Makroökonomische Grössen Vorlesung Bauwirtschaft 10.1.2006 Makroökonomie Bruttoinlandprodukt Arbeitslosigkeit Volkseinkommen Konjunktur Rezession Boom Wirtschaftswachstum Inflation Zahlungsbilanz Staatsverschuldung Wechselkurs Steuerquote Leitzinsen Staatsquote Investitionen Konsumentenstimmung internationaler Kapitalverkehr 2 Reales BIP der Schweiz (zu Preisen von 1990) Mrd Fr. 400 Währungskrise Weltwirtschaftskrise 1. Erdölkrise Boom 80er 300 Stagnation 90er 2. Erdölkrise 200 100 die „goldenen“ 60er 0 1948 1952 1956 1960 1964 1968 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 Daten vor 1980: Verknüpfung mit alter Reihe 3 BIP und BIP pro Kopf (zu Preisen von 1980) 250 Franken pro Kopf 30'000 Milliarden Fr. 200 Reales BIP pro Kopf (rechte Skala) 150 25'000 20'000 Reales BIP Schweiz 100 15'000 10'000 50 5'000 0 0 1948 1952 1956 1960 1964 1968 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 4 Reales Bruttoinlandprodukt = gesamtwirtschaftliche Aktivität Vorjahresveränderung in % Milliarden Fr pro Quartal 5 4 110 3 105 2 1 100 0 -1 95 -2 -3 90 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 Quelle: BfS 5 Offizielle Arbeitslosenquote (1980-2005) % 5 4 3 2 1 0 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 Quelle: seco 6 Makroökonomische Grössen Von statistischen Instituten und öffentlichen Ämtern erhoben. Die wichtigste Datensammlung ist die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) des Bundesamts für Statistik (BfS). international standardisierte Grössen basiert auf Konzept des wirtschaftlichen Kreislaufs 7 Drei wichtige Unterscheidungen 1. Bestandes- und Flussgrössen Bestandesgrösse: Beobachtung einer Grösse zu einem bestimmten Zeitpunkt (Staatsschuld, private Vermögen) Flussgrösse: Beobachtung einer Grösse innerhalb eines Zeitintervalls (Staatsdefizit, private Ersparnisse einer Periode) D Bestand Fluss = Zeit 8 Drei wichtige Unterscheidungen 2. Volumen und Wert Wert ist Volumen ausgedrückt in einer einheitlichen Masseinheit (z.B. einer Währung). + 100 t Weizen + 500 Stunden Babysitten = ??? + 8‘000 SFr. Weizen + 10‘000 SFr. Babysitten = 18‘000 SFr. 9 Drei wichtige Unterscheidungen 3. Reale und nominale Grössen Wichtig bei Vergleichen in der Zeit. Wertveränderungen können auf Mengen- und/oder Preisänderungen zurückzuführen sein. Nominale Grössen werden dazu mit einem Preisindex „preisbereinigt“ (deflationiert). Menge Wert Preis 10 nominales und reales BIP (1990-2005) Quartalswerte Mio. Fr. Basisjahr reales BIP BIP zu laufenden Preisen = nominelles BIP 110'000 100'000 BIP zu Preisen von 2000 = reales BIP 90'000 80'000 70'000 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 Quelle: BfS 11 Ertrag Konsumausgaben Gütermärkte Produktion von Waren und Dienstleistungen Unternehmen Produktionsinputs Löhne, Zinsen Gewinne Einkauf Waren und Dienstleistungen der wirtschaftliche Kreislauf Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Arbeit, Kapital Einkommen 12 Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben = Verwendung der Einkommen = Wert der Produktion BIP Unternehmen = Produktion = Verwendung = Einkommen Haushalte Einkommen = Löhne, Zinsen, Gewinne Löhne, Zinsen Gewinne Märkte der Produktionsfaktoren Einkommen 13 Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben = Wert der Produktion BIP Unternehmen Löhne, Zinsen Gewinne = Produktion = Verwendung = Einkommen Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Einkommen 14 Definition BIP von der Produktionsseite BIP = Wert aller Endgüter, die während einer bestimmten Periode in einen Land produziert werden. Brutto ? Inland ? Produkt ? 15 BIP = Wert aller Endgüter ... Wert = Preise * Mengen Wir brauchen Preis- und Mengeninformationen. Wir interessieren uns in erster Linie für die Mengen = konsumierbare Güter = realer Wohlstand. Menge Wert Preis 16 BIP = Wert aller Endgüter ... Alle produzierten Güter erfassen. Auch Güter, die nicht auf Märkten gehandelt werden Öffentliche Dienstleitungen Schattenwirtschaft (teilweise) Nicht erfasst werden: Do-it-yourself Produktionen, Kochen, Putzen, Kinder aufziehen u.s.w. Handel mit illegalen Drogen 17 BIP = Wert aller Endgüter ... Güter = Waren und Dienstleistungen. Sowohl die CDs einer Musikgruppe als auch die verkauften Konzerteintrittskarten. 18 BIP = Wert aller Endgüter ... Die Zwischengüter (=Vorleistungen) werden nicht gezählt, um zu vermeiden, das gleiche Gut zwei mal zu zählen. Gütermärkte Unternehmen Zwischengüter 19 BIP = Wert aller Endgüter ... Beispiel: Erdbeeren in Erdbeerkonfitüre Inputs Output Maschinen 4 t Erdbeerkonfitüre Marktwert 8‘000 Fr. Arbeit 2 t Erdbeeren Marktwert 2‘000 Fr. Wert der Summe aller Produkte - Wert Zwischenprodukte = Bruttowertschöpfung 10‘000 Fr. 2‘000 Fr. 8‘000 Fr. 20 BIP = Wert aller Endgüter ... Brutto weil inklusive Investitionsgüter Inland ? Produkt ? 21 BIP = Wert aller Endgüter, die während einer bestimmten Periode ... BIP wird jährlich und quartalsweise (alle drei Monate) gemessen. Ist also eine Flussgrösse Wert BIP = Zeit 22 BIP = Wert aller Endgüter, die während einer bestimmten Periode in einen Land ... Die Produktion einer Coca-Cola Abfüllanlage in der Schweiz gehört zum schweizerischen BIP. Der Auftritt einer englischen Musikgruppe in der Schweiz gehört zum schweizerischen BIP. Die Produktion von Nestlé im Ausland gehört nicht zum schweizerischen BIP. Brutto weil inklusive Investitionsgüter Inland Produkt weil im Inland 23 BIP = Wert aller Endgüter, die während einer bestimmten Periode in einen Land produziert werden. Transaktionen mit schon bestehenden Gütern gehören nicht zum BIP: (privater) Verkauf eines Gebrauchtwagens Kauf / Verkauf von Aktien (ausser den Kommissionen der Banken = Bezahlung der Dienstleistung Handel) Brutto weil inklusive Investitionsgüter Inland Produkt weil im Inland weil neue Produktion 24 BIP von der Produktionsseite (nominal 2000) in Mio. Fr. in % des BIP 13’792 44‘503 245‘387 469‘279 3.3 10.7 59.0 112.8 = Gesamte Produktion – Vorleistungen + div. Abgaben 772‘961 –354‘119 –2‘991 185.9 –85.2 –0.7 = Bruttoinlandprodukt 415‘851 100.0 Land-, Forstwirtschaft + Bau + Industrie + Dienstleistungen, Handel Güter, die in weniger als einem Jahr in der Produktion verbraucht werden Quelle: BfS 25 Wieso zählen wir die Investitionen mit? kostet 200 und hält 5 Jahre Jahr Brot Maschine Bruttoprodukt Abschrei- Nettobungen produkt 1 2 3 4 5 200 200 200 200 200 200 200 200 200 200 400 40 40 40 40 40 160 160 160 160 360 total 1000 200 1200 200 1000 Investitionen sind wichtig für Konjunkturverlauf 26 Wertschöpfung einiger Branchen (Mio. Fr. nominal 2000) in Vorleistungen Bruttowertschöpfung Anteil Vorleistungen an Bruttoproduktionswert 9'951 5'289 4'661 53% Chemische Industrie 34'979 23'758 11'221 68% Baugewerbe 42'663 21'847 20'816 51% Detailhandel* 30'781 10'424 20'357 34% Gesundheits- und Sozialwesen 27'112 8'477 18'634 31% Branche Bruttoproduktionswert Landwirtschaft Quelle: BfS, provisorisch Bruttohandelsmarge 27 Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben = Verwendung der Einkommen BIP Unternehmen Löhne, Zinsen Gewinne = Produktion = Verwendung = Einkommen Märkte der Produktionsfaktoren Haushalte Einkommen 28 BIP von der Verwendungsseite Wir unterscheiden 4 Sektoren: Unternehmen Haushalte Staat und Sozialversicherungen Ausland 29 BIP von der Verwendungsseite Nachfrage: • Privater Konsum C • Öffentlicher Konsum G • Investitionen I • Exporte Ex Angebot: • Aus dem Inland BIP • Aus dem Ausland (Importe) Im Angebot = Nachfrage BIP + Im = C + G + I + Ex oder BIP = C + G + I + Ex - Im 30 Die Hauptfrage auf der Verwendungsseite ist: Wie viel fragt jeder der vier Sektoren nach? BIP = C + I + G + (Ex - Im) Wie viel Konsumgüter kaufen die Haushalte? Wie viel Investitionsgüter kaufen die Unternehmen? Wie viel Konsumgüter kauft der Staat? Wie viel exportieren die Unternehmen und wie viel ausländische Güter fragen alle Sektoren nach? 31 BIP von der Verwendungsseite (nominal 2000) in Mio. Fr. in % des BIP Konsum der privaten 249’550 Haushalte C + Konsum des Staates G 46‘187 + gesamtwirtschaftliche Investi96’094 tionen (inkl. Lagerveränderung) I 60.0 391‘831 189’823 94.2 45.6 581‘654 –165’803 139.9 –39.9 415’851 100.0 = inländische Endnachfrage + Exporte Ex = gesamte Endnachfrage – Importe Im = Bruttoinlandprodukt 11.1 23.1 Quelle: BfS 32 Ertrag Gütermärkte Konsumausgaben BIP Unternehmen = Produktion = Verwendung = Einkommen Haushalte Einkommen = Löhne, Zinsen, Gewinne Löhne, Zinsen Gewinne Märkte der Produktionsfaktoren Einkommen 33 Wieso BIP = Einkommen? Beispiel: Taxiunternehmen Umsatz 1000 - Benzin 200 = Wertschöpfung 800 BIP von Produktionsseite - Löhne 500 Angestellte - Schuldzinsen 100 Kapitalgeber 200 Unternehmer = Gewinn verteilte Einkommen = BIP Wertschöpfung 34 BIP von der Einkommensseite Entspricht dem Einkommen der Inländer und Ausländer im Inland. im BIP: nicht im BIP: Gewinne ausländischer Unternehmen in der Schweiz Löhne eines italienischen Grenzgänger Gewinne schweizerischer Unternehmen im Ausland Zinseinkommen von schweizerischen Anlegern in USA Das Nationaleinkommen (NE), ehemals Bruttosozialprodukt (BSP), ist die Summe aller von Inländern im In- und Ausland erworbenen Einkommen. 35 BIP von der Einkommensseite (nominal 2000) indirekte Steuern + Zölle - Subventionen in Mio. Fr. + + + = Löhne Arbeitnehmer Staat Abschreibungen Nettobetriebsüberschuss Bruttoinlandprodukt 252‘552 15‘878 72‘074 75‘347 415‘851 in % des BIP 60.7 3.8 17.3 18.1 100.0 Quelle: BfS langjährige Inputs müssen über Abschreibungen dazugezählt werden 36 Unterschied zwischen BIP und NE Inlandprinzip: BIP = Einkommen der Inländer im Inland (EiI ) + Einkommen der Ausländer im Inland (EaI ) Inländerprinzip: NE = Einkommen der Inländer im Inland (EiI ) + Einkommen der Inländer im Ausland (EiA ) BIP = NE - EiA + EaI 37 BIP und BNE 1990-2003 (nominal) Mia. Fr. in % des BIP 500 10% 9% 450 8% 7% BNE 400 6% 5% BIP 350 4% BNE – BIP (rechte Achse) 300 3% 2% 90 92 94 96 98 00 02 Quelle: BfS 38 Produktion Investitionsgüter Konsumausgaben Gesamtproduktion Produktion Konsumgüter BIP Produktion Zwischenprodukte Investitionsausgaben Kauf Zwischenprodukte Löhne, Zinsen Gewinne Abschreibungen Einkommen privates Sparen 39 Aufgabe: gesamtwirtschaftlichen Kreislauf zeichnen ohne Abschreibungen und Zwischenprodukte mit Staat (Steuern, Staatsausgaben, Defizit) Steuern Verwendung Produktion Einkommen verfügbares Einkommen Löhne Gewinne Gesamtnachfrage gesamtwirtschaftliche Produktion Staat Zinsen Sparen Staatsausgaben Investitionen Defizit privater Konsum 40 BIP = C + I Wieso ist die gesamte Produktion gleich der gesamten Nachfrage? Die Unternehmen könnten mehr produzieren als die Haushalte und Unternehmen nachfragen! Erklärung: tatsächliche Investitionen geplante Investitionen Wenn Unternehmen Waren produziert haben, die sie nicht verkaufen können, werden sie als (eigentlich unerwünschte) Lagerinvestitionen gebucht. Also wird die gesamte Produktion konsumiert oder investiert! 41 Simulation Gesamtwirtschaftlicher Kreislauf 42 BIP = C + I Wieso ist die gesamte Produktion gleich der gesamten Nachfrage? Die Unternehmen könnten mehr produzieren als die Haushalte und Unternehmen nachfragen! Erklärung: tatsächliche Investitionen geplante Investitionen Wenn Unternehmen Waren produziert haben, die sie nicht verkaufen können, werden sie als (eigentlich unerwünschte) Lagerinvestitionen gebucht. Also wird die gesamte Produktion konsumiert oder investiert! 43 wichtige Identitäten in geschlossener Volkswirtschaft ohne Staat BIP = C + I S = I 44 geschlossener Volkswirtschaft: Ersparnis = Investitionen Für ein Individuum gilt: Ersparnis = Einkommen - Ausgaben Für eine Volkswirtschaft gilt: Ersparnis S = Einkommen - privater Konsum BIP C S = BIP - C = C + I - C = I S=I 45 gesamtwirtschaftlicher Kreislauf mit Staat Verwendung Gesamtnachfrage Produktion Einkommen gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne Zinsen Gewinne verfügbares Einkommen Sparen Investitionen privater Konsum 46 wichtige Identitäten in geschlossener Volkswirtschaft ohne Staat BIP = C + I S = I in geschlossener Volkswirtschaft mit Staat BIP = C + I + G S = I + Budgetdefizit Staat 47 gesamtwirtschaftlicher Kreislauf mit Staat Verwendung Gesamtnachfrage Produktion Einkommen gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne verfügbares Einkommen Zinsen Gewinne Steuern Staat Defizit Sparen Staatsausgaben Investitionen privater Konsum 48 offene Volkswirtschaft: S = I + Budgetdefizit + Ertragsbilanzüberschuss Die Ersparnis wird: 1. an Unternehmen verliehen, die damit Investitionen in Inland zu finanzieren 2. an den Staat verliehen, damit er das Budgetdefizit finanzieren kann 3. ans Ausland verliehen, das damit die Exporte des Inlands kaufen kann. 49 gesamtwirtschaftlicher Kreislauf mit Staat und Ausland Verwendung Ausland Gesamtnachfrage nach inländischen Gütern inländische Endnachfrage Importe Einkommen gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne verfügbares Einkommen Zinsen Gewinne inländische Nachfrage nach inländischen Gütern Exporte Produktion Steuern Staat Defizit Sparen Staatsausgaben Investitionen privater Konsum internationaler Kapitalverkehr 50