Ionentransport in Elektrolyten

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Ionentransport in Elektrolyten
Aus der direkt beobachtbaren Wanderungsgeschwindigkeit gefärbter Ionen in einem elektrischen Feld werden die Ionenbeweglichkeiten u, die molaren Ionenleitfähigkeiten λ und der
hydrodynamische Ionenradius rH bestimmt. Aus der Konzentrationsänderung einer Elektrolytlösung in den Elektrodenräumen nach erfolgter Elektrolyse lassen sich bei Kenntnis der Elektrodenreaktionen und der Ionenwanderungsprozesse die Hittorfschen Überführungszahlen t
ermitteln, die den Anteil der jeweiligen Ionensorte zum Gesamtstrom angeben. Die Konzentrationsänderungen bestimmen Sie mittels konduktometrischer Titration.
Stichworte
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Leitfähigkeit, elektrischer Widerstand
Stokessche Reibung
Wanderungsgeschwindigkeit von Ionen
Ionenbeweglichkeit
Debye-Hückel-Theorie
starke und schwache Elektrolyten
Ionenradien
konduktometrische Titration
Ionenbeweglichkeit
Nach Anlegen eines elektrischen Felds der Feldstärke E wirkt auf ein ursprünglich in einer
Lösung ruhendes Teilchen der Ladung ze die Kraft FE
FE = z e E
(1)
die das Teilchen beschleunigt. Das bewegte Teilchen erfährt eine seiner Geschwindigkeit v
proportionale, ihr entgegen gerichtete Reibungskraft FR
FR = k v
(2)
Das Teilchen wird so lange beschleunigt, bis FR = FE ist und sich eine konstante Geschwindigkeit vD einstellt, die proportional zur angelegten Feldstärke E ist. Dies ist die mikrophysikalische Deutung des Ohmschen Gesetzes. Der Quotient
u = vD / E
(3)
wird Beweglichkeit (mobility) genannt. Die Ionenbeweglichkeit ist direkt messbar, wenn man
die Bewegung einer Grenzschicht unterschiedlich gefärbter Ionen unter dem Einfluss eines
elektrischen Feldes verfolgt (Versuchsteil 1). Diese Wanderung einer Grenzschicht ist die Urform der Elektrophorese, die bei Vorliegen unterschiedlicher Ionenbeweglichkeiten in einem
Gemisch zur Stofftrennung und –charakterisierung genutzt werden kann.
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Multipliziert man die Beweglichkeit u mit der Faradaykonstanten F und der Ladungszahl z, so
erhält man die molare Ionenleitfähigkeit λ:
λ=zFu
(4)
Die molare Grenzleitfähigkeit (limiting molar conductivity) Λm0 der Elektrolytlösung erhält
man durch die Summation der mit den stöchiometrischen Faktoren ν+ und ν− gewichteten molaren Ionenleitfähigkeiten λ+ und λ− der Kationen und der Anionen (Gesetz der unabhängigen
Ionenwanderung):
Λm0 = λ+ν+ + λ−ν− = (ν+ z u + ν− z− u−) F
(5a)
was sich im Falle eines symmetrischen Elektrolyten (z = z = z) zu
Λm0 = (u + u) z F
(5b)
vereinfacht.
Die Reibungskraft FR, die auf ein kugelförmiges Teilchen vom Radius r wirkt, das sich mit einer Geschwindigkeit v in einem Medium der dynamischen Viskosität η bewegt, lässt sich
durch das Stokessche Gesetz beschreiben:
FR = 6 π η r v
(6)
Nimmt man nun - in recht grober Näherung - für die Ionenwanderung die Gültigkeit dieses
Gesetzes an, so lässt sich der hydrodynamische Ionenradius r des Ions zusammen mit seiner
Hydrathülle abschätzen:
r=
zeE
6 π ηv
(7)
Hittorfsche Überführungszahlen
Im Gegensatz zum Ladungstransport (Strom) in einem metallischen Leiter wird die Ladung in
einer Elektrolytlösung anteilig von Ionen mit positiver wie mit negativer Ladung transportiert.
Die Anteile I+ und I der jeweiligen Ionensorten am Gesamtstrom I geben dabei die Hittorfschen Überführungszahlen (transference numbers) t+ und t an:
t + = I+ / ( I + + I ) = I+ / I
t= I / ( I+ + I ) = I / I
(8a)
(8b)
Die Hittorfschen Überführungszahlen sind also der prozentuale Anteil der jeweiligen Ionensorten am Gesamtstrom, und ihre Summe ergibt immer 1 (100%). Sie können durch eine indirekte Messung bestimmt werden (Versuchsteil 2). Dazu ist es notwendig, sich die Verhältnisse in einer Elektrolytlösung im Detail zu veranschaulichen.
Einen Elektrolyten mit den stöchiometrischen Koeffizienten ν+ und ν− bezeichnet man als
(ν+,ν−)-Elektrolyten. Die Lösung eines starken (ν+,ν−)-Elektrolyten mit der Konzentration c
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enthält dann ν+cNA Kationen und ν−cNA Anionen pro Volumeneinheit (NA: Avogadro-Konstante). Für die folgenden Überlegungen beschränken wir uns auf das Kation. Für das Anion
ergeben sich die zugehörigen Größen in analoger Weise.
Die Kationen, die nach Anlegen der Spannung U mit der Wanderungsgeschwindigkeit v + in
einem Zeitintervall Δt durch die Querschnittsfläche A wandern, sind in dem Volumen v +ΔtA
enthalten. Die Zahl der Kationen in diesem Volumen ist (v+ΔtA)(ν+cNA). Der Kationenfluss,
der die Zahl der Kationen angibt, die pro Zeiteinheit Δt durch die Fläche A wandern, ist dann
v+ν+cNA und für die Stromdichtea (current density) J+ gilt somit:
J+ = v+ ν+ c NA z+ e = v+ ν+ c z+ F
(9)
Die Faraday-Konstante F = NAe ist die Gesamtladung eines Mols einfach geladener Teilchen
(F = 96485.3 C).
Die Leitfähigkeit ist der Kehrwert des elektrischen Widerstands R, die spezifische Leitfähigkeit κ ist entsprechend der Kehrwert des spezifischen Widerstands ρ. Der spezifische Widerstand ρ ist dabei der auf die Querschnittsfläche A und die Länge d eines Leiters (oder einer
Elektrolytlösung) bezogene Widerstand: ρ = RA/d. Mit der Definition der Beweglichkeit aus
Gleichung (3) ergibt sich für die spezifische Leitfähigkeit κ+ des Kations:
κ+ = d / (R+ A) = z+ u+ ν+ c F
(10)
indem der ohmsche Widerstand R+ = U/I+ durch den Quotienten zwischen Spannung U und
Stromstärke I+, die Spannung U = E·d durch das Produkt der elektrischen Feldstärke E mit der
Entfernung d zwischen den Elektroden und die Querschnittsfläche A = I +/J+ durch den Quotienten zwischen Stromdichte J+ und Strom I+ ersetzt wurden. Entsprechend ist die Leitfähigkeit
κ− für das Anion gegeben. In einer Lösung misst man jedoch immer die spezifische Gesamtleitfähigkeit κ = κ+ + κ−:
κ = F c (ν+ z+ u+ + ν− z u )
(11)
die über die Konzentration c des Elektrolyten mit der in Gleichung (5) definierten molaren
Grenzleitfähigkeit Λm0 = κ/c verknüpft ist.
Unter Einbeziehung obiger Formeln für I, J und v und der Elektroneutralitätsbedingung eines
binären Salzes ν+ z+ = ν− z geht Gleichung (8a) über in
u+
u + +u Q+
Δ n+
t +=
=
Q ++Q- Δ n
t +=
bzw.
a
(12a)
(12b)
Der Fluss ϕB einer physikalischen Größe B (Wärme, Energie, Teilchen...) beschreibt die Menge der jeweiligen
Größe, die pro Zeiteinheit Δt durch die Querschnittsfläche A hindurchtritt: ϕB = B/(ΔtA). Von dieser Sprachregelung abweichend wird der Fluss einer Ladung Q (Ladung pro Zeiteinheit und Fläche) als Stromdichte J bezeichnet.
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wobei Q+ und Q die durch Kationen bzw. Anionen transportierten Ladungsmengen sind sowie Q = Q+ + Q die gesamte verschobene Ladungsmenge, die dem geflossenen Gesamtstrom
I äquivalent ist. Δn+, Δn und Δn bezeichnen in entsprechender Weise die jeweiligen Stoffmengenänderungen.
Zur Bestimmung von Überführungszahlen ist es ausreichend, die Überführungszahl einer Ionensorte zu bestimmen, denn die der anderen folgt aus der Bedingung t + + t = 1. Um beispielsweise t+ bestimmen zu können, müssen Q+ und Q bzw. Δn+ und Δn gemessen werden.
Die Ladungstransporte bei der Elektrolyse eines (1,1)-Elektrolyten, bei dem das Anion nicht
entladen wird (z.B. HNO3(aq)) lassen sich, wie in Abbildung 1 dargestellt, verbildlichen:
U
I
+
+
+


+
+


I

++ +
+
+


+
+


+
+


I+
+
+
I 
+
+


+
+


+
+


+
+


+
+


+
+


+
+


+
+


+
+


Abbildung 1: Beispiel für Ionenwanderung und Elektrodenreaktionen bei der Elektrolyse eines (1,1)-Elektrolyten, bei dem das Anion nicht entladen wird. In diesem Beispiel treten durch jede Grenzschicht
pro Zeiteinheit 3 Ladungen hindurch: Im elektrischen Leiter sind es 3 Elektronen, die sich im
Uhrzeigersinn bewegen. An der Grenzschicht Anode/Elektrolyt entstehen 3 Kationen, an der
Grenzschicht Kathode/Elektrolyt verlassen 3 Kationen die Lösung. Der Ladungstransport zwischen den Elektrodenräumen und dem Mittelraum wird in diesem Beispiel zu einem Drittel von
den Anionen und zu zwei Dritteln von den Kationen (t  = 1/3, t+ = 2/3) getragen. Der Fortgang
der Elektrolyse führt zur Anreicherung des Elektrolyten im Anodenraum und zur Konzentrationsabnahme im Kathodenraum.
Da bei der Elektrolyse von Salpetersäure die Nitrationen nicht entladen werden und die Elektroneutralität der Lösung in allen Räumen gewährleistet sein muss, wird die Säurekonzentration im Anodenraum im gleichen Maß erhöht, wie sie im Kathodenraum abnimmt. Um die Änderung der Stoffmengen in den einzelnen Räumen zu erhalten, wird die Elektrolyse in Wanderungsprozesse und Elektronenreaktionen aufgespalten, wie in Tabelle 1 dargestellt. Man
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sieht, dass durch eine Bestimmung der Konzentrationsänderungen in den Elektrodenräumen
jeweils die Stoffmengenänderung Δn (und damit t) bestimmt wird, so dass die gleiche Messgröße aus zwei unabhängigen Messungen gewonnen wird (was eine Fehlerberechnung ermöglicht).
A: Anion, K: Kation
Kathodenraum
Mittelraum
Anodenraum
Ionenwanderung
A: −Q/F = −Δn
A: −Q/F = −Δn
A: +Q/F = +Δn
K: +Q+/F = +Δn+
A: +Q/F = +Δn
K: −Q+/F = −Δn+
K: +Q+/F = +Δn+
K: −Q+/F = −Δn+
Elektrodenprozesse
K: −Q/F = −Δn
Gesamtbilanz
A: −Q/F = −Δn
A: 0
A: +Q/F = +Δn
K: −Q/F = −Δn
K: 0
K: +Q/F = +Δn
Tabelle 1:
K: +Q/F = +Δn
Stoffmengenänderungen in den Teilräumen bei Elektrolysevorgängen, in denen das Anion
nicht entladen wird (z.B. HNO3).
Etwas anders stellt sich die Situation bei einem Elektrolysevorgang dar, bei dem das Anion
ebenfalls entladen wird (z.B. Elektrolyse von HCl). Hier ist die Stoffmengenänderung durch
den Elektrodenprozess im Anodenraum −Q/F = −Δn für das Anion (wie für das Kation an der
Kathode), so dass in beiden Elektrodenräumen sich die Säurekonzentration verringert. In der
Gesamtbilanz ist die Konzentrationsverringerung im Anodenraum jetzt aber proportional zur
Stoffmengenänderung Δn+, während die Situation im Kathodenraum unverändert geblieben ist
(Konzentrationsverringerung proportional zur Stoffmengenänderung Δn). In einem solchen
Fall werden die Größen t+ und t getrennt aus zwei unabhängigen Messungen bestimmt.
Leitfähigkeitstitration (Konduktometrische Titration)
Bei der konduktometrischen Titration beobachtet man die Änderung der Leitfähigkeit einer
Lösung eines Elektrolyten in Abhängigkeit von der zugesetzten Menge einer Reagenzlösung.
Die elektrische Leitfähigkeit einer Lösung ändert sich während der Titration, wenn leicht bewegliche Ionen durch schwer bewegliche Ionen ausgetauscht werden oder umgekehrt. Betrachtet man z.B. die Titration von HCl mit NaOH, so setzt sich die Leitfähigkeit der Lösung
während der Titration aus der Summe der Leitfähigkeiten der einzelnen in der Lösung vorhandenen Ionen zusammen.
H   Cl   Na   OH  
 Na   Cl   H 2 O
(13)
Die Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen beruht auf der elektrolytischen Dissoziation: Säuren, Basen und Salze zerfallen in Lösung in elektrisch geladene Teilchen. Diese können sich
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in einem elektrischen Feld bewegen und so als Ladungsträger des elektrischen Stroms wirken.
Die Leitfähigkeit einer Elektrolytlösung ist bestimmt durch:
1) die Anzahl der Ladungsträger (Ionen) in der Lösung
2) die Ionenladungszahl
3) die Beweglichkeit der Ionen (Wanderungsgeschwindigkeit) im elektrischen Feld.
Diese ist wiederum von der Natur der Ionen, der Feldstärke und der Viskosität des Lösemittels abhängig. Nach Gleichung (5b) setzt sich die spezifische Leitfähigkeit κ0 der Ausgangslösung HCl zusammen aus:
κ0 =F( u H +u Cl ) c
+
(14)
-
Gibt man nun zu dieser Ausgangslösung mit dem Volumen V das Volumen V' einer NaOHLösung mit der Konzentration c' hinzu, so werden H+−Ionen aus der Lösung entfernt und Na+
hinzugefügt. Für die spezifische Leitfähigkeit während der Titration gilt dann:
V' 
V'

  Fu Cl  c  Fu H   c  c'   Fu Na  c'
V 
V

(15)
Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass sich das Volumen der vorgelegten HCl-Lösung nicht
merklich verändert. Praktisch erreicht man dies dadurch, dass man c'c wählt. Damit ergibt
sich für die Leitfähigkeit der Lösung während der Titration:

   0  F u Na   u H 
 VV' c'
(16)
Da die Na+-Ionen eine kleinere Beweglichkeit besitzen als die H+-Ionen, nimmt die spezifische Leitfähigkeit der Lösung bei Zugabe von NaOH solange linear ab, bis der Äquivalenzpunkt erreicht ist. Bei weiterer Laugenzugabe wird die spezifische Leitfähigkeit der Lösung
durch die Na+−, Cl−− und OH−−Ionen bedingt.
V'
 V'

  Fu Cl  c  Fu OH   c'c   Fu Na  c'
V
V

(17)
Jetzt steigt die spezifische Leitfähigkeit proportional zum zugesetzten Volumen V' an (s. Abb.
2). Zur Ermittlung des Äquivalenzpunktes ist eine Absolutmessung der spezifischen Leitfähigkeit nicht erforderlich. Eine zu κ äquivalente Größe (z.B. Kehrwert des Zellwiderstandes)
wird in Abhängigkeit des zugesetzten Laugenvolumens gemessen. Der Äquivalenzpunkt ergibt sich aus dem Schnittpunkt beider Geraden.
Überlegen Sie sich den Verlauf der spezifischen Leitfähigkeit bei der Titration einer schwachen Säure mit einer starken Base. Wie hat man sich den Verlauf zu erklären? (Beachten Sie:
Schwache Säuren oder Basen sind nicht vollständig dissoziiert. In der Nähe des Äquivalenzpunktes wird die Konzentration an freien Ionen durch die vorliegenden Solvolysegleichgewichte (hier als Spezialfall Hydrolysegleichgewicht) bestimmt.
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Abbildung 2: Konduktometrische Titration eines starken Elektrolyten. Verlauf der spezifischen Leitfähigkeit κ
als Funktion des zugegebenen Volumens V'
Eine Temperaturänderung von ±1 °C bewirkt eine Schwankung in der Äquivalentleitfähigkeit
von ca. ±2.5%. Es ist deshalb während der Titration für eine konstante Temperatur zu sorgen.
Ausführung und Auswertung der Messungen
1) Bestimmen Sie die Überführungszahlen für das H+− und das NO3−−Ion aus den Konzentrationsänderungen in den Elektrodenräumen bei der Elektrolyse von HNO3.
2) Bestimmen Sie die Beweglichkeit des MnO4−−Ions direkt aus der Wanderungsgeschwindigkeit der Grenzschicht bei Elektrolyse einer übereinandergeschichteten HNO 3/KMnO4Lösung. Schätzen Sie den Ionenradius ab.
Überführungszahlen
Beginnen Sie zweckmäßigerweise mit diesem Versuchsteil, der gut 2 Stunden dauert. Während des Versuchs können Sie parallel mit Teil 2 (direkte Messung der Wanderungsgeschwindigkeit von Ionen) beginnen, um Zeit zu sparen.
Zur Bestimmung der Überführungszahlen müssen Sie die Zahl der insgesamt umgesetzten
Äquivalente Δn sowie den Beitrag einer Ionensorte (hier: der Anionen) Δn messen. Dazu
schalten Sie ein zweites Elektrolysiergefäß, ein Coulometer (zur Bestimmung der geflossenen
Gesamtladung) und ein Amperemeter (zu Kontrollzwecken) in Reihe und verbinden Sie die
Schaltung mit dem zweiten Ausgang des Netzgerätes.
Füllen Sie das Elektrolysiergefäß mit etwa 0,1m HNO 3−Lösung so weit, bis die Fritten bedeckt sind. Der Säurestand soll in den Räumen gleich hoch sein. (Wozu dienen die Fritten und
warum haben sie nur eine kleine Fläche?) Nach Einschalten des Stromes soll sich bei einer
Spannung von ca. 50 V eine Stromstärke von ca. 50 mA einstellen. Lassen Sie den Versuch 2
Stunden laufen. Ermitteln Sie währenddessen die genaue Ausgangskonzentration der Säure
vor Versuchsbeginn durch zweimalige konduktometrische Titration mit 0,5m NaOH. Füllen
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Sie nach Versuchsende die Lösung aller drei Räume in drei Messzylinder, stellen Sie die jeweiligen Volumina fest und bestimmen Sie die H +−Ionen-Konzentration der beiden Elektroden- und des Mittelraumes durch konduktometrische Titration. Wiederholen Sie alle Titrationen zwei Mal. Aus den so ermittelten Konzentrationsänderungen im Anoden- und Kathodenraum und den gemessenen Volumina erhalten Sie Δn als Mittelwert. Die Konzentration im
Mittelraum nach Versuchsende muss der ursprünglichen Säurekonzentration vor Versuchsbeginn entsprechen.
Die Konzentrationsbestimmung soll durch graphische Auswertung erfolgen. Das verbrauchte
Volumen an NaOH ist gegen die entsprechende Leitfähigkeit der Lösung aufzutragen. Diskutieren Sie den Zusammenhang der Steigungen der Teiläste des Graphen mit den Ionenleitfähigkeiten. Der Äquivalenzpunkt ergibt sich aus der Projektion des Schnittpunktes der beiden
Teiläste auf die Volumen-Achse. Diskutieren Sie, wie groß der Fehler bei der Konzentrationsbestimmung ist, der durch die Vergrößerung des Volumens der HNO3−Lösung entsteht.
Zur Bestimmung von n dient das Coulometer. Es besteht aus zwei Kupferelektroden in Kupfersulfatlösung. Bei Stromfluss durch das Coulometer scheidet sich auf der Kathode metallisches Kupfer ab, während von der Anode Kupferionen in Lösung gehen. Die Massen der
Elektroden verändern sich dementsprechend, und durch Wägungen der Elektroden vor und
nach dem Versuch lässt sich die gesamte transportierte Ladung Q bzw. die Zahl der umgesetzten Äquivalente Δn bestimmen. Die Konzentration der Lösung bleibt dabei unverändert.
Säubern Sie dazu vor Versuchsbeginn die Elektroden des Kupfercoulometers mit Schmirgelpapier, wiegen Sie sie und bringen sie in das Coulometer ein, das Sie zuvor mit Kupfersulfatlösung gefüllt haben. Spülen Sie die Platten des Coulometers nach Versuchsende mit destilliertem Wasser ab, trocknen Sie sie mit einem Fön und wiegen sie erneut. Ermitteln Sie daraus Δn.
Berechnen Sie die Überführungszahlen t+ und t aus Δn und Δn gemäß Gleichung 12. Ermitteln Sie die dazugehörigen Messfehler.
Beweglichkeit des MnO4−−Ions
Verwenden Sie zur direkten Bestimmung der Ionenbeweglichkeit ein U-förmiges Elektrolysiergefäß. Füllen Sie 0.003n KMnO4−Lösung (die zur Erhöhung der Dichte mit Harnstoff
oder Zucker - ca. 1−2 g auf 100 mL - versetzt wurde) in den Trichter des Messgefäßes und
lassen Sie sie auch in das Hahnküken ein. Dann beschicken Sie das U-Rohr mit 0,003n
KNO3−Lösung etwa bis zur Hälfte. Durch vorsichtiges Öffnen des Hahnes unterschichten Sie
die KNO3−Lösung langsam mit der KMnO4−Lösung. Die Schichtgrenze muss sich scharf ausbilden ! Tauchen Sie 2 Pt-Elektroden in das Gefäß ein und achten Sie darauf, dass sie die Gefäßwand nicht berühren. Verbinden Sie die Elektroden mit dem Netzgerät, schalten Sie ein
Voltmeter parallel und legen Sie eine Spannung von ca. 50 V an.
Nach dem Einschalten wird sich eine Trennschicht heben, die andere senken. Lesen Sie alle 5
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Minuten, im Ganzen 45 Minuten lang, die Verschiebung in beiden Schenkeln des U-Rohres
ab. Bilden Sie den Mittelwert aus den jeweils zusammengehörenden Werten. Bestimmen Sie
aus den beobachteten Verschiebungen die Ionengeschwindigkeit v D mittels linearer Regression. Ermitteln Sie den Abstand d der Elektroden, den Sie zur Bestimmung der elektrischen
Feldstärke benötigen, mit einem biegsamen Draht. Berechnen Sie nun die Beweglichkeit des
MnO4Ions. Entnehmen Sie die dynamische Viskosität η von Wasser bei der Arbeitstemperatur aus Tabellenwerken und schätzen Sie den Ionenradius nach Gleichung (7) ab. Alle Ergebnisse sind mit ihrem Fehler anzugeben.
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