Allgemeines Die KF-Titration ist die heutzutage am häufigsten

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VERSUCH 6 UND 7:
KARL-FISCHER-TITRATION UND AUTOMATISIERTE
KARL-FISCHER-TITRATION
Allgemeines
Die KF-Titration ist die heutzutage am häufigsten verwendete Methode zur Wasserbestimmung. Das Wasser wird selektiv in einer chemischen Reaktion erfasst. Somit
können Wassergehalte zwischen wenigen µg/g und 100 % exakt gemessen werden.
Reaktionsmechanismus
Ausgehend von den Untersuchungen von Karl Fischer (1935) wurden bis heute große Fortschritte bei der Aufklärung des Mechanismus der KF-Reaktion erzielt. Besonders Eugen Scholz führte Anfang der 80er Jahre umfangreiche Untersuchungen
durch und formulierte den zweistufigen Reaktionsablauf folgendermaßen:
+
-
I)
ROH + SO2 + Z → ROSO2 + ZH
II)
ROSO2 + I2 + H2O + 2 Z → ROSO3 + 2 I + 2 ZH
-
-
-
+
Als Gesamtgleichung folgt:
+
-
ROH + SO2 + H2O + I2 + 3 Z → 3 ZH + ROSO3 + 2 I
-
Bei Z handelt es sich um eine geeignete Base und bei ROH um einen reaktiven Alkohol. Es war wiederum Scholz, der feststellte, dass sich die von Karl Fischer ursprünglich eingesetzte Base Pyridin nur bedingt eignet. Basierend auf seinen Untersuchungen wird in modernen KF-Reagenzien hauptsächlich Imidazol als Base eingesetzt. Als Alkohol dient Methanol; neuere Entwicklungen sind Reagenzien auf Ethanolbasis, um das giftige Methanol durch Ethanol zu ersetzen.
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Endpunktsindikation bei der Karl-Fischer-Titration
Visuelle und photometrische Indikation
Vom Äquivalenzpunkt an wird Jod nicht mehr zu Jodid reduziert. Es entsteht dann
braunes Trijodid. Die Erkennung dieses Endpunktes mit dem Auge erfordert jedoch
ein hohes Maß an Erfahrung. Eine weitere Möglichkeit ist die photometrische Indikation bei einer Wellenlänge von 550 nm. Dies bereitet allerdings ebenfalls Schwierigkeiten, da während der Titration in einer langsamen Nebenreaktion Jodid mit Schwe-
feldioxid zu SO2I reagiert, das als chromophore Substanz für die Gelbfärbung des
Titrationsgemisches verantwortlich ist und eine genaue photometrische Bestimmung
verfälscht. Darüber hinaus kann die Endpunktserkennung durch Eigenfärbung des
Probenmaterials oder auftretende Trübung beeinträchtigt werden.
Elektrometrische Indikation
Für die heute vornehmlich verwendete elektrometrische Indikation gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Dabei wird der funktionelle Zusammenhang zwischen Strom,
Spannung und Konzentration an Elektroden in der Lösung ausgenutzt.
Bei der bivoltametrischen (= bipotentiometrischen) Methode, die im Praktikumsversuch eingesetzt wird, wird an einer in die Titrierzelle eingebrachten Doppelplatinelektrode ein konstanter Stromfluss erzwungen und die zu dessen Aufrechterhaltung benötigte Spannung gemessen. Der plötzliche Abfall des Potentials bestimmt den End-
-
punkt der Titration, verursacht durch Auftreten der Redoxpaare I2/I bzw. I3/I (der
Strom kann nun durch eine viel niedrigere Spannung aufrechterhalten werden). Als
Abschaltkriterium wird eine Spannung gewählt, die in dem Bereich liegt, der beim
Zusammenbruch des Stroms immer und möglichst rasch durchlaufen wird.
Bei der biamperometrischen Methode wird der notwendige Strom bei Vorgabe einer
konstanten Polarisationsspannung gemessen. Der Äquivalenzpunkt ist dann erreicht,
wenn der Strom sprunghaft ansteigt. Als Abschaltkriterium wählt man hier eine entsprechende Stromstärke.
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Titrationstechnik
Man unterscheidet grundsätzlich drei Grundformen der Karl-Fischer-Titration: Die
volumetrische Titration mittels Einkomponententechnik, die volumetrische Titration
mittels Zweikomponententechnik sowie die coulometrische Titration.
Der grundsätzliche Unterschied zwischen volumetrischer und coulometrischer Titration besteht darin, dass bei der Volumetrie die benötigte Jodmenge mit der Titrierlösung zugegeben wird, während bei der Coulometrie das für die Reaktion benötigte
Jod an einer Generatorelektrode elektrolytisch aus Jodid erzeugt wird. Das coulometrische Titrationsverfahren ist sehr gut für die Erfassung von geringen Wassermengen (10 µg-10 mg) geeignet.
Bei der volumetrischen Titration mittels Einkomponententechnik befinden sich alle
reaktiven Bestandteile im Titriermittel: Schwefeldioxid, Jod und Imidazol liegen in einem geeigneten Alkohol (z.B. Diethylenglykolmonoethylether) gelöst vor. Die Probe
wird in Methanol gelöst in der Titrationszelle vorgelegt. Das Einkomponentenreagenz
ist aufgrund der Vereinigung aller reaktiven Bestandteile weniger stabil als das unten
angeführte Zweikomponentenreagenz, hat aber den Vorteil, dass die Vorlage nur
selten gewechselt werden muss (abhängig von der Beschaffenheit der Probe), da
alle Reagenzien ständig zutitriert werden.
Beim im Praktikumsversuch vorgestellten volumetrischen Titrationsverfahren im
Zweikomponentensystem liegen die reaktiven Bestandteile getrennt in zwei Lösungen vor: Die Vorlage (Solvent) in der Titrierzelle besteht aus Schwefeldioxid und Imidazol in Methanol. Das Titriermittel (Titrant) ist eine methanolische Jodlösung. Da
sich das Schwefeldioxid schon in der Vorlage befindet und so im Überschuss vorliegt, verläuft die Reaktion schneller als bei der Einkomponententechnik und es ergibt
sich eine bessere Genauigkeit der Ergebnisse. Jedoch muss beachtet werden, dass
die Kapazität des Solvents hier nicht unerschöpflich ist; die Vorlage muss also nach
einer bestimmten Anzahl von Messungen (meist 3) ausgewechselt werden.
Nebenreaktionen bei der KF-Titration
Als Nebenreaktionen bei der KF-Titration werden alle Reaktionen bezeichnet, welche
die Stöchiometrie der KF-Reaktion stören. Das sind insbesondere solche, die einen
Mehrverbrauch an Jod bewirken oder selbst Wasser bilden und so einen höheren
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Wassergehalt vortäuschen, oder solche, die Wasser verbrauchen und so einen niedrigeren Wassergehalt vortäuschen.
Nebenreaktionen lassen sich häufig am Verlauf der Titrationskurven erkennen. Bei
der Aufzeichnung von Titrationskurven (U gegen t) erhält man nach erstmaligem Unterschreiten der Abschaltspannung so genannte „Spannungszacken“, die durch
ständig neu entstehendes Wasser verursacht werden. Der Endpunkt einer solchen
Titration kann nur schwer bestimmt werden.
Beim Einsatz von Methanol als Arbeitsmedium kommt es bei der Titration von Carbonsäuren zu Veresterungen; bei der Titration von Aldehyden und Ketonen kommt
es zur Acetal- bzw. Ketalbildung. Diese Reaktionen setzen jeweils Wasser frei und
führen zu einem erhöhten Reagenzverbrauch. Da in bestimmten Lebensmitteln ein
nicht unerheblicher Anteil solcher Substanzen vorhanden ist, ist die Durchführung der
KF-Titration nicht immer einfach. Für solche Fälle wurden u.a. spezielle Lösungsmittel auf Basis halogenierter Alkohole entwickelt, die solche Nebenreaktionen unterdrücken oder zumindest verlangsamen.
Variationen der Karl-Fischer-Titration
In den letzten Jahren wurden u.a. in unseren Laboratorien und im Hydranal®-Labor
der Fa. Riedel-de Haën Methoden entwickelt, die auch bei schwierig zu handhabenden Proben die Wasserbestimmung durch die KF-Titration ermöglichen.
Erhöhung der Temperatur
Durch eine Erhöhung der Temperatur des Arbeitsmediums kann das Lösungsvermögen für die Probe gesteigert und so die Geschwindigkeit der Titration erhöht und die
Endpunktsgenauigkeit verbessert werden. Es wurden auch Methoden entwickelt, die
eine Titration in siedendem Methanol ermöglichen, z.B. für die Wasserbestimmung in
Weizengrieß, der sein Wasser bei Raumtemperatur nur sehr schleppend und unvollständig an Methanol abgibt.
Ausheizen des Wassers mittels Trockenofen
Der Karl-Fischer-Ausheizofen setzt sich zusammen aus einem Probenrack und einem Ausheizofen, sowie einer Doppel-Hohlraumnadel und einem beheizten Transferschlauch. Das Probengefäß ist wird nach Einwiegen der Probe luftdicht mit einem
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Septum verschlossen und in das Probenrack gestellt. Die Einwaagen werden in dem
zugehörigen Computerprogramm vermerkt und nach der Bestimmung in die Berechnung des Wassergehalts mit einbezogen. Zum Ausheizen wird das Probengefäß automatisch in den Ofen versenkt. Während das Probengefäß in den Ausheizofen versenkt wird, dringt eine Doppel-Hohlnadel in das Septum des Probengefäßdeckels
ein. Durch die Nadel wird ein Luftstrom oder Inertgasstrom in das Probengefäß gepumpt und damit das ausgeheizte Wasser aus dem Probengefäß über einen beheizten Transferschlauch zur Wasserbestimmung abgeführt. Der Luftstrom oder Inertgasstrom dient als Träger für das ausgeheizte Wasser. Die Wasserbestimmung kann
abhängig von der Höhe des Wassergehalts durch eine coulometrische Titration oder
eine volumetrische Titration erfolgen.
Diese Technik setzt man oft in der Kunststofftechnologie zur Bestimmung des Wassergehalts ein. Anwendungsgebiet dieser Technik sind Proben, die das Wasser nur
bei sehr hohen Temperaturen abgeben oder sich schlecht bei konventionellen Temperaturen der Karl--Fischer--Titration lösen lassen. Zu diesen Substanzen gehören
neben organischen Salzen ( CuSO 4 ⋅ 5H2 O , Wasserabgabe: 90 °C-200 °C), organischen Substanzen (Chloramin T, Wasserabgabe: 110 °C-130 °C) und Kunststoffen
(PVC, Wasserabgabe: 90 °C-100 °C) auch Lebensmittel bzw. Lebensmittelinhaltsstoffe wie Lactose-monohydrat, die erst bei Temperaturen zwischen 100 °C und
180 °C Wasser abgeben. Die Aufzeichnung temperaturprogrammierter Ausheizkurven mittels eines speziell entwickelten Computerprogramms ermöglicht die Unterscheidung von freiem, gebundenem oder kristallingebundenem Wasser. [HAHN et. al.]
Die Auswertung der Ausheizkurven führt zu einer genauen Ermittlung der matrixbedingten ausheiztemperatur der Probe.
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Abb. : Ausheizkurve
Das Computerprogramm des Ausheizofens ist zur automatischen Wasserbestimmung ausgelegt. Die Grundabläufe der Wasserbestimmung und Fehlerabläufe sind
im Programm als einzelne Verfahrensschritte gespeichert, welche durch Regelungs- und Steuerungseinheiten automatisiert ablaufen. Ein weiterer wichtiger Punkt
bei der Automatisierung ist die Möglichkeit der Bestimmung einer großen Probenmenge durch das Probenrack.
Abb. 2: Aufbau einer automatisierten KF-Titrationsmethode
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Lösungsmittelzusätze
Proben, die sich in reinem Methanol nicht oder nur ungenügend lösen, können durch
Zusatz eines geeigneten Lösungsvermittlers in Lösung gebracht werden: z.B. Chloroform oder 1-Octanol für fetthaltige Proben und andere langkettige Kohlenwasserstoffe (Zusatz bis max. 50 %), Formamid für polare Proben (Zusatz bis max. 1/3 des Volumens des Arbeitsmediums). Beim Zusatz solcher Lösungsmittel muss immer sichergestellt sein, dass die Stöchiometrie der Reaktion nicht verändert wird, also keine Nebenreaktionen stattfinden.
Physikalische Behandlung der Probe
Umfangreiche Untersuchungen gibt es u.a. über folgende Methoden der Wasserfreisetzung:
-
Dispergierung der Probe mit Hilfe eines Homogenisators (Ultra-Turrax®)
-
Extraktion der Probe im Titriergefäß („Extraktionszeit“)
-
Externe Extraktion der Probe
-
Aufschluss der Probe durch Einsatz eines Ultraschallprozessors
Spezielle Begriffe bei der Karl-Fischer-Titration
Wasseräquivalent des Titriermittels („Titer“)
Man definiert das Wasseräquivalent WE eines Reagenzes als spezifischen Wasserumsatz des Titriermittels. Moderne KF-Reagenzien sind je nach Typ auf Wasseräquivalente von ca. 1, 2 oder 5 mg H2O/ml eingestellt.
Die Berechnung erfolgt über folgende Formel:
⎡ mg ⎤ Wassereinw aage [mg]
WE ⎢
⎥=
⎣ ml ⎦ Reagenzverbrauch [ml]
Da üblicherweise im Laufe der Zeit, insbesondere bei angebrochenen Gefäßen, der
„Titer“ eines Reagenzes durch Fremdfeuchtigkeit absinkt, ist für exakte Messungen
eine regelmäßige Überprüfung des Wasseräquivalentes unerlässlich.
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Zur Messung des „Titers“ wird in die trockentitrierte Zelle eine definierte Menge Wasser oder so genannter „Wasser-Standard“ mit definiertem Wassergehalt vorgelegt
und der Reagenzverbrauch bestimmt (Mittelwert aus ca. 10 Bestimmungen).
Drift
Da die Titrierzelle einer KF-Apparatur fast nie vollständig dicht ist, muss das von außen eindringende Wasser bei der Berechnung der Proben-Wassergehalte berücksichtigt werden. Der Grund für das Eindringen von Wasser in die Titrierzelle ist das
durch das ständige Trockenhalten des Gefäßes entstehende starke Wasserdampfpartialdruckgefälle. Bei modernen Titrationsgeräten kann diese so genannte Drift automatisch bestimmt werden. Es wird die zum Trockenhalten der Titrierzelle benötigte
Menge an Titriermittel bestimmt. Man kann diese Größe auch manuell durch eine
erzwungene Titration ohne Probeneinwaage bestimmen.
Die Berechnung der Drift erfolgt nach folgender Formel:
DV [ml/min ] =
Reagenzverbrauch [ml]
⋅
Zeit [min]
Berechnung des Wassergehaltes
Die Berechnung des Wassergehaltes einer Probe erfolgt nach folgender Formel:
⎛
⎞
⎡ mgH2 O ⎤
⎡ ml ⎤
⎜⎜ Reag.verbr. [ml] − Drift ⎢
⋅ Titr.zeit [min]⎟⎟ ⋅ WE ⎢
⎥
⎥
⎣ min ⎦
⎣ ml ⎦
⎝
⎠
WG [%] =
⋅ 100%
Einwaage [mg]
Coulometrie
Die Coulometrie bezeichnet man als eine Mikromethode. Diese Methode dient zum
Nachweis von kleinsten Wassermengen im µg-Bereich.
Grundsätzlich können bei der Coulometrie zwei Verfahrensweisen unterschieden
werden. Bei coulometrischen Bestimmung mit einem Diaphragma an der Generatorelektrode, ist die gesamte Zelle ein Reaktionsraum, welcher sich unterteilt in einen
Kathodenraum und Anodenraum. Diese beiden Räume sind mit unterschiedlichen
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Reagenzien (Anolyt und Katolyt) befüllt werden. In dem Anodenraum und Kathodenraum befindet sich jeweils eine Platinelektrode. An der Anode bildet sich aus dem
Jodid des Anodenreagenz durch Oxidation Jod, welches sofort mit dem vorhandenen
Wasser reagiert. Nach der vollständigen Reaktion des Jods mit Wasser, setzt sich
die Bildung von Jod an der Anode weiter fort, so dass am Äquivalenzpunkt die gleiche Situation wie bei der volumetrischen Variante eintritt. Der Wassergehalt kann in
Abhängigkeit der verbrauchten Strommenge berechnet werden. [METHROM, EUGEN
SCHOLZ]
Die Zelle zur coulometrischen Bestimmung ohne Diaphragma, die im Praktikum zum
Einsatz kommt, besteht aus einem Reaktionsraum und benötigt nur eine Reaktionslösung. An Stelle eines Diaphragmas befindet sich ein Platingitter, an dem die Oxidation des Jods aus der jodidhaltigen Reaktionslösung stattfindet. Während der Reaktion des Jods mit Wasser kommt es an der Kathode zur Entstehung von Wasserstoff,
wodurch man Nebenreaktionen vermeidet [Hydranal Praktikum].
Versuchsvorbereitung:
1. Informieren Sie sich über die üblichen Wassergehalte in verschiedenen Buttersorten ( z.Bsp. Deutsche Markenbutter, Light Butter, Joghurt Butter etc.).
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