Im Trippelschritt zur Höchstgeschwindigkeit

Werbung
URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM140716_Ameisen.pdf
Im Trippelschritt zur Höchstgeschwindigkeit
Bewegungswissenschaftler analysieren die Fortbewegung von Ameisen
Sie sind klein, flink und wendig: Dank eines äußerst dynamischen Heckantriebs und effizienter
Leichtbauweise, vor allem aber aufgrund eines ausgeklügelten Stabilisierungssystems, bringen es
die kleinen Flitzer auf absolute Spitzengeschwindigkeiten. Die Rede ist nicht etwa von einer neuen
Generation ultraschneller Kleinwagen. Gemeint sich Waldameisen (Formica polyctena). Bis zu 26
Körperlängen legen die Tiere pro Sekunde zurück und erreichen dabei eine Frequenz von 16
Schritten pro Sekunde.
"Und das alles, ohne dabei abzuheben", sagt Bewegungswissenschaftler Lars Reinhardt von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Denn anders als bei den meisten schnell laufenden
Säugetieren oder Vögeln gibt es bei der Fortbewegung von Ameisen keine Flugphase." Auch bei
hohem Tempo, so Reinhardt weiter, verlieren die Tiere daher niemals die Bodenhaftung, sondern
erreichen das rasante Tempo im Trippelschritt. Zu diesem Ergebnis ist der Nachwuchsforscher aus
dem Team von Prof. Dr. Reinhard Blickhan in einer aktuellen Studie gekommen. Wie er in der
Fachzeitschrift "The Journal of Experimental Biology" schreibt, nutzen Ameisen ein "grounded
running" genanntes Bewegungsmuster (DOI: 10.1242/jeb.098426).
In der vorliegenden Arbeit haben die Jenaer Forscher die erste umfassende, biomechanische
Lokomotionsanalyse an Ameisen überhaupt vorgenommen, in der nicht nur die Bewegungsabläufe
sondern auch die bei der Fortbewegung der Tiere wirkenden Kräfte gemessen und analysiert
worden sind. Möglich machte das erst ein eigens entwickelter hochempfindlicher Sensor, den Lars
Reinhardt im Rahmen seiner Promotionsarbeit entwickelt hat (DOI: 10.1242/jeb.094177). Dieser
besteht aus elastischen Polymerstreifen, die selbst winzigste Kräfte im Mikro-Newton-Bereich in
allen drei Raumrichtungen erfassen können.
Stabilität auch im unwegsamen Gelände
Das Schrittmuster der Ameisen, erläutert Lars Reinhardt, bleibe bei jedem Tempo gleich: Jeweils
drei Beine der insgesamt drei Beinpaare berühre den Boden. "Die Tiere nutzen den sogenannten
alternierenden Tripod-Gang." Dazu bewegen sie synchron das Vorder- und Hinterbein einer
Körperseite und das mittlere Bein auf der gegenüberliegenden Seite nach vorn. Erst wenn alle drei
wieder Bodenkontakt haben, heben die jeweils anderen drei Beine ab. Das sei zwar
vergleichsweise energieaufwendig. "Doch so erreichen die Ameisen einen sehr stabilen Gang,
auch im unwegsamen Gelände", sagt Reinhardt. Hinzu komme, dass diese Art der Fortbewegung
auch blitzschnelle Richtungswechsel möglich mache. "Und das ist in der Natur wichtiger als
Energie einzusparen."
Im Trippelschritt zur Höchstgeschwindigkeit
1
Den Hauptantrieb für die Vorwärtsbewegung der Ameisen leistet das hintere Beinpaar, so ein
weiteres Ergebnis der aktuellen Studie. Die Vorderbeine wirken dagegen eher bremsend, während
die Beine in der Körpermitte zur Stabilisierung des Ganges beitragen.
Zusätzlich haben die Bewegungsforscher erkannt, dass die Ameisen in regelmäßigen Abständen
zwischen den Schritten kurz mit dem Hinterleib den Boden berühren, was die Bewegung ebenfalls
leicht abbremst. "Dabei legen sie Duftspuren, die ihren Artgenossen den Weg weisen", erläutert
Reinhardt. Dies behindere zwar einerseits die Fortbewegung des einzelnen Tieres. "Andererseits
profitieren die Ameisen aber auch von einer etablierten ,Straße'".
Original-Publikationen:
Reinhardt L, Blickhan R. Level locomotion in wood ants: evidence for grounded running, The
Journal of Experimental Biology (2014) 217, 2358-2370, DOI: 10.1242/jeb.098426
Reinhardt L, Blickhan R. Ultra-miniature force plate for measuring triaxial forces in the micronewton
range, The Journal of Experimental Biology (2014) 217, 704-710, DOI: 10.1242/jeb.094177
Kontakt:
Lars Reinhardt
Institut für Sportwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Seidelstraße 20, 07749 Jena
Tel.: 03641 / 945706
E-Mail: [email protected]
Meldung vom: 16.07.2014 08:57 Uhr
Bewegungswissenschaftler analysieren die Fortbewegung von Ameisen
2
Herunterladen