2.1 Grundwissen 2.1.2 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 12 Verhalten im Magnetfeld 2.1.2.1 kritische Feldstärken: Gedankenexperiment Der Supraleiter wird ohne ein äußeres Magnetfeld auf eine Temperatur unterhalb seiner kritischen Temperatur gekühlt. Anschließend wird ein äußeres Feld angelegt. Es gelten folgende Gesetzmäßigkeiten: a) b) Induktionsgesetz: r ∂B r r = ∇ ×E − ∂t Ohmsches Gesetz: r r r j r r j = σE ⇒ E = = ρ j σ σ: elektr. Leitfähigkeit ρ: spezif. Widerstand r r wegen R = 0 und R = ρ l A ⇒ ρ = 0 ⇒ E = 0 ⇒ ∂B ∂t = 0 r dies bedeutet, daß Bi = const. im Inneren des Supraleiters ist. Die Vorstellung hierbei ist, daß aufgrund der Erhöhung des äußeren Feldes Wirbelströme (sog. Abschirmströme) im Supraleiter angeworfen werden (Lenzsche Regel). Diese klingen aufgrund der Supraleitung nicht ab. Das von dem permanenten Dauerstrom erzeugte Magnetfeld schirmt den Supraleiter gegen das Eindringen des äußeren Feldes ab. Es stellt sich nun die Frage, wie ein solches inneres Magnetfeld Bi gemessen werden kann. Dies sei an Bild 2.5 verdeutlicht. Bild 2.5: Schematische Darstellung der Magnetfeldbestimmung im Inneren des Supraleiters. Um einen langen dünnen supraleitenden Draht wird eine Induktionsspule gewickelt. Nachdem der SL unter seine kritische Temperatur gekühlt worden ist, wird ein äußeres Feld Ba an den Supraleiter angelegt und erhöht. Ändert sich das innere Feld Bi im SL, so kommt es zu einer Flußänderung innerhalb der Spule, weshalb eine induzierte Spannung meßbar ist. Für diese gilt: − U ind = Φ& ∝ B&i ⇒ Bi ∝ ∫U ind dt Mit Hilfe eines Integrators erfolgt eine zeitliche Integration des Signals, weshalb am Ausgang des Integrators ein Wert, der proportional zu Bi ist, gemessen werden kann. Als Ergebnis erhält man den in Figur 2.1 gezeigten Verlauf. 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 13 Fig. 2.1: Abhängigkeit des inneren Feldes Bi vom äußeren Feld Ba für einen SL 1. Art Solange (s. Fig. 2.1) das äußere Feld Ba unterhalb einer bestimmten kritischen Feldstärke Bc (critical field strength) liegt, ist an der Spule keine induzierte Spannung meßbar. Es findet keine Flußänderung in der Spule statt. Dies bedeutet, daß im SL noch immer Bi=0 gilt. Wird der kritische Wert Bc erreicht, so kommt es zu einem Zusammenbruch der Supraleitung. Der Supraleiter geht in seinen normalleitenden Zustand über und die Wirbelströme klingen ab. Dies führt zu einer Flußänderung in der Spule, welche gemessen wird. Wie in Fig. 2.1 erkennbar findet dieser Vorgang bei Bc abrupt statt. Oberhalb Bc sind dann inneres und äußeres Feld gleich. Das oben angeführte Modell der Wirbelströme müßte überall im gesamten Probenvolumen (wg. σ = ∞ ) ein Feld Bi=0 (für Ba < Bc) bedingen. Dies ist jedoch nicht ganz richtig. Zwar sind im supraleitenden Zustand die Reibungskräfte gleich null, aber die Elektronen weisen eine nicht zu vernachlässigende Masse auf. Diese muß beschleunigt werden. Für sehr kleine Zeiten ist deshalb das elektrische Feld E ≠ 0. Nur für Zeiten t → ∞ gilt E = 0. Die Masse der Elektronen ist im Ohmschen Gesetz für hohe Frequenzen berücksichtigt. Dies führt zu der Modifizierung, daß die Ströme nicht in einer unendlich dünnen Schicht an der Oberfläche fließen, sondern innerhalb der sog. Eindringtiefe (penetration depth) exponentiell abfallen. Hierbei ist die Eindringtiefe λ definiert als der Abfall auf den 1/e-ten Wert. Schematisch ist dies in Fig. 2.2 gezeigt. Aufgetragen ist die Stromdichte der Abschirmströme gegenüber der Breite x des Supraleiters. Von den Rändern (x=0 bzw. x=d) fällt die Stromdichte exponentiell gegen Null ab. Die sich dadurch ergebende Eindringtiefe liegt im Bereich von 10-6 – 10-8 m. Fig. 2.2: Gezeigt ist der exponentielle Abfall der Abschirmstromdichte von den Rändern (x=0; x=d) des Supraleiters aus. 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 14 Diese Eindringtiefe entspricht auch der magnetischen Eindringtiefe, denn nach dem Amperschen Gesetz gilt: r r r ∇ × B = µ 0 j ; also B = − λµ 0 j Dies bedeutet, daß auch das Feld Bi nicht abrupt auf den Wert Null abfällt, sondern ebenso wie die Stromdichte j exponentiell abnimmt (s. Fig. 2.3). Außerhalb der Probe ist das äußere Feld Ba konstant. Fig. 2.3: Exponentieller Abfall des Magnetfeldes Bi in das Innere des Supraleiters. Außerhalb ist Ba konstant. Oftmals wird auch die Magnetisierung M gegenüber dem Magnetfeld aufgetragen. Es gilt die Definition: r r v Bi = Ba + µ 0 M bzw. r v r − µ 0 M = Ba − Bi Betrachtet man nur gleichgerichtete Größen, so kann auf die Vektorschreibweise verzichtet werden: − µ 0 M = Ba − Bi Figur 2.4 zeigt die der Fig. 2.2 entsprechende Auftragung der Magnetisierung als Funktion von Ba. Diese Auftragung betont das Verhalten des Supraleiters als idealer Diamagnet mit der Suszeptibilität χ=-1. Fig. 2.4: Auftragung der Magnetisierung als Funktion des äußeren Feldes. Der Supraleiter verhält sich als idealer Diamagnet (negative Steigung der Magnetisierungkurve). 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 15 Das kritische Feld ist sowohl von der Temperatur als auch vom Material abhängig. Figur 2.5 zeigt den Verlauf für unterschiedliche Materialien. Bei den dargestellten Elementen handelt es sich ausschließlich um Supraleiter 1. Art. Oberhalb der Kurve ist die Probe normalleitend, darunter supraleitend. Die kritische Temperatur ergibt sich aus dem Schnittpunkt der Magnetfeldkurve mit der x-Achse (d.h. für T → Tc geht Bc → 0). Mit sinkender Temperatur können die Supraleiter dem äußeren Magnetfeld besser widerstehen. Bei T=0 haben die Kurven waagerechte Tangenten. Fig. 2.5: Abhängigkeit des kritischen Feldes Bc von der Temperatur für verschieden Materialien (Supraleiter 1. Art). Oberhalb der Kurve ist die Probe normalleitend, darunter supraleitend Im Gegensatz zu den Supraleitern 2. Art, auf die im Kapitel 2.1.2.4 eingegangen wird, weisen die Supraleiter (SL) 1. Art nur ein kritisches Feld Bc auf. Dieses ist um Größenordnungen kleiner als die kritischen Felder des SL 2. Art. 2.1.2.2 Der Meissner-Ochsenfeld-Effekt Dieser wurde 1933 von W. Meissner und R. Ochsenfeld gefunden. Im Gegensatz zum Gedankenexperiment von 2.1.2.1 wird nun zuerst ein Magnetfeld angelegt und dann die Probe abgekühlt. Es stellt sich nun die Frage, wie sich die Probe verhalten wird, wenn sich beim Überschreiten der Bc(T)-Kurve der supraleitende Zustand einstellt. Das Feld im Inneren müßte weiterhin konstant bleiben. Man würde also ein „eingefrorenes“ Feld erwarten. Statt dessen wird das Feld aus der Probe herausgedrängt. Es gilt also wieder Bi = 0. Dies bedeutet, daß die oben erwähnten Wirbelströme spontan in der gleichen Oberflächenschicht zu fließen beginnen. Die Supraleitung erfordert offenbar, unabhängig davon ob mit oder ohne Feld gekühlt worden ist, daß Bi = 0 ist. Anders ausgedrückt kann man sagen, daß der supraleitende Zustand ein wirklicher Zustand im thermodynamischen Sinne ist. Dies bedeutet (s. Fig. 2.6), daß man vom Zustand 1 aus unabhängig vom Weg immer zu demselben Zustand 2 gelangt. 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 16 Fig. 2.6: Unabhängig vom Weg, den man wählt um von 1 nach 2 zu gelangen, der erhaltene Zustand 2 ist immer der gleiche (reversibles Verhalten). Was ereignet sich nun beim Übergang in die Supraleitung, während ein äußeres Feld beim Abkühlen anliegt? Im Moment des Übergangs geht Bi → 0. Diese Flußänderung bewirkt einen Spannungsstoß in der felderzeugenden Spule. Die sich somit ergebende magnetische Arbeit kann angegeben werden als: dW mag = U ind I Feldspule dt Dies entspricht der Energie der Probe, die ja aufgrund ihres Diamagnetismus im äußeren Feld zum magnetischen Dipol wird. Das Dipolmoment in der Probe ist (V=Volumen): m=MV Die magnetische Feldenergie dWmag des Dipols kann also auch ausgedrückt werden durch: dWmag = -m dBa Diese Formel wird differenziell geschrieben, da das magnetische Moment m mit dem äußeren Feld Ba steigt. Diese magnetische Feldenergie bezeichnet man als „Feldverdrängungsenergie“. Der Supraleiter leistet also offensichtlich Arbeit. Die dafür notwendige Energie erhält er aus der Kondensation (=Paarung) der Elektronen im supraleitendem Zustand (=Phasenübergang). 2.1.2.3 Der Zwischenzustand (intermediate state) Der Zwischenzustand tritt immer dann auf, wenn die Probe in Magnetfeldrichtung nicht unendlich lang ist, also genaugenommen immer. Zunächst betrachten wir eine Kugel. Diese wird auf eine Temperatur unterhalb ihrer kritischen Temperatur gebracht. Anschließend wird ein äußeres Magnetfeld Ba angelegt. Bild 2.6 zeigt den Verlauf der Magnetfeldlinien. Bild 2.6: Feldlinienverlauf einer supraleitenden Kugel, die sich in einem äußeren Feld Ba befindet. Das innere Feld Bi in der Kugel ist Null (SL Zustand). Am Äquator erhält man dadurch ein erhöhtes Feld Bäq. 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 17 Das Innere der Kugel ist aufgrund der Abschirmströme frei von Magnetfeldlinien (Bi=0). Am Äquator kommt es wegen der Verdrängung der Feldlinien aus dem Inneren des Supraleiters zu einer Verdichtung. Das Feld am Äquator ist im Fall der Kugel gegeben durch: Bäq = Ba + BDipol = Ba + BSupraleiter = 3 Ba 2 BSupraleiter ist das Magnetfeld, daß aufgrund der Abschirmströme im Supraleiter erzeugt wird. Dieses entspricht im Außenraum einem Dipolfeld. Aufgrund dieser Verdichtung der Feldlinien am Äquator wird das kritische Feld Bc dort früher erreicht als bei einer langen, dünnen Probe, und zwar schon bei: Ba = 2 Bc 3 Bei dieser Feldstärke wird der Supraleiter am Äquator normalleitend, d.h. die Abschirmströme nehmen ab. Dadurch nimmt jedoch die Dichte der Feldlinien am Äquator wieder ab. Dies würde bedeuten, daß das Feld wieder aus dem Supraleiter verdrängt wird. Makroskopisch gesehen ist der Zustand also instabil. Nur durch eine mikroskopische feine Auffächerung in normalleitende und supraleitende Bereiche kann sich ein Gleichgewicht einstellen. Die Auffächerung erfolgt auf einer Längenskala von der Größenordnung der Eindringtiefe. Dann gewinnt die Grenzflächenenergie zwischen den normalleitenden und supraleitenden Phasen an Bedeutung. Man bezeichnet diesen Zustand als Zwischenzustand. In Bild 2.7 ist die Zwischenzustandsstruktur einer Indium-Platte gezeigt. Die helleren Strukturen entsprechen den normalleitenden Bereichen. Bild 2.7: Zwischenzustandsstruktur einer Indium-Platte. Die helleren Strukturen entsprechen den normalleitenden Bereichen. (Buckel) 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 18 Figur 2.7 zeigt den makroskopischen Verlauf des Feldes Bi im Inneren des SL unter Berücksichtigung des Zwischenzustandes. Steigt das äußere Feld auf zwei Drittel (im Falle einer Kugel) des kritischen Feldes Bc, so beginnt sich der Zwischenzustand zu bilden. Das Feld Bi im Inneren des Supraleiters weist einen Wert ungleich Null auf. Der Zwischenzustand endet, sobald das kritische Feld Bc erreicht ist. Nun ist die Probe im Inneren vollständig normalleitend und somit Bi = Ba. Fig. 2.7: Verlauf des inneren Feldes Bi in einem SL 1. Art unter Berücksichtigung einer endlichen Ausdehnung. Da die Proben nie unendlich lang sind, tritt der Zwischenzustand immer auf. Er tritt um so deutlicher in Erscheinung, je kürzer die Probe ist. In Zukunft betrachten wir lange Proben, bei denen man den Zwischenzustand vernachlässigen kann. 2.1.2.4 Der gemischte Zustand (Supraleiter 2. Art) (mixed state) Beispiele für Supraleiter 2. Art: - Elemente: nur Nb - fast alle Legierungen - alle Hochtemperatursupraleiter Der gemischte Zustand tritt im Gegensatz zum Zwischenzustand auch für unendlich lange Proben auf. Charakteristisch für den gemischten Zustand, und damit für Supraleiter 2. Art, ist das Verhalten im Magnetfeld. Es treten hier zwei kritische Felder auf. Zum einen das sog. untere kritische Feld Bc1 (lower critical field) und zum anderen das obere krtische Feld Bc2 (upper critical field). Figur 2.8 zeigt den Verlauf des Feldes Bi im Inneren des Supraleiters in Abhängigkeit vom äußeren Feld Ba. Solange das äußere Feld kleiner als das kritische Feld Bc1 ist, befinden wir uns wie beim Supraleiter 1. Art in der Meissner Phase. Dies bedeutet, daß das Feld im Inneren gleich Null ist. Wird das kritische Feld Bc1 überschritten, erhält man den gemischten Zustand oder die Shubnikov Phase. Hier kommt es zu einer Koexistenz von normalleitenden Bereichen und supraleitenden Bereichen. Die Tangente der Feldkurve mündet dabei senkrecht bei Bc1 ein. Das Feld dringt ab Bc1 in sog. Flußfäden (Buckel: Flußschläuche; englisch: flux lines oder vortices) in den Supraleiter ein. Einen Flußfaden kann man sich vorstellen als eine normalleitende Linie durch die Probe, um die ein Kreisstrom oder ein Stromwirbel (=vortex) fließt. 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 19 Fig. 2.8: Abhängigkeit des inneren Feldes Bi eines Supraleiters 2. Art vom äußeren Feld Ba Ein Flußfaden umschließt genau ein Flußquant φ0 für das gilt: φ0 = h 2e Die Flußfäden ordnen sich dabei zu einem regelmäßigen Dreiecksgitter, dem sog. Abrikosov Gitter, an. Bild 2.8 zeigt einen Supraleiter 2. Art im gemischten Zustand. Schwarz dargestellt sind in diesem Bild die Flußfäden. Deutlich ist die dreiecksförmige Anordnung zu erkennen. Bild 2.8: Verteilung der Flußschläuche in einem Supraleiter 2. Art (Pb96In4). Eingezeichnet ist außerdem das Dreiecksgitter. Der Balken um unteren linken Bildrand entspricht einer Länge von 1µm. Mit steigendem äußeren Feld Ba dringen immer mehr Flußfäden in den Supraleiter ein. Dadurch steigt der Fluß im Inneren der Probe, also auch das makroskopisch gemittelte Feld Bi, das gegeben ist durch: ( A)φ Bi = N 0 Hierbei ist: N = Anzahl der Flußfäden in der Probe A = Querschnittsfläche der Probe 2.1 Grundwissen 2.1.2. Verhalten im Magnetfeld 20 Wird Bc2 erreicht, also am Schnittpunkt der Kurve mit der Winkelhalbierenden, sind nur noch überlappende normalleitende Kerne der Flußfäden vorhanden. Die Supraleitung bricht nun völlig zusammen und es gilt wieder Bi=Ba (s. Fig. 2.8). Statt dem inneren Feld Bi trägt man meist die Magnetisierung über dem äußeren Feld Ba auf. Dies ist in Figur 2.9 gezeigt (vergleiche dazu Fig. 2.4: Magnetisierung des SL 1.Art). Zunächst steigt die Magnetisierung linear an. Der Supraleiter zeigt das gewohnte diamagnetische Verhalten. Ist Bc1 erreicht, fällt die Kurve ab. Im Idealfall erhält man in diesem Punkt eine senkrechte Tangente. (Im realen SL kommt es an dieser Stelle meist zu einer Hysterese und damit nicht zu einer senkrechten Tangente). Das Feld dringt nun in den Supraleiter ein, bis schließlich bei Erreichen von Bc2 die gesamte Probe normalleitend ist. Fig. 2.9: Magnetisierung in Abhängigkeit vom äußeren Feld für einen Supraleiter 2. Art. Abschließend sei noch die Abhängigkeit des kritischen Magnetfeldes Bc2 von der Temperatur angegeben (s. Fig. 2.10). Im Vergleich zum Supraleiter 1. Art (Type I superconductor) hält der Supraleiter 2. Art (Type II superconductor) deutlich höheren Feldstärken stand. Die Ursache liegt darin, daß durch das Eindringen des Feldes (gemischter Zustand) die Feldverdrängungsarbeit reduziert wird. Die Temperaturabhängigkeit ist ähnlich wie beim SL 1. Art. Fig. 2.10: Abhängigkeit des kritischen Feldes von der Temperatur für verschiedene Supraleiter 2. Art. Man erhält einen ähnlichen Verlauf wie beim Supraleiter 1. Art, aber es werden deutlich höhere Felder erreicht. (Kittel) 2.1 Grundwissen 2.1.3 2.1.3. Thermodynamik des Supraleiters 21 Thermodynamik des Supraleiters: Der von Meissner und Ochsenfeld gefundene Effekt zeichnet die Supraleitung als eine eigene Phase aus. Der Vorteil einer thermodynamischen Behandlung eines solchen makroskopischen Systems liegt darin, daß man sich auf die makroskopischen Variablen des Systems beschränkt (vgl. Gastheorie: statt 3N Orts- und 3N Impulskoordinaten zu verwenden, beschränkt man sich auf Variablen wie Druck, Temperatur, Volumen etc.). Eine makroskopische Beschreibung eines thermodynamischen Systems erfolgt mit den thermodynamischen Potentialen. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß bei einer differenziellen Variation gerade die Differentiale der unabhängigen Variablen auftreten. Für den Supraleiter im Magnetfeld wählt man am besten die Helmholtzsche Freie Energie. 2.1.3.1 Thermodynamisches kritisches Feld Zunächst interessieren wir uns nur für die Abhängigkeit der Freien Energie vom äußeren Magnetfeld, die ja durch die Feldverdrängung zustande kommt, siehe 2.1.2.2. Hier schreiben wir in integraler Form: FSL ( B ) = FSL (0) − Ba ∫mdB / a 0 Ba = FSL (0) − V ∫MdBa/ (2.1) 0 Für Supraleiter 1. Art war: M =χ B B =− µ0 µ0 also gilt: V FSL ( B) = FSL (0) + µ0 ⇒ FSL ( B ) = FSL (0) + Ba ∫B dB / a / a 0 V Ba2 µ0 2 Dies ist in Fig. 2.11 verdeutlicht. Fig. 2.11: Definition des kritischen Feldes über den Schnittpunkt der Freien Energie des Supraleiters in Abhängigkeit vom B-Feld und der Differenz von FNL-FSL (=Kondensationsenergie des SL). 2.1 Grundwissen 2.1.3. Thermodynamik des Supraleiters 22 In Fig. 2.11 steigt FSL parabelförmig an, bis FNL, die Freie Energie des Noramlleiters, erreicht ist. Ab dann ist die Normalleitung energetisch günstiger. FNL-FSL(0) ist also die Kondenstionsenergie des Supraleiters, die aus der Paarbindung der Elektronen kommt. Wegen B2 FNL = FSL ( Bc ) = FSL (0) + V c 2µ 0 gilt für die Kondensationsenergie: B2 FNL − FSL (0) = V c 2µ 0 Für den Supraleiter 2. Art hängt M komplizierter von Ba ab. Die Integration von Formel 2.1 wird daher in Figur 2.12 nur grafisch qualitativ durchgeführt. Fig. 2.12: Magnetisierungskurve bzw. Freie Energie in Abhängigkeit vom äußeren Feld für einen SL 2. Art. Den Wert des Integrals (Formel 2.1) in den Grenzuen von 0 bis Bc2 drückt man oft durch ein fiktives Feld, das sog. thermodynamische kritische Feld Bcth, aus. Bei diesem würde Normalleitung erreicht werden, wenn es sich um einen Supraleiter 1. Art handeln würde. Somit gilt die Defintion für Bcth: B 2 a Bcth ≡ − V ∫MdBa/ 2µ 0 0 bzw. Ba Bcth ≡ − 2µ 0V ∫MdBa/ 0 2.1 Grundwissen 2.1.3. Thermodynamik des Supraleiters 23 Dies kann in Figur 2.12 eingezeichnet werden, und zwar im unteren Teilbild als Extrapolation der Parabel des Meissnerzustandes bis zum Schnittpunkt mit der Geraden F=FNL, und im oberen Teilbild durch die skizzierte Konstruktion mit Flächengleichheit (A1=A2). Für das so definierte Bcth gilt wieder wie im Supraleiter 1. Art: FNL − FSL (0) = V 2 Bcth 2µ 0