Schlagquartett Köln zum 25. Schlagquartett Köln und Gäste Sonntag 18. Januar 2015 20:00 Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus. Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen. Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen Gästen. Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder veröffentlicht wird. Schlagquartett Köln zum 25. Schlagquartett Köln Boris Müller Schlagzeug Thomas Meixner Schlagzeug Dirk Rothbrust Schlagzeug Achim Seyler Schlagzeug Als Gäste: Christoph Caskel Schlagzeug Martin Homann Schlagzeug Lukas Schiske Schlagzeug Adam Weisman Schlagzeug Björn Wilker Schlagzeug Sonntag 18. Januar 2015 20:00 Pause gegen 20:40 Ende gegen 21:40 19:00 Einführung in das Konzert durch Stefan Fricke Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V. PROGRAMM John Cage 1912 – 1992 First Construction (in Metal) (1939) für sechs Schlagzeuger und einen Assistenten Schlagquartett Köln Martin Homann Adam Weisman Beat Furrer *1954 Quartett (1995) für Schlagzeuger Schlagquartett Köln Pause Wolfgang Rihm *1952 Stück (1988 – 89) für drei Schlagzeuger Schlagquartett Köln Christoph Caskel Nicolaus A. Huber *1939 Herbstfestival (1989) für vier Schlagzeuger Schlagquartett Köln Edgard Varèse 1883 – 1965 Ionisation (1929 – 31) für 13 Schlagzeuger Version für 8 Schlagzeuger Schlagquartett Köln Björn Wilker Martin Homann Adam Weisman Lukas Schiske 2 ZU DEN WERKEN Schlag auf Schlag »Man kann einem Musiker nicht beibringen, schöne rhythmische Formen zu finden; das besondere Talent, das ihn befähigt, sie zu entdecken, ist eines der seltensten. Von allen Bestandteilen der Musik erscheint uns der Rhythmus heute am wenigsten weit fortgeschritten zu sein.« Das schreibt Hector Berlioz 1837 in der Revue et Gazette Musicale de Paris. Noch hundert Jahre später hat die Äußerung kaum an Gültigkeit verloren. Doch erweist sich nun John Cages Vision, »kein Rhythmus wird dem Komponisten unerreichbar sein«, als richtungsweisendes Signal der Zeit. In seinem berühmten Essay Die Zukunft der Musik – Credo (1937), in dem er auch die Emanzipation der Geräusche und die Entwicklung der elektronischen Musik prognostiziert, heißt es: »Die Schlagzeugmusik ist der zeitgenössische Übergang von einer aufs Klavier bezogenen Musik zu einer Allklangmusik der Zukunft.« Und die Geschichte hat Cage hierin Recht gegeben. Allerdings ist die eigens für Schlagzeug komponierte Musik nicht nur ein Medium des Übergangs geblieben. Vielmehr hat die pure Perkussionsmusik seit den dreißiger Jahren, natürlich dank einiger Werke Cages und vor allem auch wegen Edgard Varèses Komposition Ionisation für dreizehn Schlagzeuger, einen autonomen Platz im abendländischen Konzertleben erobert – mit stetig wachsendem Repertoire, bis heute. John Cage: First Construction (in Metal) für sechs Schlagzeuger und einen Assistenten In den Jahren 1939 bis 1941 komponierte John Cage die Schlagzeugstücke Three Constructions. Die erste »Konstruktion« (1939) verlangt neben einem Schlagzeugsextett auch ein Klavier plus Assistenten, während die zweite (1940) ein Schlagzeugquartett einschließlich präpariertem Klavier vorschreibt und die dritte (1941) nur für Perkussionsquartett geschrieben ist. Die Uraufführung fand am 9. Dezember 1939 im Cornish Theatre in Seattle statt, wo Cage nach seinem Studium in seiner Heimatstadt Los 3 Angeles bei Henry Cowell, dann bei Arnold Schönberg und der Heirat mit Xenia Andreyevna Kasehevaroff, die Ehe hielt bis 1945, einige Zeit lang lebte und auch in einer Buchbinderei arbeitete. Der amerikanische Schriftsteller William Carlos Williams war Ohrenzeuge dieser Aufführung: »Ich spürte, dass der Lärm, der beziehungslose Lärm des Lebens wie der in der U-Bahn, nicht ausgekostet worden war, wie das mit einem nachklingenden Beethoven der Fall gewesen wäre, sondern tatsächlich gemeistert, unterworfen. Der Komponist hat dieses verhasste Etwas, das Leben, genommen und sich durch seine Musik zum Herrn darüber aufgeschwungen. Das Ärgernis war nicht abgewehrt, gemäßigt, übertüncht, sondern zunichte gemacht und das Leben dadurch zum Sieger erhoben worden. Das ist ein bedeutsamer Unterschied. Durch das Hören solcher Musik, die scheinbar nur Lärm ist, wurde ich, als ich in der Realität auf wirklichen Lärm stieß, gewahr, dass ich darüber hinaus gewachsen war.« Was da in Seattle vor 76 Jahren zum ersten Mal »lärmte« und seither in vielen Konzerträumen der Welt erklungen ist, waren und sind u. a. Röhrenglocken, Donnerbleche, balinesische und japanische Gongs, türkische und chinesische Becken, Kuhglocken, Ambosse, Autobremstrommeln, ein Tamtam, ein Wassergong – der Gong wird, während er noch vibriert, in ein mit Wasser gefülltes Behältnis getaucht, wodurch Glissandi entstehen (wohl eine Erfindung von Cage selbst) – und ein Klavier – der Spieler bearbeitet u. a. dessen Basssaiten mit einem Paukenschlägel; sein Assistent dämpft die Metallsaiten, indem er sie selber mit metallenen Hilfsmitteln traktiert. Die rhythmischen Strukturen des achtminütigen Stücks nur aus Metallklängen hat Cage genau bemessen: »Das Ganze hat so viele Teile, wie jede Einheit kleinere Teile besitzt, und diese, große wie kleine, stehen im selben Verhältnis zueinander.« In First Construction – hier wendet er dieses Strukturprinzip zum ersten Mal an und es bleibt für seine Werke gültig bis 1952, als er den Zufallsgenerator des altchinesischen Orakelbuchs I Ging für seine Arbeit entdeckt – ist es das Zahlen-Palindrom 4/3/2/3/4. Das ergibt einen Gesamtkomplex von sechzehn Einheiten, gleich sechzehn 4/4-Takte. Und diese sechzehntaktige Struktur wird sechzehnmal wiederholt, wobei die ersten vier Sechzehner diverse Materialteile vorstellen, dann folgen Entwicklungen und Entfaltungen. Das ganze Geschehen 4 beschließt dann eine Koda, die das numerisch strenge Konstruktionskonzept etwas aufweicht. Aber ums Mitzählen beim Hören ging es Cage ganz sicher nicht: »Die Leute mögen meine Konzerte verlassen und denken sie haben ›Lärm‹ gehört, aber dann werden sie ganz plötzlich die Schönheiten in ihrem Alltagsleben hören. Meine Musik ist von therapeutischem Wert für Stadtbewohner.« Beat Furrer: Quartett für Schlagzeuger Vielleicht nicht jeder, aber doch sehr viele haben sicher schon mal ein Holz- oder Plastiklineal über die Tischkante gelegt, den auf dem Tisch liegenden Teil mit der einen Hand festgehalten, den in der Luft liegen mit der anderen zum Schwingen gebracht. Je nach Lineal und Tisch ein toller Klang, der sich durch das Verschieben des Lineals nach links oder rechts höher oder tiefer gestalten lässt, in Tonstufen oder Glissandi. Ein Kinderspiel, sicher, zugleich ein Musikinstrument mit markantem Sound, der sich durch eine darunter liegende Holzkiste als Resonanzkörper prima verstärken lässt. Ein solch sonores Equipment, also Tische, Kisten, Lineale, müssen die vier Schlagzeuger in Beat Furrers 1995 komponiertem Quartett ebenso behände handhaben wie Pauken, Claves, Metall-, Wood-, Tempel- und Sandblock, Metallplatte, Donnerblech, eine Aluminiumschiene, außerdem die melodiefähigen Crotales, Kuh- und Röhrenglocken, Marimbaphon und Vibraphon, zusätzlich ein Klavier, das vor allem als »Black Box«-Resonator eingesetzt wird. Das zwanzigminütige, aus vier Teilen bestehende Stück bewegt sich rege zwischen den beiden Extrempolen Geräusch und definierter Tonhöhe, zwischen Atmosphärischem und Melodischem, zwischen Gesten der (Spiel-)Bewegung, was die selbstbestimmte, zwangsläufige »Choreografie« der Interpreten einschließt, und der Klangbewegung, die eine eigene Körperlichkeit freisetzt. Daraus formt Furrer etliche Initialaktionen, die im Folgenden vervielfacht, überlagert, verwandelt, pulverisiert werden, unterschiedliche Energiezustände durchlaufen; er selbst hat diese Vorgänge mit den Effekten der Stroboskopie in Verbindung gebracht und auf Marcel Duchamps berühmtes Ölgemälde Akt, die Treppe hinabsteigend 5 von 1912 hingewiesen, das den Bewegungsablauf der Figur als ineinander übergehende, sich versetzt überlagernde Einzelbilder zeigt: Bewegung im Stillstand oder Stillstand als Bewegung. Einen anderen, einen verborgenen weiteren thematischen Verweis hat der 1954 in der Schweiz geborene Beat Furrer, der in Wien Komposition bei Roman Haubenstock-Ramati und Dirigieren bei Othmar Suitner studiert hat, direkt ins musikalische Geschehen genommen. Im vierten Teil müssen die vier Spieler mit Lineal und Holzkiste mehrfach einen Rhythmus realisieren, der sprachähnlich, »parlando« erklingen soll. Grundlage dafür bildet ein John-Cage-Zitat aus dessen Rezitationskomposition 45’ for a Speaker (1954), das der Wiener Dichter Ernst Jandl folgendermaßen ins Deutsche übertragen hat: »(Um zu sehn, muss man) über die Vorstellung hinausgehn, und dazu muss man absolut stillstehn wie im Mittelpunkt eines Sprungs.« Es ist den Musikern übrigens freigestellt, ob sie das Zitat bei seiner letztmaligen Klangrhythmustransposition mitflüstern oder nicht. ­Furrers gestisches, mithin fein ziseliertes, zugleich sehr kraftvolles Quartett ist eine Musik des Sprungs: zwischen Dynamik und Statik, irgendwo und irgendwie mittendrin, in der Luft … Wolfgang Rihm: Stück für drei Schlagzeuger »Dieses Stück«, schreibt Wolfgang Rihm in dem knappen Werkkommentar zu dem 1988/89 komponierten, nur gut drei Minuten dauernden Stück, »ist ein Stück. Daher heißt es so. Es endet anders, als es anfängt, was nichts ändert. Aber so fängt es an: Die Spieler(innen) kauern, hocken oder knien in der Mitte einer leeren Bühne nah beieinander, wie eine Tiergruppe oder wie vergessene, verwilderte Forscher … Ein Feuer? Ein Loch? Ein totes …? Vielleicht ein Rest? Leihmaterial? Rest! Ja, so könnte das Stück auch heißen. Dann würde es anders beginnen, als es endet. Mitten in der Wüste liegt eine Partitur im Geröll … verblichen … ausgehackt … durchschossen …« Die in jeder Hinsicht kurzweilige und überaus effekt- wie humorvolle Komposition für Bongo, 6 Hängendes Becken und Woodblock ist dem Musikwissenschaftler Wilfried Brennecke (1926 – 2012) gewidmet, als Gruß und Dankeschön. Brennecke war von 1964 bis 1989 Redakteur beim WDR Köln für Kammermusik und neue Musik, zudem leitete er zwischen 1969 und 1989 die Wittener Tage für neue Kammermusik, die durch sein Engagement und dem der Rundfunkanstalt das bis dahin eher kleine Festival auf die internationale Bühne hoben. Beachtlich ist binnen dieser zwei Jahrzehnte die Zahl der Ur- und Erstaufführungen, auch die der Zweit- oder Dritt- Interpretation, Witten verstand sich anders als Donaueschingen nie nur als reines Premieren-Festival. Von Wolfgang Rihm zum Beispiel erklangen hier vor seinem Stück vier Werke: 1976 die Uraufführung von Paraphrase (1972), 1988 die Premiere des gesamten Chiffre-Zyklus (1982 – 88) sowie 1980 die Skizze über Franz Schubert Erscheinung und 1984 Bild (1983). Zahlreiche Tonkünstler der Avantgarde aus West und aus Ost, der DDR und anderen Ländern hinterm Eisernen Vorhang, fanden hier ein gewichtiges, teils ein erstes Forum – Komponisten wie Interpreten. Gerade dieser Einsatz für die Musik(er) aus den ehemals sozialistischen Nachbarstaaten machte Witten schon in den siebziger Jahren in manchen Ausgaben neben den eigentlichen musikalischen Erlebnissen und Ereignissen auch zu einer kulturpolitischen Drehscheibe – bis 1989, als Wilfried Brennecke in den Ruhestand ging. Das 1989 im Herbst dann auch zum Jahr der politischen Wende wurde, das den Fall der Berliner Mauer brachte, konnte der Festivalchef im April noch nicht ahnen. Nicolaus A. Huber: Herbstfestival für vier Schlagzeuger Im Frühjahr 1801, so vermutet die Forschung, schreibt Friedrich Hölderlin an einem »vaterländischen Gesang«, den er Der Gang aufs Land nennt. Er hat ihn allerdings nicht fertiggestellt. In dem Fragment findet sich die oft zitierte Zeile »Komm! Ins Offene, Freund!«. Spätere »Freunde«, viele Komponisten haben gerade im ausgehenden 20. Jahrhundert seine Literatur, ob die Gedichte, seinen Roman Hyperion oder seine Übersetzungen der 7 antiken Dramen, vertont: hörbar als »Lied«, auch als Oper, oder als wortsprachstumme, meist sehr leise Musik, deren jeweilige Werktitel dann aus Hölderlin-Worten bestehen oder – unhörlesbar fürs Publikum – die Spielanweisungen für die Musiker. Noch ehe diese Hölderlin-Aneignung in der zeitgenössischen Musik Mode wurde, ließ der Essener Komponist Nicolaus A. Huber in seinem 1969 entstandenen Versuch über Sprache Hölderlin-Zitate auf Goethes Sah ein Knab ein Röslein stehn und Passagen aus Karl Marx’ Das Kapital treffen. In den nachfolgenden Jahrzehnten schrieb Huber, der u. a. bei Luigi Nono in Venedig studiert hat, etliche weitere Stücke, die sich in ganz unterschiedlicher Art dem Werk Hölderlins nähern, oder in denen Hölderlin-Texte die jeweilige kompositorische Faktur grundieren oder flankieren. Anfang der 1990er Jahre, als man in der Neue-Musik-Szene den Eindruck gewinnen konnte, Komponieren ginge nur noch mit Hölderlin, setzte Huber dieser bis heute rätselhaften Inflation ein Kammermusikstück für Kontrabass und Klavier sowie mindestens zwei Tische entgegen, das 1993 in Saarbrücken uraufgeführt wurde: Ohne Hölderlin – das Werk endet mit einem Knall. Beendet hat Nicolaus A. Huber seine Freundschaft mit Hölderlin dadurch allerdings nicht; bis heute ist ihm dessen Sprachkunst wichtig und nach wie vor findet sie auch ihren Weg in seine Musik. Das 1989 im Auftrag des Landes Baden-Württemberg und des Schlagzeugers Bernhard Wulff geschriebene und 25. Oktober des Jahres in Freiburg uraufgeführte Schlagzeugstück Herbstfestival entpuppt sich nicht auf den allerersten Blick als eine Hölderlin-Komposition. Den Ausgangspunkt bildete, so berichtet Huber, »ein geheimnisvolles Klingel in und um mein Arbeitszimmer, pppp. Die Zeitpunkte, die ich mit Stoppuhr zu ermitteln versuchte, gaben keinen adäquaten Sinn. Um das Geheimnisvolle und quasi natürliche Unvorhersehbare meiner herbstlichen Zimmeratmosphäre wiederzugeben, musste ich ein eigenes Klang- und Zeitkonzept entwickeln.« Jedem der vier Schlagzeuger ist ein Set von zwei Klangfarben zugeordnet, deren dazugehörende Instrumente mit zehn verschiedenen Spielweisen (reiben, schütteln, schlagen) aktiviert werden. Die instrumentalen Grundfarben reichen von Metall über Fell zu Holz, später ergänzt um neue Klangwerkzeuge, etwa einem nassen, tropfenden Tuch. Das neunzehnminütige Herbstfestival beginnt 8 äußerst leise und zart, auch im weiteren Verlauf sind manche Klänge kaum zu hören, an anderen Stellen indes überaus klar vernehmbar, etwa ein stolpernder Marsch oder zwei Glockenschläge. Und dann plötzlich Hölderlin, dem Publikum allerdings verborgen. Stumm ist sein Gedicht Der Herbst von den Interpreten zu lesen. Frei zu wählende Buchstaben oder Buchstabenübergänge hieraus soll jeder Spieler individuell als Impulsgeber für kurze Klangereignisse deuten – das Gedicht als Partitur. Der Herbst Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen, Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet, Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet, Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen. Das Erdenrund ist so geschmückt, und selten lärmet Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen Als eine Aussicht weit, die Lüfte wehen Die Zweig’ und Äste durch mit frohem Rauschen Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen, Der ganze Sinn des hellen Bildes lebt Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet. 9 Friedrich Hölderlin hat außer diesem noch ein weiteres Gedicht mit dem Titel Der Herbst verfasst, diesen Fall gibt es mehrfach in seinem Œuvre. Huber verwendet Herbst II jedoch nicht direkt in seinem Stück, beschließt mit dessen ersten Strophe allerdings seinen eigenen Werkkommentar (den er übrigens mit Fragmenten aus Herbst I eröffnet): Der Herbst Die Sagen, die der Erde sich entfernen, Vom Geiste, der gewesen ist und wiederkehret, Sie kehren zu der Menschheit sich, und vieles lernen Wir aus der Zeit, die eilends sich verzehret. Die Bilder der Vergangenheit sind nicht verlassen Von der Natur, als wie die Tag‹ verblassen Im hohen Sommer, kehrt der Herbst zur Erde nieder, Der Geist der Schauer findet sich am Himmel wieder. In kurzer Zeit hat vieles sich geendet, Der Landmann, der am Pfluge sich gezeiget, Er siehet, wie das Jahr sich frohem Ende neiget, In solchen Bildern ist des Menschen Tag vollendet. Der Erde Rund mit Felsen ausgezieret Ist wie die Wolke nicht, die Abends sich verlieret, Es zeiget sich mit einem goldnen Tage, Und die Vollkommenheit ist ohne Klage. Und es gibt noch andere, ganz verborgene Hölderlin-Verweise in Herbstfestival, auf die Nicolaus A. Huber in seinem Essay Die Zeit ist buchstabengenau und allbarmherzig hinweist, den er 2002 für die Schweizer Musikzeitschrift Dissonanz geschrieben hat und in dem er Hölderlin in seinen eigenen Werken nachspürt (der Titel des Essays ist ein Zitat aus einem Brief Hölderlins an seine Mutter). Zum einen hat er die Notation so in Zeilen geschrieben, wie man es auch oft bei den Gedichten Hölderlin findet: Die jeweils folgende Zeile ist etwas nach rechts verschoben, so dass eine diagonale Lesestruktur entsteht, ein »Vorwärts«, so Huber, der 10 seine an diese Schreibweise angelehnte Notation auch »KlangGedicht« nennt. Zum zweiten hat Huber dem Werk eine, wie er selbst sagt, »Hölderlin-Struktur« eingeschrieben, die aus 222 Klangereignissen besteht. Damit rekurriert er auf »die nicht minder geheimnisvolle zweite Hälfte von Hölderlin von genau 36 Jahren und 222 Tagen«. Hölderlin ist am 20. März 1770 geboren und am 7. Juni 1843 gestorben. Und die 27 Substantive, die das Gedicht Herbst I enthält, standen als Zahl Pate für die 27 Strukturen von Herbstfestival. Und aus alldem kreiert Nicolaus A. Huber ein Werk, das sich, so einmal der Komponist und Musikologe Konrad Boehmer, »entwickelt zu einem ständigen ›Crescendo‹ des Wachstums – und nicht bloßer ›Zunahme‹. Edgard Varèse: Ionisation für 13 Schlagzeuger Ein imposantes Bühnenbild – dreizehn Schlagzeuger mit über vierzig Perkussionsinstrumenten – und ein schillerndes Klangbild von etwa sechs bis sieben Minuten Länge: Ionisation. Und obwohl das Werk heute in einer Version für bloß acht Perkussionisten gespielt wird, ist der Aufbau auf der Bühne beeindruckend, das zu Hörende sowieso. Edgard Varèse (1883 – 1965), der vor allem in Paris und New York lebte, zeitweise, 1907 bis 1913, war auch Berlin seine Wahlheimat, zählt zu den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Seine eigenwilligen Ideen, Konzepte und Realisationen von Klang und Musik haben die Tonsprache erweitert, ja revolutioniert. Die Werke seines insgesamt recht schmalen Œuvres – viele sind verschollen oder unvollendet geblieben – sind Solitäre und Kristalle. In ihnen klingen »Massen, Zustände, Körper und Gestalt« (Wolfgang Rihm). Und das verlangt ein anderes Hören, ein freies, ein körperliches Hören, ein Sich-Einlassen auf Momente und Klänge. Das Stück Ionisation, entstanden zwischen 1929 und 1931 in Paris, hatte seine Uraufführung am 6. März 1933 in New York (dirigiert von Nicolas Slonimsky). Es lebt von kontrastiven Strukturen: Dauerklänge versus Impulse; Instrumente mit bestimmten Tonhöhen versus solchen mit nur ungefähren; bekannte Instrumente und 11 als musikalische Werkzeuge eher unbekannte oder nur selten gebrauchte (Sirenen, Ambosse, auch Klaviercluster waren in den Dreißigern noch nicht wirklich Konzertsaal-tauglich). Manche der perkusssiven Klänge sind besonders einprägsam und übernehmen die Aufgabe von Wegmarken: Sie heben formale Gliederungen des Werkes hervor. Ionisation, das Mutterwerk aller Kompositionen für reines Schlagzeug-Ensemble, ist ein Erfolgsstück, das die Situation der Zeit genau getroffen zu haben scheint. Im Gespräch mit dem französischen Rundfunkredakteur George Charbonnier sagte Varèse: »Das Schlagzeug hat, was seine Klanglichkeit betrifft, eine Vitalität, die die anderen Instrumente nicht haben … Der Anschlag wird klarer und schneller wahrgenommen. […] unsere Zeit ist percutant. Es ist eine Zeit des Tempos. Das Geigenvibrato ist nicht mehr meine Zeit.« Das war im März 1955. Fünf Jahre früher, 1950, als er bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt unterrichtete und das Stück Ionisation seine europäische Erstaufführung erlebte, gab er sich etwas wortkarger: Er sagte, auf Deutsch, zu einem Reporter des Südwestfunks Baden-Baden: »Ionisation ist ein altes Werk, das war bloß für Schlagzeuge geschrieben, wie Sie für ein Quartett schreiben. Aber das ist nicht eine Spezialität. Das ist ein Werk für Schlagzeuge. Und Punkt.« Aus heutiger Sicht ist Ionisation, in dem 44 Perkussions-Instrumente erklingen, tatsächlich eine alte Komposition, und dennoch erstaunlich jung geblieben. Stefan Fricke 12 PORTRAIT 25 Jahre Schlagquartett Köln Schlagzeuger sein – das heißt, wenn man im Bereich der »Ernsten Musik« tätig ist, zumal in der zeitgenössischen, viele Dinge zu tun, von denen man noch gar nicht weiß, dass man sie einmal im Kunstkontext tun wird. In den Baumarkt gehen, um Schrauben, Abwasserrohre, Styropor, Steine, Schmirgelpapier und Metallplatten auszusuchen und in der Garten- und Pflanzenabteilung nach geeigneten Blumentöpfen, Bambusstöckchen oder Kakteen Ausschau zu halten. Und für (raschelndes) Laub und Äste mit Rinde lohnt der Spaziergang im Wald. Gelegentlich muss man auch den Schrottplatz oder eine Autoreparaturwerkstatt besuchen, um ausrangierte Autofedern oder ganze PKW-Türen mitzunehmen. Eimer, Wannen und andere Haushaltsartikel aus Plastik und Blech, neueren oder extra älteren Datums, Glasflaschen, Streichhölzer, unterschiedlichste Pappen und Papiere und vieles, vieles mehr gehören zur Grundausstattung eines heutigen Perkussionisten, der die Zeitvermessungen unserer Welt verklanglichen will, als avancierter Improvisator oder als Interpret neuer Musik, als lebendiges Werkzeug des Komponisten, als dessen notwendiger Mit-Spieler. Und um des Erfinders Ideen umzusetzen, darf man auch mal eine alte Schreibmaschine bedienen, Pfeifen trillern, Pistolen abfeuern, Kunststofffolien zerknüllen und muss zuweilen selber Klangdinge bauen. Das Schlagzeug besteht aus einer riesigen Palette akustischer Materialien, schier grenzenlos. Da jeder Gegenstand klingt, man ihn beklopfen, auf ihn schlagen, ihn reiben kann, und oft auch selbiges mit ihm auf anderen Objekten tun kann, wächst die Schlagzeug-Familie unaufhörlich. Und ist es bei einem Orchesterstück mal erforderlich, etwas zu zerstören, selbst wenn es eine Geige oder ein Horn wäre, man würde eher den Schlagzeuger dazu verpflichten als jemanden aus der Stimmgruppe Violine II oder einen Blechbläser. Schlagzeuger sind oft freigeistige Naturen, nicht selten ästhetisch offener und neugieriger als ihre Kollegen mit den ehrwürdigen, edlen und kostbaren Instrumenten. Dafür können sie sich auf die Brust schlagen, und das müssen sie zuweilen auch: Wenn sie ein Stück (mit) Body-Percussion aufführen, wenn die eigene Physis zum Resonanz-Körper, zur menschlichen Trommel wird. Dass die Schlagwerker noch ausgefeilte pantomimische Aktionen in ihre ohnehin bewegungsintensiven und oft elegant 13 anzuschauenden Choreografien zur eigentlichen Klangaktion einzubinden haben, wen überrascht es. Diese unvorstellbare Vielfalt hat Christoph Caskel, Grandseigneur der zeitgenössischen Schlagzeugkunst in Deutschland, bereits 1964 auf den Nenner gebracht: »Der Schlagzeuger ist der moderne Instrumentalist par excellence.« Caskel spielt und lehrt bereits in den fünfziger Jahren bei den Darmstädter Ferienkursen, solistisch etwa Lachenmanns Intérieur 1967 und Stockhausens Zyklus 1959, bei denen der Interpret ganz von Instrumenten umgeben ist. Damals ein höchst ungewohntes Bild. 1959 hielt der polnische Komponist Włodzimierz Kotoński in Darmstadt den Vortrag Das Schlagzeug in der Neuen Musik: »Das Schlagzeug hat in den letzten 30 Jahren eine auffallende Laufbahn gemacht. Man kann sogar von einer Neuentdeckung dieser seit vielen Jahrhunderten wenigstens im Abendland verachteten Instrumentengruppe reden. In den letzten Jahren nimmt noch diese Strömung zu, besonders im Kreise der seriellen Musik. Fast jedes neue Werk von Stockhausen, Boulez, Nono und Bo Nilsson bringt neue Vorschläge und neue Lösungen auf diesem Gebiet.« Und schließlich resümiert er: »Die Jahre werden zeigen, ob es nur eine vorübergehende Mode war oder wirklich ein untrennbarer organischer Teil der Neuen Musik.« Und letzteres ist das Schlagzeug dann auch gewordenen, ein unverzichtbarer Organismus im Biotop Neue Musik, ein Organismus gar, der stetig wächst, vielleicht sogar wuchert. Es gibt mittlerweile eine Schar höchst exquisiter und bemerkenswert experimentierfreudiger Perkussionisten, auch dank Christoph Caskel, der 1976 Schlagzeug-Professor an der Kölner Musikhochschule wurde. Und es gibt einige reine Schlagzeug-Ensembles, zum Beispiel Les Percussions de Strasbourg oder die Amadinda Percussion Group und das Schlagquartett Köln, das 1989 bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik debütierte – mit Uraufführungen von Wolfgang Rihm, Jannis Vlachopoulos und Edison Denissow. In den nun zurückliegenden 25 Jahren sind etliche weitere hinzukommen, von u. a. Beat Furrer, Dieter Schnebel, Salvatore Sciarrino, Oxana Omelchuk, Thomas Witzmann, Ali N. Askin, Carola Bauckholt, Gerhard Stäbler. Deren Werke suchen emphatisch das Neue und das Unbekannte, mal mit kleinen Gesten auf kleinem Raum, mal in merkwürdig anmutenden Versuchslaborsituation, 14 mal riesengroßbestückt wie in einer Werkzeughalle. Und Boris Müller, Thomas Meixner, Dirk Rothbrust und Achim Seyler, so die feste Besetzung des Schlagquartetts Köln seit Mitte der 1990er Jahre, sind stetig auf der Suche nach »verrückten Dingen«, nach frischen Ideen und ungewöhnlichen Konzepten. Das gehört für das Schlagquartett Köln, das nicht zufällig mit seinem Namen an die große Tradition des Streichquartetts als vierköpfiges Ensemble anknüpft, zum Selbstverständnis, zur musikalischen Selbstverpflichtung. Das aber heißt nicht, dass die vier Musiker, zwei davon sind übrigens Caskel-Schüler, nur das effektvolle Experiment favorisierten, sie nur besonders exotische Instrumente oder auffällige Alltagsprodukte bespielten. Das »klassische« Schlagwerk wie Xylo-, Marimba- und Vibraphon spielen sie genauso behände wie die Pauken, Trommeln, Becken, Gongs oder den Waldteufel. Und ihre Heimat war auch nicht nur die neue Musik, sei es solistisch, zu zweit oder zu viert, im großen Ensemble oder im Orchester. Sie haben in Rock- und Big Bands gespielt, auch in Blaskapellen, in Jazz-Formationen und vieles mehr. Diese genreübergreifende Praxis kann man in den Konzerten des Schlagquartetts Köln gut spüren und tut auch den Stücken gut. Das Geschehen und die Klänge sind plastischer, körperlicher, direkter, auch freier – natürlich immer im gebotenen Sinne der jeweiligen Partitur, die es gerade aufzuführen gilt. Doch weil das Rollenspiel von Schlagzeugern so unglaublich umfangreich ist und nicht allein von Stück zu Stück sich wandelt, sondern oft mannigfach in bloß einem Werk, ist die Vielsprachigkeit einer großer Gewinn für die Dramaturgie und somit auch für das Verständnis der Komposition. Und weil Perkussionisten die einzigen Musiker im Orchester sind, die nicht sitzen, höchstens lehnen sie sich mal an einen Hocker, in einer Band mit Drum-Set ist es meist umgekehrt – da sitzen nur Schlagzeuger und Pianist –, ist ihre Haltung unübersehbar: die Haltung des Körpers sowie die des Spielens und die zum Spiel. Alles muss bestens trainiert sein, ist immer wieder zu üben und um Neues zu ergänzen. Bewegungsautomatismen fallen sofort auf und musikalisch meist negativ ins Gewicht, aber zuweilen sind es genau diese statischen Mechanismen, um die es in einem Stück geht, dann ist der Schlagzeuger kurzzeitig der hier geforderte Maschinist seines Körpers. Die zahlreichen CDs, 15 bei denen das Schlagquartett Köln als Ensemble mitwirkt, können diese präzise Klang-Körper-Kultur nur akustisch transportieren. Und darum geht es ja auch bei Musik, um das hörbare Erlebnis des mit Klängen und Strukturen zu Sagenden, manchmal auch mit Worten zu Singenden. Zugleich lebt jedes Konzert vom sichtbaren Ereignis, von dem was und wie ein Musiker das macht, was er laut Partitur zu machen hat. Das sei bloß Beiwerk meinen vielleicht manche dazu, andere meinen, das ließe sich vom Werk nicht trennen. Fest steht, dass ohne die Gesten des Musikers, das Senken eines Fingers, das Heben und Fallenlassen eines Armes, der Fußtritt usw. kein Klang entstehen wird. Er fällt nicht einfach so vom Himmel, er bedarf der körperlichen und geistigen Vorarbeit, um dann punktgenau zu ertönen. Und das macht das Schlagquartett Köln fantastisch – musikalisch akustisch und musikalisch visuell. Ohrenzeuge ihrer Konzerte zu sein bereitet stets eine große Freude, Augenzeuge zu sein aber ebenso. Stefan Fricke 16 BIOGRAPHIEn Schlagquartett Köln Das Schlagquartett Köln, das 1989 anlässlich der Wittener Tage für neue Kammermusik mit Uraufführungen von Wolfgang Rihm und Edison Denissow debütierte, gilt in Fachkreisen seit langem als Garant für überzeugende Aufführungen mit Feinabstimmung. Die Erschließung ungewöhnlicher Klangwelten wird von den Mitgliedern, die Absolventen der Musikhochschulen in Karlsruhe, Köln und Trossingen sind, seit 25 Jahren mit einer auch im Bereich der zeitgenössischen Musik schwer zu findenden Hingabe und Professionalität geleistet. Auge und Ohr staunen ob des enormen Aufgebots an klassischen und exotischen Instrumenten und es ist überraschend, welche Metamorphose selbst banalste Alltagsgegenstände in den Händen der vier Schlagzeuger vollziehen. Das ebenso vielseitig wie experimentierfreudig angelegte Repertoire umfasst alle Bereiche der komponierten Schlagzeugmusik des vergangenen Jahrhunderts. Zahlreiche Konzerte, Rundfunkproduktionen und Uraufführungen dokumentieren die intensive Arbeit für diese spezielle Besetzung. 17 Durch die enge Zusammenarbeit mit Komponisten und die damit verbundene Suche nach neuen und speziellen Klängen entstehen innovative Spieltechniken – parallel zur Entwicklung und dem Bau neuartiger Klangerzeuger, wodurch das Arsenal kompositorischer Mittel erweitert und zukünftiges Komponieren für Schlaginstrumente entscheidend beeinflusst wird. Die Förderung besonders der jüngeren Komponistengeneration ist ein wichtiges Anliegen des Schlagquartett Köln, was sich in einer Vielzahl von vergebenen Kompositionsaufträgen und entsprechenden Programmgestaltungen niederschlägt. Neben ihrer Tätigkeit im Schlagquartett Köln konzertieren die Mitglieder als Schlagzeugsolisten und arbeiten seit etwa 1995 mit den wichtigsten Ensembles für zeitgenössische Musik im Inund Ausland zusammen. Neben internationalen Konzertreisen wirken sie in Rundfunk- und CD-Produktionen, Musiktheaterprojekten in Zusammenarbeit mit Schauspiel- und Opernhäusern, in Musikvermittlungs- und Kinderkonzerten sowie Konzerten und Meisterkursen in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut mit. Das Schlagquartett Köln erhielt für die CD-Produktion von Nicolaus A. Hubers Herbstfestival den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. 2003 wurde das Quartett mit dem Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung ausgezeichnet. Bei uns war das Schlagquartett Köln zuletzt heute vormittag zu erleben. 18 Christoph Caskel Christoph Caskel, Jahrgang 1932, studierte das Fach »Pauke und Schlagzeug« an der Hochschule für Musik in Köln. In unzähligen Konzerten mit zeitgenössischer Musik hat sich Caskel einen internationalen Ruf als Schlagzeuger geschaffen und trug dazu bei, das Schlagzeug als Solo-Instrument im Konzertsaal heimisch werden zu lassen. Eng verbunden mit seiner virtuosen Handhabung des Schlagzeugs sind Karlheinz Stockhausens Zyklus (1959) und Kontakte (1958 – 60), Mauricio Kagels Transición II (1958/59) und Match (1964), die unter seiner Mitwirkung uraufgeführt wurden. Als Lehrer für seine Instrumente war Christoph Caskel von 1976 bis 2001 an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz tätig. Bei uns war er zuletzt im Mai 2007 im Rahmen der MusikTriennale Köln zu Gast. 19 Martin Homann Der gebürtige Münsteraner spielt seit seinem zehnten Lebensjahr Schlagzeug und hat sich in den letzten Jahren zu einem Spezialisten für alte und neue Musik entwickelt. Nach seinem Studium mit Meisterklassendiplom (1992) bei Peter Sadlo in München arbeitete er mit führenden Ensembles der zeitgenössischen Musik zusammen, u. a. mit dem Ensemble Modern, dem Klangforum Wien und dem SWR-Vokalensemble. Die fruchtbare Zusammenarbeit dokumentiert sich in zahlreichen internationalen Tourneen und CD-Einspielungen. Er war über viele Jahre ständiger Gast des Münchener Kammerorchesters und wurde 2003 Gründungsmitglied des Stuttgarter Ensembles ascolta. Darüber hinaus wirkte er als freischaffender Musiker u. a. bei großen Theater- und Musiktheaterproduktionen in München, Stuttgart und Mannheim mit. Nachdem er 2004 seinen Lebensmittelpunkt nach Heidelberg verlagert hatte, beschäftigte er sich zunehmend mit der historischen Aufführungspraxis, allem voran mit der Technik und dem Klang des barocken Paukenspiels. Seitdem arbeitet er intensiv mit renommierten Barockorchestern, etwa dem Barockorchester Stuttgart, L’arpa festante München, La Banda und dem Schweizer Orchester Schola Seconda Pratica zusammen. 20 Lukas Schiske Lukas Schiske wurde 1962 in Wien geboren. Er erhielt seine Ausbildung zum Schlagzeuger an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, danach erfolgte die Spezialisierung auf Neue Musik. Seine Zusammenarbeit mit Orchestern unterschiedlicher Stilrichtungen umfasst etwa das Los Angeles Philharmonic, das ORF Radio-Symphonieorchester Wien, das Wiener Staatsopernorchester, die Wiener Symphoniker und etliche Barockorchester. Lukas Schiske konzertierte in zahlreichen Kammermusikformationen – unter anderem im Trio mit Ernesto Molinari (Klarinette) und Georg Schulz (Akkordeon) – sowie in diversen Schlagzeugensembles von Duo bis Oktett. Als Jazz- und Rockdrummer ist Lukas Schiske bei Wolfgang und Christian Muthspiel, Franz Hautzinger, Michael Heltau, Claude Bolling und einem Frank-Zappa-Projekt mit dem Ensemble ascolta tätig. Szenische Auftritte absolvierte er etwa mit Christoph Marthaler. Als Solist ist Lukas Schiske immer wieder national und international tätig und nimmt an den bekanntesten Musikfestivals im In- und Ausland teil. Erfolgreich absolvierte er zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und CD-Aufnahmen. Seit der Gründung des Klangforum Wien ist Lukas Schiske festes Mitglied des Ensembles. 21 Adam Weisman Adam Weisman studierte bei Fred Hinger und Chris Lamb an der Manhattan School of Music in New York, bei Sylvio Gualda in Versailles und bei Peter Sadlo und Robyn Schulkowsky in München. 1991 erhielt er den Dritten Preis beim ARD Musikwettbewerb in München und 1992 den Zweiten Preis beim Internationalen Musikwettbewerb in Genf. Er komponierte und spielte Musik für Theaterstücke am Bayerischen Staatsschauspiel München, am Württembergischen Landestheater Esslingen und am Landestheater Linz. Er spielte Neue Musik mit dem New Music Consort und der NewBand in New York von 1988 bis 1990, sowie mit dem Ensemble Modern, mit dem Klangforum Wien (Residenzmitglied 1997 – 98, 2004 – 05) mit dem Ensemble ascolta (posthum Uraufführung von Frank Zappa), mit Zeitkratzer (Konzerte mit Lou Reed) und dem Scharoun Ensemble (Mitglieder der Berliner Philharmoniker). Er wirkte bei zahlreichen CDProduktionen mit, u. a. bei einer CD mit dem Ensemble Modern, Frank Zappa und der Musik von Edgar Varese. Seine Solo-CD Mani, mit drei Kompositionen für Solo-Percussion von Pierluigi Billone, wurde vom Preis der Deutschen Schallplattenkritik e. V. in die Bestenliste 1 – 2011 im Genre Zeitgenössische Musik aufgenommen. Adam Weisman spielte Uraufführungen von Tan Dun, David Lang, Wolfgang Rihm und Peter Eötvös. Als Solist trat er in Athen, Paris, München, Genf, Berlin, Wien, Danzig, Peruggia und Mar del Plata, Argentinien auf. Er ist Rockdrummer bei The Diatribes. 22 Björn Wilker Björn Wilker wurde 1968 in Gelsenkirchen-Buer geboren. Er studierte Schlagzeug an der Hochschule der Künste Berlin und an der Hochschule für Musik Freiburg i. Br. Die für seine Entwicklung maßgeblichen Lehrer waren Bernhardt Wulff, Isao Nakamura und Robyn Schulkowsky. Nach ausgiebiger Konzerttätigkeit als freischaffender Schlagzeuger im Bereich der Neuen Musik wurde er 1993 Mitglied des Klangforum Wien. In den Jahren 1998/2000 unterbrach er seine dortige Konzerttätigkeit, um bei Helmut Lachenmann an der Stuttgarter Musikhochschule Komposition zu studieren. Heute ist er neben seiner Arbeit im Klangforum Wien als Solist und als Komponist tätig. 23 KölnMusik-Vorschau Januar Februar sa SO 24 01 20:00 16:00 Leszek Możdżer p Lars Danielsson b, vc Zohar Fresco perc Simone Kermes Sopran Concerto Köln Mayumi Hirasaki Konzertmeisterin Jazz-Abo Soli & Big Bands 4 Arien und Ouvertüren von Georg Friedrich Händel und Antonio Vivaldi sowie Concerti von Evaristo Felice Dall’Abaco und Francesco Geminiani SO 25 Sonntags um vier 3 11:00 Karnevalistische Matinee zugunsten des Kölner Rosenmontagszuges SO 08 »Luur ens vun Düx noh Kölle« – 90 Jahre Ludwig Sebus 11:00 KölnMusik gemeinsam mit dem Festkomitee Kölner Karneval FF – Fastelovend Ferkeet Karnevalistische Matinee zugunsten der Schull- un Veedelszöch Norbert Conrads Geschwister in der Bütt Udo Müller Kinderdreigestirn Volker Weininger Björn Heuser Linus Moderation MI 28 20:00 Filmforum Der englische Patient USA / Großbritannien, 1996, 162 Min. Regie: Anthony Minghella Musik: Gabriel Yared mit: Ralph Fiennes, Juliette Binoche, Kristin Scott Thomas, Willem Dafoe u. a. KölnMusik gemeinsam mit »Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums e. V.« KölnMusik gemeinsam mit Kino Gesellschaft Köln Karten an der Kinokasse 24 Mittwoch 21. Januar 2015 20:00 Foto: Astrid Karger Tanja Tetzlaff Violoncello Arditti Quartet Irvine Arditti Violine Ashot Sarkissjan Violine Ralf Ehlers Viola Lucas Fels Violoncello Werke von Jonathan Harvey, Harrison Birtwistle, Akira Nishimura und Wolfgang Rihm Seit seiner Gründung vor 40 Jahren wurden dem Arditti Quartet mehrere hundert Streichquartette gewidmet und so bildete sich das Ensemble mit den Jahren zu einer festen Größe der jüngsten Musikgeschichte heraus. Bereits 1999 erhielt das Quartett den prestigeträchtigen Ernst-von-Siemens-Musikpreis für sein musikalisches Lebenswerk. In Wolfgang Rihms »Epilog« (2012 – 13) spielt Tanja Tetzlaff, als Mitglied des Tetzlaff Quartetts ebenso oft zu viert unterwegs, zusammen mit Lucas Fels die beiden Cello-Parts. SO DI 08 10 18:00 20:00 Anna Larsson Alt Marco Blaauw Trompete Götz Alsmann Gesang, Klavier und mehr Altfrid Maria Sicking Vibraphon, Xylophon Michael Müller Bass Rudi Marhold Schlagzeug Markus Paßlick Percussion Musiker der MCO Academy am Orchesterzentrum|NRW Mahler Chamber Orchestra Heinz Holliger Dirigent Georg Friedrich Haas »I can’t breathe« (2014) für Trompete solo in memoriam Eric Garner Broadway MI Heinz Holliger Tonscherben Orchester-Fragmente in memoriam David Rokeah 18 20:00 Maurizio Pollini Klavier Gustav Mahler »Rückert-Lieder« Lieder für Stimme und Klavier bzw. Orchester. Texte von Friedrich Rückert Robert Schumann Arabeske C-Dur op. 18 für Klavier Kreisleriana op. 16 Acht Fantasiestücke für Klavier Heinz Holliger Ardeur noire für großes Orchester und gemischten Chor ad libitum. Nach Claude Debussy »Les soirs illuminés par l’ardeur du charbon« für Klavier sowie Werke von Frédéric Chopin Als Maurizio Pollini 1960 den internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau gewann, begründete der große Artur Rubinstein die Entscheidung mit den Worten: »Er ist technisch besser als jeder in der Jury.« Über 50 Jahre später ist Pollini weiterhin eine Instanz, nicht nur pianistisch. Ob er die komplexen Sonatengebirge Beethovens, Schuberts und Chopins erkundet oder sich mit neuer Musik beschäftigt – die Klavierabende dieses italienischen Jahrhundertpianisten fesseln das Herz und den Verstand gleichermaßen. Claude Debussy La mer L 109 Drei sinfonische Skizzen für Orchester Förderer der MCO Academy: Kunststiftung NRW und das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen Dieses Konzert wird auch live auf philharmonie.tv übertragen. Der Livestream wird unterstützt durch JTI. Kölner Sonntagskonzerte 3 26 Dienstag 27. Januar 2015 20:00 2015 feiert das Alte-Musik-Ensemble Il Giardino Armonico 30-jähriges Bestehen. Je nach Programm tritt das Ensemble in so unterschiedlicher Spielstärke von teilweise nur 3 bis zu 35 Musikern auf. Nach Köln kommen die Musiker in nahezu maximaler Besetzung, um die Ouvertüre aus Haydns »L’isola disabitata«, Auszüge aus Glucks Ballettpantomime »Don Juan, ou le festin de Pierre« und vor allem drei Violinkonzerte von Mozart zu spielen, deren Solopart Isabelle Faust mit ihrer »Dornröschen«-Stradivari von 1704 übernimmt. Um 19 Uhr hält Oliver Binder eine Einführung in das Konzert. Werke von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Christoph Willibald Gluck Isabelle Faust Violine Il Giardino Armonico Giovanni Antonini Dirigent Foto: Felix Broede Philharmonie-Hotline 0221 280 280 ­koelner-­philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner ­Philharmonie! Kulturpartner der Kölner Philharmonie Herausgeber: KölnMusik GmbH Louwrens Langevoort Intendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbH Postfach 102163, 50461 Köln ­koelner-­philharmonie.de Redaktion: Sebastian Loelgen Corporate Design: hauser lacour kommunikationsgestaltung GmbH Textnachweis: Die Texte von Stefan Fricke sind Original­­­beiträge für dieses Heft. Fotonachweise: Sabine Arndt S. 20; Lukas Beck S. 21 und 23; Klaus Fleige S. 22; Klaus Rudolph S. 17 Gesamtherstellung: adHOC ­Printproduktion GmbH Foto: Gunter Gluecklich Sonntag 22. Februar 2015 20:00 Sofia Gubaidulina Offertorium – Konzert für Violine und Orchester Gustav Mahler Sinfonie Nr. 4 G-Dur für Orchester mit Sopransolo Christina Landshamer Sopran Patricia Kopatchinskaja Violine NDR Sinfonieorchester Thomas Hengelbrock Dirigent koelner-philharmonie.de 0221 280 280