Kriegslegenden - Universität Leipzig

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Nationalsozialistische
Diktatur
Universität Leipzig, Historisches Seminar
Wintersemester 2013/14
Dozent: Dr. Udo Grashoff
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Literatur:
Gerhard Schreiber, Kurze Geschichte des Zweiten Weltkriegs,
München 2005.
Michael Kißener, Das Dritte Reich, Darmstadt 2005.
Karl-Heinz Frieser, Blitzkrieg-Legende. Der Westfeldzug 1940,
München 32005.
Rolf-Dieter Müller, Der Zweite Weltkrieg 1939-1945 (= Gebhardt 21),
Stuttgart 102011.
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg
a) Hitler als „Friedenspolitiker“ 1933-1936
Revisionspolitik, Politik der Stärke:
- 1933: Moratorium für alle Auslandsschulden
- Austritt aus Völkerbund
- massive Aufrüstung: Anstieg Militärausgaben von 1933 bis 1935 auf
das Zehnfache
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg
a) Hitler als „Friedenspolitiker“ 1933-1936
- Schein der Kontinuität
- hohe Flexibilität:
Taktieren und doppeltes Spiel
neue Allianzen
- Prestigestreben
 „Strategie grandioser Selbstverharmlosung“ (H.-A. Jacobsen, 1968)
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg
b) Wende von Hitlers Politik
Niederschrift von Oberst Hoßbach über
Hitlers Rede vom 5. November 1937
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg
b) Wende von Hitlers Politik
- klares Bekenntnis zu Japan
- allmähliches Umschwenken auf antibritische Politik
- Rede vom 5. November 1937: Expansionsziele formuliert
- endgültige Ausschaltung von Vertretern der alten Eliten
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg
c) erste Schläge 1938/39:
Herbst 1938: Zwangsmigration von Tschechen aus dem Sudentenland
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg
c) erste Schläge 1938/39:
- Einmarsch in Österreich
- Sudetenkrise
- Münchner Abkommen
- Annexion der „Rest-Tschechei“
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.1. Der lange Weg in den Krieg

klares Bekenntnis der Westmächte zu Polen
11. April 1939: geheime Weisung Hitlers an Wehrmacht, Krieg gegen
Polen vorzubereiten
Kriegsziel: „Arrondierung im Osten“
deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt am 23.8.1939
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.2. Erste Feldzüge
Überfall auf Polen
Erste Kriegshandlung am
1. September 1939:
Bombardierung von Wielún
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.2. Erste Feldzüge
- 3. September: Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs an
Deutschland
- Wehrmacht bereits in der zweiten Kriegswoche vor Warschau
- französischer „Sitzkrieg“ an Maginot-Linie
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.2. Erste Feldzüge
- Zusammenbruch des polnischen Staates am 17. September
- Besetzung Ostpolens durch Sowjetunion
- Aufteilung Westpolens in annektierte Gebiete und
Generalgouvernement
- Vernichtungskrieg: bis Ende 1939 Tötung von 45.000 polnischen
Zivilisten, darunter 7.000 Juden, durch Einsatzgruppen der SiPo
 Oktober
Lebens“
1939: Anweisung Hitlers zur „Ausmerzung lebensunwerten
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.2. Erste Feldzüge
- Anfang April 1940: Einmarsch in Dänemark und Norwegen
- Mai 1940: Frankreichfeldzug
Bilanz bis 1940:
- 11.000 Tote im Polenfeldzug, 43.000 Tote im Frankreichfeldzug
- 180.000 Verwundete
 „Nebenkriege,
die nichts entscheiden“ (Gerhard Schreiber)
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.3. Kriegslegende I: „Blitzkrieg“-Strategie in Frankreich?
10. Mai: deutscher Angriff
Übergang Sitzkrieg in Bewegungskrieg
Sichelschnitt statt Schlieffenplan
Ziel der Wehrmacht: Kesselschlacht in Nordfrankreich/Benelux
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Gab es eine „Blitzkrieg“-Strategie?
- Zielvorgabe: drei Tage bis zur Maas
- Mittel: Bewegungskrieg mit Panzern und Luftwaffe
- konkrete Durchführung vage
 Mansteins
Sichelschnitt-Idee erst durch eigenmächtige Entscheidung
von General Heinz Guderian realisiert
„operative Verzweiflungsaktion“ (Frieser, S. 116)
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.3. Kriegslegende I: „Blitzkrieg“-Strategie in Frankreich?
- Improvisation und Widersprüchlichkeit
a) Absicherungsdenken des OKW (Wehrmachtsführung rechnete mit
zähem Stellungskrieg)
b) „Stoßtrupp“-Gedanke des Ersten Weltkriegs: „ununterbrochener
Angriff“, Verwirrung im Rücken des Feindes schaffen
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.3. Kriegslegende I: „Blitzkrieg“-Strategie in Frankreich?
- weder im Polenfeldzug noch im Westfeldzug lag der Kriegführung eine
Blitzkrieg-Strategie zugrunde
- Hitler nach dem Panzerdurchbruch bei Sedan am 13./14. Mai 1940:
„Es ist ein Wunder, ein ausgesprochenes Wunder.“
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.4. Kriegslegende II: „Wunder“ von Dünkirchen
Alliierte bei Dünkirchen eingeschlossen

Evakuierungsaktion: 330.000 Soldaten nach England gebracht
bis 4. Juni 1940
Ein Wunder?
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.4. Kriegslegende II: „Wunder“ von Dünkirchen
Alliierte bei Dünkirchen eingeschlossen

Evakuierungsaktion: 330.000 Soldaten nach England gebracht
bis 4. Juni 1940
Hitler hat der Wehrmacht „Halt“ befohlen - warum?
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.4. Kriegslegende II: „Wunder“ von Dünkirchen
a) sumpfiges Gelände hätte Gefahr für Panzer dargestellt  Boden war
an jenen Tagen trocken
b) 50 Prozent der deutschen Panzer seien ausgefallen  nur
stundenweise, wartungsbedingt
c) Furcht vor alliiertem Flankenangriff  laut Feindlageberichten war das
unmöglich
d) deutsche Führung wusste nicht, dass im Kessel von Dünkirchen 62
Divisionen eingeschlossen waren  Brief an Mussolini vom 25. Mai
1940 belegt, dass Hitler es wusste
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.4. Kriegslegende II: „Wunder“ von Dünkirchen
e) Feldzug bereits als gewonnen angesehen?
f) hielt Hitler Entkommen über See für aussichtslos?  Weisung vom 24.
Mai 1940 an Luftwaffe, Entkommen zu verhindern
g) Göring soll großspurig versprochen haben, allein die Flucht zu
verhindern  hat ausgelaugte Luftwaffe versagt?
h) wollte Hitler die „Armee von so guter blutsverwandter englischer
Rasse“ (Hitlers Testament 1945) schonen?
i) wollte Hitler mit seinem „Halt“-Befehl der siegestrunkenen Wehrmacht
zeigen, wer die oberste Macht in den Händen hielt?
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.5. Kriegslegende III: „Präventivkrieg“ gegen Sowjetunion
NS-Kriegspropaganda, aber auch klärungsbedürftige Indizien:
- 5. Mai 1941: Stalinrede
- 15. Mai 1941: Studie des sowjetischen Generalstabs
- Truppenmassierungen an der Grenze
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.5. Kriegslegende III: „Präventivkrieg“ gegen Sowjetunion
1) einen deutschen Präventivkrieg gab es nicht
- für deutsche „Barbarossa“ Planungen spielte vermeintliche
Bedrohung durch Sowjetunion überhaupt keine Rolle
- Entschluss zu Überfall der SU fällte Hitler am 31. Juli 1940
- Barbarossa-Plan ab 18. Dezember 1940
- Ziel: nicht Sicherung des Reiches, sondern Expansion und
„Endlösung“ der Judenfrage
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.5. Kriegslegende III: „Präventivkrieg“ gegen Sowjetunion
2) sowjetische Absichten umstritten
a) Aggressionstheorie
- Hochrüstung seit 1938
- 15. Mai 1941: Konzept des Generalstabs zur strategischen Offensive
- Aufstellung sowjetischer Truppen in Angriffsformation
- Rote Armee mit Kartenmaterial Ostpreußens ausgestattet
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.5. Kriegslegende III: „Präventivkrieg“ gegen Sowjetunion
2) sowjetische Absichten umstritten
b) Defensivtheorie
- sowjetische Rüstung schwach
- Außenpolitik Stalins bis zuletzt zu Konzessionen gegenüber Hitler
bereit
- Stalin wies Vorschlag seiner Generäle zum Präventivschlag zurück
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.5. Kriegslegende III: „Präventivkrieg“ gegen Sowjetunion
2) sowjetische Absichten umstritten
b) Defensivtheorie
- Stalin lehnte bis zum 22. Juni 1941 die von der Armeeführung
geforderte Generalmobilmachung ab
- grenznahe Aufstellung der Truppen beabsichtigte sofortigen Stopp der
gegnerischen Armee
 Strategie
der offensiven „Vorwärtsverteidigung“
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.6. Kriegsverlauf ab 1941
vor „Russlandfeldzug“:
- Luftkrieg mit England
- Nordafrika
- Rumänien
- Griechenland
- Jugoslawien
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Krieg gegen die Sowjetunion = Vernichtungskrieg:
- Kommissarbefehl
- soldatische Gewalt gegen Zivilisten nicht durch Kriegsgerichte
geahndet
- Massenerschießungen von Juden
- Versorgung der Wehrmacht aus dem Land unter bewusster
Inkaufnahme des Verhungerns der Bevölkerung
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.6. Kriegsverlauf ab 1941 an der Ostfront
- Kesselschlachten Sommer 1941
- Anfang Dezember 1941: Offensive bleibt stecken vor Moskau
 Hitler
wird Oberbefehlshaber des Heeres = Aufhebung der Differenz
von Befehl (politisch) und Kommando (militärisch)
- April bis September 1942: Sommeroffensive mit Ziel Kaukasus (Erdöl)
- ab 23. August: Schlacht um Stalingrad, Gegenoffensive im November
 Einkesselung
der 6. Armee
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Wendepunkte:
a) Schlacht um Stalingrad
Niederlage im Januar 1943 zweifach bedeutsam
- Erschütterung des deutschen Siegesvertrauens
- Kriegsverlauf
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Wendepunkte:
b) britischer Sieg bei El-Alamein und Einkesselung der Truppen der
Achsenmächte in Nordafrika

Mai 1943: Kapitulation
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Wendepunkte:
c) Schlacht am Kursker Bogen (4. Juli – 23. August 1943)

Wehrmacht verliert Initiative an der Ostfront
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Wendepunkte:
d) Landung der Alliierten in Sizilien (10. Juli 1943)

Mussolini abgesetzt, Kriegsschauplatz Italien eröffnet
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Veränderung der Volksgemeinschaft:
Erfahrung zunehmender Opfer
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Veränderung der Volksgemeinschaft:
ausuferndes Gesinnungsstrafrecht (Heimtückeverfahren,
Volksschädlingsverordnung, Rassenschande)
ambivalente Rolle der NSDAP:
a) Zwang, Überwachung
b) Hilfsorganisation
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Veränderung der Volksgemeinschaft:
- Führerherrschaft nicht mehr auf Massenbegeisterung gestützt
- 1942: Übergang von der Zustimmungsdiktatur zur Nützlichkeitsdiktatur
- Ideologie: Nationalismus stärker als Nationalsozialismus
„die Deutschen von außen in eine Schicksalsgemeinschaft mit Hitler
förmlich eingemauert“ (Manfred Funke)
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
„Kennst Du den Unterschied zwischen Christentum und
Nationalsozialismus?
Sehr einfach! Beim Christentum starb einer für alle – beim
Nationalsozialismus sollen alle für einen sterben.“
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
„Hitler, Göring und Goebbels hängen nach dem Krieg am Galgen.
Da wendet sich Göring mit letzter Kraft in Richtung Goebbels und
röchelt ihm zu: Ich habe es Dir ja immer gesagt; die Sache wird in
der Luft entschieden.“
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Wendepunkte:
e) Juni/Juli 1944: völlige Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte

Verlust von 28 Divisionen, 350.000 Mann
Operation „Bagration“
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Wendepunkte:
f) 6. Juni 1944: Landung der Alliierten in Normandie

Eröffnung der Westfront
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9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
9.7. Kriegsendphase
- Volkssturm
- Werwolf
- Gauleiter als Reichsverteidigungskommissare
- Standgerichte
- 19. März 1945: Hitler befiehlt Vernichtung „aller militärischen,
Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungsanlagen
sowie Sachwerte innerhalb des Reichsgebietes“
Nationalsozialistische Diktatur
9. Kriegsverlauf und Kriegslegenden
Gründe für den Untergang des Dritten Reiches
- außenpolitische Rücksichtslosigkeit
- maßlose verbrecherische Selbstüberhebung
- Erschöpfung der Ressourcen
- militärische Fehler
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