Bc erreicht, so kommt es
zu einem Zusammenbruch der Supraleitung. Der Supraleiter geht in seinen
normalleitenden Zustand über und die Wirbelströme klingen ab. Dies führt zu einer
Flußänderung in der Spule, welche gemessen wird. Wie in Fig. 2.1 erkennbar findet
dieser Vorgang bei Bc abrupt statt. Oberhalb Bc sind dann inneres und äußeres Feld
gleich.
Das oben angeführte Modell der Wirbelströme müßte überall im gesamten
Probenvolumen (wg. σ = ∞ ) ein Feld Bi=0 (für Ba < Bc) bedingen. Dies ist jedoch
nicht ganz richtig. Zwar sind im supraleitenden Zustand die Reibungskräfte gleich
null, aber die Elektronen weisen eine nicht zu vernachlässigende Masse auf. Diese
muß beschleunigt werden. Für sehr kleine Zeiten ist deshalb das elektrische
Feld E ≠ 0. Nur für Zeiten t → ∞ gilt E = 0. Die Masse der Elektronen ist im
Ohmschen Gesetz für hohe Frequenzen berücksichtigt. Dies führt zu der
Modifizierung, daß die Ströme nicht in einer unendlich dünnen Schicht an der
Oberfläche fließen, sondern innerhalb der sog. Eindringtiefe (penetration depth)
exponentiell abfallen. Hierbei ist die Eindringtiefe λ definiert als der Abfall auf den
1/e-ten Wert. Schematisch ist dies in Fig. 2.2 gezeigt. Aufgetragen ist die
Stromdichte der Abschirmströme gegenüber der Breite x des Supraleiters. Von den
Rändern (x=0 bzw. x=d) fällt die Stromdichte exponentiell gegen Null ab. Die sich
dadurch ergebende Eindringtiefe liegt im Bereich von 10-6 – 10-8 m.
Fig. 2.2:
Gezeigt ist der exponentielle
Abfall der Abschirmstromdichte
von den Rändern (x=0; x=d) des
Supraleiters aus.
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
14
Diese Eindringtiefe entspricht auch der magnetischen Eindringtiefe, denn nach dem
Amperschen Gesetz gilt:
r r
r
∇ × B = µ 0 j ; also B = − λµ 0 j
Dies bedeutet, daß auch das Feld Bi nicht abrupt auf den Wert Null abfällt, sondern
ebenso wie die Stromdichte j exponentiell abnimmt (s. Fig. 2.3). Außerhalb der
Probe ist das äußere Feld Ba konstant.
Fig. 2.3:
Exponentieller Abfall des
Magnetfeldes Bi in das Innere
des Supraleiters. Außerhalb
ist Ba konstant.
Oftmals wird auch die Magnetisierung M gegenüber dem Magnetfeld aufgetragen.
Es gilt die Definition:
r
r
v
Bi = Ba + µ 0 M
bzw.
r
v r
− µ 0 M = Ba − Bi
Betrachtet man nur gleichgerichtete Größen, so kann auf die Vektorschreibweise
verzichtet werden:
− µ 0 M = Ba − Bi
Figur 2.4 zeigt die der Fig. 2.2 entsprechende Auftragung der Magnetisierung als
Funktion von Ba. Diese Auftragung betont das Verhalten des Supraleiters als idealer
Diamagnet mit der Suszeptibilität χ=-1.
Fig. 2.4: Auftragung der Magnetisierung als Funktion des äußeren Feldes. Der Supraleiter verhält
sich als idealer Diamagnet (negative Steigung der Magnetisierungkurve).
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
15
Das kritische Feld ist sowohl von der Temperatur als auch vom Material abhängig.
Figur 2.5 zeigt den Verlauf für unterschiedliche Materialien. Bei den dargestellten
Elementen handelt es sich ausschließlich um Supraleiter 1. Art. Oberhalb der Kurve
ist die Probe normalleitend, darunter supraleitend. Die kritische Temperatur ergibt
sich aus dem Schnittpunkt der Magnetfeldkurve mit der x-Achse (d.h. für T → Tc
geht Bc → 0). Mit sinkender Temperatur können die Supraleiter dem äußeren
Magnetfeld besser widerstehen. Bei T=0 haben die Kurven waagerechte Tangenten.
Fig. 2.5: Abhängigkeit des kritischen Feldes Bc von der Temperatur für verschieden Materialien
(Supraleiter 1. Art). Oberhalb der Kurve ist die Probe normalleitend, darunter
supraleitend
Im Gegensatz zu den Supraleitern 2. Art, auf die im Kapitel 2.1.2.4 eingegangen
wird, weisen die Supraleiter (SL) 1. Art nur ein kritisches Feld Bc auf. Dieses ist um
Größenordnungen kleiner als die kritischen Felder des SL 2. Art.
2.1.2.2 Der Meissner-Ochsenfeld-Effekt
Dieser wurde 1933 von W. Meissner und R. Ochsenfeld gefunden.
Im Gegensatz zum Gedankenexperiment von 2.1.2.1 wird nun zuerst ein Magnetfeld
angelegt und dann die Probe abgekühlt. Es stellt sich nun die Frage, wie sich die
Probe verhalten wird, wenn sich beim Überschreiten der Bc(T)-Kurve der
supraleitende Zustand einstellt. Das Feld im Inneren müßte weiterhin konstant
bleiben. Man würde also ein „eingefrorenes“ Feld erwarten. Statt dessen wird das
Feld aus der Probe herausgedrängt. Es gilt also wieder Bi = 0.
Dies bedeutet, daß die oben erwähnten Wirbelströme spontan in der gleichen
Oberflächenschicht zu fließen beginnen. Die Supraleitung erfordert offenbar,
unabhängig davon ob mit oder ohne Feld gekühlt worden ist, daß Bi = 0 ist.
Anders ausgedrückt kann man sagen, daß der supraleitende Zustand ein wirklicher
Zustand im thermodynamischen Sinne ist. Dies bedeutet (s. Fig. 2.6), daß man vom
Zustand 1 aus unabhängig vom Weg immer zu demselben Zustand 2 gelangt.
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
16
Fig. 2.6: Unabhängig vom Weg, den man wählt um von 1 nach 2 zu gelangen, der erhaltene Zustand
2 ist immer der gleiche (reversibles Verhalten).
Was ereignet sich nun beim Übergang in die Supraleitung, während ein äußeres Feld
beim Abkühlen anliegt? Im Moment des Übergangs geht Bi → 0. Diese
Flußänderung bewirkt einen Spannungsstoß in der felderzeugenden Spule. Die sich
somit ergebende magnetische Arbeit kann angegeben werden als:
dW mag = U ind I Feldspule dt
Dies entspricht der Energie der Probe, die ja aufgrund ihres Diamagnetismus im
äußeren Feld zum magnetischen Dipol wird. Das Dipolmoment in der Probe ist
(V=Volumen):
m=MV
Die magnetische Feldenergie dWmag des Dipols kann also auch ausgedrückt werden
durch:
dWmag = -m dBa
Diese Formel wird differenziell geschrieben, da das magnetische Moment m mit dem
äußeren Feld Ba steigt.
Diese magnetische Feldenergie bezeichnet man als „Feldverdrängungsenergie“. Der
Supraleiter leistet also offensichtlich Arbeit. Die dafür notwendige Energie erhält er
aus der Kondensation (=Paarung) der Elektronen im supraleitendem Zustand
(=Phasenübergang).
2.1.2.3 Der Zwischenzustand (intermediate state)
Der Zwischenzustand tritt immer dann auf, wenn die Probe in Magnetfeldrichtung
nicht unendlich lang ist, also genaugenommen immer. Zunächst betrachten wir eine
Kugel. Diese wird auf eine Temperatur unterhalb ihrer kritischen Temperatur
gebracht. Anschließend wird ein äußeres Magnetfeld Ba angelegt. Bild 2.6 zeigt den
Verlauf der Magnetfeldlinien.
Bild 2.6: Feldlinienverlauf einer supraleitenden Kugel, die sich in einem äußeren Feld Ba befindet.
Das innere Feld Bi in der Kugel ist Null (SL Zustand). Am Äquator erhält man dadurch ein
erhöhtes Feld Bäq.
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
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Das Innere der Kugel ist aufgrund der Abschirmströme frei von Magnetfeldlinien
(Bi=0). Am Äquator kommt es wegen der Verdrängung der Feldlinien aus dem
Inneren des Supraleiters zu einer Verdichtung. Das Feld am Äquator ist im Fall der
Kugel gegeben durch:
Bäq = Ba + BDipol = Ba + BSupraleiter = 3 Ba
2
BSupraleiter ist das Magnetfeld, daß aufgrund der Abschirmströme im Supraleiter
erzeugt wird. Dieses entspricht im Außenraum einem Dipolfeld. Aufgrund dieser
Verdichtung der Feldlinien am Äquator wird das kritische Feld Bc dort früher
erreicht als bei einer langen, dünnen Probe, und zwar schon bei:
Ba = 2 Bc
3
Bei dieser Feldstärke wird der Supraleiter am Äquator normalleitend, d.h. die
Abschirmströme nehmen ab. Dadurch nimmt jedoch die Dichte der Feldlinien am
Äquator wieder ab. Dies würde bedeuten, daß das Feld wieder aus dem Supraleiter
verdrängt wird. Makroskopisch gesehen ist der Zustand also instabil. Nur durch eine
mikroskopische feine Auffächerung in normalleitende und supraleitende Bereiche
kann sich ein Gleichgewicht einstellen. Die Auffächerung erfolgt auf einer
Längenskala von der Größenordnung der Eindringtiefe. Dann gewinnt die
Grenzflächenenergie zwischen den normalleitenden und supraleitenden Phasen an
Bedeutung.
Man bezeichnet diesen Zustand als Zwischenzustand.
In Bild 2.7 ist die Zwischenzustandsstruktur einer Indium-Platte gezeigt. Die helleren
Strukturen entsprechen den normalleitenden Bereichen.
Bild 2.7: Zwischenzustandsstruktur einer Indium-Platte. Die helleren Strukturen entsprechen den
normalleitenden Bereichen. (Buckel)
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
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Figur 2.7 zeigt den makroskopischen Verlauf des Feldes Bi im Inneren des SL unter
Berücksichtigung des Zwischenzustandes. Steigt das äußere Feld auf zwei Drittel (im
Falle einer Kugel) des kritischen Feldes Bc, so beginnt sich der Zwischenzustand zu
bilden. Das Feld Bi im Inneren des Supraleiters weist einen Wert ungleich Null auf.
Der Zwischenzustand endet, sobald das kritische Feld Bc erreicht ist. Nun ist die
Probe im Inneren vollständig normalleitend und somit Bi = Ba.
Fig. 2.7: Verlauf des inneren Feldes Bi in einem SL 1. Art unter Berücksichtigung einer endlichen
Ausdehnung.
Da die Proben nie unendlich lang sind, tritt der Zwischenzustand immer auf. Er tritt
um so deutlicher in Erscheinung, je kürzer die Probe ist. In Zukunft betrachten wir
lange Proben, bei denen man den Zwischenzustand vernachlässigen kann.
2.1.2.4 Der gemischte Zustand (Supraleiter 2. Art) (mixed state)
Beispiele für Supraleiter 2. Art:
- Elemente: nur Nb
- fast alle Legierungen
- alle Hochtemperatursupraleiter
Der gemischte Zustand tritt im Gegensatz zum Zwischenzustand auch für unendlich
lange Proben auf.
Charakteristisch für den gemischten Zustand, und damit für Supraleiter 2. Art, ist das
Verhalten im Magnetfeld. Es treten hier zwei kritische Felder auf. Zum einen das
sog. untere kritische Feld Bc1 (lower critical field) und zum anderen das obere
krtische Feld Bc2 (upper critical field). Figur 2.8 zeigt den Verlauf des Feldes Bi im
Inneren des Supraleiters in Abhängigkeit vom äußeren Feld Ba. Solange das äußere
Feld kleiner als das kritische Feld Bc1 ist, befinden wir uns wie beim Supraleiter
1. Art in der Meissner Phase. Dies bedeutet, daß das Feld im Inneren gleich Null ist.
Wird das kritische Feld Bc1 überschritten, erhält man den gemischten Zustand oder
die Shubnikov Phase. Hier kommt es zu einer Koexistenz von normalleitenden
Bereichen und supraleitenden Bereichen. Die Tangente der Feldkurve mündet dabei
senkrecht bei Bc1 ein.
Das Feld dringt ab Bc1 in sog. Flußfäden (Buckel: Flußschläuche; englisch: flux lines
oder vortices) in den Supraleiter ein. Einen Flußfaden kann man sich vorstellen als
eine normalleitende Linie durch die Probe, um die ein Kreisstrom oder ein
Stromwirbel (=vortex) fließt.
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
19
Fig. 2.8: Abhängigkeit des inneren Feldes Bi eines Supraleiters 2. Art vom äußeren Feld Ba
Ein Flußfaden umschließt genau ein Flußquant φ0 für das gilt:
φ0 = h
2e
Die Flußfäden ordnen sich dabei zu einem regelmäßigen Dreiecksgitter, dem sog.
Abrikosov Gitter, an. Bild 2.8 zeigt einen Supraleiter 2. Art im gemischten Zustand.
Schwarz dargestellt sind in diesem Bild die Flußfäden. Deutlich ist die
dreiecksförmige Anordnung zu erkennen.
Bild 2.8: Verteilung der Flußschläuche in einem Supraleiter 2. Art (Pb96In4). Eingezeichnet ist
außerdem das Dreiecksgitter. Der Balken um unteren linken Bildrand entspricht einer
Länge von 1µm.
Mit steigendem äußeren Feld Ba dringen immer mehr Flußfäden in den Supraleiter
ein. Dadurch steigt der Fluß im Inneren der Probe, also auch das makroskopisch
gemittelte Feld Bi, das gegeben ist durch:
( A)φ
Bi = N
0
Hierbei ist:
N = Anzahl der Flußfäden in der Probe
A = Querschnittsfläche der Probe
2.1 Grundwissen
2.1.2. Verhalten im Magnetfeld
20
Wird Bc2 erreicht, also am Schnittpunkt der Kurve mit der Winkelhalbierenden, sind
nur noch überlappende normalleitende Kerne der Flußfäden vorhanden. Die
Supraleitung bricht nun völlig zusammen und es gilt wieder Bi=Ba (s. Fig. 2.8).
Statt dem inneren Feld Bi trägt man meist die Magnetisierung über dem äußeren Feld
Ba auf. Dies ist in Figur 2.9 gezeigt (vergleiche dazu Fig. 2.4: Magnetisierung des SL
1.Art). Zunächst steigt die Magnetisierung linear an. Der Supraleiter zeigt das
gewohnte diamagnetische Verhalten. Ist Bc1 erreicht, fällt die Kurve ab. Im Idealfall
erhält man in diesem Punkt eine senkrechte Tangente. (Im realen SL kommt es an
dieser Stelle meist zu einer Hysterese und damit nicht zu einer senkrechten
Tangente). Das Feld dringt nun in den Supraleiter ein, bis schließlich bei Erreichen
von Bc2 die gesamte Probe normalleitend ist.
Fig. 2.9: Magnetisierung in Abhängigkeit vom äußeren Feld für einen Supraleiter 2. Art.
Abschließend sei noch die Abhängigkeit des kritischen Magnetfeldes Bc2 von der
Temperatur angegeben (s. Fig. 2.10). Im Vergleich zum Supraleiter 1. Art (Type I
superconductor) hält der Supraleiter 2. Art (Type II superconductor) deutlich höheren
Feldstärken stand. Die Ursache liegt darin, daß durch das Eindringen des Feldes
(gemischter Zustand) die Feldverdrängungsarbeit reduziert wird.
Die Temperaturabhängigkeit ist ähnlich wie beim SL 1. Art.
Fig. 2.10: Abhängigkeit des kritischen Feldes von der Temperatur für verschiedene Supraleiter 2. Art.
Man erhält einen ähnlichen Verlauf wie beim Supraleiter 1. Art, aber es werden deutlich
höhere Felder erreicht. (Kittel)
2.1 Grundwissen
2.1.3
2.1.3. Thermodynamik des Supraleiters
21
Thermodynamik des Supraleiters:
Der von Meissner und Ochsenfeld gefundene Effekt zeichnet die Supraleitung als
eine eigene Phase aus. Der Vorteil einer thermodynamischen Behandlung eines
solchen makroskopischen Systems liegt darin, daß man sich auf die makroskopischen
Variablen des Systems beschränkt (vgl. Gastheorie: statt 3N Orts- und 3N
Impulskoordinaten zu verwenden, beschränkt man sich auf Variablen wie Druck,
Temperatur, Volumen etc.). Eine makroskopische Beschreibung eines
thermodynamischen Systems erfolgt mit den thermodynamischen Potentialen. Sie
sind dadurch gekennzeichnet, daß bei einer differenziellen Variation gerade die
Differentiale der unabhängigen Variablen auftreten.
Für den Supraleiter im Magnetfeld wählt man am besten die Helmholtzsche Freie
Energie.
2.1.3.1 Thermodynamisches kritisches Feld
Zunächst interessieren wir uns nur für die Abhängigkeit der Freien Energie vom
äußeren Magnetfeld, die ja durch die Feldverdrängung zustande kommt, siehe
2.1.2.2. Hier schreiben wir in integraler Form:
FSL ( B ) = FSL (0) −
Ba
∫mdB
/
a
0
Ba
= FSL (0) − V ∫MdBa/
(2.1)
0
Für Supraleiter 1. Art war:
M =χ
B
B
=−
µ0
µ0
also gilt:
V
FSL ( B) = FSL (0) +
µ0
⇒ FSL ( B ) = FSL (0) +
Ba
∫B dB
/
a
/
a
0
V Ba2
µ0 2
Dies ist in Fig. 2.11 verdeutlicht.
Fig. 2.11: Definition des kritischen Feldes über den Schnittpunkt der Freien Energie des Supraleiters
in Abhängigkeit vom B-Feld und der Differenz von FNL-FSL (=Kondensationsenergie des SL).
2.1 Grundwissen
2.1.3. Thermodynamik des Supraleiters
22
In Fig. 2.11 steigt FSL parabelförmig an, bis FNL, die Freie Energie des Noramlleiters,
erreicht ist. Ab dann ist die Normalleitung energetisch günstiger. FNL-FSL(0) ist also
die Kondenstionsenergie des Supraleiters, die aus der Paarbindung der Elektronen
kommt. Wegen
B2
FNL = FSL ( Bc ) = FSL (0) + V c
2µ 0
gilt für die Kondensationsenergie:
B2
FNL − FSL (0) = V c
2µ 0
Für den Supraleiter 2. Art hängt M komplizierter von Ba ab. Die Integration von
Formel 2.1 wird daher in Figur 2.12 nur grafisch qualitativ durchgeführt.
Fig. 2.12: Magnetisierungskurve bzw. Freie Energie in Abhängigkeit vom äußeren Feld für einen SL
2. Art.
Den Wert des Integrals (Formel 2.1) in den Grenzuen von 0 bis Bc2 drückt man oft
durch ein fiktives Feld, das sog. thermodynamische kritische Feld Bcth, aus. Bei
diesem würde Normalleitung erreicht werden, wenn es sich um einen Supraleiter 1.
Art handeln würde. Somit gilt die Defintion für Bcth:
B
2
a
Bcth
≡ − V ∫MdBa/
2µ 0
0
bzw.
Ba
Bcth ≡ − 2µ 0V ∫MdBa/
0
2.1 Grundwissen
2.1.3. Thermodynamik des Supraleiters
23
Dies kann in Figur 2.12 eingezeichnet werden, und zwar im unteren Teilbild als
Extrapolation der Parabel des Meissnerzustandes bis zum Schnittpunkt mit der
Geraden F=FNL, und im oberen Teilbild durch die skizzierte Konstruktion mit
Flächengleichheit (A1=A2).
Für das so definierte Bcth gilt wieder wie im Supraleiter 1. Art:
FNL − FSL (0) = V
2
Bcth
2µ 0
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