PDF - Kölner Philharmonie

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Schlagquartett Köln zum 25.
Schlagquartett Köln
und Gäste
Sonntag
18. Januar 2015
20:00
Bitte beachten Sie:
Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben
Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses
Franz Sauer aus.
Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte
schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus.
Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen
Gründen nicht gestattet sind.
Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis,
dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie
möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens
in der Pause einnehmen.
Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es
ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen
Gästen.
Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr
Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder
veröffentlicht wird.
Schlagquartett Köln zum 25.
Schlagquartett Köln
Boris Müller Schlagzeug
Thomas Meixner Schlagzeug
Dirk Rothbrust Schlagzeug
Achim Seyler Schlagzeug
Als Gäste:
Christoph Caskel Schlagzeug
Martin Homann Schlagzeug
Lukas Schiske Schlagzeug
Adam Weisman Schlagzeug
Björn Wilker Schlagzeug
Sonntag
18. Januar 2015
20:00
Pause gegen 20:40
Ende gegen 21:40
19:00 Einführung in das Konzert durch Stefan Fricke
Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V.
PROGRAMM
John Cage 1912 – 1992
First Construction (in Metal) (1939)
für sechs Schlagzeuger und einen Assistenten
Schlagquartett Köln
Martin Homann
Adam Weisman
Beat Furrer *1954
Quartett (1995)
für Schlagzeuger
Schlagquartett Köln
Pause
Wolfgang Rihm *1952
Stück (1988 – 89)
für drei Schlagzeuger
Schlagquartett Köln
Christoph Caskel
Nicolaus A. Huber *1939
Herbstfestival (1989)
für vier Schlagzeuger
Schlagquartett Köln
Edgard Varèse 1883 – 1965
Ionisation (1929 – 31)
für 13 Schlagzeuger
Version für 8 Schlagzeuger
Schlagquartett Köln
Björn Wilker
Martin Homann
Adam Weisman
Lukas Schiske
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ZU DEN WERKEN
Schlag auf Schlag
»Man kann einem Musiker nicht beibringen, schöne rhythmische
Formen zu finden; das besondere Talent, das ihn befähigt, sie
zu entdecken, ist eines der seltensten. Von allen Bestandteilen
der Musik erscheint uns der Rhythmus heute am wenigsten weit
fortgeschritten zu sein.« Das schreibt Hector Berlioz 1837 in der
Revue et Gazette Musicale de Paris. Noch hundert Jahre später hat
die Äußerung kaum an Gültigkeit verloren. Doch erweist sich nun
John Cages Vision, »kein Rhythmus wird dem Komponisten unerreichbar sein«, als richtungsweisendes Signal der Zeit. In seinem
berühmten Essay Die Zukunft der Musik – Credo (1937), in dem er
auch die Emanzipation der Geräusche und die Entwicklung der
elektronischen Musik prognostiziert, heißt es: »Die Schlagzeugmusik ist der zeitgenössische Übergang von einer aufs Klavier
bezogenen Musik zu einer Allklangmusik der Zukunft.« Und die
Geschichte hat Cage hierin Recht gegeben. Allerdings ist die
eigens für Schlagzeug komponierte Musik nicht nur ein Medium
des Übergangs geblieben. Vielmehr hat die pure Perkussionsmusik seit den dreißiger Jahren, natürlich dank einiger Werke
Cages und vor allem auch wegen Edgard Varèses Komposition
Ionisation für dreizehn Schlagzeuger, einen autonomen Platz im
abendländischen Konzertleben erobert – mit stetig wachsendem
Repertoire, bis heute.
John Cage: First Construction
(in Metal) für sechs Schlagzeuger
und einen Assistenten
In den Jahren 1939 bis 1941 komponierte John Cage die Schlagzeugstücke Three Constructions. Die erste »Konstruktion« (1939)
verlangt neben einem Schlagzeugsextett auch ein Klavier plus
Assistenten, während die zweite (1940) ein Schlagzeugquartett
einschließlich präpariertem Klavier vorschreibt und die dritte
(1941) nur für Perkussionsquartett geschrieben ist. Die Uraufführung fand am 9. Dezember 1939 im Cornish Theatre in Seattle
statt, wo Cage nach seinem Studium in seiner Heimatstadt Los
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Angeles bei Henry Cowell, dann bei Arnold Schönberg und der
Heirat mit Xenia Andreyevna Kasehevaroff, die Ehe hielt bis 1945,
einige Zeit lang lebte und auch in einer Buchbinderei arbeitete.
Der amerikanische Schriftsteller William Carlos Williams war
Ohrenzeuge dieser Aufführung: »Ich spürte, dass der Lärm, der
beziehungslose Lärm des Lebens wie der in der U-Bahn, nicht
ausgekostet worden war, wie das mit einem nachklingenden
Beethoven der Fall gewesen wäre, sondern tatsächlich gemeistert, unterworfen. Der Komponist hat dieses verhasste Etwas,
das Leben, genommen und sich durch seine Musik zum Herrn
darüber aufgeschwungen. Das Ärgernis war nicht abgewehrt,
gemäßigt, übertüncht, sondern zunichte gemacht und das Leben
dadurch zum Sieger erhoben worden. Das ist ein bedeutsamer
Unterschied. Durch das Hören solcher Musik, die scheinbar nur
Lärm ist, wurde ich, als ich in der Realität auf wirklichen Lärm
stieß, gewahr, dass ich darüber hinaus gewachsen war.«
Was da in Seattle vor 76 Jahren zum ersten Mal »lärmte« und
seither in vielen Konzerträumen der Welt erklungen ist, waren
und sind u. a. Röhrenglocken, Donnerbleche, balinesische und
japanische Gongs, türkische und chinesische Becken, Kuhglocken, Ambosse, Autobremstrommeln, ein Tamtam, ein Wassergong – der Gong wird, während er noch vibriert, in ein mit Wasser gefülltes Behältnis getaucht, wodurch Glissandi entstehen
(wohl eine Erfindung von Cage selbst) – und ein Klavier – der
Spieler bearbeitet u. a. dessen Basssaiten mit einem Paukenschlägel; sein Assistent dämpft die Metallsaiten, indem er sie selber mit metallenen Hilfsmitteln traktiert. Die rhythmischen Strukturen des achtminütigen Stücks nur aus Metallklängen hat Cage
genau bemessen: »Das Ganze hat so viele Teile, wie jede Einheit
kleinere Teile besitzt, und diese, große wie kleine, stehen im selben Verhältnis zueinander.« In First Construction – hier wendet er
dieses Strukturprinzip zum ersten Mal an und es bleibt für seine
Werke gültig bis 1952, als er den Zufallsgenerator des altchinesischen Orakelbuchs I Ging für seine Arbeit entdeckt – ist es das
Zahlen-Palindrom 4/3/2/3/4. Das ergibt einen Gesamtkomplex
von sechzehn Einheiten, gleich sechzehn 4/4-Takte. Und diese
sechzehntaktige Struktur wird sechzehnmal wiederholt, wobei
die ersten vier Sechzehner diverse Materialteile vorstellen, dann
folgen Entwicklungen und Entfaltungen. Das ganze Geschehen
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beschließt dann eine Koda, die das numerisch strenge Konstruktionskonzept etwas aufweicht. Aber ums Mitzählen beim
Hören ging es Cage ganz sicher nicht: »Die Leute mögen meine
Konzerte verlassen und denken sie haben ›Lärm‹ gehört, aber
dann werden sie ganz plötzlich die Schönheiten in ihrem Alltagsleben hören. Meine Musik ist von therapeutischem Wert für
Stadtbewohner.«
Beat Furrer: Quartett für Schlagzeuger
Vielleicht nicht jeder, aber doch sehr viele haben sicher schon
mal ein Holz- oder Plastiklineal über die Tischkante gelegt, den
auf dem Tisch liegenden Teil mit der einen Hand festgehalten,
den in der Luft liegen mit der anderen zum Schwingen gebracht.
Je nach Lineal und Tisch ein toller Klang, der sich durch das
Verschieben des Lineals nach links oder rechts höher oder tiefer gestalten lässt, in Tonstufen oder Glissandi. Ein Kinderspiel,
sicher, zugleich ein Musikinstrument mit markantem Sound, der
sich durch eine darunter liegende Holzkiste als Resonanzkörper
prima verstärken lässt. Ein solch sonores Equipment, also Tische,
Kisten, Lineale, müssen die vier Schlagzeuger in Beat Furrers 1995 komponiertem Quartett ebenso behände handhaben
wie Pauken, Claves, Metall-, Wood-, Tempel- und Sandblock,
Metallplatte, Donnerblech, eine Aluminiumschiene, außerdem
die melodiefähigen Crotales, Kuh- und Röhrenglocken, Marimbaphon und Vibraphon, zusätzlich ein Klavier, das vor allem als
»Black Box«-Resonator eingesetzt wird. Das zwanzigminütige,
aus vier Teilen bestehende Stück bewegt sich rege zwischen
den beiden Extrempolen Geräusch und definierter Tonhöhe, zwischen Atmosphärischem und Melodischem, zwischen Gesten
der (Spiel-)Bewegung, was die selbstbestimmte, zwangsläufige
»Choreografie« der Interpreten einschließt, und der Klangbewegung, die eine eigene Körperlichkeit freisetzt. Daraus formt Furrer
etliche Initialaktionen, die im Folgenden vervielfacht, überlagert,
verwandelt, pulverisiert werden, unterschiedliche Energiezustände durchlaufen; er selbst hat diese Vorgänge mit den Effekten der Stroboskopie in Verbindung gebracht und auf Marcel
Duchamps berühmtes Ölgemälde Akt, die Treppe hinabsteigend
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von 1912 hingewiesen, das den Bewegungsablauf der Figur als
ineinander übergehende, sich versetzt überlagernde Einzelbilder
zeigt: Bewegung im Stillstand oder Stillstand als Bewegung.
Einen anderen, einen verborgenen weiteren thematischen Verweis hat der 1954 in der Schweiz geborene Beat Furrer, der in
Wien Komposition bei Roman Haubenstock-Ramati und Dirigieren bei Othmar Suitner studiert hat, direkt ins musikalische
Geschehen genommen. Im vierten Teil müssen die vier Spieler
mit Lineal und Holzkiste mehrfach einen Rhythmus realisieren,
der sprachähnlich, »parlando« erklingen soll. Grundlage dafür
bildet ein John-Cage-Zitat aus dessen Rezitationskomposition
45’ for a Speaker (1954), das der Wiener Dichter Ernst Jandl folgendermaßen ins Deutsche übertragen hat: »(Um zu sehn, muss
man) über die Vorstellung hinausgehn, und dazu muss man
absolut stillstehn wie im Mittelpunkt eines Sprungs.« Es ist den
Musikern übrigens freigestellt, ob sie das Zitat bei seiner letztmaligen Klangrhythmustransposition mitflüstern oder nicht. ­Furrers
gestisches, mithin fein ziseliertes, zugleich sehr kraftvolles Quartett ist eine Musik des Sprungs: zwischen Dynamik und Statik,
irgendwo und irgendwie mittendrin, in der Luft …
Wolfgang Rihm:
Stück für drei Schlagzeuger
»Dieses Stück«, schreibt Wolfgang Rihm in dem knappen Werkkommentar zu dem 1988/89 komponierten, nur gut drei Minuten dauernden Stück, »ist ein Stück. Daher heißt es so. Es endet
anders, als es anfängt, was nichts ändert. Aber so fängt es an:
Die Spieler(innen) kauern, hocken oder knien in der Mitte einer
leeren Bühne nah beieinander, wie eine Tiergruppe oder wie vergessene, verwilderte Forscher … Ein Feuer? Ein Loch? Ein totes …?
Vielleicht ein Rest? Leihmaterial? Rest! Ja, so könnte das Stück
auch heißen. Dann würde es anders beginnen, als es endet.
Mitten in der Wüste liegt eine Partitur im Geröll … verblichen …
ausgehackt … durchschossen …« Die in jeder Hinsicht kurzweilige und überaus effekt- wie humorvolle Komposition für Bongo,
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Hängendes Becken und Woodblock ist dem Musikwissenschaftler Wilfried Brennecke (1926 – 2012) gewidmet, als Gruß und Dankeschön. Brennecke war von 1964 bis 1989 Redakteur beim WDR
Köln für Kammermusik und neue Musik, zudem leitete er zwischen 1969 und 1989 die Wittener Tage für neue Kammermusik,
die durch sein Engagement und dem der Rundfunkanstalt das
bis dahin eher kleine Festival auf die internationale Bühne hoben.
Beachtlich ist binnen dieser zwei Jahrzehnte die Zahl der Ur- und
Erstaufführungen, auch die der Zweit- oder Dritt- Interpretation,
Witten verstand sich anders als Donaueschingen nie nur als reines Premieren-Festival. Von Wolfgang Rihm zum Beispiel erklangen hier vor seinem Stück vier Werke: 1976 die Uraufführung von
Paraphrase (1972), 1988 die Premiere des gesamten Chiffre-Zyklus
(1982 – 88) sowie 1980 die Skizze über Franz Schubert Erscheinung und 1984 Bild (1983). Zahlreiche Tonkünstler der Avantgarde
aus West und aus Ost, der DDR und anderen Ländern hinterm
Eisernen Vorhang, fanden hier ein gewichtiges, teils ein erstes
Forum – Komponisten wie Interpreten. Gerade dieser Einsatz für
die Musik(er) aus den ehemals sozialistischen Nachbarstaaten
machte Witten schon in den siebziger Jahren in manchen Ausgaben neben den eigentlichen musikalischen Erlebnissen und
Ereignissen auch zu einer kulturpolitischen Drehscheibe – bis
1989, als Wilfried Brennecke in den Ruhestand ging. Das 1989 im
Herbst dann auch zum Jahr der politischen Wende wurde, das
den Fall der Berliner Mauer brachte, konnte der Festivalchef im
April noch nicht ahnen.
Nicolaus A. Huber:
Herbstfestival für vier Schlagzeuger
Im Frühjahr 1801, so vermutet die Forschung, schreibt Friedrich Hölderlin an einem »vaterländischen Gesang«, den er Der
Gang aufs Land nennt. Er hat ihn allerdings nicht fertiggestellt.
In dem Fragment findet sich die oft zitierte Zeile »Komm! Ins
Offene, Freund!«. Spätere »Freunde«, viele Komponisten haben
gerade im ausgehenden 20. Jahrhundert seine Literatur, ob die
Gedichte, seinen Roman Hyperion oder seine Übersetzungen der
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antiken Dramen, vertont: hörbar als »Lied«, auch als Oper, oder
als wortsprachstumme, meist sehr leise Musik, deren jeweilige
Werktitel dann aus Hölderlin-Worten bestehen oder – unhörlesbar fürs Publikum – die Spielanweisungen für die Musiker. Noch
ehe diese Hölderlin-Aneignung in der zeitgenössischen Musik
Mode wurde, ließ der Essener Komponist Nicolaus A. Huber in
seinem 1969 entstandenen Versuch über Sprache Hölderlin-Zitate
auf Goethes Sah ein Knab ein Röslein stehn und Passagen aus Karl
Marx’ Das Kapital treffen.
In den nachfolgenden Jahrzehnten schrieb Huber, der u. a. bei
Luigi Nono in Venedig studiert hat, etliche weitere Stücke, die
sich in ganz unterschiedlicher Art dem Werk Hölderlins nähern,
oder in denen Hölderlin-Texte die jeweilige kompositorische
Faktur grundieren oder flankieren. Anfang der 1990er Jahre, als
man in der Neue-Musik-Szene den Eindruck gewinnen konnte,
Komponieren ginge nur noch mit Hölderlin, setzte Huber dieser
bis heute rätselhaften Inflation ein Kammermusikstück für Kontrabass und Klavier sowie mindestens zwei Tische entgegen, das
1993 in Saarbrücken uraufgeführt wurde: Ohne Hölderlin – das
Werk endet mit einem Knall. Beendet hat Nicolaus A. Huber seine
Freundschaft mit Hölderlin dadurch allerdings nicht; bis heute
ist ihm dessen Sprachkunst wichtig und nach wie vor findet sie
auch ihren Weg in seine Musik. Das 1989 im Auftrag des Landes
Baden-Württemberg und des Schlagzeugers Bernhard Wulff
geschriebene und 25. Oktober des Jahres in Freiburg uraufgeführte Schlagzeugstück Herbstfestival entpuppt sich nicht auf den
allerersten Blick als eine Hölderlin-Komposition. Den Ausgangspunkt bildete, so berichtet Huber, »ein geheimnisvolles Klingel
in und um mein Arbeitszimmer, pppp. Die Zeitpunkte, die ich mit
Stoppuhr zu ermitteln versuchte, gaben keinen adäquaten Sinn.
Um das Geheimnisvolle und quasi natürliche Unvorhersehbare
meiner herbstlichen Zimmeratmosphäre wiederzugeben, musste
ich ein eigenes Klang- und Zeitkonzept entwickeln.« Jedem der
vier Schlagzeuger ist ein Set von zwei Klangfarben zugeordnet, deren dazugehörende Instrumente mit zehn verschiedenen
Spielweisen (reiben, schütteln, schlagen) aktiviert werden. Die
instrumentalen Grundfarben reichen von Metall über Fell zu Holz,
später ergänzt um neue Klangwerkzeuge, etwa einem nassen,
tropfenden Tuch. Das neunzehnminütige Herbstfestival beginnt
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äußerst leise und zart, auch im weiteren Verlauf sind manche
Klänge kaum zu hören, an anderen Stellen indes überaus klar
vernehmbar, etwa ein stolpernder Marsch oder zwei Glockenschläge. Und dann plötzlich Hölderlin, dem Publikum allerdings
verborgen. Stumm ist sein Gedicht Der Herbst von den Interpreten zu lesen. Frei zu wählende Buchstaben oder Buchstabenübergänge hieraus soll jeder Spieler individuell als Impulsgeber
für kurze Klangereignisse deuten – das Gedicht als Partitur.
Der Herbst
Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen,
Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet,
Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet,
Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen.
Das Erdenrund ist so geschmückt, und selten lärmet
Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet
Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen
Als eine Aussicht weit, die Lüfte wehen
Die Zweig’ und Äste durch mit frohem Rauschen
Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen,
Der ganze Sinn des hellen Bildes lebt
Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet.
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Friedrich Hölderlin hat außer diesem noch ein weiteres Gedicht
mit dem Titel Der Herbst verfasst, diesen Fall gibt es mehrfach in
seinem Œuvre. Huber verwendet Herbst II jedoch nicht direkt in
seinem Stück, beschließt mit dessen ersten Strophe allerdings
seinen eigenen Werkkommentar (den er übrigens mit Fragmenten aus Herbst I eröffnet):
Der Herbst
Die Sagen, die der Erde sich entfernen,
Vom Geiste, der gewesen ist und wiederkehret,
Sie kehren zu der Menschheit sich, und vieles lernen
Wir aus der Zeit, die eilends sich verzehret.
Die Bilder der Vergangenheit sind nicht verlassen
Von der Natur, als wie die Tag‹ verblassen
Im hohen Sommer, kehrt der Herbst zur Erde nieder,
Der Geist der Schauer findet sich am Himmel wieder.
In kurzer Zeit hat vieles sich geendet,
Der Landmann, der am Pfluge sich gezeiget,
Er siehet, wie das Jahr sich frohem Ende neiget,
In solchen Bildern ist des Menschen Tag vollendet.
Der Erde Rund mit Felsen ausgezieret
Ist wie die Wolke nicht, die Abends sich verlieret,
Es zeiget sich mit einem goldnen Tage,
Und die Vollkommenheit ist ohne Klage.
Und es gibt noch andere, ganz verborgene Hölderlin-Verweise in
Herbstfestival, auf die Nicolaus A. Huber in seinem Essay Die Zeit
ist buchstabengenau und allbarmherzig hinweist, den er 2002 für
die Schweizer Musikzeitschrift Dissonanz geschrieben hat und in
dem er Hölderlin in seinen eigenen Werken nachspürt (der Titel
des Essays ist ein Zitat aus einem Brief Hölderlins an seine Mutter). Zum einen hat er die Notation so in Zeilen geschrieben, wie
man es auch oft bei den Gedichten Hölderlin findet: Die jeweils
folgende Zeile ist etwas nach rechts verschoben, so dass eine
diagonale Lesestruktur entsteht, ein »Vorwärts«, so Huber, der
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seine an diese Schreibweise angelehnte Notation auch »KlangGedicht« nennt. Zum zweiten hat Huber dem Werk eine, wie er
selbst sagt, »Hölderlin-Struktur« eingeschrieben, die aus 222
Klangereignissen besteht. Damit rekurriert er auf »die nicht minder geheimnisvolle zweite Hälfte von Hölderlin von genau 36
Jahren und 222 Tagen«. Hölderlin ist am 20. März 1770 geboren
und am 7. Juni 1843 gestorben. Und die 27 Substantive, die das
Gedicht Herbst I enthält, standen als Zahl Pate für die 27 Strukturen von Herbstfestival. Und aus alldem kreiert Nicolaus A. Huber
ein Werk, das sich, so einmal der Komponist und Musikologe
Konrad Boehmer, »entwickelt zu einem ständigen ›Crescendo‹
des Wachstums – und nicht bloßer ›Zunahme‹.
Edgard Varèse:
Ionisation für 13 Schlagzeuger
Ein imposantes Bühnenbild – dreizehn Schlagzeuger mit über
vierzig Perkussionsinstrumenten – und ein schillerndes Klangbild von etwa sechs bis sieben Minuten Länge: Ionisation. Und
obwohl das Werk heute in einer Version für bloß acht Perkussionisten gespielt wird, ist der Aufbau auf der Bühne beeindruckend, das zu Hörende sowieso. Edgard Varèse (1883 – 1965), der
vor allem in Paris und New York lebte, zeitweise, 1907 bis 1913,
war auch Berlin seine Wahlheimat, zählt zu den bedeutendsten
Komponisten des 20. Jahrhunderts. Seine eigenwilligen Ideen,
Konzepte und Realisationen von Klang und Musik haben die
Tonsprache erweitert, ja revolutioniert. Die Werke seines insgesamt recht schmalen Œuvres – viele sind verschollen oder
unvollendet geblieben – sind Solitäre und Kristalle. In ihnen klingen »Massen, Zustände, Körper und Gestalt« (Wolfgang Rihm).
Und das verlangt ein anderes Hören, ein freies, ein körperliches
Hören, ein Sich-Einlassen auf Momente und Klänge. Das Stück
Ionisation, entstanden zwischen 1929 und 1931 in Paris, hatte
seine Uraufführung am 6. März 1933 in New York (dirigiert von
Nicolas Slonimsky). Es lebt von kontrastiven Strukturen: Dauerklänge versus Impulse; Instrumente mit bestimmten Tonhöhen
versus solchen mit nur ungefähren; bekannte Instrumente und
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als musikalische Werkzeuge eher unbekannte oder nur selten
gebrauchte (Sirenen, Ambosse, auch Klaviercluster waren in den
Dreißigern noch nicht wirklich Konzertsaal-tauglich). Manche
der perkusssiven Klänge sind besonders einprägsam und übernehmen die Aufgabe von Wegmarken: Sie heben formale Gliederungen des Werkes hervor. Ionisation, das Mutterwerk aller Kompositionen für reines Schlagzeug-Ensemble, ist ein Erfolgsstück,
das die Situation der Zeit genau getroffen zu haben scheint. Im
Gespräch mit dem französischen Rundfunkredakteur George
Charbonnier sagte Varèse: »Das Schlagzeug hat, was seine
Klanglichkeit betrifft, eine Vitalität, die die anderen Instrumente
nicht haben … Der Anschlag wird klarer und schneller wahrgenommen. […] unsere Zeit ist percutant. Es ist eine Zeit des Tempos. Das Geigenvibrato ist nicht mehr meine Zeit.« Das war im
März 1955. Fünf Jahre früher, 1950, als er bei den Internationalen
Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt unterrichtete und das
Stück Ionisation seine europäische Erstaufführung erlebte, gab er
sich etwas wortkarger: Er sagte, auf Deutsch, zu einem Reporter
des Südwestfunks Baden-Baden: »Ionisation ist ein altes Werk,
das war bloß für Schlagzeuge geschrieben, wie Sie für ein Quartett schreiben. Aber das ist nicht eine Spezialität. Das ist ein Werk
für Schlagzeuge. Und Punkt.« Aus heutiger Sicht ist Ionisation, in
dem 44 Perkussions-Instrumente erklingen, tatsächlich eine alte
Komposition, und dennoch erstaunlich jung geblieben.
Stefan Fricke
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PORTRAIT
25 Jahre Schlagquartett Köln
Schlagzeuger sein – das heißt, wenn man im Bereich der »Ernsten Musik« tätig ist, zumal in der zeitgenössischen, viele Dinge zu
tun, von denen man noch gar nicht weiß, dass man sie einmal im
Kunstkontext tun wird. In den Baumarkt gehen, um Schrauben,
Abwasserrohre, Styropor, Steine, Schmirgelpapier und Metallplatten auszusuchen und in der Garten- und Pflanzenabteilung
nach geeigneten Blumentöpfen, Bambusstöckchen oder Kakteen Ausschau zu halten. Und für (raschelndes) Laub und Äste mit
Rinde lohnt der Spaziergang im Wald. Gelegentlich muss man
auch den Schrottplatz oder eine Autoreparaturwerkstatt besuchen, um ausrangierte Autofedern oder ganze PKW-Türen mitzunehmen. Eimer, Wannen und andere Haushaltsartikel aus Plastik und Blech, neueren oder extra älteren Datums, Glasflaschen,
Streichhölzer, unterschiedlichste Pappen und Papiere und vieles,
vieles mehr gehören zur Grundausstattung eines heutigen Perkussionisten, der die Zeitvermessungen unserer Welt verklanglichen will, als avancierter Improvisator oder als Interpret neuer
Musik, als lebendiges Werkzeug des Komponisten, als dessen
notwendiger Mit-Spieler. Und um des Erfinders Ideen umzusetzen, darf man auch mal eine alte Schreibmaschine bedienen,
Pfeifen trillern, Pistolen abfeuern, Kunststofffolien zerknüllen
und muss zuweilen selber Klangdinge bauen. Das Schlagzeug
besteht aus einer riesigen Palette akustischer Materialien, schier
grenzenlos. Da jeder Gegenstand klingt, man ihn beklopfen, auf
ihn schlagen, ihn reiben kann, und oft auch selbiges mit ihm
auf anderen Objekten tun kann, wächst die Schlagzeug-Familie
unaufhörlich. Und ist es bei einem Orchesterstück mal erforderlich, etwas zu zerstören, selbst wenn es eine Geige oder ein
Horn wäre, man würde eher den Schlagzeuger dazu verpflichten
als jemanden aus der Stimmgruppe Violine II oder einen Blechbläser. Schlagzeuger sind oft freigeistige Naturen, nicht selten
ästhetisch offener und neugieriger als ihre Kollegen mit den ehrwürdigen, edlen und kostbaren Instrumenten. Dafür können sie
sich auf die Brust schlagen, und das müssen sie zuweilen auch:
Wenn sie ein Stück (mit) Body-Percussion aufführen, wenn die
eigene Physis zum Resonanz-Körper, zur menschlichen Trommel
wird. Dass die Schlagwerker noch ausgefeilte pantomimische
Aktionen in ihre ohnehin bewegungsintensiven und oft elegant
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anzuschauenden Choreografien zur eigentlichen Klangaktion
einzubinden haben, wen überrascht es. Diese unvorstellbare
Vielfalt hat Christoph Caskel, Grandseigneur der zeitgenössischen Schlagzeugkunst in Deutschland, bereits 1964 auf den
Nenner gebracht: »Der Schlagzeuger ist der moderne Instrumentalist par excellence.« Caskel spielt und lehrt bereits in den fünfziger Jahren bei den Darmstädter Ferienkursen, solistisch etwa
Lachenmanns Intérieur 1967 und Stockhausens Zyklus 1959, bei
denen der Interpret ganz von Instrumenten umgeben ist. Damals
ein höchst ungewohntes Bild.
1959 hielt der polnische Komponist Włodzimierz Kotoński in
Darmstadt den Vortrag Das Schlagzeug in der Neuen Musik: »Das
Schlagzeug hat in den letzten 30 Jahren eine auffallende Laufbahn gemacht. Man kann sogar von einer Neuentdeckung dieser
seit vielen Jahrhunderten wenigstens im Abendland verachteten
Instrumentengruppe reden. In den letzten Jahren nimmt noch
diese Strömung zu, besonders im Kreise der seriellen Musik. Fast
jedes neue Werk von Stockhausen, Boulez, Nono und Bo Nilsson
bringt neue Vorschläge und neue Lösungen auf diesem Gebiet.«
Und schließlich resümiert er: »Die Jahre werden zeigen, ob es
nur eine vorübergehende Mode war oder wirklich ein untrennbarer organischer Teil der Neuen Musik.« Und letzteres ist das
Schlagzeug dann auch gewordenen, ein unverzichtbarer Organismus im Biotop Neue Musik, ein Organismus gar, der stetig
wächst, vielleicht sogar wuchert. Es gibt mittlerweile eine Schar
höchst exquisiter und bemerkenswert experimentierfreudiger
Perkussionisten, auch dank Christoph Caskel, der 1976 Schlagzeug-Professor an der Kölner Musikhochschule wurde. Und es
gibt einige reine Schlagzeug-Ensembles, zum Beispiel Les Percussions de Strasbourg oder die Amadinda Percussion Group
und das Schlagquartett Köln, das 1989 bei den Wittener Tagen
für neue Kammermusik debütierte – mit Uraufführungen von
Wolfgang Rihm, Jannis Vlachopoulos und Edison Denissow. In
den nun zurückliegenden 25 Jahren sind etliche weitere hinzukommen, von u. a. Beat Furrer, Dieter Schnebel, Salvatore Sciarrino, Oxana Omelchuk, Thomas Witzmann, Ali N. Askin, Carola
Bauckholt, Gerhard Stäbler. Deren Werke suchen emphatisch das
Neue und das Unbekannte, mal mit kleinen Gesten auf kleinem
Raum, mal in merkwürdig anmutenden Versuchslaborsituation,
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mal riesengroßbestückt wie in einer Werkzeughalle. Und Boris
Müller, Thomas Meixner, Dirk Rothbrust und Achim Seyler, so die
feste Besetzung des Schlagquartetts Köln seit Mitte der 1990er
Jahre, sind stetig auf der Suche nach »verrückten Dingen«, nach
frischen Ideen und ungewöhnlichen Konzepten. Das gehört für
das Schlagquartett Köln, das nicht zufällig mit seinem Namen
an die große Tradition des Streichquartetts als vierköpfiges
Ensemble anknüpft, zum Selbstverständnis, zur musikalischen
Selbstverpflichtung.
Das aber heißt nicht, dass die vier Musiker, zwei davon sind übrigens Caskel-Schüler, nur das effektvolle Experiment favorisierten, sie nur besonders exotische Instrumente oder auffällige Alltagsprodukte bespielten. Das »klassische« Schlagwerk wie Xylo-,
Marimba- und Vibraphon spielen sie genauso behände wie die
Pauken, Trommeln, Becken, Gongs oder den Waldteufel. Und
ihre Heimat war auch nicht nur die neue Musik, sei es solistisch,
zu zweit oder zu viert, im großen Ensemble oder im Orchester.
Sie haben in Rock- und Big Bands gespielt, auch in Blaskapellen, in Jazz-Formationen und vieles mehr. Diese genreübergreifende Praxis kann man in den Konzerten des Schlagquartetts
Köln gut spüren und tut auch den Stücken gut. Das Geschehen
und die Klänge sind plastischer, körperlicher, direkter, auch
freier – natürlich immer im gebotenen Sinne der jeweiligen Partitur, die es gerade aufzuführen gilt. Doch weil das Rollenspiel von
Schlagzeugern so unglaublich umfangreich ist und nicht allein
von Stück zu Stück sich wandelt, sondern oft mannigfach in bloß
einem Werk, ist die Vielsprachigkeit einer großer Gewinn für die
Dramaturgie und somit auch für das Verständnis der Komposition. Und weil Perkussionisten die einzigen Musiker im Orchester sind, die nicht sitzen, höchstens lehnen sie sich mal an einen
Hocker, in einer Band mit Drum-Set ist es meist umgekehrt – da
sitzen nur Schlagzeuger und Pianist –, ist ihre Haltung unübersehbar: die Haltung des Körpers sowie die des Spielens und die
zum Spiel. Alles muss bestens trainiert sein, ist immer wieder zu
üben und um Neues zu ergänzen. Bewegungsautomatismen fallen sofort auf und musikalisch meist negativ ins Gewicht, aber
zuweilen sind es genau diese statischen Mechanismen, um die
es in einem Stück geht, dann ist der Schlagzeuger kurzzeitig der
hier geforderte Maschinist seines Körpers. Die zahlreichen CDs,
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bei denen das Schlagquartett Köln als Ensemble mitwirkt, können diese präzise Klang-Körper-Kultur nur akustisch transportieren. Und darum geht es ja auch bei Musik, um das hörbare
Erlebnis des mit Klängen und Strukturen zu Sagenden, manchmal auch mit Worten zu Singenden. Zugleich lebt jedes Konzert
vom sichtbaren Ereignis, von dem was und wie ein Musiker das
macht, was er laut Partitur zu machen hat. Das sei bloß Beiwerk
meinen vielleicht manche dazu, andere meinen, das ließe sich
vom Werk nicht trennen. Fest steht, dass ohne die Gesten des
Musikers, das Senken eines Fingers, das Heben und Fallenlassen eines Armes, der Fußtritt usw. kein Klang entstehen wird.
Er fällt nicht einfach so vom Himmel, er bedarf der körperlichen
und geistigen Vorarbeit, um dann punktgenau zu ertönen. Und
das macht das Schlagquartett Köln fantastisch – musikalisch
akustisch und musikalisch visuell. Ohrenzeuge ihrer Konzerte zu
sein bereitet stets eine große Freude, Augenzeuge zu sein aber
ebenso.
Stefan Fricke
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BIOGRAPHIEn
Schlagquartett Köln
Das Schlagquartett Köln, das 1989 anlässlich der Wittener Tage
für neue Kammermusik mit Uraufführungen von Wolfgang Rihm
und Edison Denissow debütierte, gilt in Fachkreisen seit langem
als Garant für überzeugende Aufführungen mit Feinabstimmung.
Die Erschließung ungewöhnlicher Klangwelten wird von den
Mitgliedern, die Absolventen der Musikhochschulen in Karlsruhe, Köln und Trossingen sind, seit 25 Jahren mit einer auch im
Bereich der zeitgenössischen Musik schwer zu findenden Hingabe und Professionalität geleistet. Auge und Ohr staunen ob
des enormen Aufgebots an klassischen und exotischen Instrumenten und es ist überraschend, welche Metamorphose selbst
banalste Alltagsgegenstände in den Händen der vier Schlagzeuger vollziehen.
Das ebenso vielseitig wie experimentierfreudig angelegte Repertoire umfasst alle Bereiche der komponierten Schlagzeugmusik
des vergangenen Jahrhunderts. Zahlreiche Konzerte, Rundfunkproduktionen und Uraufführungen dokumentieren die intensive
Arbeit für diese spezielle Besetzung.
17
Durch die enge Zusammenarbeit mit Komponisten und die damit
verbundene Suche nach neuen und speziellen Klängen entstehen innovative Spieltechniken – parallel zur Entwicklung und
dem Bau neuartiger Klangerzeuger, wodurch das Arsenal kompositorischer Mittel erweitert und zukünftiges Komponieren für
Schlaginstrumente entscheidend beeinflusst wird.
Die Förderung besonders der jüngeren Komponistengeneration
ist ein wichtiges Anliegen des Schlagquartett Köln, was sich in
einer Vielzahl von vergebenen Kompositionsaufträgen und entsprechenden Programmgestaltungen niederschlägt.
Neben ihrer Tätigkeit im Schlagquartett Köln konzertieren die
Mitglieder als Schlagzeugsolisten und arbeiten seit etwa 1995
mit den wichtigsten Ensembles für zeitgenössische Musik im Inund Ausland zusammen. Neben internationalen Konzertreisen
wirken sie in Rundfunk- und CD-Produktionen, Musiktheaterprojekten in Zusammenarbeit mit Schauspiel- und Opernhäusern, in
Musikvermittlungs- und Kinderkonzerten sowie Konzerten und
Meisterkursen in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut mit.
Das Schlagquartett Köln erhielt für die CD-Produktion von Nicolaus A. Hubers Herbstfestival den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. 2003 wurde das Quartett mit dem Förderpreis der Ernst
von Siemens Musikstiftung ausgezeichnet.
Bei uns war das Schlagquartett Köln zuletzt heute vormittag zu
erleben.
18
Christoph Caskel
Christoph Caskel, Jahrgang 1932, studierte das Fach »Pauke und
Schlagzeug« an der Hochschule für Musik in Köln. In unzähligen Konzerten mit zeitgenössischer Musik hat sich Caskel einen
internationalen Ruf als Schlagzeuger geschaffen und trug dazu
bei, das Schlagzeug als Solo-Instrument im Konzertsaal heimisch werden zu lassen. Eng verbunden mit seiner virtuosen
Handhabung des Schlagzeugs sind Karlheinz Stockhausens
Zyklus (1959) und Kontakte (1958 – 60), Mauricio Kagels Transición
II (1958/59) und Match (1964), die unter seiner Mitwirkung uraufgeführt wurden. Als Lehrer für seine Instrumente war Christoph
Caskel von 1976 bis 2001 an der Kölner Hochschule für Musik und
Tanz tätig. Bei uns war er zuletzt im Mai 2007 im Rahmen der
MusikTriennale Köln zu Gast.
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Martin Homann
Der gebürtige Münsteraner spielt seit
seinem zehnten Lebensjahr Schlagzeug
und hat sich in den letzten Jahren zu
einem Spezialisten für alte und neue
Musik entwickelt. Nach seinem Studium mit Meisterklassendiplom (1992)
bei Peter Sadlo in München arbeitete
er mit führenden Ensembles der zeitgenössischen Musik zusammen, u. a. mit
dem Ensemble Modern, dem Klangforum Wien und dem SWR-Vokalensemble. Die fruchtbare Zusammenarbeit dokumentiert sich in zahlreichen internationalen Tourneen und CD-Einspielungen. Er war
über viele Jahre ständiger Gast des Münchener Kammerorchesters und wurde 2003 Gründungsmitglied des Stuttgarter Ensembles ascolta. Darüber hinaus wirkte er als freischaffender Musiker u. a. bei großen Theater- und Musiktheaterproduktionen in
München, Stuttgart und Mannheim mit. Nachdem er 2004 seinen
Lebensmittelpunkt nach Heidelberg verlagert hatte, beschäftigte
er sich zunehmend mit der historischen Aufführungspraxis, allem
voran mit der Technik und dem Klang des barocken Paukenspiels. Seitdem arbeitet er intensiv mit renommierten Barockorchestern, etwa dem Barockorchester Stuttgart, L’arpa festante
München, La Banda und dem Schweizer Orchester Schola
Seconda Pratica zusammen.
20
Lukas Schiske
Lukas Schiske wurde 1962 in Wien
geboren. Er erhielt seine Ausbildung
zum Schlagzeuger an der Hochschule
für Musik und darstellende Kunst in
Wien, danach erfolgte die Spezialisierung auf Neue Musik. Seine Zusammenarbeit mit Orchestern unterschiedlicher Stilrichtungen umfasst etwa das
Los Angeles Philharmonic, das ORF
Radio-Symphonieorchester Wien, das
Wiener Staatsopernorchester, die Wiener Symphoniker und etliche Barockorchester. Lukas Schiske
konzertierte in zahlreichen Kammermusikformationen – unter
anderem im Trio mit Ernesto Molinari (Klarinette) und Georg
Schulz (Akkordeon) – sowie in diversen Schlagzeugensembles
von Duo bis Oktett.
Als Jazz- und Rockdrummer ist Lukas Schiske bei Wolfgang und
Christian Muthspiel, Franz Hautzinger, Michael Heltau, Claude
Bolling und einem Frank-Zappa-Projekt mit dem Ensemble
ascolta tätig. Szenische Auftritte absolvierte er etwa mit Christoph Marthaler. Als Solist ist Lukas Schiske immer wieder national und international tätig und nimmt an den bekanntesten
Musikfestivals im In- und Ausland teil. Erfolgreich absolvierte
er zahlreiche Fernseh-, Rundfunk- und CD-Aufnahmen. Seit der
Gründung des Klangforum Wien ist Lukas Schiske festes Mitglied des Ensembles.
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Adam Weisman
Adam Weisman studierte bei Fred Hinger und Chris Lamb an der Manhattan
School of Music in New York, bei Sylvio
Gualda in Versailles und bei Peter Sadlo
und Robyn Schulkowsky in München.
1991 erhielt er den Dritten Preis beim
ARD Musikwettbewerb in München
und 1992 den Zweiten Preis beim Internationalen Musikwettbewerb in Genf.
Er komponierte und spielte Musik für
Theaterstücke am Bayerischen Staatsschauspiel München, am Württembergischen Landestheater
Esslingen und am Landestheater Linz. Er spielte Neue Musik mit
dem New Music Consort und der NewBand in New York von 1988
bis 1990, sowie mit dem Ensemble Modern, mit dem Klangforum
Wien (Residenzmitglied 1997 – 98, 2004 – 05) mit dem Ensemble
ascolta (posthum Uraufführung von Frank Zappa), mit Zeitkratzer
(Konzerte mit Lou Reed) und dem Scharoun Ensemble (Mitglieder der Berliner Philharmoniker). Er wirkte bei zahlreichen CDProduktionen mit, u. a. bei einer CD mit dem Ensemble Modern,
Frank Zappa und der Musik von Edgar Varese. Seine Solo-CD
Mani, mit drei Kompositionen für Solo-Percussion von Pierluigi
Billone, wurde vom Preis der Deutschen Schallplattenkritik e. V.
in die Bestenliste 1 – 2011 im Genre Zeitgenössische Musik aufgenommen. Adam Weisman spielte Uraufführungen von Tan Dun,
David Lang, Wolfgang Rihm und Peter Eötvös. Als Solist trat er
in Athen, Paris, München, Genf, Berlin, Wien, Danzig, Peruggia
und Mar del Plata, Argentinien auf. Er ist Rockdrummer bei The
Diatribes.
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Björn Wilker
Björn Wilker wurde 1968 in Gelsenkirchen-Buer geboren. Er studierte
Schlagzeug an der Hochschule der
Künste Berlin und an der Hochschule
für Musik Freiburg i. Br. Die für seine
Entwicklung
maßgeblichen
Lehrer
waren Bernhardt Wulff, Isao Nakamura
und Robyn Schulkowsky. Nach ausgiebiger Konzerttätigkeit als freischaffender Schlagzeuger im Bereich der
Neuen Musik wurde er 1993 Mitglied
des Klangforum Wien. In den Jahren 1998/2000 unterbrach er
seine dortige Konzerttätigkeit, um bei Helmut Lachenmann an
der Stuttgarter Musikhochschule Komposition zu studieren.
Heute ist er neben seiner Arbeit im Klangforum Wien als Solist
und als Komponist tätig.
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KölnMusik-Vorschau
Januar
Februar
sa
SO
24
01
20:00
16:00
Leszek Możdżer p
Lars Danielsson b, vc
Zohar Fresco perc
Simone Kermes Sopran
Concerto Köln
Mayumi Hirasaki Konzertmeisterin
Jazz-Abo Soli & Big Bands 4
Arien und Ouvertüren von
Georg Friedrich Händel und
Antonio Vivaldi sowie Concerti von
Evaristo Felice Dall’Abaco und
Francesco Geminiani
SO
25
Sonntags um vier 3
11:00
Karnevalistische Matinee zugunsten
des Kölner Rosenmontagszuges
SO
08
»Luur ens vun Düx noh Kölle« –
90 Jahre Ludwig Sebus
11:00
KölnMusik gemeinsam mit dem
Festkomitee Kölner Karneval
FF – Fastelovend Ferkeet
Karnevalistische Matinee zugunsten der
Schull- un Veedelszöch
Norbert Conrads
Geschwister in der Bütt
Udo Müller
Kinderdreigestirn
Volker Weininger
Björn Heuser
Linus Moderation
MI
28
20:00
Filmforum
Der englische Patient
USA / Großbritannien, 1996, 162 Min.
Regie: Anthony Minghella
Musik: Gabriel Yared
mit: Ralph Fiennes, Juliette Binoche,
Kristin Scott Thomas, Willem Dafoe u. a.
KölnMusik gemeinsam mit
»Freunde und Förderer des
Kölnischen Brauchtums e. V.«
KölnMusik gemeinsam mit
Kino Gesellschaft Köln
Karten an der Kinokasse
24
Mittwoch
21. Januar 2015
20:00
Foto: Astrid Karger
Tanja Tetzlaff Violoncello
Arditti Quartet
Irvine Arditti Violine
Ashot Sarkissjan Violine
Ralf Ehlers Viola
Lucas Fels Violoncello
Werke von Jonathan Harvey, Harrison Birtwistle,
Akira Nishimura und Wolfgang Rihm
Seit seiner Gründung vor 40 Jahren wurden dem Arditti Quartet
mehrere hundert Streichquartette gewidmet und so bildete sich
das Ensemble mit den Jahren zu einer festen Größe der jüngsten
Musikgeschichte heraus. Bereits 1999 erhielt das Quartett den
prestigeträchtigen Ernst-von-Siemens-Musikpreis für sein musikalisches Lebenswerk. In Wolfgang Rihms »Epilog« (2012 – 13) spielt
Tanja Tetzlaff, als Mitglied des Tetzlaff Quartetts ebenso oft zu viert
unterwegs, zusammen mit Lucas Fels die beiden Cello-Parts.
SO
DI
08
10
18:00
20:00
Anna Larsson Alt
Marco Blaauw Trompete
Götz Alsmann Gesang, Klavier
und mehr
Altfrid Maria Sicking Vibraphon,
Xylophon
Michael Müller Bass
Rudi Marhold Schlagzeug
Markus Paßlick Percussion
Musiker der MCO Academy
am Orchesterzentrum|NRW
Mahler Chamber Orchestra
Heinz Holliger Dirigent
Georg Friedrich Haas
»I can’t breathe« (2014)
für Trompete solo
in memoriam Eric Garner
Broadway
MI
Heinz Holliger
Tonscherben
Orchester-Fragmente in memoriam
David Rokeah
18
20:00
Maurizio Pollini Klavier
Gustav Mahler
»Rückert-Lieder« Lieder für Stimme und
Klavier bzw. Orchester.
Texte von Friedrich Rückert
Robert Schumann
Arabeske C-Dur op. 18 für Klavier
Kreisleriana op. 16
Acht Fantasiestücke für Klavier
Heinz Holliger
Ardeur noire
für großes Orchester und gemischten
Chor ad libitum. Nach Claude Debussy
»Les soirs illuminés par l’ardeur du
charbon« für Klavier
sowie Werke von
Frédéric Chopin
Als Maurizio Pollini 1960 den internationalen Chopin-Wettbewerb in Warschau
gewann, begründete der große Artur
Rubinstein die Entscheidung mit den
Worten: »Er ist technisch besser als
jeder in der Jury.« Über 50 Jahre später
ist Pollini weiterhin eine Instanz, nicht
nur pianistisch. Ob er die komplexen
Sonatengebirge Beethovens, Schuberts
und Chopins erkundet oder sich mit
neuer Musik beschäftigt – die Klavierabende dieses italienischen Jahrhundertpianisten fesseln das Herz und den
Verstand gleichermaßen.
Claude Debussy
La mer L 109
Drei sinfonische Skizzen
für Orchester
Förderer der MCO Academy:
Kunststiftung NRW und das
Ministerium für Familie, Kinder,
Jugend, Kultur und Sport des
Landes Nordrhein-Westfalen
Dieses Konzert wird auch live auf
philharmonie.tv übertragen.
Der Livestream wird unterstützt durch
JTI.
Kölner Sonntagskonzerte 3
26
Dienstag
27. Januar 2015
20:00
2015 feiert das Alte-Musik-Ensemble Il
Giardino Armonico 30-jähriges Bestehen.
Je nach Programm tritt das Ensemble in
so unterschiedlicher Spielstärke von teilweise nur 3 bis zu 35 Musikern auf. Nach
Köln kommen die Musiker in nahezu
maximaler Besetzung, um die Ouvertüre
aus Haydns »L’isola disabitata«, Auszüge
aus Glucks Ballettpantomime »Don
Juan, ou le festin de Pierre« und vor allem drei Violinkonzerte von Mozart zu
spielen, deren Solopart Isabelle Faust mit
ihrer »Dornröschen«-Stradivari von 1704
übernimmt. Um 19 Uhr hält Oliver Binder
eine Einführung in das Konzert.
Werke von Joseph Haydn,
Wolfgang Amadeus Mozart und
Christoph Willibald Gluck
Isabelle Faust
Violine
Il Giardino Armonico
Giovanni Antonini Dirigent
Foto: Felix Broede
Philharmonie-Hotline 0221 280 280
­koelner-­philharmonie.de
Informationen & Tickets zu allen Konzerten
in der Kölner ­Philharmonie!
Kulturpartner der Kölner Philharmonie
Herausgeber: KölnMusik GmbH
Louwrens Langevoort
Intendant der Kölner Philharmonie
und Geschäftsführer der
KölnMusik GmbH
Postfach 102163, 50461 Köln
­koelner-­philharmonie.de
Redaktion: Sebastian Loelgen
Corporate Design: hauser lacour
kommunikationsgestaltung GmbH
Textnachweis: Die Texte von Stefan Fricke
sind Original­­­beiträge für dieses Heft.
Fotonachweise: Sabine Arndt S. 20;
Lukas Beck S. 21 und 23; Klaus Fleige S. 22;
Klaus Rudolph S. 17
Gesamtherstellung:
adHOC ­Printproduktion GmbH
Foto: Gunter Gluecklich
Sonntag
22. Februar 2015
20:00
Sofia Gubaidulina
Offertorium –
Konzert für Violine und Orchester
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 4 G-Dur
für Orchester mit Sopransolo
Christina Landshamer Sopran
Patricia Kopatchinskaja Violine
NDR Sinfonieorchester
Thomas Hengelbrock Dirigent
koelner-philharmonie.de
0221 280 280
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