Kein Mann der lauten Töne

Werbung
Walter Grob erhielt 2005 den «GOLDENEN VIOLINSCHLÜSSEL»
Kein Mann der lauten Töne
von Hansruedi Sägesser, Kriens
«Oscar der Schweizer Volksmusik»: So wird die Auszeichnung für grosse Verdienste um die gute, vokale und
instrumentale Schweizer Volksmusik hin und wieder auch
genannt. Walter Grob aus Meierskappel hat diesen Violinschlüssel im Oktober 2005 erhalten. Und der Name
Grob ist eng mit der unvergessenen Kapelle «Heirassa»
verbunden. Die Rontaler Brattig blättert zurück.
In der Schweizer Volksmusikszene kommt man um den
Namen Walter Grob nicht herum. Der gebürtige Toggenburger wurde am 16. April 1928 in Lichtensteig (SG)
geboren und hat Volksmusikgeschichte geschrieben. Seine Kompositionen sind unverkennbar und tragen die
typische Handschrift eines Walter Grob. Wysel Gyr sel.
hat Walter Grobs Tänze einmal als ausserordentlich
«gemütvoll» bezeichnet und damit hat Gyr ohne Zweifel
ins Schwarze getroffen. Doch zäumen wir das Pferd einmal von hinten auf und drehen das Rad bloss ein gutes
Jahr zurück: Zur Verleihung des «Goldenen Violinschlüssels» im Oktober 2005
Kleine Hommage an den Vollblutmusiker Walter Grob
«I hett’s nöd denkt !»
Im Rahmen eines gemütlichen, fröhlichen, aber auch
würdigen Festes in Meierskappel durfte Walter Grob am
15. Oktober 2005 den «Oscar der Schweizer Volksmusik»
entgegennehmen. Diese Auszeichnung wird Persönlichkeiten verliehen, die sich um die klingende Folklore ganz
besonders verdient gemacht haben.
Dazu gehört Walter Grob; sein Leben war immer von dieser Musik geprägt und er hat mitgeholfen, diese zu pflegen und zu fördern. Qualität in Komposition und Spiel
waren Grobs erklärtes Ziel und daran hat er sich zeitlebens gehalten; die echte Innerschweizer Volksmusik, aber
auch die Appenzeller Musik vermochten Grob immer zu
begeistern. Der Name Grob wurde zu einem echten Markenzeichen in der Szene, ist es geblieben und wird es
bleiben. Und darum war es auch höchste Zeit, jenem
Mann (endlich) den Goldenen Violinschlüssel zu verleihen, der der echten und unverfälschten Volksmusik so
unendlich viele, wertvolle Impulse verliehen hat. In seinem Lebenswerk «Musik» ist Walter Grob immer höchst
bescheiden geblieben; hat sich nie in dem Mittelpunkt
gespielt oder gedrängt. Und so ist seine Bemerkung denn
auch verständlich, als er von der Ehrung erfuhr: «I hett’s
nöd denkt !» Kein Geringerer als der Luzerner Regierungsrat und Bildungsdirektor Dr. Anton Schwingruber liess in
seiner Laudatio im Rahmen des Festaktes Walter Grob
hochleben: Er würdigte ihn nicht nur als Musikant und
Komponist, sondern auch als Mensch. Als Mensch, von
dem nicht nur Freunde und Bekannte, sondern auch Politiker (!) profitieren und lernen könnten und sollten. «Walter Grob ist eine starke Persönlichkeit, der mit seinem
Engagement im Stillen mehr erreicht, als andere lautstark. Er ist kein Mann der lauten Töne !»
Walter Grob mit seiner «Cardinal» im musikalischen Element
87
Das war die legendäre «HEIRASSA». (von links): Kaspar Muther, Wysel
Schilliger, Walter Grob und Franz Gisler.
So begann alles: Mit Hans Frischknechts Ländler- und Jodeltrio
«D’Appezöller» aus Herisau, mit Bethly Giezendanner, Ueli Alder und
Walter Grob.
einer schicksalshaften Begegnung: Walter Grob lernte
hier den inzwischen leider verstorbenen Ländlerpianisten
Alois «Wysel» Schilliger kennen: Damit war 1957 der
«Grundstein» zur späteren Kapelle Heirassa gelegt. Noch
vorher aber hatte ein Schallplattenproduzent die gloriose
Idee, mit dem Dreigestirn Grob – Schilliger – Muther eine
kleine EP aufzunehmen. In Ländlermusikkreisen machten
die drei Interpreten bald Furore; sie traten mit grossem
Erfolg als «Innerschwiizer Ländlerbuebe» auf.
Heirassa !
Der «Trüübli-Wirt» . . . . .
Walter Grob wurde die (Ländler)Musik in die Wiege
gelegt: Schon sein Vater machte Musik und bereits als
Fünfjähriger machte der kleine Walterli seine ersten Fingerübungen auf einer diatonischen Handorgel. Unterricht
auf einer «richtigen» Handorgel bekam der junge Musikant bei Jakob Waespe in Wattwil und als 12-Jähriger
trat Walti Grob erstmals am Herisauer Märcht in der
Wirtschaft «Trübli» auf. Dort wirtete damals Hans Frischknecht; Kapellmeister der Kapelle «d’Appezeller» mit
Bethli Giezendanner als Jodlerin/Bassistin und Ueli Alder
als Geiger. Mit dieser Formation begann Walter Grobs
musikalische Laufbahn, vorerst an ungezählten Chilbenen und Jahrmärkten. Klar, dass Walter Grob im Lauf der
Jahre mit hochkarätigen und anerkannten Volksmusikanten in Kontakt kam. Alle hier anzuführen ist unmöglich;
erwähnt seien aber Ueli Martinelli («Ueli-Schottisch»),
Toni und Franz Huser, die Kapellen Ernst Tschannen und
Kuster-Feierabend, die Bossbuebe, Hans und Oski della
Torre und in den vergangenen zwanzig Jahren Franz Nauer und Willi Valotti.
Diesen in Ländlermusikkreisen bestens bekannten Ohrwurm komponierte Alois Schilliger Ende der Vierziger
Jahre. Er sollte ab 1959 Markenzeichen der Formation
Grob/Schilliger/Muther werden: Aus den «Innerschwiizer
Ländlerbuebe» wurde die Kapelle Heirassa. Ein Klangkörper mit einem kometenhaften Aufstieg, an dem logischerweise auch Walter Grob massgebend beteiligt war
und der sich einen Namen bis nach Kalifornien zu schaffen wusste. Kaum ein volkstümlicher Anlass ohne die
Kapelle Heirassa. Dazu Akkordeonist Walter Grob: «Wir
haben uns immer auf Anhieb verstanden. Und lange
Absprachen, was wir jetzt spielen würden, gabs bei uns
auch nie. Ein paar Takte aus unserem Repertoire von Kaspar Muther, Wysel Schilliger oder mir selber reichten aus,
Innerschwiizer Ländlerbuebe
Das Restaurant zum «Wasserfall» in Engelberg OW war
über viele Jahre hinweg der Treffpunkt der Ländlermusikanten. Man gab sich hier – ausgerechnet jeweils am
Bettag im Klosterdorf – ein fröhliches, musikalisches
Stelldichein. Und da soll es bisweilen recht urchig zu und
her gegangen sein. Im «Wasserfall» kam es denn auch zu
88
Dicke Freunde unter sich: Walter Grob und Kaspar Muther in der legendären «Alpenrose» in Kriens.
Walter Grob (rechts aussen) zusammen mit Top-Musikanten im FernsehstudioWalter
(1993)Grob besuchte mehrmals Freunde in Amerika.
Das Bild entstand 1996
um unseren nächsten Titel festzulegen». Die Kapelle Heirassa hat vor allem in der Innerschweizer Ländlerszene
Masstäbe gesetzt. Die Formation war gleichbedeutend
mit Spontaenität und vor allem Qualität; eine Kapelle, die
ihren Namen noch Jahre halten wird.
«Alperösli !»
1970 übernahm Walter Grob das Restaurant «Alpenrose»
im Krienser Oberdorf. Genau zehn Jahre lang war dieses
Lokal Treffpunkt ungezählter Volksmusikanten – sie
gaben sich hier buchstäblich die Türklinke in die Hand.
Und so wurde dieses Lokal, von dem man heute noch
spricht, zu einem Treffpunkt der aktiven Ländlermusikanten und Volksmusikfreunde. Viel zum guten Namen
der «Alpenrose» hat neben einer Unzahl beliebter und
bekannter Interpreten die «Alperösli-Hauskapelle» mit
Akkordeonist Werner Lustenberger, Ländlerpianist Föns
Lustenberger (Horw) und dem Bassisten und Halszitherspieler Sepp Bürkli beigetragen. Vor allem an Freitagabenden war Musik und Stimmung angesagt und es ver-
wundert deshalb wohl kaum, dass Werner Lustenberger
einen gmögigen Schottisch «Am Friitigstamm» geschrieben hat. Unvergessen sind auch die traditionellen «Widderfeste» zu Ehren von Walter Grob: Er ist mit Geburtsdatum 16. April 1928 im Zeichen des Widders geboren und
macht den Eigenschaften dieses Sternzeichens alle Ehre.
Neben seinem Engagement in der Kapelle Heirassa, darf
man Grobs zehnjähriges Gastspiel auf der Alpenrose in
Kriens wohl als Höhepunkt in seinem Leben bezeichnen.
Und weil Erfolg nicht nur auf eine einzige Person reduziert werden kann, sei an dieser Stelle auch Walter Grobs
Ehefrau Klärli gebührend erwähnt. Sie hat ihren Mann
nicht nur im Umfeld der Volksmusik, sondern als starke
Persönlichkeit auch menschlich über Jahrzehnte unterstützt. Drei Söhne sind aus dieser harmonischen Ehe hervorgegangen: Walter, Ruedi und Heinz. Mit seinem neuen Engagement als Wirt auf der «Alpenrose» in Kriens,
verabschiedete sich Walter Grob als Akkordeonist von
der Kapelle Heirassa. In der Person des Toggenburgers
Willi Valotti fand er damals einen perfekten Nachfolger.
89
Immer zu haben wenns fröhlich zu und her geht: (vonl inks)
steiger Marsch», «z’Wange a der Aare», die seiner Frau
gewidmete «Klärli Polka», «Uese Ruedi», «E Hose am Himmel» oder der Ländler «Im Bänzhüsli». Das sind nur einige
wenige Kompositionen eines grossen Volksmusikanten,
Nicht nur «Klärli Polka» und «s’Toggeburg ab»: Walter Grob begleitet
auch Jodellieder. Hier mit der unlängst verstorbenen Jodlerin Berthely
Studer.
die sich aus wohl verständlichen Gründen nach wie vor
beharrlich
in
vielen
Notenmappen
heutiger
(Jung)Musikanten finden. Insgesamt hat Walter Grob
den Volksmusikanten und Ländlermusikfreunden um die
80 Titel geschenkt.
Den Ruhestand geniessen
Um den grossen Volksmusikanten, dem die Förderung des
Nachwuchses übrigens immer ein echtes Anliegen war,
ist es in den vergangenen Jahren ruhiger geworden.
Öffentliche Auftritte übernimmt er keine mehr; er hat im
Zenith seines musikalischen Schaffens von der aktiven
Volksmusik Abschied genommen. Das heisst nun aber
nicht, dass er sich kaum mehr um dieses wertvolle Kulturgut kümmert – im Gegenteil: Grobs sind gern gesehene Gäste, wenn es irgendwo gemütlich und fröhlich zu
und her geht. Wer nun aber glaubt, Klärli und Walti Grob
seien an jeder «Hundsverlochete» dabei, irrt gewaltig.
Noch heute spielt die Qualität der Vorträge der verschiedensten Formationen bei ihnen eine grosse Rolle. Diese
Qualität ist nur mit einer gezielten Nachwuchsförderung
Carlo Brunner, Claudio Gmür, Willi Valotti, Ueli Mooser und Walter Grob.
Volksmusik vom Feinsten: (von links) Franz Nauer (langjähriger Duettpartner von Walter Grob, und Sepp Bürkli (Halszither und Bass)
Ein Gespann der Extraklasse: Willi Valotti und Walter Grob.
Musik für Geniesser: Walter Grob begleitet die «Mandolinos» aus Baar.
S’Toggeburg ab
Walter Grob war aber nicht nur ein begnadeter Interpret,
sondern auch ein ebenso feinfühliger Komponist. Seine
Titel tragen seine typische, musikalische Handschrift; sie
gehen ins Ohr und der Zuhörer weiss sofort: Das ist aus
Walter Grobs Notenmappe. Eine seiner für ihn typischen
Kompositionen, der Schottisch «s’Toggeburg ab», dürfte
Mitte der Vierzigerjahre des letzten Jahrhunderts entstanden sein; ihm folgten noch heute vielgespielte Titel
wie «De Grundli Hans», der «Zuger» - und der «Lichten90
zu erreichen. Und damit schliesst sich der Kreis dieses
Portraits über Walter Grob: Im Nachgang zur Verleihung
des «Goldenen Violinschlüssels 2005» hat er den finanzi-
ellen Mehrertrag aus diesem Fest der Nachwuchsförderung zur Verfügung gestellt.
Klärli und Walter Grob geniessen den Ruhestand in Meierskappel.
Bildernachweis:
Sammlungen Walter Grob und Heinz Städeli; Hansruedi Sägesser.
5
Herunterladen