MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis - Forum

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6. Internationales Branchenseminar für Frauen|Meran 08
MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis│U. Schwaller
MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis
Ursula Schwaller
Architektin FH/Hes
Baubiologin
Conrad Lutz architecte Sàrl
Givisiez, Schweiz
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6. Internationales Branchenseminar für Frauen|Meran 08
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MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis│U. Schwaler)
6. Internationales Branchenseminar für Frauen|Meran 08
MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis│U. Schwaller
MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis
1.
Warum ist es wichtig, nach MINERGIE-P-ECO zu bauen?
Die Wände einer Wohnung oder eines Hauses sind die 3. Haut des Menschen. Deshalb ist
es von grosser Wichtigkeit, dass die Beziehung des Menschen und seiner Wohnumwelt
ganzheitlich betrachtet wird.
Es ist ein Grundanliegen der Architektur aller Kulturen, einen Raum zu schaffen, dessen
Energie den Menschen in seinen Tätigkeiten und in seiner Erholung unterstützt.
Um diesen gesunden Wohnraum zu garantieren, sind folgenden Punkten grosse Beachtung zu schenken:
-
gut gedämmte Gebäudehülle
-
Luftdichtigkeit der Gebäudehülle
-
Innenklima (Feuchtigkeit, Materialemissionen)
-
Elektrosmog
-
Lärm
Abbildung 1: Einwirkungen auf den Menschen
Der Baustandard MINERGIE-P-ECO berücksichtigt obengenannte Punkte. Dieses Label
garantiert folgende Aspekte:
-
Reduktion des Energieverbrauchs mit einer Steigerung des Komforts
-
Langlebigkeit und Nachhaltigkeit des Gebäudes
-
schonungsvoller Umgang mit den Energieressourcen
-
hohe Effizienz beim Energieeinsatz
-
Wertzunahme des Gebäudes
-
niedrige Unterhaltskosten, Unabhängigkeit der Energiepreise
2.
Was ist MINERGIE-P-ECO?
MINERGIE-P ist das Schweizer Passivhaus Label. Das Passivhaus ist keine bestimmte
Bauweise, sondern ein Baustandard (Qualitätslabel). Im Zentrum steht der Wohn- und
Arbeitskomfort von Gebäudenutzern, welchen man durch eine hochwertige Gebäudehülle
und eine systematische Lufterneuerung mittels Komfortlüftung erreicht.
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MINERGIE-P-ECO umgesetzt in der Praxis│U. Schwaler)
Im Vergleich zu einem konventionellen Gebäude benötigt ein Passivhaus 90% weniger
Heizenergie. Umgerechnet in Heizöl kommt ein Passivhaus im Jahr mit weniger als 1.5
Liter/m2 aus.
Im ersten Passivhaus Deutschlands war die benötigte Heizleistung selbst im Jahrhundertwinter 1996/97 mit Tagesmitteltemperaturen von bis zu –14°C so gering, dass man einen Raum mit 20 m2 Raumfläche mit nur drei
Kerzen (3 x 50 Watt) hätte heizen können.
Dabei lagen die Raumlufttemperaturen tagsüber ständig über 20°C. Diese sensationelle
Einsparung erreicht das Passivhaus allein
durch seine beiden Grundprinzipien:
Wärmeverluste vermeiden und minimieren,
passive solare Energie gewinnen und optimieren!
Abbildung 2: Bad FR-001-P
MINERGIE-P stellt hohe Anforderungen an das Komfortangebot, die Wirtschaftlichkeit und
die Ästhetik. Zum erforderlichen Komfort gehört namentlich auch eine gute und einfache
Bedienbarkeit des Gebäudes, bzw. der technischen Einrichtungen. Wichtig ist, dass das
ganze Gebäude als integrales System betrachtet wird: die Gebäudehülle mit der Haustechnik. Die Gebäudehülle muss luftdicht sein, und es dürfen nur Haushaltsgeräte der
Energieeffizienzklasse A/A+ installiert werden. Bei der Haustechnik mit Heizung, Lüftung
und Warmwasseraufbereitung sind weniger Additionen, sondern sinnvolle Kombinationen
gefragt.
Im Bezug auf die Anforderungen der einzelnen Standards kann MINERGIE-P mit Spitzensport, MINERGIE mit Leistungssport und die Erfüllung der SIA Norm 380/1 Grenzwerte als Breitensport bezeichnet werden.
MINERGIE-ECO ist eine Ergänzung zum MINERGIE-P Label,
das heisst, dass MINERGIE-PECO Bauten nicht nur Merkmale wie Komfort und Energieeffizienz besitzen, sondern
zusätzlich auch Anforderungen
an eine gesunde und ökologische Bauweise.
MINERGIE-ECO
setzt
zwei
Schwerpunkte: Im Bereich
Gesundheit ist dies die Raumluft, im Bereich Bauökologie
die Herstellung der Materialien.
Abbildung 3: Überblick MINERGIE-ECO "Unter einem Dach"
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2.1.
Vorteile von MINERGIE-P-ECO
-
sehr gute Wohn- bzw. Arbeitsqualität, mit optimalen Tageslichtverhältnissen,
schadstofffreien und gut schallgedämmten Innenräumen
-
Geringe Umweltbelastung und Schonung von Ressource bei der Herstellung bis
zum Rückbau
-
Bewertung der ökologischen und gesundheitlichen Qualitäten von Bauten mit einem zuverlässigen Nachweisverfahren
-
Anerkannte Kriterien für Finanzierungsinstitute (z.B. ABS) zur Gewährung von Hypotheken zu Vorzugskonditionen (Ökokrediten)
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wenn die Kriterien des MINERGIE-P-ECO
Standards bei einem Gebäude eingehalten werden, Probleme wie Bauschäden durch
Feuchtigkeit, Elektrosmog, Zugluft, ungesunde Raumluft, Lärmimmissionen und unnötiger Energieverbrauch vermieden werden.
3.
Planung eines MINERGIE-P-ECO Gebäudes
3.1.
Bausituation analysieren
Vor der Planung muss das Grundstück umfassend analysiert werden. Folgende Aspekte
sind dabei zu beachten:
-
Nutzung passiver Sonnenenergie, Schattenwurf umliegender Gebäude
-
Elektromagnetische Felder/Strahlung, Radon
-
Lärmimmissionen (Verkehr), Erschütterungen
-
Radon
-
Emissionen bezüglich Altlasten
-
geplante Bauvorhaben in der Umgebung
Abbildung 4: Situationsanalyse
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3.2.
Projekt- und Planungsphase
Dieser Phase sollte man besondere Beachtung schenken, da sie die Weichen über ein Gelingen oder Misslingen des Gebäudes im MINERGIE-P-ECO Standard stellt. Das Zuziehen
eines HLKS-Ingenieurs für die Planung der Haustechnik ist ratsam. Unter Berücksichtigung
folgender Punkte sollte das Erreichen des obengenannten Standards kein Problem darstellen.
Abbildung 5: Schnitt Holzrahmenkonstruktion
Natürlich muss jedes Objekt individuell geplant und einige dieser Punkte angepasst werden:
-
kompaktes Gebäudevolumen, nach Möglichkeit nach Süden ausgerichtet, Vermeidung von Wärmebrücken
-
U-Werte für opake Bauteile ≤ 0.10 W/m2K (für EFH), bei mehrgeschossigen Bauten je nach Grösse u= 0.12 bis 0.20 W/m2K
-
U-Werte für Fenster inkl. Rahmen ≤ 0.80 W/m2K (Dreifachverglasung, Rahmenanteile
so gering wie möglich halten, positive Jahresbilanz Gewinn-Verlust (Faustregel Verglasungsanteil/Fassade: 60% Süden, 40% Osten und Westen)
-
Luftdichtigkeit der Gebäudehülle (Anschlussdetails der Gebäudehülle, Dachdurchbrüche für WC-Entlüftung, Storen, etc.)
-
Verschattungskonzept (thermisches Verhalten im Sommer)
-
Bauteilcheck bezüglich Verbrauch Graue Energie, Beständigkeit, Rückbau, Umweltund Schadstoffbelastung der verwendeten Materialien
-
Einsatz von mind. 30% erneuerbaren Energien bezüglich Heizung und Warmwasser
-
Meteor- und Trinkwasserkonzept erarbeiten
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3.3.
Ausschreibung
Beim Verfassen der Offerten listet man dem Unternehmen alle notwendigen Informationen auf, z.B. anhand Anforderungsprofilen. Folgende Punkte sollten beachtet werden:
-
Natürliche Baustoffe ausschreiben, detaillierte Angaben bezüglich Herkunft, Schadstoffbelastungen, physikalischen Werten, etc.
Spezielle Anforderungen bezüglich Montage und Verarbeitung (z.B. Verzicht von
Montageschaum)
Regionale Firmen bevorzugen (geringere Lieferwege, soziale Kontrolle)
Im wesentlichen unterscheidet sich die Vorgehensweise nicht gross zu der eines "traditionellen" Gebäudes, wenn dieses normgemäss geplant würde.
Wichtig ist vor allem, das Gebäude als integrales System zu betrachten und vor allem bei
der Ausschreibung klare Anforderungen an die Materialien und die Montage zu stellen,
nach ökologischen Lösungen zu suchen. Dazu benötigt es das Zuziehen von Fachpersonen, das Arbeiten mit den SIA Normen und den Merkblättern von eco-bau sowie etwas
Kreativität und gesunden Menschenverstand.
4.
Ausführung eines MINERGIE-P-ECO Gebäudes
Eigentlich wurde in der Projekt- und Ausschreibungsphase alles schon festgelegt. Bei der
Ausführung geht es nun primär darum, das Geplante 1:1 umzusetzen.
Wie wir alle wissen, tönt dies sehr schön und ist in der Theorie leicht umsetzbar. Die
Baustelle jedoch birgt immer Risiken wie Wettereinflüsse, unvorhergesehne Ausführungsprobleme, Zeit- und Gelddruck, Motivation und Kenntnis der Bauarbeiter, etc.
Aus diesen Gründen ist wichtig, dass der Bauführer häufig vor Ort ist und das Umsetzen
des Geplanten genau unter die Lupe nimmt.
Einige "Fallen" sind trotz guter Kontrolle immer wieder ein Thema, wie zum Beispiel das
Verwenden von Montageschaum, das korrekte Ausführen der kontrollierten Lüftung, das
genügende Isolieren der Leitungen, das Einsetzen der ausgeschriebenen Farben und
Oberflächenbehandlungen, unnötig hohe Schwellen, luftdichte Anschlüsse der Gebäudehülle. Gerade der Zeitdruck führt zu unsauberen Umsetzungen.
Der Bauführer sollte vor Ort wiederholt die Pläne und die Vorgehensweise mit dem Vorarbeiter diskutieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollte er regelmässige Kontrollen
auf der Baustelle vornehmen, alles bildlich und schriftlich festhalten und falls notwendig
die Arbeiter auf "ökologisches Ausführen" sensibilisieren.
Abbildung 6: Baustelle FR-001-P
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5.
Ökologische Baustoffe
Der Einsatz von natürlichen Baustoffen ist in einem MINERGIE-P-ECO Gebäude unabdingbar. Zum einen will man den Verbrauch an Grauer Energie und den CO2/SO2Ausstoss minimieren, zum anderen schädliche Emissionen verhindern.
Die Palette an ökologischen Baustoffen ist gross: Holz, Lehm, Kalk, Kork, Schafwolle,
Hanf, Zellulosefasern, Stroh, mineralische Verputze, Kaseinfarben, Natursteine, Anhydritböden, begrünte Dächer, Recyclingbeton und viele mehr.
Abbildung 7: Bauen mit Holz
Regional vorkommende, natürliche Bau- und Rohstoffe sind heute, in einer Zeit steigender Logistikkosten, auch ökonomisch wieder interessant. Beim Rückgriff auf traditionelle
und natürliche Materialien geht es jedoch nicht nur um moralische Werte wie Nachhaltigkeit und Verantwortung für den natürlichen Lebensraum, sondern auch ganz unmittelbar
um die persönliche Gesundheit. Baustoffe, mit denen sich der Mensch seit jeher umgeben
hat, bergen kaum die Gefahr einer unbekannten gesundheitlichen Belastung.
Abbildung 8: Baustoff Lehm
Ökologische Baustoffe weisen gegenüber konventionellen auch vorteilhafte Eigenschaften
auf: offenporig, atmungsaktiv, einfach in der Anwendung (Selbstbauer), einfach im Unterhalt, biologisch abbaubar, gut rückbaufähig, lange Lebensdauer. Zudem kommen sie
oft regional vor und schaffen einen natürlichen Lebensraum.
Abbildung 9: Kalkverputze
Wer heute ökologisch bewusst bauen und gesund wohnen möchte, muss nicht auf ästhetische Qualitäten verzichten. Natürliche Materialien eröffnen dem Gestalter ein schier
unerschöpfliches Repertoire. Materialien und Arbeitsmethoden sind technologisch ausgereift und handwerklich erprobt.
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Abbildung 10: Anhydritböden
Durch den Einsatz von ökologischen Materialien wird die Umwelt weniger belastet als
wenn mit synthetischen und konventionellen Baustoffen gearbeitet wird.
Beim Bürogebäude Green Offices wurden die Umwelteinflüsse während der Bauphase mit
denen für ein Gebäude gleicher Grösse verglichen, welches mit "Standard"-Materialien
und nach den heutigen SIA Normen erbaut wurde.
Folgende Einsparungen wurden errechnet:
-
-
-
Die berechnete Grauenergiebilanz betrug eine Einsparung von 1'063'000 kWh. Dies
entspricht einem Energieverbrauch einer vierköpfigen Familie in einem Einfamilienhaus für das Waschen, Kochen und den üblichen Stromverbrauch während 152 Jahren.
Die Differenz des CO2-Ausstosses (verantwortlich für den Treibhauseffekt) betrug
819'117 kg. Dies entspricht dem CO2-Ausstoss eines VW Golf 5 – 1.9 Tdi für eine Distanz von über 3'922'916 km (98 Mal um die Erde).
Der SO2-Ausstoss (verantwortlich für die Übersäuerung der Böden) wurde um 7449
kg reduziert. Dies entspricht dem SO2-Ausstoss eines PKW für eine Distanz von über
36'741'000 km (über 900 Mal um die Erde).
Abbildung 11: ökologische Dämmstoffe
Leider sind heute natürliche Baustoffe noch leicht teurer als konventionelle. In den kommenden Jahren wird es wahrscheinlich eine Preisanpassung geben, denn die Nachfrage
wird steigen und die Arbeitstechniken werden von den Unternehmen wieder erlernt und
verbreitet.
So kann Bauen seine ursprüngliche Aufgabe erfüllen: lebenswerte Räume für Menschen
zu schaffen.
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