Makroökonomik BIP und Wirtschaftskreislauf 2 26.3. / 2.4. 2007 1 Plan der Vorlesung BIP und Wirtschaftskreislauf 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Einordnung in die VWL Kurzüberblick über die Daten Charakterisierung volksw. Daten I Definition des BIP Messkonzept Messung des BIP in der Praxis Charakterisierung volkswirtschaftlicher Daten II Diskussion Zusammenfassung 2 Plan der Vorlesung BIP und Wirtschaftskreislauf 1. Messung des BIP 1. Produktionskonzept •Hausaufgabe 2. Einkommen •Einkommenseziher und Einkommensverteilung Bruttoinlandprodukt und Bruttonationaleinkommen Verwendung Charakterisierung volkswirtschaftlicher Daten II 1. Einkommen 2. Gütertransaktionen 3. Verteilungstransaktionen (Salden) BIP als Wohlstandsmass Zusammenfassung 3. 2. 3. 4. 3 Hausaufgabe Wie gross ist der Anteil des Militärs / der Landesverteidigung am BIP der Schweiz? Wie messen??? Wie gross in CHF? Wie hat er sich in der Zeit entwickelt? Wie gross ist der Anteil in den USA? 4 Lösungsansatz Landesverteidigung ist (bundes)staatliche Aufgabe Es existiert kein Marktpreis! Messung durch Inputgrössen Löhne der Angestellten Ausgaben für Geräte und ihren Unterhalt Bedeutung der Landesverteidigung ergibt sich als Anteil der Bundesausgaben für Verteidigung am BIP BIP 1980: 183'077 Mio Franken BIP 2005: 456'929 Mio Franken Überblick über die Bundesaufgaben Quelle: Rechnung des Bundes 2005 Lösung Verteidigungsausgaben 1980 / BIP 1980 = 3620 / 183'077 = 2% Verteidigungsausgaben 2005 / BIP 2005 = 4576 / 456'929 = 1% Folglich hat der Anteil der Landesverteidigung am BIP abgenommen Weiter mit dem BIP Das Kreislaufprinzip: Güter- und Numerairekreislauf im Gegenstrom Ertrag Konsumausgaben Gütermärkte Produktion von Waren und Dienstleistungen Unternehmen Einkauf Waren und Dienstleistungen der wirtschaftliche Kreislauf Produktionsinputs Löhne, Zinsen Gewinne Haushalte Arbeit, Kapital Märkte der Produktionsfaktoren Einkommen 8 Kreislaufprinzip: Messkonzepte des BIP Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben = Verwendung der Einkommen = Wert der Produktion BIP Unternehmen = Produktion = Verwendung = Einkommen Haushalte Einkommen = Löhne, Zinsen, Gewinne Löhne, Zinsen Gewinne Märkte der Produktionsfaktoren Einkommen 9 Messung der Einnahmeseite Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben BIP Unternehmen = Produktion = Verwendung = Einkommen Haushalte Einkommen = Löhne, Zinsen, Gewinne Löhne, Zinsen Gewinne Märkte der Produktionsfaktoren Einkommen 10 Wieso BIP = Einkommen? Beispiel: Taxiunternehmen Umsatz 1000 - Benzin 200 = Wertschöpfung 800 BIP von Produktionsseite - Löhne 500 Angestellte - Schuldzinsen 100 Kapitalgeber 200 Unternehmer = Gewinn verteilte Einkommen = BIP Wertschöpfung 11 BIP von der Einkommensseite Entspricht dem Einkommen der Inländer und Ausländer im Inland. Zum BIP gehören der Gewinn ausländischer Unternehmen in der Schweiz oder der Lohn eines italienischen Grenzgängers. Nicht zum BIP gehören im Ausland erworbene Einkommen von in der Schweiz lebenden Personen (= Inländer). Einkommensbezieher sind Privatpersonen Juristische Personen (Unternehmen) Staat Kapitalanlagen (buchhalterisch, virtuell) 12 BIP von der Einkommensseite (Jahr 2000) indirekte Steuern + Zölle - Subventionen in Mio. Fr. in % des BIP Löhne Arbeitnehmer 253‘271 62.5 + Staat 27‘224 + Abschreibungen 66‘371 + Nettobetriebsüberschuss 58‘664 = Bruttoinlandprodukt 405‘530 6.7 16.4 14.5 100.0 Quelle: BfS, provisorisch langjährige Inputs müssen über Abschreibungen dazugezählt werden 13 Das Einkommen des Staates Die Einnahmen des Staates bestehen aus direkten und indirekten Steuern, sowie den Zöllen. Die direkten Steuern sind bereits in den (Brutto)einkommen der Beschäftigten und Unternehmen enthalten und werden darum nicht noch einmal gezählt. Die indirekten Steuern (z.Bsp. Verbrauchssteuern) sind nicht in den Einkommen der Privaten enthalten und werden darum gezählt, ebenso die Zölle Die Subventionen fliessen vom Staat an die anderen Einkommensbezieher und werden darum subtrahiert. Einkommensverteilungskonto 2000 – Mio. Fr. Sektor private Haushalte (Inländerprinzip) Bruttobetriebsüberschuss Einkommen aus unselbständiger Arbeit Zinsen Einkommen aus Grund und Boden und aus immateriellen Werten Verteilte Gewinne Kapitalgesellschaften Laufende Einkommens- und Vermögenssteuern Sozialbeiträge Sozialleistungen verschiedene Übertragungen Summe Verfügbares Bruttoeinkommen Verwendung Aufkommen 41'296 12'717 246'330 16‘339 455 350 Saldi 41'296 246'330 3‘622 105 17'973 52'065 83'415 698 9'423 158'773 263'842 17'973 52'065 83'415 84'874 14'756 421'918 135'585 263'842 84'176 5'333 357'434 Quelle: BfS, provisorisch, vereinfachte Darstellung 15 Das BIP und das Nationaleinkommen Inlandprinzip: BIP = Einkommen der Inländer im Inland + Einkommen der Ausländer im Inland (EaI ) Das Nationaleinkommen (NE) ist die Summe aller im Inund Ausland von Inländern erworbenen Einkommen. Inländerprinzip: NE = Einkommen der Inländer im Inland + Einkommen der Inländer im Ausland (EiA ) BIP = NE - EiA + EaI 16 Das BIP von der Verwendungsseite Wir unterscheiden 4 Sektoren: Haushalte Unternehmen Staat und Sozialversicherungen Ausland 17 BIP von der Verwendungsseite Nachfrage: Privater Konsum C (consumption) Öffentlicher Konsum G (government) Investitionen I (investment) Exporte Ex (exports) Angebot: Aus dem Inland BIP Aus dem Ausland (Importe) Im Angebot = Nachfrage BIP + Im = C + G + I + Ex oder BIP = C + G + I + Ex – Im (gebräuchlichste Form) 18 Frage Ein schweizerisches Transportunternehmen kauft einen deutschen Lastwagen. Wie verändert sich das BIP der Schweiz? 19 Die Fragen auf der Verwendungsseite lauten: 1.Für welchen Zweck werden die Einkommen ausgegeben? 2.Welcher Sektor tätigt die Ausgaben? BIP = C + I + G + (Ex - Im) Wie viele Güter kaufen die Haushalte? Wie viel Investitionsgüter kaufen die Unternehmen? Wie viele Güter kauft der Staat? Wie viel exportieren die Unternehmen und wie viel ausländische Güter fragen alle Sektoren nach? (kurz: Nettoexporte) 20 BIP von der Verwendungsseite (Jahr 2000) in Mio. Fr. in % des BIP Konsum der privaten 245’223 60.5 Haushalte C + Konsum des Staates G 59‘342 + gesamtwirtschaftliche Investi84’637 tionen (inkl. Lagerveränderung) 14.6 20.9 = + inländische Endnachfrage Exporte Ex 389‘201 170’134 96.0 42.0 = – gesamte Endnachfrage Importe Im 559‘335 –153’805 137.9 –37.9 = Bruttoinlandprodukt 405’530 100.0 Quelle: BfS, provisorisch 21 Die Bedeutung des Staates Der Staat in der VGR: Staat ohne Sozialversicherungen Sozialversicherungen (sofern Pflichtversicherung) Einnahmen: Steuern, Abgaben, Vermögenserträge Ausgaben: Konsum, Subventionen, Schuldentilgung und -zinsen, sonstige Transfers Bsp.: nächste Folie Einnahmen und Ausgaben des Staates (Jahr 2000) in Mio. Sfr. in % des BIP indirekte Steuern direkte Steuern Vermögenseinkommen sonstige laufende Einnahmen laufende Einnahmen 34’182 63’571 7’662 13’038 8.4 15.7 1.9 3.2 118’454 29.2 54’062 7’922 13.3 2.0 + + – Konsum des Staates Zinsen der öffentlichen Schuld Subventionen sonstige Transfers = laufende Ausgaben 6’959 28’674 97’617 1.7 7.1 24.1 = Bruttoersparnis 20’836 5.1 + + + = + Quelle: BfS, provisorisch 23 Einnahmen und Ausgaben der Sozialversicherungen (Jahr 2000) AHV, IV, Krankenkassen, Pensionskassen, ALV ... in Mio. Sfr. in % des BIP Sozialbeiträge + Vermögenseinkommen + sonstige Einnahmen 81’573 19’224 12’882 20.1 4.7 3.2 = laufende Einnahmen 113’679 28.0 Konsum + Sozialleistungen + sonstige Ausgaben – = laufende Ausgaben 5’279 79’612 2’240 87’131 1.3 19.6 0.6 21.5 = 26’548 6.5 Bruttoersparnis Quelle: BfS, provisorisch 24 Anwendung: BIP als Kreislauf Behauptung: In geschlossenen Volkswirtschaften gilt: Ersparnis = Investition Definition: Eine geschlossene Volkswirtschaft unterhält keinen wirtschaftlichen Austausch mit dem Ausland. (Kein Waren-, Kapital-, Arbeitskräfteverkehr) BIP = G + C + I Für Individuen gilt: Sparen = Einkommen-Ausgaben In einer Volkswirtschaft: Einkommen = BIP Ausgaben: privater und öffentlicher Konsum (C+G) In einer geschlossenen Volkswirtschaft: Ersparnis = Investitionen Für eine geschlossene Volkswirtschaft gilt: Ersparnis S = Einkommen BIP - (Konsum C + G) S = BIP - C- G =C + G + I - C - G = I BIP = C + G +I S=I Schlussfolgerungen: 1. Sparen = Investitionen 2. Eine Erhöhung der Staatsausgaben senkt die Ersparnis und die Investitionen. 26 Erweiterung: private Ersparnis = Investitionen + Budgetdefizit BIP = C + G + I BIP - C - G = I = S Steuern S = BIP - C - G = (BIP - T - C) + (T- G) gesamte Ersparnis private Ersparnis öffentliche BudgetErsparnis = überschuss Schlussfolgerungen: 1. Gesamtersparnis = private + öffentliche Ersparnis 2. Bei konstanten Investitionen verdrängt staatliches Sparen das private Sparen. (Budgetdefizite müssen durch privates Sparen ausgeglichen werden) 27 Defizit und Schulden Schweiz 1980-2004 Defizit in % BIP Schuld in % BIP 2 60 1 50 0 40 -1 30 -2 20 -3 -4 10 -5 0 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 provisorisch: 2003, 2004 28 Wieso Ersparnis = Investitionen? Erklärungsansätze: 1. Die Lagerinvestitionen funktionieren als Residualgrösse – so werden die „zu viel“ produzierte Waren verbucht. 2. Nur was auf der Produktionsseite als Einkommen entsteht kann gespart werden. 3. Die VGR entsteht durch die Summe der Konten der einzelnen Sektoren - und diese gleichen sich aus. 4. Wenn ein Sektor mehr als sein Einkommen ausgibt, muss er sich die entsprechenden Mittel von einem anderen Sektor ausleihen = Ersparnis anderer Sektor. Weitere Schlussfolgerung: Es gibt kein Sparen in der Zeit. Es gibt nur zeitgleiche Übertragungen zwischen den Sektoren einer Volkswirtschaft! 29 Zusammenfassung und Erweiterung: das BIP in der Kreislaufdarstellung Einfacher Kreislauf: Märkte Güter-, und Faktormarkt Privathaushalte, Unternehmen Erweiterter Kreislauf Vorleistungen von / für Unternehmen Staat Privathaushalte als Unternehmen Ausland (Ex- Import) Verwendungsseite Produktionsseite - + + + Wert der Produktion Wert der Vorleistungen = BIP - = Konsum Investitionen Staatskonsum Exporte Importe = BIP Einkommensseite + + + Löhne Gewinne Zinsen Abschreibungen = BIP 31 Produktion Investitionsgüter Konsumausgaben Gesamtproduktion Produktion Konsumgüter BIP Produktion Zwischenprodukte Investitionsausgaben Kauf Zwischenprodukte Löhne, Zinsen Gewinne Abschreibungen Einkommen privates Sparen 32 Übungsfrage Welche der folgenden Ereignisse erhöhen das BIP um 100 Fr.? Ein Stahlwerk verkauft 100 Fr. Stahl an ein Maschinenbauunternehmen. Sie gewinnen 100 Fr. im Lotto. Die Lagerbestände von Schindler fallen um 100 Fr. Sie erhalten 100 Fr. Arbeitslosengeld. Ein Antiquitätenhändler verkauft einen Sessel für 1000 Fr und kassiert eine Kommission von 10%. 33 Übungsfrage Welches dieser Ereignisse erhöht das BIP? Das Bundesamt für Verteidung stellt einen «überflüssigen» Angestellten ein. Novartis stellt einen «überflüssigen» Angestellten ein. 34 Aufgabe: gesamtwirtschaftlichen Kreislauf zeichnen ohne Abschreibungen und Zwischenprodukte mit Staat (Steuern, Staatsausgaben, Defizit) Steuern Verwendung Produktion Einkommen verfügbares Einkommen Löhne Gewinne Gesamtnachfrage gesamtwirtschaftliche Produktion Staat Zinsen Sparen Staatsausgaben Investitionen Defizit privater Konsum 35 Die Messung des BIP in der Praxis: Datenquellen der VGR Die VGR basiert auf einer Kombination einer Vielzahl von Erhebungen: Betriebszählungen Buchhaltungsdaten privater und öffentlicher Sektor Daten Sozialversicherungen Aussenhandelsstatistiken, Zahlungsbilanz Konsum-Umfragen Preisstatistiken Mehrwertsteuer (leider zu wenig aufgegliedert) 36 Problem der „richtigen“ Bestimmung des BIP Die statistische Erfassung ist aufwändig und schwierig. Die VGR ist laufenden Revisionen unterworfen. Die „neue“ VGR der Schweiz ist erst ab 1990 verfügbar (ESVG 95). Die Zahlen sind erst nach etwa drei Jahren definitiv. Beispiel: Für die Wachstumsrate des realen BIP von 1995 war die Zahl erst 0.1% dann 0.8% und schliesslich 0.6%. 37 Makroökonomik BIP und Wirtschaftskreislauf 2 26.3. / 2.4. 2007 38