Soma und Psyche

Werbung
Soma und Psyche –
Einheit oder Spagat
Zu den Herausforderungen interdisziplinärer
Kooperation
112. Jahrestagung der DGKJ, Hamburg, 15. 09. 2016
Norbert Kohl, Psychosomatische Abt., Kinderkliniken Darmstadt
Soma und Psyche
in Mindanao und Cebu-City
Soma und Psyche
in der Kinderklinik, im Alltag
Psychosomat. Ansätze
im 20. Jahrhundert
Holistischer Ansatz




Jede Krankheit hat psychosoziale Aspekte
Nicht Krankheiten, sondern Kranke behandeln
Bedeutung des subjektiven Erlebens der Kranken
Bedeutung der Arzt-Patient-Beziehung
Psychosomat. Ansätze
im 20. Jahrhundert
Psychogenetischer Ansatz (Psychoanalyse)



Subjektive Innenwelt des Kranken
Konfliktmodell
Konversionsmodell
Psychophysiolog. Ansatz


Stress-Modell
Adaptations-Krankheiten
Stress, Trauma
und Vulnerabilität
Weitere Modelle


Max Schur:
Desomatisierung und Resomatisierung
Alexander: Parallelität von
Psychodynamik und Physiologie
Heute
Bio-psycho-sozial

Frühe Bindung
Epigenetik
Psychoneuroimmunologie
Praenatale Programmierung

Lebensweise, Schwingung, Rhythmus



Doppelperspektive
der psychosomat. Medizin

Leib–Seele–Problem: „das zentrale Problem der
Medizin“ (Uexküll)

Methodischer vs. ontologischer Dualismus
Lebensgeschichte und Subjektivität, emotionales,
geistiges und körperliches Erleben vs. körperliche
Gesetzmässigkeiten

Psychosomatik: Spezialdisziplin oder Grundlagenfach

Einheit und Spagat
Wie gelingt die Integration
der
somatischen und psychomatischen
Medizin
in der Kinderklinik ?
Peter 1






Diagnose M. Crohn im Alter von 12 Jahren
Schwerer Verlauf mit ständigen Schüben u. Diarrhoe
Zuletzt Behandlung mit Remicade und MTX und
Ernährung über Nasensonde mit Spezialnahrung
Vorstellung mit Frage begleitender Anorexie
Schwierige familiäre Situation, Eltern seit 10 Jahren
getrennt, Mutter ehemal. Pflegekind mit Bindungs- u.
Bezieh.störung, P. ohne Freunde, ganztags Video
Peter 2







Ambulant Diagnose Depression, Empf.: stat. Beh.
Stationäre psychosomatische Behandlung in den
Kinderkliniken DA über 6 Monate mit intensiver
Einzel-, Gruppen u. Kreativtherapie u. Elternarbeit
Begleitende intensive somatische Therapie
Ständige Absprachen zw. Kinder-GE und PSO
am Ende psychische Stabilisierung und Gewichtszunahme von 10 kg
Übergabe an externe Kinder-GE und Psychotherapie
Umzug zum Vater
Darmstädter Kinderkliniken





100 Betten + 10 (PSO) + 4 (som.) Tagesklinik-Plätze
6200 Aufnahmen/Jahr gesamt
2000 Aufnahmen/Jahr Schulkinder-Station
Spektrum mit > 10 Fach-Ambulanzen
8 Weiterbild.ermächtigungen
Exkurs Epidemiologie



15-20% psych. Auffälligkeiten bei Kindern und
Jugendlichen, davon ca. 1/3 behandelt
25% psychiatrische Störung bei Kindern in
Kinderkliniken
Zunahme von Angst- und Panikstörungen, PTBS,
von funktionellen Schmerzstörungen u. Adipositas
Psychosomatik in den
Darmstädter Kinderkliniken









Abteilung seit 15 Jahren
inzw. 20 vollstationäre Betten und 10 TK-plätze
Fast 50 MitarbeiterInnen, davon viele in Teilzeit
Stabile Belegung > 100 %
Diverse Schwerpunkte (Anorexie, Schmerzstörungen, Ängste u.
Depression, PTBS, Pat. mit chron. Erkrankungen, z.B. CED, DM)
2 Ermächtigungs-Ambulanzen
270 psychosomat. Konsile im Jahr 2016
Krisentelefon u. Krisensprechstunde – Projekt ANNA
Dysphagie/Sondenentwöhnung/Fütterstörung
Konsile 2016
Kinderkliniken Darmstadt





269 Konsile (davon 53 Pat. m. Diabetes)
Durchschnittsalter 12 Jahre
68% weiblich, 32% männlich
49 Pat. (ca. 18%): direkt od. später Aufn. in PSO
Hauptdiagnosen:
59 Pat. Anpass.- und Belastungsstörungen
59 Pat. dissoziative und somatoforme Störungen
38 Pat. emot. Störungen Ki-alter
29 Pat. Ess-Störungen
26 Pat. Affekt. Störungen
25 Pat. ohne PSO-Diagn.
Modelle
psychosomat. Konsiliartätigkeit





Emergency response model
Case finding model
Anticipatory model
Education and training model
Continuity Collaborative care model
Thun-Hohenstein in Frank/Mangold 2001
Kinderkliniken Darmstadt
Interdisziplinäre Kooperation
Enge Zusammenarbeit mit






Klein- und Schulkinderstation
Abt. Gastroenterologie und Diabetologie
im Bereich Anorexia nervosa
im Oberarzt-/Leitungsbereich
bei internen und externen Fortbildungen
Weiterbildung Krankenschwestern, PJ u. Ass.-Ärzte
Interdisziplinäre Kooperation







Angebot psychosomat. Gespräch bei allen ErstManifestationen Diabetes u. CED
Ambulante und stationäre Betreuung von Pat. mit
chron. Erkrankungen (v.a. Diabetes, CED)
Betreuung von Schmerzpatienten
Wöchentliche Chefarzt-Visiten auf der PSO-Station
Teilnahme der PSO-Ärzte an tägl. Arztbesprechungen
Wöchentliche somatische Visite
Spezial-Sprechstunden: Urotherapie, UMA
Was ist wichtig,
was läuft gut in Darmstadt ?
Entscheidend ist
 Positive und wertschätzende Haltung des Chefarztes,
der Abt. gegründet und mit-aufgebaut hat
Wichtig sind
 Persönlichkeit und Doppel-Facharzt des Abt.leiters
 Personal (gute Qualifikation, menschliche Qualität)
 Tiefenpsycholog. Verstehen bei gleichzeitiger
Pragmatismus i.d. Anwendung diverser Methoden
 Bescheidenheit und gleichzeitig Erfolg der Arbeit
Verbesserungsbedarf ?






früher manchmal Überweisung infauster Patienten
z.Zt. noch wenig Kooperation mit Neonatologie u. Pulmonologie
Kooperation mit niedergelassenen Kinderärzten und
Therapeuten
poststationäre Nachbetreuung (Begrenzung der Ermächtigung)
Übergang von Patienten von der pädiatrischen zur psychosomat.
Station
Konsile bei V.a. Somatisierungsstörungen (s.u.)
Herausforderungen







Kontinuierliche Weiterbildung von Ass.-Ärzten und
Schwestern
Aufrechterhaltung guter Kommunikationsstrukturen
Adaequater Umgang mit Abwehr gg.über Psychosomatik bei Patienten und Personal
Ggfs. Unerfahrenheit junger TherapeutInnen
Erfolg der therapeutischen Arbeit und gute Belegung
Schaffung eines positiven image auf allen Ebenen
Konsile z.B. bei Patienten mit Verdacht auf dissoz.
und/oder Somatisierungsstörungen
Notwendigkeiten









langsames Wachstum mit Etablierung von Strukturen
Aufbauphase – Professionalisierung -Standardisierung
Ständige Qualitätsüberprüfung
Öffnung für Neues
Ständige Supervision
Weiterbildung (z.B. Traumatherapie)
Kommunikation Somatik-Psychosomatik
Therapie-Evaluation
Vorträge/Veröffentlichungen und Forschung
Ausblick







Gemeinsame somat.-psychosomatische Sprechstunde
für Heranwachsende
Partnerklinik für Austausch u. Patenschaft für 3. Welt
Vernetzung ambulant - stationär in der poststation.
Betreuung
Internet-basierte Nachsorge
Schulungen, Psychoedukation (Bauchschmerztage)
ggfs. Therapie-Module
Prävention: Vorträge in Schulen (Projekt ANNA)
Soley, 15 Jahre
Fallbeispiel mit komplexer Verknüpfung von
organischer und seelischer Störung
Pat. mit Anorexie


standardmässige somatische Abklärung, ggfs.
erweiterte Abklärung bezügl. evtl. Ursachen und
Folgen der Anorexie, insbes. Auschluss CED, Tumor,
Achalasie, Infektion u.a.
Enge Kooperation im Verlauf (Ernährungsberatung,
Sondenernährung, Supplementierung von Vitaminen
u.a., Abklärung, ggfs. Behandlung neuer somatischer
Symptome, z.B. Kardiologie, Gynäkologie, Neurologie
1x Delir bei fragl. refeeding-Syndrom)
Was brauchen wir
Raum
Zeit
Danke
Literaturhinweise







Frank/Mangold: Psychosomat. Grundversorgung bei
Kindern und Jugendlichen (2001)
Uexküll: Psychosomat. Medizin (2012)
Uexküll: Integrierte Psychosomat. Medizin (1992)
Jannsen/Joraschky/Tress: Leitfaden Psychosomat.
Medizin (2006)
Herp.-Dahlmann u.a.: Psychosomat. Kompendium
der Pädiatrie (2006)
Bürgin: Psychosomatik im Kindes- u. Jug.alter (1993)
Viktor v. Weizsäcker: Gesammelte Schriften (1986)
Herunterladen