Descartes, Paraphrase Erste Meditation Methode 2.) - Um herauszufinden, wo es absolute Sicherheit des Wissens gibt, muss man nicht bei allem die Falschheit nachweisen, das wäre zu viel Aufwand, es reicht, einen Anlass zum Zweifeln zu finden. - Man muss auch nicht bei allem feststellen, dass man daran zweifeln kann, es reicht, wenn man die Prinzipien anzweifeln kann, denn darauf beruhen alle anderen Aussagen. Man muss beispielsweise nicht für jede Wahrnehmung einzeln darlegen, dass man daran zweifeln kann, es reicht, nachzuweisen, dass Wahrnehmung insgesamt zu zweifelhaften Ergebnissen führt. 3.) - Sinnliche Wahrnehmungen führen manchmal zu Täuschungen => Man kann sinnlicher Wahrnehmung insgesamt nicht trauen. 4.) (Zwischeneinwand) <= An einfachen Wahrnehmungen zu zweifeln, wie z.B. daran, dass man den Winterrock anhat und am Ofen sitzt, wäre unsinnig, dann wäre man wie ein Verrückter (Locke hält die unterschiedliche Intensität von erlebten und geträumten Vorstellungen für ein Argument, dass sich diese jederzeit durch die Reflexion unterscheiden lassen.) 5.) Traumargument (Abweisung des Zwischeneinwandes) - Auch im Raum meint man bestimmte Dinge ganz klar und intensiv wahrzunehmen, obwohl sie sich als falsch herausstellen. - Man kann in Wahrheit nie wissen, ob man nicht träumt => Auch in einfachen und intensiven Wahrnehmungen kann man sich täuschen 6.) (Zwischeneinwand gegen das Traumargument) Descartes, Paraphrase Seite 1 von 12 - Auch im Traum sind unsere Vorstellungen aus einfachen Vorstellungen zusammengesetzt. Diese einfachen Vorstellungen können real sein, auch wenn die daraus zusammengesetzten falsch sind. - Bsp: auch die Vorstellung von Sirenen (halb Frau, halb Tier) und Satyrisken (Waldgeister) sind aus Gliedern zusammengesetzt, die ansonsten tatsächlich vorkommen. - Analogie zu Malern: Das, was die Maler malen, können Phantasiegebilde sein, die Farben, mit denen sie malen , und die Leinwände, auf denen sie malen, sind aber real => Schluss: Bei allen unseren Vorstellungen gibt es einzelne einfache und allgemeine Begriffe, die als solche real sind, auch wenn das daraus Zusammengesetzte falsch ist. 7.) Kategorien - Diese einfachen und allgemeinen Begriffe, die für Körper immer gelten sind: Ausdehnung, Gestalt, Quantität (Größe und Anzahl). - Bei allen Körpern (sofern es welche gibt) ist also gewiss, dass sie irgendeine Ausdehnung, Gestalt und Quantität haben. Es handelt sich hier um einige der Kategorien, die schon Aristoteles festgestellt hatte. Für Descartes folgt aus dieser Feststellung über die Körper, dass die Welt allgemein in solche ausgedehnten Dinge (res extensae) und denkenden Dingen (res cogitantes) besteht. Die res cogitans (das denkende Ich) wird allerdings erst in der zweiten Meditation bewiesen. 8.) Sichere und unsichere Wissenschaften - Daraus, dass die allgemeinen Begriffe (Kategorien) sicher behauptet werden können, folgt, dass diejenigen Wissenschaften, die sich nur mit diesen allgemeinen Begriffen beschäftigen, sicherer sein müssen, als die, die sich mit zusammengesetzten Dingen beschäftigen. - Arithmetik und Geometrie sind deshalb sicherer als Physik, Astronomie und Medizin. 9.) Betrügergottargument - Dass es eine sichere Basis für die Erkenntnis von Gegenständen gibt, wird fraglich, wenn man als Möglichkeit einführt, dass es einen Betrügergott geben könnte. - Nach traditioneller Auffassung gibt es einen Gott, der allmächtig und gütig ist und die Menschen mitsamt ihren Vorstellungen geschaffen hat. Descartes, Paraphrase Seite 2 von 12 - Es könnte dann sein, dass Gott den Menschen absichtlich lauter falsche Grundvorstellungen gegeben hat. - Dann wären möglicherweise sogar die Kategorien (s.o.) und die Mathematik (s.o.) trügerisch. <= Eine solche Auffassung widerspricht aber dem Begriff Gottes, d.h. seiner Güte. Gott kann den Menschen nicht prinzipiell betrügen wollen. => Wenn Gott gütig und Schöpfer unserer Vorstellungen ist, müssen alle unsere Vorstellungen richtig sein. <= Dagegen spricht aber, dass sich einige Vorstellungen als falsch erwiesen haben. => Gott kann nicht Urheber aller unserer Vorstellungen sein, zumindest nicht der falschen. => Das Betrügergott-Argument muss vorerst aufgegeben werden. Descartes diskutiert an dieser Stelle nicht weiter, warum bestimmte Vorstellungen von Gott stammen können, andere dagegen nicht. Er diskutiert hier auch nicht, inwiefern das Problem mit der Güte anders gelöst werden könnte, z.B. durch pädagogische Absichten Gottes (Gott will, dass die Menschen selbst lernen, was richtig ist, Gott will die Menschen prüfen oder Ähnliches). Statt dessen geht Descartes direkt zu der Gegenthese über, dass Gott nicht Urheber unserer Vorstellungen ist, zumindest nicht der falschen. 10.) Betrügergeist des Menschen - Wenn nicht Gott Urheber unserer falschen Vorstellungen ist, müssen dies die Menschen selbst sein. - Anstelle eines Betrügergottes ist also anzunehmen, dass der Mensch selbst einen Betrügergeist hat, der ihm ständig falsche Vorstellungen vermittelt. Descartes akzeptiert hier nur vorübergehend die Ansicht, dass es Gott nicht gibt, quasi als advocatus diaboli. Natürlich hält Descartes ansonsten weiter an der Theorie fest, dass es Gott gibt. Der Trick besteht hier darin, dass, wenn es Gott nicht gibt, die Menschen selbst an ihren falschen Vorstellungen schuld sein müssen, weil sie unvollkommene Wesen sind. Diese Theorie widerlegt sich aber quasi selbst. Denn, wenn Menschen unvollkommene Wesen sind, können sie keine vollkommenen Ideen haben. Gott ist aber eine vollkommene Idee. Also können die Menschen die Vorstellung von Gott nicht selbst erfunden haben. Da die Menschen die Idee von Gott aber haben, müssen sie sie von außen empfangen haben. Die Erfahrung scheidet hierfür aus, weil Gott nicht anschaulich ist. Also muss die Idee von Gott von Gott selbst hervorgebracht werden, weil es keine andere Erklärung dafür gibt, dass es die Gottesvorstellung gibt. Descartes, Paraphrase Seite 3 von 12 Descartes berücksichtigt hier freilich nicht, dass Menschen gar nicht unmittelbar eine vollkommene Vorstellung von einem vollkommenen Wesen (Gott) entwickelt haben müssen, sondern lediglich den Gegenbegriff zu ihrer eigenen Unvollkommenheit gebildet haben können, den sie dann allerdings selbst aufgrund ihrer Beschränktheit nicht vollständig erkennen können. Diese Theorie, dass Gott eine Projektion des Menschen darstellt, in der die Menschen einfach das Gegenteil ihrer eigenen Unvollkommenheit in ein göttliches Wesen projizieren, ist die klassische Projektionstheorie von Feuerbach. 12.) - Dieser Betrügergeist muss deshalb ständig durch konstantes Zweifeln bekämpft werden. Descartes geht im Folgenden von einem dualistischen Menschenbild aus. Der Mensch ist einerseits ein körperliches Wesen und andererseits ein geistiges Wesen. Zu den körperlichen Funktionen gehört auch das, was Kant die Einbildungskraft nennt. Diese produziert ständig – zumeist falsche – Vorstellungen. Diese müssen vom Geist aber noch erst akzeptiert werden, hierzu prüft der Geist, inwiefern diese Vorstellungen richtig (und logisch) sein können, nur dann können die von meinem Körper produzierten Vorstellungen als meine eigenen akzeptiert werden. Kant sagt dazu, dass das „Ich denke“ alle meinen Vorstellungen begleiten können muss. Descartes stellt sich hierzu das sogenannte Cartesianische Theater vor: Auf der Leinwand erscheinen alle meine, mehr oder weniger willkürlichen (diese Unterscheidung wird erst später getroffen) Vorstellungen. Im Zuschauerraum sitzt aber der Homunculus (kleiner Mensch),d.h. mein Geist, der diese Vorstellungen prüft. Vorerst ist die Quelle der falschen Vorstellungen noch unwichtig, weil sowohl die Phantasie als auch die Wahrnehmung falsche Vorstellungen produzieren. Wichtig ist zunächst nur, dass es einer zweiten prüfenden Instanz bedarf, um Täuschungen zu vermeiden. In der zweiten Meditation versucht Descartes die Wirklichkeit dieser zweiten Instanz zu beweisen. Zu diesem Zweck unterscheidet er zwischen „ich“ (kleingeschrieben) als dem Vermögen, das Vorstellungen produziert, und „Ich) (großgeschrieben), das diese Vorstellungen prüft. Wenn diese zweite Instanz bewiesen werden kann, gibt es immerhin einen ersten sicheren (archimedischen) Punkt, von dem aus die Realität unserer Vorstellungen konstruiert werden kann. Descartes Vorstellung von einem Cartesianischen Theater ist in der Forschung sehr umstritten und wird von den meisten Neurowissenschaftlern abgelehnt. Bislang wurde im menschlichen Gehirn kein Konvergenzzentrum festgestellt, in dem alle in den unterschiedlichen Hirnteilen Descartes, Paraphrase Seite 4 von 12 produzierten Einzelteile zusammengefügt und auf logische Konsistenz geprüft werden. Descartes hatte noch angenommen, dass diese Funktion in der Zirbeldrüse zu lokalisieren wäre. Eine ungefähre Vorstellung von dem, was Descartes sich vorstellt, kann man gewinnen, wenn man Alphazustände betrachtet. Im wachen Zustand hat das Gehirn überwiegend kurzwellige Betawellen. Diese werden benötigt für logische Operationen und konzentriertes Arbeiten. Wenn der Anteil der Betawellen abnimmt und der Anteil der Alphawellen zunimmt, wächst die Fähigkeit, bildlich und plastisch vorzustellen. Beim Übergang vom Betazustand zum Alphazustand (z.B. bei Tagträumen), verschwindet schlagartig die logische Prüfung und die episodische Verarbeitung von Vorstellungen zu konsistenten Geschichten. Statt dessen treten reine Bilder ohne ersichtlichen Zusammenhang auf. Der Betazustand wäre also vergleichbar mit Descartes „Ich“, während der Alphazustand mit dem „ich“ vergleichbar wäre. Interessanterweise verknüpft Descartes das „Ich“ mit dem eigenen Selbst und der Sicherheit, dass ein solches existiert. Alle buddhistischen Meditationspraktiken zielen demgegenüber darauf ab, eben dieses Selbst zu verringern und in Alphzustände einzutreten, die als Durchgangsstadium zum (eigentlich erwünschten) Nirwana (Aufgehen des Selbst im Nichts) gelten. Zweite Meditation - Ausgangspunkt: Nach den Ergebnissen der ersten Meditation erscheint es zweckmäßig, alles anzuzweifeln, was die Möglichkeit dazu bietet. - Es muss aber einen sicheren Punkt, den archimedischen Punkt, geben, der absolut sicher ist, sonst kann es kein Wissen geben. - Möglicherweise ist die einzig sichere Erkenntnis, dass es nichts Sicheres gibt. - Die bisher erwogenen Möglichkeiten führen nicht weiter, auch die Annahme des Betrügergottes hat nicht zum Ziel geführt. Besser ist da die zweite Möglichkeit, dass ich selbst Urheber der falschen Vorstellungen bin (wie im zweiten Teil der ersten Meditation erwogen). - Denn dann wäre sicher, dass es mich gibt, weil es ja einen Urheber der falschen Vorstellungen gibt. <= Dass es mich als körperliches Wesen gibt, ist aber schon in der ersten Meditation widerlegt worden. => Wenn es mich geben soll, dann kann das nicht im Sinne eines körperlichen Wesens gemeint sein. Descartes, Paraphrase Seite 5 von 12 => Die Existenz des „ich“ kann nicht bewiesen werden, wohl aber die Existenz des „Ich“ als eines geistigen Wesens. - Auch wenn es einen mächtigen Betrüger gibt, der mich ständig betrügen will (egal ob Betrügergott oder eigener Betrügergeist), kann dieser nicht verhindern, dass ich bin, solange ich denke, ich bin etwas. - Solange ich also denke, dass ich bin, bin ich, cogito ergo sum. - Die Existenz des „Ich“ ist damit zweifelsfrei erwiesen. Natürlich ist damit nicht meine Existenz als körperliches Wesen bewiesen, das würde auch Descartes nicht behaupten. Auch meine Existenz als Person (mit einem Charakter, Wünschen und Vorstellungen, einer Geschichte und Entwicklung) ist nicht bewiesen. Das von Descartes bewiesene Ich ist lediglich ein rein geistiges Wesen, dessen einzig beweisbare Eigenschaft das Denken ist. Schon Nietzsche hat dagegen eingewandt, dass hier ein falscher Schluss aus der Sprache vorliegt. Unsere sprachliche Gewohnheit führt dazu, dass wir bei einem Verb immer annehmen, dass es ein Subjekt gibt, zu dem das Verb gehört. Wenn also bewiesen werden kann, dass etwas gekocht wird, muss es auch jemanden geben, der kocht. Das Essen kocht sich nicht von alleine. So müsste man in Analogie annehmen, dass wenn ein Gedanke vorliegt, auch jemand gedacht werden muss, der diesen Gedanken denkt. Das ist aber nicht notwendig, es könnte auch sein, dass es Gedanken gibt, die sich selbst denken. Noch weniger ist bewiesen, dass dieser Gedanke meiner Person zukommt, denn auch das Denken als rein geistiger Akt könnte fremdgesteuert sein. Eine Variante dieser Möglichkeit liefert der Film „The thirteenth Floor“, in dem die Programmierer eines Computerspiels ihrerseits Charaktere eines übergeordneten Computerspiels sind. Kant hat gegen Descartes angeführt, dass aus dem Satz „Ich denke“ nicht Descartes, Paraphrase Seite 6 von 12 abgeleitet werden kann, dass es dieses „Ich“ gibt. Denn „sein“ kann immer nur als Kopula mit einem Prädikatsnomen verstanden werden. Aus „Ich bin denkend“ folgt aber nicht „Ich bin existent“, weil das nur richtig wäre, wenn die beiden Prädikatsnomen gleich wären. Sprachlogisch folgt aus dem Satz „Ich denke“ also nur „Ich bin denkend“, ohne dass die Existenz des „Ich“ dabei bewiesen ist. Rudolf Carnap hat außerdem sprachphilosophisch nachgewiesen, dass aus dem Satz „Ich denke“ nur die Existenz des Prädikats bewiesen werden kann, nicht aber die des Subjektes. Also beweist der Satz „Ich denke“ nur, dass es einen Gedanken gibt, nicht, dass es mich gibt. Nach Carnap hat Descartes also nur bewiesen, dass es ein Denkendes gibt. Ob dieses Denkende mit meiner Person zusammentrifft, ist dagegen ungewiss. Immerhin hat Descartes nach Carnap bewiesen, dass es eine denkende Sache (res cogitans) gibt, wer auch immer diese Sache sein mag. Auch hier unterliegt aber Carnap dem falschen Substanz-Akzidenz-Schema, das schon von Nietzsche ins Feld geführt worden ist. Tatsächlich beweist Descartes´ Cogito nicht, dass es eine Sache gibt, die denkt, sondern nur, dass es einen Gedanken gibt. Das Problem der Außenwelt Vorerst hat Descartes lediglich „bewiesen“, dass es einen Bewusstseinsstrom gibt, der von einer denkenden Substanz kontrolliert wird. Damit ist aber noch nicht bewiesne, dass den Vorstellungen im menschlichen Bewusstsein irgendetwas in der Außenwelt entspricht. 2.2 Transzendentaler Schein Descartes, Paraphrase Seite 7 von 12 - Vorstellungen an sich können nicht falsch sein. Auch die Vorstellungen von Chimären (Lebewesen, die es nicht gibt) sind an sich nicht falsch - Falsch sind also nicht die Vorstellungen, sondern die Urteile, die daraus abgeleitet werden. - Der Irrtum liegt dabei darin, dass geurteilt wird a) dass den Vorstellungen etwas in der Außenwelt entspricht, b) dass die Gegenstände der Außenwelt unseren Vorstellungen ähnlich sind. Einen solchen Fehlschluss nennt man transzendentalen Schein. - Grundsätzlich lässt sich aber unterscheiden, dass ich manche meiner Vorstellungen willkürlich hervorrufen kann, andere nicht. - Wahrnehmungen müssten also solche Vorstellungen sein, auf die ich keinen Einfluss habe. - Auch dann wäre aber nicht auszuschließen, dass diese zwar aus einer von mir verschiedenen Quelle stammen, aber nicht von Gegenständen der Außenwelt erzeugt werden (z.B. von einem Betrügergott). - Außerdem gibt es ja auch die Triebe, die ich zwar auch nicht willkürlich beeinflussen kann, die aber trotzdem von mir produziert werden. - Und auch wenn die Vorstellungen von Gegenständen erzeugt werden, müssten diese meinen Vorstellungen nicht ähnlich sein. - Bsp: Ich habe eine sinnliche Vorstellung von der Sonne und eine, die aus den Berechnungen der Astronomie folgt, beide können nicht gleichzeitig wahr sein. Beweis der Existenz der Außenwelt - Menschen haben die Vorstellung, dass es eine Außenwelt gibt. - Wäre diese Auffassung grundsätzlich falsch, hätten die Menschen von Gott grundsätzlich falsche Ideen erhalten. - Dies schließt der Begriff von Gott aber aus, Gott kann kein Betrügergott sein. - Außerdem müssen die Dinge in der Welt von Gott geschaffen sein, denn sie können sich nicht selbst schaffen. Denn etwas Unvollkommenes kann nichts schaffen, das vollkommener ist als es selbst. Descartes, Paraphrase Seite 8 von 12 - Es muss also nur das Dasein Gottes bewiesen werden, dann ist auch das Dasein der Außenwelt bewiesen und die Tatsache, dass Gott Urheber sowohl der angeborenen Ideen als auch der Außenwelt ist. Ursprung der Ideen Nach Descartes gibt es drei Arten von Ideen Ideen, die durch Sinneswahrnehmung von außen erworben werden (ideae adventitiae) Ideen, die das Subjekt selber bildet (ideae a me ipso factae) und Ideen, die dem Subjekt angeboren sind (ideae innatae) Wichtig für Descartes sind alleine die angeborenen Ideen. Nur sie können als Erkenntnisgrundlage dienen, weil nur diese alleine deutlich erkennbar sind. Ein Beispiel das Descartes hierzu gerne anführt, ist die Idee Gottes als das vollkommenste Wesen. Dieses Wesen kann sich der Mensch weder selber ausgedacht haben; noch kann die Idee aus der Sinnenwahrnehmung stammen. Dennoch tragen alle Mensch eine solche Vorstellung, eine solche Idee in sich; auch wenn sie sich nicht immer zu 100 Prozent decken. Die Grundidee aber ist die gleiche. Die angeborenen Ideen sind nach Descartes klar und deutlich unmittelbar evident und Basis für die Erkenntnisgewissheit Sie sind apriorisch. Neben anderen angeborenen Ideen gelten diese als die wichtigsten: die Idee der unendlichen Substanz (Gott) die Idee der endlichen und denkenden Substanz (der menschliche Geist) und die Idee der endlichen und ausgedehnten Substanz (Materie) Diese können nach Descartes auf keinen Fall auf aus der Erfahrung gewonnen, oder ausgedacht werden. Von der Substanz gelten die schon in der ersten Meditation entwickelten Kategorien (Ausdehnung, Quantität, Qualität), desweiteren die Kategorien, die sich auf Verhältnisse der Descartes, Paraphrase Seite 9 von 12 Substanzen untereinander Wechselwirkung). beziehen (Substanz-Akzidenz, Kausalität, Berührung, Auf diese Weise lässt sich ausgehend von den algebraischen und geometrischen Gesetzen Axiome entwickeln, mit deren Hilfe sich die Menge der Substanzen systematisch ordnen lassen. Die Erneuerung der Philosophie nach dem Vorbild der Mathematik Von seinem dualistischen Menschenbild ausgehend kommt Descartes zu dem Schluss, dass den Vorstellungen als solchen nicht zu trauen ist, lediglich dem jederzeit beweisbaren „Ich“, also dem Denken, kann Gewissheit unterstellt werden. Daraus folgen die entsprechenden Denkregeln. 1.) Niemals etwas als wahr anerkennen, was nicht evident ist (woran nicht gezweifelt werden kann). 2.) Jedes Problem in möglichst viele kleine Teile unterteilen (Vorbild Mathematik) 3.) Mit den einfachen Dingen (Axiomen, Prinzipien) beginnen und erst daraus die zusammengesetzten entwickeln (analytisch, analytische Urteile a priori). Dabei die richtige Ordnung einhalten (methodice digerere). 4.) Vollständigkeit der Ordnung anstreben. Der systematische Aufbau der Wissenschaften Descartes steckt in mancherlei Hinsicht noch in den alten Bahnen der Metaphysik. Dies wird auch daran deutlich, dass diese in seinem System der Wissenschaften einen zentralen Rang einnimmt. Gleichzeitig begründet Descartes aber wesentlich das Aufkommen des mechanistischen Weltbildes und die Mathematisierung der Naturwissenschaften. Anders als in der klassischen Metaphysik geht es bei Descartes und seinen Nachfolgern nicht mehr um die denkende Betrachtung der Welt in einem contemplativen Sinne und auch nicht um das Erfassen des Wesens der Dinge, sondern ausschließlich um die analytische Erschließung von Wissen a priori aus den angeborenen Ideen. Hierbei spielen insbesondere die schon in der ersten Meditation als sicher gepriesenen mathematischen und geometrischen Ideen, die Kategorien von Qualität und Quantität, der Ausdehnung usw. eine entscheidende Rolle. Methodisch setzt sich Descartes von der bloßen stupiden Anwendung von Logik und Descartes, Paraphrase Seite 10 von 12 Syllogismus, wie sie von der Scholastik gelehrt wurde ab und berücksichtigt insbesondere auch die moderneren Verfahren von Petrus Ramus (neben Bacon der einzige positiv erwähnte Philosoph im Werk Descartes). Mit diesen Verfahren und der Orientierung an angeborenen Ideen steht Descartes methodisch gegen die nachfolgenden Empiristen, die statt dessen auf empirische Erfahrung setzen. Metaphysisch hatte er jedoch den Rahmen erarbeitet, in dem der Empirismus sich bewegen konnte. Seinen metaphysischen Erwägungen entsprechend verändert Descartes dann auch das System der Wissenschaften. Er setzt sich gegen die mittelalterliche Ordnung der unteren Artistenfakultät, auf die dann entweder Medizin, Jura oder Theologie folgen ab und entwirft ein ganz anderes, an praktischen Bedürfnissen orientiertes System. Sein Wissenschaftssystem ist zugleich antihumanistisch, wendet sich also gegen die humanistische Bevorzugung von sprachlicher und literarischer Bildung der Renaissance, die vor allem das Erbe der Antike wiederbeleben wollte. Diese hatte zwar zu keinem wesentlichen Umbau der Fakultäten geführt, sondern sich auf die Artistenfakultät beschränkt, wohl aber ganz andere, eher geisteswissenschaftliche (der Begriff stammt allerdings aus dem 19. Jahrhundert) Schwerpunkte gesetzt. Anknüpfungspunkte an den Humanismus weist Descartes allerdings in der Betonung der Wichtigkeit von Moral und Sittlichkeit auf. Das Wichtigste ist es zunächst, sich eine Moral zu bilden, denn richtig zu leben ist das Wichtigste. Danach muss die Logik gelernt werden, worin man sich lange üben muss, vor allem die einfachen Übungen in der Mathematik sind wichtig (Mathematik ein Teil der Logik? Descartes übernimmt die scholastische Forderung nach Übung in der Logik in der Artistenfakultät, füllt sich aber bezeichnenderweise mit Mathematik) Darauf muss man sich mit Philosophie beschäftigen. Diese besteht einerseits aus Metaphysik (Erkenntnistheorie, Hauptattribute Gottes, Immaterialität der Seele und der obersten Begriffe (einfach und klar = angeborene Ideen). Zweitens besteht die Philosophie (!) aus (theoretischer) Physik, die anhand der Prinzipien der materiellen Dinge (s.o. Kategorien der Ausdehnung usw.) im Allgemeinen untersucht, wie das Universum zusammengesetzt ist und was die Natur der Erde und der Körper auf der Erde ist (also von Luft, Wasser, Feuer, Magneten und Minerale) (hier ist Descartes noch nicht in der Atomistik gelandet, Feuer, Wasser, Luft und (eigentlich) Erde sind die klassischen Elemente, die schon in der Antike angenommen wurden). Dann muss auch die Natur von Pflanzen, Tieren und Menschen untersucht werden. (Das sind eigentlich Gegenstände der Biologie, die hier noch unter der Physik laufen). Auf dieser Grundlage der Philosophie entwickeln sich dann die übrigen Wissenschaften, die Medizin, die Mechanik und die Ethik. (Medizin ist also eine Anwendung der Physik (!), die Mechanik eine Umsetzung physikalischer Erkenntnisse in Technik, und Ethik seltsamerweise eine Anwendung der Physik). Descartes, Paraphrase Seite 11 von 12 Ethik ist dabei die höchste Sittenlehre, die alle anderen Kenntnisse voraussetzt (!) und die höchste Stufe der Weisheit darstellt. Descartes, Paraphrase Seite 12 von 12